Begrüßung und Einführung in die Botschaft
Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asien: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der ist, der wacht und der kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, und von Jesus Christus, der der treue Zeuge ist, der Erstgeborene von den Toten und Herr über die Könige auf Erden.
Ihm, der uns liebt und uns von unseren Sünden mit seinem Blut erlöst hat, und uns zu Königen und Priestern vor Gott, seinem Vater, gemacht hat, sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!
Siehe, er kommt mit den Wolken, und alle Augen werden ihn sehen, alle, die ihn durchbohrt haben. Und alle Völker der Erde werden um seinetwillen klagen.
Ja, Amen. Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Allmächtige.
Herr, stell uns in dein göttliches Licht, gib uns Verständnis. Amen.
Die Bedeutung großer Glaubenswahrheiten in der heutigen Zeit
Liebe Schwestern und Brüder,
bei uns heute haben die großen Glaubenswahrheiten immer weniger Bedeutung. Das zeigt sich nicht nur in unserem eigenen Glaubensleben, sondern auch in unseren Predigten. Diese werden zunehmend davon bestimmt, was uns gerade bewegt. Man versucht, den Menschen ehrlich und mit Mühe entgegenzukommen und das Evangelium immer mehr auf ihre Ebene zu übersetzen.
Das traurige Ergebnis ist jedoch, dass wir am Ende kaum noch etwas von den großen Taten des Glaubens mitzuteilen haben. Stattdessen sprechen wir nur noch über die kleine Welt unserer täglichen Sorgen und Ängste. Alltagsprobleme werden immer größer und wichtiger.
Heute, am Dreieinigkeitsfest, muss ich einfach fragen: Welche Bedeutung hat das für Sie? Gehören Sie auch zu denen, die sagen, dass es eigentlich unwichtig sei, ob sie an die Dreieinigkeit Gottes glauben?
Ich gebe gerne zu, dass das Wort „Dreieinigkeit“ ungeeignet ist, um das große Geheimnis Gottes auch nur annähernd zu beschreiben. Aber was bedeutet es Ihnen? Sagen Sie bitte niemals, dass es sich dabei um alte Dogmen handelt – und zwar in diesem spöttischen und abwertenden Sinn. Was soll das heißen, dass es alte Dogmen sind, wenn doch Jahrhunderte damit gelebt und die Kraft dieses Glaubens erfahren wurde?
Es gibt eine englische Krimischriftstellerin, Dorothy Sayers, die viele Kriminalromane geschrieben hat. Sie war eine überzeugte Christin und sagte, der Grund, warum die Kirchen sich so entleeren, sei nicht die Dogmen, sondern gerade das Gegenteil: dass wir die Dogmen, die großen Glaubenssätze, nicht mehr predigen.
Denn das Aufregendste, was es überhaupt als Neuigkeiten in der Welt gäbe, seien die tiefen und gewaltigen Wahrheiten, die kein Menschenverstand ergründen könnte. Mit spitzen Worten hat sie Mut gemacht und gesagt: Predigt Jesus nicht wie Milchgesichter, sondern predigt Jesus so, dass den Menschen die Gedanken davon zerbrechen.
Sie sollen nachdenken und grübeln über die ewigen Geheimnisse Gottes. Sie sagt dann, der christliche Glaube und das christliche Dogma, die Glaubenssätze, seien das aufregendste Drama, das überhaupt je Menschen kennengelernt haben.
Als Krimischriftstellerin muss sie es ja wissen. Sie meint, der Grund dafür sei sicher, dass man die Glaubenssätze noch nie richtig gelesen habe. Man habe sie vielleicht immer nur gedankenlos nachgeplappert, statt davor stehen zu bleiben und sich mit hineinnehmen zu lassen in die Anbetung Gottes.
Und genau das möchte ich heute tun.
Gottes Wesen als dynamische Wirklichkeit
Und wenn ich noch eine Vorbemerkung machen darf, dann soll das auch so sein, wenn wir über Gott reden.
Jetzt ertappen Sie sich selbst, auch bei den vielen Gesprächen, die Sie geführt haben: Dann reden wir über Gott wie über ein Stück, wie über ein Ding, wie über etwas – ich darf das Fremdwort mal gebrauchen – etwas Statisches.
Und darum kommen wir dem Wesen Gottes so wenig nahe. Wenn Johannes in seiner Offenbarung über Gott redet oder Paulus, wie wir es vorhin in der Schriftlesung gehört haben, dann ist dies ein jubelnder, anbetender Lobpreis.
Wir können das oft in unserem so müden Vorwesen gar nicht mehr zum Ausdruck bringen, wie er alles mitjubelt, mitjauchzt, sich freut. Und wenn von Gott geredet wird, dann wird nicht über Gott gesprochen, so wie man heute auf der Straße über Gott redet. Sondern es wird von dem wirkenden, tätigen, schenkenden, arbeitenden Gott gesprochen.
Dieser ist immer in Bewegung, da ist etwas geschehen. Das wollen wir tun, wenn wir von der Dreieinigkeit Gottes reden: Wir müssen zuerst über die große Unruhe Gottes sprechen.
Die Suche nach Gott in einer unruhigen Welt
Heute ist unsere Zeit, unsere Generation oft davon geprägt zu sagen, dass man Gott nicht hat und nicht kennt. Man spricht von der Abwesenheit Gottes. Einige Theologen sind sogar so weit gegangen, zu behaupten, es wäre besser gewesen, sie hätten ihren Beruf vorher aufgegeben und einen Berufswechsel gemacht. Sie sprechen vom Tod Gottes in unserer Zeit. Dabei wollen sie darstellen, dass der Mensch nach Gott sucht, ihn in dieser Welt aber nicht findet.
Viele dieser Theologen haben zahlreiche Menschen getroffen, die ihnen genau dasselbe gesagt haben: „Ich habe Gott gesucht, ich habe ihn nicht gefunden.“ Vielleicht sitzt heute jemand hier in der Kirche, der erneut den Versuch machen möchte, nach Gott zu suchen. Dieser Mensch sagt: „Ich will nicht Menschen hören, der Talar da vorne interessiert mich nicht, und die Christen interessieren mich nicht. Ich suche Gott.“ Doch in dieser Welt finden sie nur Angst und Schrecken.
Ich verstehe gut, dass ungläubige Menschen heute immer aufgeregter, unruhiger und ängstlicher werden – fast schon psychotisch – wegen dieser Ängste und Gefahren. Sie spüren, wie diese Welt immer gefährlicher wird und wie man nichts von der Nähe und Freundlichkeit Gottes sieht. Selbst derjenige, der sich an der Natur erfreut, nimmt sie nur halb wahr. Auch die Natur hat eine unheimliche Seite.
Wenn wir heute Nacht nur bei einem Gewitter hinausschauen, sehen wir, wie überall die Lichter angehen. Uns kann wieder ein Schrecken überfallen angesichts der elementaren Gewalten der Natur, wenn sie einmal vor ihrem eigenen kranken Leib stillstehen. Die Gewalten der Natur können uns ebenso unheimlich werden. Es gibt keinen Winkel in dieser Welt, wo man nicht nach Gott gesucht hat. Überall, in der Tiefe des Daseins, in unserem Gefühl, hat man in den Höhenflügen nach Gott gesucht.
Man hat Gott in der Dunkelheit der Tempel und in der Stille der Einsamkeit gesucht. Man hat Gott in der Askese, im Verzicht gesucht. Man hat Gott im Rausch der Sinne gesucht, in der Höhe des Weltalls und in der Tiefe seines eigenen menschlichen Herzens – und hat Gott nicht gefunden.
Wo ist denn Gott? Wo ist denn Gott? Es ist schön, dass einige Leute sagen: „Es muss doch irgendwo noch ein Stückchen Gott geben.“ Aber wo ist denn Gott?
Gottes unermüdliches Kommen und Suchen
Johannes offenbart uns, dass Gott, der kommt, ständig im Kommen ist. Er ist der, der da ist und der da war – der Gott, der die Welt geschaffen hat. Er ist derjenige, der die Heilsgeschichte mit den Vätern in Israel begonnen hat und seinen Sohn Jesus gesandt hat.
Gott steht in einer Unruhe da. Man kann sich kaum vorstellen, wie sehr Gott heute Morgen, seit den frühen Stunden des Tages, darauf wartet, Zugang zu Ihrem Leben und Ihrem Herzen zu finden.
Es ist nicht so, als müsste der Mensch sich auf eine kühne Expedition begeben, um Gott zu suchen. Vielmehr sucht Gott uns. Er kommt, er ist unterwegs und sucht.
Der, der da ist, der da war und der da kommt, wird am Ende der Weltgeschichte ganz bestimmt kommen. Doch es gibt kein Jahr, keinen Tag und keine Stunde, in der Gott nicht danach strebt, den Menschen nahe zu sein.
Was hat Gott nicht schon investiert und versucht, um Menschen mit seiner Liebe zu erreichen und ihnen zu begegnen? Darum kann ich jedem Gottsucher ohne Zweifel sagen: Gott will gefunden werden.
Die Dreieinigkeit als Ausdruck göttlicher Liebe und Wirken
Ich möchte heute nicht in meinen drei Teilen so über die Dreieinigkeit sprechen, dass ich zuerst über Gott Vater rede, dann über Jesus Christus und im dritten Teil über den Heiligen Geist. Stattdessen will ich in jedem meiner drei Teile zeigen, wie dieses Kommen Gottes sich in seiner Liebe darstellt – in seinen Werken der Schöpfung.
Die Mütter unter uns, die ein Kind geboren haben, haben etwas von diesem Kommen Gottes empfunden – über dieses große Geschehen, wenn ein Kind zum Leben geboren wird. So wie Gott mit uns redet, auch durch seine Schöpfung, an solch einem Sonnentag. Wir können hinausgehen, ihn preisen und sagen: Du bist da, Herr. Hinter allen Blättern willst du uns erreichen und nahe sein. Du willst uns beschenken – hinter dem Frühstück, das wir genossen haben, hinter den Mahlzeiten, hinter den Menschen, die uns begegnen.
Der da ist und der da war, der in Jesus sein Heil gestiftet hat und uns dieses Evangelium verkündigen lässt. Und der bis heute durch das Drängen des Geistes Gottes, durch die Unruhe unseres Herzens, immer wieder versucht, uns zu sich zu ziehen. Dieses Kommen Gottes geschieht dreifach in seinem dreifachen Werk, und so kommt er heute zu uns.
Diese Welt, die uns so viel Kummer macht und so viele Probleme bereitet – diese leidende Welt, diese friedlose Welt – sie ist voll von Gott, der zu uns kommen will. Gehen Sie auf ihn zu, rufen Sie seinen Namen an, und Sie werden ihn entdecken und finden. Er sucht Sie heute – Sie mit Ihren Sorgen, Sie mit Ihren Ängsten, Sie mit Ihrer Traurigkeit.
Johannes konnte den kleinen asiatischen Gemeinden damals in der festen Gewissheit des Kommenden Gottes zusprechen, der vor der Tür steht und anklopft: Gnade sei mit euch und Frieden! Natürlich waren das damals abgegriffene Worte. So hat man damals in Israel das Schalom ausgerufen, so wie wir heute „Grüß Gott“ sagen. Auch der tiefe Sinn darin war: Gott begegne dir jetzt.
Die Bedeutung der Gnade Gottes
Aber Johannes betont es noch einmal und sagt es diesen Leuten: Die Gnade Gottes steht euch heute offen. Gott will euch heute seine Gnade entgegenstrecken. Wissen Sie, was Gnade bedeutet?
Da ist der Vater, der vor Jesus niederkniet und sagt: „Meine Tochter ist tot, Jesus, erbarme dich meiner!“ Und Jesus erbarmt sich über dieses flehentliche Beten. Auch bei Ihnen gilt: Diese Gnade Gottes wird Ihnen geschenkt – gerade weil Sie unwürdig sind. Denn es ist Gnade, wenn Sie heute Morgen nicht einmal wagen, Ihre Augen zu Gott emporzuheben. Gnade sei mit Ihnen!
So wie der Blinde am Straßengraben von Jericho, der in die dunkle Nacht seiner Augen hinausschrie: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ Und mitten in das Schreien der Stimmen hinein vernimmt er: „Komm her!“ Jesus ruft dich. Das ist eine Erfahrung, die alle Zeiten machen. Durch die Gnade erfahre ich Gott.
Aber warum gehen dann so viele Menschen leer aus, obwohl sie Gott suchen? Gott hat den Weg der Klugheit und der Weisheit verbaut. Er hat den Weg der Werke, der Religionen und der Leistungen verschlossen. Denn man kann Gott nicht über diese Leiter der menschlichen Vollkommenheit erreichen. Stattdessen hat Gott einen anderen Weg gewählt: Durch Gnade will er angerufen werden. Und wer das ist – ob ein Reformator wie Martin Luther, Friedrich von Bodelschwing oder ein Kind in der Kinderkirche – durch Gnade öffnet sich die Tür.
Auch bei Ihnen. Wir stolzen Menschen sind elende Sünder und wissen oft nicht viel. Wenn wir doch wenigstens von Matthias Claudius lernen würden, wie man Gott findet, dem ich vor ihm stehe.
Darum kommt es auch, dass die Krisenzeiten unseres Lebens die gesegnetsten sind. Zeiten, in denen wir nach der Gnade Gottes wieder schreien. Zeiten, in denen unsere Erziehung gescheitert ist, in denen wir im Leben alles falsch gemacht haben und keinen Mut mehr haben.
Gott will zu Ihnen. Er ist voller Dynamik. Er sucht Sie in seinem Schöpfungswirken, in Jesus, in seinem Geist. Gnade sei mit Ihnen und Friede – Friede.
Frieden als umfassendes Werk Gottes
Gestern hat mir ein Mann aus der badischen Kirche geschrieben, dass es nicht gut sei, die Friedensfrage ganz aus dem Gemeindetag auszuklammern. Ich habe ihm darauf zurückgeschrieben: Ausgeklammert wird das Thema nicht, es kommt auch vor. Aber wir lassen uns das Thema nicht so aufdrängen, dass alles andere deshalb zurücktritt.
Die Bibel spricht ja immer vom Frieden. Kein Sonntagsgottesdienst vergeht, ohne dass vom Frieden die Rede ist – bis hin zu den Segensworten. Aber sagen Sie mir: Wie soll denn Frieden entstehen? Wie soll in dieser Welt Frieden werden, wenn nicht dadurch, dass Menschen gerecht werden? Vollständig gerecht, bis in die Fasern ihres Herzens hinein.
Es ist doch ein Trugschluss zu glauben, Frieden sei nur ein technisches Problem der Atombewaffnung. Bei den anderen Waffen muss man sich genau nehmen: Artillerie, Sprengbomben, Schiffsartillerie und so weiter. Doch der Frieden in unserer Welt ist viel mehr bedroht durch die Uneinigkeit der Menschen. Sie wissen doch, wie es oft bis in die Ehe hinein Spannungen gibt.
An solch einem Sonntagmorgen bitten unsere Kinder oft darum, dass sie nicht an unserer Unversöhnlichkeit leiden müssen. Herr, mach mich neu, damit wir unser altes Wesen unter dem Kreuz Jesu niederlegen und seinen Frieden empfangen.
In der Bibel ist Frieden nie nur ein äußerer Friedensschluss, sondern ein umfassendes Handeln. Natürlich umfasst dies auch das andere, und ich hoffe, dass keiner von Ihnen zu Hause eine Waffe besitzt. Das braucht ein Christ nicht.
Aber der Friede, der aus einer vollständig erneuerten Art und einem erneuerten Wesen kommt – wenn es heute wieder um Schwerter und Flugscharen geht – das war früher nur das Symbol des atheistischen Menschen, des Gottlosen, der das tut. O Herr, lass dein Heil in meinem Leben anbrechen, dass ich die große Geduld habe, auch in den Spannungen unserer Hausgemeinschaft mit schwierigen Nachbarn.
Auch wenn ich im Geschäft unrecht zurückgedrängt werde, möchte ich schweigen können und mich nicht selbst verteidigen müssen. Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens durch deine Gerechtigkeit.
Gnade sei mit euch und Frieden. Jetzt sagen Sie nicht, ich hätte den Frieden ausgeklammert, sondern dass alle Schwerter zu Pflugscharen werden. Das ist das erneuernde Werk der Erlösung Jesu in unserer Welt. Und es kann keinen Neuanfang geben ohne eine umfassende Erweckung im Westen und Osten.
Jesus Christus als treuer Zeuge und Herrscher
Der ewige Herr, der zu uns kommen will, wird in diesem Abschnitt ausführlich beschrieben. Es steckt sehr viel darin, wenn von Jesus die Rede ist. Er ist der treue Zeuge, der immer wieder die Worte der Wahrheit spricht.
Warum wird das Wort „treuer Zeuge“ verwendet? Im Griechischen heißt es „Martys“, was an die Märtyrer erinnert. Gerade in der Offenbarung spielen die Märtyrer eine wichtige Rolle. Jesus hat für dieses Wort der Wahrheit eingestanden. Er sprach nicht nur von Gefühlen oder einem äußeren Frieden, sondern vom Frieden Gottes, der Menschen erneuert. Selbst in einer zusammenbrechenden und untergehenden Welt hält er Menschen in seinem Frieden.
Deshalb schenkt er auch Hoffnung über den Tod hinaus. Er ist der Erstgeborene von den Toten.
Was hat es mit den sieben Geistern auf sich? Dieser kommende Gott, der die sieben Geister besitzt, spielt eine besondere Rolle. Zahlensymbolik ist heute oft fremd geworden. Dabei ist die Dreieinigkeit mit der Zahl drei und die Zahl vier, die bei den vier Himmelsrichtungen eine Rolle spielt, bedeutend.
Der Geist Gottes geht von ihm in alle Richtungen der Welt, bis an alle Enden der Erde. Jeder Mensch kann heute durch Gnade zum Glauben kommen, wenn er seine Sünde erkennt und nach Gott verlangt. Ohne Gnade gibt es keine Gotteserkenntnis.
Die dynamische Liebe Gottes
Das Zweite, was ich Ihnen sagen will: Dieser dreieinige Gott brennt voller Liebe. Sehen Sie ihn bitte niemals statisch, sondern immer dynamisch und wirkend – mit Energie!
Gerade wenn man von der Liebe Gottes spricht, hört man im Hintergrund oft den Spott vieler Menschen: „Wo ist denn die Liebe Gottes?“ Da ist Johannes wie betrunken von dem, was er von der Liebe Gottes erkennt. Es gibt ja Augenblicke zwischen Liebenden, über die man nicht spricht. Da schaut man sich einfach in die Augen und sagt, was der andere einem bedeutet. So redet Johannes über die Liebe Gottes.
Was Johannes ist, hat er diesem ewigen und heiligen Gott zu verdanken. Darum sollte man über Gott niemals anders sprechen als im Lobpreis. Man kann das nicht in Denksätze zerlegen, denn dann wird alles falsch. Man kann nur davor stehenbleiben und diese Worte nachsprechen: wie wunderbar er uns beschenkt hat, ihm, der uns liebt und uns von unseren Sünden erlöst.
Es ist schwierig auszudrücken, dass Jesus die Engel liebt oder die großen Leute, die etwas für ihn wirken. Denken Sie einmal daran, was in den letzten 24 Stunden in Ihrem Leben an schäbigen Dingen des Unglaubens und Ungehorsams war – wie Sie Gott enttäuscht und geschmäht haben. Und er steht vor Ihnen und hat Sie lieb.
So wie wir den Kindern am Gemeindetag, wenn sie ihre Spielwiese verlassen, eine Plakette schenken, auf der steht: „Jesus mag mich, mag mich.“ Der ganze Himmel steht ihnen offen, obwohl ihr Leben voll ist mit so vielen schäbigen, dunklen Dingen. Er mag sie, er hat sie lieb.
Und das ist ein Wort für Christen. Wir Christen enttäuschen Gott ja noch viel mehr als die Ungläubigen und Gottlosen. Mit uns hat Jesus noch viel mehr Kummer, und doch liebt er einfach weiter. Das kann man gar nicht verstehen – so wie er jetzt denen nachgeht, die sich von ihm abgewandt haben.
„Siehe, in meine Hände habe ich dich gezeichnet.“ Er lässt nicht los. Wenn Sie über dieses Thema reden, dann wünsche ich mir, dass Sie je nach Ihrem Gefühl nicht mehr weiterreden können, weil die Tränen Ihnen das Gesicht herunterlaufen. Weil Sie daran denken müssen, voll Scham, wie wir ihn enttäuscht haben.
Das mit der Sünde ist ja kein unanschauliches, theoretisches Wort. „Dass uns beim Drandenken die Augen übergehen“, sagt Zinzendorf, so lieb hat er uns. Wie wir sein Wort missachtet haben, nicht einmal die Zeit der Stille genutzt haben – gerade in den Ferientagen, die für die Schüler zurückliegen, wo oft alles verwildert. Wie in den Urlaubstagen, wenn man kaum mehr zum Beten kommt – und er liebt sie.
Beispiele gelebter Liebe und Gnade
Wir hatten in der letzten Woche verschiedene wichtige Besuche. Ein Bischof der südindischen Kirche war zwei Tage bei uns und erzählte eine Geschichte. Seine Frau hatte vier junge Männer aus den Slums von Bangalore in die Familie aufgenommen.
Diese Männer haben ein paar Kinder und verdienen 225 Mark im Monat. Dennoch wollten die Kinder sie aufnehmen. Er erzählte: „Ihr ahnt gar nicht, was da geschehen ist.“ Die jungen Männer hatten noch keine Schule besucht. Sie mussten lesen und schreiben lernen. Heute sind alle vier Klassenbeste.
Es gibt nichts Wunderbareres als Liebe. Ein Mensch, der noch nie Liebe empfangen hat, wird dadurch verändert. In unserem Christenleben braucht es keinen Appell mehr. Wer die Liebe Jesu empfängt, darüber nachdenkt und die Liebe Gottes sieht – über seiner Sünde nicht anders, wo denn sonst? Wo soll denn die Liebe Gottes sonst sichtbar werden?
Ein solcher Mensch wird beschämt und eifrig, in ein neues Leben einzutreten. Er wird gewaschen, geliebt und von seinen Sünden erlöst – mit dem Blut Jesu. Er wird zu einem König vor Gott und zu einem Priester gemacht. Er ist gereinigt von seinen Sünden.
Mir hat gestern jemand eine Geschichte erzählt, die sich letzte Woche in der Nähe Stuttgarts zugetragen hat. Ein Mann meines Alters, Vater von drei Kindern, wurde ertappt, weil er Unterschlagungen in seiner Firma begangen hatte. Der Chef rief ihn zu sich, sprach mit ihm darüber und sagte: „Ich verzichte auf eine Anzeige. Sie sind ein zuverlässiger Mensch gewesen. Das soll erledigt bleiben. Ich will nie mehr darüber reden und vergebe Ihnen.“
Der Mann hat sich dennoch das Leben genommen. Er wurde gestern in einer Gemeinde in der Nähe Stuttgarts bestattet. Ist das nicht typisch für unsere Zeit? Eine Zeit, die nicht wahrhaben will, dass wir Schuldner sind und von Gnade leben?
Wir sind so stolz auf uns, dabei ist es der, der uns reinigt, der zählt. Wir sollten allen Menschen sagen, die den Namen Jesu nur äußerlich tragen: Wir leben alle von der Vergebung. Wir sind begnadigte Menschen, und das ist kein Makel.
Wir alle haben gesündigt, wenn auch auf verschiedenen Gebieten. Aber wir leben davon, dass uns die Sünden vergeben wurden. Es ist schlimm, wenn das nicht mehr das Thema Nummer eins in den Kirchen und Hauskreisen ist, wenn man über Gott nachdenkt.
Wie wollen wir den dreieinigen Gott anders erkennen als über sein Erlösungswerk? Er, der Vater, der durchhält, während sein Sohn am Kreuz verblutet, damit uns Vergebung zugesprochen werden kann – vollgültige Vergebung. Dass alle Sünden unseres Lebens ausgeräumt werden.
Das ist eine Liebesgeschichte ohnegleichen. Diese Liebe Gottes wird uns heute durch den Heiligen Geist zugesprochen. Er will es uns versiegeln, den Stempel draufdrücken und sagen: „Jetzt gilt das bei dir.“
Darf ich Ihnen das jetzt auch so zusprechen in der Predigt? Jesus will Ihnen jetzt alle Sünden vergeben, die Sie vor ihn bringen. Alle sind durchgestrichen durch sein Blut. Das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde.
Das Letzte ergibt uns eine Herrlichkeit dieses einzigen Gottes. Das Wort ist unglücklich, das gebe ich gerne zu. Wie sollen wir es mit guten Worten sagen können, was doch unaussprechlich ist?
Dieser im Geheimnis so dreifach ganz anders an uns wirkende Gott und Herr macht uns zu Königen und Priestern.
Die Situation der Gemeinden und die Hoffnung auf Gottes Herrschaft
Jetzt muss ich doch noch die Situation zeigen, in der die kleinen asiatischen Gemeinden damals standen. Die Verfolgung war vor der Tür, die römischen Legionen rüsteten sich zu brutalen Einsätzen, bei denen Christen aufgespürt und vor die Opferaltäre gestellt wurden.
Der Himmel hängt voller dunkler Wolken. Doch es wird ihnen gezeigt: Lasst euch nicht erschüttern. Der, der da ist, der da war und der da kommt, ist bei euch. Ihr seid umgeben von der Gegenwart Gottes.
Die Weltgeschichte in der Zukunft bringt nicht nur Dunkelheit, sondern auch die Offenbarung. Dort wird von schrecklichen Kriegen gesprochen, die bis zu einem Viertel der Menschheit töten. Der gekreuzigte Jesus ist der Herr der Könige der Welt.
Nein, die Christen haben sich nicht losgerissen. Wenn Jesus seine Gemeinde führen will, wird er seine Herrschaft durchsetzen. In seiner Heilsgeschichte hört er nicht auf.
Es stimmt, dass Menschen sich von seiner Herrschaft losreißen können. Sie können es auch tatsächlich tun. Aber seine Heilsgeschichte hört nicht auf. Noch nie hat jemand vergeblich um Gnade bei Jesus gerufen. Er ist der Herr der Könige und macht uns zu Königen und Priestern.
Gerade am Donnerstag war Bischof Vesto Kiventschra aus Kabale in Uganda für einige Stunden bei uns in Stuttgart. Er ist seit 1977 wieder zurück in Uganda und erzählte erschütternd von den furchtbaren Leiden. Er gab Presseinterviews und sagte: „Wir haben einiges an Hilfe miteinander besprechen können.“
Da habe ich ihn noch einmal gefragt, ob er nicht manchmal darüber nachdenke. Er war ja auf dem Höhepunkt der Diktatur Amin in Moshi bei einer Konferenz der Politiker gefragt worden, ob er nicht ein Ministeramt übernehmen wolle.
Er sagt, das sei ja schwer. Christen dürfen sich nicht entziehen, wenn sie zum Dienst in der Welt gerufen werden. Aber damals hätten die Politiker verstanden, dass er kneife. Dann sagten sie: „Dann sei du unser Kaplan auf dieser Konferenz.“
Er sagt, er ist so froh, dass Gott von ihm nicht verlangt hat, ins politische Geschäft einzusteigen. Nicht, weil er sich drücken wolle. Aber er sagt, es gibt nichts Größeres, als die Versöhnungsbotschaft Jesu in unserem blutenden Kontinent Afrika weiterzusagen.
In diesen Spannungen, wo nicht nur Tausende ums Leben kommen, sondern Menschen unaussprechlich leiden. Jeder unterdrückt den anderen, in den Staaten geht es wieder gegeneinander.
Und er hat uns zu Königen und Priestern gemacht. Das war mir in der Vorbereitung dieser Predigt eine große Hilfe.
Der Dienst als Priester und König im Alltag
Priester, wenn sie draußen stehen, im Alltag, in dieser harten Welt des Berufs, wo es so rau zugeht, in diesen Häusern, in denen viel gestritten wird und wo sie von Ehen hören, die auseinandergehen.
Sie sind Priester und König. Wissen Sie, dass durch ihr seelsorgerliches Wort Menschen gerettet werden? Dass der Friede Gottes durch sie geschieht und Menschen sich versöhnen, wenn sie von Jesus reden?
Einen größeren Dienst kann man gar nicht tun als diesen Priesterdienst, der ja auch der Dienst Jesu war. Jesus war König, Priester und Prophet, Märtyrer, Zeuge, Priester und König. Jesus setzt uns in sein Amt ein, damit wir diesen Dienst weitertragen.
Und auch wenn Sie am Ende dieses Bibeltextes noch in Gefahr sind, stehen zu bleiben und in diesen trockenen theologischen Worten zu verharren: Gott, der Allmächtige, ist Gott so allmächtig? Dann kommen die Grübeleien.
Wissen Sie, was im Griechischen steht? Der Pantokrator – das ist der Herr, der über die ganze Welt, über den ganzen Kosmos regiert, nicht unsere Grübelei über die Allmacht.
So ist der Gott, der alles in allem erfüllen will und der heute Morgen kein größeres Interesse hat, als in unser Leben einzukehren. Er will aus unserem sterblichen Leib etwas Großes für seine Ewigkeit machen. Dazu gebraucht er uns.
Er will heute Morgen uns verändern. Er will Glauben in uns wecken.
Abschluss und Ermutigung zum Glauben
Was hat Dorothy Sayers gesagt? Das größte Abenteuer der Weltgeschichte – Größeres kann man nicht predigen als über das Werk des einen Gottes.
Und mit stammelnden Worten dieses Große nachzusprechen, das ist eine Ehre für uns. Amen.
