Einführung und Seminarablauf
Im Team möchte ich euch kurz vorstellen: Das ist Achim Gekle, mein langjähriger Kollege. Dann ist da Janina Meier von Coworkers Fachkräfte, Christian Thom von der DMG, Christoph Hartmann von Coworkers und Oliver Haumann von Zahileich. Wir freuen uns sehr, dass ihr mit am Start seid.
Zu mir selbst: Mein Name ist Bernd Lutz, den habt ihr vielleicht auch schon gelesen. Ich bin Mitglied der Geschäftsleitung von Coworkers und dort für den Arbeitszweig Fachkräfte verantwortlich.
Ihr werdet uns alle im Laufe der kommenden Minuten in der Sprecheransicht sehen und hoffentlich auch hören. Das Seminar wird aufgezeichnet, allerdings nur in der Sprecheransicht und nur die Redebeiträge unseres Teams. Das bedeutet, euer Bild wird nicht aufgezeichnet.
Ich wäre euch dankbar, wenn ihr eure Kamera eingeschaltet lasst. Das macht es für uns als Sprecher einfach viel interessanter, in Gesichter zu schauen und nicht nur auf eine schwarze Wand aus Buchstaben und Kürzeln.
Was erwartet euch? Zunächst möchte ich einige Gedanken zum angegebenen Text aus Matthäus 17,14-20 teilen. Danach werden Janina, Oliver, Christian und Christoph aus ihrer Arbeit und ihrem Dienst berichten. Den Abschluss macht Achim Gekle mit einem weiteren Aspekt aus dem Matthäustext.
Doch bevor wir starten, möchte ich noch beten und mit Jesus reden:
Herr Jesus, danke für diesen Tag und für die Möglichkeit, dass wir auf Dich hören dürfen. Danke, dass Du durch Deinen Geist und durch jeden einzelnen Beitrag in diesem und auch in den anderen Seminaren zu uns sprechen möchtest. Danke, dass Du mit dabei bist. Nimm alles Störende weg, schenk, dass die Technik zuverlässig funktioniert, und segne uns jetzt! Amen!
Das Motto „Geht doch“ und der biblische Ausgangstext
Ja, „Geht doch“ ist die große Überschrift dieses Seminars. Jeder von euch weiß, dass das in doppelter Hinsicht gilt. „Geht doch“ im Sinne von: bewegt euch, geht hin, wechselt den Standort, bewegt euch! Und „geht doch“ im Sinne von: läuft, macht das, was eben möglich ist. Genau das möchte auch unser Seminar zum Ausdruck bringen.
Nicht zu gehen ist keine Option, also geht doch! Mit Jesus ist nichts unmöglich – läuft, geht doch!
Dazu möchte ich uns jetzt einige Verse aus Matthäus 17, Verse 14 bis 20 vorlesen. Wir können natürlich nicht alle Aspekte dieses Textes erarbeiten, sondern nur wenige. Dennoch denke ich, dass es wichtig ist, den Text zu lesen.
Matthäus 17,14-20: Als sie zu der Menschenmenge zurückgekehrt waren, kam ein Mann zu Jesus, warf sich vor ihm auf die Knie und sagte: „Herr, hab Erbarmen mit meinem Sohn, er ist Epileptiker und leidet furchtbar. Oft fällt er sogar ins Feuer oder ins Wasser. Ich habe ihn zu deinen Jüngern gebracht, doch sie konnten ihn nicht heilen.“
Jesus erwiderte: „Was seid ihr nur für eine ungläubige und verkehrte Generation! Wie lange soll ich noch bei euch sein? Wie lange soll ich euch noch ertragen? Bringt den Jungen zu mir her!“
Dann trat Jesus dem Dämon mit Macht entgegen, und der Dämon verließ den Kranken. Von diesem Augenblick an war der Junge gesund.
Später, als die Jünger mit Jesus allein waren, fragten sie ihn: „Warum konnten wir den Dämon nicht austreiben?“
Jesus antwortete: „Wegen eures Kleinglaubens. Ich sage euch: Selbst wenn euer Glaube nur so groß wie ein Senfkorn wäre, könntet ihr zu diesem Berg sagen: ‚Rücke von hier nach dort!‘, und er wird dorthin rücken. Nichts wird euch unmöglich sein.“
Zu den Menschen gehen – Die Herausforderung der Komfortzone
Wie gesagt, ich möchte zunächst auf den Aspekt dieser Verse eingehen, der deutlich macht: Nicht zu gehen ist keine Option. Die Frage ist ja, wohin sollen wir gehen?
Dazu habe ich einen Text gefunden, der sogar vor den Versen beginnt, die ich vorgelesen habe. Diesen Punkt möchte ich euch mit hineinnehmen.
Mein erster Punkt lautet: Zu den Menschen gehen. Und nicht zu gehen ist keine Option.
In den Versen vor unserem Text ist Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf einem Berg. Es heißt dort: Jesu Gesicht begann zu leuchten wie die Sonne, und seine Kleider wurden strahlend weiß wie das Licht. Mose und Elija reden mit Jesus. Eine geniale Atmosphäre, eine heilige Stimmung – einfach eine Atmosphäre, in der man gerne bleiben würde.
Petrus greift das genau auf. Er sagt zu Jesus: „Herr, wie gut ist es, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich drei Hütten bauen – eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.“
Versteht ihr, das ist zutiefst menschlich, auch bei Jesu Nachfolgern. Wir möchten uns gern niederlassen an einem Ort, an dem wir berührt sind, an dem wir uns wohlfühlen, wo man sich Jesus nahe fühlt, wo man eine tolle Gemeinschaft hat und ein wertvolles Miteinander genießt. Man möchte solche Momente gerne festhalten.
Doch Jesus geht nicht auf das Angebot von Petrus ein. Er geht mit seinen drei Jüngern wieder ins Tal, in den Alltag, dorthin, wo die Menschen ihn brauchen. Ja, dort, wo sie auf ihn warten und wo er wirken möchte. Raus aus der frommen Komfortzone, hin zu den Menschen in Not, hin zu den Menschen, die keine Hoffnung haben und ohne Jesus verloren gehen.
Wie geht es dir? Was hindert dich daran, deine Komfortzone zu verlassen und dorthin zu gehen, wo Jesus dich haben möchte, wo er durch dich wirken möchte?
Dein Platz darf nicht leer bleiben. Darum gilt: Geh doch! Nicht zu gehen ist keine Option!
Zu Jesus gehen – Die Kraft der direkten Begegnung
Der zweite Punkt, der mir nach dem ersten – „Zu den Menschen gehen“ – wichtig wurde, ist der Aspekt „Zu Jesus gehen“.
Als Jesus und die drei Jünger bei der Menschenmenge ankommen, ist dort richtig viel los. Der Vater eines besessenen Jungen, dem von den anderen Jüngern nicht geholfen werden konnte, weiß sofort, wo er hingehen muss: zu Jesus. Er kommt mit seiner Not direkt zu Jesus.
Die Frage ist: Ist das auch für dich und mich klar? Natürlich, denkst du, aber wie triffst du deine Entscheidungen? Wo suchst du Rat und Hilfe?
Damit möchte ich nicht den Rat oder die Gemeinschaft mit anderen Christen oder Jesusnachfolgern infrage stellen. Diese Gemeinschaft ist sehr wichtig. Natürlich dürfen wir unsere Probleme und Herausforderungen mit Christen teilen und gemeinsam beten.
Doch so wie der Vater in unserem Text, dessen Sohn von den Jüngern nicht geheilt werden konnte, direkt zu Jesus gegangen ist, so ist es auch für uns wichtig, immer wieder direkt zu Jesus zu gehen. Es gibt keine andere Option als zu ihm zu gehen – täglich, direkt zu ihm, und alles von ihm zu erwarten.
Wir haben es vorher gelesen: Der Junge wurde gesund. Jesus hat die Bitte des Vaters erhört und den Jungen geheilt.
Spannend ist auch, dass nachdem die Menschen weg waren, die Jünger zu Jesus kamen und ihn fragten: „Warum hat es bei uns nicht geklappt? Warum konnten wir das nicht tun?“ Auch hier möchte ich nur betonen, dass sie wussten, wohin sie gehen mussten – zu Jesus, um ihre Frage loszuwerden.
Die weiteren Aspekte werden wir am Ende der Veranstaltung noch gemeinsam erörtern. Zum zweiten Punkt kann man sagen: Es läuft, weil für Jesus nichts unmöglich ist.
Erfahrungsberichte aus dem Dienst – Mut und Vertrauen in der Praxis
Bevor wir beginnen, möchten wir, wie angekündigt, von Janina, Oliver, Christian und Christoph hören, was sie in ihrem Alltag erlebt haben.
Sie berichten darüber, wo sie das "Gehtdoch" umgesetzt haben und wo sie das "Gehtdoch" mit Jesus erlebt haben.
Janinas Bericht aus Mali
Und so möchte ich dich bitten, Janina, dass du den Anfang machst und von deinen Erfahrungen mit diesem In-Mali-Bericht berichtest.
Ja, hallo, ich bin Janina, von Beruf Lehrerin, und seit Ende 2020 bin ich in Mali tätig, in der Hauptstadt Bamako. Dort arbeite ich als pädagogische Beraterin für einen christlichen Verein von Privatschulen.
Ich möchte euch heute von einer Begegnung mit Esther erzählen. Sie ist Christin und hat ein Waisenhaus gegründet, weil Gott ihr aufs Herz gelegt hat, sich um Waisenkinder zu kümmern. Ich habe sie letztes Jahr kennengelernt, als ich eine Woche an ihrer Schule hospitierte. Sie ist auch Mitglied dieses Vereins, sogar im Vorstand.
Sie erzählte mir ein wenig ihre Geschichte, als ich mehr Zeit mit ihr verbrachte. Sie hat eine Schule gegründet, weil die Waisenkinder eingeschult werden mussten. Man muss wissen, die öffentlichen Schulen in Mali sind sehr schlecht. Die Bedingungen sind einfach nicht gut. Deshalb sagte sie: „Ich gründe meine eigene Schule, dann können die Waisenkinder dorthin gehen, und auch die Kinder aus dem Stadtviertel können kommen.“ So startete sie diese kleine christliche Schule.
Sie hatte auch einige Lehrer gefunden, die bei ihr arbeiteten. Eines Tages kam eine Mutter mit ihrem Kind, das Platzwunden am Kopf hatte. Die Mutter war Prostituierte und ließ ihr Kind manchmal für ein paar Tage im Waisenhaus. Sie stellte die Lehrer zur Rede, vor allem den Klassenlehrer. Der sagte zunächst, er wisse nicht, wie das passiert sei. Doch die Kinder berichteten, dass der Lehrer das Kind geschlagen hatte und dass die Platzwunden von ihm stammten.
Man muss wissen, Schlagen ist in malischen Schulen eigentlich verboten, aber trotzdem üblich. Es ist eine gängige Erziehungsmethode. Esther kündigte dem Lehrer und sagte, an ihrer Schule würden die Kinder nicht geschlagen. Sie sollen mit Liebe erzogen werden. Deshalb müsse er leider gehen.
Daraufhin kamen drei andere Lehrer aus ihrem Kollegium und sagten: „Ja, aber wir schlagen die Kinder auch. Wenn dieser Lehrer gehen muss, dann musst du uns allen kündigen, und dann hast du keine Lehrer mehr.“ Das war eine Art Erpressung für sie.
Sie sagte jedoch: „Nein, dafür möchte ich mit meiner Schule nicht stehen. Auch als Christin möchte ich das anders machen.“ So kündigte sie all diesen Lehrern. Übrig blieb nur eine Lehrerin, die später auch ging, weil sie umgezogen ist.
In dieser Situation fand ich sie vor: Sie war allein mit 15 Waisenkindern. Die anderen Eltern nahmen ihre Kinder von der Schule, weil die Bedingungen nicht mehr so waren, dass sie ihre Kinder dorthin schicken wollten. Die Lehrer, denen gekündigt wurde, hatten auch das Material mitgenommen, das der Schule zur Verfügung stand.
In dieser Lage befand sie sich. Für mich war das eine ausweglose Situation. Ich dachte: Was wollen wir jetzt machen? Christliche Menschen in Mali zu finden, wo nur vier Prozent Christen sind, ist schwer. Ausgebildete Lehrer zu finden, ist ebenfalls schwierig. Wie soll ich dieser Frau jetzt helfen? Wie soll ich ihr Mut zusprechen?
Dann kam eine junge amerikanische Missionarin auf mich zu und sagte: „Hier, du arbeitest doch mit Schulen. Ich würde gerne an einer Schule Französisch unterrichten.“ Ich dachte: „Ja, super!“ Sie ging direkt an die Schule und übernahm das erste Schuljahr komplett im Französischunterricht. Französisch ist die Amtssprache und auch Unterrichtssprache in Mali.
Ein anderer Bekannter, der von der Situation erfahren hatte, sagte: „Weißt du was, ich habe noch etwas Geld. Ich zahle die Schulbücher und Hefte für diese Kinder.“ So hatte Esther auch wieder das Material, das sie dringend brauchte, um Unterricht durchzuführen.
Mittlerweile geht es ihr besser. Sie hat zwei christliche Lehrer gefunden, die sie unterstützen.
Was ich an dieser Situation so toll fand, war zum einen der Mut, den sie hatte. Trotz der Konsequenzen, die sie tragen musste, stand sie zu ihren Werten und dem, was ihr wichtig ist. Sie kündigte den Lehrern und nahm die Folgen in Kauf.
Zum anderen war das für mich ein Lernprozess. Ich habe gesehen, dass es nicht darum geht, zu fragen: Was kann ich tun? Was kann ich in dieser Situation beitragen? Sondern vielmehr: Was kann Gott tun?
Das fand ich einfach großartig. Gott sagte: „Hier, ich habe das unter Kontrolle.“ Während ich die ausweglose Situation betrachtete, kam er bereits mit Lösungen. Er schickte mir diese Menschen, die geholfen haben, und auch ihr diese Menschen, die sie unterstützten.
Das hat mir Mut gemacht. Ich dachte: In diesen Ländern, wo oft so viele Probleme sind, sollte man nicht fragen: Was kann ich tun? Sondern: Gott, was kannst du tun? Wie kannst du helfen?
Das fand ich sehr ermutigend. Auch Esther als Mensch kennenzulernen, war sehr ermutigend. Wie sie zu ihrem Glauben und ihren Werten steht, auch wenn die Kultur ganz anders reagiert.
Ganz herzlichen Dank, Janina.
Olivers Dienst in Kamerun
Wir freuen uns, dass wir jetzt von Mali nach Kamerun gehen können. Ich möchte Oliver bitten, von seinem Dienst und Alltag zu berichten.
Hallo an alle, schön, dass ihr da seid. Mein Name ist Oliver Haumann, ich bin Physiotherapeut und wollte gerne in Afrika arbeiten. So klang es vor 21 Jahren, als ich mich bei verschiedenen Missionsgesellschaften beworben habe.
Ich hatte eigentlich gedacht, dass viele Gesellschaften sagen würden: „Oh ja, wir wollen dich gerne.“ Aber es war genau andersherum. Ich bekam nur Absagen. Viele schrieben, wenn du Arzt oder Krankenpfleger wärst oder eine theologische Ausbildung hättest, dann wäre es vielleicht etwas. Das war für mich schwierig, weil ich wusste, ich hatte den Ruf von Gott, ihm in Afrika zu dienen.
Ich bin dankbar, dass Sahel Leif diesem seltsamen jungen Mann Vertrauen schenkte und sagte: „Ja, wir hätten da etwas für dich, das wäre in Kamerun.“ Ich begann mit den Vorbereitungen, lernte Französisch, ging sechs Monate auf die Bibelschule und reiste dann 2003 zum ersten Mal nach Kamerun aus.
Dort baute ich in einem Gesundheitszentrum eine Physiotherapie-Abteilung auf. Das war in einer Region, wo die Menschen entweder skeptisch, ablehnend oder manchmal sogar offen feindlich gegenüber Christen waren. Viele meiner Patienten wussten nicht, was Physiotherapie ist. Deshalb musste ich meine Arbeit für sich sprechen lassen – wie ich mit meinen Patienten und Menschen mit Behinderung umging.
Ein großes Zeugnis war, dass die Leute merkten, dass mir die Menschen wichtiger sind als das Geld. Im Gesundheitswesen in Kamerun herrscht oft die Vorstellung, es gehe nur darum, möglichst viel Geld zu verdienen.
Ich war insgesamt neun Jahre dort, baute die Abteilung auf, behandelte Patienten, bildete einen Einheimischen aus und übergab ihm schließlich die Arbeit. Nach sieben Jahren lernte ich meine Frau kennen. Nach neun Jahren kehrten wir nach Deutschland zurück und heirateten.
Nach einiger Zeit wollten wir wieder ausreisen – zurück nach Kamerun. Das war jedoch wegen Boko Haram, einer Terrorgruppe, nicht mehr möglich. Deshalb gingen wir an einen anderen Ort in Kamerun. Dort baute ich erneut eine Physiotherapie-Abteilung auf, bildete Einheimische aus und übergab die Arbeit wieder.
Bis März 2021 lebten wir dort, dann kehrten wir nach Deutschland zurück. Die Frage war: Wie geht es jetzt weiter? Heute leite ich eine Physiotherapie-Ausbildung für Kamerun – und das alles von Deutschland aus.
2001, als ich mich bewarb, hätte ich mir das nie vorstellen können. Ich bin dankbar, dass Gott mir diesen Ruf gegeben hat, dass ich ihm mit meinen Fähigkeiten dienen konnte und auf dem Weg so viel lernen durfte.
Ich habe zum Beispiel viele Dinge gelernt, die hier in der Physiotherapie nicht üblich sind. Zum Beispiel Knochenbrüche gipst man selbst, Klumpfüße behandelt man direkt. Eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich in Kamerun gemacht habe, ist: Sehr gut planen zu können und bereit zu sein, die Pläne über den Haufen zu werfen und neu anzufangen. Das ist eine Grundqualifikation fürs Leben in der Pandemie. Das erleben zurzeit viele von uns.
Was ich euch mitgeben möchte: Eure Qualifikationen – egal wie viel oder wie wenig – sind für Gott wichtig. Ihr werdet auf jeden Fall dazulernen. Ich habe Kamerunische Sprachen gelernt, viel über die verschiedenen Kulturen im Land erfahren und viele fachliche Dinge. Gott führt uns manchmal in Richtungen, von denen wir keine Ahnung haben.
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Physiotherapeuten ausbilden würde, aber ich bin sehr dankbar dafür. Wenn ihr euch überlegt, ob Mission etwas für euch ist, auch wenn ihr schon Absagen bekommen habt: Es lohnt sich, zu warten auf die Missionsgesellschaft, die in euch etwas Großes sieht und mit euch gehen will.
Danke!
Christians Weg in der DMG
Ja, vielen Dank, Oliver, für dein Zeugnis und deine Ermutigung, die ich an vielen Stellen für den einen oder die andere als wertvoll empfinde.
Wir führen jetzt als Nächstes einen Beitrag von Christian Thumm von der DMG durch, und ich würde direkt an Christian übergeben. Vielen Dank, Achim.
Hallo zusammen, wie gesagt, mein Name ist Christian Thumm. Ich komme aus der Gegend von Stuttgart und bin ungefähr dreißig Jahre alt, genauer gesagt dreißigeinhalb Jahre. Ich bin seit März 2021 bei der DMG unterwegs, also gar nicht so lange und kein Veteran wie beispielsweise beim letzten Zeugnis, das wir gehört haben.
Umso wichtiger ist für mich die Veränderung, die relativ zeitnah in meinem Leben passiert ist. Ich kann mich noch gut an vieles erinnern. In den fünf Jahren, bevor ich zur DMG kam, habe ich bei EY als Unternehmensberater gearbeitet. In dieser Zeit hatte ich nie Mission im Sinn. Ich dachte, Mission sei etwas für andere Leute, für diejenigen, die an einer theologischen Hochschule studiert haben oder Evangelisten sind und ins Ausland gehen.
Dann hat Gott an meine Tür geklopft und meine Welt innerhalb eines einzigen Tages auf den Kopf gestellt. Es war ähnlich wie bei Philippus, an den ihr euch erinnert, der von anderen Menschen beauftragt wurde und von den Ältesten zum Diakon gemacht wurde. Bei mir war es ähnlich: Die DMG hat einfach angerufen und von einer Vision erzählt, die sie für die Zukunft der Mission haben.
Diese Vision spricht davon, wie die beiden Welten Wirtschaft und Mission zusammenkommen. Sie zeigt, dass die Zukunft der Mission nicht darin liegt, dass Vollzeittheologen irgendwo hingehen, sondern dass Menschen in ihrem Beruf in Länder gehen, in denen die Religionsfreiheit eingeschränkt ist oder gar keine Visa für Missionare ausgestellt werden. Dort müssen Strukturen aufgebaut werden, und es muss das Bewusstsein geschaffen werden, dass jeder eine Aufgabe und Rolle in der Mission hat und wertvoll ist.
Außerdem wird aufgezeigt, was die Bibel über den Wert der Arbeit aussagt – viele Dinge, über die ich mir vorher nie Gedanken gemacht hatte. Ich hatte dann eine Woche Bedenkzeit, um meinen Job aufzugeben und bei etwas anzufangen, das noch gar nicht richtig existierte. Natürlich gab es viele Fragezeichen, aber Gott hat in dieser Woche so viele Hinweise ineinandergereiht, dass ich nicht mehr Nein sagen konnte.
Seit März bin ich nun dabei. Wir bauen eine Plattform auf, die wir bei der DMG „Job for Jesus“ nennen. Ich poste gleich den Link in den Chat, damit ihr euch das anschauen könnt. Unser Ziel ist es, in Deutschland das Thema zu forcieren und Möglichkeiten zu schaffen, dass Menschen mit ihrem Beruf ins Ausland gehen – und zwar nicht nur in einem christlichen Umfeld oder für einen christlichen Träger, sondern ganz normal bei einer Firma.
Über den Arbeitsplatz, die Werte, die man lebt, die Arbeitsweise und viele andere Möglichkeiten können Menschen so für Jesus erreicht werden. Wir haben schon viele verrückte Geschichten gehört, zum Beispiel von Leuten, die in Saudi-Arabien arbeiten, in Städten, in denen es eigentlich gar keine Christen gibt, und dort trotzdem wirken.
Ich möchte euch mitgeben: Die Frage, ob mein Beruf eigentlich eine Berufung ist, ist sehr wichtig. Gott hat mir gezeigt, dass schon Martin Luther vor Hunderten von Jahren mit diesem Thema gekämpft hat. Damals gab es die Unterscheidung zwischen einer inneren und einer äußeren Berufung. Nur Geistliche, Priester oder Mönche galten als innerlich berufen und hatten das wertvolle geistliche Amt. Der Rest, wie Landwirte oder Schmiede, war untergeordnet.
Martin Luther sagte dagegen: Nein, das ist Unsinn. Als Christen haben wir immer beides: eine innere Berufung und die Beziehung zu Gott. Das wirkt sich nach außen hin aus und zeigt sich in ganz vielen unterschiedlichen Berufen und Beauftragungen. Du bist relevant. Du musst nur die Augen dafür öffnen und Gott fragen, wie du das einsetzen kannst, was er dir in die Hand gegeben hat.
Schaut einfach mal auf unserer Plattform nach. Für mich war es nach diesem Schritt so, dass es noch gar nichts gab und wir von null anfangen mussten. Gott war aber so treu: Innerhalb von neun Monaten haben wir ein Netzwerk mit christlichen Unternehmern gegründet, in dem fast 15 Personen mit dabei sind. Uns wurden Projekte in Zentralasien vorgestellt, zu denen ich auch reisen durfte. Das werde ich euch gleich am Ende erzählen.
Dort haben wir Leute kennengelernt, die beispielsweise Start-ups fördern – aus Schweden heraus. Früher war das ein Gemeindegründer und Theologiestudent, der gemerkt hat, dass man etwas anders machen muss, weil die Leute wegziehen. Sie haben keine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Jetzt fördern sie Unternehmen oder Menschen, die als Bibelschmuggler mit Logistikunternehmen damals Millionen von Bibeln in die Sowjetunion gebracht haben. Heute gründen sie Firmen in Ländern, in denen man eigentlich nicht offen missionieren kann.
Es gibt auch ganz normale Leute, die als Zeltmacher in ihrem Beruf ins Ausland gehen. Ein Beispiel ist jemand, der als Flugbegleiter nach Saudi-Arabien gegangen ist. Die Welt ist riesig. Schaut euch das Thema mal an. Ihr könnt nach „Zeltmacher“ oder „Business as Mission“ googeln und sehen, wie viele Geschichten es dazu schon gibt.
Das war für mich ein echter Augenöffner. Gott ehrt diesen Schritt hinauszugehen und beschenkt euch mit Beziehungen und Projekten, wenn ihr ihm vertraut.
Ein Praxisbeispiel, das ich euch gerne mitgeben möchte, war eine Besichtigung in Kirgisistan, einem zentralasiatischen Land direkt an der Grenze zu Kasachstan, wo es gerade ziemlich rund geht. Kirgisistan ist ein Entwicklungsland. Im Durchschnitt verdient eine Familie dort weniger als tausend Dollar im Jahr.
Dort gibt es viele Pastoren, die auf dem Land versuchen zu wirken. Die Religionsfreiheit ist eingeschränkt, es gibt Verfolgung, besonders in ländlichen Gebieten durch extremistische Muslime. Trotzdem versuchen sie, das Evangelium weiterzugeben. Sie können aber ihre Familien kaum versorgen, weil es schwierig ist, Arbeit zu finden.
Wir haben dort einen Pastor kennengelernt, der uns in seine Hausgemeinde eingeladen hat. Die Gemeinde findet in seinem Haus statt. Er zeigte uns eine Hühnerzuchtfarm, die er betreibt. Er züchtet Geflügel. Von einem Verbund christlicher Unternehmen bekommt er Futtermittel, Equipment und die Hühner. In drei Monaten erzielt er mehr als der Durchschnitt im ganzen Jahr.
Das ist ein echter Game Changer. Mit leuchtenden Augen erzählte er, dass er mit diesem Einkommen seine Gemeinde mit 50 Leuten finanzieren kann. Sie haben bereits Reisen in andere Dörfer unternommen, drei Gemeinden wurden dadurch gegründet. Außerdem haben sie Mittel für soziale Einsätze in der Region, in der es viele behinderte Kinder gibt.
Die Menschen sind erstaunt: Da kommen Christen, die eigentlich unterdrückt werden, und helfen muslimischen Familien. Sie fragen: „Warum macht ihr das? Was ist das für eine Liebe, die ihr habt?“ Manche haben ihn ausgelacht und gesagt, dass das mit den Hühnern doch nie funktionieren wird. Doch jetzt klappt es, und andere kommen, um von ihm zu lernen.
Das sind offene Türen für sein Zeugnis und ein Paradebeispiel dafür, wie Wirtschaft und Mission zusammenkommen.
Deshalb mein Aufruf: Entdeckt, was die Bibel über Arbeit sagt – Stichwort Theologie der Arbeit. Arbeit ist nicht nur ein Fluch, der mit den Sünden in die Welt kam und von dem wir uns schnell lösen müssen. Arbeit gab es schon vorher, und sie ist ein Segen für uns.
Schaut euch an, was Gott in dieser Welt durch Menschen bewirkt, die in ihrem Beruf hinausgehen. Sucht nach „Business as Mission“ oder „Zeltmacher“. Es gibt tolle Organisationen, die euch unterstützen.
Hinterfragt euer Konzept von Missionar sein. Es ist oft verstaubt. Denkt ihr da nur an jemanden, der fünf Jahre Theologie studiert hat? Oder vielleicht an euch selbst mit eurem Beruf im Ausland? Denn jeder von uns ist berufen.
Das neue Paradigma heißt „Everyone Everywhere“.
Vielen Dank.
Christophs Erfahrungen in Jordanien
Wutmachendes Zeugnis und auch wertvolle Hinweise, gerade wenn man als Fachkraft ins Ausland gehen möchte. Nun hören wir gleich das nächste Beispiel von Christoph Hartmann. Er war mit Kubers Fachkräften in Jordanien und wird uns etwas über sich und seine Erfahrungen dort erzählen. Bitte, Christoph.
Genau, ich bin Christoph Hartmann und war die letzten Jahre mit meiner Familie in Jordanien. Es ist ja oft so, dass man denkt, man müsse eine Fachkraft sein, um ins Ausland zu gehen – besonders bei den christlichen Fachkräften. Aber ich habe etwas ganz anderes gelernt.
Ich habe vor zwanzig Jahren Elektroniker gelernt und bin über viele verschiedene Berufe gegangen. Auch meine Frau ist im Ausland aufgewachsen. Bevor ich zur CFI kam, habe ich in der Pharmaindustrie im Verkauf gearbeitet. Damals konnte ich mir gar nicht vorstellen, wie man das mit Mission oder Dienst für Fachkräfte verbinden kann.
Es hat eine Weile gedauert, bis wir eingestiegen sind. Wir waren relativ spät dran und hatten schon drei Kinder. Warum das Ganze so passiert ist, möchte ich ein bisschen erzählen. Eines unserer Kinder saß mal ein halbes Jahr im Rollstuhl. Das Kind hatte eine chronische Krankheit. Wir haben uns immer wieder gesagt, wir wollen mal etwas mit Vision machen. Aber dann ging es wieder nicht, weil das Kind krank war. Danach kam Arbeitslosigkeit, dann der nächste Job – und so drehte und wandte sich alles immer wieder.
Mir hat dann mal jemand erzählt, der Mission in Kabul gemacht hat und das Buch „Gefangen in Kabul“ geschrieben hat: „Weißt du, Christoph, in Deutschland ist es genauso unsicher wie in Kabul, wenn du nicht im Willen Gottes bist. Wenn du auf die Autobahn gehst, wie viele Leute dort jedes Jahr sterben. Und wenn Gott will, dass du irgendwo im Dienst bist, dann ist es sicherer, in Kabul mit den Taliban zusammen zu sein, als auf der deutschen Autobahn.“ Er hat das selbst erlebt und uns damit motiviert, etwas zu tun.
2015 sind wir so ein bisschen in der Flüchtlingskrise mit Ausländern in Deutschland in Kontakt gekommen. 2016 waren wir zum allerersten Mal auf der Unico – das ist gerade mal fünf oder sechs Jahre her. Dort haben wir CFI kennengelernt, eine Organisation, und angefangen, im Flüchtlingsbereich mit Flüchtlingen Fußball zu spielen.
Über unsere Gemeinde haben wir eine Halle gemietet und mit Fußballspielen begonnen. Dabei haben wir herausgefunden, welchen Ausbildungsberuf die Leute hatten oder was sie in ihrem Land gelernt haben. Wir haben dann versucht, sie mit Praktikumsplätzen zu versorgen und Ähnliches.
Trotz meiner Arbeit in der Pharmaindustrie, bei der ich drei bis vier Tage die Woche unterwegs war, ließ mich das Thema nicht los. Irgendwann wollte ich doch Vollzeit etwas für Gott tun. So sind wir auf CFI gestoßen.
Es gab einige Ideen. Meine Frau hat eine sozialpädagogische Ausbildung, aber für meinen Beruf passte nichts richtig. Dann kamen wir auf die Idee, dass es in Jordanien viele Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien gibt. Dort gibt es kleine Gemeindeverbände. Wir könnten es ähnlich machen wie in Deutschland: Sportarbeit mit Flüchtlingen anbieten, sie motivieren, wieder am Leben teilzunehmen und sie über den Sport in die Gemeinden einladen.
Das haben wir dann gemacht. Das Gute war, dass mein Kind zu der Zeit schon relativ gesund war. Es hatte keine Probleme mehr, war auf Medikamente eingestellt. Ein Jahr vor dem Einsatz sagte der Arzt, man könne die Medikamente komplett absetzen. Da habe ich gesagt: „Jetzt gibt es keine Ausrede mehr, jetzt gehen wir los.“
Wir sind nach Jordanien gekommen. Nach einem halben Jahr konnte mein Kind plötzlich die Finger nicht mehr bewegen. Die Krankheit kam schlimmer zurück als je zuvor. Wir mussten sogar evakuiert werden. Meine Tochter musste nach Deutschland zur Behandlung. Dort bekam sie eine Kortisontherapie, die eine Woche dauerte. Danach konnte sie wieder mit uns nach Jordanien zurückkehren.
Auch der Arzt, der uns jahrelang betreut hatte, sagte in dieser Situation: „Geht zurück nach Jordanien, das trockene Klima ist das Beste für diese Art von Krankheiten.“ Er hätte auch sagen können, er ruft das Jugendamt an und wir könnten nie wieder zurück. Aber er unterstützte uns und sagte, wir sollten wieder gehen. So konnten wir unseren Einsatz mit einer Woche Unterbrechung fortsetzen.
Dann kam das Nächste: Corona erreichte Jordanien. Jordanien ist eine Monarchie, und sie haben alles komplett für drei Monate zugemacht. Nicht so, wie ihr es kennt, sondern unsere Kinder durften das Haus nicht mehr verlassen. Zum Glück hatten wir ein Flachdach, auf dem die Kinder Inlineskaten konnten. Meine Tochter lernte Nähen mit der Nähmaschine. Wir mussten uns wirklich etwas einfallen lassen, um die Kinder zu beschäftigen.
Alle Sportplätze wurden geschlossen. Im letzten Jahr dort konnte ich kein Tischtennis mehr spielen, weil alle Angst hatten. Tischtennis wird meistens indoor gespielt, und da war nichts mehr möglich.
Wir sahen aber die Möglichkeit, viel über Zoom zu machen, auch Gemeindearbeit. Viele, die sich in der muslimischen Kultur nicht trauten, persönlich in die Gemeinde zu kommen – weil sie Angst hatten, gesehen zu werden –, konnten sich per Zoom zuschalten. So konnten sie teilnehmen, ohne dass die Nachbarn es bemerkten. Das hat Gott genutzt.
Klar hätten wir das auch vom Ausland aus machen können. Aber wir wollten treu bleiben, vor Ort bleiben und zeigen, dass wir auch in schwierigen Zeiten hierbleiben.
Das haben wir bis zum Ende unseres Einsatzes so gemacht. Es war nicht einfach. Wir hatten Kinder, die Nachhilfe brauchten, weil es Fernunterricht gab. Es kamen keine Freiwilligen mehr in der Corona-Zeit nach Jordanien, also mussten wir alles selbst stemmen.
Das ist auch meine Motivation: Ich möchte die Menschen, die jetzt hier zuhören, ermutigen. Krankheit, Corona oder andere Schwierigkeiten dürfen kein Grund sein, nicht zu gehen. Zwei Wochen Quarantäne in Jordanien sind meistens auch wärmer als in Deutschland. Wer Corona als Hinderungsgrund sieht, kann sich gerne bei mir melden – es muss nicht sein.
Wir sind dann zurück nach Deutschland gekommen und haben überlegt, wie es weitergeht. Seit sechs Monaten sind wir zurück. Seit drei Monaten arbeiten wir für die Hoffnungsträger in Nagold. Dort arbeiten wir im Hoffnungshaus, das gerade noch gebaut wird. Es geht darum, dass Geflüchtete und Deutsche zusammen in einem Haus leben.
Dafür suchen wir noch deutschsprachige Christen, die motiviert sind, mit uns nach Nagold zu ziehen. Die Hoffnungsträger haben verschiedene Standorte mit Hoffnungshäusern. Es gibt auch offene Stellen für Zivildienstleistende, heute BFDler genannt.
Wer Interesse hat, kann sich gerne auf unserem Stand bei der Missionsausstellung bei den Hoffnungsträgern umschauen.
Genau, das war mein Zeugnis.
Reflexion zum biblischen Bericht und Glaubensverständnis
Vielen Dank, Christoph, für das, was du uns berichtet hast. Wie ihr auch schon gesehen habt, hatten wir sehr unterschiedliche Berufshintergründe bei den Zeugnissen. Ebenso gab es sehr verschiedene Erfahrungsberichte aus den Einsätzen der Einzelnen.
Wie hier auch bei Coworkes Fachkräfte deutlich wird, ist es mit fast jedem Beruf möglich, in den Einsatz zu gehen, rauszugehen und mitzugehen. Bei den Nachfolgern Jesu läuft eben nicht immer alles rund. Das haben wir jetzt an einigen praktischen Beispielen gehört.
So war es letztendlich auch bei dem biblischen Bericht, den Bernd am Anfang gelesen hat. Dort war es das Vertrauen des Vaters, der mit dem kranken Jungen zu Jesus kam. Sein Vertrauen wurde enttäuscht. Die Klage über Gottes Bodenpersonal begann also damals und reißt bis heute nicht ab. Versagende Jünger Jesu sind keine neue Erscheinung. Dieses Thema gab es schon zu Anfang und es zieht sich durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch.
Der Vater im Bericht ist für uns auch ein Wegweiser. Er überspringt das Bodenpersonal Jesu und geht direkt zu Jesus, zum Herrn. Vielleicht lässt Gott bei seinen Nachfolgern manches Versagen und Scheitern zu, damit wir nicht in Versuchung geraten, uns selbst auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: „Gut gemacht, wir haben das schon irgendwie im Griff, wir bekommen das hin.“
Als Jesus dann den Jungen heilte, gab er auch einen kleinen Hinweis darauf, worum es bei der Heilung eigentlich ging. Er führte letztlich die mangelnde Gottesverbindung an, an der es bisher gescheitert war. Ich kann mir gut vorstellen, dass das für seine Jünger sehr hart war. Schließlich waren sie Teil des Ganzen und in den Prozess des Scheiterns mit eingeschlossen.
Man muss aufpassen, keine falschen Kausalzusammenhänge herzustellen. Nach dem Motto: Wenn dir etwas nicht gelingt in deinem Einsatz oder in deinem Leben mit Christus, dann glaubst du nicht richtig oder nicht gut genug. Nur wer richtig glaubt, dem ist alles möglich, bei dem läuft alles, bei dem geht alles.
Erst als der Vater mit seinem Jungen und auch die Volksmenge schon wieder weg waren – also der ganze Trubel vorbei war –, sprach Jesus mit seinen Jüngern, seinen Nachfolgern, ganz offen. Er ging in die Problemanalyse. Die Jünger waren natürlich von der Frage getrieben: Warum ging es bei dir und warum nicht bei uns?
Diese Frage bewegt nicht nur die Jünger damals, sondern auch Nachfolger Jesu bis heute. Warum können wir in der einen oder anderen Situation nicht handeln? Hatte Jesus ihnen doch in Matthäus 10 Vollmacht gegeben, böse Geister auszutreiben – und jetzt sind sie gescheitert?
Warum versagten die Jünger? Solche Situationen kenne ich auch heute noch. Ich glaube, sie sind dazu da, uns abhängig und demütig zu machen. Abhängig von dem, der letztendlich heil machen kann, und demütig gegenüber dem, was wir selbst vermögen.
Wir stehen hier aus meiner Sicht vor einem eindrücklichen neutestamentlichen Wort über den Glauben. Jesus sagt in dem Bericht, wer einen Glauben so klein wie ein Senfkorn hat, der kann Berge versetzen.
Damit kommt für mich das Thema auf: kleiner Glaube oder Kleinglaube, wie es im Text heißt – der Senfkorn-Glaube. Wie verhält sich Jesu Aussage „Nichts wird euch unmöglich sein“, wenn ihr so einen Kleinstglauben habt, mit der Tatsache, dass manche Gebete nicht erhört werden oder ein Nein als Antwort kommt? Wie verhält es sich mit unserem Glauben?
Ich finde es sehr schön, dass Jesus hier die Jünger darauf hinweist, dass es nicht darauf ankommt, ob ihr einen großen oder kleinen Glauben habt, sondern dass ihr überhaupt einen Kleinstglauben habt.
Jesus sagt klar, dass es nicht darum geht, wie wir den Glauben gern kategorisieren – klein, größer, groß, ganz groß –, sondern dass es darum geht, in dieser Abhängigkeit von Gott zu leben.
Entscheidend ist also nicht die Größe unseres Glaubens, sondern dass wir überhaupt glauben. Dass uns dieser Kleinstglaube, diese Abhängigkeit von Gott, eigen ist. Selbst wenn er so winzig klein ist wie ein Senfkorn, das nur zwei Millimeter groß ist, ist er ausreichend, sagt Jesus.
Habt Glauben an den großen, allmächtigen Gott. Glaube als Urvertrauen: Ich bin geborgen in Gottes Händen, in den Händen meines himmlischen Vaters. Dieser Glaube kann letztendlich auch Berge versetzen.
Es geht enorm viel dadurch. Deshalb können Nachfolger Jesu bis heute losgehen, so wie wir es jetzt von den vier gehört haben, auch und gerade im Wissen darum, dass uns nicht alles gelingen wird. Wir dürfen aber immer zu dem kommen, bei dem alles geht.
Das wünsche ich jedem von euch: diese Erfahrung immer wieder zu machen, loszugehen und zu sagen: „Geht doch!“ Und mit ihm geht es, weil bei ihm letztlich alles geht. Denn bei ihm gilt das Motto: „Geht nicht, gibt’s nicht.“
Das darf uns immer wieder Mut machen – gerade in mutlosen und manchmal auch aussichtslosen Situationen, so wie sie Janina am Anfang berichtet hat.
Abschlussgebet
Ich möchte jetzt gerne im Gebet sprechen.
Herr, unser Gott und Vater, ich danke dir, dass du uns immer wieder als mutmachender und heilender Gott begegnest.
Ich danke dir, dass du mit jedem Menschen gehst, der sich auf den Weg macht. Der losgeht, um Menschen letztendlich auf dich hinzuweisen.
Ich möchte dich immer wieder darum bitten, dass jeder diese Erfahrung machen darf: Wenn wir in der Beziehung zu dir leben und unseren kleinen Glauben in die Praxis umsetzen, dann ist viel möglich und vieles gelingt – besonders, wenn du mitgehst.
Amen.