Vergänglichkeit des Menschen und ewige Gnade Gottes
Ich habe für heute Morgen ein Wort aus Psalm 103, Verse 15 bis 17, ausgesucht. Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde. Wenn der Wind darüber geht, so ist sie nicht mehr da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr. Die Gnade aber des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit auf Kindeskind bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, dass sie danach tun.
Schwestern und Brüder, wenn endlich der Sommer anbricht, dann freuen wir uns. Das ist ja eine Sehnsucht. Man zweifelt ja noch immer, ob der Sommer wirklich kommt. Ich weiß nicht, wie viele Wochen und Monate ich gebibbert und gefroren habe und mich gesehnt habe, wenn endlich wieder warme Sommertage kommen und man das genießen kann. In unseren Breitengraden gibt es ja Nebel, Nässe, Matsch und Regen. Darum genieße ich es immer so, wenn endlich der Sommer kommt – ein richtig schöner, warmer Sommer.
Ich denke, Sie freuen sich auch auf den Sommer. Vor ein paar Tagen haben mir liebe ältere Leute aus der Gemeinde angerufen. Sie sind sehr kränklich, können schon seit langer Zeit nicht mehr in die Gemeinde kommen und müssen, wie man so sagt, das Haus hüten. Und jetzt riefen sie an und sagten, sie wollten sich abmelden. Was, geht es ins Pflegeheim? Nein, in den Urlaub. Ja, was, können Sie Urlaub machen? Ja, natürlich, den Jahresurlaub, den lassen wir uns nicht nehmen. Ja, und wo geht es denn hin? An den Bodensee. Ja, können Sie auch spazieren gehen?
Nein, wir sitzen halt am Fenster und gucken hinaus, und der Tapetenwechsel ist schon so schön. So hoffe ich auch, dass Sie es genießen. Das hat ja jeder verdient: Urlaub und Freude am Sommer und die Eindrücke all dessen, was uns Gott an Schönem draußen schenkt. Und wir sollen es recht genießen. Es sollen auch dann, wenn Sie Urlaub machen, schöne und wunderbare Urlaubstage werden.
Aber all denen, die keinen Urlaub machen können, wünschen wir, dass sie auch etwas von diesem Sommer mitkriegen. Wenn es nur ein Blumenstrauß ist, der neben ihrem Bett steht, irgendwo ein Blick aus dem Fenster, etwas, was man sieht an der herrlich schönen Welt.
Die Schöpfung als Ausdruck göttlicher Harmonie
Darum möchte ich zuerst darüber sprechen: Die ganze Schöpfung ist ein wunderbares Bilderbuch, ein Bildband Gottes. Die Schöpfung draußen ist ein herrlicher Bildband Gottes.
Wenn ich an mich denke, und bei Ihnen wird es ähnlich sein, dann sehe ich, dass das, was ich täglich sehe und höre, mich oft betrügt. Die vielen Nachrichten, die man liest und im Radio hört, sind oft Schreckensmeldungen: Mord und Totschlag, Krieg und Kriegsgeschrei – lauter Disharmonie.
Wenn wir jedoch in die Schöpfung Gottes schauen, ist das ganz anders. Sie ist herrlich und erquickend. Viele von Ihnen sind ja auch wie ich Menschen, die mitten in grauen Städten und Mauern wohnen und deshalb wenig von den Schönheiten der Welt draußen erleben. Einige waren ja mit dabei, als wir am letzten Sonntag noch in der Morgenfrühe im See Genezareth gebadet haben. Plötzlich erlebten wir den Sonnenaufgang über den Golanhöhen. Dieser Feuerball der Sonne – für mich war das ein Erlebnis.
Wie wunderbar hat Gott die Welt geschaffen! Können Sie sich noch an solchen Schönheiten freuen? Es bezaubert ja nicht nur Fotografen, wenn sie den Sonnenuntergang fotografieren, wenn die Sonne hinter Wolkenfetzen verschwindet und die grellsten Farben zeigt. Alles, was man draußen in der Welt sieht, ist so wunderschön.
Aber ich will jetzt nicht von der Sonne sprechen. Die Sonne ist viel zu groß, man kann es kaum begreifen. Sie ist 1,2 Millionen Mal größer als die Erde. Vielmehr geht es um die unendlich weite Erde. Wer kann die Weite und Größe der Schöpfung Gottes verstehen?
Wenn die Bibel vom Lob Gottes redet, dann spricht sie von dem, was wir täglich erleben. Wovon? Vom Gras. Sie kennen doch das Gras, das im Garten wächst. Ein rechter deutscher Kleingärtner mit seinem Ordnungssinn ärgert sich über das Gras, das wächst. Kaum hat man es ausgehackt, ist es ein paar Tage später schon wieder da.
Wie wunderbar ist dieses Gras! Lassen Sie sich doch einmal aus einer kleinen Kinderhand ein paar Blümlein reichen, die Ihnen so glücklich entgegenstrecken. Was für eine herrliche Schönheit in der Schöpfung Gottes! Vielleicht liegen Sie im Urlaub einmal ein halbes Stündchen nur im Gras und lenken den Blick zur Seite. Dann bewundern Sie ein kleines Feld der Schöpfung Gottes, wie es dort wächst, krabbelt, fliegt und summt: die Schmetterlinge und Käfer. Wie harmonisch hat Gott das alles gemacht! Wie wunderschön!
Ich möchte staunen lernen. Denn all das andere, was ich sonst aus der Welt sehe, zerreißt, zerstört, macht krank und ärgert. Dort aber ist Harmonie, die Hand der Kunst, das, was erquickt und aufrichtet.
Ich wundere mich, dass manche unter uns immer nur von der Natur sprechen. Was ist denn das „Natur“? Diese Kraft, die all das Schöne in unser Leben gibt – wo ist denn das Schöne? Das wünsche ich mir so oft: Herr, das Gute, das alles heil macht, wo alles so harmonisch zusammengefügt ist.
Was ist denn diese Natur? Ach, das ist zu kurz gesagt, zu unüberlegt und zu oberflächlich. Was soll denn Naturkraft sein? Nein, es ist die Hand Gottes, die alles wunderbar geschaffen hat. Der lebendige Gott, der himmlische Vater, der dahintersteht, der mir das alles schenkt und bereitet hat. So perfekt, gut und schön hat er alles gemacht, weil er noch viel mehr in unser Leben hineinlegen will. Er will dort wirken und mit seiner Hand tätig sein.
Jesus hat das gemeint, als er an die Blumen erinnerte. Er sagte: Selbst Salomo, dieser große Friedenskönig, war nicht so schön wie nur eine Blüte einer solchen Lilie, die damals wie eine Unkrautpflanze wuchs. Und jetzt kommt die Folge, die Jesus zog: Ihr seid doch viel mehr als diese Lilien! Wie viel hat Gott erst mit euch vor!
Gebt Gott Raum in eurem Leben, lasst ihn wirken! Entzieht euch ihm nicht! Das ist doch der Trost des Evangeliums. Wenn Gott in seiner Liebe und Güte schon solch einen Glanz in die Weite der Welt legt, wie sollte das erst in unserem Leben blühen, sprossen und zu einer Harmonie kommen?
Jetzt möchte ich Sie fragen: Geben Sie Gott in Ihrem Leben überhaupt Raum? Kann Gott in Ihrem Leben wirken? Oder sind Sie allein derjenige, der am Steuer Ihres Lebens sitzt? Bestimmen Sie allein? Schaffen Sie kaum ein paar Minuten Stille, in denen Sie vor Gott ruhig werden können? Können Sie ihn bitten, in Ihr Leben einzutreten, Sie zu heilen, gesund zu machen, Ihnen zu vergeben und Gutes zu bringen?
Wenn Gott das Gras, das doch so schnell verwelkt, so herrlich gestaltet, sollte er das nicht vielmehr mit euch tun, ihr Kleingläubigen? Ja, das wollen wir!
Und jetzt denken wir an all die Sorgen und Furcht in unseren Stirnen, an die verhärmten Gesichter, an unsere Lasten, die wir tragen. Ach, ich müsste doch ganz anders glauben, ganz anders vertrauen und mich ganz anders diesem Gott ausliefern. Er hat die Macht, alles zu verändern und schön zu machen.
Die Größe Gottes im Vergleich zum Menschen
Jetzt muss ich Sie fragen: Warum sehen wir das oft nicht? Warum nehmen wir das so selten wahr?
In unserem Leben gibt es ein großes Missverhältnis. Wir konzentrieren uns viel zu sehr auf unsere eigenen Taten. Tag für Tag beschäftigen uns unsere Arbeit, unsere Pläne, Gedanken, Wünsche und Sehnsüchte. Wir sind ganz erfüllt davon, wenn wir uns umhören.
In dieser Welt wird viel über die großen Errungenschaften und Leistungen des Menschen gesprochen. Was er alles tun kann! Der Mensch, der in Forschung und Technik Gigantisches leistet, der bis in den Weltraum fliegt und in der Medizinforschung die Geheimnisse selbst im kleinsten Organismus erforscht – ist es nicht wunderbar, was der Mensch alles erreichen kann?
Aber wenn man einmal darüber nachdenkt, ist das im Vergleich zu dem, was Gott in der Schöpfung gibt, doch lächerlich klein. Denken Sie nur an den Weltraumflug: Was hat der Mensch selbst mit seinen großen Teleskopen von der Weite des Weltalls bis jetzt überhaupt erkennen können, geschweige denn erreicht? Wie viel größer ist Gott, wenn er sagt: „Hebt eure Augen auf in die Höhe!“
Ja, das ist eine richtige Schwerarbeit: Hebe die Augen mal auf, schau doch mal dahin! Du blickst doch nie wirklich zum Sternenhimmel. Wer hat das geschaffen? Gott, der Herr, führt das Heer der Sterne vollzählig auf ihren Bahnen. Er ruft sie alle mit Namen. Seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eines von ihnen fehlt.
Wenn wir diesen Blick hätten und die Schöpferhand Gottes sehen könnten, die uns doch täglich umgibt, dann wären auch unsere Erkenntnisse nicht mehr so weit weg. Wir könnten für das, was uns heute bedrückt und belastet, ganz anders sprechen. Ja, so wie es das Wort Gottes tut, nach diesem Aufblick zu den Sternen:
„Warum sprichst du denn: Mein Recht geht an meinem Gott vorüber, mein Weg ist dem Herrn verborgen?“ Haben Sie auch schon so gesprochen? „Mein Weg ist dem Herrn verborgen, Gott weiß nicht, was mich bedrückt.“
Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, wird nicht müde noch matt. Sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke, genug für den Unvermögenden.
Und jetzt kommt wieder der Vergleich mit dem, was Menschen können: Die Gnaben werden müde und matt. Und die jungen Bösen, selbst wenn sie Fußballspieler bei der Weltmeisterschaft sind, fallen hin. Aber die auf den Herrn Harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.
Also ich kann das nicht verstehen, dass es Leute gibt, die sagen, das sei vergebener Gottesdienst, wenn sie durch den Wald gehen und die Natur beobachten. Was soll das? Mich erquicken können. Ich gehe auch gern durch den Wald, langsam oder schnell, es macht mir Freude. Aber dann will ich das dahinter verstehen, und das kann mir nur das Wort Gottes sagen.
Da ist der lebendige Gott, der dich kennt, der dich sucht, der um alles weiß, was dich bewegt, der dich versteht und der dich lieb hat – das muss ich doch wissen. Und dann darf ich die Vögel sehen und sagen: Wenn Gott schon so für die Vögel sorgt, wie viel mehr für mich? Ich darf meine Sorgen ganz ruhig bei ihm ablegen.
Da fallen mir auch all die Worte ein, von dem Adler mit seinen Flügeln, der plötzlich, wenn es gefährlich wird, seine Jungen schützt – sei es unter den Flügeln oder auf den Flügeln trägt. So wird dann die ganze Schöpfung Gottes für uns zu einer ganz gewaltigen Predigt.
Erst wenn man das Wort Gottes dazuhört, wo es Gott uns zuruft, – das geht übers Ohr und übers Hören, denn der Glaube kann nur aus dem Hören kommen – erst dann kann man auch sehen, wie plötzlich das begriffen wird:
Ach, so wunderbar ist mein Herr! Selbst im tobenden Sturm, wenn die Wellen mich schier erdrücken und ich meine, ich gehe unter, dann darf ich auf einmal wissen: Er gebietet Wind und Wetter, und sie sind ihm gehorsam. Er ist größer als alles, was mich bedrängen mag, und nichts kann mich mehr ängstigen.
Die ganze Welt ist ein großartiger Bildband Gottes, wenn man hört auf das, was Gott uns sagt. Wenn man hört, nicht nur, was man sieht. Wenn man hört, dann kann man das Sehen auch richtig einordnen.
Herausforderungen und Wunder in der Bewahrung der Schöpfung
Aber jetzt noch etwas anderes: Es gibt dennoch unendlich viele Rätsel. Ja, manche Menschen heute sind immer mehr davon belastet. Sie können sich nicht mehr richtig freuen an dem Sonnenschein und der Wärme. Stattdessen sprechen sie gleich von UV-Strahlung, vom Ozonloch und von einer vergifteten Umwelt, von Hautkrebs und Ähnlichem.
Sehen Sie, all das ist ja real. Ich will das nicht gering achten. Was sagen wir denn dazu? Niemand wird ja ernsthaft die Verantwortung leugnen wollen, die wir für die Bewahrung der Welt haben. Mir ist das sogar noch wichtiger: Wie wenig können wir Menschen tun, um überhaupt diese Welt zu erhalten!
Darum verstehe ich auch nicht, wie manche noch meinen, die Welt sei wie aus Zufall entstanden. Sie sagen, im Überlebenskampf hätten eben die härtesten Arten überlebt und sich behauptet. Dann wäre das heute auch nicht so schlimm. Die Härtesten würden überleben, und man solle das ruhig einmal im freien Spiel der Kräfte so sehen.
Das wird sie von allein schon geben? Nein, nein, das ist ein Wunder Gottes jeden Augenblick – auch in Ihrem eigenen Leben. Gott erhält Ihre Lebenskraft. Vielleicht haben Sie das erst neulich wieder erfahren, in einer Krankheitsnot, dass Gott Ihnen noch einmal das Leben geschenkt hat. Das war ein Wunder. Bei manchen war das schon vor der Geburt ein Wunder, dass Gott ihr Leben überhaupt geschenkt hat.
Und wenn man das überhaupt begreift: Gott hat mich gewollt, Gott hat mich gemacht. Und nun kann Gott auch das tun, dass er mich durch alle Schwierigkeiten und Bedrohungen meines Lebens hindurch erhält.
Das ist mir so wichtig, dass wir uns auch in all den Gefahren, die unserem Leben drohen mögen, nicht in der Sorge verzehren, sondern den Gottpreis anerkennen, der unsere Lebenskraft bis heute erhält.
Wie eindrücklich ist das geworden, als eine unserer Mitarbeiterinnen von Christliche Fachkräfte International in einem Flüchtlingslager für vietnamesische Bootsflüchtlinge arbeitete. In der Nähe kümmerte sie sich um die völlig verarmten, im Urwald lebenden Negritos, diese Urstämme der Philippinen.
Sie begann, für sie und mit ihnen Reisfelder anzulegen. Sie, die eigentlich Krankenschwester war, kaufte einen Zugochsen, um den Boden zu pflügen. Wie glücklich waren sie, wie alles heranreifte zur Ernte!
Dann geschah das schreckliche Unglück: Der Vulkan Pinatubo brach aus. Es waren Tage, an denen man meinte, die Welt gehe unter. Der Himmel war am Tage dunkel wie in der Nacht. Die Asche regnete herunter und lag am Ende einen halben Meter hoch – diese Todesasche über den Feldern, die so mit Liebe und Mühe angelegt waren, mit Fleiß. Da wurde gearbeitet, da wollte man etwas erreichen und schaffen.
Es war gar keine Hoffnung mehr für diese Leute. Wie sollten sie je noch dort leben können? Die Dächer brachen unter dieser schweren Last zusammen.
Als ich ein paar Monate später dorthin kam, traute ich meinen Augen nicht: Lauter grüne Felder! Ich fragte, was denn los sei. Ich hatte gemeint, das seien die Aschen. Da sagten die Leute, das hätten sie gar nicht gewusst: Die Vulkanasche war der beste Dünger für ihre Felder. Jetzt wächst es noch besser als vorher.
Sehen Sie, so kann Gott das manchmal machen: aus einer Todessache etwas zum Leben schaffen, so wunderbar, dass die Menschen überwältigt waren von der Güte Gottes.
Ich wünsche Ihnen das auch, dass Gott das tun kann in Ihrem Leben, da wo Dunkles, Schweres, Unheimliches Sie belastet und Sie nicht mehr weiterwissen, dass er alles in Segen einhüllt.
Vergänglichkeit und Trost in Gottes Gnade
Und doch bleibt ein Stück, das sich nicht wandelt. Das ist so belastend. Und genau das ist hier in diesem Wort beschrieben.
Ein Mensch ist in seinem Leben wie eine Blume, die aufblüht – wunderschön. Nein, er ist wie Gras, das wie eine Blume auf dem Felde blüht. Wenn der Wind darüber geht, ist sie nicht mehr da.
Wir können sagen, was wir wollen, aber der Schmerz wird nie von uns überwunden werden können. Der Schmerz, wenn wir Menschen, die wir lieben, hergeben müssen. Das ist schrecklich – der Abschiedsschmerz. Und wenn der Wind darüber geht, ist sie nicht mehr da.
Es ist so schwer, wenn plötzlich eine Lücke gerissen ist. Diese Lücke kann man nicht zudecken, nicht heilen, und sie bleibt.
Wenn Gott uns schon so schön geschaffen hat, dass wir so herrlich blühen können, dann ist der Abschied umso schwerer.
Ich war ein Kind, neun oder zehn Jahre alt, es waren Osterferien – ich vergesse das nicht. Wir sind in den Wald gegangen. Ich freute mich, wie sich nur Kinder an Blumen freuen können – an Anemonen. Alles war voller Blumen. Wir haben Streusel gepflückt, so wie Kinderhände sie eben nur einmal pflücken können.
So sind wir heimgegangen und wollten die Blumen der Großmutter bringen. Ach, sie hat sich gefreut. Sie war überwältigt von dieser Liebe. Dann hatte sie die Idee, das Allerschönste, was man mit diesen Blumen machen kann. Sie sagte zu uns Kindern: „Wisst ihr, was wir machen?“ Es war etwas ganz Besonderes: Wir werfen die Blumen morgen bei der Beerdigung von Tante Elisabeth ins Grab.
Das war ein Schock – die schönen Sträuße ins Grab werfen! Die Tante Elisabeth in Ehren, aber für uns Kinder war das unpassend. Die Blumen, obwohl die Anemonen natürlich schon verwelkten, waren ja nicht mehr schön. Um die war es gar nicht schade.
Aber wir haben zum ersten Mal begriffen, wie vergänglich das alles ist und wie man das Schöne in der Welt nicht behalten kann, wie es verwelkt und vergeht.
Warum steht das überhaupt in diesem Psalm 103? Das ist doch ein Lobpsalm, ein Dankpsalm, ein Freudenpsalm. Weil es damit nicht endet und aufhört.
Nicht das Verwelken ist wichtig. Obwohl ich das auch allen sagen will, die wie ich älter werden und die Zeichen des vergehenden Lebens spüren. Die Herbstzeiten sind auch wunderschön, wenn sich alles noch einmal verfärbt und die Blüte ihren ganz besonderen Glanz erhält.
Nein, was bleibt, wenn die Blüte verwelkt, ist die Gnade des Herrn – sie bleibt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Das ist doch das, was dieses Wort hier sagt. Da steht es in Vers 17: „Die Gnade aber des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten.“
Wir sind nicht bloß ein Laub, das vom Wind hin und her geweht wird. Gott will viel, viel mehr. Das ist viel wichtiger.
Darum ist uns Jesus nachgegangen, hat uns gesucht. Er will in unserem Leben all das Dunkle und Unheimliche löschen, vergeben und wegnehmen, damit wir Frieden bei ihm finden.
Leben in der Hoffnung der ewigen Gnade
Ich möchte Sie bitten, jeden Tag Ihres Lebens nicht nur auf die kurze Zeit dieser vergehenden Welt zu leben, sondern zu sagen: Ich möchte mich ausstrecken auf das Licht Gottes hin. Dafür lebe ich, für ihn blühe ich, ich bin für ihn geschaffen und ich bin sein Ebenbild.
Das ist schön ausgedrückt im Lied: „Du durchdringst alles, lass dein schönstes Licht, Herr, berühren mein Gesicht.“ Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne still halten, so lass mich still und froh deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.
Sie müssen täglich offen sein, auch in Urlaubszeiten und Sommerzeiten. Sie müssen hören: Wo ist der Gott, der mir begegnen will mit seiner Güte, die nicht aufhört?
Es ist richtig, dass unsere Lebenskraft sehr begrenzt ist. Da muss man manchmal die Lebensziele kürzer stecken und immer weiter zurücknehmen. Aber seine Gnade währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Das, was das Wort Gnade meint, ist kein abgegriffenes, leeres Wort. Es ist spürbar und erfahrbar, wie Jesus sich den Menschen zuneigt, sie mit seiner Liebe umgibt, sie trägt, sie täglich sucht, sie aufrichtet und ihnen Mut macht.
Da sollen sie wissen: Berge mögen weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade kann nicht hinfallen – auch wenn die Blume verwelkt und der Wind darüber geht.
Das ist wunderbar, dass wir eine Ewigkeitshoffnung haben. Und das ist auch gut, wenn wir an unsere Kranken, die Alten und Pflegebedürftigen denken.
Es ist eigentlich gar nicht so wichtig, was wir von diesem Sommer mitbekommen. Herr Gerhard singt vom Sommer der Gnade Gottes. Den kann man erleben, gerade wenn es ganz dunkel ist und man ganz mutlos ist.
Dann kann man sagen: Jetzt kann ich umso schöner meinem Herrn blühen und mich freuen auf die Zeit, wenn ich einmal Frucht bringen darf, meine Garben für ihn in der Ewigkeit.
Ich will eine Pflanze sein, die dem Herrn zu Ehren blüht. Amen!
