Gruß und Einleitung zum Reformationsfest
Heute Mittag hier zu sein, war geplant, aber gestern habe ich noch drei Mails von Peter Hahne erhalten. Er bedauert sehr, dass er heute nicht unter uns sein kann. Außerdem hat er mich ausdrücklich gebeten, den Bruder Staatssekretär Georg Gallus von ihm herzlich zu grüßen. Öffentlich soll gesagt werden, wie sehr er sich mit Georg Gallus im Glauben und im Zeugnis verbunden fühlt.
Schließlich, so sagt er, haben wir – als Lateiner – den gleichen Namen. Gallisch bedeutet auf Lateinisch „Hahn“. Peter Hahne hat mir zudem einen Artikel geschickt, den er ganz kurzfristig für mehrere Millionen Leser schreiben musste. Dieser Artikel erscheint in Zeitungen von Lübeck bis Passau und ist wichtig, um Hahnes Worte hier vorzustellen.
Meine Lieblingsthese ist Nummer 62: Der wahre Schatz der Kirche ist das Evangelium. Diese gute Nachricht ist in einer Welt voller schlechter Nachrichten für Christen konkurrenzlos wichtig, gerade in dieser hoffnungslosen Zeit.
Leider haben Kirchen aus dem Löwen Luther einen Mitvorleger gemacht, ein Gender-Liederbuch, Merkel, Obama scharf auf dem Kirchentag, Luther-Schnaps und Luther-Kondome. Der echte Reformator hingegen hat mit seinen Thesen Kopf und Kragen riskiert. Der Klerus war hinter ihm her, wie Erdogan hinter unbequemen Journalisten.
Seine Bibelübersetzung war lebensgefährlich, denn er nahm den Herrschenden damit auch ihr Herrschaftswissen. Diese Sprachgewalt, dieser unerschütterliche Mut gegen Thron und Alltag, diese Überzeugungskraft eines von Jesus Christus zutiefst Überzeugten – das ist die Reformation, die wir auch nach 500 Jahren noch brauchen.
Als Journalist ist er mir ein Vorbild: dem Volk aufs Maul schauen, ohne ihm nach dem Munde zu reden. Und mit den mürrischen Mundwinkeln – die Freude ist der Doktorhut des Glaubens.
Soweit Petra.
Die Herausforderung der Kirche und die Bedeutung des Evangeliums
Es ist merkwürdig, dass wir das Reformationsfest feiern. Was genau gibt es denn zu feiern? Eigentlich ist es eine Tragödie, dass die Kirchen im Laufe der Jahrhunderte fortwährend den wahren Schatz, den sie weitertragen sollen, vergessen, verändern und verfälschen.
Jesus hatte in seiner Abschiedsrede, die in den Evangelien nur dreifach überliefert ist, glasklar angekündigt, dass falsche Christusse kommen werden und viele vom Glauben abfallen. Dieses Problem begann besonders in den reichen Ländern des Westens. Auch in Kanada und den USA ging die Zahl der bibeltreuen Jesusleute rapide zurück.
Umso auffälliger ist es, dass heute in vielen Nationen eine große Zahl bekennender Jesusleute existiert, die die Bibel unverfälscht und unverkürzt festhalten. In Nordkorea, Laos, Kambodscha, Zentralasien, Usbekistan, Tadschikistan und China sind es nach vorsichtigen Schätzungen etwa 130 Millionen Menschen, die sich zu Jesus und seinem Wort bekennen – zur alleinigen Erlösung durch Jesus am Kreuz.
Jesus sprach im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld davon, dass die Sorgen dieser Welt und der Betrug des Reichtums viele Menschen vom Glauben abfallen lassen. Das ist eine große Not gerade hier bei uns. Deshalb müssen wir aufstehen und in unseren Gremien, dort wo wir sind, die anderen darauf ansprechen: Stehst du noch auf dem Fundament, oder bist du auch abgefallen?
Wir erleben ja, dass viele Menschen ihre Entscheidung mit Füßen treten. Eine Kirche, die das Evangelium verwässert, ist nicht mehr interessant. Was will man da noch? Der Bundestagsabgeordnete Godebek von den Grünen hat gesagt, die Worte der Kirchen unterscheiden sich kaum vom Parteitagsbeschluss der Grünen. Das ist ein deutliches Warnzeichen.
Wenn wir die große Botschaft des Evangeliums vergessen, verlieren wir die Orientierung. Für Luther war es deshalb so wichtig, wie er in einer Zeit, in der die Kirche tief gefallen war, wieder zurückgefunden hat. Diese Zeit war geprägt von furchtbarer Entartung. Man möchte kaum aufzählen, wie viele Missstände und wie viel Unmoral die Kirchen damals ergriffen hatten – auch die Zentrale in Rom mit all ihren schrecklichen Missständen.
Wie sollte man das reformieren? Hinzu kam die enge Verbindung der Kirche mit den Mächtigen dieser Welt.
Die Gefahr der Macht und Luthers Mut vor dem Reichstag zu Worms
Ich habe vor Jahren einen Christen einmal gefragt: Was ist denn die größte Gefahr für Christen? Ist es der Sex oder das Geld? Da hat er gesagt: Macht. Wissen Sie, dass Macht eine ganz große Gefahr ist – sowohl für Christen als auch für Kirchen. Wo man über die Gewissen der Menschen bestimmen will, wo nicht mehr Jesus Christus einen Menschen allein treibt und erfüllt, sondern Menschen, getrieben vom Heiligen Geist, an ihm hängen und ihm dienen.
Aber jetzt möchte ich zunächst auf eine wichtige Episode eingehen, die uns ja immer wieder bewegt. Nach Worms: Vor wenigen Tagen war ich bei einer Reisegruppe, die ich geführt habe, dort wieder in Worms. Und das bewegt uns ja. Man kann sich das ja nie richtig vorstellen: Der Kaiser damals, noch nicht richtig gekrönt, 21 Jahre alt, in Gent geboren, der mächtigste Mann seit 700 Jahren in Europa – nach Karl dem Großen der mächtigste Mann.
Seine Herrschaft reichte von der spanischen Halbinsel bis zu den Kolonien in Mexiko, eine Herrschaft ohne Gleichen. Und da saßen sie am ersten Reichstag in Worms. Man muss sich das einmal vorstellen: Die ganzen Herrschaften mit den Kardinälen, Fürsten, Grafen und all denen, die dabei waren. Und da saßen sie. Der Kaiser verstand kein Deutsch; er sagte, er rede nur mit seinen Pferden Deutsch.
Dann stand diese komische Sache da mit diesem merkwürdigen Mönch – ein völlig unbekannter Mann, ein Einzelgänger. Sein Vorgesetzter, der Ordensleiter Stolpitz, hatte ihm zuvor die Unterstützung entzogen. Er war ganz alleine, hatte niemanden mehr, der hinter ihm stand.
Karl V. hatte die Parole „Plus Ultra“ – über alles hinaus und noch weiter. Das war seine Losung, das Unbegrenzte als Erreichendes. Wie die Sonne am Himmel war er der größte Kaiser auf Erden.
Und dann steht dieser schlichte Mönch, 38 Jahre alt, der nichts hat: keinen Adel, kein Geld, keinen Fürsten, der hinter ihm steht, keine Partei. Und er hat es dann selbst mit eigenen Worten gesagt: „Ich bin eines armen Bauern Sohn.“ Das war es.
Er war sehr oft von Ängsten umgetrieben. Es wird ja für uns auch in diesen Jahren erst noch zum Ausdruck kommen, wenn der Terror sich noch weiter in unserem Land erfährt, dass Angst das schlimmste Mittel ist, mit dem man die Menschen jagen kann. Denn die Angst will gar nichts machen. Wir wollen sie überwinden, nicht von der Angst beherrscht werden. Die Angst kann man nicht ausnutzen; sie überfällt einen einfach.
Und jetzt hatte Luther einen Mut, als er noch gewarnt wurde, nach Worms hineinzugehen. Und dann sagt er: „Und wenn so viel Teufel wie Dachziegel grenzen, ich gehe hinein.“ Wie kann er vor der ganzen Macht dieser Welt stehen, wenn er wusste: Jesus Christus ist mein Werk.
Wissen Sie das auch von sich? Vor Ihren Ängsten, vor denen Sie stehen, in Ihren Lebensnöten, in der Einsamkeit, in den Sorgen, die Sie haben?
Luthers Weg zur Erkenntnis der Gnade durch die Bibel
Wo hat Martin Luther denn dies erreicht? Das war ein weiter Weg. Es war, wie hinten an der Tafel schon schön beschrieben, bei Stotternheim: ein schreckliches Unwetter, ein Blitz, der ihn zu Boden warf. Zum ersten Mal begriff er, was Tod ist.
Er hatte viele Menschen beerdigt und viele Gespräche mit Trauernden geführt. Dennoch wundere ich mich immer wieder, mit welcher Leichtigkeit wir den Ernst des Todes verdrängen. Jeder von uns weiß, dass der Tod vor uns steht. Es ist die unheimliche Not, die wir immer verdrängen wollen.
Martin Luther stellte sich dieser Realität des Todes. Er wusste, dass der Tod das Gericht Gottes ist. Das hören wir auch in der Verkündigung: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht (Hebräer 9,27). Wenn ich unten vom Radarfoto geblitzt werde, hoffe ich auch, dass das Foto nicht funktioniert hat und dass es keine Konsequenzen gibt. So wollen wir auch im Leben irgendwo durchkommen und ungeschoren davonkommen.
Aber Martin Luther stellte sich der Realität des Gerichts über seinem Leben. Er probierte alles aus, was die Kirche und die Christenheit an Ritualen, Formeln und Übungen anbot. Er verzichtete auf alles, was man genießen kann. Er lebte asketisch, trug Waldwaffen, kleidete sich wie ein Mönch, wurde Mönch und verzichtete auf vieles – und fand keinen Frieden.
Er pilgerte nach Rom. Über ihm lag diese große Not, und das war realistisch – etwas, das wir als moderne Menschen oft nicht mehr sind. Wir müssen ihm Recht geben: Wir liegen im Drachen des Todes als Menschen, wer weiß wie lange. Wir können uns nicht aus eigener Kraft befreien.
Dann war es die Bibel, die er im Kloster in seiner Zelle fand. Er las darin und stieß ausgerechnet auf den Römerbrief. Dort spricht Paulus darüber, dass wir vor Gott Schuldige sind. Luther sagte: Das muss ich den Römern erzählen. Die Römer waren damals die stolzeste Nation mit dem Kaiser in Rom, der über die Welt herrschte. Paulus wollte wissen, wie das Evangelium in Rom ankommt. Luther wollte diese Botschaft des Römerbriefes von Jesus Christus weitergeben.
Das war dann ganz wichtig. In einem Lied übersetzte er es so: „Mitten in der Höllenangst uns sünd und treiben, wo sollen wir denn fliehen? Hin da, wie mögen? Bleiben zu dir, Herr Christ, alleine, Jesus Christus ist für meine Sünden gestorben.“ Das ist der einzige Trost im Leben und im Sterben.
Man fragt sich, warum das heute in den Kirchen so wenig betont wird. Ich erinnere mich an meinen Heimatort, wo wir im Wohlstand lebten. Am Totensonntag kam der Pfarrer, und ich durfte allen versprechen, dass alle im Himmel sind. Dabei steht es doch in der Bibel anders. Ist es heute bei uns so üblich, dass die Wahrheit verfälscht wird?
Die Bedeutung von Sünde und Vergebung im Glauben
Martin Luther hat entdeckt, dass ein Wort der Wahrheit, der wirklichen Wahrheit, die ganze Welt aufliegt. Deshalb war er nicht oberflächlich, sondern hat sich dem gestellt, was wir so gerne verschweigen.
Vor einigen Jahren war er im Stiefel und hat eine ganze Nummer mit der Titelgeschichte „Die Sünde“ gebracht. Er sagte, es sei merkwürdig, dass in den Kirchen gar nicht mehr davon gesprochen wird, obwohl die Sünde in unserer Gesellschaft noch nie so gebucht und geräumt wurde – bei den Bankerboni, in der Korruption, beim Abgasskandal, bei den Unwahrheiten, Rügen, der sicheren Rände und auch beim Euro, der so sicher sein soll wie die D-Mark.
Was alles erzählt wird in der Volust, bei zerbrechenden Ehen, bei Kindern, die ihre Eltern verlieren – all das zeigt, wie viel Not in unserer Gesellschaft herrscht. Und immer ist die Ursache Sünde.
Nun ist es ja in unserer Zeit nicht so, dass wir nicht von Sünden leben. Lest einmal in Zeckern, da steht von vorne bis hinten nur von Sünden. Ob das die Trump-Berater sind, die gejagt werden, oder andere Regierungen, die katalanischen Leute, die Republik – es sind lauter Leute, die man mit dem Finger zeigt.
Das Befreiende ist jedoch erst, wenn ich mich meiner Sünde vor Gott stelle und mein Todesleben erkenne, die kurze Zeit meines Lebens, in der ich schon vor Gott stehe. Dann ist da die Parole, die man so sagt: „Ich bin schon okay, ich habe nichts vorzuwerfen.“ Dies ist sicherlich in allen Glaubensaufbrüchen, nicht nur in der Reformation, sondern auch jetzt in den Ländern der Dritten Welt, immer wieder nur das Erkennen der eigenen Sünde, das zum festlichen Glauben wahr wird.
Gerade solche Religionen, die die Sünde leugnen – im Islam gibt es keine Sündenerkenntnis, wie wir sie haben, die zum festlichen Glauben führt. Oder im Hinduismus ist das sehr einfach gedacht: Man soll Durchwaschungen im Laufe seines Lebens vollziehen und hofft auf dem Weg zum Rana.
Sie können, so wie Jesus das gesagt hat, immer nur als ihr Bekenntnis sein. Sie können nicht in einer Sache wissen, wer sündiger ist – das kommt nie an.
Aber wissen Sie, viele ehemalige Moslems haben bezeugt, dass es sie aufrüttelte, wenn ein Christ sagte: „Ich gehe nicht gut.“ Einmal erlebte ich in einer Hochschulgruppe, wo eine Muslimin dabei war, die dann spontan erzählte: „Erzählen Sie mal von Ihren Sünden, Herr, ich kann Ihnen erzählen, welcher Schmutz durch meinen Kopf hindurchgeht, was ich schuldig bleibe in der Ehe, wie ich andere Menschen verletze mit meinem Wort, wie viel ich in meinem Leben suche.“
Dann kam sie plötzlich und sagte: „Ja, das erwähnen wir genau so, und dann können wir darüber reden. Aber ich habe den im Kreuz gesehen, der für meine Schuld gestorben ist.“ Und es gibt wirklich eine Entsorgung vom Giftmüll meines Lebens.
„Was haben Sie eigentlich für die große Schuld Ihres Lebens?“ So müssen Sie andere fragen, darüber müssen Sie schlicht reden. Wir sind doch nicht besser als die anderen.
Oder meine Gruppe im Sitzvollzugsanstalt in Hainschau, wo man zur Einleitung einen Vorstand hat, der uns sagen kann, dass er schließlich nicht besser ist als Sie. „Ich habe nur eine andere Lebensgeschichte. Wenn jeden die Versuchung trifft, die ihr ertragen müsst, mein Herz ist genauso böse wie euer Herz.“
Ja, wenn ich mal rauskomme, sage ich: „Ich will es besser machen, aber ich kann es nicht, wenn ich nicht Jesus Christus ergreife, meinen Herrn, der mich erlöst von all dem, was das sein mag.“
Martin Luther und die Gemeinde waren schockiert, wie es damals mit den Ablassbriefen gemacht wurde. Jedes Schulkind weiß noch aus dem Religionsunterricht, dass dahinter eine üble Geldgeschichte stand und ein großer Bau. Das sollte uns auch heute hellhörig machen, wenn wir die Geldgeschichten der Kirche kritisch beobachten – auch die ganzen Bauten, die dann doch wieder verkauft werden müssen, weil sie leer stehen.
Dietrich Bonhoeffer hat ja davor gewarnt in seinem Buch „Nachfolge Christi“, dass wir die Gnade Gottes billig machen, dass wir sie verschäbeln und verhökeln. Er sagt wortwörtlich: „Wir taufen und konfirmieren, ohne darauf hinzuweisen, was die Nachfolge von Jesus kostet.“ Denn ich bekomme ja das Neue gar nicht.
Wir haben so viele Menschen, die ihr Christsein nur als Last empfinden, das Hemd, das ihnen übergestreift wurde. Das hat uns eine Gesellschaft aufgedrückt, weil sie es nie selbst ergriffen haben als freie Wahl.
Ich kann ohne Jesus Christus nicht leben. Er ist der Freudenbringer meines Lebens, der mir die Lasten abnimmt und mir alles gibt.
Die Last der Schuld und die Kraft der Vergebung
Noch einmal: Die Schuld unseres Lebens ist, und das wissen Sie aus vielen Gesprächen mit Familien, Behörden, Freunden und Berufskollegen, heute die Ursache für viele psychische Erkrankungen. Ich finde es furchtbar, dass kaum noch jemand Rat bei gläubigen Christen sucht. Betroffene sagen dann: „Gut, das ist doch bei mir auch so. Ich habe ganz furchtbare Dinge erlebt.“ Aber wir wollen gar nicht mehr darüber sprechen.
Wenn Sie wüssten, was Herr Lehmli im heutigen Gottesdienst gesagt hat, bräuchten Sie eigentlich nichts weiter zu wissen – denn Sie würden rot anlaufen. Wir breiten die Scham darüber, doch es gibt keine Not, wenn Jesus nicht die Vergebung bringt. Haben Sie schon einmal erlebt, was Vergebung bedeutet? Es ist wunderbar, wenn Sie selbst im Gebet oder in der Beichte abladen können. Aber wenn Sie damit gar nicht fertig werden, ist es gut, einen Seelsorger zu haben, der Ihnen die Hände auflegt, Sie zuschließt, vergibt und die Lasten tief versenkt. Diese Lasten werden nie wieder hervorgeholt, auch am Jüngsten Tag nicht. Die Altlasten unseres Lebens sind vergeben und ausgelöscht.
Martin Luther sagte, er habe die Bibel zweimal im Jahr durchgelesen. Die Bibel schreibt viel darüber, dass die Sünde die Verderbnis der Menschen ist. Man kann zwar im Kabarett Witze über Sünde machen, aber aus Ihrem eigenen Leben wissen Sie, dass keine Sünde wirklich glücklich macht – vielleicht kurzzeitig im Rausch. Wir Alten wissen noch, wie uns die Sünden unserer Jugend anklagen. Wie gerne hätten wir noch einmal mit unseren Eltern gesprochen und uns entschuldigt für so viel böses Herzelei, die wir ihnen angetan haben. Oder für Mitschüler, die wir gehänselt haben, etwa wegen ihrer Behinderung.
Was für eine Bosheit steckt doch oft im Menschenherzen! Die Bibel erzählt auch von ihren besten Leuten, zum Beispiel David. Er war ein herausragender Mann – ein Staatsmann ohne Gleichen, ein Mann nach dem Herzen Gottes. Aber auch er war fehlbar. Frauen verstehen uns Männer vielleicht: Wenn nur eine Frau sich nicht richtig gewaschen oder den Vorhang nicht richtig zugezogen hat, war bei David die Sicherung durchgebrannt. Es ging sogar bis zum Mord, weil er vertuschen wollte.
Die Bibel macht daraus kein Drama, auch nicht bei der Sünderin, die am Brunnen in Samaria saß. Sie spricht nur kurz und dezent darüber. So wollen wir es auch halten – nicht wie Illustrierte, die Romane darüber schreiben, an denen man sich aufregen kann. Nein, es gibt Vergebung. David hat einen herrlichen Psalm geschrieben: „Ich wollte verschweigen, verschmachten meine Gebeine durch mein tägliches Heulen.“ Man kann das nicht wegdrücken oder wegspielen.
Das ist so wunderbar, und Martin Luther hat uns das aufgezeigt: Es gibt keine Lösung in irgendeiner Religion oder Philosophie dieser Welt, um begangenes Unrecht gutzumachen. Wie sollte man das auch können? Was geschehen ist, kann man nicht auslöschen. Die Bibel sagt Großes dazu: Gott gab einen Vorgeschmack auf das, was kommt, durch Jesus. Früher wurden Opfer dargebracht, nackte blutige Tiere, die geschlachtet wurden. Doch sie konnten die Sünde eines Menschen nicht sühnen. Das ist ein großes Verhängnis.
Wenn es so weitergeht, wie es heute in kirchlichen Kreisen oft der Fall ist, dann verlassen Sie die Räume, wie es ein Wetter bei einer kirchlichen Sitzung sagte: „So wie Jesus sich dann Gott sterben ließ.“ Gibt es denn noch einen größeren Ausweg?
Die Schuld an einem anderen Menschen, dem man die einzige Lösung verweigert – das ist ein großes Problem. Einer der größten Bergsteiger sagte, er wolle eine Krönung von den Bergen holen. Ein katholischer Mönch, der viel redet, sagt, für ihn sei das auch die höfliche Rundfunkansprache. Das ist eine alte Vorstellung, aber der Kern ist: Der Backofen der Liebe Gottes für die Menschheit bietet eine Entsorgung für den schrecklichen Giftmüll unseres Lebens.
Ich wüsste gar nicht, wie ich heute hier stehen könnte, ohne das täglich vielfach in Anspruch zu nehmen. Man kann es gar nicht genug sagen: Martin Luther hat mich, einen verlorenen und verdammten Menschen, erlöst. Ohne Jesus Christus wäre ich in der Hölle, und es gäbe keinen Ausweg daraus.
Das war immer wieder das Zentrum der Schrift: Wie die Menschen dort Zuflucht fanden. Paulus hatte den Mut, nach Rom zu gehen und sich dafür umbringen zu lassen, nur weil die Botschaft des Kreuzes gehasst wird.
Die Kraft des Kreuzes und die Bedeutung der Passionsgeschichte
Vor ein paar Monaten hat die Regierung in China, im Kanton, mit Kranwagen alle Kreuze von den Kirchen entfernen lassen. Interessant ist, dass diese Untergrundkirchen trotzdem den Mut und die Freiheit haben, neue Kreuze aufzustellen.
Uns geht es nicht um äußere Kreuze oder Symbole, sondern um die Wahrheit, die Martin Luther verkündete: Jesus Christus starb für mich durch sein eigenes, kostbares Blut und durch sein unschuldiges Leiden und Sterben.
Es gibt Menschen, die behaupten, das sei eine „Schlachthaus-Theologie“. Eine Patentante hat mir das einmal so gesagt. Wir kennen solche Ansichten später auch aus unseren Gemeinden, aber die Wahrheit ist: Es war wirklich blutig. Lesen Sie noch einmal die Passionsgeschichte von Jesus.
Und überall dort, wo in der Missionsgeschichte Menschen zum Glauben kamen, geschah das immer durch das Erzählen der Passionsgeschichte. Die Eskimos, eines der härtesten Völker der Welt, die in Eis und Schnee leben, in Iglus, wo Felle in Urin getränkt und aufgehängt werden und ein starker Geruch herrscht – gerade dort war der erste lutherische Missionar, der Ege hieß, zunächst ohne Erfolg.
Ein anderer Missionar kam und erzählte von der Passionsgeschichte. Er berichtete, wie Jesus in Gethsemane betet: „Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber.“ Dabei liefen ihm die Tränen herunter, wie der Missionar Beck erzählt. Er las die Geschichte noch einmal vor.
Ich möchte Sie bitten: Wo immer Sie in Gemeinden tätig sind, erzählen Sie die herrliche Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu. Vom Jesus, der mit einem Gauner am Kreuz hängt, einem Mann mit einer schrecklichen Lebensgeschichte, der bis zum Tod spottet und sagt: „Du Jesus, was willst du denn? Du bist doch bloß einer, was hast du denn?“ Jesus sagt kein Wort mehr. Es gibt ein Schweigen auch von Jesus. Der andere Verbrecher hatte ein ähnliches Leben.
Aber das ist so wichtig: Buße. Das Wort ist heikel. Seitdem bei uns Bußgeldbescheide ins Haus flattern und die Polizisten die Scheibenwischer mit dem Bußgeldbescheid einklemmen, fragt man sich: Was ist denn Buße?
Das Thema, das Jesus am meisten in seiner Predigt verwendet hat, war das Wort „Bekehrung“. „Sucht das Reich Gottes, kehrt um!“ Das Wichtigste bei Jesus ist die Wende um hundertachtzig Grad – eine Kehrtwende im Leben.
Ist das möglich? Ja, das ist möglich. Denn Jesus Christus macht uns zu neuen Menschen und verändert uns völlig. Theogonus hat es wunderbar ausgedrückt: eine Neugeburt, ein ganz neues Wesen, das der Geist Gottes in uns bewirkt.
Das kann man äußerlich nicht beobachten oder im Spiel kontrollieren. Es ist ein Geheimnis Gottes, das geschieht, wenn wir umkehren und seine Gnade ergreifen.
Die bleibende Kraft des Evangeliums und der Bibel
Ja, das Evangelium ist ganz aktuell. Es ist sehr interessant, dass immer wieder – auch von manchen Theologen in unserer Kirche – diskutiert wird, ob man die Bibel nicht für unsere Zeit neu schreiben müsse.
Einmal war es sogar eine Wetterfee im Fernsehen, die am Sonntag aktuell sagte, die Bibel müsste man neu schreiben. Ihrer Meinung nach müsste man nur ein Kapitel über Jesus schreiben. Es sei bemerkenswert, dass die Bibel sich in zweitausend Jahren nicht verändert hat, obwohl viele Menschen versucht haben, sie umzuschreiben – alle wollten sie neu schreiben.
Auch in unserer evangelischen Kirche, in der Aufklärung, wurde gelacht, weil man meinte, man könne die alten Märchengeschichten nicht mehr glauben. Die Bibelkritik unserer Zeit ist massenhaft. Doch die Indianer in Lateinamerika haben die griechische Bibel genau so angenommen, ohne sie zu verändern. Vor 500 Jahren führten sie fast die griechische Bibel, und im ersten Jahrhundert, als die Germanen sich bekehrten – die ja wilde Heiden waren – brachten irisch-keltische Mönche ihnen die Bibel nahe. Diese einfachen Leute verziehen alles und wollten nur das Wort Gottes verbreiten, immer begleitet von Liedern.
Viele tragen dieses Wort Gottes weiter. Doch es gibt in vielen Gemeinden die große Sorge, dass es kaum noch Bibelstunden gibt. Da sagen die Väter und Freunde: „Hier geht es ja um die Bibelstunde“, und dann heißt es: „Ach, das ist doch langweilig.“ Gibt es denn nichts Aufregenderes und Sensationelleres als die Bibelgeschichten?
Eine der größten Kriminalschriftstellerinnen Englands hat einmal gesagt: Die biblischen Dogmen sind das Aufregendste, was es überhaupt gibt, wenn man sie existentiell im eigenen Leben erlebt und entdeckt.
Darum ist das Kreuz nicht nur ein Symbol, das man gegen böse Geister trägt, kein Zaubertrick und kein Aberglaube. Es bedeutet, dass Jesus Christus das für mich getan hat. Ich darf wissen, was das für ihn gekostet hat. Auch in meiner Todesstunde darf ich das wissen.
Ich habe oft auf Intensivstationen in Krankenhäusern mit Schwerkranken zusammengearbeitet und das erlebt: Wenn der Arzt sagt, der Patient liegt schon im Koma, da kann man nichts mehr machen, und ich sage: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“, dann öffnen Menschen ihre Augen. Daniel erzählt, dass er das weiß und sich dann ganz froh und geborgen fühlt, ohne Angst, auch nicht vor der kreativen Todesangst.
Ich wünsche mir für meine eigene Todesstunde nur eines: dass jemand neben mir sitzt und mir die Gottesworte zuruft. Jesus schenkt in seiner Auferstehung das Leben. Wer nicht an das Leben glaubt, auch wenn er stirbt, wird es erleben. Jesus sagt: „Wer an mich glaubt, der wird immer mehr gestärkt.“
Es ist wunderbar, dass die Gideons hier sind. Helfen Sie anderen, mit der Bibel zu lesen. Fangen Sie im Johannesevangelium an. Dann gehen Sie die Stammbäume durch und sprechen darüber. Problematisieren Sie, nehmen Sie das, was Sie verstehen.
Wissen Sie, was der größte Schaden für die Kirche heute ist? Dass viele Leute die Bibel schlechtreden. Ein Theologe von einem großen evangelischen Magazin hat einmal gesagt: „Ein Bestseller ohne Leser“ – und ein normaler Bibelkreis mit achtzig jungen Leuten, die Bibel lesen, ist interessant, aber viele kommen nie dazu. Gehen Sie doch einmal dorthin, wo Menschen erzählen, was das Wort Gottes für sie bedeutet.
Ich darf Ihnen ein Lutherwort sagen, von den vielen Lutherworten: „Es gibt nichts Helleres als die Bibel.“ Wenn jemand sagt, die Schrift sei dunkel, so soll man antworten: „Das ist nicht wahr. Es gibt auf Erden kein klareres Buch.“ Die Bibel ist kein Geheimnis. Sie ist gegenüber anderen Büchern wie die Sonne im Vergleich zu einer anderen Lampe.
Man redet nur deshalb so, um uns von der Bibel wegzuführen und sich selbst zu erhöhen, damit wir ihren Traumpredigten glauben sollen. Es ist eine große Schmähung der Heiligen Schrift und der ganzen Christenheit, wenn man sagt, die Heilige Schrift sei nicht so klar, dass jeder seinen Glauben daraus lehren und beweisen könne.
So ist es den Menschen in allen Jahrhunderten ergangen. Einer der großen Schriftsteller unserer Zeit hat es so ausgedrückt: Die Liebe ist zu allen Zeiten höchst aktuell und zeitnah, wenn man sie nicht zurechtlegt, sondern auslegt, nämlich so, dass man sie an die Bedürfnisse des modernen Menschen anpasst.
Das ist ja gerade die Not der heutigen Kirchen: Man meint, man müsse Menschen nachlaufen in ihrer Gottferne. Aber die größte Not ist doch, dass wir nicht erkennen, wie die Bibel zu uns redet, und die Bibel bleibt verschlossen.
Das Wunderbare ist, dass die Bibel immer ins Gewissen redet. Wenn man versucht, die Bibel mit der Vernunft zu erfassen, kann man vielleicht diskutieren. Aber Paulus sagt in 2. Korinther 4, dass die Bibel vor allem das Gewissen aller Menschen anspricht.
Das ist das Wunderbare, dass das durchdringt, wie damals am ersten Pfingsttag, als die Menschen ihre Schuld erkannten. Und das geschieht immer wieder beim Bibellesen: Man sagt, „Ach ja, da ist die Not meines Lebens, und ich brauche Vergebung und Erfüllung.“
Luther begann mit seinen 95 Thesen mit dem Ruf: „Kehrt um, bekehrt euch!“ Das ist ein Ruf zur Freude. Es gibt keinen größeren Freundbringer in unser Leben hinein.
Und egal, wie tief man in Dunkelheit, Finsternis, Aberglauben, Sünde und Verbrochenheit steckt: Wenn Jesus dein Leben hält, öffnet sich der Weg zum Himmel. Viele Christen wissen genau, wie man in den Himmel kommt. Das ist die einzige Zielrichtung, die wir brauchen.
Sehr gut hat Luther unter dem Volk erkannt, dass es allein die Gnade ist. Nun ist Gnade bei uns ein sehr abgegriffenes Wort, das muss man sagen. Wir haben es oft von den Älteren, unseren Vorfahren, gehört: Es ist Gnade.
Wissen Sie, was Gnade ist? Wenn ein lebenslänglich Verurteilter plötzlich freigelassen wird – unverdient, einfach frei. Wenn die ganze Last des Lebens, die einem bewusst geworden ist, von Gott vergeben wird – das ist Gnade.
Wenn es auf unsere Frömmigkeit ankäme, könnte keiner von uns in den Himmel kommen. Wenn es auf unsere Glaubenstreue ankäme, könnte keiner von uns in den Himmel kommen. Niemand kommt in den Himmel, nur durch Gnade – unverdient, so wie der Schächer neben Jesus am Kreuz.
Es ist so einfach. Das müssen wir verbinden. Wir dürfen den Menschen sagen: So war es schon in den ersten Blättern der Bibel, als Gott Noah Gnade erwies, obwohl die Menschen böse waren. Die Bibel redet klar darüber.
Noah ist ein Zeichen der Gnade. Warum? Weil du die Gnade für dein Leben annehmen darfst.
Das meistgesungene Lied der Welt ist „Gnade Gottes“ von einer Frau namens Theresa. Es wurde von einem Mann geschrieben, der ein skrupelloser Sklavenausbeuter und Kapitän von Sklavenschiffen war und schon in seiner Jugend ein hartes Leben führte.
In England begann eine Gruppe, die man die „Climbing Sect“ nannte. Sie erreichten, dass Wilberforce, ein großer Parlamentarier, nach jahrelangem Kampf die Sklaverei in England offiziell abschaffte.
Wenn die Gnade sein Leben bestimmt hat, hat sie ihn täglich verändert. Die Freude an Jesus kann dein Leben total verändern.
Auch ein Wort von Luther: „Was Gott aus deinem Leben machen will, wenn du ihm Raum gibst, das wird gelingen.“ Ohne ihn, so hat Jesus selbst gesagt, könnt ihr nichts tun.
Ohne Glauben bleibt nichts, was Bestand hat. Das ist traurig, wenn ich Menschen kenne, auch bei Freizeiten, die wir miteinander halten.
Heute sind Bibelfreizeiten sehr attraktiv. Ich habe von euch gehört, dass ihr euch wieder trefft. Aber wann wurde in eurer Gemeinde zuletzt von Jesus geredet? Man freut sich kaum noch darauf. Es wird eher vom „guten Gott“ gesprochen.
Ich weiß nicht, was ein guter Gott ist. Der Vater, der heilige Gott, das ist der Vater Jesu Christi. Und in Jesus wird uns Gnade angeboten. Je schlimmer die Sünde meines Lebens ist, desto größer ist die Gnade, auf die ich mich verlassen darf.
Schon im Alten Testament gibt es die große Zusage: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.“ Gott verlässt uns nicht. Auch wenn wir uns verlassen fühlen und unter gnadenlosen Menschen leben, hat Gott seine Hand nie ganz abgezogen.
Das Schlimmste, was dieser Welt passieren kann, ist das Gericht Gottes. Aber Gottes Gnade wird uns immer wieder erbarmen.
Es heißt: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen.“ Das ist absolut gültig und kann nie umgestoßen werden. Keine Macht der Finsternis kann das wegnehmen.
Darum ist die Freude so groß. Luther sagt: „Nun freut euch, liebe Christen, lasst uns fröhlich singen!“
Hoffnung und Zuversicht in schweren Zeiten
Ich habe vor einiger Zeit in der Zeltstätte Nati und Kirnlerne geschrieben. Wenn dieser Terror bei uns so beginnt, wie wir es damals erlebt haben, einst noch bei Vater Meinhof, als in Stuttgart alle Büros geschlossen waren und die Autos nicht mehr fuhren, dann müssen Sie wissen, wie das wird.
Die Leute sagen dann, sie seien kirchentrocken, lesen nur Bibelworte und singen die herrlichen Lieder. Wir werden noch durch viel Schrecken und Leid gegen diese Welt gehen, durch viele Enttäuschungen. Trotzdem singen sie: „Jesus, meine Freude, unter deinen Schirmen bin ich vor den Stürmen aller Feinde frei. Lass den Satan wettern, lass die Welt erziehen, um mich steht Jesus frei. Ob es jetzt gleich Tracht und Blitz, ob gleich Sünd' und Hölle steckt, Jesus will mich retten.“
In der Nähe von Feminenz haben wir einen guten Freund von mir beerdigt, der als Bildungshelfer der Bundesregierung landwirtschaftliche Experten in Pakistan und Srebrenica unterstützt hat. Seine Frau war Missionarin in Westafrika und sie sagte: „Man soll nur von Jesus reden.“ Es war ein großer Auflauf. Der Sohn des Bürgermeisters war dort, viele Menschen kamen zusammen.
Und dann sagte der Sohn: „In dir ist Freude in allem Leide. Wenn wir nichts haben, kann uns nichts schaden – weder Teufel, Welt, Sünde noch Tod. Das ist die Freude an Jesus, die Martin Luther uns gebracht hat.“
Wie kann ich das erreichen? Ich werde bis zu meinem Lebensende ein sündiger Mensch bleiben, mit allen Fehlern und Macken. Es steht nicht um mein Können oder mein Vermögen. Luther sagte, es geht nur durch Glauben. „Mein Glaube sei nicht vollkommen, mein Glaube ist auch vom Zweifeln angekratzt.“ Übrigens hatte auch Luther so einen Glauben.
Luther hat furchtbare Anfechtungen erlebt. Im Jahr 1527, sechs Jahre nach dem Reichstag zu Worms, hatte er mehrere Ohnmachtsanfälle. Er war sicher, dass er jetzt sterben würde. Ohnmacht ist ein schwerer Zustand, und wer das selbst erlebt hat, weiß, wie sehr das Schmerzen zufügen kann.
Dann wurde noch einer seiner besten Freunde in Schärding bei Passau auf dem Scheiterhaufen verbrannt, der dort seinen sterbenden Vater besuchen wollte. Das Böse in dieser Welt hatte noch solche Macht, dass es Luther umtrieb. Dann kam noch die Pest nach Wittenberg. Der Kurfürst sagte: „Du rufst weg, der ganze Universitätsbetrieb verlegt sich, man wird es eigentlich bleiben.“ Dann half nur noch das Beten. Die Hirten müssen bei der Herde bleiben.
Dann wurde der erste in der Familie Luthers krank, in Wittenberg schwer krank. Doch dann entdeckte er noch einmal den Psalm 46. Und daraufhin hatte er Frieden. Äußerlich war Angst, aber innerlich war ein Friede da. „Gott ist uns der Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.“
Dann dichtete er das Lied: „Ein feste Burg ist unser Gott.“ Es entstand aus Anfechtungen heraus, über dem Bibellesen entdeckt. So kommt der Glaube. Der Glaube ist die Röhre, durch die du das beziehst. Dein Glaube bleibt immer angekratzt, aber gehe immer wieder zur Bibel, damit Gott noch einmal reden kann. Denn sein Wort ist lebendig, weil der Geist Gottes in diesem Wort redet, ihn in diesen Stunden aufrichtet und herausholt aus allen Nöten und Anfechtungen.
Sei gewiss, Christus ist da, und niemand kann seine Hand losreißen.
Schlussgebet und gemeinsames Lied
Ich möchte mit Ihnen beten, nach dem ersten Artikel des Heiligen Katechismus, der überschrieben ist mit: Ein einziger Trost im Leben und im Sterben.
Wir danken dir, lieber Heiland, dass wir mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht uns selbst, sondern dir, dem getreuen Heiland Jesus Christus, gehören. Du hast mit deinem teuren Blut alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst. Du bewahrst mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt fallen kann. Ja, alles muss zu meiner Seligkeit dienen.
Mach mich durch deinen Heiligen Geist auch des ewigen Lebens ganz gewiss. Lass mich von Herzen willig und bereit sein, hier vorhin zu leben! Amen!
Wir singen dieses Lied zusammen zum Titel „Ein fester Trost ist unser Gott“.