Rückblick und Ausgangslage im Johannes-Evangelium
Johannes-Evangelium
Wo waren wir an der Stelle stehen geblieben? Wir hatten am Ende von Kapitel 6 aufgehört. Für alle, die später dazukommen: Kein Problem, ihr habt einfach nur 43 Predigten verpasst. Aber was ist das schon? Wir sind jetzt bei der 44., das wird schon.
Ich fasse noch einmal ganz kurz zusammen, worum es in Kapitel 6 ging. Wir haben gemeinsam darüber nachgedacht, was eigentlich das Zentrum des Glaubens ist. Geht es mir darum, einfach nur die Gaben Gottes abzuholen, oder geht es mir um Gott selbst?
Kapitel 6 stellt die Frage: Ist Religion ein Deal, um am Ende nicht in die Hölle zu kommen, oder ist Religion eine Beziehung, weil ich von Gott begeistert bin, von seiner Liebe fasziniert, und weil ich auf diese Begeisterung, die ich in mir trage, reagieren muss?
Das ist die Frage, die Entscheidung: Wie stehe ich vor Gott? Was will ich von ihm – den Deal oder die Beziehung? Diese Entscheidung muss tatsächlich jeder Mensch für sich treffen.
Am Ende von Kapitel 6 haben viele für sich entschieden: „Dieser Jesus, das ist mir zu heavy. Mit dem will ich eigentlich nichts zu tun haben.“ Wenn er so viel fordert und so intim wird, dann lieber nicht.
Deshalb muss man nüchtern sagen, dass der Messias am Anfang von Kapitel 7 nicht gerade auf der Erfolgsspur ist. Viele Leute gehen weg, er kehrt zurück nach Nazareth – und da sind wir jetzt.
Jesus’ Verhalten vor dem Laubhüttenfest
Vorsicht und Festvorbereitungen
Johannes Kapitel 7, Verse 1 und 2:
Danach zog Jesus in Galiläa umher, weil er nicht in Judäa umherziehen wollte. Dort suchten die Juden nämlich nach einer Gelegenheit, ihn zu töten.
Es war aber bald das Fest der Juden, das Laubhüttenfest. Dieses Fest passt gut in unsere Zeit, denn es ist so etwas wie das jüdische Erntedankfest. Es fand im September oder Oktober statt und war eine große Feier. Acht Tage lang wurde in Jerusalem gefeiert.
Woher hat das Laubhüttenfest seinen Namen? Das ist jetzt für die Kinder bestimmt ganz interessant und sogar ein bisschen spannend. Während dieses Festes übernachtete man in Laubhütten.
Man kann sich das so merken: Im Frühjahr wurde das Passahfest gefeiert, im Herbst dann das Laubhüttenfest. Dieses Fest sollte bald stattfinden.
Der Vorschlag seiner Brüder
Und jetzt kommen seine Jünger zu ihm – nein, nicht seine Jünger, seine Brüder. Johannes Kapitel 7, Vers 3 – und machen ihm einen Vorschlag.
Johannes 7,3-4: Es sprachen nun seine Brüder zu ihm: „Zieh von hier fort und geh nach Judäa.“ Also, wir sind in Galiläa, das ist im Norden. Da, wo – so blöd das jetzt auch klingt – eher so Hisbollah unterwegs ist. Ja, und jetzt geht es in den Süden, dorthin, wo Jerusalem ist. Das ist die Idee: „Zieh von hier fort und geh nach Judäa, damit auch deine Jünger deine Werke sehen, die du tust. Denn niemand tut etwas im Verborgenen und sucht dabei selbst, öffentlich bekannt zu sein. Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt.“
Fangen wir ganz simpel an: Jesus war kein Einzelkind, er hatte eine ganze Menge Geschwister. Maria und Joseph waren da recht produktiv, das kann man nicht anders sagen. Wir lesen ja nichts mehr von Joseph, das heißt, sie können gar nicht so unendlich viel Zeit gehabt haben. Aber nichtsdestotrotz haben wir mindestens in der Bibel vier Halbbrüder mit Namen benannt. Da gibt es den Jakobus, den Joseph – der in einer verkürzten griechischen Form in der Bibel auch Joseph genannt wird. Also das muss euch jetzt nicht verwirren: Der Joseph ist der Joseph.
Dann gibt es einen Simon und ganz putzig, es gibt sogar einen Judas. Cool, oder? Von dem haben wir sogar einen Brief, den Judasbrief. Ach toll. Also mindestens vier Halbbrüder hat der Herr Jesus.
Und diese geben jetzt ihrem älteren Bruder – sie haben doch so mitgekriegt, dass keiner mehr mit ihm unterwegs sein will, dass alle ihn so ein bisschen doof finden – einen Rat. Sie nehmen, wenn man so will, die Rolle eines PR-Agenten ein. Und sie sagen ihm mit meinen Worten: „Du älterer Bruder, wenn du bekannt werden willst – und davon gehen wir einfach mal aus –, dann musst du dorthin gehen, wo jetzt die Leute sind, damit die ganze Welt, gerade auch deine Jünger, deine Wunder sehen.“
Und das klingt ja erst einmal ganz aufrichtig besorgt, oder? So einen Rat zu geben: „Du möchtest doch bekannt werden, ja, hey, in Jerusalem ist bald dieses große Fest, müsstest du da nicht hin?“ Dummerweise ist das kein Ausdruck von Glauben.
Woher weiß ich das? Ja, wir brauchen nur weiterlesen. Da heißt es dann in Johannes 7,5: „Denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.“
Die Bedeutung von Jesu „Zeit“ und seine Beziehung zu seinen Brüdern
Ich finde das unglaublich dramatisch. Stell dir mal vor, du bist der Messias. Du möchtest, dass alle an dich glauben. Doch der Großteil der Leute, die du als Jünger gesehen hattest, ist weggegangen. Und wenn du zuhause in der Familie bist, glauben sie auch nicht.
Wenn man jetzt über ihren Ratschlag nachdenkt – dieses „Hey, geh doch nach Jerusalem, wenn du etwas werden willst, wenn du dich in den Mittelpunkt stellen möchtest, dann musst du nach Jerusalem“ – dann entbehrt dieser Ratschlag tatsächlich nicht einer gewissen Klugheit.
Das Problem ist: Seine Brüder verstehen überhaupt nicht, worum es Jesus geht. Es geht ihm nämlich nicht um Popularität. Wenn es ihm darum gegangen wäre, dann hätte er nach der Brot- und Fischvermehrung in Johannes 6, wo sie ihn ja schon zum König machen wollen, nicht wieder abgehauen. Wenn es ihm um Popularität gegangen wäre, hätte er dort einfach König werden können.
Das ist aber das, was seine Brüder denken. Sie glauben, er will öffentlich bekannt werden. Ganz falsch! Jesus will nicht öffentlich bekannt werden. Jesus will viel mehr.
Er möchte nicht als der wunderwirkende Rabbi von den Massen gefeiert werden. Das ist viel zu wenig. Er will, dass die Menschen begreifen, wer er ist. Er will mehr sein als nur der wunderwirkende Rabbi.
Er möchte, dass man ihn in den Augen der Menschen für mehr hält als nur für das nächste Wunder. Er möchte, dass man ihm vertraut und an ihn glaubt – dass man das ganze Leben auf ihn setzt. Denn er ist der, an den es zu glauben gilt, dem man vertrauen soll, weil er gestorben und auch auferstanden ist, wie wir wissen.
Aber das wussten die Menschen damals natürlich noch nicht. Trotzdem gab es diesen Wunsch, dass Menschen anfangen, ihm zu vertrauen. Und genau das tun seine Brüder nicht.
Anscheinend sind seine Brüder auch nicht einmal ganz sicher, wie viele von seinen Jüngern tatsächlich geglaubt haben. In Johannes 7,6-7 spricht Jesus zu ihnen, also zu seinen Brüdern: „Meine Zeit ist noch nicht da, eure Zeit aber ist stets bereit. Die Welt kann euch nicht hassen, mich aber hasst sie, weil ich von ihr zeuge, dass ihre Werke böse sind.“
Die Bedeutung von „Meine Zeit ist noch nicht da“
Meine Zeit ist noch nicht da. Was meint er damit? Wofür ist die Zeit noch nicht da? Hier stehen zwei Dinge im Raum. Einerseits ist die Zeit noch nicht gekommen, um zu dem Fest zu gehen. Andererseits ist die Zeit noch nicht da, in Jerusalem so aufzutreten, wie sich seine Brüder das für ihn wünschen.
Jesus wird einmal, das ist kurz vor Karfreitag, in Jerusalem einziehen. Dann wird er wirklich dieses Übermaß an öffentlicher Aufmerksamkeit erzeugen, von dem die Brüder denken, dass er es sich wünscht. Dieser Tag wird kommen, an dem alle ihn feiern, an dem die Straßenränder voll mit einer begeisterten Menge sind und die Leute ihm zujubeln. Doch diese Zeit ist kurz bevor er für diese Menschen stirbt.
Genau das war noch nicht dran: dieser Einzug in Jerusalem, bei dem die Leute begeistert sind. Das ist Zukunft, das wird kommen, aber jetzt noch nicht. Das ist es, was Jesus meint, wenn er sagt: "Meine Zeit ist noch nicht da." Noch nicht, aber sie wird kommen. Es wird genau das passieren, was seine Brüder sich wünschen, aber jetzt noch nicht.
Dann sagt er zu den Brüdern: "Eure Zeit aber ist stets bereit." Die Brüder müssen sich um solche Fragen, mit denen Jesus sich herumschlägt, keine Gedanken machen. Für sie gibt es keine passenden oder weniger passenden Zeiten. Für sie gibt es einfach nur Urlaub in Jerusalem.
Woran liegt das? Jesus sagt: "Weil die Welt euch nicht hassen kann." Seine Brüder sind Teil des Systems, sie ecken nicht an. Bei Jesus ist das aber komplett anders. "Mich aber hasst sie." Warum? Weil Jesus derjenige ist, der die bösen Werke aufdeckt.
Wenn man sich einmal die Frage stellt: Warum wollen Leute eigentlich nichts mit Jesus zu tun haben? Woran liegt das? Die Antwort ist: Weil die Begegnung mit Jesus mir zeigt, was in meinem Leben nicht stimmt. Und das ist immer so ein Punkt. Ich glaube bis heute, dass Menschen einfach nicht gut vertragen, wenn jemand sagt: "Hey, ganz ehrlich, unter uns, du gehörst auch nicht zu den Guten."
Und genau das ist es, was Jesus jedem sagt: "Du gehörst auch nicht zu den Guten. So wie du bist, das reicht nicht. Du brauchst einen Retter." Er ist derjenige, der die bösen Werke aufdeckt. Und deswegen, weil er das tut, finden Leute ihn nicht cool, lehnen sie ihn ab, wollen nichts mit ihm zu tun haben und hassen ihn.
Jesus’ heimlicher Aufbruch zum Fest und die Reaktionen der Juden
Vers: „Geht ihr hinauf zu dem Fest, ich gehe nicht hinauf zu diesem Fest, denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt.“
Man muss hier grundsätzlich bei Johannes verstehen, dass er manchmal etwas kurz und fast schon kryptisch formuliert. Wenn es heißt: „Denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt“, dann muss man in Gedanken ergänzen, dass die von euch vorgeschlagene Art, nach Jerusalem zu gehen, noch nicht an der Zeit ist.
Die Zeit ist noch nicht erfüllt, um öffentlich in Jerusalem in Erscheinung zu treten – mit dem Ziel, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen. Dafür ist die Zeit noch nicht reif.
Die Brüder sollen ruhig nach Jerusalem gehen, Jesus bleibt im Norden, in Galiläa – jedenfalls für eine Weile. Denn es geht ja weiter.
Vers 9 und 10: Nachdem er dies gesagt hatte, blieb er selbst in Galiläa. Als aber seine Brüder hinaufgegangen waren, ging auch er hinauf zum Fest. Nicht öffentlich, sondern wie im Verborgenen.
Jesus inkognito in Jerusalem
Frage: Was bedeutet „wie im Verborgenen“? Wahrscheinlich heißt das hier so viel wie „nicht in der Familie“.
Man muss sich vorstellen, dass die Menschen in Familienclans unterwegs waren. Jeder, der wusste, woher Jesus kam, suchte ihn in diesem Clan. Dort war er jedoch nicht dabei.
Stattdessen kam er inkognito, also unauffällig, irgendwo versteckt mit einem Pilgerstrom nach Jerusalem.
Man merkt, dass Jesus die Lage richtig eingeschätzt hat. Er wusste genau, dass in Jerusalem wieder ganz merkwürdige Dinge über ihn gedacht werden.
Die Suche nach Jesus und die gespannte Stimmung
Wir müssen hier nur weiterlesen, die Verse 11 bis 13.
Die Juden suchten ihn nun auf dem Fest und fragten: „Wo ist jener?“ Unter den Volksmengen gab es viel Gemurmel über ihn. Einige sagten, er sei gut, andere hingegen behaupteten, er verführt die Volksmenge. Niemand sprach jedoch öffentlich von ihm, aus Furcht vor den Juden.
Die Juden sind ein Fachbegriff im Johannesevangelium für die religiöse Elite, die gegen Jesus eingestellt ist. Dies wird immer wieder deutlich, denn der Begriff taucht überall im Johannesevangelium auf. Die Juden sind ein Konglomerat aus Pharisäern, Hohepriestern und Schriftgelehrten, die mit Jesus tatsächlich nichts anfangen konnten.
Hier bedeutet das, dass sie Jesus suchten. Sie hatten also tatsächlich damit gerechnet, dass er kommen würde. Allerdings hatten sie nichts Gutes mit ihm vor. Sie wollten ihn keinesfalls zu einem gemütlichen Abendessen einladen – ganz im Gegenteil.
Wir merken, dass Jesus Gesprächsthema war, doch der Text macht deutlich, dass dies nicht öffentlich geschah. Die Frage stand im Raum: Wie soll man über diesen Rabbi aus Nazaret denken? Ist er gut oder ein Verführer?
Auf der einen Seite standen die Leute, die ihn für gut hielten, vielleicht sogar für einen Propheten. Auf der anderen Seite waren die Einflussreichen, die ihn für einen Scharlatan hielten. Auch wenn man sich noch nicht einig war, in welche Kategorie er gehört, war inzwischen allen klar: Öffentlich für Jesus einzustehen, also sich hinzustellen und zu sagen „Ich finde ihn richtig gut“, war zu diesem Zeitpunkt im Johannesevangelium Kapitel 7 schon nicht mehr möglich.
Man musste damit rechnen, aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden. Wer sich auf die Seite Jesu stellte, stellte sich gegen das Establishment.
Jesu öffentliche Lehre im Tempel und die Reaktionen darauf
So, jetzt haben wir Jesus, der unerkannt in Jerusalem ist (Vers 14), als es um die Mitte des Festes war. Ich habe euch gesagt, acht Tage, also irgendwo Mitte der Woche, ging Jesus hinauf in den Tempel und lehrte.
Das ist jetzt nicht mehr ganz inkognito, das muss man fairerweise sagen. Und es ist, soweit wir das wissen, eine Premiere. Wir wissen noch von keiner anderen Predigt im Tempel.
Und warum kann Jesus dort auftreten, wo er doch weiß, dass Leute ihm teilweise feindlich gesinnt sind, ihn suchen und es nicht gut mit ihm meinen? Ganz einfach: Mitten unter Tausenden von Pilgern war er halbwegs sicher.
Was ich jetzt spannend finde, wenn ich den Text lese: Ich stelle mir Jesus im Tempel vor, umgeben von ganz vielen Leuten. Viele hören ihm zu, und natürlich auch die, die ihn gesucht haben. Logisch, die stellen jetzt auch fest: Oh, er ist doch da. Schön, hören wir mal zu, was er zu sagen hat.
An dieser Stelle wird es jetzt spannend, denn genau die Leute, die ihn ablehnen, über die heißt es in Vers..., da wunderten sich die Juden und sagten: „Wie kennt dieser die Schriften, da er doch nicht gelernt hat?“
In meinen Worten: Wie kann das sein, dass hier einer kluge Dinge zur Bibel sagt, ohne Pfarrer zu sein? Das ist der Vorwurf: Er war nicht da, wo man hingeht, um die Schriften zu lernen. Und trotzdem?
Jetzt könnte man die Frage stellen: Wissen die nicht, mit wem sie es zu tun haben? Sie sind wirklich erstaunt. Wie kommt das?
Ich meine, Jesus hat in Galiläa vorher schon öfter mal mit Pharisäern und Schriftgelehrten zu tun gehabt. Und die sahen in der direkten Konfrontation mit Jesus nie gut aus. Sich mit ihm anzulegen, das war völlig klar, das macht man besser nicht.
Aber merkt ihr: Das war in Galiläa, jetzt sind wir in Jerusalem. Ich nenne sie mal die Jerusalemer Aristokratie. Die hat vielleicht die eine oder andere Geschichte von Jesus gehört. Und weil sie die Geschichten gehört haben, haben sie sich auch gemeinsam darauf verständigt, diesen Rabbi aus Nazaret als Messias nicht anzuerkennen.
Sie waren in ihrer Ablehnung eins. Nur richtig Predigten von ihm hatten sie anscheinend noch nie gehört.
Und das ist deshalb wieder so interessant, weil es mir zeigt, wie wenig inhaltliche Auseinandersetzung es braucht, um ganz mächtige Vorurteile zu gewinnen.
Und weil sie das noch nie gemacht haben, sich wirklich mit ihm auseinandergesetzt haben, kommt diese Überraschung: Der Typ kennt die Schriften, der kennt das Alte Testament, der kennt sich da aus – wie kann das sein?
Merkt ihr, wie schnell man eine Meinung hat, aber sich nie mit der Sache oder der Person, über die man eine Meinung hat, wirklich auseinandergesetzt hat? Vorurteile sind so irre schnell formuliert.
Jesu klare Aussage über seine Lehre
Und jetzt haben wir es mit der Person selbst zu tun. Nun merken Sie, dass er doch irgendwie anders ist. Jesus wird sehr schnell auf den Punkt kommen. Ich mag Jesus gerade deshalb. Es macht so viel Spaß zu sehen, wie Jesus nicht der Typ ist, der lange um den heißen Brei herumredet. Er ist nicht wie eine Katze, die zögert, sondern einfach direkt – sozusagen ein Dummdummgeschoss, das geradewegs einschlägt, ohne Gnade.
Das zeigt sich auch hier wieder. Hört euch Vers 16 genau an – absolut irre! Die Frage „Wie kann das sein?“ steht im Raum. Da antwortete ihnen Jesus und sprach: „Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat.“ Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das ist eine klare Ansage: Nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. Und natürlich ist mit dem, der ihn gesandt hat, niemand anderes als Gott, der Vater, gemeint.
Schaut noch einmal genau, was hier steht. Jesus sagt: „Meine Lehre ist nicht mein.“ Er stellt sich hin und sagt mit seinem Mund – hört ihr Gott selbst sprechen? Das, was ich hier predige, ist kein ausgedachtes Menschenwerk. Meine Lehre hat ihren Ursprung in Gott selbst. Wenn Gott das Wort Mensch wird, dann ist alles, was dieser Mensch Jesus aus Nazareth sagt, so, als hätte Gott selbst gesprochen.
Warum sage ich das so deutlich? Weil es uns hoffentlich ein Stück Ehrfurcht vor der Bibel lehrt. Wenn wir die Bibel aufschlagen und lesen, was Jesus gesagt hat, dürfen wir darauf vertrauen, dass in diesem Moment Gott zu uns spricht. Was Gott im Alten Testament durch die Propheten angefangen hat, schließt er im Neuen Testament durch den Sohn ab.
Im Hebräerbrief heißt es: „Nachdem Gott vielfach und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten“ (Hebräer 1,1-2). Im Alten Testament spricht Gott durch die Propheten. Jetzt legt Gott im Neuen Testament noch einmal eine Schippe drauf. Er macht es direkter, klarer, noch mehr Gott, so dass du am Ende sagen kannst: Mehr Gott geht nicht.
Und tatsächlich hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn. Gott spricht zu uns durch den Sohn, durch Jesus aus Nazareth.
Die Herausforderung, Gottes Willen tun zu wollen
Frage: Woher kann ich das wissen?
Vers 17: „Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre erkennen, ob sie aus Gott ist oder ob ich auf mir selbst rede.“
Es gibt Verse, die mich über zwei, drei Jahrzehnte begleiten. Das ist so ein Vers. Vielleicht klingt das komisch, aber ich habe ihn vor ungefähr siebenundzwanzig Jahren auswendig gelernt. Seit dieser Zeit kaue ich auf diesem Vers herum. Anfangs dachte ich immer, dass Jesus hier sagt: Wenn jemand seinen Willen tun wird, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist. So nach dem Motto: Wenn die Sache, die ich predige, funktioniert, dann ist das ein Beweis dafür, dass Gott durch mich hindurch gesprochen hat.
Klar, in dieser Aussage steckt ein Funken Wahrheit. Denn wenn Jesus predigt und er Wahrheit predigt, wovon ich ausgehe, dann wird diese natürlich auch funktionieren. Das Problem ist, dass hier nicht steht „wenn jemand seinen Willen tun wird“. Das wäre schön gewesen, das hätte ich sofort verstanden und dann hätte ich nicht zwei, drei Jahrzehnte darüber nachgedacht.
Hier steht: „Wenn jemand seinen Willen tun will.“ Also nicht, wenn jemand seinen Willen tut, sondern einfach nur will. Es geht um Menschen, die in ihrem Herzen eine Entscheidung getroffen haben. Sie wollen den Willen Gottes tun. Diese Entscheidung ist erst einmal völlig losgelöst von dem, worum es inhaltlich geht.
Diese Entscheidung lässt sie erkennen, dass die Lehre, die Jesus predigt, von Gott ist – oder eben auch nicht. Mich hat das umgehauen. Vielleicht hängt ihr mir jetzt etwas nach, weil mich solche Dinge manchmal so begeistern und ihr sagt: „Jürgen, du bist ein bisschen verrückt.“ Ja, nehmt mir das einfach ab.
Ich entdecke hier ein Prinzip, das ich noch viel deutlicher finden möchte.
Zwei Prinzipien zur Liebe zur Wahrheit: Verführung und Evangelisation
Zwei Stellen könnten unterschiedlicher kaum sein: Die eine handelt von endzeitlicher Verführung, die andere von Evangelisation.
Ich stelle euch nun zwei Bibelstellen vor, die beide dasselbe Prinzip vermitteln wie Johannes 7,17. Zuerst beginnen wir mit der Verführung.
Die Gefahr der Verführung am Ende der Zeit
Paulus spricht davon, dass am Ende der Menschheitsgeschichte das Böse überhandnehmen wird. In dieser Zeit wird sich eine Person, ein ominöser Mann der Gesetzlosigkeit, der sich als Gott ausgibt und Zeichen und Wunder vollbringt, bemühen, so viele Menschen wie möglich zu verführen. Er wird es zumindest versuchen.
In 2. Thessalonicher 2 können Sie nachlesen, dass tatsächlich viele Menschen auf diesen Mann hereinfallen und verloren gehen werden. Warum ist das so? Die Begründung findet sich in 2. Thessalonicher 2,10: Sie haben die Liebe zur Wahrheit, die zu ihrer Rettung führt, nicht angenommen.
Ich habe eine leichtere Übersetzung dieses Verses für Sie: 2. Thessalonicher 2,10 beschreibt unseren Verführer folgendermaßen: Alle, die ins Verderben gehen, wird er mit seinen Verführungskünsten zum Bösen verleiten. Sie werden ihm erliegen, weil sie es abgelehnt haben, die Wahrheit zu lieben, die sie hätte retten können.
Was fehlt denjenigen, die verloren gehen? Die Antwort lautet: Lange bevor sie verloren gehen, haben sie etwas anderes verloren – nämlich die Liebe zur Wahrheit. Sie glauben den Lügen des Verführers, weil sie keine Liebe zur Wahrheit haben.
Wir wissen, dass das Wort Gottes Wahrheit ist. Die beiden Begriffe können wir also gleichsetzen. Worum geht es hier? Wir befinden uns in der Endzeit, kurz bevor Jesus wiederkommt. Wenn der große Abfall stattfindet, von dem Paulus spricht, dann geht es um die Herzenshaltung.
Es geht darum, wie es in deinem Herzen aussieht, wenn Gott zu dir spricht. Hast du eine Liebe zur Wahrheit – ja oder nein? Bist du bereit, die Wahrheit mehr zu lieben als die Lüge? Das ist eine grundlegende innere Einstellung.
Genau das steht auch in Johannes 7,17: „Wenn jemand seinen Willen tun will...“ Es geht um diese innere Liebe zur Wahrheit. Das bedeutet: „Ja, ich bin grundsätzlich bereit, Wahrheit zu suchen und zu finden, auch wenn ich noch nicht bekehrt bin.“
Das ist die eine Seite: Verführung. Die Liebe zur Wahrheit bewahrt davor, verführt zu werden.
Die Bedeutung der Offenbarung der Wahrheit in der Evangelisation
Eine zweite Stelle, die ebenfalls sehr interessant ist, habe ich im Zusammenhang mit Evangelisation gefunden: 2. Korinther 4. Paulus beschreibt hier seinen Dienst als Evangelist.
In 2. Korinther 4,4 heißt es: „Wir, das sind die Apostel, haben den geheimen Dingen, deren man sich schämen muss, entsagt und wandeln nicht in Arglist, noch verfälschen wir das Wort Gottes. Stattdessen empfehlen wir uns durch die Offenbarung der Wahrheit jedem Gewissen der Menschen vor Gott.“
Die Predigt des Evangeliums wird hier als „Offenbarung der Wahrheit“ bezeichnet. Besonders spannend ist, dass Paulus sich durch diese Offenbarung nicht dem Intellekt der Menschen empfiehlt, sondern ihrem Gewissen.
Das ist bemerkenswert: Das Evangelium ist eine Botschaft, die man verstehen muss. Es hat also auch einen intellektuellen Anteil. Dennoch richtet sich das Evangelium nicht zuerst an den Verstand, sondern an das Gewissen.
Jetzt wird es interessant: Wer ein für die Wahrheit empfindsames Gewissen hat, der ist auch in der Lage, das Evangelium zu verstehen. Hier sind wir wieder bei den Menschen, die Gottes Willen tun wollen.
Ich fasse diesen Gedanken noch einmal zusammen: Was entscheidet darüber, ob ein Mensch, wenn er auf Gottes Wort in Form einer Predigt trifft, intuitiv begreift, dass Gott zu ihm spricht? Ganz genau: Es ist die Liebe zur Wahrheit, es ist ein für die Wahrheit empfindsames Gewissen, es ist der Wunsch, Gottes Willen tun zu wollen.
Dabei muss ich an dieser Stelle eine wichtige Einschränkung machen: Mit „Gott“ ist vor der Bekehrung nicht unbedingt der jüdisch-christliche Gott gemeint. Vielmehr kann es auch ein allgemeines Verständnis von „dem da oben“ sein oder einfach der Glaube, dass das Universum es gut mit einem meint.
Im Hinblick auf diese Herzenshaltung spielt das keine Rolle. Entscheidend ist, dass jemand sagt: „Ja, wenn mir Wahrheit begegnet, dann ist sie mir wichtig, und ich möchte sie tun.“
Das ist gewissermaßen das höchste Gut im Leben dieses Menschen. Darauf spielt der Herr Jesus mit dem Satz an: „Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre erkennen, ob sie aus Gott ist oder ob ich aus mir selbst rede.“
Die Reaktion der Zuhörer auf Jesu Lehre
Überlegt einmal: Wir befinden uns im Tempel, umgeben von vielen Menschen, darunter auch einflussreiche Männer, die Jesus ablehnen. Sie lehnen ihn ab, obwohl sie kaum wissen, was er eigentlich predigt. Doch jetzt, wo sie ihn hören, merken sie, dass dieser Laie doch etwas zu sagen hat.
Für seine Gegner wird es jetzt richtig spannend. Wenn sie erkennen, dass Jesus die Wahrheit predigt, dann können sie das nur tun, weil in ihnen ein grundsätzlicher Wunsch vorhanden ist, den Willen Gottes zu tun.
Das Problem ist: Wenn euer Herz die Wahrheit liebt und die Wahrheit in den Worten Jesu steckt, dann müsstet ihr eigentlich jetzt aufhören, ihn zu verfolgen und abzulehnen. Das ist logisch!
Aber es gibt auch die andere Seite. Stell dir vor, du sitzt da und hörst zu. Jesus sagt: Wenn du den Willen Gottes tun willst, dann wirst du erkennen. Und du denkst dir: Ich erkenne gar nichts. Ich weiß nicht, ob der Typ von Gott ist oder nicht.
Wenn du nicht erkennst, dass die Predigt, die Jesus hält, von Gott kommt, dann hast du nicht nur ein Problem mit der Predigt. Sondern du hast ein ganz großes Problem mit Gott.
Dann bist du, trotz aller Religiosität, die du an den Tag legst, trotz aller Frömmigkeit, mit deinem Herzen nämlich gar nicht bereit, das zu tun, was Gott von dir will.
Du kannst dich natürlich als religiöse Autorität aufspielen und darauf hoffen, dass alle Leute dich toll finden. Aber in deinem Herzen steckt kein Glaube. In deinem Herzen steckt viel Ichbezogenheit und Hochmut.
Und das ist das Drama: keine Liebe zur Wahrheit.
Praktische Fragen zur Bereitschaft, Gottes Willen zu tun
Die Predigt trägt den Titel „Den Willen Gottes tun wollen“. Was können wir als gläubige Menschen daraus mitnehmen? Ich gehe davon aus, dass die meisten von euch gläubig sind. Was können wir also mit diesem Text anfangen?
Natürlich können wir uns die Frage stellen: Wollen wir eigentlich den Willen Gottes tun? Doch an dieser Stelle sollten wir nicht zu schnell antworten mit „Na klar!“. Denkst du etwa, ich bin ein Heide? Nein, das denke ich nicht.
Lasst uns einfach ein wenig vorsichtig sein bei dieser Frage: Möchtest du den Willen Gottes tun? Ich möchte eine zweite kleine Frage anschließen, die ich sehr interessant finde, obwohl sie auf den ersten Blick vielleicht putzig wirkt. Diese Frage lautet: Woran machst du das fest?
Kennt ihr das? Man sagt schnell „Ja, ja, wir wollen alle den Willen Gottes tun.“ Und dann stellt man fest, dass man es im Leben eigentlich nie wirklich getan hat. Ich fand das immer spannend: Es gibt Dinge, die man gut findet, aber trotzdem nie macht. So kann das hier auch sein.
Möchtest du den Willen Gottes tun? Klar, logisch! Was denkst du denn?
Ich habe mir überlegt, drei Punkte mitzubringen, an denen man für sich selbst ablesen kann, wo man in dieser Frage steht. Versteht ihr? Es geht darum, dass man einfach ein bisschen darüber nachdenkt.
Erster Punkt: Reaktion auf Sünde
Woran könnte man das eigentlich festmachen? Punkt Nummer eins: Konfrontiert mit Sünde fange ich an, mich zu freuen. Das ist der erste Punkt.
Also, wenn ich mit Sünde konfrontiert werde – wenn mich also jemand auf Sünde anspricht oder ich in der Bibel lese und der Heilige Geist sozusagen „ping“ macht und mir etwas sagt. Oder wenn ich in der Predigt sitze und den Eindruck habe, der Prediger könnte mich gemeint haben. Wenn solche Momente passieren, in denen du darauf hingewiesen wirst, dass Sünde in deinem Leben ist, frage dich: Wie reagierst du?
Es gibt nämlich zwei grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten. Die eine ist, dass du bockig wirst. Du denkst: Wie kann der nur mir das sagen? Vielleicht ziehst du dich zurück oder rennst sogar aus dem Raum. Du schiebst die Schuld für das, was passiert ist, anderen in die Schuhe, suchst nach Ausflüchten und Erklärungen und spielst dein eigenes schlechtes Verhalten herunter.
Das ist die eine Seite. Und ganz ehrlich: Das ist das, was intuitiv in jedem Menschen als Erstes kommt.
Die andere Seite sieht so aus: Sie ist ein bisschen schwieriger, sie braucht ein wenig Heiligung und den Heiligen Geist. Man muss meistens erst einmal durchatmen. Es ist die Seite, auf der du sagst: Ich will mich freuen. Ich will mich von ganzem Herzen darüber freuen, dass mir jemand einen Punkt in meinem Charakter gezeigt hat, für den erstens Jesus am Kreuz geblutet hat und der zweitens dazu da ist, dass ich ihn loswerde.
Versteht ihr dieses: Du Sünder, Halleluja, danke, Amen! Das wäre so ein bisschen die Idee. Wenn wir den Willen Gottes tun wollen und wenn das als grundsätzliche Haltung in meinem Leben verankert ist, dann werdet ihr das bei euch wiederfinden. Nicht immer gleich so spontan, aber doch irgendwie wird es da sein.
Zweiter Punkt: Heiligung als Ausdruck von Liebe
Zweiter Punkt
Wenn wir den Willen Gottes tun wollen, dann haben wir verstanden, dass Heiligung die Quintessenz von Liebe ist. Heiligung ist also die Quintessenz von Liebe. Das bedeutet: Gottes Gebote sind nicht dazu da, dich zu unterdrücken oder dir all die guten Dinge im Leben vorzuenthalten, die du eigentlich verdienst.
Vielmehr sind Gottes Gebote dazu da, dich in die Freiheit zu führen. Sie geben dir die einmalige Chance, dem Schöpfer des Universums deine Liebe zu zeigen. Dafür sind die Gebote eigentlich da.
Deshalb wollen wir nun diese Frage beantworten: Wie empfinden wir Gebote? Wie denken wir über sie? Sind sie für mich eine Last oder eher ein Stück Lust?
Ich erinnere mich zum Beispiel an letzten Freitag, als ich bei Rewe war. Dort gab es für wenig Geld viele Rosen. Also habe ich für wenig Geld viele Rosen gekauft. War das eine Last für mich, das Gebot „Du sollst deine Frau lieben und beschenken“ zu befolgen? Nein, ganz im Gegenteil, es war eine Lust.
Genau so dürfen wir über die Gebote denken. Den Willen Gottes lieben und tun zu wollen heißt zu sagen: „Wow, ich darf Gott beschenken, das ist ja der Hammer, das will ich einfach gerne tun.“
Dritter Punkt: Interesse an Gottes Wort
Dritter Punkt. Stell dir vor, jemand würde sagen: „Jürgen, immer wenn wir hier so feiern, da stehst du am Grill. Ich würde auch gerne grillen lernen.“ Was würdest du von so jemandem erwarten? Ich würde von ihm erwarten, dass er grillt. Also genau genommen, dass er sich ein Buch kauft. Das Buch heißt Weber Grillbibel, und dass er die Rezepte ausprobiert.
So, und jetzt die Übertragung. Das war jetzt nur ein Bild. Die Übertragung geht etwa so: Wo Liebe zur Wahrheit im Herzen da ist, da machen sich Menschen auf die Suche nach Wahrheit. Wenn Liebe zum Grillen da ist oder zum Backen, macht man sich auf die Suche nach Rezepten.
Ist Liebe zur Wahrheit da, dann möchte man einfach wissen, was Gott mir zu sagen hat. Das hat damit zu tun, dass wir in der Bibel lesen. Nicht aus Pflichtgefühl oder um in unserer persönlichen To-do-Liste einen Haken zu setzen, sondern weil ich mir das einfach wünsche, mit Gott ins Gespräch zu kommen. Da spielt die Bibel als das, wo Gott zu mir spricht, eben eine ganz große Rolle.
Einfach aus Lust, Bibel zu lesen und zu sagen: „Herr, ich möchte einfach deinen Willen kennenlernen. Lass mich Bibel lesen.“
So, das waren die drei Punkte, an denen wir ganz praktisch ablesen können, wie sehr wir wirklich an Gottes Willen interessiert sind. Und deswegen sind das dann einfach mal auch drei Fragen: Wie reagierst du auf Kritik? Wie denkst du über die Gebote? Und wie interessiert studierst du deine Bibel?
Ich kann dir nur sagen, das sind gute Fragen. Das sind Fragen, über die wir beten dürfen, wo wir schauen dürfen, dass Gott uns zur Buße leitet, wo das nötig ist, oder in die Freude, wo wir sagen: „Ja, das machen wir schon, Halleluja!“ Das ist ja auch möglich.
Ermahnung zur Korrekturfähigkeit im Glauben
Und ein letztes Wort an die alten Säcke und Säckinnen: Lasst uns vorsichtig sein und nicht denken, „Boah, ich bin ja schon so lange Christ, das ist nicht mehr mein Thema.“
Ihr kennt vielleicht die Stelle aus Titus 2,2, wo die alten Männer aufgefordert werden, gesund im Glauben, in der Liebe und im Ausharren zu sein. Deshalb lasst uns auch im Alter diese Fragen durchdenken: Bin ich noch korrigierbar?
Ganz ehrlich, gerade wenn du schon zehn, zwanzig oder dreißig Jahre gläubig bist – wann hast du denn wirklich das letzte Mal Korrektur angenommen? Ist Heiligung ganz praktisch noch ein Thema in meinem Leben?
Und noch einmal die Frage, ganz einfach heruntergebrochen: Mit welchen Sünden ringst du gerade in diesen Wochen? Wo bist du aktuell für dich dran, und wo hast du dich mit Sünde schon arrangiert?
Oder bei der Bibel: Mit wie viel Routine liest du die Bibel? Ich rede jetzt von den alten Christen. Darf die Bibel dich noch überraschen? Darf sie dich noch herausfordern? Oder hast du das Wort Gottes, weil du es schon so oft gelesen hast und schon so viele Predigten gehört hast, inzwischen einfach gezähmt? Es ist so eine Art Wohlfühlkultur geworden.
Seid mir nicht böse, aber das sind für mich persönlich ganz wichtige, ehrliche Fragen, die ich mir stelle. Ich muss wissen, wo mein Herz steht. Ihr kennt doch diese Stelle aus dem Alten Testament: „Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz.“
Das ist so wichtig. Warum? Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens. Dein Leben kommt aus deinem Herzen. Was in deinem Herzen ist, sorgt dafür, dass du Gedanken hast, Worte sprichst und Taten tust. Aus den Taten entsteht ein Charakter, und aus dem Charakter wird ein Schicksal.
Es beginnt im Herzen, ganz tief drin, da, wo niemand hineinschauen kann. Das kann man so leicht auch nach außen hin durch ein bisschen Heuchelei überspielen. Schau dahin!
Und lass mich so enden: Die größte Sünde im Leben ist nicht ein verhärtetes Herz. Die größte Sünde besteht darin, zu merken, dass ich ein verhärtetes Herz habe und mich nicht nach einem Herzen auszustrecken, das empfindsam wird für Gottes Reden und Gottes Willen tun will.