Einleitung und Gebet zur Vergebung
So, meine Lieben, kann man mich hören? Ja, geht's? Noch lauter!
Wir wollen uns jetzt ganz still werden, einfach zum Gebet dem Herrn die Zeit anbefehlen. So können wir richtig hören und verstehen. Möge der Segen das Reden und das Hören begleiten.
Herr, wir danken dir für das unermessliche Vorrecht, für das Privileg der Vergebung. Du hast es uns gegeben durch deinen Sohn Jesus Christus. Durch ihn allein können wir erfahren, was es bedeutet, frei zu sein.
Durch ihn allein wissen wir, was es heißt, in Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott zu sein und frei zu sein – schuldlos. Nicht weil wir schuldlos wären, sondern weil du die Schuld für uns getragen hast. Dafür danken wir dir.
Und Herr, ich bete, dass wir richtig verstehen mögen, was es bedeutet, dass uns vergeben ist und was es heißt, anderen zu vergeben und vergeben zu können. Denn du machst es möglich, Herr, allein durch deinen Kreuzestod.
Dafür danken wir dir, in Jesu Namen. Amen.
Zwei Arten der Vergebung: Position und Beziehung
Wenn wir über Vergebung sprechen, müssen wir zu Beginn zwischen zwei verschiedenen Arten der Vergebung unterscheiden. Zum einen betrifft sie unsere Position, zum anderen unsere Beziehung als Christ mit dem Herrn Jesus.
Was meine ich damit? Wenn du und ich einmal vor Gott kommen – und das musst du nur einmal tun, denn es ist nicht möglich, es zweimal zu tun – dann bekennst du, dass du ein Sünder bist. Du empfängst die absolute Vergebung in Jesus Christus, ein für allemal, ohne dass du es wiederholen musst. Deine Position ist nun vergeben. Das umfasst deine vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Sünden.
Ich kenne viele Christen, die zwar glauben, dass ihre vergangenen Sünden vergeben sind, aber sie können nicht glauben, dass ihre gegenwärtigen und schon gar nicht, dass auch die zukünftigen Sünden vergeben sind. Doch ich habe eine Frage an dich: Wie viele Sünden in deinem Leben waren Zukunft am Kreuz von Golgatha vor zweitausend Jahren? Alle deine Sünden waren damals Zukunft.
Wann wurden alle deine Sünden vergeben? Damals am Kreuz von Golgatha. Aus diesem Grund sind nicht nur deine vergangenen Sünden vergeben, sondern auch die gegenwärtigen und zukünftigen. Das hat mit unserer Position als Kind Gottes zu tun. Es ist diese totale Befreiung von Sünden, die Jesus möglich gemacht hat, weil er für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist – ein für allemal.
Allerdings gibt es eine zweite Art der Vergebung, und über diese möchte ich mehr sprechen, denn in diesem Bereich herrscht große Verwirrung. Zwar hat Jesus Christus dir vergeben, und du bist ein für allemal Kind Gottes geworden. Doch nun müssen wir lernen, als Kind Gottes zu leben.
In diesem Leben mit dem Herrn Jesus bedürfen wir der täglichen Vergebung, um unsere Beziehung aufrechtzuerhalten. Nicht damit du Christ wirst – das bist du am Tag deiner Wiedergeburt geworden. Aber um in dieser neuen Position zu leben, brauchst du die tägliche Vergebung.
Davon spricht Paulus, der Apostel, in erster Linie, wenn es um Vergebung geht. Unglücklicherweise wird in unseren Gemeinden und Kirchen nicht zu wenig von Vergebung geredet. Es wird relativ viel darüber gesprochen, aber ein Problem besteht darin, dass sie wenig praktiziert wird. Und das ist das eigentliche Problem.
Überblick über die Aspekte der Vergebung
Ich möchte jetzt mit euch einen Blick auf verschiedene Aspekte der Vergebung werfen.
Zum Ersten betrachten wir das Ausmaß der Vergebung. Zum Zweiten sprechen wir über die Voraussetzungen der Vergebung. Drittens geht es um die Notwendigkeit der Vergebung. Viertens behandeln wir die Praxis und das Erleben der Vergebung. Und fünftens nenne ich euch noch fünf Gründe, warum wir nicht vergeben wollen.
Punkt Nummer eins: Das Ausmaß der Vergebung.
Das Ausmaß der Vergebung
Vergebung als Pflicht ohne Grenzen
Unter dieser Überschrift gibt es zwei Unterüberschriften oder Untertitel. Erstens: Vergebung hat keine Grenzen.
Der Herr Jesus lehrt uns in der Bibel, dass Vergebung nicht nur eine Möglichkeit ist, sondern eine Pflicht. Dass du anderen Menschen vergibst, ist keine Option, sondern eine Verpflichtung, die praktiziert werden muss. Es ist nicht etwas, worüber man reden könnte, sondern ein Gebot. Es ist nicht etwas, das du tun kannst, falls du dich danach fühlst – es ist ein Befehl.
In Matthäus 5,43 sagt der Herr Jesus in der Bergpredigt: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist. Denn er lässt die Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“
Jesus sagt hier: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch Böses tun. Es kann sein, dass in deiner Ehe deine Frau oder dein Ehemann zum Feind wird. Wie hast du sie dann zu behandeln? Du sollst sie wie einen Feind lieben und für sie beten. Es kann auch sein, dass jemand in deiner Gemeinde – ein Ältester, der Pfarrer oder einer deiner Mitkollegen – zu deinem Feind wird, weil er dir etwas angetan hat. Wie sollst du deine Feinde behandeln? Du sollst sie lieben und für sie beten. Das ist der Befehl von Jesus Christus.
Im Matthäus 18 lesen wir Folgendes: Da sagt Petrus – Petrus, den ich sehr mag, weil er oft redet, wenn er es nicht sollte. Er ist mir sehr ähnlich. Er war impulsiv. Ich bin zwar nicht so impulsiv, aber es gibt nette Leute, die reden auch, wenn sie nicht gefragt sind. Sie sind impulsiv, und die brauchen wir auch. Gott sei Dank haben wir nicht nur solche, aber diese brauchen wir, sonst wäre das Leben langweilig.
Petrus fragte in Matthäus 18,21: „Herr, wie oft soll ich meinem Bruder, der gegen mich sündigt, vergeben? Bis zu siebenmal?“ Mit anderen Worten: ziemlich großzügig siebenmal. Das schafft nicht jeder. Jesus antwortet ihm: „Ich sage dir, nicht siebenmal, sondern siebenmal siebzigmal.“ Das sind 490 Mal, also praktisch unendlich oft.
Seht ihr, das ist Gottes Perspektive. Darum ist es wichtig, das Wort Gottes zu kennen. Wir müssen lernen, unsere Gedanken mit Gott zu füllen. Das sind Gottes Gedanken, damit wir beginnen, so zu denken, wie Gott denkt. Und Gottes Perspektive ist: Vergib deinem Bruder, der gegen dich sündigt, nicht nur siebenmal, sondern siebenmal siebzigmal.
Das ist Gottes Sichtweise. Es gibt keine Grenzen für die Vergebung. Es gibt keine Sünde, die so schlimm wäre, dass man sie nicht vergeben könnte. Es gibt auch keine Sünde, die du so oft begangen hast, dass sie nicht mehr vergeben werden könnte. Das würde der Herr Jesus niemals zugeben. Das ist nicht seine Perspektive.
Vergebung als absolute und endgültige Handlung Gottes
Zweitens: Vergebung hat nicht nur keine Grenzen, sie ist auch absolut. Aus Gottes Blickwinkel ist die Vergebung, die er uns zuteilwerden lässt, absolut und ein für allemal abgesichert. Wenn Gott Sünde vergibt, hat er sie nicht nur vergeben, sondern auch vergessen. Gott wird niemals eine Sünde wieder hervorholen, die er einmal vergeben hat. Der Grund dafür ist, dass er sich nicht mehr daran erinnert.
In den Psalmen, Psalm 103, Vers 12, lese ich euch nur ein paar Verse vor, die über die Vergebung sprechen:
Psalm 103,12: „Sofern der Osten ist vom Westen, hat er von uns entfernt unsere Sünden.“
Er sagt hier „so weit der Osten ist vom Westen“. Er sagt nicht „Norden und Süden“, denn Norden und Süden sind definitive Punkte. Er sagt „Osten und Westen“, weil Osten und Westen unendlich voneinander entfernt sind – da gibt es keine Grenze. So weit sind deine Sünden entfernt.
Auch im Jesaja, Kapitel 43, lesen wir Folgendes im Vers 25:
Jesaja 43,25: „Ich“, sagt Gott, „ich bin es, der deine Verbrechen auslöscht, um meinetwillen, und deiner Sünden will ich nicht mehr gedenken.“
Das funktioniert so: Du hast zum Beispiel letzte Woche deine Mutter angelogen, und du weißt, dass du das eigentlich nicht tun solltest. Du hast deine Mutter belogen, und am nächsten Tag denkst du daran: „Ich habe gesündigt, das hätte ich nicht tun sollen.“ So gehst du zu Gott und sagst: „Gott, vergib mir, ich habe gelogen, und ich weiß, es ist nicht recht zu lügen.“ Gott vergibt dir – das tut er nämlich sehr gern, er hat damit keine Probleme.
Zwei Tage später begegnest du deiner Mutter wieder, und das schlechte Gewissen überkommt dich erneut: „Mensch, ich habe meine Mutter belogen.“ Du gehst wieder zu Gott und sagst: „Gott, es tut mir so leid, ich habe meine Mutter belogen.“ Und Gott antwortet: „Wirklich? Wann ist das passiert?“
„Ja, du weißt doch, Gott, vorgestern Abend. Das, was ich gesagt habe, war eine Lüge.“
„Hast du das wirklich gesagt? Was hast du gesagt?“
„Ja, du weißt doch noch, das und das.“
„Ich kann mich nicht daran erinnern, weiß nicht.“
Du kannst Gott keine Sünde zweimal bringen. Er weiß nicht, wovon du sprichst. Denn wenn Gott Sünde vergibt, ist sie vergessen – ein für allemal. Wenn du wieder zu ihm kommst, hat das keinen Sinn, denn er hat keine Ahnung, worum es geht.
Diese absolute Vergebung beschreibt die Bibel vor allem im Apostel Paulus. Wir sind gerechtfertigt ein für allemal. Totale Vergebung und Rechtfertigung sind ein und dasselbe. Denn die Sünden der Welt sind am Kreuz von Golgatha ausgelöscht worden. Potenziell ist jedem Menschen, der auf dieser Erde lebt, seine Sünde vergeben.
In 1. Johannes 2,2 lesen wir:
„Denn Christus ist gestorben für die Sünde der ganzen Welt.“
Zweitens: Das Ausmaß der Vergebung ist grenzenlos und absolut.
Drittens: Die Voraussetzungen zur Vergebung.
Voraussetzungen der Vergebung
Die Voraussetzungen der Vergebung sind folgende: Erstens müssen wir, du und ich als Christen – ich spreche hier von gläubigen Menschen, die Vergebung erfahren haben – immer vergebend sein.
In Matthäus 6,12 steht: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben haben.“ Das ist ein Teil des Vaterunsers, das ihr alle kennt. Im Vers 14 heißt es weiter: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehen auch nicht vergeben.“
Interessant ist, dass jeden Sonntag Millionen Menschen nach dem Gottesdienst das Vaterunser beten und um Vergebung bitten, aber viele von ihnen verlassen die Kirche unvergeben. Der Grund ist einfach: Sie sind nicht bereit, anderen zu vergeben. Jesus hat gesagt: „So wie du dem anderen vergibst, so wird dir vergeben. Wenn du dem anderen nicht vergibst, ist dir auch nicht vergeben.“ Das bedeutet, Jesus setzt Vergebung voraus. Christen werden vorausgesetzt, dass sie vergebend sind.
Wenn du als Gläubiger die tägliche Vergebung, die Reinigung und Freiheit durch Vergebung erfahren möchtest, ist daran eine Bedingung geknüpft: Du musst auch vergeben, sonst wird dir nicht vergeben. Diese vergebende Haltung ist die Voraussetzung, um Vergebung zu erlangen. Übrigens hat das nichts mit deiner Position zu tun, sondern mit deiner Beziehung. Darauf komme ich später noch einmal zurück.
Also, erstens: Die Voraussetzung zur Vergebung ist, dass wir immer vergebend sein müssen.
Zweitens: Damit Vergebung in Kraft treten kann, muss immer Buße geschehen. Achtet gut darauf, denn hier gibt es viele Missverständnisse. Es stimmt zwar, dass Jesus Christus für die Sünde der ganzen Welt gestorben ist – da sind wir uns einig –, aber nicht jeder Mensch hat Vergebung erfahren. Viele Menschen gehen unvergeben und freiwillig in die Hölle. Übrigens ist die Hölle nicht für Menschen gemacht, sondern nur für Satan. Jeder Mensch, der in der Hölle ist, ist dort freiwillig.
Warum sind viele Menschen unvergeben, wenn Jesus doch für die Sünde der Welt gestorben ist? Ganz einfach: Damit Sünde in Kraft treten kann, bedarf es der Buße, der Umkehr. Vergebung kannst du nicht erlangen, ohne Buße zu tun.
Wisst ihr, was die ersten Worte von Johannes dem Täufer waren? „Tut Buße!“ Auch die ersten Worte von Jesus Christus waren: „Tut Buße!“ Und die ersten Worte von Petrus nach seiner Wiedergeburt an Pfingsten, als die Leute ihn fragten: „Was sollen wir tun?“ lauteten ebenfalls: „Tut Buße!“
Buße zu tun ist die Voraussetzung und das Fundament, damit ein Mensch von seinen Sünden gerettet wird. Ohne Buße kannst du nicht gerettet sein. Buße ist das Fundament, auf dem du ein Kind Gottes wirst.
Interessanterweise hat Billy Graham, den ich sehr schätze, weil er einer der wenigen großen Gottesmänner ist, die auch leben, was sie predigen, einmal eine Predigt auf Hawaii gehalten. Zu dieser großen Evangelisation kam eine ganze Abteilung von Psychologie-Studenten der Universität, die seinen Vortrag analysierten.
Obwohl sie nicht mit allem übereinstimmten, sagten sie, dass Billy Graham psychologisch hundertprozentig korrekt gehandelt hat, indem er zur Vergebung der Sünden aufrief. Denn das größte Problem der Menschheit ist die Schuld, sagen Psychologen.
Sich zu Gott zu wenden, Schuld zu bekennen und Vergebung zu erfahren ist also keine rein christliche Sache, sondern eine menschliche Notwendigkeit.
Buße zu tun stammt vom griechischen Wort Metanoia, das aus zwei Worten besteht: Meta und Noia. Es bedeutet so viel wie „ändern“ und „denken“. Buße zu tun heißt, ich ändere mein Denken – über Gott, über mich und über Sünde. Ich anerkenne, dass Gott ein heiliger Gott ist, der Gerechtigkeit verlangt. Ich erkenne auch, dass ich ein Sünder bin, nicht so wie Gott, und Vergebung brauche, damit ich schuldlos bin. Dann wende ich mich zu Gott und sage: „Herr, vergib mir.“ Das ist Buße tun. Ohne Buße ist Vergebung nicht möglich.
Wenn man heute sagt: „Dieser Mann ist ein guter Christ“, meinen die Leute oft: „Dieser Mann vergibt.“ Ein guter Christ wird auch heute noch mit einem vergebenden Geist gleichgesetzt. Das ist richtig, aber leider wurde das oft missbraucht. Viele glauben, Christen seien wie Fußmatten, auf denen man seinen ganzen Zorn abladen kann, weil sie einem sowieso vergeben müssen. Das ist ein Missverständnis.
Schlagt mal Matthäus 18 auf, wenn ihr eine Bibel dabei habt. Ich lese eine Geschichte vor, ohne sie zu erklären, denn sie spricht für sich selbst.
In Matthäus 18,23-35 erzählt Jesus die Geschichte von einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Einer schuldete ihm zehntausend Talente – das sind mehrere Millionen D-Mark. Da dieser Knecht nicht zahlen konnte, befahl der König, ihn mit seiner Frau, seinen Kindern und allem, was er hatte, zu verkaufen, um die Schuld zu begleichen.
Der Knecht fiel nieder, bat kniefällig um Geduld und versprach, alles zu bezahlen – was unmöglich war. Der König wurde innerlich bewegt, erließ ihm die Schuld und ließ ihn frei.
Doch dieser Knecht fand einen Mitknecht, der ihm hundert Denare schuldete – etwa hundert bis zweihundert Mark – und ergriff ihn, würgte ihn und verlangte sofortige Zahlung.
Der Mitknecht fiel nieder, bat um Geduld und versprach zu bezahlen, aber der erste Knecht wollte nicht nachgeben. Er ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis die Schuld beglichen war.
Als die anderen Knechte das sahen, waren sie sehr betrübt und berichteten dem König alles. Der König rief den bösen Knecht zu sich und sagte: „Du böser Knecht! Ich habe dir all diese Millionen erlassen, weil du mich batest. Hättest du dich nicht auch deines Mitknechts erbarmen sollen, wie ich mich deiner erbarmt habe?“
Daraufhin wurde der König zornig und überlieferte ihn den Folterknechten, bis er alles bezahlt hatte.
Jesus schließt mit den Worten: „So wird auch mein himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.“ Das heißt: So wie du dem anderen vergibst oder nicht vergibst, so wird dir vergeben oder nicht vergeben.
Ihr seht, ich kann zwar vergebend sein, aber die Vergebung tritt erst in Kraft, wenn Buße getan wird.
Schlagt mal Lukas 17 auf, das hilft uns zu verstehen, was ich meine. Das ist jetzt ein bisschen theoretisch, aber gleich wird es praktisch.
In Lukas 17,3-4 sagt Jesus: „Habt Acht auf euch selbst! Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht. Wenn er es bereut, dann vergib ihm.“
Das heißt, bevor Vergebung in Kraft treten kann, muss Buße, also Reue, da sein.
Ich kenne einige Geschichten, in denen ein Mann Alkoholiker ist oder auch nicht, und jeden Tag seine Frau und Kinder schlägt. Das kommt leider oft vor. Ich bin sicher, dass einige hier als Kind so etwas erlebt haben.
Der Mann kommt jeden Tag nach Hause, die Frau ist Christin und glaubt, sie müsse sich jeden Tag schlagen lassen und ihm danach vergeben. Das muss sie nicht tun.
Dieser Mann muss zuerst lernen, wie man seine Ehefrau ordentlich und in Ehren behandelt. Die Frau muss ihm nicht sofort vergeben, sie muss vergebend sein. Aber die Vergebung tritt erst in Kraft, wenn der Mann Reue zeigt und sagt: „Es tut mir leid, was ich getan habe.“
Dann tritt Vergebung in Kraft – nicht vorher. Diese Frau muss sich nicht jeden Tag schlagen lassen. Sie sollte ihn verlassen, bis er Buße tut und zu ihr kommt.
In diesem Sinne wurde Vergebung oft missbraucht, indem Christen als Fußmatten angesehen werden, auf denen man sich abtreten kann, wann man will. Das lehrt die Bibel nicht.
Wir müssen immer vergebend sein. Wenn dieser Mann Reue zeigt, soll die Frau vergeben. Aber sie darf sich nicht missbrauchen lassen, denn Vergebung tritt erst in Kraft, wenn Buße getan wurde.
Drittens: Die Notwendigkeit der Vergebung.
Die Notwendigkeit der Vergebung
Also, wir hatten erstens das Ausmaß der Vergebung: Sie kennt keine Grenzen, sie ist absolut.
Zweitens die Voraussetzungen der Vergebung: Wir müssen immer vergebend sein. Vergebung tritt jedoch erst in Kraft, wenn Buße geschehen ist.
Drittens die Notwendigkeit der Vergebung: Zu vergeben ist, wie gesagt, keine freie Entscheidung, die man trifft, wenn man sich danach fühlt. Vergebung ist eine Anordnung Gottes. Wenn du nicht vergibst, lebst du ein Leben in Gefangenschaft. Das ist nämlich das Problem. Gott hat uns ein Leben in Freiheit versprochen, aber diese Freiheit wirst du erst dann genießen können, wenn du vergeben hast. Nicht zu vergeben heißt, in die Falle Satans zu tappen.
Im 2. Korintherbrief Kapitel 2 ist mir wichtig, bei diesem Thema viele Bibelstellen aufzuzeigen. Denn das ist nicht meine Idee, sondern die Idee eines heiligen Gottes.
In 2. Korinther 2,10 sagt der Apostel Paulus über die Gemeinde in Korinth: "Wem ihr aber etwas vergebt, dem vergebe auch ich. Denn auch ich habe, was ich vergeben habe, wenn ich etwas zu vergeben hatte, um eurer willen vergeben vor dem Angesicht Christi."
Jetzt hört zu, warum: Paulus sagt, er hat vergeben, damit wir nicht von Satan übervorteilt werden. Denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt. Wisst ihr, was Satan möchte? Dass du nicht vergibst. Wenn du nicht vergibst, bist du im wahrsten Sinne des Wortes in der Hand Satans. Dann hat Satan dich übervorteilt.
Und wisst ihr, es ist eine Tatsache: Die bedrücktesten Menschen, die bitteren, zornigen und enttäuschten Menschen sind nicht jene, denen nicht vergeben wurde. Wisst ihr, welche Menschen bitter und enttäuscht durchs Leben gehen? Jene, die nicht vergeben wollen.
Ich weiß eins von dir, auch wenn ich dich sonst überhaupt nicht kenne: Wenn es einen Menschen gibt, der dir etwas angetan hat und du ihm noch nicht vergeben hast, dann ist eine bittere Wurzel in deinem Leben. Diese Wurzel ist sichtbar und breitet sich in jedem anderen Bereich deines Lebens aus.
Wenn du nicht vergibst, wirst du unausweichlich bitter. Du wirst Selbstmitleid empfinden. Selbstmitleid ist übrigens eine Sünde, keine blöde Angewohnheit. Du wirst kritisch werden, und zwar negativ kritisch. Du wirst alles bekritteln, egal was es ist, es sei denn, jemand sagt genau das, was du hören willst.
Das sind alles Früchte, wenn ein Mensch nicht vergibt beziehungsweise nicht vergebend ist. Also ist Vergebung absolut notwendig.
Viertens: die Praxis und das Erleben der Vergebung.
Praxis und Erleben der Vergebung
Ich glaube, das ist wahrscheinlich einer der wichtigsten Punkte, denn jetzt wird es praktisch. Du wirst sagen: „Hans-Peter, das habe ich alles schon gehört, das ist mir auch bewusst, aber weißt du was? Ich kann nicht vergeben, es geht nicht.“ Nun schauen wir uns das an.
Die Praxis der Vergebung: Erstens, du und ich sind von Jesus aufgerufen, den ersten Schritt zur Vergebung zu machen. Wisst ihr, warum Jesus das sagt? Ich mit meiner Frau – wisst ihr, was ich oft sage? Ich vergebe ihr schon, aber zuerst soll sie mal auf die Knie kommen, denn so blöd, wie sie gestern war, ist ja nicht normal. Wenn sie das tut, ja, dann bin ich auch bereit, vorher nicht. Und wisst ihr was? Diese Haltung haben wir oft vielen Menschen gegenüber.
In Matthäus Kapitel 18 lesen wir, in Vers 15, gibt Jesus uns die Praxis der Vergebung. Liebe Leute, wenn wir nur diese paar Sätze beachten würden, gäbe es 50 Prozent der Auseinandersetzungen in unseren Gemeinden nicht. Weil wir diese Worte missachten, gibt es so viel Plage in unseren Gemeinden.
Matthäus 18,15 sagt: „Wenn aber dein Bruder sündigt, so geh hin.“ Wer hat gesündigt? Dein Bruder. Wer muss hingehen? Du. Wisst ihr, was wir sagen? „Der Idiot hat gesündigt, dann soll auch er zu mir kommen.“ Jesus sagt das Gegenteil: Wenn dein Bruder sündigt, dann geh du zu ihm. Überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen.
Und wisst ihr was? Wenn wir nur das tun würden, welch ein Segen! Wisst ihr, wie wir es leider tun? Ein Bruder sündigt gegen dich, er tut dir weh in deiner Gemeinde, und weißt du, wo du hingehst? Zum Pfarrer, zum Ältesten oder zu deinem besten Freund. Das steht nicht in der Bibel.
Weißt du, zu wem du gehen sollst? Zuerst zu Gott und dann zu dem Menschen, der dir wehgetan hat. Bitte tut das, dann wird euer Gemeindeleben um zweihundert Prozent schöner. Und wenn du zu ihm gehst, wirst du erleben: Zum Großteil wird er sagen, es tut mir leid. Und wisst ihr was? Die Gemeinschaft ist wiederhergestellt.
Aber ist etwas passiert, der andere erfährt es von seiner Großmutter oder von anderen Gemeindegliedern, dann kommt Zorn auf, Enttäuschung, und so weiter geht das. Eine Lüge gebiert die andere. Zuerst gehst du zu deinem Bruder.
Übrigens, wenn du gesündigt hast, brauchst du auch nicht zuerst auf die Kanzel zu gehen und vor der Gemeinde deine Sünde zu bekennen. Das steht auch nicht in der Bibel. Du sollst zu deinem Bruder gehen, unter vier Augen, nicht vor der ganzen Gemeinde. Heute wird so viel Unbiblisches praktiziert, und dann wundern wir uns, warum es in den Gemeinden nicht funktioniert.
Vers 16: „Wenn er aber nicht hört“, das heißt, du warst zuerst bei ihm unter vier Augen, aber er kann es nicht sehen beziehungsweise er bleibt zornig oder was auch immer. „Wenn er aber nicht hört, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt wird.“
Warum sagt Jesus, wenn es unter vier Augen nicht geklappt hat, dann nimm ein oder zwei Zeugen mit? Nimm reife Brüder oder Schwestern mit! Wisst ihr, warum das wichtig ist? Denn die zwei Zeugen hören zu, und wisst ihr, was die Zeugen sehr oft entdecken? Das Problem liegt nicht bei ihm, sondern bei dir. Aber das kannst du nicht sehen, weil wenn du in einem Streit involviert bist, bist du nicht objektiv. Das können nur Zeugen sehen.
Darum sagt Jesus sehr weise: Nimm einen oder zwei mit dir, und die sehen vielleicht das Problem etwas anders, und so kann es geschlichtet werden. Und erst der dritte Schritt, sagt Jesus, Vers 17: „Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Gemeinde.“ Das ist der dritte und letzte Schritt, nicht der erste.
„Wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hören wird, so sei er dir wie ein Heide und ein Zöllner.“ Ich habe eine Frage übrigens: Wie hat Jesus Heiden und Zöllner behandelt? Denk mal darüber nach, das ist ganz wichtig.
Die Praxis der Vergebung ist die, dass wenn jemand gesündigt hat und du dich verletzt fühlst, du zuerst zu ihm gehst. Wenn das nicht funktioniert, nimmst du einen oder zwei mit dir. Und der dritte Schritt ist die Gemeinde.
Es ist eine traurige Tatsache, dass viele Christen eine absolute Vergebung empfangen haben, sie aber nicht diese Vergebung erlebt haben. Seht ihr diesen Mann in Matthäus 18 oder 19? Dem wurde seine Millionen vergeben, aber er hat es nicht erfasst, er hat nicht kapiert, was es bedeutet. Er hat den nächsten Knecht niedergemacht wegen ein paar lumpiger Deutscher Mark.
Und das tun wir auch. Uns ist vergeben, wir sind rein vor Gott, und dann sind wir so kleinlich bei ein paar Märklein, die es doch gar nicht wert sind, überhaupt nur darüber zu reden.
Nun, ich höre sehr oft, dass dann jemand sagt: „Hans-Peter, ich sehe das schon ein, ach weißt du, diesem Menschen kann ich nicht vergeben, wenn du nur wüsstest, was der mir angetan hat.“ Ob das ein Vater ist, der dich missbraucht hat als Kind, oder ein Onkel, ob das Eltern sind, die dich gesetzlich aufgebracht haben in einer gesetzlichen Kirche und du dich freischwimmen musstest, aber noch nicht frei bist – das kann viele Gründe haben.
Aber ich möchte euch jetzt eines sagen: Wenn du zu jemandem sagst, dir kann ich nicht vergeben – das sagst du natürlich nicht laut, aber innerlich denkst du es – weißt du, was du damit sagst? Damit sagst du: Ich bin besser als du, denn ich habe die Vergebung verdient, aber du nicht. Das ist ein Problem.
Denn Römer 3,23 sagt: „Wir haben alle gesündigt und sind schuldig vor Gott.“ Alle sind wir Sünder, wir sind alle im selben Boot. Keiner steht drüber.
Und wenn du Vergebung erfahren hast, dann kannst du nur dann nicht vergeben, wenn du glaubst, du bist besser als der andere. Und so etwas, wie der getan hat, würdest du nie tun. Aber weißt du, warum du es nicht getan hast? Diese Sünde, weil du vielleicht nicht den Mut dazu hattest oder die Gelegenheit. Wir sind alle fähig, die schmutzigste Sünde zu begehen, die es auf dieser Welt gibt. Das Potenzial haben wir alle.
Vielleicht bist du behütet aufgewachsen und hast darum einen enormen Vorteil. Aber wie wir heute gehört haben, sollen auch die Geradlinigen aufpassen, sollen vorsichtig sein. Paulus sagt im 1. Korintherbrief: „Wenn du glaubst, du stehst, pass auf, dass du nicht fällst.“ Ganz wichtig.
Jetzt ist noch etwas: Du sagst aber, ja, okay, ich weiß, ich muss dem vergeben, aber ich kann nicht. Ich kann nicht, wenn ich dem vergebe, das ist Heuchelei. Ich würde den Erlebten umbringen, und jetzt soll ich aussprechen, ich vergebe dir? Das ist Heuchelei.
Na ja, Freunde, das ist nicht Heuchelei, das ist Gehorsam. Und bitte sei nicht überrascht, wenn du dich nicht danach fühlst, diesen anderen Menschen zu vergeben. Das wirst du kaum. Du wirst dich nicht danach fühlen, den anderen Menschen zu vergeben.
Aber weißt du, was das Schöne ist? Du weißt, du musst es tun. Und indem du ihm vergibst, tust du das, was Recht ist, immer wieder. Weißt du, was dann geschieht? Deine Gefühle sind hier. Deine Gefühle sagen: Ich kann nicht vergeben, ich will nicht vergeben, wer hat es verdient?
Das Wort Gottes sagt dir: Du musst vergeben, es macht dich frei, er ist auch nur ein Sünder, so wie du. Und auf dieser Linie triffst du deine Entscheidung und sagst: Ja, ich vergebe. Dann passiert etwas ganz Wunderbares.
Je mehr du an der Wahrheit bleibst, desto mehr kommen deine Gefühle zur Wahrheit dazu. Und der Moment kommt, Monate oder Jahre später, wo du aus deinen Gefühlen von ganzem Herzen sagen kannst: Ich kann dir von Herzen vergeben. Aber das dauert manchmal.
Und bitte erwarte nicht, dass beim ersten Mal deine Gefühle sagen: Dem will ich vergeben. Das wird kaum so sein, aber du weißt, es ist recht.
Und bitte lass dich vom Teufel nicht übervorteilen. Denn weißt du, was der Teufel sagt? Du sagst heute: Du gehst hier raus und sagst: Okay, ich bereinige das jetzt zuerst vor Gott und dann vor dem Menschen, ich vergebe diesem Menschen in Jesu Namen. Jetzt hast du es getan.
Morgen früh wirst du munter, und dann denkst du dir: Dieser Heini, der hat es nicht verdient. Und wisst ihr, was Satan jetzt sagt? Satan sagt jetzt: Siehst du, das, was du gestern gesagt hast, war alles nur Heuchelei. Du hast ihm ja gar nicht vergeben, sonst würdest du dich heute danach fühlen.
Lass dich nicht von Satan übervorteilen. Du wirst dich auch morgen nicht danach fühlen. Du tust morgen wieder das, was recht ist. Und weißt du, was geschehen wird? Schritt für Schritt, durch die Gnade Gottes, kommen deine Gefühle zu der rechten Entscheidung dazu. Das ist eine wunderbare Sache.
Der Herr Jesus Christus am Kreuz – wisst ihr noch, was er gesagt hat zu den Römern, die ihn gekreuzigt, geschlagen, bespuckt haben? Er hat gesagt: „Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“ Eins glaube ich zu wissen: Jesus hat sich nicht danach gefühlt, aber Jesus hat es getan.
Im Lukas 6,36-37 steht ein ganz wichtiger Vers. Da sagt der Herr Jesus Folgendes: „Seid nun barmherzig, wie auch der Vater barmherzig ist, und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden, und verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden, und jetzt hört zu, das ist einer meiner Lieblingssätze: Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden.“
Wenn du nicht vergeben hast, bist du nicht losgelassen. Eine Bitterkeit, ein Selbstmitleid, ein Zorn hält dich. Möchtest du los, möchtest du frei werden, dann lass es los. Lasst los, und ihr werdet losgelassen werden.
Sei immer der Erste, der um Vergebung bittet. Mit meiner Frau geht es mir manchmal so: Wir streiten, das kommt mal vor, und dann sage ich: „Bis sie jetzt nicht zu mir kommt und um Vergebung bittet, bis dahin werde ich ihr nicht vergeben.“ Und dann gehe ich spazieren oder so, bete mit meinem Herrn.
Dann sagt Jesus zu mir: „Ich habe dir vergeben, als du noch Sünder warst. Ich hatte keinen Grund, dir zu vergeben. Du warst überhaupt nicht lebenswert, aber ich habe dir vergeben. Und ach, ich habe dich zum Haupt der Familie gemacht. Das heißt, du bist verantwortlich für das Glück der Familie. Ich möchte jetzt, dass du zu deiner Frau gehst und um Vergebung bittest.“
Ich sage: „Vater, das war doch ihr Problem. Wie soll ich um Vergebung bitten, wenn sie so ungeistlich ist und alles Mögliche ist?“ Und dann sagt er: „Schrei es ihm mal hin.“ Und dann sagt er: „Jetzt gehst du nach Hause und machst es.“
Dann gehe ich nach Hause und sage: „Okay, das gibt es sowieso nicht nach.“ Dann mache ich die Küchentür auf, und dann schaut sie schon so angefressen. Ich mache die Tür wieder zu und gehe wieder spazieren. Und dann mache ich den zweiten Anlauf, gehe wieder hin, gehe rein, dann lege ich die Hand drüber und sage: „Bitte vergib mir, obwohl es natürlich ihre Schuld ist, bitte vergib mir.“ Und dann meint sie: „Sag mal, sowieso meine Schuld.“ Und dann küsst man sich, und alles ist vorbei.
So funktioniert das. Aber wisst ihr, was das wirklich ankratzt? Den Stolz. Und Leute, der Herr Jesus hat gesagt: Kein einziger stolzer Mensch wird ins Himmelreich hineinkommen. Wir müssen lernen, unseren Stolz abzulegen.
Und bete bitte nicht: „Herr, mach mich gehorsam!“ Gott sagt: „Tut mir leid, du bist kein Roboter. Gehorsam musst du selber lernen.“ Bete bitte auch nie: „Herr, mach mich demütig!“ Denn weißt ihr was? Wenn Gott dich demütigt, das ist ein großer Fall. Lerne, demütig zu sein.
In der Bibel lesen wir immer, dass die Menschen gelernt haben, sich zu demütigen. Bete nicht zu Gott, dich demütig zu machen, das tut weh. Klettere die Leiter selber runter, und du wirst einen riesengroßen Segen ererben von Gott.
Nun noch eine Sache, damit hier kein Missverständnis entsteht: Alles, was ich jetzt gesagt habe, hat mit deiner Beziehung zu Gott zu tun, nicht mit deiner Position.
Wenn wir gestritten haben, ich und meine Frau, sage ich nichts zu meiner Frau: „Meine Frau Hannelore, wir sind jetzt wieder gut, alles ist vorbei, lasst uns heiraten!“ Sie sagt: „Blödsinn, seit 13 Jahren! Ich brauche sie nicht mehr heiraten. Ich war auch verheiratet, als wir gestritten haben. Ich war immer verheiratet, sie war immer Ehefrau, ich war immer Ehemann.“
Aber unsere Beziehung war gestört. Wenn du in Sünde lebst, heißt das nicht, dass du dich wieder bekehren musst. Du bist und bleibst Kind Gottes. Aber deine Beziehung zu Gott ist gestört.
Aber wisst ihr, warum ich geheiratet habe? Damit ich mal in den Himmel komme als Ehemann? Natürlich nicht. Warum heirate ich? Um mit einer Person eine Beziehung zu haben und mit ihr gemeinsam durchs Leben zu gehen.
Warum bist du Christ? Um als Christ in den Himmel zu kommen? Nein, um mit dem Herrn Jesus Christus eine Beziehung zu haben, mit ihm zu leben. Das ist der Grund, warum du Christ bist.
Wenn das nicht der Grund ist, dann ist es besser, du bist nicht Christ, denn dazu sind wir berufen.
Zum Schluss noch fünf Gründe, warum wir nicht vergeben wollen.
Fünf Gründe, warum wir nicht vergeben wollen
Das geht jetzt zackig. Erstens: Die fünf Gründe, die uns daran hindern, jemand anderem zu vergeben.
1. Angst vor Nähe und Trennung
Erstens: Wir glauben an Vergebung. Sie sagt: „Mir egal, wir leben jetzt unser eigenes Leben.“ Das hat sie schon einmal gesagt. Das ist ganz schön schlimm, aber so etwas kommt vor. Man hat Angst. Übrigens bin ich auch nicht perfekt. Das ist eine Angst.
Wir glauben, Vergebung müsse sofort geschehen, aber das muss nicht sein. Meine Frau hat manchmal gesagt: „Ich vergebe dir noch nicht.“ Ob die Zeit dafür kommt, ist ungewiss. Einmal hat jemand gesagt: „Ich vergebe dir um fünf Uhr nachmittags.“ Und wisst ihr was? Das ist gar nicht schlecht, eine gute Idee. Man soll warten. Es ist ganz gut, mit der Vergebung zu warten.
Interessant ist, dass im Alten Testament die Israeliten jedes Jahr bis zum Jom Kippur, dem Tag der Versöhnung, warten mussten. Erst an diesem Tag erhielten sie Vergebung, nicht vorher. Und wisst ihr, was auch interessant ist? Gott hat vom Garten Eden bis zu Golgatha gewartet, um Vergebung wirksam werden zu lassen.
Es ist gut, denn Vergebung kann warten. Wir sollen vergebend sein, aber sie muss nicht sofort in Kraft treten. Also vergib ihm ein paar Stunden später.
Zweitens: Der Grund, warum wir nicht vergeben, ist eine Ameise, die da unten auf der Bibel krabbelt – entschuldige. Zweitens, der zweite Grund, warum wir nicht vergeben...
2. Verwechslung von Vergeben und Vergessen
Wir glauben, vergeben heißt vergessen. Jetzt wirst du sagen: „Hans-Peter, hast du nicht gerade vorhin gesagt, wenn Gott vergibt, vergisst er?“ Ich habe Neuigkeiten für dich: Du bist nicht Gott.
Manchmal glauben wir, Gott zu sein und denken, wir müssten auch vergessen, wenn wir vergeben. Ich möchte eines sagen: Wenn du vergibst, ist es ganz sinnvoll, nicht zu vergessen.
Siehst du, viele haben ja schon mit mir gesprochen. Einmal ist mir jemand auf den Fuß getreten, er kam so nah heran. Das passiert ja, ich bin nicht böse, aber ich habe mir sein Gesicht gemerkt. Wenn ich das nächste Mal mit ihm rede, achte ich darauf, dass ein Stuhl dazwischen steht oder so. Nicht, dass ich nicht gerne mit ihm rede, aber ich habe es nicht gern, wenn Leute auf meinen Füßen stehen. Weil ich ihm vergebe, ist das kein Problem. Aber vergessen tue ich es nicht – ich merke mir das Gesicht.
Seht ihr, Vergebung mit Vergessen gleichzusetzen, kann sogar gefährlich sein.
Eine Geschichte, eine wahre Geschichte: Eine Frau hatte Kinder. Als sie selbst ein Kind war, wurde sie von ihrem Vater sexuell missbraucht. Sie glaubte, sie müsse ihm vergeben – das war auch richtig, und sie tat es. Aber sie glaubte auch, vergeben bedeute vergessen. Sie sagte sich immer wieder: „Ich muss es vergessen, ich muss es vergessen.“ Und sie hat es vergessen.
Jahre später hatte sie selbst kleine Kinder. Sie vertraute sie eines Nachmittags ihrem Vater an, und der Vater missbrauchte auch ihre Kinder sexuell. Es wäre gut gewesen, wenn diese Frau nicht vergessen hätte.
Verwechselt nicht Vergeben mit Vergessen. Du bist nicht Gott.
3. Vergessen der eigenen Vergebung
Drittens: Warum vergeben wir nicht? Oft vergessen wir, dass uns selbst Vergebung widerfahren ist.
Ein schöner Vers dazu steht in Epheser 4,32: „Seid aber zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie auch Gott in Christus euch vergeben hat.“
Ich habe einmal einen Spruch gehört, der lautet: „Der, der nicht vergibt, verbrennt die Brücke, über die er selbst laufen muss.“
Vergiss nicht: Dir ist vergeben worden.
4. Falsche Vorstellung, Vergebung heiße Gutheißen
Viertens: Warum vergeben wir nicht? Manchmal denken wir bei Vergebung: „Ja, aber wenn ich vergebe, muss ich das, was der andere getan hat, irgendwie gutheißen.“ Das ist falsch. Du sollst das, was dir der andere angetan hat, wenn es Sünde ist, niemals gutheißen. Sünde heißt nicht gut. Jesus tut das nicht.
Das ist, als würde man etwas unter den Teppich kehren und sagen: „Ach, vergiss es, ist ja nicht so schlimm.“ Doch Sünde ist schlimm. Bitte nennt Dinge beim Namen. Scheidung ist ein Kapitalverbrechen und Sünde. Abtreibung ist Mord, Punkt. Homosexualität ist falsch und Sünde, Punkt. Klar und deutlich. Da gibt es nichts zu diskutieren: Nennt Sünde Sünde.
Aber wisst ihr, was wir manchmal verlernt haben? Es gibt Leute, die nennen Sünde Sünde, aber sie wissen nicht, wie man mit Sündern umgeht. Abtreibung ist Mord. Wenn ein Mädchen zu mir kommt, das gerade abgetrieben hat, was ist das Erste, was ich zu ihr sage? „Du Mörderin?“ Nein. Du nimmst sie in die Arme, du hörst ihr zu, du tröstest sie, du liebst sie, du begleitest sie.
Was tust du, wenn ein Homosexueller zu dir kommt? Sollst du sagen: „Homosexualität ist super?“ Nein. Sollst du sagen: „Homosexuelle kommen in die Hölle?“ Nein. Du nimmst ihn in die Arme, du liebst ihn, du hilfst ihm, du gibst ihm eine Plattform, wo er sich ausreden kann und wo ihm geholfen werden kann.
Sieh dir das an: Es sind zwei Paar Schuhe, Sünde als Sünde zu benennen und wie ich mit Sündern umgehe. Das sind zwei Paar Schuhe. Und da müssen wir vorsichtig sein, das Richtige zu tun. Aber nennt niemals Sünde gut.
Im Jesaja lesen wir: „Wehe denen, die Gutes böse nennen und Böses gut nennen.“ Weißt du, warum sich Menschen schuldig fühlen? Weil sie schuldig sind. Ganz neu ist das nicht. Menschen fühlen sich schuldig, weil sie schuldig sind.
Heute aber hören wir oft: „Du hast einen Schuldkomplex.“ Und dann wird dir erklärt, warum das so ist. Blödsinn. Du bist schuldig. Aber es gibt Vergebung.
5. Angst vor Nähe durch Vergebung
Der letzte Grund, warum wir manchmal nicht vergeben wollen, ist, dass wir glauben, wenn ich diesem Typen jetzt vergebe, den ich sowieso nicht leiden kann, dann wird er mein bester Freund. Das hält ja keiner aus.
Übrigens, es gibt einen Unterschied zwischen Menschen gerne haben und Menschen lieben. Ich habe nicht unbedingt alle Menschen gerne im Sinne davon, dass ich mich zu jedem Menschen hingezogen fühle. Nein, es gibt Menschen, die liegen mir nicht sehr. Aber wisst ihr, was ich kann? Ich kann sie lieben. Wir können alle Menschen lieben und respektieren, auch wenn wir sie nicht unbedingt sympathisch finden. Das ist okay.
Darum lesen wir auch im Kolosserbrief zwei Dinge: Ertragt einander und vergebt einander. Denn wisst ihr, manchmal ist der andere einfach anders, und wir interpretieren dieses Anderssein als Sünde. Nein, das ist keine Sünde, er ist nur anders.
Ich möchte euch auch sagen: Am Samstag, die drei Jungs, die hier gesungen haben, ich habe ein paar Kommentare gehört, die etwas unbarmherzig waren. Es war ihnen zu laut usw. Aber wisst ihr was? Sie zu verurteilen, das steht uns nicht zu. Wir haben unsere verschiedenen Geschmäcker. Und wisst ihr was? Diese Musikkultur ist eine andere Kultur. Das ist eine Kultur, aber das hat nichts mit Sünde zu tun.
Aber wir sagen, das müssen Sünde sein – so ein Blödsinn. Wisst ihr was? In meiner Kirchengemeinde, wo ich wohne, ist das noch eine richtig alte, eingesessene, traditionelle Gemeinde. Wenn du dort Gitarre spielst in der Kirche, dann kommst du fast von Satan, denn in der Kirche darf nur Orgel gespielt werden. Nur Orgel ist ein Gottesinstrument, alles andere ist satanisch. Ich übertreibe jetzt natürlich ein bisschen, aber wisst ihr, würdet ihr zustimmen, dass Gitarre in der Kirche satanisch ist? Nein, da lächelt ihr drüber.
Warum haben wir dann das Recht zu sagen, wenn eine Trommel da steht, die muss aber von Satan sein? Wo ist die Linie? Seht ihr, das sind Kulturen, das hat wenig mit Sünde zu tun.
Wir glauben, wenn ich jemandem vergebe, dann muss ich auch sein bester Freund sein. Das stimmt nicht. Ich habe von einem gehört, der gesagt hat: „An dem Tag, als ich meinem Vater vergeben habe, hat mein Leben wirklich begonnen.“ Aber wisst ihr was? Zu diesem Zeitpunkt war sein Vater bereits zehn Jahre tot.
In diesen zehn Jahren hat dieser junge Mann seine Bitterkeit im Herzen behalten gegen seinen Vater. Nach zehn Jahren konnte er ihm vergeben – oder hat ihm vergeben – und da wurde er frei. Aber die Beziehung mit seinem Vater konnte nicht wiederhergestellt werden, weil er tot war. Aber die Vergebung war notwendig.
Eine andere Geschichte, mit der möchte ich schließen: Die Geschichte hat sich in Pakistan abgespielt. Ein Mann wurde ins Gefängnis geworfen für ein Verbrechen, das er nie begangen hat. Aber der Bürgermeister dieser Stadt – so nennen wir halt eine sehr einflussreiche Person – hat etwas verbrochen und konnte es so hindrehen, dass die Schuld auf diesen anderen abgewälzt wurde, der in der Gesellschaft nichts bedeutete. Dieser Mann bekam zwanzig Jahre Gefängnisstrafe für eine Kriminalität, die er nie begangen hat.
Dieser Mann war bitter und sagte zum Gefängnis: „Wenn ich rauskomme, bringe ich dich um.“ Menschlich gesehen zu Recht. Er war dann ein paar Jahre im Gefängnis. Christen kamen, haben Zeugnis gegeben, und dieser junge Mann hat sich bekehrt. Er hat sich gut geführt und wurde nach fünf Jahren freigelassen.
Nach fünf Jahren – das sind menschlich gesehen verschwendete Jahre. Für ihn waren sie zwar nicht verschwendet, weil er zum Glauben kam. Nach fünf Jahren stieg dieser Mann in den Bus, verließ das Gefängnis und fuhr in die Ortschaft, wo dieser Bürgermeister wohnte. Denn er hatte versprochen, ihn umzubringen.
Als er hinfuhr, gab es große Spannungen bei vielen Leuten, denn sie wussten, dass er kommt. Er ging direkt zum Haus des Bürgermeisters. Der Bürgermeister war drinnen, hatte Angst, klopfte an die Tür, und der Mann öffnete.
Dann sagte er zu diesem Bürgermeister: „Ich wollte Ihnen nur sagen, ich habe Ihnen vergeben.“ Daraufhin öffnete der Bürgermeister die Tür weiter und sagte: „Wunderbar, komm, und essen wir zusammen.“
Der junge Mann antwortete: „Es kann sein, dass ich mit Ihnen nie essen werde. Und heute ganz sicher nicht. Ich bin nur gekommen, um Ihnen zu sagen, dass ich Ihnen vergeben habe.“ Dann drehte er sich um und ging wieder.
Denn Vergebung bedeutet nicht unbedingt die Wiederherstellung einer Beziehung, aber sie ist notwendig, damit du frei wirst, das Leben zu leben, das Gott für dich gedacht hat.
Schlussgebet
Wir danken dir für das Vorrecht dieser Vergebung, die uns völlig frei allein durch deinen Kreuzestod zuteilwird. Dafür danken wir dir von Herzen.
Herr, wir wollen diese Vergebung annehmen und uns daran erfreuen. Zugleich wollen wir bereit sein, unseren Schuldigen zu vergeben.
Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigen. Amen.