
Liebe Jutta, liebe große Familie Eisler, liebe Schwestern und Brüder in Jesus Christus sowie liebe Gäste,
ich grüße euch mit dem Ostergruß der Christenheit: Der Herr ist auferstanden! Halleluja!
Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten, aus dem Geschlecht Davids, nach meinem Evangelium.
Zweite Timotheusbrief des Apostels Paulus, Kapitel 2, Vers 8.
Das ist das Konfirmationswort von Konrad Eissler. Er wurde 1946 konfirmiert. 35 Jahre später, im Jahr 1981, hat er dieses Wort seinen Konfirmanden in der Stiftskirche in Stuttgart ausgelegt. In seinem Manuskript lese ich – ich habe es kopiert – es ist in Schreibmaschinenschrift, wunderbar. Eine Fußnote: Man kann ganz viel im Internet hören und lesen, Crossloads, das war der Werbeblock, geht nur hin.
Im Manuskript dieser Predigt von 1981 über dieses Wort lese ich: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus.“ Über ihn haben wir viel gesprochen, jetzt soll es noch einmal gebündelt werden. Es geht nicht um einen Feld-, Wald- und Wiesen-Christus, der uns letztlich zum Narren hält.
Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der die Hand aufhält, der die Hand hinhält und der die Hand festhält. Dann beschreibt Konrad seinen Konfirmanden, was das heißt. Er beschreibt den Jesus, der uns die Hand aufhält und uns einlädt, der uns in die Nachfolge Jesu ruft. Er beschreibt den Jesus, der die Hand hinhält und am Kreuz festnageln lässt – für uns, so sehr hat er uns geliebt. Und er beschreibt den Jesus, der unsere Hand festhält und uns mit seiner Gegenwart segnet.
Eigentlich sollte man diese Predigt jetzt ganz vorlesen, dann Amen sagen, fertig. Aber heute geht es um Konfirmation. Konfirmation und Bestärkung und Vergewisserung – darum ging es dem Apostel Paulus, als er seinem Mitarbeiter Timotheus diesen zweiten Timotheusbrief aus dem Gefängnis, möglicherweise aus der Todeszelle, schrieb. Es ging um Konfirmation, um Bestärkung, um Befestigung.
Heute geht es wieder um Konfirmation, um Bestärkung, um Befestigung. Wir brauchen das für uns persönlich an diesem Tag des Abschieds. Aller Freude, aller Dankbarkeit zum Trotz – es zerreißt einem das Herz. Abschied nehmen! Wir brauchen Konfirmation heute! Wir brauchen Konfirmation in einer Zeit der Verwirrung in Kirche und Gesellschaft.
Haltet Jesus Christus im Gedächtnis! Dies ist keine Aufforderung zum Totengedächtnis. Nach Verstorbenen ruft man: „Ihr lebt weiter in unserem Gedächtnis.“ Wenn Jesus nur in unserem Gedächtnis weiterlebt, dann ist er in Wirklichkeit mausetot. In diesem Fall wären wir betrogene Betrüger, wenn wir sagen: „Jesus lebt.“
Nein, haltet Jesus Christus im Gedächtnis, den auferstanden von den Toten. Jesus lebt! Denkt an ihn, vergesst Jesus nicht.
Denn der auferstandene Jesus ist das Zentrum der Weltgeschichte, der Dreh- und Angelpunkt, das Scharnier der Weltgeschichte – the hinge of history, wie ein englischer Historiker die Auferstehung von Jesus genannt hat. Um Jesus dreht sich alles in der Welt, seit der Erschaffung der Welt. Durch ihn ist sie geschaffen.
Alles dreht sich um ihn: Als er am Kreuz schreit „Es ist vollbracht“, dreht sich alles um ihn. Als er aus dem Tod auferweckt das Grab verlässt, dreht sich alles um ihn. Und alles wird sich um ihn drehen, wenn er wiederkommt, die Toten aus den Gräbern ruft und das Weltgericht hält.
Alles dreht sich um ihn – the hinge of history. Das müssen wir uns immer wieder bewusst machen.
Vergesst es nicht! Denkt an Jesus, haltet ihn im Gedächtnis. Vergesst es nicht, denn die Jesusvergessenheit ist die tödliche Seuche unserer Zeit. Sie ist auch das tödliche Elend unserer Kirchen.
Man hört viel von Religion und Spiritualität, von Werten, ja, auch viel von Kirche und Glauben. Aber an wen? An wen? Jesus wird nicht genannt. Jesus wird verdrängt, weil man sich nicht einig ist, wen man meint, wenn der Name Jesus fällt.
Konfirmation ist nötig, Bekräftigung ist nötig. Denkt an Jesus und vergesst nicht, dass Gott ihn auferweckt hat.
Hat von den Toten. Nach meinem Evangelium, fügt Paulus hinzu – so hat er es schon den Korinthern geschrieben im 1. Korinther 15 – lesen wir in Vers 3: „Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe, dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift. Und dass er begraben worden ist und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift.“
„Nach der Schrift“, sagt der Apostel. Durch die Auferweckung Jesu wird bestätigt, was in der Heiligen Schrift angekündigt ist. Zum Beispiel die Verheißung an Abraham: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ Nach der Schrift, denn Jesus wird bestätigt. In ihm wird erfüllt die Verheißung an David, 2. Samuel 7: „In dir will ich einen Nachkommen erwecken und will seinen Königsthron bestätigen ewiglich.“
Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten, aus dem Geschlecht Davids, schreibt Paulus. Diesen Zusammenhang von Auferstehung und Geschichte Gottes in Israel haben sich nicht irgendwelche Theologen ausgedacht.
Der Auferstandene selber hat in seiner Bibelstunde den Hefefeinürten auf dem Weg nach Emmaus seinen verzweifelten Jüngern, die nicht mehr vorwärts und rückwärts wussten und sich überhaupt keinen Reim auf diesen Jesus mehr machen konnten, das zugesprochen: „Ihr Toren, zu träge, herzens all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben. Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“
Er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in allen Schriften von ihm gesagt war. Der Auferstandene selber stellt diesen Zusammenhang her: „Habt ihr nicht gelesen? Es ist von mir geredet, von Leiden und Auferstehung. Habt ihr nicht gelesen?“
Nach der Schrift, ja, nach der Schrift – Evangelium nach der Schrift. Vergiss Jesus nicht, mahnt Paulus den Timotheus. Und wenn er sagt: „Vergiss Jesus nicht, halte ihm Gedächtnis an“, ist das keine Lehrformel. Er meint den Jesus, der nach seiner Auferstehung von Petrus gesehen wurde und von vielen anderen an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten.
Das ist der Jesus, der tatsächlich auferstanden ist und der als der Auferstandene selber den Zweifel seiner Jünger überwunden hat.
Aus der Ostertatsache, die Gott als erstes geschaffen hat, entstand der Osterglaube. Der Auferstandene überwand die Zweifel. Der Osterglaube entstand aus der Ostertatsache, und erst daraus entwickelte sich die Osterverkündigung: Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.
Das war nie selbstverständlich, auch nicht in der Kirche. Konrad Eisler legte am 17. November 1990 in einer jener berühmten Bibelstunden in der Schlosskirche in Stuttgart Offenbarung 21,1-8 aus, die Verheißung des neuen Jerusalems.
Er erinnerte an die turbulente Zeit des sogenannten Deutschen Herbstes 1977 und die Morde durch die RAF-Terroristen. In dieser Zeit hissten Sympathisanten der Terroristen ihre Fahnen an der Stiftskirche in Stuttgart. In dieser Bibelstunde berichtete Konrad Eisler darüber, wie sich ein Stuttgarter Bürger empört hatte, dass die Kirche so schlimm verschandelt worden sei.
Konrad sagte dann wörtlich: „Immer wenn Kirchtürme als Fahnenmast benutzt werden, egal für welche Ideologie auch immer, dann ist Gefahr im Verzug. Aber die Gemeinde Jesu wird nicht durch Fahnen verschandelt, sondern immer nur durch das Wort, das in ihr verkündigt wird.
Solange immer wieder gesagt werden kann, auch von sogenannten kompetenten Stellen, dass in der Bibel wohl das Wort Gottes enthalten sei, aber die Bibel längst nicht das Wort Gottes sei, dann ist das Verschandelung der Kirche.
Und wenn es nicht mehr klar ist, dass Jesus leibhaftig auferstanden ist, sondern dass man das irgendwie geistig verstehen müsse, dann ist das Verschandelung der Kirche.
Und wenn gesagt wird, dass wir nicht alle im letzten Gericht erscheinen müssen, sondern dass alle geradewegs in den Himmel kämen, dann ist das Verschandelung der Kirche.“ Ende des Zitats.
Also waren damals klare Worte nötig, und sie sind auch heute notwendig. Wir danken Jesus für diese klare Verkündigung seines Wortes durch seinen Boten Konrad Eisler.
Auch heute werden merkwürdige Fahnen an Kirchen gehisst, auch heute werden Gemeinden durch Irrlehren verwirrt. Denk an Jesus, vergiss Jesus nicht, denn der auferstandene Jesus ist the hinge of history – der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Und das gilt gut begründet.
Das gilt in dreifacher Hinsicht.
Das Erste: Denk an Jesus, vergiss Jesus nicht, denn der auferstandene Jesus wirkt rückwärts. Am Karfreitag waren alle Jünger verzweifelt und liefen weg. Niemand hat gesagt: „Wie toll, jetzt ist die Welt versöhnt und wir gründen das Christentum.“ Nein, sie waren alle enttäuscht, das Kreuz hatte alles durchstrichen.
In der Auferstehung wird jedoch eines klar: Gott bestätigt durch die Auferweckung von Jesus jedes Wort, das dieser Jesus gesprochen hat. Jedes Wort, das er gesprochen hat, ist Gottes Wort – auch jenes Wort, in dem er sagt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“ (Matthäus 24,35). Gottes Wort!
Jede Tat, die Jesus getan hat, insbesondere die Heilungen, ist Gottes Tat. Und was niemand begreifen konnte und bis heute kaum begriffen wird: Auch und gerade das Leiden und Sterben am Kreuz ist die Tat des allmächtigen Gottes. In der Allmacht der Liebe wird Gott Mensch in Jesus.
Der Weltrichter nimmt anstelle der irdischen Gerichte Platz, und nur deshalb gibt es Gewissheit der Vergebung und des Sinns. Nur deshalb gibt es Gewissheit. Der Auferstandene wirkt rückwärts: Er bestätigt alles, was er gesagt und getan hat, vor allem die rettende Versöhnungstat am Kreuz.
Deshalb dürfen wir froh und gewiss sein: Meine Sünden sind vergeben. Ich nehme sie auf mich und werfe sie zum Kreuz, denn Jesus hat alles getragen. Christi Blut und Gerechtigkeit sind mein Trost, mein Schmuck und mein Ehrenkleid. Damit will ich vor Gott bestehen, wenn ich in den Himmel eingehe.
Also: Denk an Jesus, vergiss Jesus nicht! Der Auferstandene wirkt rückwärts, aber er wirkt auch zweitens vorwärts. Er ist nicht nur wiederbelebt worden, um irgendwann wieder zu sterben.
Der Leichnam des Gekreuzigten wurde verwandelt in göttliche Wirklichkeit. Das war der endgültige und grundsätzliche Durchbruch durch die Todesmauer. Das war der erste Akt der Totenauferstehung, die geschehen wird, wenn Jesus wiederkommt.
Mit scharfer Folgerichtigkeit beschreibt Paulus das im 1. Korinther 15: „Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferweckt ist, wie sagen denn einige unter euch, es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden.
Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsere Predigt vergeblich, leer, so ist auch euer Glaube leer und vergeblich. Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes erfunden, weil wir sagen, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen.
Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist doch Christus nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden. Dann sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren.
Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die Elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten, als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“
Er wirkt vorwärts: Er öffnet die Zukunft. Er wird kommen und alle Tränen abwischen. Schmerz und Leid, Sünden werden nicht mehr sein. Er wird eine neue Welt schaffen, in der Gerechtigkeit wohnt.
Krankheit und Schmerzen, Unrecht und Gewalt, gottlose Machthaber, Wölfe und falsche Hirten wollen uns auch heute einschüchtern. Wir spüren, dass Jesus Recht hatte, als er sagt: „In der Welt habt ihr Angst.“ (Johannes 16,33)
Aber wir hören auch auf seine Stimme, wenn er fortfährt: „Aber seid getrost, ich habe die Welt besiegt.“ Wir halten uns an ihm fest und rufen: Maranatha, unser Herr kommt! Darauf warten wir und flehen: „Unser Herr, komm, komme bald!“
Denk an Jesus, vergiss Jesus nicht! Der Auferstandene wirkt rückwärts, wirkt vorwärts und er wirkt heute. Er wirkt heute, weil Jesus lebt. Nichts ist vergeblich, was wir heute nach seinem Wort tun.
Darum schließt der Apostel Paulus ein großes Auferstehungskapitel, den 1. Korinther 15, mit den Worten: „Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich und nehmt immer zu im Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist im Herrn.“
Ihr Alten und ihr Jungen, vergesst Jesus nicht! Mit Zuversicht folgen wir ihm, auch wenn wir oft nur kleine Schritte gehen. Diese kleinen Schritte erscheinen uns manchmal unzulänglich. Wir sehen das Ziel nicht, doch Jesus garantiert, dass die kleinen Schritte, die wir gehen, zum Ziel führen. Vergiss Jesus nicht!
Lasst uns die kleinen Puzzleteile unseres Lebens, die wir Tag für Tag zusammenfügen, mit Zuversicht betrachten. Oft sind wir verzweifelt, weil wir nicht wissen, ob daraus ein ganzes Bild entsteht und ob wir überhaupt fertig werden. Doch lasst uns diese kleinen Puzzleteile in Liebe und Treue zusammenfügen – im Dienst, in Familien, in Gemeinden, in der Kirche, im Beruf, wo auch immer. Denn wir vertrauen darauf, dass unsere Arbeit nicht vergeblich ist.
Der auferstandene Herr fügt das ganze Bild zusammen. Vieles erscheint uns nicht nur als Puzzleteil, sondern wie ein Bruchstück. Wir denken: Was bringt das? Es macht mich nur müde, diese Vergeblichkeit. Doch es ist eben ein Bruchstück.
Seid fest und unerschütterlich und nehmt zu im Werk des Herrn, weil ihr ja wisst: Nichts ist umsonst! Er, der auferstandene Herr, fügt das Ganze zusammen. Er schafft den neuen Himmel und die neue Erde.
Konfirmation ist notwendig. Lasst euch heute konfirmieren und neu an Jesus festmachen, an den, der auferstanden ist von den Toten.
Er hält seine Hand hin und lädt euch ein, neu zu beginnen. Er bietet seine Hand an und lässt sie am Kreuz annageln. Die Sünden sind vergeben, und er spricht zu dir: „Du bist mein.“
Er hält deine Hand fest, sowohl im Leben als auch im Sterben. Was Jesus sieht, bleibt ewig bewahrt.
Sein ist die ganze Welt, und auch wir gehören ihm. Amen.