Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Ich freue mich, dass Sie so zahlreich hierher gekommen sind, damit wir gemeinsam über ein Thema nachdenken können. Das Thema wurde bereits genannt: Wohin geht die Menschheit? Wohin gehen wir als Einzelne? Wir alle tragen die Frage der Zukunft in uns und wollen wissen, was sie uns bringen wird.
Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble hat soeben ein Buch mit dem Titel „Und der Zukunft zugewandt“ geschrieben. Die Zeitschrift „Fokus“ hat sich bereits die Abdruckrechte gesichert, um vorab einige Passagen dieses Buches zu veröffentlichen. Man ist daran interessiert, was die Zukunft bringt. Der Bundeskanzler höchstpersönlich wird am 20. Juni dieses Buch der Öffentlichkeit vorstellen.
Wir sehen also: Die Frage der Zukunft ist brennend. Viele Menschen wünschen sich verbindliche Antworten.
An einer Universität war ein Wirtschaftswissenschaftler tätig, der einen Assistenten neu eingestellt hatte. Dieser Assistent hatte vor einiger Zeit selbst an diesem Lehrstuhl Wirtschaftswissenschaften studiert. Nun bekam er die Aufgabe, künftig die Prüfungen und Prüfungsaufgaben zusammenzustellen, um den Studenten bei den Examina die Aufgaben vorzulegen.
Als er die Prüfungsaufgaben erhielt, schaute er sie sich an und sagte: „Herr Professor, das sind ja genau dieselben Aufgaben, die wir damals im Studium selbst gehabt haben.“
„Ja“, antwortete der Professor, „stimmt, genau dieselben. Aber die Antworten ändern sich von Jahr zu Jahr.“
Und genau das sei nicht das, was man suche. Man wolle Antworten haben, die gültig sind, die auch morgen noch gültig sind.
In Bezug auf die Zukunft wollen wir ebenfalls ganz bestimmte Antworten wissen, wohin wir gehen. Wir wollen einen weiten Anlauf nehmen, um unser Ziel zu erreichen. Am Ende, das möchte ich Ihnen an dieser Stelle zusagen, werden wir wissen, wohin wir gehen.
Das haben wir uns für diesen Abend vorgenommen: Wir wollen verbindlich wissen, wohin die Zukunft läuft, und zwar so, dass wir das im nächsten Jahr nicht korrigieren müssen.
Das ist es, was wir wirklich suchen.
Der frisch gewählte Bundespräsident hat am 23. Mai gesagt, dass es immer schwieriger werde, die Zukunft zu planen und genau vorauszusagen, was sein wird.
Auch er hat sich mit der Frage der Zukunft beschäftigt.
Technischer Fortschritt und seine Bedeutung für die Menschheit
Ich möchte meinen Vortrag jetzt in zwei Teile aufteilen. Im ersten Teil will ich zunächst Antworten aus dem Bereich der Technik und der Naturwissenschaft geben. Dabei geht es darum, was man einfach so denkt, wohin die Welt sich entwickelt und wie der Zustand dieser Welt ist.
Zunächst stellen wir fest, dass die Technik sehr viel ermöglicht hat. Durch die Technik hat die Menschheit ganz neue Möglichkeiten gewonnen. Ich möchte einige Bereiche der Technik durchgehen, um das einmal deutlich vor Augen zu führen.
Nehmen wir zunächst die Landwirtschaft. Der erste Mensch, der sein Feld bebaute, hatte weder einen Pflug noch einen Traktor zur Verfügung. Er nahm höchstwahrscheinlich eine Astgabel und zog diese durch das Land. Das war eine ganz einfache, primitive Methode. Es gab nichts anderes, also musste man es so tun. Diese Arbeit des Ackerbaus war äußerst mühevoll.
Dann kam die Hacke, die als ein besonderes Gerät erfunden wurde – eine bedeutende Errungenschaft der Technik. Wenn wir uns heute die Landwirtschaft ansehen, sehen wir dort Traktoren, Mehrfachkippflüge, Sämaschinen, Mähdrescher und viele weitere technische Geräte, die heute im Einsatz sind. Man kann sagen: Wenn all diese Geräte nicht verfügbar wären, müsste die Menschheit verhungern. Es wäre gar nicht mehr möglich, mit einer Astgabel die Erde zu bewirtschaften, um fünfeinhalb Milliarden Menschen zu ernähren.
Oder denken wir an die Medizin. Als das Mikroskop erfunden wurde, kam die Medizin in eine ganz neue Situation. Louis Pasteur kam erst im vorigen Jahrhundert durch mikroskopische Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass gewisse Mikroorganismen die Ursache für Krankheiten sind. Es ist erst etwa hundert Jahre her, als Robert Koch den Tuberkelbacillus entdeckte und damit den Sieg über verheerende Volksseuchen einleitete.
Als Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895 die nach ihm benannten Strahlen entdeckte, gab es einen weiteren Höhepunkt in der Anwendung technischer Mittel. Eine ganz neue Erkenntnisquelle war gefunden, und man konnte Teile des menschlichen Körpers untersuchen, ohne operativ eingreifen zu müssen. Heute ist diese Erfindung von grundlegender Bedeutung in der Medizin.
Weitere Entwicklungen kamen hinzu: Computertomographie und viele andere Erfindungen haben sich dazugesellt, sodass die diagnostischen Möglichkeiten sehr stark angestiegen sind. Ganz neue Operationsmethoden wurden erfunden. Ich denke zum Beispiel an die Mikrochirurgie oder die Organtransplantation – besondere Errungenschaften, die erst in diesem Jahrhundert entstanden sind.
Als die Herztransplantation erstmals durchgeführt wurde, gab es viele Debatten und Diskussionen darüber, ob man das tun soll. Inzwischen sind weltweit mehr als 10.000 Herzen verpflanzt worden. Die Einjahresüberlebensrate konnte von 64 Prozent im Jahr 1980 auf heute über 90 Prozent gesteigert werden. Das sind gewaltige Errungenschaften, die im Bereich der Technik möglich sind.
Oder denken wir an die Bautechnik. Die Hochbautechnik hat besondere Triumphe zu verzeichnen. Der Sears Tower in Chicago hält mit 443 Metern einen Höhenrekord. In Tokio plant man ein Gebäude, das über tausend Meter hoch sein soll. Die Technik macht viele Dinge möglich, und wir können immer nur staunen über das, was dort geschieht.
Ich möchte ganz positiv festhalten, dass die Technik unser Leben entscheidend verbessert hat. Krankheiten konnten besiegt werden oder zumindest können wir in großem Maße helfen. Das Ernährungsproblem ist weitgehend durch Technik lösbar geworden.
Es gibt jedoch viele offene Fragen: das Energieproblem, das Umweltproblem und viele weitere Themen stehen noch zur Debatte.
Herausforderungen durch das rasante Wachstum des Wissens
Wenn wir all diese Dinge so positiv betrachten, müssen wir auch einige andere Aspekte berücksichtigen. Alles hängt davon ab, dass Wissenschaft betrieben wird und dass Erkenntnisse gewonnen werden. Dabei stoßen wir auf ein gewaltiges Problem unserer Zeit.
Die Wissenschaften wachsen enorm. Zur Zeit Leonardo da Vincis war es noch möglich, dass ein einzelner Wissenschaftler das gesamte Wissen seiner Zeit beherrschte. Er konnte sich in Biologie, Astronomie, Medizin und vielen anderen Fachgebieten auskennen. Damals war es noch machbar, dass eine Person all diese Fragenstellungen überblickte.
Dieses Zeitalter ist längst vorbei. Das Wissen ist unvorstellbar gewachsen. Im Jahr 1950 erschienen täglich etwa 1.500 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Bis 1985 hatte sich diese Zahl bereits verzehnfacht. Für das Jahr 2000 wurde erwartet, dass täglich 100.000 wissenschaftliche Originalarbeiten veröffentlicht werden.
Wenn ein Wissenschaftler auf seinem eigenen Fachgebiet auf dem neuesten Stand bleiben will, müsste er 100 Stunden am Tag lesen. Doch ein Tag hat nur 24 Stunden. Hier wird deutlich, dass wir vor einem großen Problem stehen.
Zurzeit leben die meisten Physiker, die jemals auf der Erde gelebt haben. In meinem Fachgebiet, der Informatik, können wir fast sagen, dass alle Informatiker, die es je gegeben hat, unsere Zeitgenossen sind – fast alle. Es sind ganz neue Fachgebiete entstanden, die ein unvorstellbares Wachstum an Wissen erfahren.
Diese Entwicklung überrollt uns. Wir sind einer riesigen Informationsflut ausgesetzt. Ein Parlamentarier berichtete kürzlich in einem Vortrag, dass er jede Woche sehr viele Informationen zugeschickt bekommt. Er hat einmal nicht gelesen, sondern gewogen, was er in einer Woche erhalten hat. Dabei stellte er fest, dass es 5,5 Kilogramm waren.
Wir sehen also, dass die Welt letztlich kaum noch regierbar ist. Die vorhandene Informationsmenge kann von Politikern gar nicht mehr gelesen werden. Es ist unmöglich, all diese Informationen aufzunehmen und darauf basierend sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Die Wissensflut hat so stark zugenommen, dass sie die Entscheidungsfähigkeit massiv einschränkt.
Beschleunigte Innovationszyklen und Informationsübertragung
Ein weiterer Aspekt, den wir in unserer Zeit bedenken müssen, ist die Umsetzung von der Erfindung bis zum technischen Einsatz. Wir nennen diese Zeit die Innovationszeit. Das ist der Zeitraum, in dem eine Entdeckung zunächst gemacht wird und bis sie technisch eingesetzt werden kann.
Vom Galvanisierversuch bis zur Einführung des Telegraphen dauerte es einundsechzig Jahre. Von der Entdeckung der Elektronenemissionen in Glühlampen bis zum Einsatz der Verstärkerröhre vergingen zweiundzwanzig Jahre. Vom Transistor bis zur Schlüsselerfindung der integrierten Schaltung in Computern dauerte es dann nur noch zehn Jahre. Wir merken, dass die Zeiten immer kürzer werden, in denen Erfindungen umgesetzt werden.
Ich möchte ein Beispiel zeigen, das verdeutlicht, mit welch einer rasanten Entwicklung wir es zu tun haben: die Geschwindigkeit der Informationsübertragung. Es dauerte noch fünf Monate, bis die spanische Königin Isabella von der Entdeckung Amerikas am 12. Oktober 1492 durch Christoph Kolumbus erfuhr. Es dauerte zwei Wochen, bis Europa von der Ermordung des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln erfuhr. Und es dauerte 1,3 Sekunden, um von Neil Armstrong zu erfahren, dass Menschen erstmals den Fuß auf den Mond gesetzt hatten.
Wir sehen, wie die Informationsübertragungsgeschwindigkeit enorm geschrumpft ist. Heute haben wir Computernetze, und wir können in Sekundenschnelle Informationen von hier nach Amerika senden, ja sogar nach Australien und weltweit. Unsere Computeranlage in Braunschweig ist mit mehreren Tausend Computern vernetzt, und wir können augenblicklich auf solche Informationen zugreifen. Doch wer kann all diese Informationen verarbeiten? Wer kann das alles lesen und durchgehen?
Nehmen wir ein anderes Beispiel: die Computertechnik. Konrad Zuse hat den Computer erfunden. Im Jahr 1936 baute er die Z1, den ersten lauffähigen Rechner mit einem Programm. Eine Multiplikation dauerte damals vier Sekunden. Um zweimal zwei auszurechnen, vergingen also vier Sekunden. Heute haben die schnellsten Computer eine derart hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit, dass wir uns das kaum noch vorstellen können. In einer Sekunde schafft ein Rechner 10 Milliarden Rechenoperationen. Zehn Milliarden Aufgaben können in einer einzigen Sekunde von einem einzigen Rechner erledigt werden.
Welch eine rasante Entwicklung haben wir hier auf diesem Gebiet zu sehen! Wir haben den Eindruck, dass wir technisch sehr viel machen können und sozusagen alles im Griff haben. Diese Schlussfolgerung könnte man ziehen, wenn man diese rasante Entwicklung betrachtet.
Grenzen des menschlichen Wissens im Angesicht der Schöpfung
Und doch müssen wir vorsichtig sein, wenn wir die Wirklichkeit richtig beurteilen wollen. Allein ein Blick in die Schöpfung, in die Schöpfung Gottes, zeigt uns, wie weit unser Wissen wirklich von dem entfernt ist, was der Schöpfer gemacht hat.
Die Physiker kennen heute zweihundert Elementarteilchen. Sie sprechen von einem „Zoo“ von Teilchen, und niemand kann übersehen, dass ständig neue hinzukommen. Kein Biologe ist heute in der Lage, das, was sich in jedem einzelnen Grashalm abspielt – nämlich die Photosynthese – hinreichend zu beschreiben, zu erkennen oder gar nachzubauen.
Wenn wir wüssten, wie dieser Prozess wirklich funktioniert, würden die Verfahrensingenieure ihn sofort nachbauen. Doch keiner ist dazu in der Lage. Es handelt sich um einen genialen, meisterhaften Prozess, den bisher niemand vollständig verstanden hat. Man kennt einige Gleichungen, nach denen die Bilanz funktioniert. Das eigentliche Wesen dieses Prozesses ist jedoch im Prinzip unbekannt.
Hier sind viele junge Leute. Ich kann den jungen Leuten nur sagen: Wer sich damit beschäftigt und einige Details herausfindet, kann sicher sein, einen Nobelpreis zu erhalten. Wer diese Dinge ein Stück weit erkennen kann, die sich in der Photosynthese abspielen, hat Großes geleistet.
Kein Wissenschaftler kann uns die molekularen Mechanismen erklären, die eine Heuschrecke erzeugen, die wie ein verwelktes Blatt aussieht. Das gibt es wirklich. Wie kommt das zustande? Kein Biologe versteht das Geheimnis jener Orchideenblüte, die wie ein Wespenweibchen geformt und gefärbt ist und auch genau so riecht. Wie kommt das?
Das sind tiefe Geheimnisse der Schöpfung, die niemand erklären kann.
Oder wenn wir an unser menschliches Gehirn denken, müssen wir sofort zugeben und bekennen, dass wir wissenschaftlich an eine Grenze stoßen. Wir haben keine Ahnung, wie das Gehirn wirklich funktioniert. Obwohl viele Versuche unternommen wurden, es zu beschreiben, ist dieser Apparat – um ihn einmal so zu bezeichnen – eine völlig weiße Landkarte im Bereich der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Wenn wir wüssten, wie das Gehirn wirklich funktioniert, würden wir es nachbauen und unsere Computer so konstruieren. Aber niemand kann das. Niemand weiß, wie es funktioniert.
Bescheidenheit bleibt also, wie wir sehen, angesagt.
Ambivalenzen des technischen Fortschritts
Wenn wir so positiv über die Technik gesprochen haben – und ich möchte das ganz bewusst betonen, denn ich stehe der Technik sehr positiv gegenüber –, müssen wir auch die negativen Seiten in gleicher Weise erwähnen.
Die technischen Errungenschaften haben beispielsweise dazu geführt, dass die Atombombe entwickelt wurde. Diese hat sich als ein Fluch für die Menschheit erwiesen. Inzwischen sind so viele Atombomben gebaut worden, dass man damit zwei Monate lang jeden Tag tausend Zweite Weltkriege führen könnte. So viel Munition und so viele Atombomben gibt es inzwischen auf der Welt. Dieses Potenzial ist kaum vorstellbar, vor allem wenn es in Bewegung gerät oder in falsche Hände fällt.
Pro Minute gibt die Menschheit eine Million Dollar für Rüstung aus, obwohl täglich 40 Kinder an Hunger sterben.
Wir haben vom Segen der Medizin und vom menschlichen Fortschritt gehört, der dadurch möglich wurde. Gleichzeitig müssen wir aber bedenken, dass die Medizin auch dazu beigetragen hat, dass die größte Mordaktion der Weltgeschichte stattfinden kann. Allein in der Bundesrepublik Deutschland gibt es pro Jahr auf 600 Neugeborene 250 Abtreibungen.
Zum Mord gesellt sich die Lüge, wenn in einem der reichsten Länder der Erde mit sozialer Indikation argumentiert wird. Dies ist möglich durch die Medizin, durch diese Technik, durch diesen Fortschritt.
Der bekannte französische Philosoph René Descartes hatte einen Wunschtraum: Er wollte Beherrscher der Natur sein. Er sagte: „Wenn wir die Kraft und die Handlungen des Feuers, des Wassers, der Luft, der Gestirne, der Himmel und aller anderen Körper, die uns umgeben, ebenso deutlich kennen, wie wir die verschiedenen Fertigkeiten unserer Handwerker kennen, dann könnten wir sie in derselben Weise verwenden für jede Art von Gebrauch, für den sie sich eignen, und könnten uns so zu Herren und Besitzern der Natur machen.“
Das war ein weiter Traum, den er gehabt hat. Ich würde diesen Traum nicht mitträumen, denn es ist kein Segen, dass wir alles können. Warum nicht?
Das biblische Gericht über den Turmbau zu Babel als Warnung
Ich möchte dies am Beispiel des Gerichts über den Turmbau zu Babel deutlich machen. Es ist allgemein bekannt, dass Gott über den Turmbau zu Babel ein Gericht verhängte. Dieses Gericht lautete: „Wohlauf, lasst uns herniederfahren und ihre Sprache dort selbst verwirren, damit keiner die Sprache des anderen versteht.“
In den Sprachwissenschaften wird heute viel darüber diskutiert, wie die verschiedenen Sprachen entstanden sind und warum es so viele gibt. Es wurden Tausende von Modellen entwickelt, um dies zu erklären. Doch nur sehr wenige sind darauf gekommen, dass die Ursache ein Gericht Gottes war – das Gericht, die Sprache zu verwirren. Das ist der Grund für die Vielfalt der Sprachen.
Beim Turmbau zu Babel gab es jedoch ein zweites Gericht. Dieses ist uns vielleicht weniger bekannt. Es steht in 1. Mose 11,6: „Dies ist erst der Anfang ihres Unternehmens; hinfort wird ihnen nichts mehr unausführbar sein, was sie sich vornehmen.“
Ich halte dieses zweite Gericht für noch schwerwiegender. Es bedeutet, dass die Menschen künftig alles tun können, was sie wollen, und es auch ausführen. Offenbar kennen die Menschen keine Schranken mehr, wenn es darum geht, ihre Vorhaben umzusetzen.
Wenn wir bedenken, was die Menschen alles tun können und auch tatsächlich tun, wird das Ausmaß deutlich. Viel wird über die Umwelt gesprochen, und die Prozesse, die durch menschliche Technik in Gang gesetzt wurden, sind irreversibel. Sie können nicht rückgängig gemacht werden.
Beispielsweise die Quecksilbermengen, die durch die Papierindustrie von den Anrainerstaaten der Ostsee in die Ostsee gelangt sind, können wir niemals wieder entfernen. Sie sind für immer dort. Die Vergiftung ist somit vorhanden, und wir können nichts mehr daran ändern – das ist das Problem.
Die tropischen Wälder stellen mit 54 Prozent den größten Anteil der weltweiten Waldfläche dar. Diese Waldbestände werden in unverantwortlicher Weise drastisch vernichtet. Nach Angaben der UNO beträgt die statistische Vernichtungsrate derzeit etwa zehn Quadratkilometer pro Stunde.
Wenn wir heute Abend hier eine Stunde oder vielleicht zwei Stunden zusammen sind, dann sind in dieser Zeit bereits 20 Quadratkilometer Wald zerstört worden. Das müssen wir bedenken. Dies ist durch Technik möglich geworden – durch Bulldozer und ähnliche Mittel.
Die Tragfähigkeit der Erde und die Bevölkerungsfrage
Früher, als die Menschen noch als Nomaden lebten, benötigte ein Mensch etwa zwei Quadratkilometer Land, um leben zu können. Die ökologische Tragfähigkeit der Erde lag damals bei etwa 25 Millionen Menschen. Hätte man in dieser Weise weitergelebt, hätten auf der gesamten Erde 25 Millionen Menschen Platz gehabt.
Mit den technischen Errungenschaften kam es zum Übergang von Ackerbau und Viehzucht. Ein Quadratkilometer konnte nun 40 Menschen ernähren, was eine drastische Steigerung darstellt. Die Tragfähigkeit der Erde stieg damit auf zwei Milliarden Menschen bei diesem technischen Stand von Ackerbau und Viehzucht. Die erste Milliarde wurde gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts erreicht. Bis zu dieser bedeutend erweiterten Grenze der Tragfähigkeit gab es nur noch den Faktor zwei. Erstmals wurden Probleme der Überbevölkerung sichtbar.
Durch zahlreiche technische Innovationen kam es zur industriellen Revolution, die alle Bereiche des Daseins veränderte. Die heutige Tragfähigkeit der Erde beträgt etwa zwanzig Milliarden Menschen. Zwanzig Milliarden Menschen könnten ohne weiteres auf der Erde leben, wenn man den heutigen Stand der Technik zugrunde legt. Mit unseren heutigen 5,5 Milliarden Menschen sind wir also noch weit entfernt von dieser Zahl.
Man sollte bedenken, wenn man über die Bevölkerung nachdenkt, dass die heutige Bevölkerungsdichte Hollands so hoch ist, dass man die gesamte Erdbevölkerung auf der Fläche der USA unterbringen könnte. Wenn wir also bei gleicher Nutzung des Landes alle Menschen der Erde nur in den USA unterbringen würden, hätten wir eine Bevölkerungsdichte, die der von Holland entspricht. In Holland kann man gut leben, sogar Urlaub machen, und es gibt dort auch grünes Land.
Wir sehen also, dass die Tragfähigkeit der Erde bezüglich der Bevölkerung keine Naturkonstante ist. Sie hängt weitgehend davon ab, wie wir unsere Erde nutzbar machen. Die Technik steht uns dazu zur Verfügung. Deshalb muss man keine Angst haben, dass wir die Menschen nicht ernähren können. Das ist nicht das eigentliche Problem.
Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen: Indien hat mit 30 Millionen Tieren den größten Rinderbestand der Welt. Nicht in den großen Pampas Argentiniens leben die meisten Rinder, sondern in Indien. Trotzdem hungern dort viele Menschen. Ein weiterer Faktor ist, dass es auf dem Subkontinent Indien achtmal so viele Ratten gibt wie Menschen. Diese haben einen unbändigen Hunger und fressen riesige Mengen an Nahrungsvorräten auf.
Die Ursache, dass es dort nicht klappt, ist eine religiöse Vorstellung. Ich möchte das einmal deutlich sagen, weil ich es später vielleicht noch einmal betonen möchte: Die Menschen in Indien glauben, dass ein Mensch in einem Tier weiterlebt. Deshalb darf in Indien keine Ratte getötet werden. Die Folge dieser Religion ist, dass Millionen von Menschen hungern müssen, während die Ratten alles auffressen dürfen.
Wenn wir geschickt mit den Ressourcen umgehen würden, die wir haben, hätten wir das Problem der Erdbevölkerung überhaupt nicht. Das kann man vielleicht für eine spätere Diskussion noch vertiefen. Man kann mich gerne fragen, wie viele Menschen wir wohl auf der Erde unterbringen könnten und wie das wohl von der Planung Gottes aussieht. Vielleicht denken wir ein wenig darüber nach. Ich werde dann später eine Antwort darauf geben.
Jedenfalls möchte ich so viel sagen: Das ist nicht das eigentliche Problem. Abtreibungen sind auf keinen Fall eine Lösung. Und das, was man auf einer Kairoer Konferenz plante, nämlich die Erdbevölkerung drastisch auf zwei Milliarden zu senken – ich weiß nicht, wie man das erreichen will. Vielleicht will man Methoden wie die Hitlers anwenden, ich weiß nicht, was die Lösungen sein sollen. Das halte ich für schrecklich, wenn man so etwas bedenkt.
Wir sehen, das sind Gedanken, die man im Rahmen des Machbaren für möglich hält.
Ambivalente Bilanz des technischen Fortschritts und ethische Herausforderungen
Ich möchte Folgendes zusammenfassend sagen: Vieles, was wir tun könnten, tun wir nicht. Manches, wozu wir in der Lage wären, setzen wir nicht um. Und was wir auf keinen Fall tun sollten, dazu geben wir uns hin. Diese Bilanz möchte ich einmal in Bezug auf die Technik ziehen.
Dabei werde ich an das Wort erinnert, das Paulus sagt: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Das ist das tiefe Problem des Menschen – daran liegt es. Technik ist immer ambivalent. Sie kann sowohl zum Positiven als auch zum Negativen eingesetzt werden.
Neulich las ich einen Beitrag, in dem jemand erkannt und erfunden hat, wie man die Gifte der Spinnen nachahmen kann – durch künstliche Stoffe. Die Spinnen fangen auf den Feldern in ihren Netzen sehr viele Insekten. Man hat herausgefunden, wie die chemische Zusammensetzung dieses Giftes ist, macht es künstlich nach und will es nun in großen Mengen einsetzen.
Was wird passieren, wenn man auf diese Weise die Insekten vernichtet? Sehr bald werden sich resistente Sorten entwickeln, die es immer gibt. Diese werden sich vermehren, und dann passiert Folgendes: Das Gift der Spinnen, mit dem sie die Beute in ihrem Netz lähmen, wird nicht mehr wirken. Die Insekten werden alle überleben.
Dann werden wir eine unvorstellbare Menge an Insekten haben, die alles auffressen werden. Die Spinnen stehen dem machtlos gegenüber. Dabei sind Spinnen die größten Insektenvertilger auf unseren Feldern. Ich persönlich liebe Spinnen, auch wenn manche das anders sehen. Ich höre schon jemanden sagen, dass sie viel Gutes tun. Wenn man eine Spinne einmal näher studiert, kann man die Werke der Schöpfung in wunderbarer Weise sehen – was dort alles möglich ist und was dort geschaffen wurde.
Ein anderes Problem ist der große CO2-Ausstoß, der durch Industrieanlagen, Autos und viele andere Quellen verursacht wird. Das wird Folgen haben. In Simulationsexperimenten hat man auf großen Superrechnern untersucht, wie sich die klimatischen Veränderungen auf dieser Erde entwickeln werden.
Man kann ausrechnen, wie sich das Klima verändern wird, wenn der CO2-Gehalt der Luft ansteigt, und welche Folgen das haben wird. Die Ergebnisse bis zum Jahr 2020 sehen wie folgt aus: Während größere Dürreperioden bisher nur alle hundert Jahre auftraten, sind solche Katastrophen nun alle drei Jahre zu erwarten. Die Wirbelstürme werden um 40 bis 50 Prozent heftiger sein als bisher. Die Wälder werden mehr und mehr dezimiert werden.
Die Wasserspiegel der Ozeane werden um ein bis zwei Meter steigen. Zahlreiche Flachgebiete der Erde werden verschwinden. Durch das „Land unter“ wird es Hunderte Millionen ökologischer Flüchtlinge geben. Zurzeit gibt es Flüchtlinge aus ökonomischen Gründen, künftig werden die ökologischen Flüchtlinge hinzukommen.
Biologische Feinstrukturen geraten aus dem Gleichgewicht. Heuschrecken, Blattläuse und Schmetterlinge gedeihen im Treibhausklima besser und könnten sich in einer Vegetationsperiode sogar zweimal vermehren. Viele Pflanzen würden von den Insekten erheblich stärker geschädigt.
Viele weitere Folgen kommen hinzu, die ich hier nicht alle einzeln aufzählen möchte.
Die ethische Dimension als Schlüssel zur Zukunft
Von den Wissenschaftlern wird das große Problem erkannt. Wenn ich die zusammenfassenden Zitate von Leuten höre, die sich mit den grundlegenden Fragen der Zukunft beschäftigen, münden diese alle in sehr ähnliche Aussagen.
Der Industriechemiker und Naturphilosoph Hans Sachse hat festgestellt: Nicht die Lösung der technischen, sondern die der ethischen Probleme wird unsere Zukunft bestimmen. Er hat Recht darin, das glaube ich auch. Die ethischen Fragen werden alles bestimmen.
Der Karlsruher Philosoph Hans Lenk beklagt, dass wir es uns heute und besonders künftig nicht mehr leisten können, die drängenden ethischen Probleme der Technik und der angewandten Wissenschaften zu vernachlässigen. Die Philosophen hatten sich überwiegend ins Villenviertel des Geistes zurückgezogen und dort historische oder analytische Sprachspiele der Weisheit betrieben, Glasperrenspiele einer viel zu lebensfernen Weisheit.
Wir haben keine ausgearbeitete Philosophie der Technik, der Wirtschaft, des Geldwesens, der Arbeitswelt, der Leistung und der Verantwortung in Wissenschaft und Technik. Das beklagt er. Wir wissen nicht, wie wir uns verhalten sollen. Das ist das große Problem.
Auch der Konstanzer Biologe Makel beklagt diese Sinnkrise des Menschen. Er sagt: Ohne das sichere Geleit einer ethisch unbeliebigen Grundauffassung von Mensch und seiner Würde kann einen das, was moderne Biotechnologie mit einer chemisch-physikalischen Maschine Mensch anzurichten vermöchte, nur erschrecken.
Wenn das Absaugen eines Zwei-Monats-Embryos kein biologisch-medizinisches Problem ist, hört es schnell auf, überhaupt als ein moralisches Problem erkannt zu werden. Wir erleben, dass Sterbende, ja objektiv Gestorbene wie biochemische Präparate erhalten werden. Wir erleben, dass Gebärammen in vitro befruchtete Leibesfrüchte austragen.
Vor der Klonierung identischer Menschen stehen keine prinzipiellen technischen Barrieren, sondern höchstens lösbare Detailprobleme. Wir werden noch vieles andere erleben, wenn die moralischen Grenzen weiter verschwimmen, da die Biotechnologie erfinderisch ist.
Wo die theologische und philosophische Anthropologie ihre Glaubwürdigkeit verliert, ergreift eine rein biotechnologische und politische Anthropologie die Macht, in der der Zweck die Mittel heiligt.
Ich könnte viele ähnliche Bilanzen noch anführen, die uns in diese Richtung weisen: Wir stehen vor einem tiefgreifenden ethischen Problem, das einhergeht mit der Technik. Und alle Welt schreit: Wo sind die Antworten zu finden? Wir suchen verbindliche Antworten.
Die Suche nach verbindlichen Antworten in der Heiligen Schrift
Jetzt, in diesem zweiten Teil meines Vortrags, möchte ich verbindliche Antworten geben. Wohin gehen wir Menschen wirklich? Was ist das Ziel der Menschheit? Was ist unser persönliches, unser individuelles Schicksal? Diese Fragen beschäftigen uns zutiefst, und wir möchten darauf Antworten haben.
Ich habe herausgefunden, dass ich verbindliche Antworten einzig und allein in einem einzigen Buch finden kann. Es gibt nur ein einziges Buch in der gesamten Weltgeschichte, das ausschließlich wahr ist. Ein zweites gibt es nicht. Auch bei den Büchern, die Sie am Büchertisch kaufen können, muss manches korrigiert werden.
Wenn ich eine zweite Auflage mache, dann verbessere ich bestimmte Dinge, sobald diese Auflage erscheint. Bei Fachbüchern ist es üblich, dass in einer zweiten Auflage Korrekturen vorgenommen werden müssen. Neue Erkenntnisse sind hinzugekommen, und das, was ursprünglich geschrieben wurde, gilt nicht mehr uneingeschränkt. Das ist die Bilanz unseres menschlichen Wissens.
Wir brauchen eine Antwort, die morgen nicht verändert werden muss. Wir brauchen ein Buch, das eine Auflage gehabt hat und bei dem diese Auflage nie korrigiert wurde. Wir brauchen einen Autor, der uns die Wahrheit sagt und uns verbindlich etwas mitteilt. Diesen Autor brauchen wir.
Diesen einen Autor kenne ich, und aus seinem Buch wollen wir jetzt einige Antworten hören.