Liebe Zeitgenossen, in was für einer Welt leben wir eigentlich? Ist das, was wir hier sehen, messen, anfassen und berechnen können, wirklich die ganze Wirklichkeit? Ist die Bühne des Lebens, die wir von unserem derzeitigen Platz aus sehen, alles, was es gibt? Reicht die Wirklichkeit nur bis zum Vorhang? Oder geht es dahinter weiter? Gibt es hinter dem Vorhang Kulissen, Scheinwerfer, vielleicht sogar weitere Personen, die plötzlich auf die Bühne treten könnten?
In was für einer Welt leben wir? Dieser Frage kann sich auf Dauer, denke ich, kein Mensch entziehen, solange er noch einigermaßen klar bei Verstand ist. Egal, aus welcher Religion er kommt, welcher Weltanschauung er sich verpflichtet fühlt oder was er so landläufig glaubt – oder zu glauben glaubt. Auch diejenigen, die sich einbilden, sie würden gar nichts glauben, glauben dennoch eine ganze Menge. In was für einer Welt leben sie?
Die Antwort darauf – und ob es überhaupt eine sinnvolle Antwort gibt – hängt entscheidend von einem Ereignis ab, das 2000 Jahre zurückliegt. Wenn dieses Ereignis stattgefunden hat, dann sind wir in dieser Welt offenkundig nicht allein. Dann hat diese dreidimensionale Wirklichkeit, wenn ich das so unwissenschaftlich sagen darf, ein Loch. Dann geht es weiter, dann gibt es hinter dem Vorhang unsagbar viel zu entdecken.
Wenn dieses Ereignis allerdings nicht stattgefunden hat, dann bleiben wir mit unseren Fragen ziemlich allein. Wir müssen dann auch keine Angst haben, dass jemand da ist, der uns unbequem dazwischenreden könnte.
Der Philosoph Martin Heidegger, gestorben 1976, hat sich nie als Christ zu erkennen gegeben. Ich denke, er war auch keiner. Er gehörte zu den führenden Köpfen des Existenzialismus. Aber gerade gegen Ende seines Lebens hat Heidegger sehr klar gesehen, was hier auf dem Spiel steht – und zwar für alle.
Heidegger hat gesagt: „Ist Jesus von Nazaret von den Toten auferstanden, dann ist jede naturwissenschaftliche Erkenntnis nur vorletzlich.“ Damit wollte er sagen: Dann gibt es offensichtlich mehr, als wir sehen und uns vorstellen können.
Ist Jesus von Nazareth von den Toten auferstanden, dann müssten wir mit einer Wirklichkeit rechnen, die wir nicht mehr in der Hand haben und die möglicherweise uns in der Hand hat. Es steht also viel auf dem Spiel, und beide Seiten haben viel zu verlieren.
Die Bedeutung der Auferstehung für Glauben und Weltbild
Wenn die Auferstehung nur ein großer Irrtum war, dann haben sich alle, die sich an Jesus geklammert haben, furchtbar getäuscht. Dann sind alle christlichen Beerdigungen nur Theater gewesen, der Tod ist der große Herrscher.
In diesem Fall sollten wir uns nicht gegenseitig mit Illusionen täuschen. Wir müssten auch zugeben, dass das Leben letztlich sinnlos ist – zwar manchmal ganz nett, aber dennoch ohne Sinn. Dann hätte Berthold Brecht Recht behalten, der kommunistische Dichter, mit diesen Versen:
„Lasst euch nicht verführen, es gibt keine Wiederkehr,
der Tag steht in den Türen, ihr könnt schon Nachtwind spüren,
es kommt kein Morgen mehr.
Lasst euch nicht vertrösten, ihr habt nicht zu viel Zeit,
lasst Modar den Erlösten,
dies Leben ist am größten und mehr steht nicht bereit.“
Wenn die Auferstehung nur ein großer Irrtum war, dann dürfte Berthold Brecht Recht haben.
Wenn die Auferstehung aber wirklich stattgefunden hat, dann ist alles Gerede von der Selbstbestimmung und Autonomie des Menschen eine gigantische Selbsttäuschung. Dann müssen wir uns mit dem Gedanken vertraut machen, dass wir nicht allein sind in dieser Welt.
Alle, die jetzt so leben, als gäbe es keinen lebendigen Gott, müssen eines Tages aufwachen und begreifen, dass ihr Leben auf einem furchtbaren Irrtum aufgebaut war. Dann werden wir hinter dem Vorhang dem begegnen, der Rechenschaft für unser Leben von jedem einzelnen fordern wird.
Deshalb kann ich verstehen, was der Sohn eines prominenten Verlegers einmal in einem Interview mit dem Magazin der FAZ ganz offen und ehrlich zugegeben hat. Auf die Frage: „Was wäre für Sie das größte denkbare Unglück?“ antwortete er mit den Worten: „Wenn es Gott gäbe.“
Klar, er hatte sein ganzes Leben darauf aufgebaut, dass es Gott nicht gibt. Und sollte sich das als Irrtum erweisen, stünde es schlecht um ihn.
Verstehen Sie, deshalb ist die Sache mit der Auferstehung für Nichtchristen genauso brisant wie für Christen. Beide Seiten haben viel zu verlieren.
Darum ist es ganz normal, dass der Streit über die Auferstehung einfach nicht zur Ruhe kommt. Auch eine säkulare Öffentlichkeit fühlt sich allein durch das Osterfest immer wieder provoziert und herausgefordert.
Wenn das Thema so lächerlich wäre, müsste man sich ja nicht ständig öffentlich damit auseinandersetzen. Aber die Sache ist offensichtlich nicht zum Schweigen zu bringen. Man kann das Thema nicht zu den Akten legen – auch diese Woche nicht.
Die Herausforderung des Glaubens an die Auferstehung heute
Ein großer Artikel in der Osterausgabe der Wochenzeitschrift Die Zeit trägt die Überschrift „Wer glaubt schon an Auferstehung?“. Viele Christen können mit der zentralen Botschaft der Bibel nichts mehr anfangen. Der Autor zitiert dort eine Spiegel-Studie aus dem Jahr 2007. Diese besagt, dass nur 35 Prozent der Mitglieder der beiden großen Kirchen – also derer, die sich als evangelisch oder katholisch bezeichnen – die Lehre von der Wiederauferstehung des Leibes akzeptieren. Ein schlechter Schnitt.
Der Autor kritisiert zu Recht – es ist ein interessanter Artikel –, dass die Kirchenleitungen das Problem anscheinend ignorieren. Er schreibt: „Die Päpste, die Kardinäle, die Bischöfe führen sich auf, als gäbe es dieses dramatische Problem nicht, dass die Mehrheit der europäischen Christen die Grundsubstanz des Glaubens leugnet.“
Er fährt fort: „Wenn es denn jemals eine Ketzerei gab, dann ist es diese.“ Und die evangelischen Kirchen seien nicht besser. Dort heißt es: „Unter den evangelischen Theologen ist jede seriöse Debatte um diese wahrhaft letzte Frage der Auferstehung verstummt. An den Gräbern retten sich die Pastoren, wie ein prominenter Kirchenlehrer dieser Tage sagte, meist in die wolkige Beschwörung einer vagen transzendentalen Hoffnung.“
Der Autor fragt dann, wie die Kirchen diese amtliche Heuchelei, diese christliche Lebenslüge, ohne Schaden zu nehmen, ertragen können. So lautet diese sehr deutliche und berechtigte Anfrage in der Zeit. Nicht einmal die offiziellen Kirchen zeigen hier klare Kante in dieser Schicksalsfrage des christlichen Glaubens.
Manche Zeitgenossen trösten sich mit der naiven Vorstellung: „Na ja, damals war alles leichter, damals konnten die Leute leichter daran glauben.“ Damals seien sie eben nicht so kritisch gewesen. Aber stimmt das?
Ich meine natürlich, es stimmt im Hinblick auf den philosophischen Überbau. Damals gab es Immanuel Kant zum Beispiel noch nicht. Der Grundzweifel war philosophisch noch nicht so verbreitet. Das ist wahr.
Aber bei den entscheidenden Fragen, dort, wo es ums Eingemachte ging – ums eigene Leben, den normalen Alltag, um Leben und Tod, ums Überleben – waren die Menschen genauso verbissen, skeptisch und manchmal auch genauso borniert wie heute.
Das können Sie in der Bibel auf Schritt und Tritt nachlesen. Dort finden Sie mehr Unglauben als Glauben bei den Leuten. Prüfen Sie das mal in der Bibel, da finden Sie mehr Unglauben als Glauben.
Gerade die Auferstehung beziehungsweise die Nachricht davon stieß vom ersten Tag an auf massiven Widerspruch. Seit dem Ostermorgen machten zwei Parolen in Jerusalem die Runde, die sich radikal widersprachen. Die spannende Frage war, welche der beiden Parolen sich durchsetzen würde. Welche der beiden Parolen würde sich – und darauf kam es ja an – als wahr erweisen?
Das war nicht nur eine Macht- oder Publicityfrage, sondern vor allem eine Wahrheitsfrage: Was stimmt? Bis heute liegen diese beiden Parolen im Streit miteinander. Die eine Parole sagt: Die Auferstehung ist wahr. „Er ist wahrhaftig auferstanden“, wie wir es gesungen haben: „Der Herr ist auferstanden, wahrhaftig auferstanden.“ Das stimmt.
Die andere Parole lautet: Die Auferstehung ist ein riesengroßer Betrug oder eine traurige Täuschung. Alle Versuche, einen dritten Weg dazwischen zu finden – also weder Wahrheit noch Täuschung oder Betrug –, haben sich als lächerlich erwiesen.
Die Berichte des Matthäus über die Ereignisse am Ostermorgen
Auch Matthäus, der zum engsten Jüngerkreis von Jesus gehörte, berichtet von diesen beiden Parolen am Ostermorgen. Zuerst erzählt er – wie wir es in der Lesung von Bruder Nordsieg gehört haben – von den Frauen, die ohne jegliche Hoffnung zum Grab gehen. Sie rechnen nur damit, jetzt Leichenpflege zu betreiben, und werden dann überwältigt von den Tatsachen, denen sie dort begegnen. Das Grab ist leer. Sie wissen nicht, wie sie das einordnen sollen. Zunächst löst es bei ihnen mehr Schrecken als Freude aus.
Auf ihrem Weg zu den Jüngern, um ihnen das zu sagen, begegnen sie dem Auferstandenen selbst. Sie halten ihn an den Füßen fest und merken, dass dies eine echte Person ist, die sie hier vor sich haben. So dämmert es ihnen Schritt für Schritt: Er ist wirklich auferstanden. Das ist die Parole, die sie dann verbreiten.
Etwa zur gleichen Zeit befindet sich noch ein anderer Trupp auf dem Weg in die Innenstadt. Bei diesem anderen Trupp dürfte die Stimmung wesentlich schlechter gewesen sein. Die Gesichter sind gezeichnet von Schrecken, aber verbunden mit Panik und Angst. In der grauen Dämmerung des Ostersonntags klopfen sie aufgeregt an das Tor des Hohen Priesters. Er muss schon wieder eine Sondersitzung einberufen.
Nun sehen Sie mal, was Matthäus über diese Männer schreibt. Sie haben das vor sich auf ihrem Gottesdienstzettel, Matthäus 28. Es ist die Fortsetzung des Textes, den Bruder Nordsieg gelesen hat. Wir wollen uns heute Morgen vor allem auf die Verse 11 bis 15 konzentrieren. Die anderen haben wir Ihnen noch dazu mit aufgeführt bis zum Ende des Kapitels, damit Sie den Zusammenhang haben. Aber unser Schwerpunkt sind heute Morgen die Verse 11 bis 15, und die lesen wir jetzt:
„Als sie aber hingingen, nämlich die Frauen, um die Nachricht den Jüngern zu sagen, siehe, da kamen einige von der Wache in die Stadt und verkündeten den Hohen Priestern alles, was geschehen war. Und die kamen mit den Ältesten zusammen, hielten Rat und gaben den Soldaten viel Geld und sprachen: ‚Sagt den Jüngern, seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen.‘ Und wenn es dem Statthalter zu Ohren kommt, wollen wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr sicher seid.“ Sie nahmen das Geld und taten, wie sie angewiesen waren. Und so ist dies zum Gerede geworden bei den Juden bis auf den heutigen Tag, schreibt Matthäus.
Man stelle sich das vor: Die Auferstehung ist noch keine zehn Stunden alt, noch keine zehn Stunden. Und schon spinnen sie ihre Lüge dort hinter den Mauern der hohen priesterlichen Residenz. Dann bilden sich die Herren ein, ihre Lüge wäre stark genug, um sich damit die Folgen der vergangenen Nacht vom Hals zu halten.
Die Lüge vom Ostermorgen und ihre Hintergründe
Die Lüge vom Ostermorgen – das ist unser Thema, die Lüge vom Ostermorgen.
Siehe, da kamen einige von der Wache in die Stadt und verkündeten den Hohenpriestern alles, was geschehen war. Wissen Sie, diese römischen Soldaten waren sonst nicht so leicht zu schockieren. Sie hatten viel gesehen in ihrem Dienst, waren hart und wahrscheinlich stumpf geworden.
Aber an diesem Morgen waren sie ziemlich aufgewühlt und verschreckt. Während sie erzählen, wird auch dem Hohenpriester natürlich bang ums Herz – das können wir uns vorstellen. Vielleicht kommt den Männern erstmals ein Zweifel, ob ihr Plan möglicherweise scheitern könnte, ihr Plan, Jesus zu beseitigen.
Die Soldaten berichten also, was geschehen war. Was war denn geschehen? Das haben wir vorhin in der Lesung gehört: Matthäus 28,2-4. Es geschah ein großes Erdbeben, denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee. Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot.
Das ist passiert. Sie hatten das Grab ordnungsgemäß versiegelt – und zwar auf ausdrückliche Bitte der israelischen Führung. Das steht in Matthäus 27. Wir haben auch gehört, dass die Hohenpriester und Pharisäer zu Pilatus kamen und sagten: „Herr, dieser Verführer – wir wollen aufpassen, dass nicht noch eine Unregelmäßigkeit passiert. Versiegle das Grab, damit alles mit rechten Dingen zugeht.“ Und das hatten sie getan.
Sie hatten diese Grabhöhle dicht gemacht. Man muss sich vorstellen, dass der Durchmesser etwa 1,40 Meter betrug. Diese Höhlen wurden verschlossen mit einem tonnenschweren Rollstein, der wohl 1,5 bis 2 Tonnen gewogen haben dürfte. Wahrscheinlich hatten sie das Ganze dann mit Stricken festgezurrt und noch mal das römische Siegel angebracht, um wirklich auf Nummer sicher zu gehen.
Seit Freitagabend bewachten sie den Eingang. Die Begleiterscheinungen der Kreuzigung hatten sie bestimmt aufgeschreckt: das Erdbeben, diese plötzliche Finsternis – das war alles nicht gewöhnlich. Dann starrten sie auf den Stein. Sie konnten sich keine Nachlässigkeiten leisten. Wenn etwas schiefging, hafteten die Männer gegebenenfalls mit ihrem Leben.
Und dann passiert es irgendwann völlig unverhofft. Die Soldaten wissen nicht, ob sie wachen oder träumen. Sie sind wie gelähmt, können nicht eingreifen. Es wird unerträglich hell – das können Sie alles in Matthäus 28 nachlesen.
Als alles vorbei ist, liegt der tonnenschwere Stein nicht mehr vor dem Grab, sondern daneben. Es ist alles ganz schnell gegangen. Die Stricke sind nur noch Fetzen, das Siegel ist aufgebrochen – und das Schlimmste: Das Grab ist leer. Das Grab ist leer.
Die ersten Zeugen des leeren Grabes sind also nicht die Jünger, nicht die Frauen, sondern diese römischen Soldaten. Das ist Gottes Ironie.
Jetzt ist natürlich, wie wir sagen würden, Holland in Not. Kein Vorgesetzter wird ihnen glauben, was sie erlebt haben. Das Einzige, was zählt: Vorher war ein Leichnam drin, und jetzt ist das Grab leer.
Was tun sie? Sie gehen bezeichnenderweise nicht zu ihrem Chef Pilatus, sondern wenden sich in ihrer Not erst einmal an die direkten Auftraggeber. Das ist auch bezeichnend. Von den Hohenpriestern, den Juden, erhofften sie sich offensichtlich mehr Verständnis.
Zwischen diesen römischen Soldaten und den israelischen Hohenpriestern hatte sich in der Zwischenzeit eine erstaunliche Nähe entwickelt. Sie hatten gemeinsame Sache gemacht gegen Jesus. Irgendwie saßen sie ja mit im Boot. Die Hohenpriester hatten auch ein Interesse daran, die Sache mit Jesus unter Kontrolle zu behalten – na klar.
Und die Soldaten werden nicht enttäuscht. Sehen Sie Matthäus 28,12-13: „Und sie kamen mit den Ältesten, den Hohenpriestern, zusammen, hielten Rat, gaben den Soldaten viel Geld und sprachen: ‚Sagt, seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen.‘“
Boah, das war gefährlich. Aber man kann in dieser Situation, denke ich, nicht sagen, wer erschrockener war: die Soldaten oder die Hohenpriester. Die Soldaten hatten Angst vor Pilatus, und die Hohenpriester hatten Angst – ja, vor wem? Vor dem Volk? Vor Jesus?
In diesen Minuten stricken die Theologen und Priester die Lüge vom Ostermorgen. Sie wissen natürlich, dass es so, wie sie sagen, auf keinen Fall war. Aber das, was die Soldaten berichtet haben, darf niemals herauskommen. Das könnte eine gefährliche Eigendynamik entwickeln. Das wäre Nährboden für weitere Jesuspropaganda.
Deshalb muss man verhindern, dass die Soldaten verbreiten, was sie wirklich gesehen haben. Die Hohenpriester lassen sich das eine satte Summe kosten – ein richtig schönes Bestechungsgeld. Damit machen sie die Soldaten zu ihren Komplizen, und die sollen jetzt die Lüge schnellstmöglich unter die Leute bringen.
Wie gut, dass es hier gemeinsame Interessen gibt zwischen den beiden. Das ist eine ganz klassische Win-win-Situation, von der beide profitieren können. Die Soldaten kriegen das Geld, sie erhalten Fürsprache gegenüber ihrem Chef Pilatus – das hätte für sie sehr kritisch werden können. Die Hohenpriester hoffen auf diese Weise, Jesus unter Kontrolle halten zu können und zu verhindern, dass eine falsche Botschaft, wie sie glauben, durch die Straßen läuft.
Dann steht hier in Vers 14 diese Zusage der Hohenpriester: „Und wenn es dem Statthalter zu Ohren kommt, dass ihr da geschlafen habt, dann wollen wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr sicher seid. Wir regeln das unter der Hand.“
Die Soldaten können sogar noch Kapital aus der Situation schlagen. In Vers 15 heißt es: „Sie nahmen das Geld und taten, was sie angewiesen waren. Und so ist dies zum Gerede geworden bei den Juden bis auf den heutigen Tag.“
Die Rolle der Pharisäer und Sadduzäer im Streit um die Auferstehung
Interessante Beobachtung: In Vers 12 werden die Pharisäer nicht mehr erwähnt. In Kapitel 27,62 heißt es noch, dass die Hohenpriester zusammen mit den Pharisäern zu Pilatus gehen. Hier in Vers 12 ist nur noch von den Hohenpriestern und den Ältesten die Rede. Warum? Das übersieht man leicht. Mir ist das bei dieser Vorbereitung ehrlich gesagt zum ersten Mal aufgefallen.
Vielleicht trauten die Hohenpriester den Pharisäern in dieser Situation nicht mehr. Warum? Weil die Pharisäer an eine Auferstehung glaubten, die Hohenpriester aber nicht. Sie müssen wissen: Die Hohenpriester waren größtenteils Sadduzäer, und die Sadduzäer glaubten damals nicht an eine Auferstehung. Die Pharisäer hingegen glaubten prinzipiell daran.
Vielleicht hat der Hohepriester die Pharisäer weitestgehend ausgeschlossen. Denn wenn diese mitbekommen hätten, dass hier etwas nach Auferstehung roch, wären sie vielleicht schwach geworden. Es fällt jedenfalls auf, dass die Pharisäer hier nicht mehr erwähnt werden – im Fest zwölf ganz wichtig.
Einer aus den Reihen der Pharisäer war ohnehin schon zu den Jesusleuten übergelaufen: der prominente Nikodemus. Er hatte für eine ehrenvolle Beerdigung gesorgt. Und einer der Ältesten, Joseph von Arimathia, hatte sogar sein persönliches Grab zur Verfügung gestellt. Die Front begann also zu bröckeln.
Nikodemus, Joseph von Arimathia – wer wäre der Nächste? Umso wichtiger war es jetzt, gemeinsam mit den Soldaten durchzuziehen und die Parole in der Öffentlichkeit vom Leichenraub durchzusetzen.
Eigentlich war diese Lüge am Ostermorgen ein ziemlich durchsichtiges Manöver. Trotzdem wird sie bis heute immer wieder aufgetischt. Und das ist der Grund, warum wir uns heute mit dieser Lüge vom Ostermorgen befassen müssen.
Erstens: Die Lüge vom Ostermorgen besteht bis heute. Wenn Sie mitschreiben, halten Sie das fest: Die Lüge vom Ostermorgen besteht bis heute. Man hat sie von Zeit zu Zeit ein wenig variiert und ein bisschen umgeschminkt. Aber im Kern haben sich die Gegner Jesu nicht viel Neues ausgedacht.
Bis heute sind an vorderster Front Theologen daran beteiligt, Zweifel an der Auferstehung zu säen.
Die verschiedenen Theorien gegen die Auferstehung und ihre Widerlegung
Man behauptet zum Beispiel, Jesus sei am Kreuz nicht wirklich gestorben, sondern nur in ein tiefes Koma gefallen. Im kühlen Felsengrab sei er dann wieder zu sich gekommen, habe sich aus den Leichentüchern herausgewickelt und sich schließlich als Auferstandener ausgegeben. Das ist eine Hypothese.
Richtig ist, dass die römischen Soldaten die Ersten waren, die seinen Tod meldeten. Sie hatten viel Erfahrung mit Kreuzigungen, bei denen sie mitgewirkt hatten. Sie wussten genau, wann jemand tot war und wann nicht. Sie hatten als Erste gesagt, Jesus sei tot. Deshalb mussten sie ihm nicht einmal die Beine brechen, wie es normalerweise bei Kreuzigungen gemacht wurde, wenn man sich nicht sicher war, ob der Gehängte bereits gestorben war. Das konnten sie sich bei Jesus sparen, weil klar war: Er ist tot.
Überlegen Sie auch, in welchem Zustand Jesus gewesen wäre, wenn er die Kreuzigung wirklich überlebt hätte: enormer Blutverlust, Verletzungen an Händen, Füßen und der Seite, mehr als vierzig Stunden ohne Essen und Flüssigkeit. In diesem Zustand hätte er sich aus den Leichentüchern winden, den tonnenschweren Stein beiseite schieben, den wartenden Soldaten entkommen und den Jüngern dann weismachen müssen, dass er auferstanden sei. Das ist offenkundig Unsinn. Trotzdem wird bis heute behauptet, Jesus sei nur scheinbar tot gewesen.
Warum?
Eine weitere Variante besagt, die Jünger hätten bei dem Betrug mitgemacht. Entweder hätten sie den geschwächten Jesus versteckt, aufgepäppelt und als Auferstandenen ausgegeben. Oder sie hätten die Leiche gestohlen, beiseite geschafft und anschließend behauptet, er sei wirklich auferstanden. Aber bedenken Sie: Wie hätten sie das angesichts des starken öffentlichen Interesses und der amtlichen Kontrollbehörden überhaupt schaffen sollen? Zumindest die Soldaten hätten es doch sofort bemerkt.
Vor allem aber: Warum hätten die Jünger sich später für eine Botschaft hinrichten lassen, von der sie wussten, dass sie eine Lüge war? Das ergibt keinen Sinn. Das erfordert viel mehr Glauben als die biblischen Texte. Wer wäre bereit, für eine selbstkonstruierte Lüge in den Tod zu gehen?
Manche Bibelkritiker behaupten, die Jünger und andere Zeugen hätten nach Ostern nicht wirklich den auferstandenen Jesus gesehen, wie es die Evangelien beschreiben, sondern nur Halluzinationen gehabt. Sie hätten sich so sehr gewünscht, so sehr darauf gehofft, ihn zu sehen, dass sie ihn eingebildet hätten.
Aber was sagen die Texte? Sie sagen, die Nachfolger Jesu waren fest davon überzeugt, dass er tot sei. Sie hatten längst alle Hoffnungen aufgegeben. Die Hohenpriester wollten wenigstens auf Nummer sicher gehen. Man kann sagen: Die Jünger rechneten viel weniger mit der Auferstehung als die Hohenpriester. Die Jünger rechneten überhaupt nicht damit. Die Hohenpriester hatten wenigstens eine kleine Unsicherheit, deshalb platzierten sie die Soldaten am Grab. Die Frauen, die früh zum Grab gingen, waren auf Leichenpflege eingestellt und auf nichts anderes. Diese Halluzinationsthese versagt also vor den Fakten.
Das letzte Beispiel für die Lüge am Ostermorgen betrifft unmittelbar unsere Verse hier. Man sagt, diese Geschichte mit der Lüge habe sich Matthäus ausgedacht. Oder die ihm zugrunde liegende christliche Tradition habe diese Geschichte erfunden. Das sei eine nette apologetische Geschichte, um die Theorie vom leeren Grab noch besser zu stützen. Um die Sache wasserdichter zu machen, hätten die Christen diese Geschichte mit dem Deal zwischen den Hohenpriestern und den Soldaten erfunden und die Verbreitung der Gerüchte erfunden. Damit wäre das leere Grab noch einmal bestätigt worden, und die römischen Soldaten stünden als Augenzeugen für die eigene Sache.
Das klingt genial. Aber darauf muss man erst einmal kommen. Überlegen Sie mal, dass der Bericht über die Lüge am Ostermorgen seinerseits eine Lüge des Matthäus sein soll – also gewissermaßen eine Doppellüge aus der Werkstatt der Evangelisten. Wer soll das glauben?
Diese Konstruktion scheitert unter anderem an der kleinen Bemerkung am Ende von Vers 15. Dort steht: „Und so ist dies zum Gerede geworden“, also der Leichendiebstahl bei den Juden bis auf den heutigen Tag.
Wir wissen, dass sich das Matthäusevangelium in erster Linie an Juden richtete. Wenn das, was Matthäus schreibt, nicht wirklich so passiert wäre, also wenn es dieses Gerücht unter den Juden gar nicht gegeben hätte, dann hätte sich Matthäus mit dieser Geschichte selbst ins Bein geschossen. Er hätte mutwillig seine eigene Glaubwürdigkeit ruiniert, weil die Juden, die sich auskannten, gewusst hätten: „Hoppla, dieses Gerücht gab es doch niemals. Wir hatten so ein Gerücht unter Juden verbreitet? So ein Quatsch, was er hier schreibt, stimmt überhaupt nicht.“
Wenn das schon nicht gestimmt hätte, dann würde auch das andere nicht stimmen. Matthäus hätte mit dieser Behauptung, wenn sie nicht gestimmt hätte, gerade gegenüber den Juden seine ganze Glaubwürdigkeit mutwillig selbst zerstört.
Wie verbreitet dieses Gerücht wirklich war, sieht man daran, dass es noch Jahre später, als Justin der Märtyrer um 160 nach Christus schrieb, immer noch kolportiert wurde. Und zwar von Leuten, die kein Interesse daran hatten, die Glaubwürdigkeit des Matthäusevangeliums zu bestätigen.
Ich habe Ihnen das alles vorgeführt, weil es erstaunlich ist, was Menschen alles versuchen, um das leere Grab, das so deutlich spricht, zum Verstummen zu bringen. Bis hin zu der Aussage: „Ach, für meinen Glauben ist es gar nicht wichtig, ob das Grab nun leer war oder nicht, darauf kommt es gar nicht an.“
Das habe ich diese Woche in einem Interview gelesen. Die führende Repräsentantin der westfälischen Landeskirche, Präses Annette Kurschus, gab dem Nachrichtenmagazin idea ein Interview. Der idea-Reporter fragte geschickt: „Es gibt Theologen, die an die Historizität einer leiblichen Auferstehung festhalten, andere sagen, Jesu Leiche sei im Grab verwest wie jede andere, und dazwischen tummeln sich jene, die schwer verständlich drumherum reden. Zu welcher der drei Gruppen gehören Sie?“
Das klingt fast wie eine Radio-Eriwan-Frage, nicht wahr? Und was antwortete Frau Präses Kurschus? Sie sagte: „Ich zähle mich zu keiner der drei.“ Und fügte ganz gönnerhaft hinzu: „Die Frage, ob das Grab leer war oder nicht, hat für mich noch nie eine große Rolle gespielt. Daran hängt der Osterglaube nicht.“
Das ist auch eine der Lügen über das leere Grab – nämlich eine Lüge über die Bedeutung des leeren Grabes. So, als ob das zu vernachlässigen wäre, ob es nun leer oder voll war.
Das Neue Testament sagt eindeutig: Das leere Grab ist eine Tatsache. Diese Tatsache gehört unverzichtbar zum Grundbestand der biblischen Wahrheit dazu. Warum? Weil Gott dadurch mitten in der Welt beweist, dass er stärker ist als der Tod.
Wenn es wahr und wirklich sein soll, dass Jesus am Ostersonntag seinen Leuten leibhaft begegnet ist, so wie wir es hier gehört haben – die Frauen fassen seine Füße an, Lukas berichtet, dass die Jünger mit ihm Fisch essen –, dann kann doch nicht gleichzeitig seine Leiche im Grab liegen. Das geht nicht gleichzeitig. Nach Sicht der Bibel gilt entweder das eine oder das andere.
Deshalb ist das leere Grab nicht das einzige, was zur Auferstehungsbotschaft gehört, aber es ist ein unverzichtbarer Bestandteil davon.
Darum ist es letztlich egal, ob jemand das leere Grab leugnet oder es nur unwichtig findet. Beides steht gegen die Wahrheit, die von den Aposteln verkündet wird.
Man fragt sich: Warum wird das so gemacht? Warum betreiben Menschen einen solchen Aufwand, um das leere Grab zu umgehen? Warum sind sie bereit, die absurdesten Theorien zu glauben, nur um nicht an das leere Grab glauben zu müssen?
All diese Behauptungen können eines nicht erklären: Wie aus total verängstigten, mutlosen Jüngern innerhalb weniger Stunden und Tage todesmutige Zeugen für die Auferstehung wurden. Warum nur?
Die Funktion der Lüge am Ostermorgen und ihre Folgen
Hat sich die Lüge aus der Osternacht in ihren verschiedenen Variationen so lange gehalten? Warum? Warum fand sie so bereitwillige Nachfolger?
Ich denke, es hat damit zu tun: Die Lüge am Ostermorgen beruhigt das Gewissen. Sie besteht bis heute, und sie beruhigt das Gewissen – das ist das Erste.
Schauen Sie, die Hohenpriester waren unruhig. Sie fürchteten, dass die Zahl der Jesusgläubigen jetzt sicherlich wieder zunehmen würde. Aber vor allem fürchteten sie, dass die Soldaten Recht haben könnten. Sie fürchteten sich vor der Wahrheit. Anders kann man ihr Verhalten nicht erklären.
Schauen Sie, sie hätten doch ihre Leute losschicken können, um den Auferstehungsschwindel zu entlarven. Sie hatten doch den Einfluss, die rechtlichen Mittel und die Mitarbeiter. Sie hätten es machen können. Aber sie versuchen es nicht einmal. Das ist doch eigenartig.
Sie hätten die Berichte der Wachsoldaten nachprüfen lassen. Es war doch alles noch ganz frisch. Sie hätten der Sache auf den Grund gehen können. Aber warum machen sie es nicht? Vielleicht hatten sie Angst, dass es stimmen könnte. Und dann wehe ihnen! Dann hätten sie doch den Sohn Gottes getötet. Dann wäre der Jesus, den sie loswerden wollten, tatsächlich auferstanden. Aber das kann nicht sein, das darf nicht sein. Wie sollen wir dann bitteschön weiterleben?
So setzen sie eine Lüge in die Welt – eine Lüge für andere, aber auch eine Lüge für sich selbst, zur Beruhigung des eigenen Gewissens. Sie wussten: Wenn das mit der Auferstehung stimmen würde, dann stimmt nichts mehr in unserem Leben. Ja, dann bleibt in unserem Leben kein Stein mehr auf dem anderen. Dann können wir nicht so weitermachen wie bisher.
Wenn das stimmt, dann ist Jesus der Herr, dann spricht er das letzte Wort, dann hat er das Sagen. Und dann ist alles, was wir bisher gemacht haben, alles, was wir bisher gelebt haben, ungültig und schuld. Dann können wir nur noch ihm gehören. Dann können wir uns nur noch ihm zu Füßen werfen und sagen: Herr, vergib uns unsere Schuld.
Und dann sind wir verloren ohne ihn. Dann gibt es keine Zukunft mehr ohne ihn. Das kann nicht sein.
Ich denke, die Hohenpriester ahnten, welche Sprengkraft in der Tatsache der Auferstehung liegt. Darum flohen sie in die Lüge und beruhigten ihr aufgescheuchtes Gewissen.
Und sehen Sie, das ist bis heute so geblieben. Viele Menschen fliehen vor der Tatsache der Auferstehung. Ich denke, tief in ihrem Herzen sehnen sie sich nach einem Leben jenseits des Grabes. Sie sehnen sich nach einer lebendigen Hoffnung. Sie sehnen sich nach einem, der sie herausreißen kann aus dem Todeskreislauf, in dem wir alle drin sind.
Aber der einzige Ort, wo es dieses Leben gibt, ist zu persönlich. Das ist ihnen ungeheuer. Sie wagen es nicht, auch nur in Erwägung zu ziehen, dass Jesus auferstanden sein könnte.
Ich kenne Menschen, die wagen es nicht, fünf Minuten in Ruhe darüber nachzudenken und auch nur in Erwägung zu ziehen, dass Jesus auferstanden sein könnte – einfach weil es zu viele Konsequenzen hätte. Und dann nehmen sie lieber ihre Zuflucht zu irgendwelchen Lügen, zu irgendwelchen Konstrukten, mit denen man das Ganze ins Reich der Fabel abschieben kann. Und sie beruhigen ihr eigenes Herz damit.
Sie wollen die Wahrheit lieber nicht wissen, denn die Wahrheit ist gefährlich. Die Wahrheit ist atemberaubend schön, aber die Wahrheit ist Sprengstoff.
Denn wenn das stimmt mit Jesus, dann stimmt nichts mehr in meinem Leben. Dann geht meine ganze alte Rechnung nicht mehr auf – ohne Jesus, dadurch dass ich mich verlasse auf meine guten Taten, dass es vielleicht einen Herrgott gibt, aber dass der schon irgendwie der liebe Gott sein wird, der großzügig mit mir ist. Nein, nein, das geht dann alles nicht mehr auf.
Dann hat Jesus die Wahrheit gesagt. Dann ist er der Herr. Dann entscheidet sich an ihm Himmel oder Hölle. Dann ist er der einzige Weg zur Rettung und zum Frieden mit Gott. Dann ist alles, was Jesus sonst gesagt hat, wahr.
Und dann bleibt mir nur noch, mich ihm vor die Füße zu werfen, gewissermaßen mich vor ihm zu beugen und zu sagen: Herr, ich erkenne dich an als meinen Herrn. Mein Leben soll dir gehören. Ich weiß, dass du Recht hast, und ich weiß, dass ich Unrecht habe. Ich brauche dich.
Aber so weit wollen sie nicht gehen, die Hohenpriester. Darum brauchen sie eine Lüge, die ihr Gewissen beruhigt. Und Lügen haben ja auch Macht.
Ich weiß nicht, ob Sie das schon mal beobachtet haben: Wenn ich lange genug an einer Lüge festhalte und sie mir lange genug einrede, irgendwann glaube ich sie selbst – irgendwann.
Nur eines kann die Lüge nicht: Die Lüge kann die Wahrheit nicht ungeschehen machen. Diese Kraft hat die Lüge nicht. Die Lüge kann die Wahrheit nicht aushebeln, denn die Wahrheit ist am Ende immer stärker als die Lüge. Die Wahrheit ist am Ende immer stärker als die Lüge.
Auch die Lüge am Ostermorgen kann die Tatsache der Auferstehung nicht verhindern. Und das ist das Letzte. Das ist, finde ich, eine überraschende Entdeckung.
Letztlich bewirkt die Lüge genau das Gegenteil, denn die Lüge am Ostermorgen bestätigt die Wahrheit.
Die Lüge als Bestätigung der Wahrheit
Das ist das Letzte, was wir uns noch kurz klarmachen wollen: Die Lüge am Ostermorgen besteht bis heute. Sie beruhigt das Gewissen, aber nur kurzfristig. Schließlich bestätigt sie die Wahrheit.
Schauen Sie, was hier in Vers 13 gesagt wird: „Seine Jünger sind in der Nacht gekommen und haben ihn gestohlen, während wir schliefen.“ Das war doch nicht gut ausgedacht. Wenn die Leiche wirklich gestohlen worden wäre, hätten die Hohenpriester doch den Einfluss gehabt, das Ganze aufzudecken.
Die Jünger hatten überhaupt kein Motiv, so einen Diebstahl durchzuführen. Wir haben ja gesagt, dass sie weder vor der Kreuzigung noch unmittelbar danach an die Auferstehung glaubten. Sie waren ja weggelaufen und hätten sich gar nicht getraut, so etwas zu versuchen.
Es ist auch höchst unwahrscheinlich, dass alle Soldaten geschlafen haben. Allein das Wegrollen des Steines hätte genug Lärm gemacht, um sie aufzuwecken. Der Stein wog etwa 1,5 bis 2 Tonnen.
Außerdem galten römische Soldaten als sehr diszipliniert. Sie teilten sich die Nacht normalerweise in vier Nachtwachen auf. Zwölf Stunden durch vier ergibt drei Stunden für jeden, und in der restlichen Zeit konnten sie sich ausruhen. Sie wussten auch, dass ihnen die Todesstrafe drohte, wenn sie beim Wachdienst einschliefen. Die werden also aufgepasst haben.
Und bitteschön: Warum haben die Wachen die vermeintlichen Diebe nicht verfolgt, sondern sind stattdessen zu den Hohenpriestern gelaufen? Andererseits, wenn sie wirklich eingeschlafen wären, woher konnten sie dann wissen, dass gerade die Jünger die Leiche gestohlen hatten?
Verstehen Sie, das Ganze ist vorne und hinten schief. Diese Lüge entlarvt sich selbst. Damit zeigt sie aber eines ganz deutlich: Wie verzweifelt man nach einer Erklärung suchte – nach einer Erklärung für das leere Grab, die auch diese Leute nicht leugnen konnten.
Dass man zu einer so dürftigen Lüge Zuflucht nahm, bestätigt nur, dass sie keine besseren Argumente gegen die Auferstehung hatten. Das bestätigt es letztlich.
Und so ist es bis heute geblieben. Die ganzen waghalsigen Hypothesen von Bultmann über Lüdemann bis hin zu den jüngsten Versuchen sind dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass jemand mit gesundem Menschenverstand in der Regel erst mal den Kopf schüttelt.
Nein, die Lüge am Ostermorgen bewirkt das Gegenteil. Sie bestätigt die Wahrheit. Wenn sie etwas beweist, dann beweist sie, dass Jesu Gegner in großem Erklärungsnotstand waren. Das beweist sie.
Sonst hätten sie nicht eine so widersprüchliche Theorie zurechtgezimmert und auf den Markt geworfen.
Die vielen Indizien lassen sich letztlich nur durch einen Vorgang in ihrer Gesamtheit sinnvoll erklären: Dass Jesus Christus am Morgen des Ostersonntags durch Gotteskraft von den Toten leibhaftig auferweckt wurde und dass er dann auf seinen eigenen Füßen das Grab verließ.
Das ist die Wahrheit. Das ist atemberaubend, und das ist Sprengstoff für unser Leben. Denn jetzt hängt für mich, jetzt hängt für Sie alles – aber auch wirklich alles – davon ab, was wir mit dieser Tatsache machen. Genauer gesagt: Was wir mit Jesus machen.
Die Hohenpriester, als sie ahnten, dass es wahr sein könnte, wussten, jetzt sind wir dran. Sie haben sich die Augen und die Ohren zugehalten und haben mit einer Lüge ihr pochendes Herz beruhigt.
Doch wir erfahren in der Bibel einige Wochen später, als bereits Himmelfahrt geschehen war und die Jünger in Jerusalem anfingen, das Evangelium von der Auferstehung zu predigen: In Apostelgeschichte 6,7 steht: „Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem; es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam.“
Das ist schön. Offensichtlich war es so, dass einige von ihnen umgekehrt sind. Das ist wunderbar, dass einige von denen dann dazu gefunden haben, Jesus als den Sohn Gottes anzubeten.
Daran sehen wir: Man kann sich verrennen, man kann gegen die Auferstehung anrennen oder - noch schlimmer - man kann neben dem Auferstandenen herleben und ihn links liegen lassen.
Man kann in einer Welt leben, in der Jesus auferstanden ist, und sich trotzdem nicht um ihn kümmern. Das kann man machen. Aber er ist trotzdem da. Er geht dir trotzdem nach, lässt sich nicht so schnell abwimmeln, ruft dich trotzdem und gibt dir eine Chance.
Darum ist die Konsequenz aus der Tatsache, dass er auferstanden ist, das, was die Jünger dann in die ganze Welt hinausgerufen haben: Wende dich dem Auferstandenen zu!
Die Begegnung mit dem Auferstandenen und der Weg des Glaubens
Nach diesen vierzig Tagen, während denen Jesus noch auf der Erde seinen Leuten begegnet ist, ist er am Himmelfahrtstag in die für uns noch unsichtbare ewige Welt Gottes hinübergegangen.
Er hat ganz deutlich gesagt, was wir in den letzten Versen bei Matthäus lesen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Weltende.“ Er kann eure Gebete hören und in euer Leben eingreifen. Er hat versprochen, dass er euch sieht, dass er eure Gebete hört und dass er in euer Leben eingreifen will.
Wenn ihr endlich beginnt, ihn anzuerkennen als den, der er ist, sagt ihm, dass ihr ihn braucht. Sagt ihm, dass ihr bereit seid, ihn als den Sohn Gottes anzubeten, und bittet ihn, eure Lebensrichtung umzudrehen und euch auf den Weg zum Himmel mitzunehmen. Dann werdet ihr schon jetzt, hier auf dieser Erde, einen Vorgeschmack davon bekommen, wie der Auferstandene mit seiner Macht euer Leben verändert.
Wenn ihr mit Jesus lebt und ihm Tag für Tag euren Weg anvertraut, werdet ihr merken, wie er euch trägt, beschützt und auch durch schlimme Zeiten hindurchführt. Er wacht über euer Leben und bringt es ans Ziel.
Noch ein Letztes: Jesus verlangt nicht von euch, dass ihr von null auf hundert ein Glaubensheld werdet. Er will nicht, dass ihr eure Zweifel künstlich verdrängt. Jesus will euch überführen und überzeugen – durch die Wahrheit. Darum bin ich froh, dass diese Verse 16 und 17 hier noch stehen.
Viele seiner engeren Anhänger hatten am Anfang Schwierigkeiten mit der Auferstehung, und das sehen wir hier. Schauen wir Vers 16 an: „Aber die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, wohin Jesus sie beschieden hatte.“ Wenn wir alle Texte über die Auferstehung zusammennehmen, wissen wir, dass zwischen Vers 15 und Vers 16 einige Tage lagen, also ein gewisser zeitlicher Abstand.
Das ergibt sich aus den Zeugnissen insgesamt. Erst ist Jesus mit seinem engsten Jüngerkreis in Jerusalem mehrfach zusammengetroffen. Einige Tage später gab es dann diese Begegnung in Galiläa, von der Matthäus hier berichtet.
Was geschieht dort? Als sie ihn sahen, heißt es in Vers 17, fielen sie vor ihm nieder. Das Wort, das da steht, bedeutet, dass sie ihn anbeteten. Einige aber zweifelten.
Paulus berichtet, dass bei diesem Treffen in Galiläa neben den Aposteln auch viele andere Jesusjünger dabei waren. Wahrscheinlich sind hier diese anderen Anhänger gemeint, nicht der engste Jüngerkreis. Da steht: „Einige aber zweifelten noch.“ Das Wort für zweifeln bedeutet so viel wie zögern, zaudern. Sie konnten es sich irgendwie nicht vorstellen, obwohl sie ihn sahen und er es doch war.
Was macht Jesus? Er spricht sie an. „Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Jesus ermutigt sie langsam, Schritt für Schritt, und schließlich verstehen sie die Zusammenhänge.
Am Karfreitag hatten sie gedacht: Jetzt ist alles aus, jetzt ist alles vorbei. Sie haben ihn klein gekriegt, Jesus ist gescheitert. Das hatten sie am Karfreitag gedacht.
Aber jetzt begreifen sie: Karfreitag war kein Unfall, kein Unglück, kein Umweg. Karfreitag war unverzichtbar. Jesus musste sterben, wie er es immer gesagt hat. Er musste sterben, um die Strafe für uns zu tragen, um für unsere Sünden zu bezahlen. Er musste das stellvertretend tun – es war nötig.
Dann ist er auferstanden. Damit ist endgültig beglaubigt und bestätigt, dass er die Wahrheit gesagt hat: dass unsere Schuld bezahlt ist und dass Gott gnädig jeden als sein Kind annimmt, der an Jesus glaubt.
Ganz ähnlich macht es der Auferstandene mit uns. Er will uns Antwort geben auf unsere Zweifel und Klarheit über die Fragen, die uns noch unklar sind. Er redete zu ihnen.
Nur die Art und Weise, wie Jesus uns heute anspricht, hat sich seitdem etwas geändert. Uns spricht Jesus vor allem durch die Bibel an – nicht zuletzt durch diesen Bericht über die Auferstehung und das leere Grab.
Das ist ein großes Versprechen, eine herzliche Einladung, mit der Jesus dich persönlich ruft und sagt: „Komm zu mir!“ Weil Jesus lebt, ist das kein leeres Gerede. Es ist auch nicht einfach die Einladung zu einer geheimnisvollen spirituellen Erfahrung.
Nein, es geht um eine Person, die wir noch nicht sehen. Der Vorhang ist noch geschlossen, aber dahinter ist diese Person schon längst da. Er redet und wirkt hinein in unser Leben.
Deshalb ist es wahr, was der alte bayerische Bischof Betzel einmal gesagt hat: Weil Jesus lebt, hat er gesagt, wenn du hier die Augen schließt und sagst, es ist vorüber, dann wird er dir dort das Paradies aufschließen und sagen: „Du bist daheim, du bist daheim.“
Wer das leere Grab einmal begreift, wird nie mehr ohne Hoffnung sein – auch wenn er es noch so schwer hat, wie jener Jonathan, von dem ich gelesen habe und mit dem ich jetzt schließe.
Die Geschichte von Jonathan als Zeichen der Hoffnung
Jonathan war ein Sorgenkind. Mit seinen zwölf Jahren war er körperlich behindert auf die Welt gekommen und auch leicht geistig beeinträchtigt. Zudem war Jonathan unheilbar krank. Trotzdem wollte er so gern auf eine normale Schule gehen, und das klappte einigermaßen.
Die Lehrerin hatte viel Verständnis für ihn. Manchmal hörte Jonathan im Unterricht nicht richtig zu und gab seltsame Geräusche von sich. Doch dann war er plötzlich wieder ganz klar und verstand viel. Kurz vor Ostern erzählte die Lehrerin die Ostergeschichte und sprach vom leeren Grab. Sie gehörte zu denen, die das wirklich glaubten.
Dann gab sie den Kindern ein Plastikei mit nach Hause und sagte: „Bringt zur letzten Stunde vor den Osterferien das Plastikei wieder mit und setzt etwas hinein, das neues Leben zeigt. Macht deutlich symbolisch, was neues Leben bedeutet.“ Alle waren ganz gespannt.
In der letzten Stunde brachten die Kinder ihre gefüllten Eier mit. Ein Mädchen hatte eine Blume in das Ei gelegt. Die Lehrerin sagte: „Ja, das ist ein gutes Zeichen für neues Leben. Wenn die ersten grünen Spitzen aus der Erde ragen, wird es Frühling.“ Ein zweites Kind hatte einen Plastikschmetterling mitgebracht. Auch das fand die Lehrerin gut: „Aus einer Raupe wird ein Schmetterling – neues Leben.“
Ein drittes Kind hatte einen Stein mitgebracht, der mit Moos bewachsen war. Auch das war ein Zeichen für neues Leben. Dann kam das vierte Ei. Es war leer. Die Lehrerin erschrak. Das war Jonathans Ei. Schnell legte sie es beiseite, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen, und nahm das nächste Ei.
Doch Jonathan meldete sich und fragte: „Frau Schulz, warum sagen Sie denn gar nichts über mein Ei?“ Die Lehrerin antwortete: „Aber Jonathan, dein Ei war doch leer.“ Jonathan sah sie mit großen Augen an und sagte: „Das Grab von Jesus war doch auch leer. Ich habe mein Ei mit Absicht leer gelassen.“
Plötzlich wurde es ganz still im Klassenzimmer. Als die Lehrerin sich wieder gefangen hatte, fragte sie: „Weißt du denn, warum das Grab leer war?“ Jonathan antwortete: „Oh ja, Jesus wurde getötet und ins Grab gelegt, aber dann hat sein Vater ihn wieder lebendig gemacht.“
Da wusste die Lehrerin, dass Jonathan alles begriffen hatte. Das leere Grab von Jesus – das ist das Wichtigste. Dass er wirklich auferstanden ist. Ohne das leere Grab kein neues Leben. Diese große Wahrheit hatte Jonathan verstanden. Er war geistig behindert, ja. Aber diese große Wahrheit hatte er begriffen:
Das Grab von Jesus ist leer, und wer zu Jesus gehört, bleibt nicht im Tod.
Wenige Wochen nach Ostern ist der zwölfjährige Jonathan gestorben. Seine vierzehn Klassenkameraden hatten nicht vergessen, was er ihnen mit diesem Plastikei gezeigt hatte. Als die Trauergäste in die Friedhofskapelle kamen, sahen sie auf Jonathans Sarg fünfzehn geöffnete Eierschalen. Sie waren alle leer – leer wie das Grab von Jesus.
Deshalb würde auch Jonathan nicht im Grab bleiben, das wussten die Freunde jetzt. Sein kranker Körper würde in den nächsten Wochen verwesen, das war bei ihm anders als bei Jesus. Aber Jonathan selbst, das wussten sie, ist jetzt zu Hause bei Jesus. Dort wird es einen neuen Leib geben und ewiges Leben.
Und das ist keine unsichere Hoffnung, sondern Tatsache: Wer Jesus hat, hat das Leben. Und du sollst es auch haben! Amen.