Einführung in das Thema und Textvorstellung
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 331: Jesus geht auf dem See, Teil 2
Jesus geht auf dem See. In der letzten Episode habe ich gesagt, dass mir scheint, jeder Evangelist habe dem Ereignis seinen eigenen Schwerpunkt gegeben. Das werden wir ganz deutlich merken, wenn wir uns anschauen, wie sie darüber berichten.
Aktuell sind wir bei Markus. Ich lese uns noch einmal den Text aus Markus Kapitel 6, Verse 48 bis 51:
„Und als er sie beim Rudern notleiden sah, denn der Wind war ihnen entgegen, kommt er um die vierte Nachtwache zu ihnen, indem er auf dem See einherging, und er wollte an ihnen vorübergehen. Sie aber sahen ihn auf dem See einhergehen und meinten, es sei ein Gespenst, und schrien auf, denn alle sahen ihn und wurden bestürzt. Er aber redete sogleich mit ihnen und spricht zu ihnen: ‚Seid guten Mutes, ich bin es, fürchtet euch nicht!‘ Und er stieg zu ihnen in das Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich sehr über die Massen.“
Die Schwerpunkte des Evangelisten Markus
Markus setzt zwei Schwerpunkte. Zum einen berichtet er, dass Jesus an ihnen vorbeigehen wollte. Zum anderen betont er die Furcht der Jünger und nennt dafür sogar einen Grund.
In Markus 6,52 heißt es: „Denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet.“
Schauen wir uns diese beiden Punkte genauer an.
Jesu Absicht, an den Jüngern vorbeizugehen
Also die Frage aller Fragen: Warum will Jesus an ihnen vorbeigehen? War er nicht gekommen, um sie zu retten? War es nicht sein Plan, ins Boot zu steigen, dafür zu sorgen, dass der Sturm aufhört und seine Jünger sicher ans andere Ufer kommen?
Ich weiß, dass wir das ganz schnell so denken, und Markus macht deutlich, dass es sich genau so abgespielt hat. Aber das war nicht der ursprüngliche Plan. Jesus wollte an ihnen vorbeigehen.
Jürgen, willst du damit sagen, dass Jesus sich nur kurz zeigen wollte, um dann die Jünger mit ihren Problemen – also dem Sturm der Erschöpfung und dem Wasser im Boot – wieder allein zu lassen?
Ja, das war sein Plan, jedenfalls wenn wir den Text hier ernst nehmen. Er wollte an ihnen vorbeigehen. Er tut nicht nur so, als wolle er vorbeigehen, sondern er wollte wirklich an ihnen vorbeigehen.
Aber einfach vorbeigehen bringt doch gar nichts. Das wichtigste Ziel ist doch, dass Jesus sie rettet.
Falsch! Das ist, was wir so schnell denken. So im Sinn von: Wenn ich Probleme habe, dann ist es das Wichtigste, dass Gott mich rettet. Das ist, was man schnell denkt. Aber so ein Denken ist falsch. Das ist nicht das Wichtigste.
Die Bedeutung von Jesu Gegenwart im Sturm
Das Wichtigste mitten im Sturm ist nicht, dass Gott mich rettet, sondern dass ich verstehe: Er ist da. Er ist mit mir im Sturm. Und er ist nicht nur irgendwie da, sondern auf seine herausfordernde und überfordernde Jesusart. Er hält mir vor Augen, dass meine Sicht auf die Probleme nicht Gottes Sicht ist.
Lasst uns das bitte wirklich gut verstehen. Wir werden im Leben mehr Stürme und Schwierigkeiten erleben, als uns lieb ist. Deshalb ist es für mein Herz so wichtig, Jesus als den zu kennen, der mit mir durch den Sturm geht.
Ich brauche tatsächlich den Trost, der sich aus der Gewissheit seiner Gegenwart speist. Ich brauche mitten im Sturm diesen Trost mehr als Gottes Rettung. Ich brauche das Wissen um sein „Mit-mir-Sein“, bevor der nächste Sturm losbricht. Und der wird kommen. Auch dann wird der Immanuel bei mir sein – das gilt es zu glauben.
Nochmal: Jesus will vorbeigehen, weil die Jünger nichts mehr brauchen als die Gewissheit, dass er da ist. Wenn Gott da ist, dann bin ich auch mitten im Sturm nicht allein. Dann bin ich mitten in den Problemen genau dort, wo Gott mich haben will – warum auch immer er mich dorthin stellt.
Und dann weiß ich: Er kann jederzeit eingreifen. Er ist nicht gehandicapt. Wenn er mich warten lässt, ist das kein Problem, denn er weiß, was er tut.
Die Furcht der Jünger trotz Jesu Gegenwart
Kommen wir nun zum zweiten Thema. Die Jünger fürchten sich, obwohl Jesus zu ihnen sagt: „Fürchtet euch nicht.“
Sie haben Angst, selbst nachdem er ins Boot gestiegen ist und der Wind sich gelegt hat. Trotzdem heißt es, dass sie sich entsetzten über die Massen. Freundlicherweise klärt uns Markus darüber auf, woher diese Furcht kam.
Markus Kapitel 6,52: „Denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet.“
Das ist natürlich eine rückblickende Bewertung der gesamten Situation. Wenn es stimmt, dass Markus so etwas wie der Sekretär von Petrus war, dann könnte dies die Sicht von Petrus auf die Situation sein.
Das Argument lautet nicht, dass sie sich über die Massen entsetzten, weil sie noch nie einen Menschen übers Wasser haben laufen sehen. Das ist nicht der Punkt. Die Angst vor dem vermeintlichen Gespenst ist hier nicht gemeint.
Vielmehr ist hier von einer ängstlichen Grundhaltung die Rede, die auch dann nicht verschwindet, nachdem es keine Probleme mehr gibt. Nach außen hin zeigen sie Angst, aber ihre Emotionen sind nur der Spiegel eines viel tiefer liegenden Problems.
Ihre Angst ist Ausdruck einer Herzenshaltung. Markus schreibt: „Ihr Herz war verhärtet.“
Die Bedeutung eines verhärteten Herzens
Die Frage lautet: Was meint er damit? Was ist bitteschön bei Jesus’ Jüngern ein verhärtetes Herz?
Die Antwort ist dieselbe, die ich auch jedem Heiden geben würde. Ein verhärtetes Herz ist ein Herz, das nicht empfänglich ist für Gottes Reden. Genau das macht nämlich ein weiches Herz aus.
Der König Josia ist hier ein tolles Vorbild. Gott lobt ihn mit diesen Worten in 2. Könige 22,19: „Weil dein Herz weich geworden ist und du dich vor dem Herrn gedemütigt hast, als du hörtest, was ich über diesen Ort und über seine Bewohner geredet habe, dass sie zum Entsetzen und zum Fluch werden sollen, und du deine Kleider zerrissen und vor mir geweint hast, darum habe auch ich gehört, spricht der Herr.“
Das weiche Herz nimmt ernst, was Gott sagt, und reagiert mit Demut und Buße, wo das nötig ist. Im Umkehrschluss fehlt es dem harten Herzen an Lernbereitschaft. Es geht also um eine innere Disposition, eine Einstellung, die der Mensch im Blick auf das Wort Gottes hat.
Jakobus spricht davon, dass wir das Wort Gottes mit Sanftmut aufnehmen sollen. Das bedeutet, dass auch Christen in der Gefahr stehen, falsch mit dem Wort Gottes umzugehen. Wir können dem Reden Gottes Gehör schenken oder es ignorieren.
Und genau an dieser Stelle haben die Jünger ein Problem.
Die Lektion aus der Brotvermehrung und ihre Bedeutung
Schon komisch, oder? Sie haben ihre Lektion aus der Brotvermehrung nicht gelernt. Deshalb haben sie so große Angst. Es ist eine übertriebene und auch ein wenig irrationale Angst im Leben – ein Indiz für ein verhärtetes Herz. Darum geht es hier.
Welche Lektion hätten sie lernen sollen? Ganz einfach: Es ist die Lektion, dass dort, wo Jesus ist, alles möglich ist. Die Lektion, dass es in Gottes Gegenwart nicht darauf ankommt, was ich habe, sondern darauf, wer Jesus ist. Ein schöner Gedanke, oder?
Gott will uns erziehen. Er will uns prüfen, wie den Philippus, und uns durch das, was wir erleben, Dinge über sich beibringen. Wenn wir ein weiches Herz haben, also ein Herz, das gern zuhört und gern von Gott lernt, dann wird sich das – Achtung – wenn wir unsere Lektion wirklich lernen, in unseren Gefühlen widerspiegeln.
Warum ist das so? Weil Gefühle nicht objektiv sind. Sie entstehen normalerweise dadurch, dass eine Situation bewertet wird. Wir hatten das schon in Episode 318. Hört euch die Episode ruhig noch einmal an!
Deshalb wird das feste Wissen um die wunderwirkende Güte Gottes, die aus Nichts ganz viel machen kann – wenn dieses Wissen tief im Herzen verstanden und geglaubt wird – in Zeiten der Not die Angst vertreiben, die sich mir aufdrängt. Denn ich weiß, wer mit mir ist und dass er es gut mit mir meint.
Abschlussgedanken und Anregung zur Selbstreflexion
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir die Frage stellen, ob dir Gott gerade geistliche Lektionen beibringen möchte. Gibt es etwas, das du lernen solltest, aber nicht willst?
Das war es für heute. Bete für die Leitung deiner Gemeinde – um Gesundheit, Liebe zur Bibel, ein erfülltes Gebetsleben und viel Weisheit.
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.