Begrüßung und Einstimmung auf den dritten Advent
Es ist immer schön, dass wir in unseren Gottesdiensten eine ganze Reihe von Sonntagsgästen begrüßen dürfen, die neu unter uns sind. Wir heißen Sie herzlich willkommen und hoffen, dass Sie in Ihrer Nähe bereits gespürt haben, wie sehr wir uns freuen, dass Sie mit uns diesen dritten Advent feiern.
Der dritte Advent steht unter der Botschaft Johannes des Täufers. Sein Ruf lautet: Bereitet dem Herrn den Weg und macht seine Steige gerade. Alle Täler sollen erhöht und alle Berge und Hügel erniedrigt werden. Was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ein ebener Weg sein. So wollen wir alle Hindernisse wegräumen, die dem Kommen Jesu entgegenstehen.
Wir wollen gemeinsam das Lied singen, das dieses Thema aufnimmt: „Mit Ernst, o Menschen, Kinder“, Lied Nummer neun. Wir singen die Verse eins bis drei.
Anschließend wollen wir mit Gott im Gebet sprechen:
Lieber himmlischer Vater, du schenkst uns diesen Sonntag. Wir danken dir für diesen Tag der Ruhe und Stille – gerade weil diese Tage vor den Festen oft so gefüllt sind mit vielem, was noch zu tun und zu erledigen ist, und mit mancher Hetze.
Jetzt gib uns, dass wir auch heute Morgen zur wirklichen Stille kommen und dass du uns die Dinge zeigen kannst, die du bei uns wegtun willst. So kann das Fest anbrechen, du kannst bei uns Einzug halten, und du kannst deinen Sohn Jesus Christus zu uns senden, damit die große Freude beginnt.
Du weißt auch, wie viele unter uns heute Morgen bedrückt, beschwert und belastet sind. Gib, dass wir alles jetzt bei dir ablegen – auch die schweren Sorgen, Ängste und die Not. Aber auch Schuld, Versäumnisse und Unrecht wollen wir bei dir niederlegen, vor deinem Kreuz.
Ich bitte dich, dass du uns rein machst, ganz rein.
In der Stille wollen wir füreinander weiter beten: Wer du herrlich machst, der ist richtig frei. Amen.
Der Lobgesang des Zacharias und die Ankunft des Heils
Wir lesen Lukas 1,68, den Lobgesang des Zacharias. Der Vater Johannes’ des Täufers ist erfüllt von der Freude darüber, wie nun die großen Zusagen Gottes eingelöst werden. Jetzt bricht die Heilszeit an.
Gelobt sei der Herr, der Gott Israels, denn er hat sein Volk besucht und erlöst. Er hat uns einen mächtigen Heiland erstehen lassen im Haus seines Dieners David, wie er vor Zeiten zugesagt hat durch den Mund seiner heiligen Propheten.
Dies geschieht, um uns vor unseren Feinden zu retten und aus der Hand aller, die uns hassen, zu befreien. Außerdem will er unseren Vätern Barmherzigkeit erweisen und an seinen heiligen Bund denken sowie an den Eid, den er unserem Vater Abraham geschworen hat.
Er gibt uns, dass wir ohne Furcht erlöst aus der Hand unserer Feinde ihm in Heiligkeit und Gerechtigkeit dienen vor seinen Augen unser Leben lang.
Du aber, mein Kind, wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, um seinen Weg zu bereiten und sein Volk das Heil erkennen zu lassen. Dieses Heil zeigt sich in der Vergebung ihrer Sünden durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes.
Durch diese Barmherzigkeit wird uns das Licht aus der Höhe besuchen, damit es denen erscheint, die in Finsternis und im Schatten des Todes sitzen. Es wird unsere Füße auf den Weg des Friedens lenken.
Weihnachtslieder und die Bedeutung von Heimat und Trost
Wir hören noch einmal den Jugendchor. Es ist gut, bei dir zu sein, zu Hause. An Weihnachten haben viele oft wehmütige Erinnerungen an alte Kindheitstage. Doch das sollte nicht falsch verstanden werden. Vielmehr finden wir in den Armen unseres Herrn Jesus Christus Frieden in diesen Weihnachtstagen. Das ist wichtig.
Die Lieder von Paul Gerhardt helfen uns dabei sehr, weil sie tief in die menschliche Not und Traurigkeit hineinsprechen. Nun wollen wir das Adventslied singen: „Warum willst du draußen stehen?“ Nr. 402, die Verse 1 bis 3.
Im Predigttext steht Matthäus 11, Verse 2 bis 11. Es ist gut, wenn Sie in der Bibel mitlesen und das Geschehen verfolgen, damit das Wort am Ende für uns groß wird.
Als Johannes im Gefängnis von den Werken des Christus hörte, sandte er seine Jünger und ließ Jesus fragen: „Bist du es, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Jesus antwortete ihm: „Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt. Und selig ist, wer nicht an mir irre wird oder Ärgernis nimmt an mir.“
Als sie fortgingen, begann Jesus zu dem Volk über Johannes zu reden: „Was wollt ihr sehen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Wolltet ihr ein Schilfrohr sehen, das im Wind hin und her schwankt? Oder was wollt ihr sehen? Wolltet ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die weiche Kleider tragen, leben in den Häusern der Könige. Oder warum seid ihr hinausgegangen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch, er ist mehr als ein Prophet. Dieser ist, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll. Wahrlich, ich sage euch, unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer. Aber der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.“
Herr, du musst uns das heute erklären, dass du uns noch größer machen willst als Johannes. Hilf uns dazu, Amen!
Liebe Schwestern und Brüder, es ist schön, wenn man mit Kindern wenig über die vor uns liegende Festzeit reden kann. Mir ist neulich Folgendes passiert: Ich rief einen Mitarbeiter an, und dann kam der kleine Stibich mit sieben Jahren an den Apparat. Wir haben eine Weile miteinander gesprochen, bis der Vater soweit war.
Dann fragte ich ihn, wie es wohl wird, ob Weihnachten dieses Jahr nicht ausfällt, und machte ein paar dumme Sprüche. Doch er war voller Sicherheit: „Nein, nein, das wird prima.“ Ich fragte: „Kriegt du überhaupt etwas geschenkt?“ Er antwortete: „Ich weiß nicht, ob ich etwas bekomme.“ Ich fragte: „Warum freust du dich denn so?“ Er sagte: „Ich habe etwas für meine Mutter.“ Dann fügte er hinzu: „Ihnen kann ich es ja sagen.“ Und er hat es noch gebeichtet, aber ich muss absolut dichthalten, damit es nicht laut wird. Er sagte auch: „Ich kann sogar auch einpacken. Das gibt eine Überraschung für meine Mutter.“
So ist es, wenn man anderen eine Freude machen kann.
Ich muss immer daran denken, wenn ich an unserer Hohenheimer Straße vorbeigehe. Dort hängt seit einiger Zeit so ein dummes Plakat: „Vom Himmel hoch, da kommt nichts mehr.“ Vom Himmel hoch, da kommt nichts mehr. Also braucht man nichts mehr zu erwarten, als ob da nichts käme.
Da wollte ich immer sagen: „Oh, ihr Schwachköpfe, euch würde ich mal gern das Weihnachtsevangelium erklären, dass Gott eine Überraschung für uns bereit hat, bei der uns Hören und Sehen vergeht.“ Da kommt das Entscheidende: Überhaupt nichts, was man sich in dieser Welt, in diesen Festtagen bieten und schenken kann, reicht an das große Gottesgeschenk heran.
Wir sind oft erfüllt von den großen Umwälzungen, die Menschen machen mit neuen Plänen, mit neuen politischen Ansichten und Heilslehren. Was da alles kommt! Ach was, wenn Gott uns sein Heil bereitet! Das ist groß: Euch ist heute der Heiland geboren, wunderbar, wenn Sie diese Weihnachtsfreude entdecken und finden.
Aber wir werden heute durch unseren Textabschnitt zu zweifelnden Menschen hingeführt. Darum möchte ich meinen ersten Teil dem Thema der bangen Unsicherheit widmen. Da ist nichts von Freude, nichts von großer Erwartung sichtbar und spürbar, nur Fragen über Fragen.
Nun ist ja fast in allen Auslegungsbüchern, die Sie zu diesem Textabschnitt zur Hand nehmen, davon die Rede, wie Johannes der Täufer plötzlich vom Zweifel geplagt wurde. Ob Sie das auch in Gemeindeblättern lesen oder in Büchern nachschlagen, dort steht: Johannes der Täufer hatte seine Vorstellungen von dem Heil, das anbrechen wird, aber er hat sich getäuscht. Und als er dann in Haft war, kamen die schweren Gedanken und die Depression.
Oder, wie einer in diesen Tagen schrieb: Das ist ja nur verständlich. Johannes wartete immer auf die Befreiung, vielleicht doch noch, dass durch ein Eingreifen Gottes er aus dem Gefängnis herausgeführt wird. Und je länger diese Haftzeit dauert, umso deprimierter wird er.
Liebe Schwestern und Brüder, ich habe die ganze Woche über diese Sache nachgedacht und kann mich dieser Meinung nicht anschließen. War denn Johannes ein solcher Prophet, der, wenn er Widerstand spürt, sofort in Depression verfällt? War er der Mann, der abhängig ist von Erfolg? Das war er doch gar nie.
Jesus bestätigt noch einmal ausdrücklich, dass er nicht das Rohr war, das im Wind bewegt wird, dass er nicht der Mann ist, der sich nach den Kleidern richtet, die man anzieht. Er war ein Mensch, der nur noch die Stimme Gottes sein wollte.
Aber kam da nicht doch eine Krise? Ich möchte ganz klar sagen: Es gibt eine herrliche Predigt von Karl Heim über den Zweifel, und es ist sicher richtig, dass wir an dieser Stelle uns klar werden dürfen, wie schlimm der Zweifel in unserem Jahrhundert geworden ist. Er ist bald zur Christenseuche geworden.
Nur möchte ich dem widersprechen, dass wir ihn auch bei Johannes dem Täufer ansiedeln wollen. Er war bis zum Schluss der, den Sie kennen vom Isenheimer Altar mit dem ausgereckten Finger, dessen Zeugnis von Jesus so klar blieb.
Wir sind zweifelnd, darüber dürfen wir heute reden. Wir sind unsicher, wir sind fragend, aber er streckt den Finger aus.
Es ist interessant, wenn Sie Ausleger zu Rate ziehen, zum Beispiel Ludwig Hofacker, Bengel in seinem Gnomon, Oetinger in seinem Predigtband. Dann sagen alle, Johannes der Täufer hat natürlich nicht gezweifelt, aber seine Anhänger, seine Jünger, waren in einer Krise.
Er hat immer gesagt: „Das ist das Lamm Gottes, das der Sünde wegträgt.“ Und er hat auf Jesus verwiesen. Das hat er seinen Jüngern, seinen Anhängern immer gesagt: „Ihr müsst jetzt zu Jesus gehen. Er muss wachsen, ich muss abnehmen.“
Darum war er bestimmt nicht überrascht, als sie ihn ins Gefängnis legten und sein Leben dort in einer furchtbaren Hinrichtung endete. Das war für ihn keine Krise. Er hat schon früh in seiner ganzen Hingabe das gelernt, was Selbstverleugnung heißt.
Schon durch seine merkwürdige Speise in der Wüste, durch die schlichte Kleidung, die er trug, und durch sein klares Wort. Johannes war ein unbeugsamer Mensch. Er war wirklich unbeugsam, auch nicht durch Zweifel beugsam, denn er verkündigte bis zum Schluss sein Zeugnis.
Auch gegenüber Herodes sprach er die Sünde des Ehebruchs offen an. Was denken Sie, wie sie Johannes in diesen schrecklichen Kerkern gefoltert haben und gesagt: „Nimmst du das nicht noch mal öffentlich zurück?“ Und er sagte: „Ich kann nicht. Ich bin die Stimme eines Predigers in der Wüste, und ich kann nicht aufhören, das zu sein, was ich sein muss.“
Johannes war größer als wir, ganz bestimmt, was den Zweifel anbelangt. Schon im Mutterleib war er mit dem Heiligen Geist erfüllt. Das macht ihn so klar- und deutlichredend.
Aber seine Anhänger waren in der Krise. Darum noch ein Wort zur bangen Unsicherheit: Johannes hat sie zu Jesus verwiesen. Doch sie waren sehr enttäuscht. Sie erlebten nichts, sie sahen nichts. Dann kamen sie zu Johannes und sagten: „Du, der kann es doch gar nicht sein. Da sieht man gar nichts vom großen, mächtigen Anbruch des Reiches Gottes. Da geschieht nichts Gewaltiges und Großes. Da wird nicht die Macht der politischen Führer zertrümmert, da wird nicht die Welt umgekrempelt und neu gemacht.“
Johannes gibt diesen Zweifelnden, diesen Jüngern den besten Tipp, den man Zweifelnden geben kann: Geht mit euren Zweifeln zu Jesus.
Sie können nächtelang mit allen lieben Ratgebern debattieren, sie kommen nie zur Klarheit. Tragen Sie ihre Zweifel und Fragen über das Wort Gottes direkt zu Jesus aus.
Sie kamen zu Jesus und fragten: „Bist du es, bist du der Bringer des neuen Gottesreiches, auf das jahrhundertelang die Väter gewartet haben?“ Das ist nur beim zweiten Mal eine klare Antwort, die Jesus gibt.
Das erste war die bange Unsicherheit der Fragenden, dann die klare Antwort Jesu.
Jesus gibt ihnen keine neuen Lehren und keine neuen Meinungen. Er sagt: „Macht doch die Augen auf, was seht ihr denn? Dort geschehen Wundertaten.“ Ja, die kann man auch anders deuten: Vielleicht war das Zufall, vielleicht war das nur eine eingebildete Krankheit.
Jesus sagt: „Prüft, was ihr erlebt mit Jesus: Blinde sehen, Lahme werfen ihre Krücken weg, der Tote im Stadttor erhebt sich von seiner Bahre.“
Gerade in unserer Zeit würden wir sagen: „Ja, aber da haben wir erst recht unsere Zweifel, ob das wirklich so geschieht.“
Jetzt müssen Sie sich fragen lassen, ob Sie mit Ihren Zweifeln vielleicht so verheiratet sind, dass Sie sie gar nicht loslassen können.
Machen Sie doch die Ohren auf! Da sind neben Ihnen auf der Bank jetzt in der Kirche Leute, die könnten Ihnen nachher etwas erzählen, vielleicht auf dem Heimweg, und sagen: „Ich muss Ihnen auch noch etwas erzählen, was ich mit Jesus erlebt habe.“
Ich habe einen Brief bekommen von einer treuen Kassettenhörerin, und ich lese ihn nur vor, weil sie auf einem ganz anderen Kontinent wohnt, auf einer ganz anderen Seite der Weltkugel. Da schreibt sie von sich:
„Ich schrieb Ihnen ja vor mehreren Monaten über meine Krankheit, dass ich drei Eingriffe hatte. Eine Untersuchung im Juli ergab, dass noch einmal im Dezember ein Eingriff gemacht werden muss.
Herr Pfarrer, es wurde viel für mich gebetet, so vielerorts. Es war rührend für mich, dies immer wieder hören zu dürfen: ‚Ich bete für Sie.‘ Und was meinen Sie? Die Untersuchung in der vergangenen Woche zeigte: Ich brauche nicht operiert zu werden.
Meine spontane Antwort an den Arzt war: ‚Das ist eine Gebetserhöhung.‘ Ich habe die volle Tatsache bis heute noch gar nicht ganz geschluckt. Ich kann nur immer wieder den Kopf schütteln und mich fragen, weshalb mir, weshalb geschieht das Wunder an mir? Mit was habe ich so viel Güte und Gnade verdient, ausgerechnet ich?
Vier Monate lang habe ich dieses Wissen der schweren Krankheit mit mir herumgeschleppt, wieder ein Eingriff. Nun hat mich Gott so beschämt.“
Aber dann bleiben die Fragen, die bange Unsicherheit: Warum hat Gott das dieser Frau geschenkt und mir nicht? Warum lässt er Johannes doch noch im Gefängnis, wenn er der Retter und Befreier ist?
Merkt ihr es nicht, dass das nur kleine Zeichen sind, um etwas von der Lebendigkeit und Wirklichkeit des Reiches zu erleben? Das, was in Ihren Bibeln dann fett gedruckt wird: „Ohne den Armen wird das Evangelium verkündigt.“
Diese Zeichen weisen alle nur darauf hin, dass jetzt die große Freudenbotschaft des Evangeliums gilt: Euch ist der Heiland geboren. Nicht nur die Krankenheilung, nicht nur die Gebetserhöhung, nicht nur das Wunder hier und dort, sondern dir will der Heiland ganz nahekommen, dir will er begegnen.
Meine letzte Frage, die ich in diesem Text richte: Wie werden wir gewiss?
Drei Teile heute: die bange Unsicherheit, die klare Antwort Jesu, aber wie werden wir gewiss?
Liebe Schwestern und Brüder, ich denke, Sie werden hier im Gottesdienst jetzt auch sagen: Ich könnte mir vorstellen, dass diese Freunde des Johannes vor den Zellenstäben saßen und sagten: Johannes, wir ahnen, wo wir die Antwort finden können, aber gewiss sind wir wirklich noch nicht. Wir warten immer noch auf eine große Erneuerung.
Waren nicht die Gedanken der Johannes-Jünger ganz fest gebunden an eine irdische Vorstellung des Reiches Gottes, auf das sie warteten? So wie wir immer wieder meinen: Wenn Gott kommt, dann muss er doch das Unrecht in meinem Leben beseitigen, dann muss er mich freimachen von diesen Belastungen, dann muss er mir heraushelfen aus dieser Unehre, dann muss er mich sättigen mit langem Leben.
Als dieses Gespräch stattfand, war Jesus noch nicht hinausgeführt auf den Hügel Golgatha. Das folgte erst später. Darum hat Jesus hinzugefügt: „Selig, der sich nicht ärgert an mir.“
In jener dunklen Nacht vor der Hinrichtung Jesu hat Jesus noch einmal gesagt, dass niemand an Jesus Ärgernis nehmen soll. Denn alle, auch die treuesten Freunde Jesu, meinten immer wieder, das Reich Gottes sei abzulesen an äußeren Erfahrungen, an äußeren Siegen, an äußeren Zeichen.
Sie flohen alle in die dunkle Nacht, als Jesus draußen an dem Kreuzesbalken hing, weil sie nicht verstanden, dass da das Reich Gottes doch anbricht, wo Gott den großen Berg der Schuld wegräumt, der zwischen ihm und uns steht, wo er uns als seine Kinder annimmt.
Das Reich Gottes ist angebrochen, denn Armen wird das Evangelium verkündigt.
Ach, das ist doch jedem Glaubenden klar, dass Gott Wunder des größten Ausmaßes wirken kann. Aber er will uns von Fühlmenschen, von Tastmenschen zu Glaubensmenschen machen.
Das Reich Gottes ist angebrochen.
Sie haben es nicht einmal begriffen, als Jesus schon aus dem Grab herausgekommen war und auferstanden war. Sie hatten sich noch eingeschlossen und verstanden es nicht.
Ich muss jetzt daran denken, ob Sie die Botschaft dieses Tages heute am dritten Advent verstehen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Johannes wusste, was geschah. Er sagte: „Ich gehe hin, ich lege meinen Kopf auf das Schafott, fröhlich, weil ich meinen Lauf vollendet habe, den mir Gott aufgetragen hat.“
Und vielleicht sind es doch die Christen, die heute schwer geführt werden, die es besser verstehen als wir, dass Weihnachten sich nicht erschöpft in äußeren Freuden und Lichterglanz.
„Da mir das Reich genommen, da Fried und Freude lacht, da bist du mein Heilkommen und hast mich froh gemacht“, so singt Paul Gerhardt doch auch in dem Lied.
„Aller Trost und alle Freude ruht in dir, Herr Jesus Christ, selig, wer nicht Ärgernis nimmt an mir.“
Wenn Sie in diesen Tagen Jesus Christus so in Ihr Leben aufnehmen und sagen: „Ich bin dieses Jahr besonders schwer geführt, ich komme mir vor wie im Knast, wie Johannes mit den Gitterstäben, und die Lebenspläne sind durchgestrichen, ich kann nicht mehr raus, die Hände sind gebunden“ – manche von Ihnen müssen so schwer hindurch –, dann sagt Jesus: „Was ihr seht: Das Reich Gottes ist doch angebrochen.“
Das Reich Gottes ist angebrochen mit Jesus Christus, auch wenn wir es nicht fühlen, auch wenn wir es nicht sehen, auch wenn wir manchmal nur ganz kleine Auswirkungen der Macht Jesu sehen.
Wunderzeichen, die uns zu Jesus führen, zum Glauben – nicht zum Betasten, zum Glauben.
Jesus sagt ein großes Wort von Johannes: Er sei der Größte gewesen von allen, die von Frauen geboren wurden. Größer als Ho Chi Minh und Sokrates, Omero und Stalin, oder Händel oder Bach oder Schiller oder Goethe.
Johannes war größer. Machen Sie ihn bitte nicht zum Zweifler. Er war ein toller Mann, Prediger Gottes, ein Vorläufer Jesu.
Aber Jesus fügt etwas hinzu: Der Kleinste im Himmelreich – drüben in der Kindergruppe sitzt ein Kind auf dem Stühlchen, im Kindergarten, das Jesus lieb hat – ist noch größer als Johannes der Täufer.
Warum? Weil da das Wunder geschieht, das Jesus neugeborene Menschen macht. Durch den Glauben, in denen er Wohnung nimmt. Da bricht das Reich Gottes an.
Johannes steht noch vor der Tür. Er hat das größte aller Wunder noch nicht erlebt: dass Jesus in unserem Leben Herr und Meister wird und dass unser ganzes Leben ihm dienen darf, ein Stück seines Reiches zu sein.
„Selig, wer nicht Ärgernis nimmt an mir“ – möchte ich Sie heute am Schluss der Predigt fragen: Sind Sie größer als Johannes? Haben Sie Ihren Zweifel unter die Füße bekommen und sagen: Ja, ich gehöre Jesus ganz und völlig, ich habe mein Leben ihm geöffnet. Ziehe ein in mein Leben! Komm, Herr Jesus, zu mir! Amen!
Nun singen wir noch von diesem Paul Gerhardt-Lied „Warum willst du draußen stehen?“ Nr. 402, die weiteren Verse, in denen er das auslegt, in das bedrängte und angsterfüllte Leben hinein: Verse 4, 5, 6 und 7.
Wir wollen beten:
Lieber Herr, du weißt, wie wir in unseren Gefängnissen uns oft auflehnen gegen das Unrecht, das uns widerfährt, gegen die zerschlagenen Lebenspläne, gegen die Krankheit, gegen die Menschen, die uns so viel Böses zufügen.
Jetzt hilf uns, dass wir dein großes Evangelium verstehen und es ausleben können, so wie es viele um uns herum zeugnishaft tun.
Wir wollen jetzt für die bitten, die im Krankenlager sind, und für die Alten, die schwere Wege gehen. Auch für deine verfolgte Gemeinde, auch für die Inhaftierten in Äthiopien und anderen Ländern Afrikas, Asiens oder des Ostblocks.
Gib doch, dass sie sich freuen an deinem großen Evangelium und als gebundene Freisinn dich preisen und rühmen, und dass sie der Welt ihr Urteil sprechen als solche, die deiner großen Ewigkeit zuwandern.
Herr, gib uns auch diesen weiten Blick, dass wir uns lösen können von den Zweifeln, die uns so oft lähmen, auch in der Nachfolge, dass wir Täter deines Wortes werden, solche, die du brauchen kannst.
Wir wollen dich bitten, Herr, dass du in dieser Advents- und Weihnachtszeit uns allen viel Freude schenkst über dein Evangelium und dass wir es weiter vermitteln können an all jene, denen wir begegnen.
Und dann wirke du Frucht, dass Menschen sich für dich entscheiden, dass sie neugeboren werden durch deinen Heiligen Geist.
Dieses Wunder erbitten wir, Herr, dass dies geschieht in unserer Stadt, in unserem Volk und in der ganzen Welt, dass noch viele gerettet werden.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz. Wir haben noch einige Mitteilungen.
Wir haben ja im Anschluss an diesen Gottesdienst seit einiger Zeit immer wieder das Angebot eines Nachgesprächs. In unserer Kirche gibt es wenig Gelegenheiten, eine Entscheidung zu treffen oder eine seelsorgerliche Not mit einem verschwiegenen Menschen zu besprechen und darüber zu beten – jetzt im Anschluss drüben im Clubzimmer.
Wir möchten Sie bitten, diese ausgestreckte Hand anzunehmen.
Ich darf auch einmal wieder sagen: Ich merke immer wieder, wie schwer das ist, weil unsere Teilnehmer am Gottesdienst, die aus der alten Tradition der Kirche kommen, immer ein bisschen schwer tun und sagen: „Ja, warum soll ich da jetzt grüßen?“ Die, die neu unter uns sind, wissen kaum, wo Notizenzettel zu haben sind, wo unsere Veranstaltungen stehen, dass es den gelben Zettel gibt, wo unsere Hauskreise aufgeführt sind. So helfen sie einander auch ein wenig zurecht, damit wir immer wieder die Neuen in unserer Mitte richtig begrüßen können und ihnen helfen, dass sie ganz in die Gemeinde hineinfinden.
Wir haben heute noch einmal den Büchertisch hinten aufgebaut. Es ist mir wichtig, dass wir auch Kollegen oder Nachbarn etwas weitergeben, wo sie selbst Klarheit in ihren Lebensfragen finden können.
Da ist vielleicht ein kleines, billiges, gedrucktes Traktat von Heuckelbach zu haben. Darum machen wir immer wieder diese Schriftenmission mit Büchern.
Wir haben hinten auch noch Bildbände, zum Beispiel von Rembrandt, oder Schallplatten, auch Musikkassetten mit dem Schönsten von den Kantaten Johann Sebastian Bachs, die Israelkalender, aber auch viele praktische Bücher zur Glaubenshilfe.
Hinten auf dem Simsons, ganz hinten unter der Empore, liegen noch Briefe von Doktor Kilgus, von Fräulein Zinser, von Fräulein Bastian, und auf der Ablage der Gesangbücher liegt noch der Brief von Jan den Hartog.
Dafür wollen wir Ihnen ganz herzlich danken.
Wir haben von der Gemeinde 12 oder 13 Mark zur Verfügung stellen können, und das ist sicher gut, auch für die Zeit jetzt, wo auch bei der Operation Mobilisation jemand einen Telefondienst dort tun kann.
Sie dürfen gewiss sein, dass das sehr sorgfältig verwaltet wird. Aber eine große Sorge der Familie ist doch weggenommen, und vielen Dank für Ihr Helfen.
Heute ist das Opfer bestimmt für eine Bibelschule bei Paris. Das ist gerade die, wo Fräulein Zinser ist.
La Merle, Frankreich, war einst das Land des Evangeliums. Eine Million Hugenotten kamen in der großen Verfolgung um. Heute ist Frankreich ein sehr gottloses Land, und die Zahl der evangelischen Christen ist ganz klein, und es sind schwache Gemeinden.
Wir freuen uns aber, dass in Frankreich sich sehr viel tut.
Am letzten Sonntag hatten wir den Besuch von Doktor Winston, der Professor an der freien evangelikalen Fakultät von Vauchsur Seine ist. Dort gibt es sogar noch eine zweite in Frankreich.
Dort gibt es diese Bibelschule in La Mollet, die viel wirkt, und sie haben einen Brief geschrieben, dass sie in der Nähe ein Gebäude aufkaufen können und dann das Doppelte an Bibelschülern aufnehmen können.
Wir haben bisher noch nie diese Arbeit unterstützt, aber wissen, dass die französischen Christen allein das nicht tun können und auch manche aus den französischsprachigen Ländern der Dritten Welt dort ihre theologische Ausbildung empfangen.
Wir geben unser Opfer heute für diese Bibelschule in La Merle bei Paris.
Wenn jemand die Adresse interessiert, die steht auf dem roten Brief von Frau Zinser.
Bestattet wurde in der vergangenen Woche Doktor Albin Müller, Regierungsdirektor in Ruhe, 88 Jahre, Nefstraße 16.
Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.
Wir wollen, dass Gott auch uns einschließt in seinen mächtigen Segen.
Herr segne uns und behüte uns, Herr lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig, Herr hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Persönliche Erfahrungen und die Freude am Schenken
Liebe Schwestern und Brüder,
es ist schön, wenn man mit Kindern wenig über die bevorstehende Festzeit sprechen muss. Neulich ist mir Folgendes passiert: Ich habe einen Mitarbeiter angerufen, und dann kam der kleine Stibich, sieben Jahre alt, ans Telefon. Wir haben eine Weile miteinander gesprochen, bis der Vater soweit war, das Gespräch zu übernehmen.
Ich habe ihn gefragt, wie es wohl wird, ob Weihnachten dieses Jahr ausfällt, und habe ein paar dumme Sprüche gemacht. Doch der Junge war ganz sicher: „Nein, nein, das wird prima.“ Ich fragte weiter: „Bist du dir sicher, dass du überhaupt etwas geschenkt bekommst?“ Er antwortete: „Weiß ich nicht.“ Dann fragte ich: „Warum freust du dich denn so?“ Er sagte: „Ich habe etwas für meine Mutter.“
Dann hat er mir noch anvertraut, dass ich es niemandem erzählen darf, damit es nicht laut wird. Er fügte hinzu: „Und ich kann es sogar einpacken. Das wird eine Überraschung für meine Mutter.“ So ist es, wenn man anderen eine Freude machen kann.
Ich muss immer daran denken, wenn ich an unserer Hohenheimer Straße vorbeigehe. Dort hängt seit einiger Zeit so ein dummes Plakat mit der Aufschrift: „Vom Himmel hoch, da kommt nichts mehr.“ Es suggeriert, dass man nichts mehr vom Himmel erwarten kann, als ob nichts mehr käme.
Da möchte ich immer sagen: „Oh, ihr Schwachköpfe, euch würde ich gern das Weihnachtsevangelium erklären.“ Denn Gott hat eine Überraschung für uns bereit, die uns Hören und Sehen vergeht. Nichts, was wir in dieser Welt an diesen Festtagen bieten und schenken können, reicht an das große Gottesgeschenk heran.
Zweifel und Unsicherheit bei Johannes dem Täufer
Wir sind oft erfüllt von den großen Umwälzungen, die Menschen mit neuen Plänen, politischen Ansichten und Heilslehren bewirken. Was da alles kommt! Ach, wenn Gott uns sein Heil bereitet, das ist groß. „Euch ist heute der Heiland geboren“ – wunderbar, wenn sie diese Weihnachtsfreude entdecken und finden.
Aber wir werden heute durch unseren Textabschnitt zu zweifelnden Menschen hingeführt. Darum möchte ich meinen ersten Teil dem Thema der bangen Unsicherheit widmen. Da ist nichts von Freude, nichts von großer Erwartung sichtbar oder spürbar, nur Fragen über Fragen.
Nun ist es ja fast in allen Auslegungsbüchern, die Sie zu diesem Textabschnitt zur Hand nehmen, so, dass davon gesprochen wird, wie Johannes der Täufer plötzlich vom Zweifel geplagt wurde. Ob Sie das auch in Gemeindeblättern lesen oder ein Buch aufschlagen, dann steht dort: Johannes der Täufer hatte seine Vorstellungen von dem Heil, das anbrechen wird, aber er hat sich getäuscht. Und als er dann gar noch in Haft war, kamen die schweren Gedanken und die Depression. Jemand schrieb in diesen Tagen: „Das ist ja nur verständlich. Johannes wartete immer auf die Befreiung, vielleicht doch noch, dass durch ein Eingreifen Gottes er aus dem Gefängnis herausgeführt wird. Und je länger diese Haftzeit dauert, umso deprimierter wird er.“
Liebe Schwestern und Brüder, ich habe die ganze Woche über diese Sache nachgedacht und kann mich dieser Meinung nicht anschließen. War denn Johannes ein solcher Prophet, der, wenn er Widerstand spürt, sofort in Depression verfällt? War er der Mann, der überhaupt abhängig ist vom Erfolg? Das war er doch gar nie. Und Jesus bestätigt noch einmal ausdrücklich, dass er nicht das Rohr war, das im Wind bewegt wird, dass er nicht der Mann ist, der sich nach den Kleidern richtet, die man anzieht. Er war ein Mensch, der nur noch die Stimme Gottes sein wollte.
Aber kam da nicht doch eine Krise? Ich möchte ganz klar sagen: Es gibt eine herrliche Predigt von Karl Heim, die, wenn jemand zufällig zu Hause hat, über das Zweifeln handelt. Und es ist sicher richtig, dass wir an dieser Stelle uns einmal klar werden dürfen, wie schlimm der Zweifel in unserem Jahrhundert geworden ist. Er ist bald zur Christenseuche geworden. Nur möchte ich dem widersprechen, dass wir ihn auch bei Johannes dem Täufer ansiedeln wollen. Er war bis zum Schluss der, den Sie kennen vom Isenheimer Altar mit dem ausgereckten Finger, dessen Jesuszeugnis so klar blieb.
Wir sind zweifelnd, darüber dürfen wir heute reden. Wir sind unsicher, wir sind fragend, aber er streckt den Finger aus. Es ist interessant: Wenn Sie Ausleger zur Hand nehmen – Ludwig Hofacker zur Stelle, Bengel in seinem Gnomon, Oetinger in seinem Predigtband –, dann sagen alle, Johannes der Täufer hat natürlich nicht gezweifelt, aber seine Anhänger, seine Jünger waren in einer Krise. Er hat es immer gesagt: „Das ist das Lamm Gottes, das der Sünde wegträgt.“ Und dann hat er zu Jesus gewiesen. Das hat er seinen Jüngern, seinen Anhängern immer gesagt: „Ihr müsst jetzt zu Jesus gehen, er muss wachsen, ich muss abnehmen.“
Darum war er bestimmt nicht überrascht, als sie ihn ins Gefängnis legten und sein Leben dort in einer furchtbaren Hinrichtung endete. Das war für ihn keine Krise. Er hat schon früh in seiner ganzen Hingabe das gelernt, was Selbstverleugnung heißt. Schon durch seine merkwürdige Speise dort in der Wüste, schon durch die schlichte Kleidung, die er sich anlegte, und dann auch durch sein klares Wort.
Johannes war ja ein so unbeugsamer Mensch, und er war wirklich unbeugsam, auch nicht vom Zweifel beugsam, indem er das bis zum Schluss verkündigt hat. Auch einem Herodes gegenüber hat er die Sünde des Ehebruchs ins Gesicht hinein noch einmal ausgesprochen. Was denken Sie, wie man den Johannes in diesen schrecklichen Kerkern gefoltert hat und sagte: „Nimmst du das nicht noch mal öffentlich zurück?“ Und er sagt: „Ich kann nicht, ich bin die Stimme eines Predigers in der Wüste, und ich kann nicht aufhören, das zu sein, was ich sein muss.“
Johannes war größer als wir, ganz bestimmt, was den Zweifel anbelangt. Schon im Mutterleib war er mit dem Heiligen Geist erfüllt. Und das macht ihn so klarredend und so deutlichredend. Aber seine Anhänger, die waren in der Krise.
Darum noch ein Wort zur bangen Unsicherheit: Johannes hat sie zu Jesus gewiesen, und dann waren sie doch sehr enttäuscht. Sie erlebten nichts, sie sahen nichts. Und dann kamen sie zu Johannes und sagten: „Du, der kann es doch gar nicht sein. Da sieht man gar nichts vom großen, mächtigen Anbruch des Reiches Gottes. Da geschieht nichts Gewaltiges und nichts Großes. Da wird nicht die Macht der politischen Führer zertrümmert, da wird nicht die Welt umgekrempelt und neu gemacht.“
Und Johannes gibt diesen Zweifelnden, diesen Jüngern, den besten Tipp, den man Zweifelnden geben kann: Geht mit euren Zweifeln zu Jesus. Sie können nächtelang mit allen lieben Ratgebern, die sie haben, durchdebattieren, sie kommen nie zur Klarheit. Tragt eure Zweifel und eure Fragen über das Wort Gottes mit Jesus direkt aus.
Sie kamen zu Jesus und sagten: „Bist du es? Bist du der Bringer des neuen Gottesreiches, auf das jahrhundertelang die Väter gewartet haben?“ Das ist nur beim zweiten Mal eine klare Antwort. Jesus gab ihnen zuerst die bange Unsicherheit der Fragenden und dann die klare Antwort.
Jesus gibt ihnen keine neuen Lehren und keine neuen Meinungen. Er sagt: „Macht doch die Augen auf, was seht ihr denn?“ Dort geschehen Wundertaten. Ja, die kann man doch auch anders deuten. Vielleicht war das Zufall, vielleicht war das nur eine eingebildete Krankheit.
Jesus sagt: „Prüft, was ihr erlebt mit Jesus! Blinde sehen, Lahme werfen ihre Krücken weg, der Tote im Stadttor wird erhoben von seiner Bahre.“ Gerade in unserer Zeit würden wir sagen: Ja, aber da haben wir erst recht unsere Zweifel, ob das wirklich so geschieht.
Jetzt müssen Sie sich fragen lassen, ob Sie mit Ihren Zweifeln vielleicht so verheiratet sind, dass Sie sie gar nicht loslassen können. Macht doch die Ohren auf! Da sind neben Ihnen auf der Bank jetzt in der Kirche Leute, die könnten Ihnen nachher etwas erzählen, vielleicht auf dem Heimweg, und sagen: „Ich muss Ihnen auch noch etwas erzählen, was ich mit Jesus erlebt habe.“
Ich habe einen Brief bekommen von einer treuen Kassettenhörerin, und ich lese ihn nur vor, weil sie auf einem ganz anderen Kontinent wohnt, auf einer ganz anderen Seite der Weltkugel. Da schreibt sie von sich:
„Ich schrieb Ihnen ja vor mehreren Monaten über meine Krankheit, dass ich drei Eingriffe hatte. Eine Untersuchung im Juli ergab, dass noch mal im Dezember ein Eingriff gemacht werden muss. Herr Pfarrer, es wurde viel für mich gebetet, so vielerorts. Es war rührend für mich, dies immer wieder hören zu dürfen. ‚Ich bete für Sie.‘ Und was meinen Sie? Die Untersuchung in der vergangenen Woche zeigte, ich brauche nicht operiert zu werden. Meine spontane Antwort an den Arzt war: ‚Das ist eine Gebetserhöhung.‘ Ich habe die volle Tatsache bis heute noch gar nicht ganz geschluckt. Ich kann nur immer von neuem den Kopf schütteln und mich fragen, weshalb mir, weshalb geschieht das Wunder an mir? Mit was habe ich so viel Güte und Gnade verdient, ausgerechnet ich? Vier Monate lang habe ich dieses Wissen der schweren Krankheit mit mir herumgeschleppt, wieder ein Eingriff. Nun hat mich Gott so beschämt.“
Aber dann bleiben die Fragen, die bange Unsicherheit: Warum hat Gott das dieser Frau geschenkt und mir nicht? Warum lässt er Johannes doch noch im Gefängnis, wenn er der Retter und Befreier ist?
Merkt ihr es nicht, dass das nur kleine Zeichen sind, um etwas von der Lebendigkeit und Wirklichkeit des Reiches zu erleben? Das, was in euren Bibeln dann fett gedruckt wird: „Ohne den Armen wird das Evangelium verkündigt.“ Diese Zeichen weisen ja alle nur darauf hin, dass jetzt die große Freudenbotschaft des Evangeliums gilt: Euch ist der Heiland geboren! Nicht nur die Krankenheilung, nicht nur die Gebetserhöhung, nicht nur das Wunder hier und dort, sondern dir will der Heiland ganz nahe kommen, dir will er begegnen.
Meine letzte Frage, die ich in diesem Text richte: Wie werden wir gewiss? Drei Teile heute: die bange Unsicherheit, die klare Antwort Jesu, aber wie werden wir gewiss?
Liebe Schwestern und Brüder, ich denke, Sie werden hier am Gottesdienst jetzt auch sagen: Ich könnte mir denken, dass diese Freunde des Johannes vor diesen Zellenstäben hockten und sagten: „Johannes, wir ahnen, wo wir die Antwort finden können, aber gewiss sind wir wirklich noch nicht. Wir warten immer noch auf eine große Erneuerung.“ Waren nicht die Gedanken der Johannes-Jünger ganz fest gebunden an eine irdische Vorstellung des Reiches Gottes, auf das sie warteten?
So wie wir immer wieder meinen: Wenn Gott kommt, dann muss er doch das Unrecht in meinem Leben beseitigen, dann muss er mich freimachen von diesen Belastungen, dann muss er mir heraushelfen aus dieser Unehre, dann muss er mich sättigen mit langem Leben.
Als dieses Gespräch stattfand, war Jesus noch nicht hinausgeführt auf den Hügel Golgatha. Das folgte erst später, und darum hat Jesus ja hinzugefügt: „Selig, der sich nicht ärgert an mir.“
In jener dunklen Nacht vor der Hinrichtung Jesu hat Jesus noch einmal gesagt, dass keiner an Jesus Ärgernis nehmen soll, weil alle, auch die treuesten Freunde Jesu, immer wieder meinen, das Reich Gottes sei abzulesen an den äußeren Erfahrungen, an den äußeren Siegen, an den äußeren Zeichen. Und sie flohen alle in die dunkle Nacht, als Jesus draußen an dem Kreuzesbalken hing, weil sie nicht verstanden haben, dass da das Reich Gottes doch anbricht, wo Gott den großen Berg der Schuld wegräumt, der zwischen ihm und uns steht, wo er uns als seine Kinder annimmt.
Das Reich Gottes ist angebrochen, denn den Armen wird das Evangelium verkündigt. Ach, das ist doch jedem Glaubenden klar, dass Gott Wunder des größten Ausmaßes wirken kann, aber er will uns von Fühlmenschen, von Tastmenschen zu Glaubensmenschen machen.
Das Reich Gottes ist angebrochen. Sie haben es nicht einmal begriffen, als Jesus schon aus dem Grab herausgekommen war und auferstanden war. Sie hatten sich noch eingeschlossen und verstanden es nicht.
Ich muss jetzt daran denken, ob Sie die Botschaft dieses Tages heute am dritten Advent verstehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Johannes wusste, was geschah. Er sagte: „Ich gehe hin, ich lege meinen Kopf auf das Schafott, fröhlich, weil ich meinen Lauf vollendet habe, den mir Gott aufgetragen hat.“
Und vielleicht sind es doch die Christen, die heute schwer geführt werden, die es besser verstehen als wir, dass Weihnachten sich nicht erschöpft in äußeren Freuden und Lichterglanz. Da, wo mir das Reich genommen, da Fried und Freude lacht, da bist du mein Heilkommen und hast mich froh gemacht – so singt Paul Gerhardt doch auch in dem Lied: „Aller Trost und alle Freude ruht in dir, Herr Jesus Christ.“ Selig, wer nicht Ärgernis nimmt an mir.
Wenn Sie in diesen Tagen so Jesus Christus aufnehmen in Ihrem Leben und sagen: Ich bin dieses Jahr besonders schwer geführt, sagen Sie: Ich komme mir vor wie im Knast, wie der Johannes mit den Gitterstäben, und die Lebenspläne sind durchgestrichen, und ich kann nicht mehr raus, die Hände gebunden. Manche von Ihnen müssen so schwer hindurch.
Sagt: „Was ihr seht: Das Reich Gottes ist doch angebrochen. Das Reich Gottes ist angebrochen mit Jesus Christus, auch wenn wir es nicht fühlen, auch wenn wir es nicht sehen, auch wenn wir manchmal nur ganz kleine Auswirkungen von der Macht Jesu sehen. Wunderzeichen, die uns zu Jesus führen, zum Glauben, nicht zum Betasten, zum Glauben.“
Jesus sagt ein großes Wort von Johannes: Er sei der Größte gewesen von allen, die von Frauen geboren wurden, größer als Ho Chi Minh und Sokrates, Onereo und Stalin oder Händel oder Bach oder Schiller oder Goethe. Johannes war größer. Machen Sie ihn bitte nicht zum Zweifler. Er war ein toller Mann, Prediger Gottes, ein Vorläufer Jesu.
Aber Jesus fügt etwas hinzu: Der Kleinste im Himmelreich, drüben in der Kindergruppe, ein Kind, das auf dem Stühlchen sitzt im Kindergarten und Jesus liebt, ist noch größer als Johannes der Täufer.
Warum denn? Weil da das Wunder geschieht, das Jesus neugeborene Menschen macht. Durch den Glauben, in denen er Wohnung nimmt, da bricht das Reich Gottes an. Johannes steht noch vor der Tür. Er hat das größte aller Wunder noch nicht erlebt, dass Jesus in unserem Leben Herr und Meister wird und dass unser ganzes Leben ihm dienen darf, ein Stück seines Reiches zu sein.
„Selig, wer nicht Ärgernis nimmt an mir!“ Möchte ich Sie heute am Schluss der Predigt fragen: Sind Sie größer als Johannes? Haben Sie Ihren Zweifel unter die Füße bekommen und sagen: Ja, ich gehöre Jesus ganz und völlig, ich habe mein Leben ihm geöffnet, ziehe ein in mein Leben. Komm, Herr Jesus, zu mir! Amen.
Nun singen wir noch von diesem Paul Gerhardt Lied: „Warum willst du draußen stehen?“ Nr. 402. Die weiteren Verse, in denen er das auslegt, gehen in das bedrängte und angsterfüllte Leben hinein, Verse 4, 5, 6 und 7.
Wir wollen beten: Lieber Herr, du weißt, wie wir in unseren Gefängnissen uns oft auflehnen gegen das Unrecht, das uns widerfährt, gegen die zerschlagenen Lebenspläne, gegen die Krankheit, gegen die Menschen, die uns so viel Böses zufügen. Jetzt hilf uns doch, dass wir dein großes Evangelium verstehen und ausleben können, so wie es viele um uns her zeugnishaft tun.
Wir wollen jetzt für die bitten, die im Krankenlager sind, und für die Alten, die schwere Wege geführt werden. Auch für deine verfolgte Gemeinde, auch für die Inhaftierten in Äthiopien und in anderen Ländern Afrikas, Asiens oder des Ostblocks. Gib doch, dass sie sich freuen an deinem großen Evangelium und als gebundene Freisinnige dich preisen und rühmen und dass sie der Welt ihr Urteil sprechen als solche, die deiner großen Ewigkeit zuwandern.
Herr, gib uns auch diesen weiten Blick, dass wir uns lösen können von den Zweifeln, die uns so oft lähmen, auch in der Nachfolge, dass wir Täter deines Wortes werden, solche, die du brauchen kannst.
Wir wollen dich bitten, Herr, dass du in dieser Advents- und Weihnachtszeit uns allen viel Freude schenkst über dein Evangelium und dass wir es weiter vermitteln können all denen, denen wir begegnen. Und dann wirke du Frucht, dass Menschen sich entscheiden für dich, dass sie neugeborene werden durch deinen Heiligen Geist.
Dieses Wunder erbitten wir, Herr, dass dies geschieht in unserer Stadt, in unserem Volk und in der ganzen Welt, dass noch viele gerettet werden.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz, wir haben noch einige Mitteilungen.
Wir haben ja im Anschluss an diesen Gottesdienst seit einiger Zeit immer wieder das Angebot eines Nachgesprächs. In unserer Kirche gibt es wenig Gelegenheiten, eine Entscheidung zu treffen oder eine seelsorgerliche Not mit einem verschwiegenen Menschen zu bereden und darüber zu beten. Jetzt, im Anschluss, drüben im Clubzimmer, möchten wir Sie bitten, diese ausgestreckte Hand anzunehmen.
Ich darf auch einmal wieder sagen: Ich merke immer wieder, wie schwer das ist, weil unsere Teilnehmer am Gottesdienst, die aus der alten Tradition der Kirche kommen, immer ein bisschen schwer tun und sagen: „Ja, warum soll ich da jetzt grüßen und so weiter?“ Die, die neu unter uns sind, wissen kaum, wo Notizenzettel zu haben sind, wo unsere Veranstaltungen stehen, dass es da den gelben Zettel gibt, wo unsere Hauskreise aufgeführt sind. So helfen sie einander auch ein wenig zurecht, damit wir immer wieder die Neuen in unserer Mitte richtig begrüßen können und auch ihnen helfen, dass sie ganz in die Gemeinde hineinfinden können.
Wir haben heute noch einmal den Büchertisch hinten aufgebaut. Es ist mir wichtig, dass wir auch Kollegen oder Nachbarn etwas weitergeben, wo sie selbst Klarheit in ihren Lebensfragen finden können. Da ist vielleicht ein kleines, billiges, gedrucktes Traktat von Heuckelbach zu billig. Darum machen wir immer wieder diese Schriftenmission mit Büchern.
Wir haben hinten auch noch Bildbände, auch die von Rembrandt, oder Schallplatten, auch diese Musikkassetten mit dem Schönsten von den Kantaten Johann Sebastian Bachs, die Israelkalender, aber auch viele praktische Bücher zur Glaubenshilfe.
Hinten auf dem Sims ganz hinten unter der Empore liegen noch diese Briefe von Doktor Kilgus, von Fräulein Zinser, von Fräulein Bastian, und auf der Ablage der Gesangbücher liegt noch der Brief von Jan den Hartog. Da wollen wir Ihnen ganz herzlich danken.
Wir haben von der Gemeinde 12 oder 13 Mark zur Verfügung stellen können, und das ist sicher gut, auch für die Zeit jetzt, wo auch bei der Operation Mobilisation ein Telefondienst dort sein wird. Sie dürfen gewiss sein, dass das sehr sorgfältig verwaltet wird. Aber eine große Sorge der Familie ist doch weggenommen, und vielen Dank für Ihr Helfen.
Heute ist das Opfer bestimmt für eine Bibelschule bei Paris, das ist gerade die, wo Fräulein Zinser ist, La Merle. Frankreich war einst das Land des Evangeliums, eine Million Hugenotten kamen in der großen Verfolgung um. Heute ist Frankreich ein sehr gottloses Land, und die Zahl der evangelischen Christen ist ganz klein, und es sind schwache Gemeinden. Wir freuen uns aber, dass in Frankreich sich sehr viel tut.
Am letzten Sonntag hatten wir den Besuch von Doktor Winston, der Professor ist an der freien evangelikalen Fakultät von Vauchsur Seine. Da gibt es sogar noch eine zweite in Frankreich, und da gibt es diese Bibelschule in La Mollet, die viel wirkt. Sie haben einen Brief geschrieben, dass sie in der Nähe ein Gebäude aufkaufen können und dann das Doppelte an Bibelschülern aufnehmen können.
Wir haben bisher noch nie diese Arbeit unterstützt, aber wissen, wie die französischen Christen allein nicht tun können und wie auch manche aus den französischsprachigen Ländern der Dritten Welt dort ihre theologische Ausbildung empfangen. Wir geben unser Opfer heute für diese Bibelschule in La Merle bei Paris. Wenn jemand die Adresse interessiert, die steht auf dem roten Brief von Frau Zinser.
Bestattet wurde in der vergangenen Woche Doktor Albin Müller, Regierungsdirektor i. R., 88 Jahre, Nefstraße 16. Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.
Wir wollen, dass Gott auch uns einschließt in seinen mächtigen Segen. Herr segne uns und behüte uns, Herr lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig, Herr hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Zeugnisse von Heilung und Gebetserhörung
Ich habe einen Brief von einer treuen Kassettenhörerin erhalten. Ich lese ihn nur vor, weil sie auf einem ganz anderen Kontinent lebt, auf der anderen Seite der Weltkugel. In ihrem Brief schreibt sie von sich:
„Ich schrieb Ihnen ja vor mehreren Monaten über meine Krankheit, dass ich drei Eingriffe hatte. Eine Untersuchung im Juli ergab, dass im Dezember noch einmal ein Eingriff notwendig sein würde.
Herr Pfarrer, es wurde viel für mich gebetet, an so vielen Orten. Es war rührend für mich, dies immer wieder hören zu dürfen. Ich bete für Sie. Und was meinen Sie? Die Untersuchung in der vergangenen Woche zeigte: Ich muss nicht operiert werden.
Meine spontane Antwort an den Arzt war: Das ist eine Gebetserhörung. Die volle Tatsache habe ich bis heute noch gar nicht ganz verarbeitet. Ich kann nur immer wieder den Kopf schütteln und mich fragen, weshalb mir dieses Wunder geschieht. Wodurch habe ich so viel Güte und Gnade verdient – ausgerechnet ich?
Vier Monate lang habe ich das Wissen um die schwere Krankheit mit mir herumgetragen, den bevorstehenden Eingriff. Nun hat mich Gott so beschämt. Doch bleiben die Fragen, die bange Unsicherheit: Warum hat Gott das dieser Frau geschenkt und mir nicht? Warum lässt er Johannes noch im Gefängnis, wenn er doch der Ritter und Befreier ist?
Merkt ihr es nicht? Das sind nur kleine Zeichen, um etwas von der Lebendigkeit und Wirklichkeit des Reiches zu erleben. Das, was in euren Bibeln dann fett gedruckt wird. Ohne den Armen wird das Evangelium verkündigt.
Diese Zeichen weisen alle nur darauf hin, dass jetzt die große Freudenbotschaft des Evangeliums gilt: Euch ist der Heiland geboren. Nicht nur die Krankenheilung, nicht nur die Gebetserhörung, nicht nur das Wunder hier und dort. Sondern dir will der Heiland ganz nahekommen, dir will er begegnen.“
Wie werden wir gewiss? Von Unsicherheit zur Gewissheit im Glauben
Meine letzte Frage, die ich in diesem Text richte, lautet: Wie werden wir gewiss? Heute betrachten wir drei Teile: die bange Unsicherheit, die klare Antwort Jesu und schließlich die Frage, wie wir wirklich Gewissheit erlangen können.
Liebe Schwestern und Brüder, ich denke, Sie werden beim Gottesdienst jetzt auch sagen: Ich könnte mir vorstellen, dass diese Freunde des Johannes vor den Gitterstäben saßen und sagten: Johannes, wir ahnen, wo wir die Antwort finden können, aber wirklich gewiss sind wir noch nicht. Wir warten immer noch auf eine große Erneuerung. Waren die Gedanken der Jünger Johannes’ nicht ganz fest an eine irdische Vorstellung des Reiches Gottes gebunden, auf das sie warteten? So wie wir immer wieder meinen: Wenn Gott kommt, dann muss er doch das Unrecht in meinem Leben beseitigen, mich freimachen von diesen Belastungen, mich heraushelfen aus dieser Unehre, mich sättigen mit langem Leben.
Als dieses Gespräch stattfand, war Jesus noch nicht hinausgeführt auf den Hügel Golgatha. Das folgte erst später. Darum hat Jesus ja hinzugefügt: Selig, der sich nicht ärgert an mir. In jener dunklen Nacht vor der Hinrichtung Jesu hat er noch einmal gesagt, dass niemand Anstoß an Jesus nehmen soll. Denn alle, auch die treuesten Freunde Jesu, meinten immer wieder, das Reich Gottes sei abzulesen an den äußeren Erfahrungen, an den äußeren Siegen, an den äußeren Zeichen.
Sie flohen alle in die dunkle Nacht, als Jesus draußen an dem Kreuzesbalken hing, weil sie nicht verstanden hatten, dass dort das Reich Gottes doch anbricht. Wo Gott den großen Berg der Schuld wegräumt, der zwischen ihm und uns steht, wo er uns als seine Kinder annimmt. Das Reich Gottes ist angebrochen, denn den Armen wird das Evangelium verkündigt.
Ach, das ist doch jedem Glaubenden klar: Gott kann Wunder von größtem Ausmaß wirken. Aber er will uns von Fühlmenschen, von Tastmenschen zu Glaubensmenschen machen. Das Reich Gottes ist angebrochen. Sie haben es nicht einmal begriffen, als Jesus schon aus dem Grab herausgekommen und auferstanden war. Sie hatten sich noch eingeschlossen und verstanden es nicht.
Ich muss jetzt daran denken, ob Sie die Botschaft dieses Tages, heute am dritten Advent, verstehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Johannes wusste, was geschah. Er sagte: „Ich gehe hin, ich lege meinen Kopf auf das Schafott, fröhlich, weil ich meinen Lauf vollendet habe, den mir Gott aufgetragen hat.“ Und vielleicht sind es doch die Christen, die heute schwer geführt werden, die es besser verstehen als wir, dass Weihnachten sich nicht erschöpft in äußeren Freuden und Lichterglanz.
Da, wo mir das Reich genommen wird, da Friede und Freude lacht, da bist du mein Heilkommen und hast mich froh gemacht – so singt Paul Gerhardt auch in dem Lied. „Aller Trost und alle Freude ruht in dir, Herr Jesus Christ. Selig, wer nicht Ärgernis nimmt an mir.“
Wenn Sie in diesen Tagen Jesus Christus in Ihr Leben aufnehmen und sagen: Dieses Jahr bin ich besonders schwer geführt, dann sagen Sie: Ich komme mir vor wie im Gefängnis, wie Johannes mit den Gitterstäben, und die Lebenspläne sind durchgestrichen. Ich kann nicht mehr raus, die Hände sind gebunden. Manche von Ihnen müssen so schwer hindurch.
Sagen Sie: Was ihr seht, das Reich Gottes ist doch angebrochen. Das Reich Gottes ist angebrochen mit Jesus Christus, auch wenn wir es nicht fühlen, auch wenn wir es nicht sehen, auch wenn wir manchmal nur ganz kleine Auswirkungen von der Macht Jesu erleben. Wunderzeichen, die uns zu Jesus führen – zum Glauben, nicht zum Betasten, sondern zum Glauben.
Jesus sagt ein großes Wort über Johannes: Er sei der größte gewesen von allen, die von Frauen geboren wurden. Größer als Ho Chi Minh und Sokrates, Onore und Stalin, oder Händel, Bach, Schiller oder Goethe. Johannes war größer. Machen Sie ihn bitte nicht zum Zweifeln. Er war ein großartiger Mann, Prediger Gottes, ein Vorläufer Jesu.
Aber Jesus fügt etwas hinzu: Der Kleinste im Himmelreich, zum Beispiel ein Kind, das auf einem Stühlchen sitzt im Kindergarten und Jesus liebt, ist noch größer als Johannes der Täufer. Warum? Weil dort das Wunder geschieht, das Jesus neu geborene Menschen macht. Durch den Glauben, in denen er Wohnung nimmt, da bricht das Reich Gottes an.
Johannes steht noch vor der Tür. Er hat das größte aller Wunder noch nicht erlebt: dass Jesus in unserem Leben Herr und Meister wird und dass unser ganzes Leben ihm dienen darf, ein Stück seines Reiches zu sein. Selig, wer nicht Ärgernis nimmt an mir.
Ich möchte Sie heute am Schluss der Predigt fragen, ob Sie größer sind als Johannes, ob Sie Ihren Zweifel unter die Füße bekommen haben und sagen: Ja, ich gehöre Jesus ganz und völlig. Ich habe mein Leben ihm geöffnet. Ziehe ein in mein Leben. Komm, Herr Jesus, zu mir! Amen!
Abschlusslied und Fürbitte
Nun singen wir noch von diesem Paul-Gerhardt-Lied: „Warum willst du draußen stehen?“ (Nr. 402). Die weiteren Verse, in denen er das auslegt, beziehen sich auf das bedrängte und angsterfüllte Leben. Die Verse 4, 5, 6 und 7 wollen wir beten.
Lieber Herr, du weißt, wie wir in unseren Gefängnissen uns oft auflehnen gegen das Unrecht, das uns widerfährt, gegen die zerschlagenen Lebenspläne, gegen die Krankheit und gegen die Menschen, die uns so viel Böses zufügen.
Hilf uns jetzt, dass wir dein großes Evangelium verstehen und es ausleben können, so wie es viele um uns herum zeugnishaft tun. Wir wollen jetzt für die bitten, die im Krankenlager sind, und für die Alten, die schwere Wege gehen müssen.
Auch für deine verfolgte Gemeinde und für die Inhaftierten in Äthiopien sowie in anderen Ländern Afrikas, Asiens oder des Ostblocks bitten wir. Gib doch, dass sie sich freuen an deinem großen Evangelium und als gebundene Freie dich preisen und rühmen.
Lass sie der Welt ihr Urteil sprechen als solche, die deiner großen Ewigkeit zuwandern. Herr, gib uns auch diesen weiten Blick, damit wir uns lösen können von den Zweifeln, die uns so oft lähmen, auch in der Nachfolge.
Lass uns Täter deines Wortes werden, solche, die du brauchen kannst. Wir wollen dich bitten, Herr, dass du uns in dieser Advents- und Weihnachtszeit allen viel Freude schenkst über dein Evangelium.
Schenke uns, dass wir es weiter vermitteln können an all jene, denen wir begegnen. Wir bitten dich: Wirke Frucht, dass Menschen sich für dich entscheiden und durch deinen Heiligen Geist neugeboren werden.
Dieses Wunder erbitten wir, Herr, dass es geschieht in unserer Stadt, in unserem Volk und in der ganzen Welt, damit noch viele gerettet werden.
Vaterunser und Gemeindemitteilungen
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz, wir haben noch einige Mitteilungen.
Seit einiger Zeit gibt es im Anschluss an diesen Gottesdienst immer wieder das Angebot eines Nachgesprächs. In unserer Kirche gibt es wenig Gelegenheiten, eine Entscheidung zu treffen oder eine seelsorgerliche Not mit einem verschwiegenen Menschen zu besprechen und darüber zu beten. Diese Gelegenheit bieten wir jetzt im Anschluss drüben im Clubzimmer an.
Wir möchten Sie bitten, diese ausgestreckte Hand anzunehmen. Ich darf auch einmal wieder sagen, dass ich immer wieder merke, wie schwer das ist. Unsere Teilnehmer am Gottesdienst, die aus der alten Tradition der Kirche kommen, tun sich oft etwas schwer und fragen: „Warum soll ich da jetzt grüßen?“ Die, die neu unter uns sind, wissen kaum, wo der Notizenzettel zu finden ist, wo unsere Veranstaltungen stehen oder dass es den gelben Zettel gibt, auf dem unsere Hauskreise aufgeführt sind. Deshalb helfen sie einander auch ein wenig zurecht, damit wir immer wieder die Neuen in unserer Mitte richtig begrüßen können und ihnen helfen, ganz in die Gemeinde hineinzufinden.
Wir haben heute noch einmal den Büchertisch hinten aufgebaut. Es ist mir wichtig, dass wir auch Kollegen oder Nachbarn etwas weitergeben, womit sie selbst Klarheit in ihren Lebensfragen finden können. Da ist vielleicht ein kleines, günstiges, gedrucktes Traktat von Heuckelbach zu billig. Darum machen wir immer wieder diese Schriftenmission mit Büchern.
Wir haben hinten auch noch Bildbände, zum Beispiel von Rembrandt, oder Schallplatten sowie Musikkassetten mit dem Schönsten von den Kantaten Johann Sebastian Bachs. Außerdem gibt es Israelkalender und viele praktische Bücher zur Glaubenshilfe.
Ganz hinten unter der Empore liegen noch Briefe von Doktor Kilgus, von Fräulein Zinser und von Fräulein Bastian. Auf der Ablage der Gesangsbücher liegt außerdem der Brief von Jan den Hartog. Dafür wollen wir Ihnen ganz herzlich danken.
Wir haben von der Gemeinde 12 oder 13 Mark zur Verfügung stellen können. Das ist sicher gut, auch für die Zeit jetzt, in der auch bei der Operation Mobilisation ein Telefondienst geleistet wird. Sie dürfen gewiss sein, dass das sehr sorgfältig verwaltet wird. Eine große Sorge der Familie ist dadurch weggenommen worden. Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Heute ist das Opfer bestimmt für eine Bibelschule bei Paris, wo Fräulein Zinser ist: La Merle. Frankreich war einst das Land des Evangeliums. Eine Million Hugenotten kamen in der großen Verfolgung um. Heute ist Frankreich ein sehr gottloses Land, und die Zahl der evangelischen Christen ist sehr klein. Es sind schwache Gemeinden, doch wir freuen uns, dass sich in Frankreich sehr viel tut.
Am letzten Sonntag hatten wir den Besuch von Doktor Winston, der Professor an der freien evangelikalen Fakultät von Vauchsur Seine ist. Dort gibt es sogar noch eine zweite Fakultät in Frankreich. Außerdem gibt es die Bibelschule in La Mollet, die viel wirkt. Sie haben einen Brief geschrieben, dass sie in der Nähe ein Gebäude aufkaufen können. Damit könnten sie die doppelte Anzahl an Bibelschülern aufnehmen.
Wir haben bisher noch nie diese Arbeit unterstützt, wissen aber, dass die französischen Christen das allein nicht schaffen können. Auch manche aus den französischsprachigen Ländern der Dritten Welt erhalten dort ihre theologische Ausbildung. Deshalb geben wir unser Opfer heute für diese Bibelschule in La Merle bei Paris.
Wenn jemand die Adresse interessiert, sie steht auf dem roten Brief von Frau Zinser.
Bestattet wurde in der vergangenen Woche Doktor Albin Müller, Regierungsdirektor i. R., 88 Jahre, Nefstraße 16.
Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.
Wir wollen, dass Gott auch uns einschließt in seinen mächtigen Segen:
Herr, segne uns und behüte uns,
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig,
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
