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20.11.20071. Korinther 13,1-8
Liebe ist mehr als ein Gefühl – was meint die Bibel wirklich? Warum ist Gottes Liebe anders, und wie kann sie auch in uns wachsen? Erfahre, was „Agape“ bedeutet, warum Liebe größer als Glaube ist und wie der Heilige Geist uns befähigt, sogar Feinde zu lieben. Wie kann es sein, dass wir uns selbst lieben dürfen, ohne egoistisch zu sein? Und warum will Gott nicht nur Gehorsam, sondern echte Liebe? Bist du bereit, Liebe neu zu entdecken – aus Gottes Liebe zu leben?

Einführung in das Thema Liebe

So, auch von meiner Seite ein herzliches Guten Abend euch allen. Ich habe heute Abend Bibelstunde. Wer sich erinnert: Vor einigen Wochen hatten wir damit angefangen. Es war das erste Mal, dass wir uns einen biblischen Begriff angeschaut haben. Ich weiß nicht, ob ihr euch erinnert – es ging um das Reich Gottes, das Himmelreich. Im Gesamten gesehen ist der Anfang gut, das Ende leider gar nicht mehr so gut.

Im Detail haben wir gesehen: Das Reich Gottes ist in uns. Heute soll es auch um einen biblischen Begriff gehen, und zwar um den Begriff Liebe. Das kommt zum einen daher, weil wir gerade ein Jugendwochenende mit diesem Thema hinter uns haben. Als ich Horst das vorgeschlagen habe, dachte er, ja, ja, ist klar. Das Thema ist gerade natürlich hochaktuell. Und heute ist meine erste Bibelstunde, die ich halte, mit Ring am Finger und so. Dann hat er gedacht, okay, das liegt vielleicht daran.

Aber es liegt gar nicht so sehr daran, sondern weil ich glaube, dass es ein Begriff ist, den wir neu definieren müssen. Ich habe dann alle Stellen, in denen es um Liebe geht, in der Bibel rausgedruckt und bin auf zehn kleingedruckte Seiten gekommen. Da hat jemand gestaunt: So viel steht über Liebe in der Bibel!

Weil so viel drinsteht und unter anderem, dass die Liebe die Erfüllung des Gesetzes ist, glaube ich, dass es sich lohnt, sich über Liebe zu unterhalten und diesen Begriff mal näher anzuschauen.

Ich möchte zu Anfang eine ganz steile Behauptung loswerden. Diese Behauptung lautet: Gott liegt gar nicht so sehr daran, dass Menschen seine Gebote halten. Es gibt etwas, das ihm viel wichtiger ist. Ihr dürft mich gern korrigieren, aber bitte wartet das Ende dieser Bibelstunde ab. Ich sage: Es gibt Dinge, die Gott wichtiger sind als die Einhaltung seiner Gebote.

Die Bedeutung von Begriffen am Beispiel Liebe

Wenn wir uns also mit biblischen Begriffen beschäftigen – das nur zur Einleitung –, dann ist es wichtig, diese Begriffe klar zu definieren.

Ich möchte das mit einer kleinen Geschichte illustrieren, die ich einmal gehört habe: Einige Leute machen eine Gletscherwanderung. Sie laufen über einen Gletscher und kommen an eine große Spalte. Einer von ihnen schaut in diese Spalte hinein, bekommt einen traurigen Gesichtsausdruck und sagt: „Da ist letztes Jahr mein Führer hineingefallen.“ Die anderen schauen betroffen und denken, ja, das ist eine traurige Geschichte.

Dann sagt er aber: „So schlimm war es nicht. Er war schon ziemlich alt und hatte auch schon ein paar Seiten verloren.“

Er sprach dabei nicht von einem Menschen, der ihn geführt hat, sondern von einem Buch, das ihm in die Spalte gefallen war – einem Buch über Gletscher.

Versteht ihr? Es ist wichtig, Begriffe zu definieren, denn sonst redet der eine vom einen und der andere vom anderen. Sie benutzen denselben Begriff, sprechen aber von ganz unterschiedlichen Dingen.

Ich befürchte, dass es beim Begriff „Liebe“ manchmal genauso ist. Es kommt darauf an, wen wir fragen, was Liebe ist, wie wir sie verstehen und was wir daraus machen.

Fragen wir heute eine Jugendzeitschrift, dann lautet die Antwort oft: Liebe ist Sex, Liebe spielt sich im Bett ab.

Fragen wir Shakespeare, dann sagt er: „Liebe ist eine Krankheit voller Wehen“ – so hat er es gedichtet.

Oder hören wir in normalen Liebesliedern, die heute im Radio laufen, dann hören wir Sätze wie: „Love never has to say I'm sorry“ – Liebe muss nie sagen: Es tut mir leid.

Ein Prediger, der einmal über dieses Thema sprach, sagte: „Wisst ihr, ich liebe meine Hasen und ich liebe meine Frau. Wenn das das Gleiche ist, warum frage ich mich dann, müssen die Hasen draußen bleiben, wenn es regnet, und meine Frau darf rein?“

Also kann es ja nicht dasselbe sein.

Anhand dieser Beispiele sehen wir, dass es gar nicht so leicht ist, Liebe zu definieren.

Was ist denn eigentlich Liebe?

Die biblische Perspektive auf Liebe

Und darum soll es heute Abend gehen: Was meint die Bibel, wenn sie von Liebe spricht? Die Bibel ist ja auf Deutsch geschrieben. Zum Glück ist das Neue Testament nicht auf Deutsch verfasst, denn dort kann Liebe etwas genauer beschrieben werden.

Ihr habt es wahrscheinlich schon gehört, die meisten von euch kennen das – es ist ein alter Hut. Aber ich wiederhole es einfach noch kurz: Es gibt im Griechischen drei Hauptbegriffe für Liebe. Es gibt zwar noch mehr, doch drei Hauptbegriffe sind besonders wichtig.

Erstens gibt es das Wort Eros für die körperliche Liebe. Dieses Wort kommt im Neuen Testament gar nicht vor. Zweitens gibt es das Wort Phileo für die freundschaftliche Liebe. Diese Liebe beruht auf Gegenseitigkeit und ist abhängig von der Reaktion des Geliebten. Drittens gibt es Agape, die göttliche, bedingungslose Liebe.

Jetzt stellt sich die Frage: Wenn wir diese drei Arten von Liebe haben, was meint dann die Bibel, wenn sie von Liebe spricht? Wenn ich euch jetzt fragen würde, welches Kapitel der Bibel euch zum Thema Liebe einfällt, dann denke ich, dass ich eine Antwort höre – und das ist das Kapitel, das man auch oft auf Hochzeiten hört. Das ist natürlich 1. Korinther 13.

Dieses Kapitel haben wir uns auch beim Jugendwochenende angeschaut. Ihr dürft es jetzt mal kurz mit mir zusammen aufschlagen. Dort schauen wir uns diese Begriffe an, wie hier Liebe definiert beziehungsweise beschrieben wird.

Die Beschreibung der Liebe in 1. Korinther 13

Ich möchte 1. Korinther 13, Verse 1 bis 8 lesen. Dort steht:

Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel redete, aber keine Liebe hätte, wäre ich wie ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
Und wenn ich Weissagung hätte und alle Geheimnisse wüsste sowie alle Erkenntnis besäße und allen Glauben hätte, so dass ich sogar Berge versetzen könnte, aber keine Liebe hätte, wäre ich nichts.
Und wenn ich all meine Habe austeilte und meinen Leib hingäbe, damit ich verbrannt würde, aber keine Liebe hätte, nützte mir das nichts.

Die Liebe ist langmütig und gütig. Sie beneidet nicht, prahlt nicht und bläht sich nicht auf. Sie ist nicht unanständig, sucht nicht das Ihre, lässt sich nicht erbittern und rechnet das Böse nicht zu.
Sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sondern freut sich an der Wahrheit.
Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles und erduldet alles.

Die Liebe hört niemals auf. Aber seien es Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; seien es Erkenntnisse, sie werden weggetan werden.

In Vers 13 heißt es abschließend:
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.

Interessant ist, dass die Liebe größer ist als der Glaube.

Die praktische Bedeutung der Liebe

Wenn wir uns die hier erwähnten Begriffe anschauen, klingen sie zunächst sehr schön. Bei einer Hochzeit passen sie gut zusammen, und manchmal wirken sie fast schon ein bisschen romantisch. Solche Gedanken können uns kommen, wenn wir dieses Kapitel lesen.

Doch wenn wir selbst vor der Herausforderung stehen, diesen Worten gerecht zu werden, sieht die Sache schon anders aus. Dann fragen wir uns: Bin ich wirklich langmütig? Was bedeutet langmütig überhaupt?

Ich möchte diese Begriffe kurz definieren, damit wir uns besser vorstellen können, was gemeint ist. Oft lesen wir sie nur schnell und übersehen dabei vieles.

Langmütig bedeutet, geduldig zu sein. Liebe hat einen langen Atem. Gütig heißt in anderen Übersetzungen auch freundlich zu sein. Das bedeutet, sie ist nachsichtig und sieht lieber das Positive als das Negative.

Sie beneidet nicht. Sie kann dem anderen wirklich alles gönnen und ist nicht eifersüchtig. Sie prahlt nicht, heute würde man sagen, sie ist nicht angeberisch. Sie stellt sich nicht in den Mittelpunkt.

Wenn ich diese Begriffe so definiere, frage ich mich immer im Hinterkopf: Bin ich so? Mir geht es oft so, vielleicht könnt ihr euch diese Frage auch stellen.

Weiter heißt es, sie ist nicht unanständig, sondern taktvoll und nicht rücksichtslos. Sie sucht nicht das Ihre, das heißt, Egoismus ist ausgeschlossen. Liebe ist das Gegenteil von Egoismus.

Sie sucht nicht das Ihre. In 1. Korinther 13 steht, dass sie sich nicht erbittern lässt. Man kann auch sagen, sie ist nicht nachtragend und nimmt keine Rache.

Es heißt außerdem, sie freut sich nicht an Ungerechtigkeit. Liebe ist also so, dass sie sich freut, wenn Gerechtigkeit geübt wird. Nicht schadenfroh, wie: „Ja, dem geschieht es jetzt recht, den habe ich sowieso schon auf dem Kieker.“

Sie freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sondern – wie es hier steht – an der Wahrheit. Wenn Wahres gesprochen, Wahres geredet und wahr geurteilt wird, wenn die Wahrheit siegt, dann freut sie sich.

Abschließend heißt es, sie erträgt alles, glaubt alles und hofft alles. Sie gibt die Hoffnung also nie auf. Sie erduldet alles. In einer anderen Übersetzung steht, sie hält durch – bis zum Ende.

Bin ich so? Gebe ich die Hoffnung nie auf? Denke ich zuerst an andere? Bin ich jemand, der sich nicht in den Mittelpunkt stellt und nicht zu hoch von sich denkt?

In welchen Situationen in der letzten Woche war ich vielleicht so – oder vielleicht ganz anders?

Die Art der Liebe, die die Bibel fordert

Und wenn wir darüber nachdenken, um welche Art von Liebe es sich handelt, wird uns klar: Eros, die körperliche Liebe, kommt nicht in Frage. Ebenso wenig ist es Phileo, die freundschaftliche Liebe, die auf Gegenseitigkeit beruht. Es bleibt nur eine Möglichkeit: die Agape-Liebe, von der auch Paulus hier spricht.

Damit wird auch eines deutlich: Es ist nicht meine eigene Liebe. Wenn ich mit diesen Anforderungen konfrontiert werde, habe ich keine Chance. Trotzdem fordert die Bibel uns auf, genau so zu lieben.

Vielleicht fallen euch ja einige Bibelstellen ein. Wir können es hier jetzt ein wenig interaktiv gestalten. Wem fällt eine Bibelstelle ein, in der die Bibel zur Liebe auffordert? Ihr dürft euch jetzt melden – laut genug, dass es alle hören. Ich werde es dann versuchen zu wiederholen, ja?

Aufforderungen zur Liebe in der Bibel

 Römer 12, Verse 9 und 10: Ich lese es gleich mal vor, dann haben wir es hier am Mikrofon. Dort steht: „Die Liebe sei ungeheuchelt. Hasst das Böse, haltet fest am Guten. In der Bruderliebe seid herzlich gegeneinander. In der Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor.“

Also, wir haben die Brüder, die wir lieben sollen. Dankeschön! Wem fällt noch etwas ein? Aufforderungen zur Liebe.

 Johannes 15? Ja? Weißt du genau den Vers? Vers 12: „Das ist mein Gebot, ganz genau, dass ihr euch untereinander liebt, gleich wie ich euch geliebt habe. Größere Liebe hat niemand, als dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“

Also, wir haben die Brüder und die Freunde, die wir lieben sollen, jawohl. Wem fällt noch etwas ein?

 Kolosser 3, Vers 14, jawohl. Ich schlage es gerade mal kurz auf. Dort steht: „Über dies alles aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist.“ Dankeschön, das ist auch allgemein gesprochen jetzt noch, ja.

 1. Johannes 4,16-17: Auch diese Stelle lese ich kurz vor, ihr seid ja sehr fit. Dort heißt es: „Und wir haben die Liebe erkannt und geglaubt, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Darin ist die Liebe bei uns vollkommen geworden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts, denn gleich wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt.“

 Matthäus 5,44, eine der bekanntesten Stellen: „Liebet eure Feinde.“ Johannes 15,17: „Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt.“

Gut, vielen Dank mal so weit. Wir haben schon einige Stellen herausgefunden und einige Personengruppen genannt, denen wir gegenüber Liebe üben sollen. Wir haben die Brüder erwähnt, wir haben die Freunde erwähnt, die Feinde.

Es heißt genauso schon im Alten Testament: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Dann haben wir die Freunde genannt, genau. Dann auch ein sehr wichtiger Bestandteil beziehungsweise eine Personengruppe, die wir lieben sollen: Die jungen Frauen, heißt es im Titusbrief, sollen angeleitet werden, ihre Männer zu lieben. Ebenso sind die Männer schuldig, ihre eigenen Frauen zu lieben, sagt dann der Epheserbrief.

Wir haben einige Personengruppen genannt. Wir haben einen vergessen: 5. Mose 6, Vers 5 steht: „Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft.“

Wir sehen, wir haben einige Personengruppen in unserem Umfeld, und wir haben ein ziemliches Problem, das eigentlich alle Menschen mit einschließt. Wir sollen die Brüder lieben, unsere Nächsten, die Freunde und genauso die Feinde. Wir sollen unsere Familie lieben und auch Gott.

Die Herausforderung der Liebe und Gottes Hilfe

Ich muss sagen, das ist eigentlich unmenschlich. Kein Mensch kann das einfach so aus sich heraus. Ist Gott nicht unbarmherzig, dass er uns solche Forderungen stellt? Angesichts dessen, wie chancenlos wir dastehen, hätte er uns nicht wenigstens Jesus auf der Erde lassen können, damit er uns ein bisschen hilft, dieses Gebot zu halten?

Aber Jesus selbst sagt: „Wisst ihr was? Es ist gut, dass ich gehe.“ Das sagt er in Johannes 16,7: „Ich sage euch die Wahrheit, es ist gut, dass ich gehe. Warum? Denn wenn ich gehe, werde ich den Tröster zu euch senden.“ Genau formuliert heißt es: „Denn wenn ich nicht gehe, kommt der Tröster nicht zu euch; wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden.“

Der Tröster ist der Heilige Geist. Diesen hat Jesus geschickt, und jeder Mensch, der bekehrt ist, hat diesen Heiligen Geist. In jedem Bekehrten wohnt der Heilige Geist.

Woran kann man einen Menschen erkennen, in dem der Heilige Geist wohnt? An seinen Früchten. Eine dieser Früchte ist die Liebe. Das heißt: Wenn Gott uns mit dieser Forderung konfrontiert – Liebe zu üben gegenüber Freund und Feind, Familie, Bekannten und Gott – dann lässt er uns nicht im Regen stehen. Stattdessen gibt er uns den Heiligen Geist. Eine Frucht dieses Heiligen Geistes, der in uns wohnt, ist die Liebe.

Wir lesen es in Galater 5,22: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“ Als erstes wird die Liebe genannt, als Frucht des Geistes.

Es gibt Menschen, bei denen wir das erkennen: Sie sprühen geradezu vor Liebe. Und es gibt Menschen, bei denen merken wir, dass sie diese Liebe wohl nicht haben. Auch die Bibel spricht von Menschen, die diese Liebe nicht besitzen. Jesus sagt einmal über eine Personengruppe: „Bei euch habe ich erkannt, dass ihr die Liebe Gottes nicht in euch habt.“ Das waren die Juden, die kurz davor beschlossen hatten, ihn umzubringen.

Aber wir haben den Heiligen Geist, wir dürfen ihn haben. Und es ist tatsächlich gut, dass Jesus nicht mehr auf der Erde ist. Denn als Jesus auf der Erde war, war seine Liebe nur da, wo er war. Jetzt aber darf diese seine Liebe in uns wohnen, weil wir den Heiligen Geist haben. Und weil dieser Heilige Geist die Frucht der Liebe in uns hervorbringt.

Die praktische Herausforderung der Liebe im Alltag

Was passiert jetzt, wenn mir jemand begegnet, von dem ich sage: „Da fällt es mir jetzt echt schwer. Diesen Menschen kann ich nicht lieben, er war immer so böse zu mir, mit dem tue ich mich so schwer“?

Vielleicht können wir uns ganz kurz zehn Sekunden Zeit nehmen und uns eine Person oder ein paar Personen vorstellen, bei denen es uns so geht. Ich glaube, fast jeder kennt solche Menschen, bei denen es schwerfällt, sie zu lieben.

Dann wird es ganz konkret in dieser Bibelstunde. Überlegt euch kurz: Was passiert, wenn dieser Mensch mir gegenübertritt und vielleicht wieder mal so ist, wie er halt immer ist? Und ich tue mich so schwer, ihn zu lieben.

Zum einen klingt das krass, aber dann muss ich wirklich sagen: Wir müssen diese Stimme in uns als die Stimme der alten Natur entlarven. Denn wir können lieben. Wenn eine Stimme in uns sagt: „Den kann ich nicht lieben“, dann müssen wir sagen: „Das stimmt nicht, ich kann ihn lieben.“

Weil der Heilige Geist in mir wohnt, wenn ich bekehrt bin.

Vielleicht denkt ihr jetzt: „Gut, also der junge Kerl da vorne hat gut reden. Er hat ja noch nichts Schlimmes erlebt in seinem Leben. Richtig böse Menschen sind ihm noch nie begegnet oder er hatte noch nie mit ihnen zu tun.“

Und es kann sogar sein, dass ihr damit Recht habt und euch viel, viel schlimmere Menschen begegnet sind als mir. Das glaube ich sehr wohl.

Aber ich glaube trotzdem, dass das Wort Gottes Recht hat. Wenn der Heilige Geist in mir wohnt und in dir und in einem Menschen, der dem schlimmsten Menschen begegnet ist, den es überhaupt gibt, dann kann er ihn trotzdem lieben.

Ich habe Menschen gehört, die verfolgt worden sind und die auch über ihre Feinde gesprochen haben. Es erstaunt mich, es fasziniert mich, wie sie diese Liebe in sich haben, obwohl sie viel Schlimmeres durchgemacht haben, als jeder von uns.

Ich traue mich fast zu sagen: Wenn es nicht möglich gewesen wäre, unsere Feinde zu lieben, dann wäre die Aufforderung Jesu, unsere Feinde zu lieben, reiner Hohn und Spott. Dann wäre sie der Ausdruck eines Gottes, der es liebt, seine Menschen zu quälen.

Wenn ich jemandem etwas sage: „Mach das und das!“ und er ist niemals in der Lage dazu, und ich weiß das, dann wäre das nicht fair.

Wenn Gott uns auffordert, unsere Feinde zu lieben, dann können wir das. Auch wenn wir es ganz klar nicht aus eigener Kraft können, möchte er uns dazu befähigen.

Die Liebe Gottes als Geschenk und Quelle

Und noch etwas: Ich glaube, wir müssen gar nicht darum beten, dass wir diese Liebe bekommen. Wisst ihr warum?

Wenn mein Papa mir ein Auto schenkt und ich zwei Tage später zu ihm laufe und sage: „Papa, bitte schenk mir doch dein Auto“, was wird mein Vater sagen? Er wird sagen: „Ich habe es dir schon geschenkt.“ Und wenn ich zwei Tage später noch einmal komme und sage: „Papa, schenk mir doch dein Auto“, wird er sagen: „Ich habe es dir schon lange geschenkt.“

Wenn ich ihm ständig so auf die Nerven gehe, wird er irgendwann sagen: „Du, ich gebe es dir vielleicht noch schriftlich, ich kann es dir über das Bett hängen, aber ich kann nicht mehr tun. Ich habe es dir geschenkt.“

Es heißt in Römer 5,5: Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist.

Da ist die Liebe Gottes schon drin. Sie ist schon in unserem Herzen. Sie wird nur oft blockiert von dieser alten Natur, von diesen Gewohnheiten, die wir uns so sehr angewöhnt haben.

Keine Frage, manchmal fällt es uns schwer, jemanden zu lieben. Aber die Liebe Gottes ist in unseren Herzen.

Ich habe mal eine Geschichte von zwei Frauen gehört – ich kriege sie nicht mehr ganz zusammen – wo eine mit der anderen ein riesiges Problem hatte. Sie wusste, dass sie sie eigentlich lieben sollte, aber sie konnte sie gar nicht lieben. Irgendwann hat sie dann gebetet: „Gott, ich kann sie nicht lieben, aber liebe du sie durch mich.“ Und sie konnte wirklich sagen, dass es funktioniert hat. Sie hat wirklich Gottes Liebe bekommen.

Ich glaube einfach – und ich möchte es glauben –, dass das möglich ist.

Ja gut, es klingt immer noch ein bisschen theoretisch, oder? „Jesus liebt diese Person durch mich.“ Wie funktioniert das? Wie sieht das praktisch aus?

Gottes Liebe als Vorbild

Schauen wir uns Gott einmal an, um besser zu verstehen: Wie liebt er eigentlich? In 1. Johannes 4,9 lesen wir dazu etwas, das wir vorher schon gehört haben: „Denn darin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden.“ Wir sehen Gottes Liebe zu uns darin, dass Gott seinen eingeborenen Sohn zu uns gesandt hat. Er hat gesagt: „Ich schicke euch meinen Sohn, ich verzichte auf ihn, ich lasse ihn zu euch auf die Erde kommen.“ Darin wird seine Liebe deutlich.

So sehr liebt er uns. In Philipper 2 heißt es, dass wir gesinnt sein sollen wie Jesus Christus, also eine Einstellung haben sollen wie er. Jesus, der in Gottesgestalt war, hielt es nicht wie einen Raub fest, Gott gleich zu sein. Stattdessen entäußerte er sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde den Menschen ähnlich.

Ich glaube und bin fest überzeugt davon, dass wir nie wirklich begreifen werden, wie groß diese Liebe Gottes zu uns wirklich ist. Aber wenn wir ihn anschauen, dann können wir vielleicht einen kleinen Bruchteil dieser Liebe erfassen. Wenn wir Gott ansehen und sehen, dass er zu Menschen kommt, die ihn anspucken und ans Kreuz nageln, dann erkennen wir seine Liebe.

Das ist dieser Pool, aus dem ich persönlich meine Liebe schöpfen kann. Dieser Pool ist seine Liebe. Wenn ein Mensch auf mich zukommt, von dem ich denke, dass ich ihn doch nicht lieben kann, dann sollte ich mir in diesem Moment vielleicht bewusst machen, wie sehr ich Gott liebe. Ich sollte daran denken, wie viel er mir schon vergeben hat. Dann, glaube ich, werde ich lieben können. Denn wenn ich dann nicht liebe, ist das eigentlich extrem ungerecht.

Mir wurde so viel vergeben, und ich „liebe nicht“. An einer Stelle heißt es: „Wem viel vergeben wurde, der liebt viel.“

Die Kraft der Vergebung und der Liebe

Das war so interessant: Kürzlich durfte ich unfreiwillig einem Telefonat beiwohnen. Das Telefon hatte geklingelt, und ein Freund von mir hob ab. Dabei hörte ich mit, dass sein Bruder sich bekehrt hatte.

Dieser Bruder sagte zu ihm: „Du, ich habe mich bekehrt“ und schilderte kurz, wie es dazu gekommen war. Dann fügte er hinzu: „Aber weißt du, ich habe so viel Mist gebaut.“ Darauf antwortete der Bruder auf der anderen Seite: „Das macht gar nichts, denn wem viel vergeben wurde, der liebt viel.“ Es macht also nichts, wenn du eine schlimme Vergangenheit hast. Wem viel vergeben wurde, der liebt viel.

Das heißt in Lukas 7: Wem wenig vergeben wurde, der liebt wenig. Wenn ich also merke, dass ich nicht lieben kann, wenn mir diese Liebe fehlt und es mir schwerfällt, den Menschen zu lieben, der mir gegenübersteht oder der sich so verhalten hat, wie er es getan hat – wo liegt dann das Problem?

Wir können das in 2. Petrus Kapitel 1 nachlesen. Ich könnte es kurz aufschlagen: 2. Petrus 1. Wir beschäftigen uns gerade mit dem zweiten Petrusbrief in der Jugend, deshalb war mir diese Stelle besonders präsent. Dort steht im dritten Vers: „Seine göttliche Kraft hat uns alles geschenkt, was zum Leben und zum Wandel in Gottesfurcht dient.“

Auch hier merken wir wieder: Wir haben eigentlich schon alles. Wir haben zuvor gehört, dass die Liebe Gottes ausgegossen ist. Seine göttliche Kraft hat uns alles geschenkt, was zum Leben und zum Wandel in Gottesfurcht dient. Danach folgt eine Auflistung von Tugenden.

Es heißt: „Setzt nun eben deshalb Eifer daran und reicht eurem Glauben die Tugend, dann die Tugenderkenntnis und so weiter.“ Das Ganze gipfelt in der Liebe, die wir haben sollen.

Und jetzt kommt es: In Vers 9 heißt es, wem diese Dinge fehlen – also all die Tugenden, die in der Liebe gipfeln, das heißt auch wem Liebe fehlt – der ist blind und kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen.

Wenn ich also in einer Situation bin, in der dieser Mensch, an den ich vielleicht vorher gedacht habe, auf mich zukommt oder etwas tut, wo ich sage: „Nein, das darf nicht wahr sein, schon wieder er und schon wieder das“, dann sollte ich mich daran erinnern, wie oft Gott mir gegenüber hätte sagen können: „Jetzt kommst du schon wieder, und schon wieder du, und schon wieder das.“

Vielleicht liegt es daran, dass ich diesen Menschen nicht lieben kann, weil ich gerade einen sehr eingeschränkten Horizont habe und ganz vergessen habe, wie gut Gott zu mir ist und wie viel er mir schon vergeben hat. Wenn ich mich aber daran erinnere, wie viel er mir schon vergeben hat, dann ist das der Startpunkt, an dem ich beginne, den anderen mit Gottes Augen zu sehen.

Die Liebe zu sich selbst im biblischen Kontext

Da kommt mir ein Lied in den Sinn, eine Liedzeile, die mir sehr gefällt. Ich habe sie schon einmal erwähnt, aber ich finde sie einfach sehr passend. Dort heißt es: Die Leute, die mir nicht behagen, die sind von Gott geliebt, von Gott begehrt. Er ließ sich für sie schlagen. Wie können wir es da wagen, so zu tun, als seien sie nichts wert?

Wenn Gott diese Menschen so sehr liebt, wie kann ich es da wagen, sie zu hassen?

Also lasst uns daran denken, dass wir Gottes Vergebung empfangen haben und dass Gott gut zu uns ist. Dass er uns liebt mit einer Liebe, die wir nie ganz begreifen können. Lasst uns aus diesem Pool der Liebe schöpfen, um diese Liebe an andere weiterzugeben. So wie es auch in dem Gedicht formuliert ist: Die Liebe, von der ich lebe, liebend an andere weiterzugeben.

Wir haben gesehen, dass es Menschen gibt, die wir lieben sollen. Dazu gehört der Nächste, dazu gehören die Feinde und die Freunde, dazu gehört mein Partner – die Frau, der Mann, die Kinder, die Brüder. Und dazu gehört Gott.

Ich glaube, dass wir jemanden vergessen haben. Wisst ihr wen? Es kann sogar sein, dass es uns selbst ist.

Was meint ihr? Lehrt die Bibel uns, uns selbst zu lieben? Eigentlich lesen wir doch so viel von Selbstverleugnung. Es gibt Menschen, die lehren das Joy-Prinzip. Joy kommt aus dem Englischen und bedeutet Freude. J steht für Jesus. Jesus soll an erster Stelle stehen, ihn sollen wir an erster Stelle lieben. An zweiter Stelle kommen „O the others“ – die anderen. Und an dritter Stelle erst kommen wir selbst.

Zuerst Gott, Jesus, dann die anderen, dann ich selbst.

Ist das biblisch? Es hört sich sehr fromm an. Aber nicht alles, was sich fromm anhört, ist auch biblisch. Deshalb lohnt es sich, Begriffe klar zu definieren und zu überlegen, wie Gott das wirklich meint.

Wir haben gelesen, in 3. Mose 19, da steht: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Oder in Epheser 5,28 heißt es: Ebenso sind die Männer schuldig, ihre eigenen Frauen zu lieben wie sich selbst.

Uns ist klar, dass es gut ist, die eigenen Frauen zu lieben. Aber sich selbst zu lieben – das ist uns plötzlich nicht mehr so klar, dass das etwas Gutes oder Positives ist.

In Römer 15,7 heißt es: Darum nehmt einander an, gleichwie auch Christus sich eurer angenommen hat, zu Gottes Ehre.

Ich habe diese Stelle gelesen, weil ich glaube, das ist der Schlüssel dafür. Viele Menschen haben auch Probleme, sich selbst anzunehmen und sich selbst zu lieben – so krass, wie das für uns klingt.

Es gibt Menschen, die sind ständig mit anderen unzufrieden. Sie haben an jedem Menschen irgendetwas auszusetzen. Ich glaube, dass es oft daran liegt, dass sie an sich selbst so viel auszusetzen haben. Sie haben sich selbst gar nicht angenommen.

Denn wenn ich mich selbst angenommen habe, dann kann ich auch andere annehmen.

Und ich glaube, wir lieben uns manchmal selbst nicht, weil wir zu stolz dafür sind. Ich möchte das kurz erklären.

Wisst ihr, wenn Bruder XY einen Fehler macht, denken wir: Na ja, Bruder XY ist auch nur ein Mensch, Fehler können passieren, wir vergeben ihm. Aber wenn mir derselbe Fehler passiert, dann denken wir: Das darf nicht wahr sein, das kann doch wirklich nicht sein. Mir hätte das nicht passieren dürfen.

Wir sind zu stolz dafür, anstatt zu begreifen: Mensch, ich bin doch nicht besser als Bruder XY. Natürlich kann mir das auch passieren. Und wenn Gott Bruder XY vergibt, vergibt er mir auch.

Unser Ziel ist ja eigentlich, dass wir so werden, wie Gott ist, oder? Das sollte unser Ziel sein.

Manchmal sind wir sehr weit davon entfernt, manchmal noch weiter, ganz klar. Aber das soll unser hochgestecktes Ziel sein.

Das bedeutet, dass wir das tun, was er tun würde. Dass wir das hassen, was er hasst. Und dass wir das lieben, was er liebt.

Wenn Gott uns liebt und wir uns hassen, dann sind wir nicht so wie Gott. Dann haben wir einen Interessenskonflikt.

Wenn ich mich also nicht liebe, dann ist das ein Bereich meines Lebens, in dem ich noch nicht so bin wie er.

Die Menschenliebe Gottes als Vorbild für Selbstliebe

Es gibt einen Vers, der mir besonders gut gefällt – wegen des Begriffs, der dort verwendet wird. Diesen Begriff gibt es nur einmal in der Bibel. Ich habe ihn nur einmal in der deutschen Konkordanz gefunden. Er steht in Titus 3,3-4.

Dort heißt es: „Denn auch wir waren einst unverständlich, ungehorsam, gingen irre, dienten den Lüsten und mancherlei Begierden, lebten in Bosheit und Neid, verhasst und einander hassend. Aber als die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien...“

Der Ausdruck „Menschenliebe Gottes“ fasziniert mich sehr. Gott hat Menschenliebe. Wenn wir uns das bewusst machen, wird uns auch klar, dass Selbstliebe, von der ich gerade sprach, nicht das Gleiche ist wie Selbstsucht.

Selbstsucht ist auf sich selbst bezogen, ist Egoismus und eindeutig Sünde. Selbstliebe hingegen ist nicht die fleischliche Lust, die immer nur tut, was einem selbst gefällt. Selbstliebe bedeutet vielmehr, dass ich mich so annehme, wie ich bin – weil Gott mich annimmt.

Auch wenn ich in manchen Bereichen vielleicht schlechter bin als andere, bin ich geliebt und angenommen von meinem Vater. Ich muss mich selbst nicht verurteilen. Trotzdem kämpfe ich natürlich gegen die Sünde, die noch in mir wohnt – das ist ganz klar.

Ich hasse es, andere zu hassen. Ich hasse die Sünde, die in mir wohnt, diese böse Lust, den Egoismus – keine Frage. Aber ich kann mich selbst annehmen, weil Christus mich angenommen hat.

Das ist die Quelle, aus der ich schöpfen kann, auch um mich selbst anzunehmen. In 1. Johannes 5,9 heißt es: „Wer den liebt, der ihn geboren hat, der liebt auch den, der aus ihm geboren ist.“

Wenn ich wirklich aus Jesus geboren bin, bin ich auch dazu angehalten, den zu lieben, der ebenfalls aus ihm geboren ist. Ich schöpfe also aus dem Topf von Gottes Liebe. Deshalb habe ich genug – es reicht für mich und für alle anderen. Denn Gottes Liebe ist unendlich.

Die Liebe als Lebensstil und Gottes Gebote

Es gibt ein schönes Lied, das den Text aus 1. Korinther 13 formuliert. Wir haben es einmal gesungen, auch vor einer Freizeit, und es hat sich sehr schön angehört. Wir haben es vierstimmig gesungen.

Darin heißt es, ich lese es euch vor, weil ich es einfach so schön finde: Wer liebt, ist gütig, hat Geduld und sammelt nicht des anderen Schuld. Wer liebt, der gibt und stellt sich nicht blind, wo Nöte sind.

Dann gibt es diesen Schwenk im Lied, der in Richtung Jesus geht. Dort sehen wir, dass er das Vorbild ist. Wenn jemand seine Feinde liebt, heißt es dort, vergibt er sogar selbst seinen Mördern. Wo Hass die Welt regiert, liebt er, und keiner liebt mehr.

Der Refrain lautet dann: Liebe Gott, den Herrn der Welt, mit Herz und Hand, von ganzer Seele und mit Verstand, mit aller Kraft und deinen Nächsten wie dich selbst.

In einem Lied, das um die Liebe zum Nächsten geht, beginnt der Refrain mit „Liebe Gott, den Herrn der Welt“. Das gefällt mir so gut, weil das im Zentrum steht.

Wenn das für mich das Zentrum ist – Gott zu lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit aller meiner Kraft und mit meinem Verstand – dann kommt der Rest eigentlich von selbst.

Zusammenfassung und Abschluss

Wir haben heute Abend versucht, den Begriff Liebe zu definieren. Zunächst stellten wir fest, dass es wichtig ist, Begriffe zu definieren. Andernfalls reden wir aneinander vorbei oder verstehen die Bibel sogar falsch.

Wir haben auch gesehen, dass Gott möchte, dass wir lieben. Diese Liebe, die er von uns fordert, ist übermenschlich. Doch er hilft uns und schenkt uns seinen Heiligen Geist. Wir müssen um die Liebe nicht einmal mehr bitten, denn sie ist bereits in unser Herz ausgegossen.

Dennoch dürfen wir darum bitten, dass er unsere alte Natur niederhält. Diese alte Natur kann die Liebe, die in uns ist, blockieren. Wenn ich nicht lieben kann, sollte ich mich daran erinnern, wie viel mir vergeben wurde. Ich darf mir Gottes Weitsicht schenken lassen, damit ich nicht blind und kurzsichtig bin.

Außerdem darf ich mich selbst lieben und annehmen, weil Gott mich liebt und angenommen hat. Aus diesem Angenommensein, weil ich weiß, dass ich für Gott wichtig und wertvoll bin, kann ich auch andere lieben.

In 1. Johannes 4,19 heißt es so schön: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“ Der nächste Vers sagt: „Wenn jemand sagt, ich liebe Gott, und seinen Bruder doch hasst, so ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht.“

Das wird ganz praktisch: Wir sollen Gott lieben, doch ob wir das tun, zeigt sich daran, wie wir mit unserem Nächsten umgehen.

Aber warum ist „Gott ist Liebe“ so wichtig? Wir haben heute Abend viel über Liebe gehört. Warum ist es Gott so sehr wichtig?

Ich komme zum Anfang zurück: Er möchte nicht einfach Menschen, die seine Gebote halten. Wenn er Menschen wollte, die einfach einwandfrei funktionieren, hätte er sich Roboter auf die Erde stellen können. Diese hätten alles einwandfrei für ihn erledigt.

Er möchte Menschen, die ihn lieben. Gottes Gebote halten kann man auch, ohne ihn zu lieben – das ist möglich. Aber was nicht funktioniert, ist, ihn zu lieben, ohne seine Gebote zu halten.

In 2. Johannes 1,6 heißt es dazu: „Und darin besteht die Liebe, dass wir nach seinen Geboten wandeln. Dies ist das Gebot, wie ihr es von Anfang an gehört habt, dass ihr darin wandeln sollt.“

In Römer 13,10 steht: „Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes.“

Ganz klar: Wenn ich jemanden liebe, möchte ich ihm gefallen und tun, was er will. Dann werde ich in die Bibel schauen. Wenn ich Gott wirklich liebe, werde ich mir seinen Brief – dieses Buch – anschauen und sehen, was er möchte und was ihm gefällt.

Dann kommt, salopp formuliert, der Rest von selbst.

Jemand hat einmal gesagt: Die meisten Menschen leben, um geliebt zu werden, und die wenigsten leben, weil sie geliebt sind. Ich möchte leben, weil ich geliebt bin.

Ich möchte lieben, weil ich so viel Liebe und Vergebung erfahren habe. Ich möchte meine Brüder und Schwestern lieben, meine Nächsten und Verwandten, meine zukünftige Ehefrau und meine Kinder, die vielleicht irgendwann geboren werden, meine Freunde und auch meine Feinde.

Jesus hat das auch getan. Er hat seine Feinde zu Tode geliebt. Diese Gesinnung wünsche ich mir auch in mir. Ich wünsche mir, dass sie immer mehr wächst, weil mir immer bewusster wird, wie sehr er mich liebt und wie viel er mir vergeben hat.

Ich möchte wirklich jemand sein, der Gottes Gebote nicht einfach hält, um ein guter Christ zu sein oder weil Gottes Gebote so gut für mich sind, sondern aus einem einzigen Grund: weil ich ihn liebe.

Und weil ich alles tun möchte, um ihm zu gefallen – mit ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit meinem Verstand und mit aller Kraft.

Ich wünsche mir, dass es bei uns allen so ist und immer mehr so wird. Amen.