Persönliche Vorstellung und Einführung in das Thema
Guten Morgen allerseits! Ob es schön ist, nicht bei euch zu sein oder nicht, weiß ich nicht – das empfindet sicher jeder anders. Für diejenigen, die mich noch nicht kennen: Mein Name ist Hans-Peter Reuer. Ich komme aus Österreich, aus der Nähe von Salzburg. Genauer gesagt aus Schladming, einer Bergstadt. Dort lebt man mehr oder weniger vom Skifahren.
Ich bin dort geboren und aufgewachsen. Viele Jahre meines Lebens war ich hauptberuflich Bergführer, Skilehrer und Tourenführer. Seit zwanzig Jahren arbeite ich am Dauernhof. Das ist ein Ort, der ähnlich wie hier ist, nur kleiner. Wir können etwa achtzig Gäste beherbergen und veranstalten das ganze Jahr über Freizeiten und Kurzbibelschulen.
Im Winter habe ich ungefähr zwölf Skilehrer und Snowboardlehrer, die alle Jesus kennen. Sie begleiten die Gäste den ganzen Tag beim Skifahren, und abends gibt es Bibelunterricht – so wie hier. Im Frühjahr und Herbst bieten wir Bibelschulen an, die englischsprachig und international sind. Im Sommer veranstalten wir Bergfreizeiten mit Klettern, Höhlenforschung, Canyoning, Rafting und allem, was man in den Bergen so macht. Aber immer steht die Botschaft von Christus im Mittelpunkt.
Das nur ganz kurz zu mir. Ich bin seit 23 Jahren verheiratet. Die meisten von euch könnten meine Kinder sein – das ist erschreckend, altersmäßig meine ich, nicht von der Anzahl her. Ich bin jetzt 47 Jahre alt und reise relativ viel für Predigtdienste, ungefähr hundert Tage im Jahr. Ansonsten bin ich zuhause.
Ich unterrichte etwa dreißig Wochen im Jahr. Das ist mein Hauptaufgabenbereich. Eigentlich wollte ich das nie, aber so ist es eben gekommen. Man kann nichts machen – es ist okay so.
Das Thema für heute: Ich habe vier Einheiten bei euch. Es geht vor allem ums Gebet. Die erste Einheit möchte ich dafür nutzen, über die objektiven Gründe für das Gebet zu sprechen. Das heißt: Was bewirkt Gebet für andere und für die Welt?
In der zweiten Einheit geht es um die subjektiven Gründe für das Gebet, also darum, was Gebet für mich persönlich bewirkt.
Am Nachmittag werden wir eine Einheit darüber haben, wie man eigentlich beten soll. Die letzte Einheit ist dann eine Fragestunde.
Ich möchte euch bitten: Wenn ihr im Laufe der Einheiten Fragen habt, schreibt sie euch auf, denn man vergisst sie schnell. In der vierten Stunde können wir dann darüber sprechen. Ihr könnt mich alles fragen – biblisch, theologisch, persönlich oder auch zum Dauernhof. Ganz egal. Ich nenne das immer die „Ask Anything Hour“ – fragt, was ihr wollt.
Wird das aufgenommen, ist es sowieso besser, wenn wir nicht mit Fragen unterbrechen. Denn wenn jemand die Aufnahme hören will, ist das sonst störend. Deshalb ist es optimal, die Fragen in der vierten Einheit kompakt zu behandeln.
Bevor wir jetzt über das Gebet sprechen, möchte ich noch kurz beten:
Gott, danke für diese Zeit. Lieber Vater, danke, dass du da bist. Unsere Hoffnung und Gewissheit beruht auf der einen und einzigen Tatsache, dass du lebst, dass du hier bist und zu uns sprechen möchtest. Herr, wenn das nicht so wäre, wäre alles umsonst. Ohne dich können wir tatsächlich nichts tun.
In dieser Gewissheit und Hoffnung sprechen wir über dich und mit dir. Lehre uns, Vater, zu bedenken, wer du bist und wer wir in deinem Licht sind. Lehre uns, richtig zu leben und richtig zu beten. Amen.
Die Herausforderung des Gebets im christlichen Leben
Das mit dem Gebet ist so eine Sache: Jeder Christ weiß, dass er beten soll, und jeder Christ weiß, dass er zu wenig betet. Gibt es jemanden hier, der ein Problem damit hat, zu viel zu beten? Hebt mal die Hand. Wahrscheinlich niemand. Ich habe noch nie einen Christen getroffen, der gesagt hat: „Ich habe wirklich ein Problem, ich muss etwas ändern, ich bete einfach zu viel, ich muss mich ein bisschen disziplinieren.“ Das ist mir noch nie passiert, egal in welcher Konfession.
Aber ich treffe Christen, die immer sagen: „Eigentlich sollte ich mehr beten.“ Beten ist eines der selbstverständlichsten Dinge im Christenleben, aber ich glaube, es ist auch das Schwierigste.
Wenn es die Aufgabe eines Evangelisten ist, Christus den Menschen vorzustellen, dann ist es die Aufgabe des Lehrers, den Christen zu zeigen, wie man betet. Denn da tun wir uns sehr schwer. Ich habe über viele Jahre überhaupt nicht verstanden, warum ich überhaupt beten soll – und das aus einem einfachen Grund.
Schlagt mal auf Matthäus 21, ich werde euch immer die Bibelstellen geben, damit ihr zumindest wisst, wo ich die Sachen hernehme. Matthäus 21, Vers 22: Da sagt Jesus: „Und alles, was ihr im Gebet glaubend begehrt, werdet ihr empfangen.“ Was immer wir glauben, begehren und erbitten, das werden wir empfangen.
Im Jakobus 4, Vers 2 steht: „Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet.“ Das heißt also ganz klar: Ich muss Gott bitten, damit ich etwas bekomme. Ich muss ihn glaubend fragen, damit ich irgendetwas empfange. Das ist die eine Seite und irgendwie verständlich. So funktioniert es ja auch unter Menschen.
Aber dann steht in Matthäus 6 etwas, das mir immer Fragezeichen gegeben hat, was die Sinnhaftigkeit des Gebets angeht. Matthäus 6, Verse 7 und 8: „Wenn ihr aber betet“, sagt Jesus, „sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen, denn sie meinen, dass sie um ihres vielen Redens willen erhört werden. Seid ihnen nicht gleich, denn euer Vater weiß, was ihr benötigt, bevor ihr ihn bittet.“
Und das ist mein Problem: Wenn es so ist, dass Gott schon weiß, was ich brauche, bevor ich ihn bitte, warum soll ich dann Stunden aufwenden, um Dinge zu fragen, die er sowieso schon weiß? Das hat mir ein Fragezeichen für die Sinnhaftigkeit des Gebets gegeben.
Denn wenn ich Gott um etwas bitte, das er mir sowieso geben will, dann werde ich es sowieso bekommen. Und wenn ich Gott um etwas bitte, das er mir nicht geben will, dann gibt er es mir ja sowieso nicht. Also wozu dann das ganze Fragen?
Ich wusste, dass Gott mehr weiß als ich – dazu braucht man nicht allzu klug zu sein. Ich wusste zum Beispiel, wenn ich bete: „Herr, du weißt, mein Freund Franz ist im Krankenhaus, er hat sich den Fuß gebrochen, tröste ihn usw.“, dann wusste ich, Gott sagt nicht im Himmel: „Engel, habt es gehört, Hans-Peter betet für Franz im Krankenhaus, komplett übersehen. Danke, Hans-Peter, ich werde mich darum kümmern.“ Das habe ich total übersehen, also gut, für die Erinnerung.
Ich wusste, das ist nicht der Fall. Gott weiß viel mehr als ich. Er wusste lange, bevor Franz ins Krankenhaus kam, dass er dort hinkommt. Und er ist dort mit seinem Heiligen Geist. Also wozu?
Ich frage ja öfter Christen, warum sie überhaupt beten. Wisst ihr, was mir viele gesagt haben? „Das weiß ich auch nicht genau, aber wir sollen’s ja, ne?“ Das ist eine gute Antwort, aber es hat mir nicht viel geholfen. Oder sie sagen: „Ja, Gott will halt, dass du mit ihm redest, so wie ein Kind mit dem Vater redet.“ Ja, das ist auch okay.
Aber warum soll ich dann stundenlang um etwas bitten, das er mir sowieso gibt oder nicht gibt? Warum betet Jesus im Garten Gethsemane so, dass sein Schweiß wie Blutstropfen herunterfällt? Das ist ein bisschen was anderes, finde ich.
Die Schöpfung des Menschen und die Verantwortung über die Erde
Ein bisschen Klarheit habe ich bekommen, als ich zum ersten Mal verstanden habe, warum Gott überhaupt die Menschen geschaffen hat. Warum hat Gott die Menschen geschaffen? Haben wir uns jemals wirklich gefragt, warum es uns überhaupt gibt? War es, weil Gott einsam war und ein bisschen Gesellschaft brauchte? Ich glaube das nicht, denn der eine Gott hatte schon immer eine gute Gesellschaft – bis heute. Vielleicht, weil er jemanden braucht, den er lieben kann? Ja, vielleicht. Aber der Vater hat den Sohn immer geliebt und der Sohn den Vater.
Es gibt zwei Antworten aus der Bibel, warum Gott den Menschen geschaffen hat. Schlagen wir einmal 1. Mose 1,28 auf. Das hat mir geholfen, das Gebet ein bisschen besser zu verstehen.
1. Mose 1,28 sagt: Nach der Schöpfung des Menschen segnete Gott sie und sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und vermehrt euch und füllt die Erde.“ Das haben wir ganz gut hingekriegt.
Und zweitens sagte er: „Macht sie euch untertan und herrscht über die Fische, die Vögel und alles Getier auf der Erde.“
Zwei Gründe, warum Gott den Menschen geschaffen hat: Erstens, um die Erde zu füllen, und zweitens, um sie sich untertan zu machen. Das Wort „untertan“ ist ein sehr starkes Wort. Im Hebräischen heißt es „kabbas“ und bedeutet so viel wie „unter die Füße treten“. Macht sie euch untertan – das heißt, Gott hat entschieden, die Erde und das Geschehen auf der Erde dem Menschen zu übergeben.
Gott gab den Menschen die Verantwortung, das Geschick dieser Erde zu lenken: „Macht sie euch untertan.“ Am Anfang hat das gut funktioniert, denn der Mensch war im Bilde Gottes geschaffen. Er handelte, wie Gott handeln würde, weil er in Beziehung zu Gott stand.
Aber wir wissen, dass der Mensch von Gott abgefallen ist. Der Mensch hat sich von Gott abgenabelt und gesagt: „Gott, wir regieren die Welt, aber ohne dich. Wir brauchen dich gar nicht, wir können das alleine.“ Interessanterweise hat Gott es ihm gelassen.
In 1. Mose 9, nach dem Sündenfall, lesen wir dasselbe noch einmal. Schlagen wir das auf: 1. Mose 9. Nachdem der Mensch in Sünde gefallen und sich von Gott abgenabelt hat, sagt Gott trotzdem zu den Menschen: „Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch und füllt die Erde.“ Das kommt uns bekannt vor, das ist der erste Teil.
Zweitens sagt Gott: „Und Furcht und Schrecken sei auf allen Tieren der Erde, auf allen Vögeln des Himmels, mit allem, was sich auf dem Erdboden regt, und mit allen Fischen des Meeres. Sie sind in eure Hand gegeben.“
Das heißt, auch die Herrschaft über die Erde hat Gott dem Menschen weiterhin gegeben, obwohl sich der Mensch von Gott abgewandt hat.
Die Rolle von Satan und Menschen als Kanäle göttlicher oder böser Macht
Seine Frage: Es gibt auch Satan, übrigens
Es wird oft darüber gelacht. Viele Menschen glauben durchaus, dass es einen Gott gibt, aber sie glauben nicht, dass es auch Satan gibt. Das ist jedoch ein großer Fehler. Denn wenn ein Mensch nicht an Satan und sein Wirken glaubt, wird er das Treiben dieser Welt nie verstehen.
Erst wenn Satan mit einbezogen wird, versteht man, was auf dieser Welt los ist – zumindest global.
Jetzt die Frage: Wie regiert und zeigt sich Satan in dieser Welt? Welche Kanäle benutzt Satan, um diese Welt zu regieren?
Die Antwort ist einfach: Er benutzt Menschen. Er beeinflusst, regiert oder besitzt Menschen, durch die er seine Macht auf dieser Erde ausübt.
Zum Beispiel: Angenommen, es fliegen ein paar böse Geister durch diesen Raum, da unter der Decke. Wisst ihr was? Das berührt uns gar nicht allzu sehr, die sollen ruhig herumfliegen. Aber wir haben ein Problem, wenn einer dieser Geister in jemand von uns eingehen würde. Dann wird er sichtbar.
Das heißt: Wie macht Satan sich sichtbar in dieser Welt? Durch Menschen.
Zweite Frage: Wie zeigt Gott sich in dieser Welt? Wie wird das Wirken Gottes sichtbar auf unserem Planeten?
Die Antwort ist dieselbe, wiederum in und durch Menschen.
Wir Menschen haben von Gott von Anfang an die Vollmacht bekommen, diese Erde zu regieren. Aber wir Menschen sind so geschaffen, dass wir immer nur in Abhängigkeit zu jemandem oder zu etwas leben können. Bewusst oder unbewusst werden wir von Mächten beeinflusst und gelenkt.
Martin Luther hat mal gesagt: „Wir sind die Berittenen, es sitzt immer jemand auf uns drauf.“ Das kannst du gar nicht vermeiden. Du kannst nur wählen, wer auf dir drauf sitzt. Aber wir sind die Berittenen.
Dieses Denken, dass ich frei bin und tue, was ich will, ist eine Illusion. Das existiert nicht.
Denn zum Beispiel Teenager – Teenager sind so super, weil sie oft noch sagen, was sie denken. Wenn wir erwachsen werden, dann sind wir ein bisschen vorsichtiger, damit es nicht so blöd klingt. Aber sie sagen oft: „Ich bin total frei, mich beeinflusst keiner, ich tue und lasse, was ich will.“ Das klingt schön, ist aber nicht die Wahrheit.
Denn die Wahrheit ist: Wisst ihr, was der Teenager tut? Er tut das, was ihn beeinflusst. Die Musik, die er hört, die Filme, die er anschaut, die Magazine, die er liest, die Freunde, mit denen er zusammen ist – die beeinflussen sein Handeln, sein Denken und sein Tun.
Du kannst gar nicht anders. Wir sind immer abhängig von etwas oder von jemandem.
Darum sage ich das mal so: Der Mensch ist der Kanal, durch den nun die böse oder die gute Macht sichtbar wird in dieser Welt. Gott hat uns die Verantwortung gegeben, diese Erde zu regieren. Deshalb liegt es zum Teil an dir und an mir, zu wählen, welche Macht in und durch mich in dieser Welt sichtbar wird.
Darum übrigens: Nicht alles, was auf dieser Welt geschieht, ist Gottes Wille – bei weitem nicht. Es ist nie Gottes Wille, Kinder zu misshandeln oder Frauen zu vergewaltigen. Glaubt ihr, das ist Gottes Wille? Auf keinen Fall.
Welcher Wille geschieht auf dieser Welt? Es geschieht der Wille des Menschen. Und der Mensch handelt so, je nachdem, von wem er beeinflusst oder regiert wird.
Und darum sage ich ein Statement, das zwar ziemlich stark ist und hinterfragt werden kann, aber ich sage es mal so: Gott arbeitet in dieser Welt so viel, wie wir ihn arbeiten lassen. Satan arbeitet in dieser Welt so viel, wie wir ihn arbeiten lassen.
Denn wir sind der Kanal – auch als Christen. Christus wohnt in uns. Paulus sagt: „Ich lebe, aber nun nicht ich, Christus lebt in mir.“ Er tut seine Sache in dieser Welt.
Und genauso ist es mit Menschen, die sich vom Geist dieser Welt leiten lassen, vom Geist Satans.
Wir können Gott einschränken.
Die Begrenzung göttlichen Wirkens durch den Menschen und die Bedeutung des Gebets
Im Psalm 78, Vers 41, lesen wir: „Immer wieder versuchten sie“ – das sind die Kinder Israels – „versuchten sie Gott und kränkten den Heiligen Israels.“ In der Elberfelder Übersetzung steht „sie kränkten“. Eine andere Übersetzung sagt: „Sie limitierten den Heiligen Israels.“ Im Englischen heißt es: „They limited the Holy One of Israel.“ Das bedeutet, dass wir durch unsere innere Haltung Gott limitieren oder ihm den Freiraum geben können, zu wirken.
Gott gab uns einen Schlüssel, wie sein Wirken in und durch uns in dieser Welt zum Ausdruck kommt. Dieser Schlüssel ist beschrieben in Matthäus Kapitel 16. Wenn du einen Schlüssel möchtest, wie Gott durch dich in dieser Welt regieren kann, dann lies Matthäus 16, Vers 19.
Dort sagt Jesus: „Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben. Was immer du auf der Erde binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und was immer du auf der Erde lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“ Jesus spricht hier über einen Schlüssel.
Wissen Sie, Schlüssel sind wichtig. Ich weiß nicht, ob Sie das schon einmal erlebt haben, aber ohne Schlüssel ist es schwierig. Vor Jahren habe ich den staatlichen Skilehrer gemacht in Österreich. Da war ich oft wochenlang weg von zuhause auf Kursen. Einmal fuhr ich nach Hause, war schon verheiratet, und ich freute mich, meine Frau wiederzusehen. Sie war zuhause, dachte ich zumindest. Mein Freund hatte mich abgesetzt und ist weitergefahren. Es regnete, und es war kalt.
Als ich reingehen wollte, um anzuläuten, war sie nicht da. Ich wollte sie überraschen, aber sie überraschte mich, weil sie nicht da war. Und ich hatte keinen Schlüssel dabei, weil ich dachte, sie sei zuhause. Draußen war es kalt, damals gab es noch kein Handy oder Ähnliches. Nach einiger Zeit versuchte ich, ins Haus zu kommen. Ich schaute, alle Fenster waren zu. Ich kletterte die Blitzableiter hoch, erst zum ersten Stock, dann zum zweiten und so weiter. Fast bin ich abgestürzt.
Nach einer halben Stunde saß ich vor der Haustür und machte eine wichtige Entdeckung: Schlüssel sind wichtig.
Es geht hier um einen Schlüssel. Die Frage ist: Was ist der Schlüssel? Schlagen Sie Matthäus 18, Vers 18 auf. Das ist ein ganz ähnlicher Vers, und Jesus spricht hier über das Gebet. Dort heißt es: „Wahrlich, ich sage euch, wenn ihr etwas auf der Erde bindet, wird es im Himmel gebunden sein, und wenn ihr etwas auf der Erde löst, wird es im Himmel gelöst sein. Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen, irgendeine Sache zu erbitten, so wird sie ihnen werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist.“
Jesus spricht hier über das Gebet. Wisst ihr, was der Schlüssel ist? Das Gebet. Indem wir beten, uns Gott öffnen und ihm zuwenden, geben wir Gott die Möglichkeit, in und durch uns auf dieser Welt zu wirken und zu arbeiten.
Machen wir es negativ, indem wir nicht beten und den Kommunikationskanal zwischen Gott und uns schließen, limitieren wir Gott. Wir geben ihm weniger Möglichkeit, in und durch uns in dieser Welt zu wirken und zu tun.
Die Bedeutung der Fürbitte und die Macht des Gebets
Es gibt eine Geschichte, die mir gefällt, auch wenn sie nicht perfekt ist und einige Probleme hat. Ob sie wahr ist, weiß ich nicht, aber anscheinend wird sie als wahr erzählt.
Vor vielen hundert Jahren missionierte ein Missionar bei den Indianern in den USA. Der Häuptling bekehrte sich zu Christus, und der Missionar ging wieder. Die Gemeinde dort wuchs. Jahre später besuchte der Missionar diese Gemeinde erneut und fragte den Häuptling, wie es ihm geht. Der Häuptling antwortete, es gehe ihm recht gut, aber er habe zwei Hunde in sich – einen schwarzen und einen weißen.
Der Missionar fragte, was die Hunde machen. Der Häuptling sagte, sie kämpfen andauernd miteinander. Dann fragte der Missionar, welcher Hund immer gewinnt. Die Antwort lautete: „Der, den ich mehr füttere.“
An diesem Punkt hakt die Geschichte natürlich etwas, aber das Wesentliche ist: Es wird immer das sichtbar, was man mehr füttert. Das ist der Kern der Geschichte.
Darum ist Gebet so wichtig. Gebet öffnet Gott die Möglichkeit, in und durch dich diese Welt zu verändern und Wandel zu bewirken. Übrigens: Gebet an sich hat keine Kraft. Nur Gott hat Kraft. Nicht das Gebet ist machtvoll, sondern Gott ist machtvoll. Doch Gebet erlaubt einem machtvollen Gott, in und durch mich seine Kraft und seine Liebe in dieser Welt zu zeigen.
Ich vergleiche es oft mit einem Auto. Ich habe übrigens früher vier Jahre lang als Automechaniker gearbeitet, bei Opel. Ich hatte mal ein Unfallauto, einen Golf GTI. Damals waren das schnelle Autos, heute noch. Es machte Spaß, damit zu fahren. Mit 19 wollte man natürlich gerne Leute beeindrucken und zeigen, wie kraftvoll der Motor ist.
Angenommen, jemand hat keine Ahnung von Autos. Du gibst Gas, der Motor heult auf, aber das Auto bewegt sich nicht. Dann denkt der andere: „Ja, laut ist er schon, aber sonst nicht viel, es ist nur laut.“ Wenn er dann sagt: „Zeig mal, wie kraftvoll der ist“, und du gibst Gas im Gang, rührt sich wieder nichts, nur Lautstärke.
Dann lässt du die Kupplung los, und plötzlich geht es ab. Der andere sagt: „Wow, du hast eine kraftvolle Kupplung.“ Aber die Kupplung ist nicht das Kraftvolle, sondern der Motor. Die Kupplung muss sich lösen, damit die Kraft des Motors auf die Straße übertragen wird.
Seht ihr, das ist Gebet. Gebet ist die Kupplung. Nicht das Gebet hat Kraft, sondern Gott hat Kraft. Aber um die Kraft Gottes in dieser Welt sichtbar zu machen, braucht es die Kupplung – das Gebet.
Die Funktion des Gebets zur Beeinflussung der Zukunft
Was tun wir eigentlich, wenn wir Gott um etwas bitten? Was geschieht dabei?
Wenn ich zum Beispiel Gott um etwas bitte, möchte ich die Zukunft beeinflussen oder verändern. Viele von euch sind jung und beten vielleicht: „Herr, gib mir den richtigen Ehepartner, die richtige Ehefrau.“ Was passiert dabei? Du möchtest deine Zukunft beeinflussen oder verändern.
Wenn du krank bist und betest: „Herr, schenke mir wieder Gesundheit“, was tust du dann? Auch hier willst du deine Zukunft beeinflussen oder verändern.
Darum hat Gott uns das Gebet gegeben. Er gab uns zwei Dinge, um die Zukunft zu beeinflussen und zu verändern: Arbeit und Gebet – ora et labora. Diese beiden Mittel hat Gott den Menschen gegeben, um die Zukunft zu gestalten.
Bei der Arbeit hat Gott uns relativ freie Hand gegeben. Wir können arbeiten, bis wir erschöpft sind. Dadurch beeinflussen wir die Zukunft. Zum Beispiel sieht dieser Raum hier noch relativ neu aus. Er wurde vor Jahren durch Arbeit geschaffen. Dieser Raum ermöglicht es uns heute, hier zusammenzukommen.
Das bedeutet, die Menschen, die diesen Raum gebaut haben, hatten bereits das Ziel, die Zukunft dieser Gegend zu beeinflussen und zu verändern. Deshalb haben sie gearbeitet, um diesen Raum zu errichten. Gott lässt den Menschen dabei relativ viel Freiheit in der Arbeit.
Wisst ihr, warum das so ist? Weil wir mit Arbeit nicht allzu viel Schaden anrichten oder großen Nutzen stiften können.
Gott hat uns aber noch eine zweite Möglichkeit gegeben, die Zukunft zu beeinflussen und zu verändern: das Gebet. Doch das Gebet ist zu kraftvoll, um es uns uneingeschränkt zu überlassen. Deshalb musst du mit deinem Gebet bei Gott vorsprechen.
Gott antwortet dann entweder: „Okay, machen wir“, oder „Nein, machen wir nicht“, oder „Wir machen es später, aber nicht jetzt.“ Wenn Gott uns das Gebet uneingeschränkt geben würde – „Bittet, was ihr wollt, und es wird euch gegeben“ –, dann wäre diese Welt längst zusammengebrochen.
Darum müssen wir mit unserem Gebet bei Gott vorsprechen.
Das Gleichnis von Freiheit und Verantwortung im Gebet
Ich vergleiche das so: Wir haben ja drei Kinder – Lukas, Lisa und Eva. Sie sind jetzt schon älter, deshalb funktionieren Gleichnisse für sie nicht mehr so gut. Früher waren sie jedoch noch kleiner.
Als sie etwa sieben, acht oder neun Jahre alt waren, hatten unsere Kinder Freiraum, Dinge zu tun, ohne uns vorher fragen zu müssen. Zum Beispiel mussten sie nie fragen, ob sie sich ein Brot aus dem Brotkasten nehmen dürfen. Wenn sie um drei Uhr nachmittags Brot wollten, konnten sie sich einfach nehmen. Sie mussten weder zu mir noch zur Mutter gehen.
Wenn sie mit dem Fahrrad durch den Wald fahren wollten, brauchten sie uns nicht zu fragen. Auch wenn sie auf einen Baum klettern wollten, war das für uns in Ordnung. Wir fanden, sie sollten machen, was sie wollen. Wenn sie mal runterfielen, ja, das kam vor.
Es gab aber auch andere Dinge, die sie im Prinzip tun durften, bei denen sie uns jedoch fragen mussten. Zum Beispiel, wenn sie Schokolade essen wollten, durften sie nie einfach so zugreifen. Das haben sie auch nicht gemacht, denn wir wussten, dass zu viel Schokolade erstens teuer und zweitens ungesund ist. Wenn sie fragten: „Vater, kann ich Schokolade?“, dann war die Antwort immer entweder „okay“, „nein“ oder „na, morgen“. Das waren die drei Möglichkeiten.
Prinzipiell durften sie mit ihrem Fahrrad fahren. Wir leben auf dem Land, aber nicht so abgelegen, dass gar nichts los ist. Es ist ein Tourismusort, daher fahren relativ viele Autos. Sie durften mit dem Fahrrad einen Freund besuchen, der zwei, drei Kilometer entfernt wohnt – prinzipiell schon. Aber niemals ohne zu fragen. Dann schaute ich auf die Uhr und sagte zum Beispiel: „Lukas, nein, es ist schon fünf Uhr, heute nicht mehr. Vielleicht morgen.“ Oder wenn es zwei Uhr war, das Wetter okay und alles passte, sagte ich: „Okay, du darfst fahren.“ Aber das durfte er nicht ohne Fragen, weil es sonst zu gefährlich gewesen wäre.
Das heißt, Lukas hatte einen Raum, in dem er frei war und nicht fragen musste. Eva hatte diesen Raum ebenfalls. Dort konnten sie ihre Zukunft mitbestimmen, viel Brot essen und dick werden – eine bestimmte Zukunft. Aber das war okay, es war überschaubar. Mit dem Fahrrad durch den Wald zu fahren war auch nett, das war alles überschaubar. Dort konnten sie ruhig tun, was sie wollten.
Wenn es aber um Dinge ging, die ihr Leben zu stark beeinflussen konnten, mussten sie uns fragen.
Jetzt kommt der Schlüssel: Hätte Lukas mich niemals gefragt, ob er zu einem Freund fahren darf, dann wäre er vielleicht nie gefahren. Aber indem er mich gefragt hat, konnte ich sagen: „Ja, okay, fahr.“
Seht ihr, so ist es auch mit Gott: Wenn wir ihn nie um etwas bitten, kann es sein, dass wir viele Dinge nicht bekommen, die wir sonst bekommen hätten. Darum sagt Jakobus: „Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet.“ (Jakobus 4,2)
Das heißt nicht, dass wir keine Kinder Gottes sind oder nicht leben. Es bedeutet nur, dass wir gewisse Dinge nicht haben, die wir sonst haben könnten. Deshalb ist das Gebet auch in diesem Sinne entscheidend.
Die Macht der Fürbitte am Beispiel biblischer Geschichten
Ein weiteres Thema ist das Gebet für andere. Schlagt dazu einmal Abraham auf, ich möchte euch etwas zeigen, und zwar im ersten Mose Kapitel 18. Dort steht die Geschichte von Abraham und Lot. Gott möchte Sodom und Gomorra vernichten und tut dies schließlich auch. Abraham tritt jedoch in der Fürbitte ein, damit sein Neffe Lot gerettet wird.
Ihr kennt die Geschichte wahrscheinlich. Sie steht im ersten Mose, Kapitel 18. Ich will sie jetzt nicht vorlesen, aber Lot wird tatsächlich gerettet, seine Frau allerdings nicht. Lot und seine zwei Töchter überleben.
Dann gibt es einen ganz interessanten Vers im ersten Mose 19, Vers 29:
"Und es geschah, als Gott die Stätte der Ebene des Jordan vernichtete" – und jetzt hört gut zu, das könnte man unterstreichen – "da dachte Gott an Abraham und geleitete Lot mitten aus der Umkehrung, als er die Städte umkehrte."
Wisst ihr, was daran interessant ist? An wen hat Gott gedacht? An Abraham. Wer wurde gerettet? Lot. Gott dachte an Abraham und rettete Lot. Das ist das Gebet der Fürbitte.
Es kann sein, dass du im Himmel einmal zurückblickst und es dann heißt: "Ich weiß nicht, wie er heißt. Wie heißt du?" Gott gedachte an Daniel und er rettete Matthias. Gott gedachte an Sarah und er rettete Daniela. Das ist die Macht der Fürbitte.
Es gibt auch eine sehr schöne Geschichte in Matthäus Kapitel 9. Schlagt die bitte noch auf. Matthäus Kapitel 9, Verse 1 und 2, besonders Vers 2 genügt eigentlich:
"Und siehe, sie brachten einen Gelähmten zu ihm, der auf einem Bett lag. Als Jesus ihren Glauben sah, den Glauben derer, die ihn trugen, sprach er zu dem Gelähmten: Sei guten Mutes, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben."
Mich fasziniert, welchen Glauben Jesus sah. Nicht den Glauben des Gelähmten, der hatte vielleicht keinen. Er sah den Glauben derer, die ihn getragen hatten, und er vergab dem Gelähmten. Das ist Fürbitte. Jesus sieht unseren Glauben an die Güte und Liebe Gottes und vergibt anderen Menschen. Das ist die Macht der Fürbitte.
Und im Hebräer 7, Vers 25 lesen wir einen wunderschönen Vers:
"Daher kann er, das ist Christus, die auch völlig erretten, die sich durch ihn Gott nahen, weil Christus immer lebt."
Wisst ihr, wozu Christus jetzt lebt? Wisst ihr, was Christus gerade tut? Jesus verwendet sich jetzt im Moment für dich und für mich vor dem Vater. Er tritt für uns ein, er ist unser Fürsprecher.
Darum kann Gott uns völlig retten. Das ist das Prinzip und die Kraft der Fürbitte – die objektiven Gründe für Gebet.
Abschluss und Ermutigung zum Gebet
Und ich schließe mit einem Spruch, den ich vor kurzem gelesen habe: Satan lacht über unsere Worte, er spottet über unsere Mühe, aber er zittert, wenn wir beten. Denn er ist sich sehr wohl bewusst, dass er dagegen nichts tun kann.
Er lacht über unsere Worte, er spottet über unsere Mühe, aber er zittert, wenn wir beten. Denn Gebet bewirkt etwas – objektiv, in dieser Welt. Indem wir Gott mehr Raum geben, kann er in und durch uns diese Welt beeinflussen und verändern.
Ich bete: Lieber Vater, hab Dank für die Möglichkeit und die Macht des Gebets, weil sie Freiraum schafft, damit du durch deine Liebe, deine Kraft, deine Fürsorge und deine Barmherzigkeit auch in und durch uns in dieser Welt Frieden, Freiheit und Hoffnung geben kannst.
Und Vater, wenn ich bete, dann bete ich, dass wir dich nicht limitieren, so wie die Kinder Israels, sondern dass wir dir Freiraum geben, indem wir den Kanal offenhalten – den Kommunikationskanal zwischen dir und uns.
Danke, Herr, für dein Wirken, danke für das Tun des Heiligen Geistes auch heute. Ersegne und gebrauche diese jungen Menschen hier, um auch in Deutschland eine Veränderung zu schaffen – zu deiner Ehre und zum Segen für viele Menschen. Amen.
