Einleitung: Parallelen und Unterschiede im Gespräch Jesu
Wir sind in einer Predigtreihe durch das Johannesevangelium. Vor zwei Wochen durfte ich mit uns das ganz bekannte Gespräch von Jesus mit Nikodemus betrachten, das am Anfang von Johannes Kapitel drei steht.
Heute sind wir am Anfang von Kapitel vier des Johannesevangeliums. Wieder sehen wir, wie Jesus in ein Gespräch mit einer Person einsteigt. Das ist eine Parallele, die nicht zufällig ist: zwei Gespräche, die Jesus führt. Doch könnte das heutige Gespräch in gewisser Weise nicht anders sein als das, was Jesus mit Nikodemus geführt hat.
Das Gespräch mit Nikodemus fand bei Nacht statt, weil Nikodemus im Schutze der Dunkelheit zu Jesus kam. Das heutige Gespräch dagegen findet mitten am Tag statt. Nikodemus war ein Mann, der uns namentlich vorgestellt wird. Die deutlich längeren Gesprächsberichte, die wir heute anschauen, enthalten nicht einmal den Namen der Frau, mit der Jesus redet.
Nikodemus war ein jüdischer Pharisäer, ein frommer Mann. Die Frau, um die es heute geht, war eine Samariterin aus einem Mischvolk, verachtet und ohne einen großen Glauben, wie uns dort vermittelt wird. Nikodemus kam, weil er Jesus sprechen wollte und ein geistliches Anliegen hatte. Diese Frau kam gar nicht wirklich zu Jesus. Jesus kam in gewisser Weise zu ihr, weil er ein Anliegen für sie hatte.
Nikodemus war hoch angesehen im Volk, die Frau hingegen war ausgegrenzt und isoliert. Nach dem Gespräch ging Nikodemus wieder weg und verschwindet, ohne dass wir etwas Weiteres von ihm erfahren. Bei der Frau hingegen erfahren wir am Ende des Kapitels, dass sie zu einer Anbeterin Gottes geworden ist.
So nimmt unser Bericht heute eine Wendung, die kaum zu erwarten war. Die Frau kam einfach nur, weil sie Wasser von einem Brunnen wollte – und sie bekam so viel mehr.
Mein Gebet für jeden von uns heute Morgen ist, dass wir etwas Ähnliches erleben dürfen. Egal mit welcher Intention wir hierhergekommen sind: Mögen wir viel reicher beschenkt von hier weggehen, als wir es vielleicht für möglich gehalten haben. Möge Gott sein Wort so gebrauchen.
Der Predigttext heute lässt sich vielleicht ganz einfach in einem Satz zusammenfassen: Jesus Christus ist gekommen, um Verlorene aus allen Völkern zu suchen und zu finden. Jesus ist gekommen, um Verlorene aus allen Völkern zu suchen und zu finden, sie mit seinem Geist zu erfüllen, damit sie dann in ihrer Bestimmung leben können – nämlich als Anbeter Gottes, Menschen, die Gott in Wahrheit und im Geist anbeten.
Bevor wir das genauer betrachten, möchte ich noch einmal beten, dass der Herr unsere Ohren und Herzen auftut, damit wir Acht geben auf das, was er uns zu sagen hat.
Himmlischer Vater, das ist unser Gebet: Dass du jetzt sprichst und wir, so wie die Samariterin am Brunnen, eine Begegnung mit dir in deinem Wort haben dürfen. Herr, hilf, dass nicht meine Worte diesen Raum füllen, sondern dass ich nur dein Werkzeug bin und du sprichst.
Wir wollen beten, dass du durch deinen Geist mächtig wirkst, dass du mir Vollmacht verleihst in der Verkündigung und dass du uns die Herzen öffnest durch deinen Geist, damit wir Acht geben auf das, was du uns zu sagen hast. Wir wollen beten, dass dein Wort in uns Großes bewirkt.
Das bitten wir im Namen dessen, der gekommen ist, um Verlorene zu suchen und zu finden: im Namen Jesu Christi. Amen.
Jesus’ Reise nach Samarien und die Begegnung am Brunnen
In den ersten sechs Versen von Johannes 4 – gerne könnt ihr den Text im Gottesdienstblatt oder in euren Bibeln nachlesen – sehen wir, wie Jesus nun aus Judäa, wo er auf Nikodemus getroffen ist, nach Samaria kommt. Dort, an einem unbedeutenden Ort, wird er eine besondere Begegnung mit einer Frau haben. Ich lese uns die ersten sechs Verse vor:
Als nun Jesus erfuhr, dass den Pharisäern zu Ohren gekommen war, dass er mehr Jünger machte und taufte als Johannes – obwohl Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger –, verließ er Judäa und ging wieder nach Galiläa. Er musste aber durch Samarien reisen. Da kam er in eine Stadt Samariens, die Sichar heißt, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Joseph gab. Es war dort Jakobs Brunnen. Weil Jesus nun müde war von der Reise, setzte er sich an den Brunnen nieder. Es war um die sechste Stunde.
Diese wenigen Verse geben uns zwei Gründe, warum Jesus jetzt dorthin kommt. Der erste Grund ist, dass er gehen musste. Er musste Judäa verlassen, weil die Pharisäer sich gegen ihn stellten. Jesus wusste, dass es noch nicht an der Zeit war, verhaftet oder gekreuzigt zu werden. Deshalb musste er von dort weggehen.
Der zweite Grund ist, dass er durch Samarien reisen musste. Das ist eine interessante Aussage, denn fromme Juden vermieden normalerweise die Reise durch Samarien. Samaria war für die Juden ein unreines, ungewolltes Gebiet. Die Stadt war die Hauptstadt des ehemaligen Nordreichs Israel, das im Jahr 722 v. Chr. von den Assyrern besiegt worden war. Die Assyrer hatten Menschen aus dem Nordreich an andere Orte deportiert und Menschen aus anderen besetzten Gebieten dorthin gebracht. So entstand eine Völkervermischung.
Das Volk der Samariter bestand nun aus Menschen mit jüdischen Hintergründen und heidnischen Einflüssen. Daraus entwickelte sich eine ganz eigene Religion. Für die Juden war das abscheulich. Deshalb gingen sie normalerweise um Samarien herum, wenn sie vom Süden, Judäa, in den Norden, Galiläa, reisen wollten.
Jesus aber musste durch Samarien reisen. Er tat das nicht wegen äußerer Umstände, sondern weil es Gottes Wille war. Es war eine göttliche Notwendigkeit, ein Teil von Gottes Plan. Es ist kein Zufall, dass Jesus zur sechsten Stunde am Brunnen in Samarien sitzt. Nein, er sitzt dort aus einem guten Grund.
Ab Vers 7 lesen wir dann von diesem Grund, nämlich dass er dort auf eine Samariterin trifft und direkt mit ihr ins Gespräch kommt. Ich lese uns die Verse 7 bis 9 vor:
Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: „Gib mir zu trinken.“ Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen. Da sagt die samaritische Frau zu ihm: „Wie, du bittest mich um etwas zu trinken, du, der du ein Jude bist?“ Denn Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern.
Gesellschaftliche Schranken und Jesu Haltung
Dass die Samariterin zur Mittagszeit allein zum Brunnen kam, war ungewöhnlich. Normalerweise ging man nicht mitten am Tag, wenn es sehr heiß war, zum Brunnen. Frauen gingen zudem typischerweise nicht allein Wasser holen. Hier erkennen wir bereits, dass diese Frau gesellschaftlich ausgegrenzt und nicht akzeptiert ist. Sie kommt zu einer Zeit, zu der man das eigentlich nicht macht, und geht allein, wie es sonst nicht üblich ist, um Wasser zu schöpfen. Das ist auffällig.
Was hingegen nicht ungewöhnlich ist, ist ihre Reaktion, als Jesus sie um etwas zu trinken bittet. Sie erkennt sofort, dass das eigentlich nicht üblich ist. Juden hatten mit Samaritern nichts zu tun. Sie würden ihnen nicht einmal nahekommen, sondern sagen: „Bleib weg von mir!“ Dass ein jüdischer Mann eine samaritische Frau so anspricht, ist daher überraschend. Doch Jesus kennt solche gesellschaftlichen Trennungen nicht.
Er ist gekommen, um zu suchen und zu finden, was verloren ist. Er ist der Heiland der ganzen Welt, das Lamm Gottes, das für die Sünden der Welt starb. So sehen wir, dass Jesus keine Berührungsängste hat. Es ist gut, wenn wir das für einen Moment bedenken. Zwar ist das nicht die Kernaussage des heutigen Predigttextes, doch es hat viel damit zu tun: Jesus macht keine Unterschiede bei Menschen, nicht die Unterschiede, die Menschen machen – auch wir nicht.
Bei Jesus gibt es keine gesellschaftlichen Trennungen, ob arm oder reich, schwarz oder weiß, alt oder jung, hochgebildet oder weniger gebildet. Jesus geht zu allen Menschen. Wenn wir uns Christen nennen, als Menschen, die Jesus Christus nachfolgen, dann sollte seine Haltung gegenüber Menschen auch unsere Haltung sein.
Wir sollten anerkennen, dass vor allem in der Gemeinde, wenn Menschen Christen sind, sie in Christus sind. Das ist unsere primäre Identität und viel wichtiger als all die Kategorien, die die Welt kennt. Deshalb sollten auch wir darauf achten, dass wir in unserer Gemeinde nicht nur Menschen wie Nikodemus willkommen heißen, sondern auch solche wie diese Samariterin.
Das bedeutet für uns, dass wir uns bewusst aufeinander einlassen, so wie der Jude Jesus sich auf diese gesellschaftlich ausgegrenzte Frau eingelassen hat. Wenn du merkst, dass in deinen Gedanken oder in deinem Herzen weltliche Grenzen noch eine große Rolle spielen, möchte ich dich herausfordern, dich von Jesus verändern zu lassen. Werde ihm ähnlicher und kämpfe aktiv gegen dieses weltliche Denken in deinem Leben an.
Wie wäre es, wenn du jeden Sonntag vor und nach dem Gottesdienst bewusst auf einen Menschen zugehst, der ganz anders ist als du? Jemand aus einer anderen Kultur, mit einer anderen Sprache oder aus einer anderen Altersgruppe? So könnten wir in unserem Miteinander mehr von der Haltung abbilden, die Jesus gegenüber den Menschen hatte.
Wie wäre es, wenn wir ganz bewusst so vereint miteinander leben – über alle weltlichen Grenzen hinweg –, dass jeder erkennt, dass wir zu Jesus gehören? Ich kann uns versprechen: Das wird unsere Gemeinschaft stärken. Und es wird der Welt ein Zeugnis sein, weil sie staunen wird: „Wie kommen die denn hier alle zusammen? Die haben doch nichts miteinander zu tun – außer Jesus.“
Das nur am Rande. Jesus geht zu allen Menschen. Er sucht und findet Menschen wie diese Samariterin und spricht nicht nur mit Menschen wie Nikodemus.
Das Angebot des lebendigen Wassers
Und damit kommen wir zu Vers 10. Bereits zu Beginn von Vers 10 sehen wir, dass Jesus nicht vor allem zu diesem Brunnen gekommen ist, um selbst etwas zu trinken zu bekommen. Er ist gekommen, um etwas zu geben. Ja, er ist gekommen, um dieser Frau das anzubieten, was sie so dringend braucht und wonach sich ihre Seele so sehr sehnt.
Ich lese uns die Verse 10 bis 14 vor:
Jesus antwortete und sprach zu ihr: „Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken, du betest ihn, und er gebe dir lebendiges Wasser.“ Spricht zu ihm die Frau: „Herr, hast du doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief, wo hast du denn lebendiges Wasser? Bist du mehr als unser Vater Jakob, der diesen Brunnen gegeben hat? Und er hat daraus getrunken und seine Kinder und sein Vieh.“ Jesus antwortete und sprach zu ihr: „Wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, der wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm gebe, das wird ihm eine Quelle des Wassers werden, das ihn das ewige Leben quillt.“
Ich denke, es ist faszinierend zu sehen, wie Jesus diesem Gespräch sofort eine Wendung gibt. Das sehen wir in dem Gespräch tatsächlich mehrfach. So wie er das schon mit Nikodemus gemacht hat. Wir erinnern uns: Nikodemus kommt, und bevor er überhaupt richtig eine Frage stellt, sagt Jesus – übrigens, das musst du wissen – so ist Jesus. Er verschwendet seine Worte nicht. Er weiß, was die Menschen wirklich brauchen, und spricht das direkt an.
Und so kommt er hier nun direkt zu sprechen auf dieses lebendige Wasser. Für die Samariterin macht das erst einmal gar keinen Sinn. Sie denkt immer noch ans Brunnenwasser und sagt: „Wie willst du mir etwas geben? Eben musstest du mich doch erst fragen, weil du gar nicht zum Schöpfen hast.“ Das klingt fast ein bisschen spöttisch. Ich habe das beim Vorlesen bewusst ein wenig so betont, wenn sie Jesus quasi rhetorisch und spöttisch fragt: „Bist du mehr als unser Vater Jakob? Was bildest du dir denn ein?“
Sie hat noch nicht erkannt, was Jesus ihr zu geben hat. Sie hat noch nicht erkannt, wer Jesus ist. Das ist genau das, was Jesus übrigens auch in Vers 10 gesagt hat: „Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt, dann würdest du ihn bitten.“ Nun, Jesus ist aber dort, um diese Frau an diesen Punkt zu führen und ihr noch mehr zu erklären.
Er beginnt quasi damit, dass er ihr deutlich macht: Ich habe etwas zu geben, was du wirklich brauchst. Ein Wasser, das für alle Ewigkeit befriedigt. Ein Wasser, das selbst zu einer Quelle in uns wird – nicht nur für diese Welt und dieses Leben, sondern für alle Ewigkeit.
Wenn Jesus hier den Begriff des lebendigen Wassers gebraucht, dann ist das für uns vielleicht erst einmal ein seltsames Wort. Wenn diese Samariterin sich ein bisschen im Alten Testament auskannte, was möglich ist, dann waren ihr diese Worte vielleicht vertraut. Denn in den Propheten ist immer wieder von diesem lebendigen Wasser die Rede. Zum Beispiel spricht Jesaja in Jesaja 55,1 von diesem lebendigen Wasser. Hesekiel spricht davon, der Prophet Joel spricht davon, und andere Propheten ebenfalls.
Jesus selbst würde kurze Zeit später erklären, was es mit diesem lebendigen Wasser auf sich hat. In Johannes 7, ab Vers 37 sagt Jesus in einem etwas anderen Kontext noch einmal: „Wer da dürstet, der komme zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Und dann kommentiert Johannes: „Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten.“
Seht ihr, das lebendige Wasser, das Jesus anbietet, ist nicht einfach H2O. Das lebendige Wasser, das Jesus anbietet, das ist der Heilige Geist. Er ist gekommen, um diese namenlose, gesellschaftlich ausgegrenzte Frau mit etwas zu beschenken, ihr etwas zu geben, was ihr ewiges Leben und wahre Erfüllung geben würde – seinen Heiligen Geist.
Das verstand die Frau noch nicht. Sie fing an zu ahnen, dass Jesus vielleicht wirklich etwas zu geben hat. Deshalb sagt sie: „Dann gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen.“ Aber noch hatte sie es nicht verstanden.
Jesus spricht die Lebenssituation der Frau an
Aber Jesus bleibt dran. Er gibt dem Gespräch eine neue Wendung und lenkt den Blick dieser Frau – und auch unseren Blick – auf einen wunden Punkt im Leben der Samariterin. Es ist ein Lebensbereich, in dem sie schon lange Erfüllung gesucht hatte. Schließlich hatte sie sich auf etwas eingelassen, was die Bibel explizit verbietet und was wohl auch dazu geführt hatte, dass sie nun gesellschaftlich verachtet wurde.
Jesus sagt zu der Frau: „Geh hin, ruf deinen Mann und komm wieder her.“ Die Frau antwortet: „Ich habe keinen Mann.“ Jesus spricht zu ihr: „Du hast recht geantwortet, ich habe keinen Mann. Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Das hast du recht gesagt.“
Manche Ausleger spekulieren jetzt darüber, wie unmoralisch diese Frau gewesen sein könnte. Letztendlich wäre ich da sehr zurückhaltend, weil der Text uns eigentlich nichts weiter sagt, außer dass sie einfach fünf Männer hatte. Wir haben keine Ahnung, ob diese Männer nacheinander gestorben sind, ob sie sie verlassen haben – vielleicht für eine andere Frau – oder ob die Frau vielleicht doch eine Mitschuld daran trug.
Aber eines ist klar: Der Umstand, dass diese Frau fünfmal geheiratet hatte, also immer und immer wieder geheiratet hatte, und nun unverheiratet mit einem Mann zusammenlebte, obwohl das absolut nicht akzeptabel war, ist ein Ausdruck davon, dass sie sich etwas erhoffte. Sie hatte eine Sehnsucht, suchte etwas in einer Beziehung, im Idealfall einer Ehe. Wenn das nicht mehr ging, dann vielleicht einfach so. Sie suchte vielleicht nach Liebe, nach Annahme, nach Schutz, nach Geborgenheit, nach Versorgung.
So ist diese Frau, denke ich, ein gutes Beispiel für die tiefe Sehnsucht, die letztendlich alle in uns tragen. Tief in unserem Herzen sehnen wir uns nach Liebe, nach Annahme, nach Geborgenheit, nach Erfüllung.
Ganz ehrlich, kennst du das nicht auch? Diese Sehnsucht nach wahrer, dauerhafter Erfüllung, dieses beständige Streben nach etwas, das dann letztendlich oft nichts anderes ist als ein Greifen nach dem Wind.
Ich möchte für einen Moment ganz bewusst die Teenager unter uns ansprechen. Ich kann mir vorstellen, dass so mancher Teenager denkt: „Ach, wenn ich nur etwas älter werde, dann werde ich endlich haben, was mich wirklich erfüllt.“ Vielleicht denkst du dabei auch an eine Beziehung, vielleicht sogar an die Ehe, an Sexualität, an Intimität. Vielleicht auch an andere Dinge, vielleicht an Freiheiten, nach denen du dich sehnst. Vielleicht an den Schulabschluss, den Führerschein oder die eigene Wohnung, um einfach selbstbestimmt leben zu können.
Nur um das in eurer Sprache zu sagen: Ich will das nicht spoilern. Aber ich kann euch versprechen, dass all diese Dinge, auch wenn ihr sie erreicht – und gerade dann, wenn ihr sie erreicht – euch längst nicht die Erfüllung geben werden, die ihr euch davon erhofft.
Es ist tatsächlich so im Leben, dass wir immer wieder nach Dingen streben und denken, da finde ich Erfüllung. Und wenn wir sie erreicht haben, werden sie zu nichts. Ihr könnt jeden Erwachsenen fragen, die können euch das bestätigen.
Das heißt nicht, dass die Erwachsenen deshalb klug geworden wären. Wir machen das immer noch. Wir jagen nach Dingen, von denen wir uns Erfüllung erhoffen, nur um immer wieder festzustellen: Das funktioniert nicht.
Das Leben hier auf Erden, wie der Prediger Salomo schreibt, ist ein Haschen nach Wind.
Die Samariterin hatte das schmerzhaft erfahren, immer und immer wieder. Jesus legt hier den Finger in die Wunde. Er tut das direkt, nachdem er zu ihr gesagt hat, dass er ihr etwas zu geben hat, das wirklich für alle Ewigkeit ihren Hunger, ihren Durst, ihre Sehnsüchte befriedigen wird.
Wenn du heute hier bist und noch auf der Suche bist, noch nicht weißt, wohin mit deinen Sehnsüchten, wenn du noch suchst nach dem, wonach sich deine Seele irgendwie sehnt, dann lass dir sagen: Du bist ganz nah am Ziel. Denn Jesus ist derjenige, der dir geben kann, wonach sich deine Seele im tiefsten Inneren sehnt, wonach sie lechzt.
Jesus wird das weiter erklären – und wir wollen weiter auf ihn hören.
Anbetung als wahre Erfüllung
Im Vers 19 scheint es so, als würde die Samariterin das Thema wechseln – wahrscheinlich, um dem schmerzhaften Bereich Männer und Beziehungen aus dem Weg zu gehen. So kommt sie auf das Thema Anbetung zu sprechen. Sie denkt, dass sie das Gespräch in eine neue Richtung lenkt, aber Jesus hat alles im Griff.
Für ihn ist das eine Steilvorlage, denn nun kann er weiter erklären, wozu Gott Menschen sucht und mit seinem Geist erfüllt. Er zeigt, worin wir wirklich Erfüllung finden können, nämlich in der Anbetung.
Ich lese uns die Verse 19 bis 24 vor:
Die Frau spricht zu ihm: „Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.“ Das sagt sie, weil er ihr sagt, was in ihrem Leben alles los war. „Unsere Väter haben auf diesem Berg angebetet, und ihr sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten soll.“
Wir merken, das ist ein Ablenkungsmanöver, oder? Schnell wird das Thema gewechselt, und es wird über ein typisches Streitthema zwischen Juden und Samaritern gesprochen. Die Juden beten auf dem Berg beim Tempel in Jerusalem an. Die Samariter hatten keinen Zugang mehr nach Judäa, ins Südreich. Sie hatten sich ihre Religion ein bisschen selbst gemacht und einen eigenen Ort der Anbetung definiert, den Berg Gerisim oder Garissim.
Sie fragt nun danach, und Jesus antwortet in Vers 21: „Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, dass ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr wisst nicht, was ihr anbetet, wir wissen aber, was wir anbeten, denn das Heil kommt von den Juden.“
„Aber es kommt die Zeit – und sie ist schon jetzt –, in der die wahren Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten werden. Denn auch der Vater will solche Anbeter haben. Gott ist Geist, und die, die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“
Jesus macht deutlich: Ja, tatsächlich hatten die Juden das richtig erkannt. Gott hatte den Tempel in Jerusalem angeordnet. Er war nach Gottes Vorgaben gebaut worden, um der Ort der Anbetung zu sein. Hier sollten Opfer dargebracht werden. Das war der Ort, an dem Gott gesagt hatte: „Hier will ich mit meiner Gegenwart mitten unter euch sein“, im Allerheiligsten.
Aber Jesus macht klar, dass die Zeit der Anbetung in diesem Tempel nun vorüber ist, denn mit ihm ist die Gegenwart Gottes zu uns gekommen. Der Tempel war nur ein Abbild, nur ein Symbol für die Gegenwart Gottes – für Jesus, die wahre Gegenwart Gottes.
Das ist genau das, was Johannes uns schon in Kapitel 1 erklärt hatte, als er sagte, dass Jesus das Wort war, das Fleisch wurde und mitten unter uns zeltete, mitten unter uns wohnte. Da steht das Wort, das für die Stiftshütte gebraucht wurde. Jesus wurde unsere Stiftshütte, er wurde der Ort, wo Gott bei den Menschen ist. Jesus ist der Tempel.
Deswegen kann er auch sagen: „Ihr werdet ihn abreißen, und nach drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten.“ Er redet von sich selbst und nicht von diesem Bauwerk.
Das heißt, es ist eine neue Zeit gekommen, eine Zeit, in der wir den Tempel nicht mehr brauchen, sondern wir können anbeten, losgelöst von diesem Ort. Wir können Jesus anbeten.
Im Fortgang lesen wir in der Bibel weiter, dass Jesus deutlich macht, dass dort, wo die Menschen, die auf ihn vertrauen, zusammenkommen, sie sich zusammen erbauen als ein geistliches Haus, als ein Tempel. Das heißt, der Tempel wird dann die Gemeinschaft der Glaubenden.
Jesus sagt, er schenkt uns seinen Heiligen Geist, sodass wir zu einem Tempel des Heiligen Geistes werden. Das heißt, der Ort der Anbetung sind letztendlich wir.
Dazu ist Jesus gekommen. Deswegen ist die Zeit nun gekommen: Jesus kommt zu uns Menschen, um uns aus der Verlorenheit dieser Welt herauszurufen und uns zu geben, wonach sich unsere Seele sehnt – einen Ort wahrer Anbetung.
Einst hatten die Menschen keine Sehnsucht. Sie lebten im Garten Eden. Gott hatte diese Welt perfekt gemacht. Es war ein perfekter Ort, da hatten die ersten Menschen alles, was ihr Herz begehrte.
Doch der Teufel kam und redete den Menschen ein, dass Gott es nicht wirklich gut mit ihnen meint. So ließen sich die ersten Menschen verführen und rebellierten gegen Gott. Nun, als sündige Menschen, konnten sie nicht länger in der Gegenwart des heiligen Gottes bleiben. Das passt nicht zusammen. Deshalb wurden die ersten Menschen aus dem Garten Eden vertrieben.
Seit dieser Zeit leben alle Menschen mit dieser Sehnsucht, einer tiefen Sehnsucht nach diesem Ort der Vollkommenheit. Wir haben eine heile Welt verloren. Wir leben nun in einer gefallenen Welt und sehnen uns nach einer heilen Welt, nach einer Welt ohne Leid, ohne Schmerzen, ohne Tod.
Ein Ort, wo wir vollkommene Annahme, Liebe und Ruhe finden.
So sind wir Menschen erfüllt von Sehnsucht nach etwas, das außerhalb von dem liegt, was wir greifen können. Das hatte diese Samariterin sehr, sehr klar erlebt.
Und Gott kommt nun zu uns Menschen in diese verlorene Welt. Er kommt zu diesen verlorenen Menschen, um unsere unerfüllten Sehnsüchte zu erfüllen.
Dazu lehrt Jesus die Menschen, so wie er es hier mit der Samariterin tut. Er ruft sie in seine Nachfolge.
Dann tut er das, was notwendig war, damit sündige Menschen ein Ort sein können, in dem der heilige Gott durch seinen Heiligen Geist leben kann.
Das ist eigentlich ein unvorstellbares Bild: Sündige Menschen können nicht in der Gegenwart des heiligen Gottes sein und mussten deshalb den Garten Eden verlassen, weil sie sonst nicht bestehen würden.
Wie kann dann der heilige Gott durch seinen Heiligen Geist in sündigen Menschen leben? Das ist noch viel intimer. Das müsste uns zerreißen – es kann gar nicht gehen.
Deshalb musste Jesus kommen. Deshalb musste er auch zu dieser Frau kommen.
Er musste nicht nur so leben, wie wir hätten leben sollen – voller Liebe, perfektem Gehorsam Gott gegenüber, ein Leben der Anbetung.
Er musste auch verraten werden, leiden und sterben. All das waren keine äußeren Notwendigkeiten, sondern göttliche Notwendigkeiten.
Durch seinen Tod nahm er die gerechte Strafe für unsere Schuld, für unsere Sünden auf sich, sodass unsere Sünde aus den Augen Gottes aus uns herausgenommen werden kann. So kann der Heilige Geist Raum finden in Menschen.
Jesus musste am dritten Tag von den Toten auferstehen, um zu beweisen, dass er wirklich der Sohn Gottes ist und Macht hat über den Tod und die Sünde.
Er musste in den Himmel zum Vater auffahren, um uns von dort seinen Heiligen Geist zu senden. Diesen schenkt er jedem, der sich ihm im Glauben zuwendet.
Sein Geist ist das lebendige Wasser, das Gott allen schenkt, die auf ihn vertrauen. So tragen wir in uns eine Quelle, eine Quelle der Anbetung, eine Quelle, die uns hilft, so zu leben, dass wir wirklich erfüllt werden und unsere Sehnsüchte Erfüllung finden.
Ich hoffe, du verstehst: Dieses Leben in Fülle, das, wonach sich deine Seele sehnt, kannst du nur bei Jesus finden.
Deshalb glaube an ihn und vertraue dich ihm an.
Wenn du heute hier bist und vielleicht Jesus schon irgendwie eine Rolle in deinem Leben spielt, aber du noch nicht wirklich deine Erfüllung komplett bei ihm suchst – so wie Sammy vorhin gebetet hat, dass wir Jesus vielleicht zu einer Nebensache gemacht haben, die in unserem Leben eine gewisse Rolle spielt, aber unsere Erfüllung noch woanders suchen –, dann möchte ich dir sagen: Das wird nicht gelingen, das wird scheitern.
Vielleicht bist du dann noch gar nicht wirklich Christ. Selbst wenn du Gemeindemitglied bist und seit dreißig Jahren hierher kommst.
Wenn Jesus nicht im Zentrum deines Lebens steht, sondern nur eine Randfigur ist, dann ist er nicht wirklich der Herr, sondern etwas anderes.
Was wir brauchen, ist Jesus als Herrn. Was wir brauchen, ist, dass er derjenige ist, auf den wir schauen. Und was wir brauchen, ist, dass er sein Leben in uns gießt, sodass wir erfüllt werden mit dem lebendigen Wasser, mit seinem Geist.
Wenn du Fragen dazu hast: Du hast vorhin die Einladung zum Christian-Entdecken-Kurs gehört. Ich möchte dich herzlich einladen, ab dem 7. November zu kommen. Ich möchte dir liebend gerne erklären, was es mit Jesus auf sich hat und wie du bei ihm wirklich das finden kannst, wonach du dich im tiefsten Inneren sehnst.
Du kannst mich auch gerne nach dem Gottesdienst ansprechen. Ich komme gerne mit dir darüber ins Gespräch.
Das Leben als Anbetung in Wahrheit und Geist
Nun, jeder von uns, der Jesus Christus als seinen Retter und Herrn kennt, der sich ihm zugewandt hat und Buße getan hat von seinem selbstbestimmten Leben, von seinem Nachjagen nach anderen Dingen, bei denen wir Erfüllung suchen, dem hat Jesus seinen Heiligen Geist gegeben.
Lieber Christ, der Heilige Geist lebt jetzt in dir, um in dir das zu bewirken, wozu Gott dich geschaffen hat. Gott will Anbeter, die ihn anbeten in Wahrheit und im Geist. Dazu gibt er uns seinen Geist. Das ist das Ziel unseres Lebens.
Der Westminster-Katechismus beantwortet die erste Frage nach dem Ziel unseres Lebens mit der klaren Aussage: Das höchste Ziel des Menschen ist es, Gott zu verherrlichen und sich für immer an ihm zu erfreuen. Das höchste Ziel des Menschen ist Anbetung. Errettung geschieht, damit du anbeten kannst.
Ich weiß, manche sagen jetzt: Warte mal, rettet Gott uns nicht primär, damit wir evangelisieren oder in die Mission gehen können? John Piper hat das mal so wunderbar formuliert: Er sagte, Mission existiert, weil Anbetung noch nicht existiert. Mission und Evangelisation werden irgendwann aufhören, Anbetung geht für alle Zeiten weiter.
Ich kann dir sagen: Der Ort, wo die Anbetung vollkommen sein wird, wird der Ort sein, wo deine Sehnsüchte befriedigt sind. Gottes Geist lebt nun schon in dir, damit du etwas davon schon hier auf Erden erleben darfst. Das Leben in Fülle ist ein Leben in der Anbetung.
Das ist es, was Jesus dieser Frau hier deutlich macht, das ist es, was wir verstehen müssen. Dazu musste Gott in Jesus Christus kommen. Er kam, um zu suchen und zu finden, die verloren sind und an falschen Orten nach Erfüllung suchen. Er kam, um zu suchen und zu finden und damit seinen Geist zu erfüllen, um aus Menschen wie dir und mir Anbeter Gottes zu machen. Menschen, die Gott so anbeten, wie es Gott gefällt, in Wahrheit und im Geist.
Lassen wir uns zum Schluss noch kurz darüber nachdenken, was das eigentlich heißt: Anbetung in Wahrheit und im Geist.
Wahre Anbetung braucht Wahrheit. Gott hat uns in seinem Wort offenbart, wer er ist. Wir lesen hier zum Beispiel eine wichtige Lehre über Gott: Er ist Geist. Das zeigt sich dann übrigens auch darin, wie wir ihn anbeten sollen. Er offenbart sich nicht nur als wer er ist, sondern auch, wie er angebetet werden will.
Deswegen ist die biblische Wahrheit, deswegen ist Theologie letztendlich die Grundlage aller Anbetung. Manchmal höre ich, dass Menschen das voneinander trennen und sagen: Ja, ich bin nicht so theologieinteressiert, aber ich bin ein Anbeter. Da sage ich: Geht gar nicht! Wahre Anbetung braucht Wahrheit, wahre Anbetung braucht Gottes Wort.
Das gilt sowohl für unsere gemeinsame Anbetung als der Tempel Gottes, zu dem wir uns erbauen als lebendige Steine, wie auch für unsere ganz individuelle, persönliche, tagtägliche Anbetung als Menschen, die Tempel des Heiligen Geistes sind.
So lehrt uns Gott in seinem Wort, wie er angebetet werden will. Für unsere gemeinsame Anbetung lehrt uns Gottes Wort zum Beispiel, dass unsere Gottesdienste darauf ausgerichtet sein sollen, dass wir einander im Glauben stärken und erbauen (1. Korinther 14,26). Gottes Wort lehrt uns, dass unsere gemeinsame Anbetung in guter Ordnung und Ehrbarkeit geschehen soll (1. Korinther 14,40).
Alles, was wir hier miteinander tun, soll zur Ehre Gottes geschehen (1. Korinther 10,31). Wir sollen in allem darauf bedacht sein, dass wir einander dienen, ermutigen und, wenn nötig, ermahnen. Und das soll geschehen durch die Lehre wie auch durch die Lieder, durch Psalmen und Lobgesänge und geistliche Lieder, wie Kolosser 3,16 lehrt.
Seht ihr, Gott hat viel dazu zu sagen, wie er angebetet werden will. Unser Problem ist, dass wir manchmal in den Gottesdienst kommen und gewisse Vorstellungen haben, was uns in besonderer Weise gefällt.
Ich habe manchmal das Gefühl, das ist ein bisschen so, als käme man an ein Buffet. Du hast schon mal gesehen: Oh, das sieht besonders gut aus. Du gehst daran vorbei und sagst: Das will ich. Dann kommst du irgendwo anders hin, und Leute gehen anderswo hin und wollen etwas anderes nehmen. Du sagst: Ah, das ist nicht meins, ich brauche das.
Das Problem ist, jeder hat so seine Meinung und seinen Geschmack. Aber wenn wir nur einen Moment innehalten würden und alle miteinander auf den hören würden, der das Buffet vorbereitet hat, der uns dann sagt: Das, was besonders gut aussieht, ja, das ist so ein bisschen Appetizer. Ja, das ist ganz okay, schmeckt ganz okay. Manche lieben das, weil sie das nur kennen, und andere mögen das besonders gern, das ist auch gut. Das ist nun auch eine Beilage.
Aber das, was wirklich den Höhepunkt dieses Essens ausmacht – je nach Geschmacksrichtung vielleicht das Steak oder so – das ist das. Und das alles zusammen, wenn du das nimmst und das nimmst und das, boah, das ist Gaumenfreude. Und wir sagen: Also, das hat mir immer gut geschmeckt, das will ich weiter.
Seht ihr, das ist Anbetung nach Gutdünken. Anbetung in Wahrheit ist, wir hören auf den, der uns sagt, was wirklich gut ist. Und das Überraschende wird sein: Wenn du dich darauf einlässt, wirst du sagen: Wow, ich habe nie geahnt, dass Anbetung so erfüllend sein kann. Nicht nur für den Moment meine Seele kitzelt oder mich irgendwie befriedigt, nein, wirklich erfüllend ist sie.
Das wünsche ich uns von Herzen, dass wir mehr darauf hören, was Gott uns zu sagen hat, wie wahre Anbetung aussieht – Anbetung in Wahrheit.
Das gilt übrigens auch für unsere individuelle, ganz persönliche Anbetung. Der Römerbrief ist ein Paradebeispiel dafür. Elf Kapitel lang beschreibt uns Gott biblische Wahrheiten, wie wir gerettet werden, wer Gott ist. Wir erfahren so viel Theologie.
Dann sagt er in Kapitel 12, Vers 1: So, in Anbetracht dieser Dinge lebt ein Leben der Anbetung. Gebt euch Gott hin als lebendige Opfer, heilig und Gott wohlgefällig.
Und dann sagt er in Vers 2: Lasst euch nicht von der Welt prägen, tut nicht, was die Welt sagt, sondern lasst euch erneuern durch den Geist, der in euch wirkt. Lasst euch von Gott unterrichten, nicht von der Welt.
So werden wir Gott so anbeten, wie es ihm gefällt und wie es uns erfüllt.
Damit sind wir auch schon beim Thema Geist. Wir merken, die Themen Wahrheit und Geist sind nicht zwei komplett losgelöst voneinander zu betrachtende Themen. Tatsächlich hängen sie ganz eng zusammen, denn der Geist und das Wort – Geist und Wahrheit – arbeiten immer zusammen.
Wir lesen in Epheser 5,18, dass wir voll des Heiligen Geistes sein sollen. Und es gibt eine Parallelstelle dazu in Kolosser 3,16. Wenn ihr euch den Kontext anschaut, ist es fast identisch, was davor und danach kommt. Nur ein Wort ist anders: Statt „lasst euch erfüllen mit dem Heiligen Geist“ heißt es dort „lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen“.
Der Geist und das Wort wirken zusammen, Geist und Wahrheit arbeiten zusammen.
Das ist aber auch wichtig, dass der Geist auch Raum bekommt. Denn wir können Orthodoxie haben und tote Anbetung. Wahrheit ohne Geist führt nicht zu einer Anbetung, die Gott gefällt.
Das heißt, wir können alles richtig wissen, und unsere Herzen sind weit weg von Gott. Das war das Problem in Israel im Alten Testament. Gott klagt immer wieder an: Die Menschen bringen die Opfer genau so, wie Gott sie vorgeschrieben hat, und Gott sagt: Mir gefallen eure Opfer nicht. Warum? Weil eure Herzen fern von mir sind.
Gott will Anbetung in Wahrheit und im Geist. Der Geist Gottes gewinnt Raum in uns, wenn wir wirklich anfangen, auf Gott zu schauen, mit der Sehnsucht, mehr von ihm zu erkennen.
Wenn du jemanden so kennenlernst, vielleicht eine Beziehung anbahnst, merkst du, dass er vielleicht dort nicht so super ist, wie du im ersten Moment dachtest. Es ist bei Gott so: Wenn du ihn mehr kennenlernst, wirst du sehen, er ist immer besser, noch besser. Du findest keinen Makel, nichts Abstoßendes in ihm.
Wenn du den Eindruck hast, dass deine Anbetung ein bisschen trocken geworden ist, wenn du dir wieder mehr Geist in deinem Leben wünschst, dann schau mehr auf Jesus. Schau mehr auf ihn, indem du sein Wort liest und ihn bittest: Hilf mir, dich mehr zu erkennen. Ich will mehr von dir, ich will dich mehr erkennen, damit ich dich mehr liebe.
Ich kann dir versprechen: Jesus ist so wunderbar, dass, wenn du ihn besser kennenlernst, dein Herz nicht unberührt bleiben wird. So werden wir nicht, weil wir müssen, sondern weil wir wollen, Gott anbeten in Wahrheit und im Geist.
Liebe Geschwister, dafür sind wir gemacht worden. Dafür hat Gott uns gerettet. Das allein kann uns erfüllen. Ich hoffe, dir ist das klar.
Ein solches Leben ist das, was die Samariterin brauchte, wonach sie sich tief im Innersten sehnte, nur nicht wusste, wo sie es finden würde. Und das ist das, wonach sich deine Seele sehnt und meine.
So möchte ich mit uns beten, dass der uns hilft, mehr und mehr dahin zu finden:
Herr Jesus Christus, wir danken dir dafür, dass du gekommen bist, um zu suchen und zu finden, was verloren war. Danke, dass du Menschen aus allen Völkern und Nationen gerufen hast. Danke, dass du der Heiland der ganzen Welt bist.
Danke, dass du dich auch uns hier heute vorstellst durch dein Wort und dass du uns sagst, was du allein uns geben kannst.
Herr, ich bete für mich und für uns alle, dass dein lebendiges Wasser noch mehr durch uns strömt, dass dein Geist mehr Raum in uns einnimmt und dass die Sünde weniger Raum bekommt in unserem Leben.
Herr, verändere uns, heilige uns, heilige uns in der Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit. So mach uns zu Menschen, die dich anbeten, wenn wir hier zusammenkommen als Gemeinde, aber auch zu aller Zeit mit unserem ganzen Leben.
Herr, danke, dass wir wissen dürfen, dass du uns hinführen wirst zu einem Ort der ewigen Anbetung, in deine Herrlichkeit.
Danke, dass wir wissen dürfen, dass, wenn wir einst in der Herrlichkeit ankommen, unsere Anbetung vollkommen sein wird und wir vollkommen Erfüllung finden werden in dir.
Hilf uns, dem entgegenzustreben mit einem Leben der Anbetung in Wahrheit und im Geist. Amen.