Liebe Geschwister, liebe Freunde und Gäste,
es ist eine Freude und eine Ehre für mich, heute wieder hier sein zu dürfen. Vor zwei Wochen durfte ich bereits einmal hier stehen und am vorletzten Wochenende in der Bibelschule dienen. Auch gestern Abend und heute hatte ich die Gelegenheit, hier zu sein. Nun darf ich auch ein Stück Ihres Jubiläums miterleben, was mich sehr freut.
Was wir eben schon zusammen zum Ausdruck gebracht haben, „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre“, ist wirklich ein sehr gutes Motto für ein solches Fest.
Ich möchte nun eine Botschaft weitergeben, die mir sehr am Herzen liegt. Sie soll Ihnen vielleicht auch ein wenig Wegweisung sein für die vor Ihnen liegende Strecke. Wenn Gott es schenkt und Sie weiterhin hier mit uns sein dürfen, wenn die Gemeinde noch auf der Erde besteht, dann soll diese Botschaft für die nächsten Jahre, die vor Ihnen liegen, ein Wegweiser sein.
Ich möchte ein Wort aus dem Alten Testament lesen, aus dem Hohen Lied, Kapitel 1, Verse 5 und 6. Mein Thema lautet: „Der Christ und seine Prioritäten“. Das heißt, ich möchte darüber sprechen, was im Leben eines Christen am wichtigsten ist, was Vorrang hat, was an erster Stelle steht.
Ich lese dazu aus dem Hohen Lied 1,5-6:
Dort sagt die Schulamit, die Geliebte Salomos:
„Schwarz bin ich, und doch anmutig, ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedas, wie die Zeltdecken Salomos.
Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich gebräunt hat.
Meiner Mutters Söhne fauchten mich an und setzten mich als Hüterin der Weinberge ein.
Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“
Die Bedeutung des Weinbergs im Alten Israel und im Leben des Christen
Ja, wir können das hier wieder ein bisschen mitverfolgen, wenn die Helligkeit an der Leinwand ausreicht und die Augen gut genug sind, das zu sehen. Dann ist es möglich, das mitzuverfolgen.
Mir geht es um diese Aussage: Die Schulamit sagt, „Meine Muttersöhne setzen mich als Hüterin der Weinberge ein, meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“
Im alten Israel wurde schon vor Tausenden von Jahren Wein angebaut. Auch heute wird dort noch Wein angebaut. Als ich vor fünf Jahren mit meinem Sohn in Israel unterwegs war, haben wir in russischen Gemeinden gepredigt. Das heißt, in Gemeinden von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion, die jetzt in Israel leben. Etwa eineinhalb Millionen Juden, die Russisch sprechen, sind zurückgekommen.
Dort haben wir gepredigt. Ich habe auf Deutsch gesprochen, und es wurde ins Russische übersetzt. In Israel waren wir auch am Toten Meer, und dort haben wir auch Weinberge gesehen.
Im Weinberg zu arbeiten hat einen großen Nachteil: Im Weinberg gibt es keinen Schatten. In einer Obstplantage, unter Kirschbäumen oder Apfelbäumen, da gibt es Schatten. Dort kann man Schatten suchen unter der Gluthitze des Orients, unter der brennenden Sonne.
Die Schulamit sagt: „Seht mich nicht an, schaut nicht auf mich, ich bin ganz von der Sonne verbrannt.“ Heute freut sich jede Frau, wenn sie eine etwas dunklere Haut hat. Manche gehen extra ins Solarium, um ein bisschen mehr Farbe zu bekommen. Aber damals war das eine Schande. Damals waren die vornehmen Frauen ganz weiß. Das zeichnete sie aus, denn sie mussten nicht unter der Sonne arbeiten. Sie waren wohlhabend und konnten zuhause in den Räumen bleiben.
Sie sagt, das kam so: „Meine Muttersöhne“ — das sind ihre Brüder — „setzten mich als Hüterin der Weinberge ein.“ Sie hatten einen Familienweinberg, der in Parzellen aufgeteilt war, wie man das nennt. Die Brüder sagten: „Wir haben heute etwas vor, Schwesterlein, pass du mal auf unsere Weinberge auf.“
Was muss man da machen? Man muss die Vögel verscheuchen, damit sie die Trauben nicht fressen. Vielleicht auch Füchse und andere Tiere vertreiben, die Schaden anrichten wollen.
Während sie auf die anderen Weinberge aufpasste, hat sie ihren eigenen Weinberg nicht gehütet.
Die persönliche Verantwortung des Christen für seinen "Weinberg"
Dieses Bekenntnis der Schulamith ist eine sehr traurige Angelegenheit: „Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“
Liebe Brüder und Schwestern, ich bin fest davon überzeugt, dass diese Aussage im Hohen Lied zunächst einmal so zu verstehen ist, wie wir es gerade gehört haben. Hier geht es um einen buchstäblichen Weinberg, den es zu hüten galt.
Ich bin aber ebenso überzeugt, dass jeder Christ hier in diesem Raum auch einen Weinberg zu hüten hat: sein eigenes Herz, seine persönliche Beziehung zu Gott, seine Zeit im Kämmerlein, die niemand sonst sieht. Wenn er über der aufgeschlagenen Bibel sitzt oder auf Knien vor dem Thron Gottes ist – das ist die Zeit des verborgenen Lebens mit Christus in Gott, wie es der Apostel Paulus nennt. Das ist den Weinberg hüten.
Darum geht es mir heute: dass niemand von uns einmal sagen müsste – schon gar nicht am Ende unseres Lebens oder vor dem Richterstuhl Christi – „Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet. Ich war mit allem anderen beschäftigt, aber meine Beziehung zu Gott, meine ganz persönliche Beziehung, die habe ich vernachlässigt.“
Wir leben in dieser Welt. Da kann es sein, dass zum Beispiel der Chef bei der Arbeit kommt und sagt: „Hier, Herr So-und-So, wir brauchen einen neuen Abteilungsleiter, tausend Euro mehr im Monat.“ Dass das auch 15 Stunden mehr Arbeit in der Woche bedeutet, verschweigt er natürlich. Und schon wird man zum Hüter irgendeines kapitalistischen Weinbergs, möchte man fast sagen, und merkt gar nicht, wie das Auswirkungen auf die Beziehung zu Gott hat. Wie man immer mehr ins Getriebe gerät und keine Zeit der Stille mehr findet, um die Beziehung mit dem Herrn zu pflegen.
Es kann auch sein, dass ein Vereinsvorsitzender kommt oder man sogar in der Gemeinde eingespannt wird. Das ist eine gute Sache, dem Herrn in der Gemeinde zu dienen. Aber es darf niemals dazu führen, dass wir unsere eigene persönliche Beziehung zum Herrn vernachlässigen. Das will Gott nicht.
Warnungen und Prinzipien für geistliche Führung und das persönliche Leben
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eine andere Stelle einführen. Wir kehren dann zu dem Bild vom Weinberg zurück, das sich heute wie ein roter Faden durchziehen soll. Es ist eine Stelle, die auch sehr zu meinem Herzen gesprochen hat.
In 5. Mose 17 bleiben wir bei dem Gedanken vom Weinberg. Dort gibt Gott seinem Volk das Königsgesetz – ein Gesetz für die Zeit, wenn es einmal Könige haben würde. Wir lesen in 5. Mose 17 ab Vers 14. Der König ist der Leiter Israels, der das Volk führen sollte. Hier werden drei Dinge genannt, die er vermeiden soll, also Bereiche, auf die er besonders achten muss, weil Gefahren für ihn lauern.
Lesen wir ab Vers 14 in 5. Mose 17: „Wenn du in das Land kommst, das der Herr, dein Gott, dir gibt, und es in Besitz genommen hast und darin wohnst, und sagst: Ich will einen König über mich setzen, wie alle Nationen, die rings um mich her sind, dann sollst du nur den König über dich setzen, den der Herr, dein Gott, erwählen wird. Aus der Mitte deiner Brüder sollst du einen König über dich setzen und keinen Ausländer, der nicht dein Bruder ist.“
Jetzt werden drei Bereiche genannt, auf die der König achten soll. Erstens: Er soll sich nicht viele Pferde anschaffen. Das bedeutet Vorsicht im Umgang mit der Macht. Macht kann Menschen für Gott blind machen. In der Gemeinde gibt es überhaupt keine Macht im herkömmlichen Sinn. Dort gibt es nur dienende Leiterschaft, die von unten kommt und nicht über Geschwister herrscht. Also Vorsicht im Umgang mit der Macht – das ist der erste Bereich.
Zweitens: Vorsicht mit ausserehelicher Sexualität. Hier steht, dass er sich nicht viele Frauen anschaffen soll. Ein König in Israel konnte damals noch mehrere Frauen haben, aber ihm wird gesagt: Pass auf, nicht viele Frauen! (Vers 17). Ich übertrage das auf uns heute als Warnung: Vorsicht mit ausserehelicher Sexualität.
Drittens: Aufpassen mit einer materiellen Gesinnung, nämlich: Auch Silber und Gold soll er sich nicht übermäßig anschaffen.
Diese drei klassischen Bereiche sind schon immer Bereiche gewesen, in denen alle Christen vorsichtig sein mussten – und ganz besonders Leiter, Menschen, die Verantwortung in der Gemeinde tragen.
Erkenntnisse aus einer Untersuchung zu Leitern in der Gemeinde
In diesem Zusammenhang war mir eine Umfrage sehr interessant, von der ich hörte. Ein Mann namens Howard Hendricks führte in Amerika eine Untersuchung durch. Dabei befragte er zweitausend Leiter – das waren Älteste in den Gemeinden, Pastoren, Missionare und auch Leiter von Missionswerken. Diese Personen nahmen freiwillig an der Befragung teil. Sie mussten ihm immer wieder Fragebögen zurückschicken, die er ihnen zusandte.
Nach zwei Jahren war das Ergebnis erschütternd: Von den zweitausend waren zweihundertsechsundvierzig Männer gefallen – leider alles wegen Frauen. Liebe Geschwister, ich sage das nicht, um den Frauen eine Schuld zuzuschieben. Das ist nicht der Grund. Ich sage es auch nicht, um auf diese Männer Steine zu werfen. Wir kennen sie ja nicht. Wir hoffen, dass sie alle durch Buße und vielleicht auch durch begleitende Seelsorge wieder zurechtgekommen sind. Und hoffentlich kennen wir alle unser eigenes Herz, die wir hier sind.
Ich sage das nicht deshalb, sondern weil Hendricks weiter nach den Ursachen forschte. Diese Männer waren sehr verschieden, wie Männer eben verschieden sind – und Frauen auch. Aber dann stellte er interessanterweise fest: Drei Dinge hatten alle 246 Männer, die gefallen waren, gemeinsam.
Diese drei Dinge waren: Alle 246 mussten zugeben, dass sie einen zu lockeren Umgang mit dem anderen Geschlecht gepflegt hatten. Was meine ich mit zu lockerem Umgang? Zum Beispiel Mädchen oder Frauen nach dem Dienst nach Hause zu fahren und dann noch eine Stunde lang mit ihnen im Auto zu sitzen und zu plaudern. Glaubt ihr, dass das ungefährlich ist?
Der zweite Punkt war, dass alle 246 die Einstellung hatten: „Mir kann das nicht passieren.“ Die Bibel sagt: Hochmut kommt vor dem Fall.
Und jetzt das Entscheidende, liebe Geschwister: Alle 246 – oh, das ist ein bisschen dunkel – mussten zugeben, dass sie schon lange keine fruchtbare stille Zeit mehr gepflegt hatten. Eine fruchtbare stille Zeit bedeutet eine innige persönliche Gemeinschaft mit dem Herrn, den eigenen Weinberg zu hüten.
Hier lag die Wurzel, das war die verborgene Wurzel, die niemand sonst sah. Vielleicht hatten es nicht einmal die Ehefrauen bemerkt. Die Männer waren morgens in ihrem Büro verschwunden, und die Frauen dachten: „Oh, jetzt wird er seine Bibel lesen und beten.“ In Wirklichkeit aber hatten sie Bücher gelesen oder am Computer gearbeitet, E-Mails beantwortet und keine Zeit mit dem Herrn verbracht. Nicht einmal die eigenen Ehefrauen hatten das gemerkt: keine fruchtbare stille Zeit mehr.
Die tägliche Verpflichtung zur Gemeinschaft mit Gott
Und jetzt, liebe Geschwister, wenn ihr eure Bibel noch aufgeschlagen habt, lesen wir noch die Verse 18 und 19. Drei Dinge sollte der König Israels meiden, aber eines sollte er unbedingt tun.
Vers 18: Und es soll geschehen, wenn er auf dem Thron seines Königreiches sitzt, dass er sich eine Abschrift dieses Gesetzes in ein Buch schreibt, aus dem Buch, das den Priestern, den Leviten vorliegt. Dieses Buch soll bei ihm sein, und er soll alle Tage seines Lebens darin lesen.
Damit soll er den Herrn, seinen Gott, fürchten lernen, um alle Worte dieses Gesetzes und diese Ordnungen zu bewahren und zu tun. So soll sein Herz sich nicht über seine Brüder erheben, und er soll von dem Gebot weder zur rechten noch zur linken weichen.
Was soll er also jeden Tag tun? Er soll alle Tage seines Lebens täglich auf die Stimme des Herrn hören, seinen eigenen Weinberg hüten, Gemeinschaft mit Gott pflegen, auf seine Stimme hören und ihm im Gebet antworten. Er soll Zeit allein mit Gott verbringen. Das ist es, was er tun sollte, damit er seinen Weinberg gut hüten kann.
Wir sprechen hier über Prioritäten, über das, was in unserem Leben Vorrang haben soll.
Liebe Geschwister, es passiert nicht von heute auf morgen, dass Leute einmal in der Gemeinde waren und dann plötzlich weg sind. Natürlich sind sie irgendwann weg. Aber wenn sie weg sind, hat das immer eine lange Vorgeschichte.
Keiner fällt von heute auf morgen vom Glauben ab und will nichts mehr wissen. Das passiert nicht plötzlich. Es gibt immer eine lange Vorgeschichte.
Wenn Menschen die Gemeinschaft mit dem Herrn nicht gepflegt haben, sind sie vielleicht noch zu Versammlungen gekommen und haben ein wenig in der Gemeinde mitgeholfen. Aber die persönliche Gemeinschaft mit Gott, manche kennen das gar nicht.
Manche machen das nur alle zwei oder drei Wochen einmal, eine Art Stippvisite bei Gott, anstatt täglich auf die Stimme des Herrn zu hören.
Die Qualität der stillen Zeit und die Gefahr des Doppellebens
Liebe Geschwister, wenn ich von stiller Zeit spreche, dann meine ich nicht etwas Technisches. Es geht nicht darum, die Uhr hinzulegen und zu sagen: „Jetzt muss ich zehn Minuten Bibel lesen und dann zehn Minuten beten, und dann schauen wir, wann das endlich vorbei ist.“
Das soll nicht kalt, nicht herzlos und nicht technisch sein. Wir stehen doch in einer Beziehung zu Gott. Es ist doch der Gott unseres Lebens, der uns errettet hat. Ihm verdanken wir alles: unser ganzes Leben, unser Sein, unser geistliches Leben, unsere Gemeinde, unsere Kinder – alles, was wir sind und haben, verdanken wir ihm, unserem Herrn. Und wir wollen Gemeinschaft mit ihm haben.
So wie zwei junge Leute, die sich kennengelernt und ineinander verliebt haben, wollen sie nichts lieber, als Zeit miteinander zu verbringen. Ich weiß, das hat auch Höhen und Tiefen. Es ist nicht immer so, auch in meinem Leben nicht, dass ich immer nur darauf warte: „Wann kann ich jetzt wieder Gemeinschaft mit Gott haben?“ Es gibt auch in meinem Leben Auf und Ab, Durststrecken und Wüstenzeiten.
Manchmal lese ich in der Bibel, und es spricht mich nichts an. Ich kann nichts mitnehmen. Es ist, als hätte ich etwas anderes gelesen. Vielleicht war ich aber auch einfach zu, blockiert. Vielleicht wollte Gott mit mir sprechen, aber ich war innerlich so besetzt, dass ich seine Stimme nicht hören konnte. Trotzdem lese ich die Bibel und freue mich, wenn der Herr mit mir redet.
Liebe Brüder und Schwestern, auch ihr, liebe junge Leute, die ihr hier seid: Es gibt eine große Gefahr für alle Christen, und die heißt so: Der Teufel versucht, uns in ein Doppelleben zu ziehen.
Früher dachte ich, das sei vor allem die Gefahr von Kindern und Jugendlichen bis etwa zwanzig Jahre, bis sie heiraten. Ich dachte, das sei besonders in dieser Zeit so, dass sie in der Gemeinde fromm sind. Dann sitzen sie alle da, hören brav zu und machen nette Gesichter. Aber wenn man sehen könnte, was sie zu Hause mit ihren Freunden auf dem Schulhof machen, welche Filme sie schauen, welche Spiele sie am Computer spielen und was sie sonst noch machen – auch was sie aus dem Internet herunterladen oder auf ihr Handy laden – dann bekäme man große Sorge um die Kinder und Jugendlichen.
Aber diese Gefahr macht nicht Halt. Auch Erwachsene sind in Gefahr, in ein Doppelleben hineingezogen zu werden. Sie sind in der Gemeinde fromm, aber es gibt einen Bereich in ihrem Leben, der nicht unter Gottes Herrschaft steht.
Das kann zum Beispiel der Wunsch sein, Macht auszuüben und andere zu drücken. Bei anderen ist es vielleicht der Bereich der Sexualität, bei wieder anderen der Stolz. Manche sind im Umgang mit Geld immer wieder in Gefahr, krumme Sachen zu machen, Schwarzarbeit zu leisten oder Ähnliches.
Es gibt solche Grauzonen, und das darf nicht sein. Der Teufel darf uns nicht in ein Doppelleben hineinziehen – weder die Kinder, noch die Jugendlichen, und schon gar nicht uns Erwachsene.
Wir wollen das vermeiden, indem wir Zeit mit dem Herrn verbringen, unseren Weinberg hüten und aufrichtig mit ihm in Gemeinschaft leben.
Die Herausforderung der täglichen Bibellektüre und Gebetszeit
Ein Engländer namens John Stott, der in London lebte, hat einmal gesagt: Das meistgekaufte Buch ist leider auch das am meisten vernachlässigte – er meint die Bibel. Wahrscheinlich gibt es Zehntausende von Menschen, die zwar die Bibel kaufen, sie aber so gut wie nie lesen.
Letztes Jahr war ich mit meinem Sohn in Italien. Ich glaube, ich habe es schon den Teilnehmern der Bibelschule erzählt. Wir wohnten in den Dolomiten auf einem Bergbauernhof. Mein Sohn und ich waren dort während der Osterferien, denn damals konnte ich ihn mitnehmen.
Ich fragte die Bergbäuerin, die 78 Jahre alt war und eine Katholikin, wie es im Buch stand. Sie hatte zehn Kinder geboren und großgezogen. Dann sagte ich zu ihr: „Frau Schönecker, haben Sie eine Bibel im Haus?“ Ihre Antwort war bemerkenswert: „Ja, ich habe eine Bibel, aber ich lese nicht darin. Alle, die darin lesen, treten aus der katholischen Kirche aus.“
Mein Sohn musste sich das Lachen verkneifen, als er diese Antwort hörte. Aber das ist gar nicht zum Lachen. So geht es vielen: Sie haben eine Bibel zu Hause, aber sie lesen nicht darin. Ich nehme an, wir alle haben eine Bibel zu Hause.
John Stott sagt jetzt über uns: Nur wenige haben die eingeübte Gewohnheit, täglich die Bibel zu lesen und darüber nachzudenken – täglich! Wenn ich jetzt fragen würde, wer unter uns diese Gewohnheit hat, wer jeden Tag die Bibel liest, koste es, was es wolle – ob es regnet oder die Sonne scheint, ob es stürmt oder was auch immer passiert, ob er im Krankenhaus liegt oder zu Hause ist, ob er im Urlaub ist – wer jeden Tag seine Bibel liest, da würden einige ganz schön rote Ohren kriegen.
Haben wir wirklich die eingeübte Gewohnheit, die Bibel zu lesen?
Geoffrey Thomas, auch ein Engländer, sagt: „Du musst eifersüchtig über die Zeit wachen, die dir am besten passt und in der deine Gedanken frei vom lauten Alltag sind.“ Wann wird das wohl sein?
Ihr lieben jungen Leute, wann wird das sein? Wann kann man am besten die Bibel lesen, wenn die Gedanken noch frei vom lauten Alltag sind? Am Ende eines Tages, am Abend, nach ungezählten Begegnungen, Telefonaten, E-Mails, Stress und allem, was an einem Tag war? Da soll man noch aufnehmen können? Da kann ich abends nicht mehr viel aufnehmen.
Wann sind unsere Gedanken frei vom lauten Alltag? Am Morgen! Wenn wir geschlafen haben, aufstehen, uns frisch machen und dann unsere Bibel aufschlagen und lesen.
Ich bin sehr barmherzig mit den Bäckern, die manchmal schon um vier Uhr in der Backstube sein müssen oder noch früher am Wochenende. Ich glaube kaum, dass man nachts um halb zwei aufstehen kann und dann noch lange stille Zeit halten kann. Die müssen einen anderen Zeitpunkt finden, um ihre Bibel zu lesen.
Aber wenn wir nicht später – oder umgekehrt, wenn wir nicht früher als fünf Uhr dreißig aufstehen müssen, vielleicht sogar erst um sechs oder halb sieben, dann sollten wir eine Viertelstunde finden, um die Bibel zu lesen, bevor wir aus dem Haus gehen.
Ohne Gebet und Gottes Wort sollten wir niemals das Haus verlassen. Das ist kein Aberglaube. Wir denken nicht, dass uns dann irgendwie etwas passiert, dass wir gleich einen Unfall haben oder Misserfolg erleiden. Nein, das ist kein Aberglaube, das ist eine geistliche Grundregel: Ohne Gebet und Gottes Wort gehen wir niemals aus dem Haus fort.
Das sollten wir uns einprägen – auch ihr Kinder, ihr Jungs, alle, die ihr schon lesen könnt, und Mädchen: Lest eure Bibel am Morgen! Ich weiß, am Morgen ist jede Minute kostbar. Klar, ich sehe das bei meinen Kindern, wie kostbar da jede Minute ist. Trotzdem bin ich sehr hinter ihnen her, dass sie es einüben, am Morgen ihre Bibel zu lesen, darüber nachzudenken und wenigstens eine kurze Gebetszeit zu haben.
Wenn du sagst: „Ja, ich mache das aber am Nachmittag oder am Abend“, gut, du musst dein Leben leben. Aber bitte denk darüber nach, ob da deine Gedanken wirklich frei vom lauten Alltag sind.
Und dann sagt Thomas: „Die Selbstverleugnung, die du für deine tägliche stille Zeit benötigst, bleibt eine andauernde Pflicht für jeden Christen.“
Selbstverleugnung als Voraussetzung für geistliches Wachstum
Hier spricht er von Selbstverleugnung. Was bedeutet das eigentlich? Heute hört man kaum noch davon. Stattdessen wird viel über Selbstliebe, Selbstannahme, Selbstverwirklichung und Selbstbewusstsein gesprochen – all diese Worte. Doch es gibt nur ein Wort in der Bibel mit „selbst“, das positiv besetzt ist, und das ist Selbstverleugnung.
Was ist Selbstverleugnung? Ich habe einmal gelesen, dass Selbstverleugnung eine Verhaltens- oder Handlungsweise ist, bei der man eigene Gefühle, Wünsche und persönliche Bedürfnisse zugunsten einer anderen Person oder einer wichtigen Angelegenheit zurückstellt. Man stellt also das eigene Ich mit seinen oft überspannten Wünschen zurück.
Es ist nicht leicht, morgens aufzustehen, besonders wenn man vielleicht nur fünf oder sechs Stunden geschlafen hat. Manchmal ist man sehr müde, und das kostet Überwindung. Mich hat das Wort unseres Herrn an Petrus oft beschämt, als er zu ihm sagte: „Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ (Matthäus 26,40). Es ist schwer, eine Stunde in der Stille zu verbringen.
Ich bin auch ein Mensch, der gerne arbeitet, der gerne die Ärmel hochkrempelt und etwas anpackt. Ich bin viel lieber Martha als Maria. Ich bin lieber jemand, der etwas tut, als still zu sitzen, die Bibel zu lesen und darüber nachzudenken. Dann fallen mir viele Dinge ein, die ich noch erledigen muss. Deshalb lege ich mir oft einen Zettel hin, auf den ich diese Dinge schreibe, damit ich sie aus dem Kopf bekomme und nicht abgelenkt bin.
Ich bin viel lieber Martha als Maria, und ich denke, es geht euch auch so. Aber genau das ist Selbstverleugnung.
Ich möchte hier noch etwas an die jungen Leute sagen: Wenn ihr Probleme mit eurer stillen Zeit habt, dann denkt mal darüber nach, wann ihr abends ins Bett geht. Die stille Zeit beginnt schon am Abend. Ich kann nicht bis halb zwei Uhr nachts herumtrödeln und dann um sechs Uhr morgens aufstehen. Nach viereinhalb Stunden Schlaf ist man nicht ausgeschlafen – das geht einfach nicht.
Vielleicht ist der Geist willig, aber das Bett ist warm. Dann bleibt man liegen, und die stille Zeit wird ganz, ganz still. So stolpert man in den Tag, ohne Gottes Wort und ohne Gebet.
Darum bitte ich euch, denkt darüber nach. Ich habe mir angewöhnt, wenn es irgendwie geht, um 22 Uhr schlafen zu gehen. Gestern Abend war es etwas später, aber Bruder Johann, es war keine 23 Uhr, als wir dann eingeschlafen sind. Ich lag in meinem Zimmer und bin bald eingeschlafen.
Lieber früh am Morgen aufstehen, um 5:30 Uhr, wenn es draußen hell wird, aus dem Bett gehen, die Bibel lesen und Zeit mit dem Herrn verbringen – das ist mir lieber.
Die Bedeutung der stillen Zeit für das tägliche Leben
Warum ist eine tägliche stille Zeit so wichtig?
Lasst mich diesen Gedankengang mit zwei Aussagen abschließen. Warum ist es so wichtig, den Weinberg zu hüten? Erstens, damit Gott durch sein Wort täglich zu mir reden kann. Wer will mit mir reden? Er ist mein Vater im Himmel, er ist daran interessiert und will mir Kraft für den Tag geben. Ich kann nicht ohne Gottes Wort leben. Ich brauche es als Kraftnahrung für mein Leben. Ich brauche es, damit ich bewahrt bleibe. David sagt: „Ich bewahre dein Wort in meinem Herzen, damit ich nicht wieder sündige.“
Ich brauche das Wort Gottes und möchte ihm Gelegenheit geben, zu mir zu reden. Ich weiß, dass Gott auch durch Menschen zu mir sprechen kann, vielleicht sogar durch Ungläubige. Manchmal gehe ich in den Keller und stoße mir den Kopf, und dann hat Gott zu mir gesprochen. Dann fällt mir ein, was ich gerade gedacht habe. Ja, und dann sage ich: „Danke, Herr, dass du mir diese Lektion gegeben hast. Das war gerade gar nicht gut, was ich da gedacht habe.“
Also, Gott kann zu mir reden, auch durch den Alltag. Aber zuerst und vor allem redet Gott durch sein Wort zu mir.
Das zweite Warum, warum die stille Zeit so wichtig ist: Damit ich mich ihm jeden Morgen neu ausliefern kann. Schaut, am Morgen beginnt ein neuer Tag, und dann liegen zwölf, vierzehn, fünfzehn, sechzehn Stunden vor mir. Diese kann ich so oder so verbringen. Ich kann sie für mich selbst leben, ich kann sie sogar der Welt und der Sünde geben, ich kann dem Teufel an diesem Tag dienen. Ich kann aber auch dem Herrn dienen und mich ihm ausliefern.
Und schaut mal: Diese mazedonischen Christen in Nordgriechenland, von denen Paulus spricht, gaben sich selbst zuerst dem Herrn. Dann legten sie von dem Wenigen, was sie hatten – sie waren bettelarm – noch eine große Sammlung zusammen und unterstützten die hungernden Christen in Judäa.
Warum haben sie das gemacht? Weil sie sich selbst zuerst dem Herrn gegeben hatten.
Du sagst vielleicht: Ja, ja, das habe ich auch getan. Am Tag meiner Bekehrung habe ich mich dem Herrn ausgeliefert, übergeben und anvertraut. Okay, das hast du getan. Aber glaubst du, dass dann dein geistliches Leben automatisch läuft? Darfst du dich ihm jeden Morgen wieder neu zur Verfügung stellen in diesem Sinn?
Ich bete oft am Morgen Worte, die ich von meinem väterlichen Freund und Lehrer William Macdonald gehört habe. Er hat gebetet: „Herr, lebe du heute dein Leben durch mich und ziehe du andere Menschen zu dir.“ So bete ich oft am Morgen. Wenn ich ihm meinen Tag weihe, dann sage ich: „Herr, lebe du heute dein Leben durch mich, das Leben des Auferstandenen. Herr Jesus, lebe dein Leben durch mich und ziehe du andere Menschen zu dir.“
So darf man am Morgen beten. Ihr lieben Geschwister, ihr lieben jungen Leute, ihr Kinder, am Morgen sagt: „Herr Jesus, bewahr mich heute vor Sünde, hilf, dass ich heute mit dir und für dich leben kann.“ Amen.
Ja, das war noch nicht das Amen der Predigt. Falls jetzt schon jemand aufgewacht ist: Es ist noch nicht so weit, es dauert noch ein paar Minuten. Ich habe noch ein Drittel, zwei Drittel haben wir schon bewältigt.
Persönliche Erfahrungen und Grundsätze im Umgang mit dem eigenen Weinberg
Ich möchte euch im dritten Teil meiner heutigen Botschaft noch erzählen, wie ich persönlich versuche, meinen Weinberg zu hüten.
Liebe Geschwister, ich bin sehr viel unterwegs und habe viele Aufgaben. Das sage ich nicht, um mich zu rühmen, sondern einfach, um zu zeigen, wie mein Leben aussieht. Gott hat mir diese Aufgaben anvertraut, und bisher durfte ich sie mit seiner Hilfe bewältigen.
Mein Leben ist sehr turbulent. Auch in unserer Familie geht es lebhaft zu. Wir haben viele Gäste, es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen bei uns zu Hause, und es gibt viele Aufgaben. In der Gemeinde helfen wir mit, und bei Blocks ist immer etwas los. Langeweile kennen wir nicht.
Nun möchte ich euch sagen, wie ich trotz alledem versuche, meinen Weinberg zu hüten – also meine Beziehung mit dem Herrn. Ich möchte euch meine Grundsätze nennen. Wenn ihr das hört, denkt ihr vielleicht: „Aha, Wilfried ist so ein ganz strukturierter Mensch. Der macht alles nach Grundsätzen, steht immer zur gleichen Zeit auf, liest dann seine Bibel, macht dies und das, montags das, mittwochs jenes.“ Ganz so ist es aber nicht.
Von Natur aus bin ich nicht so strukturiert. Meine Frau ist es, wenn ihr sie kennenlernen würdet, würdet ihr sehen, dass sie sehr strukturiert ist. Ich hingegen bin eher jemand, der heute das machen kann und morgen etwas anderes – nach dem Motto: Das einzig Beständige ist der Wechsel. Ich musste lernen, dass ich nach Grundsätzen leben muss, nach Prinzipien. Diese möchte ich euch jetzt nennen.
Erster Grundsatz: Als ich vor 27 Jahren und sechs Monaten zum Glauben kam, hatte ich lange genug ohne Bibel gelebt – nämlich 22,5 Jahre. Schon kurze Zeit nach meiner Bekehrung wurde mir klar: Herr, ich möchte keinen Tag meines Lebens mehr ohne Stille vor dir verbringen, keinen einzigen Tag.
Inzwischen sind 27,5 Jahre vergangen. Ich muss ehrlich sagen, ich habe oft versagt, viel falsch gemacht, und ein paarmal sind mir alle Sicherungen durchgebrannt. Ich habe meinem Herrn wirklich genug Kummer bereitet. Dennoch bin ich dankbar für seine Vergebung, seine Geduld und seine Treue.
Ich kann euch bezeugen: In diesen 27 Jahren und sechs Monaten gab es keinen einzigen Tag, an dem ich nicht meine Bibel gelesen und Zeit der Stille mit Gott verbracht habe. Natürlich war ich nicht im Krankenhaus auf der Intensivstation, wo ich keine Bibel hätte lesen können. Ich war auch nicht im Gefängnis, wo man mir die Bibel weggenommen hätte. Ich konnte jeden Tag meine Bibel lesen, und das möchte ich mit Gottes Hilfe auch weiterhin tun – solange ich Augenlicht und Gesundheit habe, um lesen zu können, und solange ich nicht im Gefängnis sitze, wo man mir die Bibel wegnimmt.
Das ist mir wichtig. Ich mache das aus Überzeugung und Einsicht, nicht weil mich jemand dazu zwingt. Es ist keine fromme Pflichtübung, keine katholische Übung. Ich möchte mit meinem Herrn Gemeinschaft pflegen. Ich möchte ihm Gelegenheit geben, zu mir zu sprechen, und ich möchte ihm im Gebet antworten.
Wir alle – oder vielleicht die Kinder noch nicht – kennen Hudson Taylor. Ihr Erwachsenen habt bestimmt schon von ihm gehört. Er war ein Engländer, ein Arzt, der als Missionar nach China ging und dort lebte.
Übrigens: Als ich 29 Jahre alt war, predigte ich in einer Versammlung, in der ein Bruder Klavier spielte, der damals 100 Jahre alt war. Dieser alte Bruder, der hundertjährige Missionsarzt Dr. Ernst Witt, war als junger Arzt mit 21 Jahren nach China ausgereist und hatte zwei Jahre mit Hudson Taylor zusammengearbeitet.
Ihr seht, Hudson Taylor ist gar nicht so weit weg. Er wurde 1832 geboren, und dieser Mann, den ich noch kannte, starb erst 1905. So habe ich Hudson Taylor in unsere Nähe geholt.
Am Ende seines Lebens wurde Hudson Taylor gefragt: „Was war für dich das Schwerste in all den Jahren der Missionsarbeit in China?“ Wenn ihr seine Lebensgeschichte kennt, wisst ihr, dass ihm die Chinesen zweimal alles angezündet haben. Er hat seine Frau und ein Kind dort begraben. Die anderen Missionare lehnten ihn ab, weil er ins Inland von China ging.
Und was antwortete er? Er sagte: „Das Schwerste für mich war, an einem persönlichen fortlaufenden Bibelstudium dranzubleiben.“
Schaut, wie er das ausdrückt: ein persönliches, fortlaufendes Bibelstudium – nicht nur für die Brüder, sondern auch für die Schwestern. Meine Frau studiert jeden Tag die Bibel. Sie liest nicht nur mal schnell einen Abschnitt, sondern denkt darüber nach, macht sich Gedanken, notiert sich etwas, schlägt in einem Lexikon nach und betreibt ein richtiges Bibelstudium.
Das möchte ich auch tun: ein persönliches, fortlaufendes Bibelstudium. Nicht nur mal schnell durch die Bibel blättern.
Ihr lieben Brüder, vor allem wenn ihr am Wort in der Gemeinde dienen wollt: Woher soll die geistliche Speise kommen? Aus einem persönlichen, fortlaufenden Bibelstudium.
Als ich von Hudson Taylor las, dass das für ihn schwer war, dachte ich: „Da muss ich mich gar nicht schämen, wenn es auch für mich schwer ist.“ Ich habe nie behauptet, dass es leicht ist. Es ist nicht leicht, geistlich dran zu bleiben und jeden Tag seinen Weinberg zu hüten. Aber wir wollen es tun.
Gemeinschaft im Gebet mit dem Ehepartner und Familie
Zweiter Grundsatz: tägliche Gebetsgemeinschaft mit meinem Ehepartner.
Natürlich kann diesen Grundsatz nur derjenige leben, der verheiratet ist – und zwar mit einem gläubigen Ehepartner. Wenn nur der eine gläubig ist, wünscht er sich zwar sehr, mit dem anderen beten zu können, aber es geht nicht, weil der andere ein Weltmensch ist. Darum heiratet als Gläubige auf gar keinen Fall ganz bewusst einen nichtgläubigen Partner – auf gar keinen Fall!
Wenn beide ungläubig sind und einer später zum Glauben kommt, ist das etwas anderes. Aber lieber ledig bleiben, als einen nichtgläubigen Partner zu heiraten, das gilt unbedingt.
Nehmen wir an, beide sind gläubig. Selbst dann ist es für viele Ehepaare nicht selbstverständlich, dass sie miteinander beten. Viele Frauen haben mir gesagt: „Ich würde so gerne mit meinem Mann beten, aber er will nicht. Ich habe ihn schon so oft gebeten und ihm das signalisiert, aber er will nicht.“ Das ist sehr traurig.
Manchmal liegt es auch an den Schwestern. Dann wollen die Brüder mit den Schwestern beten, und die Schwester versagt sich und sagt: „Nein, ich will nicht, ich bin müde, habe Kopfschmerzen, habe keine Lust. Bete mit deinen Brüdern, ich bete nicht mit dir.“ Manchmal ist es auch umgekehrt.
Wie dem auch sei, ihr lieben gläubigen Ehepaare: Warum schätzt ihr das nicht als großes Vorrecht? Meine Frau und ich lassen keinen Tag verstreichen, an dem wir nicht zusammen gebetet haben – normalerweise am Morgen, wenn ich zu Hause bin, und auch am Abend, bevor wir schlafen gehen. Wir beten zusammen. Das Gebet soll sich wie eine Klammer um unseren Tag schließen.
Liebe Brüder, an dieser Stelle muss ich etwas sehr Ernstes sagen: Ich glaube, es ist ganz schlimm, wenn Brüder in der Gemeinde aufstehen und die ganze Gemeinde im Gebet leiten, während sie zu Hause schon jahrelang nicht mehr mit ihrer Ehefrau gebetet haben – mit ihrer gläubigen Ehefrau. Das ist nicht in Ordnung. Ich glaube, das ist Gott ein Gräuel. Da stimmen die Prioritäten nicht.
Das geistliche Leben muss immer von innen nach außen gehen. Die engste Gemeinschaft ist mit dem Herrn, und die zweitengste, die wir haben, ist mit unserem Ehepartner. Darum bitte seht es als Vorrecht an. Wenn ihr es irgendwie verloren habt, nehmt euch heute Abend wieder vor, ihr gläubigen Ehepaare.
Und ihr, die noch die Hochzeit vor euch habt, sagt: „Um jeden Preis will ich einen Mann heiraten, der mit mir beten kann, oder eine Frau, die mit mir beten kann. Ich will jeden Tag mit ihr zusammen geistliche Gemeinschaft haben.“
Ich tausche mich auch oft mit meiner Frau über das aus, was sie in der Bibel entdeckt hat oder was ich entdeckt habe, und darüber reden wir.
Damit bin ich beim dritten Grundsatz: Ich spreche vom Hüten des eigenen Weinbergs. Das setzt sich in konzentrischen Kreisen von innen nach außen fort. Die engste Beziehung ist zu Gott, dann zu meinem Ehepartner und dann auch zu den Kindern, wie wir gleich sehen werden.
Regelmäßige, bewusste Kommunikation mit meinem Ehepartner – ja, das ist so ein Thema. Ich habe das ja vor zwei Wochen auch angesprochen, als ich hier nachmittags über Ehe gesprochen habe, auch über das Thema Kommunikation.
Ein Ehepaar sollte eine halbe Stunde am Tag miteinander reden. Und wenn es eben erst ist, wenn die Kinder abends zu Bett gegangen sind.
Meine Frau, ich liebe es, mit ihr zu sprechen. Ich freue mich schon darauf, morgen Abend mit ihr spazieren zu gehen und ihr zu erzählen, was ich hier erlebt habe in Neuwied. Sie erzählt mir, was sie erlebt hat.
Wir haben heute nur kurz telefoniert miteinander, das war viel zu kurz, weil es einfach nicht geht von auswärts. Aber ich freue mich schon darauf, wenn wir morgen wieder kommunizieren können.
Ihr lieben Brüder und Schwestern, schätzt das hoch ein! Wenn das in der Ehe nicht gepflegt wird, sucht sich der Ehepartner einen anderen Gesprächspartner. Dann hat der Mann eine Arbeitskollegin, mit der er plötzlich über persönliche Dinge redet, oder die Frau hat einen anderen Nachbarn oder einen Arbeitskollegen.
Das darf nicht sein. Dann kriegt der Teufel da irgendwelche Finger ins Spiel – und das wollen wir nicht.
Offene und bewusste Beziehung zu den Kindern
Vierter Grundsatz: Eine bewusste, offene Beziehung mit meinen Kindern
Was meine ich damit? Das dürfen die Kinder ruhig hören, die hier sind. Ich meine, dass ich gerne mit meinen Kindern über alles sprechen möchte. Wirklich, dass wir eine offene Beziehung haben wollen. Von mir aus spreche ich mit meinen Kindern gerne über alles. Bis jetzt haben wir auch den Eindruck, dass unsere Kinder uns keine Dinge verheimlichen und mit uns reden.
Das ist für mich nicht selbstverständlich. Als ich 14 Jahre alt war, haben meine Eltern mich verloren. Das war nicht ihre Schuld, sondern meine. Ich habe meinen Eltern nicht mehr gesagt, was in mir vorging und was ich mit meinen Freunden damals gemacht habe. So haben sie mich verloren. Es dauerte nur noch zwei Jahre, dann war ich ganz weg, wollte mit Christentum, Bibel, Gott und Gemeinde nichts mehr zu tun haben.
Es gab einen langen Umweg, bis ich 22,5 Jahre alt war und durch Gottes Güte doch noch zu ihm finden durfte. Aber ich bedaure das heute sehr. Damals habe ich die Weiche falsch gestellt. Ich habe die Beziehung zu meinen Eltern von meiner Seite her einfach abgestellt, ihnen nicht mehr vertraut und nicht mehr offen mit ihnen gesprochen. Ich hatte Heimlichkeiten vor ihnen.
Darum möchte ich gerne mit meinen Kindern eine bewusste, offene Beziehung haben. Kinder, es gibt gute Geheimnisse, die man bewahren muss. Aber es gibt auch schlechte Geheimnisse, bei denen man etwas Böses getan hat, gestohlen, gelogen oder anderen Schaden zugefügt hat. Diese dürfen wir nicht für uns behalten, sondern müssen sie unseren Eltern erzählen.
Eine bewusste, offene Beziehung mit meinen Kindern setzt auch Zeit voraus – Zeit mit den Kindern. Ihr lieben Väter, ihr lieben Mütter, wir haben sie nur ein paar Jahre. Wie schnell geht das vorbei! Unsere sind jetzt fast neunzehn und fast sechzehn. Unser Sohn wird nächstes Jahr aus dem Haus gehen, die Tochter zwei oder drei Jahre später. Dann sind sie weg. Wir haben sie etwa zwanzig Jahre zuhause gehabt, und danach ist unser Einfluss fast vorbei.
Natürlich können wir noch für sie beten, das werden wir weiter tun. Aber direkten Einfluss haben wir dann nicht mehr. Deshalb wollen wir diese Zeit nutzen und Zeit mit ihnen verbringen.
Meine Frau und ich haben jeden Sonntagabend mit unseren Kindern einen Familienabend. Montags ist bei uns Eheabend, das wisst ihr schon. Sonntags ist Familienabend, und das ist uns sehr wichtig. Wenn ich nach Hause komme, sage ich: „Morgen Abend werden wir zusammen etwas Gutes essen und dann einen Kurs durchnehmen.“ Wir lesen entweder ein Kapitel in der Bibel oder arbeiten gerade einen Jüngerschaftskurs mit unseren Kindern durch. Danach spielen wir Spiele.
Wir sind so konservative Leute, dass wir keinen Fernseher haben. Auch hier haben manche keinen Fernseher. Unsere Kinder sind damit einverstanden. Ganz selten haben sie mal gefragt: „Warum haben wir eigentlich keinen Fernseher?“ Heute sind sie stolz darauf, dass wir keinen haben.
Wir spielen dann Spiele mit ihnen: Uno, Skippo, Mensch ärgere dich nicht und solche Spiele. Das macht unseren Kindern Spaß und uns auch. Außerdem haben wir einen Tischkicker, den wir uns als Familie zugelegt haben. Das ist auch nicht teuer. Zusammen spielen wir alle vier oft Tischkicker. Das macht uns große Freude und viel Spaß.
Wir verbringen Zeit miteinander. Der Sonntagabend gehört unseren Kindern.
Einmal im Monat nehme ich mir ein Kind alleine – mal meinen Sohn, mal meine Tochter. Ich gehe mit ihnen Eis essen oder irgendwo hin. Früher hat meine Tochter gerne zugesehen, wenn Ponys geritten oder longiert wurden. Dann bin ich mit ihr dorthin gegangen. Aber nicht nur deswegen, sondern um mit ihnen zu reden und Zeit zu verbringen.
Mit meinem Sohn spiele ich fast jeden Tag mindestens eine Partie Schach, wenn ich zuhause bin. Wir spielen gerne Schach. Ungefähr jedes zehnte Spiel gewinne ich auch noch gegen ihn. Aber das macht nichts. Wir spielen gerne Schach, und dabei reden wir nicht viel. Aber wir machen etwas zusammen, Vater und Sohn.
Liebe Väter, glaubt mir: Es hat noch nie ein Vater auf dem Sterbebett gelegen und gesagt: „Ich wünschte, ich hätte noch mehr Zeit im Büro oder in der Werkstatt verbracht.“ Nicht einmal in der Gemeinde werden wir das sagen. Wir wollen dem Herrn dienen, aber nicht auf Kosten der Zeit mit unseren Kindern. Es muss eine Möglichkeit geben, dass wir auch mit ihnen Zeit verbringen – als Ehepaar zusammen, aber auch mit den Kindern.
Ausgleich und Sorge für die Gesundheit
Fünfter Grundsatz: Wir sind gleich – für Ausgleich und sportliche Betätigung sorgen.
Das mit der sportlichen Betätigung muss man nicht übertreiben. Ein paar junge Leute muss ich jetzt darauf hinweisen: Ihr müsst nicht gleich 200 Kilometer Fahrrad fahren oder 40 Kilometer laufen. Ihr könnt auch mal 5 Kilometer laufen oder 10 Kilometer Fahrrad fahren. Ein bisschen Ausgleich und sportliche Betätigung tut uns allen gut. Das gehört auch zu unserem Weinberg – auf unsere Gesundheit achten.
Es gibt manche Krankheiten, die können wir nicht verhindern, die kommen so oder so. Aber schaut mal, diesen Satz hier habe ich jahrelang über meinem Schreibtisch hängen gehabt. Das ist ein strenger Satz, den ich mir selbst dort hingehängt habe: „Wer jetzt keine Zeit für Gesundheit investieren will, wird später vielleicht mehr Zeit für Krankheit aufbringen müssen.“ Zum Glück stimmt dieser Satz nur zur Hälfte, wie ich eben schon angedeutet habe.
Manche Krankheiten können wir nicht verhindern. Sie sind schon in unseren Genen drin – wir bekommen Rheuma oder noch schlimmere Krankheiten. Ja, die kommen. Aber die sogenannten Wohlstands- und Zivilisationskrankheiten entstehen durch zu falsche Ernährung und vor allem durch zu wenig Bewegung. Zu wenig Sport. Bewegung muss ja nicht etwas Teures sein. Es kann Wandern sein, Schwimmen, Radfahren oder etwas Ähnliches, das gar nicht viel kostet. Und das gehört mit zu unserem Weinberg.
Liebe Geschwister, mir sitzt ein Satz im Nacken von einem Schotten, Robert Murray McCheyne. Ich kannte diesen Mann nicht, der schon im vorletzten Jahrhundert gelebt hat, aber er lag auf dem Sterbebett und sagte diesen Satz: „Gott hat mir ein Pferd gegeben, aber ich habe es zugrunde geritten.“ Warum hat er das gesagt? Er lag mit 29 Jahren schon auf dem Sterbebett und war am Ende seiner Kräfte. Er hatte Tag und Nacht gearbeitet, die Kerze an beiden Enden angezündet. Das kann man machen, aber dann brennt sie schneller aus.
Er hatte seine Lebenskraft verbraucht. Er hatte erkannt, dass sie für mehr Jahre hätte reichen sollen. Kein Ruhetag, Tag und Nacht gearbeitet. Und das rächt sich. Wenn man noch 25 oder 35 ist, dann geht das alles. Dann denkt man, man kann das wegstecken wie nichts. Aber irgendwann kommt die Quittung, und es geht eben nicht mehr.
Dieser Mann sagte: „Gott hat mir ein Pferd gegeben.“ Er meinte sein Leben, seine Lebenskraft. „Aber ich habe es zugrunde geritten.“ Und das möchte ich nicht.
Ich habe auch Respekt vor Gehörsturz, vor Herzinfarkt und vor diesen Dingen. Denn ich habe nicht auf der faulen Haut gelegen in den letzten 25 Jahren meines Lebens. Ich habe großen Respekt davor, aber ich habe es verstanden. Ich möchte ein Minimum an Ausgleich und sportlicher Betätigung haben.
Das mache ich am Montagnachmittag. Zusammen mit meiner Frau gehen wir Radfahren und haben Bewegung. Das muss sein. Wir müssen das einplanen, sonst kommt es nicht vor. Was man nicht plant, kommt nicht vor. Sonst drängen sich andere Dinge dazwischen.
Grenzen setzen bei Dienstzusagen
Letzter Grundsatz: Dienstzusagen nur nach Prinzipien.
Keine Sorge, jetzt gehen nicht wieder viele Fenster auf. Ich will nur sagen, man muss nicht alle Dienste tun, um die man gefragt wird. Ich musste das lernen. Früher, wenn eine Anfrage an mich kam, habe ich sie ganz automatisch als Gottes Auftrag angenommen. Später musste ich lernen, auch zu prüfen. Nicht alles, was an einen herangetragen wird, muss man wirklich tun. Auch nicht in der örtlichen Gemeinde muss man alles übernehmen.
Wenn du keine Stimme hast, dann musst du nicht im Chor singen. Und wenn du nicht predigen kannst, wenn du nicht die Gabe zum Predigen hast, dann musst du nicht predigen. Manche Brüder meinen, sie hätten schon die Gabe des Predigens, die Leute hätten aber nicht die Gabe des Zuhörens. Ich weiß nicht, ob das so stimmt – diese eigenartige Interpretation. Aber ihr versteht: Man muss nicht alle Dinge in der Gemeinde tun.
Nur wenn der Bruder Tissen und der Bruder Siebert demnächst fragen, wer mithelfen wird, die Gemeinderäume zu putzen, dann sagt bitte nicht: „Der Wilfried Block hat gesagt, man soll nicht alle Dienste tun in der Gemeinde, ja, man soll auch mal Nein sagen.“ Das habe ich nicht gemeint.
Wisst ihr, wo man den harten Kern einer Gemeinde erkennt? In der Gebetsstunde und auf der Putzplanliste. Ihr lieben älteren Geschwister über siebzig, euch meine ich nicht. Ihr habt schon genug geputzt in eurem Leben, euch meine ich nicht. Ich meine die Jungen, die nicht wissen, wohin mit ihrer Kraft. Die könnten ruhig mal helfen bei diesen Aufgaben. Das ist eine geistliche Haltung.
Also: Dienstzusagen nur nach Prinzipien. Ich musste lernen, und ich bin noch dabei, es zu lernen. Das Wörtchen Nein ist das zeitsparendste Wort, das es überhaupt gibt. Man muss es nur an der richtigen Stelle sagen. Ein sehr gutmütiger Mensch zu sein – das ist nicht meine Stärke, das ist eine meiner größten Schwächen. Ich kann sehr schwer Nein sagen. Ja, ich habe auch so ein bisschen österreichisches Blut in meinen Adern, wahrscheinlich. Ihr wisst ja, die Österreicher können nicht Nein sagen.
Mir fällt es auch sehr schwer, wenn eine Gemeinde anruft, ein Bruder sagt: „Kannst du nicht 2007 noch kommen?“ Dann sage ich: „Bruder, ich habe 2008 keinen Termin mehr im Kalender.“ Aber dann kommt: „Ja doch, wir brauchen dich, da musst du noch kommen. Kannst du nicht noch irgendwo einen Abend kommen?“ Dann sage ich: „Weißt du was, es geht nicht. Aber wenn du gar niemand anderen findest, dann kannst du mich doch noch anrufen.“
Was passiert? Der findet natürlich keinen anderen, dann ruft er mich doch noch an. Ja, und dann muss ich da auch noch hin, obwohl mein Kalender eigentlich voll war. Und das ist meine Gutmütigkeit, die bringt mich manchmal in Schwierigkeiten. Dann tue ich Dinge, die vielleicht gar nicht nach dem Willen Gottes sind.
Das muss ich lernen: da konsequent zu sein, Dienstzusagen nur nach Grundsätzen zu geben. Stimmt der Rahmen der Veranstaltung? Kann ich dort wirklich meine Gaben einbringen? Kann ich diesen Dienst tun, ohne dass andere Dinge darunter leiden? Dass mein Weinberg darunter leidet, meine Beziehung zum Herrn, zu meiner Ehefrau, zu meinen Kindern?
Abschluss und Ermutigung zur treuen Pflege des eigenen Weinbergs
Ich muss schließen, liebe Geschwister. Wir sind ausgegangen von diesem Wort, und ihr habt vielleicht gedacht: „Na, das ist aber ein seltsames Wort für unser Gemeindejubiläum.“ 15 Jahre wollen wir an diesem Wochenende dem Herrn danken und ihm die Ehre geben.
Ich habe euch gesagt, dass ich euch gerne ein richtungsweisendes Wort mitgeben möchte für den weiteren Weg. Ich wünsche mir, dass ihr dieses Wort heute Abend aufgenommen habt – auch die Kinder, die hier sind, die, die schon etwas älter sind, die Jugendlichen, die Erwachsenen und die Gäste, die heute Abend hier sind.
Schaut, die Schulamit sagt: „Meine Muttersöhne setzen mich als Hüterin der Weinberge ein. Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“ Nicht gehütet, damit das niemand bekennen müsste am Ende unseres Lebens. Wenn heute Abend jemand ehrlich vor Gott erkannt hat: „Oh, in der letzten Zeit ging es bei mir so turbulent zu. Ich musste einen beruflichen Lehrgang machen, eine Fortbildung, ein Kind ist in die Familie gekommen, wir sind gerade dabei, ein Haus zu bauen, eine medizinische Maßnahme, ich war in Kur.“ Ich weiß, wie turbulent das Leben ist, ich weiß, wie turbulent.
Aber ich bitte dich: Wenn du heute Abend gemerkt hast, dass du deinen Weinberg vernachlässigt hast, in der letzten Zeit kaum noch stille Zeit mit dem Herrn hattest, die Bibel nicht mehr gelesen hast, keine Gebetszeit mehr hattest und einfach geistlich schludern ließest, dann mach heute Abend einen Stopp auf dieser abschüssigen Bahn. Praktiziere einen Stopp und sage: „Herr, danke, dass du mich aufgerüttelt hast. Ich möchte von jetzt an wieder ganz konzentriert meinen Weinberg hüten, ganz konzentriert die Gemeinschaft mit dir verbringen.“
Und schau, das ist das letzte Bild, das ich zeige: Das Hohelied schließt nicht, ohne dass hier diese Aussage gesagt wird. In Kapitel 8, Vers 12, ganz am Ende des Hohen Liedes heißt es: „Meinen eigenen Weinberg habe ich vor mir.“ Wenn ihr eine gute Bibelübersetzung habt, eine wortgetreue, dann steht es so da. Und ich kann euch versichern, es steht wirklich so da im Hebräischen: „Meinen eigenen Weinberg habe ich vor mir.“
Da hatte doch jemand etwas gelernt! Am Anfang: „Meinen Weinberg habe ich nicht gehütet.“ Am Ende: „Meinen Weinberg habe ich vor mir.“
Und ich wünsche euch, liebe Geschwister, jedem Einzelnen, jedem persönlich, dass er nach Hause geht, jetzt in die nächsten Schritte, die vor uns liegen, mit der Aussage: „Meinen Weinberg habe ich vor mir. Ich möchte meinen Weinberg hüten. Ich möchte nicht geistlich abrutschen und eines Tages bekennen müssen: Ich bin weg, ich bin ganz weg, geistlich weg. Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Ja, ich habe meinen Herrn verloren.“
Ich möchte nicht, dass das passiert, und ich möchte auch nicht, dass es der Gemeinde geistlich bergab geht. Ich wünsche euch, dass hier viele sind, möglichst alle, die ihren Weinberg hüten. Dann wird der Herr Freude haben an der Gemeinde, dann wird er Wohlgefallen haben. Und ich glaube, dann wird er euch weiter segnen in den nächsten Jahren – und wenn er will, Jahrzehnte. Dann wird die Gemeinde geistliche Kraft haben, dann wird sie Substanz haben, dann wird sie von Gott gebraucht werden können.
Aber alles hängt daran, ob wir unseren eigenen Weinberg hüten. Das ist unsere Verantwortung. Und ich wünsche, dass uns der Herr heute Abend neu groß geworden ist, dass er uns neu vor Augen steht als der, der uns beschenken will mit dieser Gemeinschaft mit ihm. Und dass wir das dann auch gerne in Anspruch nehmen und suchen.
Ich würde mich freuen, wenn wir jetzt aufstehen zum Gebet und wenn uns vielleicht auch einige im Gebet leiten. Das Gebet wird frei sein. Wollen wir nur so laut wie möglich beten, und wollen wir das Gebet mit Armen schließen und auch mit Armen bekräftigen.
Wollen wir aufstehen zum Gebet?