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Die Überlieferung der Ältesten – Teil 3

Jesu Leben und Lehre, Teil 350/652
14.12.2023Markus 7,6-7
SERIE - Teil 350 / 652Jesu Leben und Lehre

Einführung: Die Bedeutung der elterlichen Ehrung im Alten Testament

Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist. Episode 349: Die Überlieferung der Ältesten, Teil 3.

In der letzten Episode haben wir gesehen, wie die Überlieferung der Ältesten das Gesetz Gottes aushebelt. Im Alten Testament gibt es zwei Gebote, die dafür sorgen sollen, dass Kinder ihre Eltern in Not nicht vergessen.

Im 2. Mose 20,12 heißt es: „Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit deine Tage lange sind in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.“ Außerdem steht in 2. Mose 21,17: „Wer seinem Vater oder seiner Mutter flucht, muss getötet werden.“

Gott will also, dass die Kinder ihren Eltern die Liebe, Mühe und Unterstützung zurückgeben, die sie selbst von ihren Eltern erhalten haben. Und auch wenn meine Eltern ihren Job nicht gut gemacht haben, soll ich mich als Kind im Alter um meine Eltern kümmern.

Das ist ein Gebot, das bis heute Bedeutung hat – oder zumindest haben kann.

Die Umgehung göttlicher Gebote durch menschliche Überlieferungen

Zur Zeit Jesu gab es jedoch eine Möglichkeit, dem Anspruch Gottes zu entfliehen. Das Stichwort hieß Korban. Wenn ich die Mittel, mit denen ich meine alten Eltern unterstützen könnte und sollte, dem Tempel weihe – Korban –, dann muss ich mich nicht mehr um sie kümmern. Dann habe ich meine Pflicht erfüllt. Das ist legitimierte Unbarmherzigkeit.

Wir wissen bereits, was Jesus davon hält. In Markus 7,6-7 sagt er: „Er aber sprach zu ihnen: Treffend hat Jesaja über euch Heuchler geweissagt, wie geschrieben steht: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.“

Heuchelei und die Gefahr von Menschengeboten

Heuchelei beginnt dort, wo ich mich fromm verhalte – zumindest in den Augen der Gesellschaft oder der religiösen Gemeinschaft, der ich angehöre. Das bedeutet, ich zeige ein frommes Verhalten, doch mein Gottesdienst ist nur ein Lippenbekenntnis, eine fromme Show. Mein Herz jedoch ist weit von Gott entfernt.

An dieser Stelle möchte ich drei wichtige Anmerkungen machen.

Erstens: Die Versuchung, neue Gebote aufzustellen

Erstens: In dem Moment, in dem ich als religiöse Autorität ein neues Gebot aufstelle, verleite ich meine Gefolgsleute dazu, ihr Herz weniger an Gott zu hängen. Dieser Punkt ist mir besonders wichtig, weil die Idee, mehr Gebote könnten nur gut sein, sehr verführerisch klingt. Deshalb ist die Warnung wichtig: Wenn ich als Gemeindeleitung, Pastor oder Missionar neue Gebote aufstelle, an die sich meine Schäfchen bitteschön zu halten haben, dann bewirke ich genau das Gegenteil von dem, was ich möchte.

Natürlich brauchen wir manche außerbiblische Regelungen für das Zusammenleben in der Gemeinde. Das beginnt mit den Gottesdienstzeiten und endet bei der Nutzung von Gemeinderäumen oder dem Mitbringen von Haustieren. Ich spreche hier nicht von sinnvollen organisatorischen Regeln – auch wenn dabei ein bisschen Weite sicher nicht schadet.

Ich meine ethische Gebote, die darauf abzielen, das Verhalten der Geschwister zu normieren. Gebote, die ihren Ursprung in der Geschichte der Gemeinde haben und häufig auf einer unsauberen Auslegung der Bibel beruhen. Es ist eine psychohistorische Tendenz von Gläubigen, die in ihrer Kindheit schwere Traumata erlebt haben, sich sehr nach Sicherheit zu sehnen.

Wenn solche Geschwister in Leitungsverantwortung kommen, müssen sie sich darüber im Klaren sein, dass in ihnen ein Hang zu dem besteht, was ich Übergesetzlichkeit nenne. Das ist der Drang, neue Gebote aufzustellen, eigene Grenzen zu ziehen und das Leben einer Gemeinschaft im Übermaß reglementieren zu wollen. Und sie tun das, weil sie selbst Sicherheit suchen.

Deshalb gilt Vorsicht, wenn ich denke, dass Menschengebote meinen Schäfchen guttun. Das Gegenteil ist der Fall. Ich kann durch noch so viele Gebote kein geistliches Leben erzwingen.

Zweitens: Die zeitlose Tendenz zur Überlieferung der Ältesten

Zweitens: So wie es zur Zeit Jesu eine Überlieferung der Ältesten gab, so existiert diese auch heute – vielleicht zu jeder Zeit. Gleichzeitig gibt es heute eine Tendenz, ein solches Konstrukt zu schaffen. Wehe dem, der glaubt, dieses Verhalten sei nur den Frommen, den Pharisäern oder Evangelikalen vorbehalten – das ist weit gefehlt.

Wenn es darum geht, die Anwendung biblischer Gebote durch das Aufstellen neuer Gebote zu untergraben, dann steht aktuell die liberale oder progressive Theologie ganz vorne. Soweit ich sehe, entsteht gerade am linken Flügel der Christenheit eine Religion, die sich zwar noch christlich nennt, sich aber inhaltlich weit vom biblischen Christentum und damit von Jesus Christus entfernt hat.

Diese Religion bringt neue Gebote hervor, die das mosaische Gesetz durch die Brille des Zeitgeistes neu definieren. Dabei ist es wichtig, Folgendes zu verstehen: Immer wenn der Mensch sich anmaßt, Gebote aufzustellen, die dazu dienen, die Gebote Gottes zu „verbessern“, und er sich anmaßt, eine neue Ethik zu schaffen, sorgt er dafür, dass die Gottesverehrung der Gläubigen vergeblich wird.

 Markus 7,6-7 sagt dazu: „Er aber sprach zu ihnen: Treffend hat Jesaja über euch Heuchler geweissagt, wie geschrieben steht: ›Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren.‹“

Die Idee, dass Menschengebote, die der Ethik des mosaischen Gesetzes widersprechen, die Grundlage für eine brauchbare Gottesbeziehung sein könnten, ist absurd. Eine solche neue Ethik ist nur ein Ausdruck dafür, wie weit mein Herz bereits von Gott entfernt ist.

Drittens: Die Herausforderung der Gottesfurcht im Umgang mit Geboten

Drittens offenbart der Umgang mit Gottes Geboten viel über die Tiefe meiner Gottesfurcht.

Warum wollen Menschen überhaupt ihre eigenen Gebote aufstellen, wenn Gott uns doch bereits genügend Gebote gegeben hat?

Die Antwort scheint mir folgende zu sein: Gottes Gebote rauben mir meinen Egoismus. Sie schränken mich ein und zwingen mich, Gottes Sicht auf Gerechtigkeit anzunehmen. Sie machen mich zum Knecht oder zur Magd Gottes.

Im Zeitalter der Autonomie, in dem mir niemand sagen soll, wie ich Dinge zu sehen habe, passt mir das einfach nicht. Ich will mein eigener Herr bleiben, meine eigenen geistlichen Prioritäten setzen und selbst bestimmen, wen ich wie liebe.

Persönliche Empfehlung und biblische Grundlage

Mein Tipp: Wenn du Probleme mit Gottes Geboten hast – vorausgesetzt, es liegt eine saubere Auslegung vor –, dann bitte Gott um Gottesfurcht. Verbringe viel Zeit mit dem Lesen, Auswendiglernen und Nachdenken über Gottes Wort.

Ich kann das nur für mich sagen, nach über dreißig Jahren Christsein: Kein Gebot Gottes hat sich in meinem Leben als falsch herausgestellt. Besonders die Gebote, die mich am meisten herausfordern, weil sie mir oft täglich den Spiegel meiner Verlorenheit vor Augen halten, sind es, die wesentlich dazu beitragen, dass mein Leben gelingt.

Lasst uns nie vergessen, was Paulus zu den ethischen Normen des Alten Testaments formuliert hat: Römer 7,12 – „So ist also das Gesetz heilig, und das Gebot heilig, gerecht und gut.“

Abschluss: Einladung zur Reflexion und Segenswünsche

Was könntest du jetzt tun?

Denk einmal darüber nach, mit welchen Geboten du die größten Probleme hast. Dabei meine ich nicht, sie einzuhalten, sondern sie grundsätzlich zu akzeptieren.

Das war es für heute. Wenn du noch die Möglichkeit hast, lerne Englisch. Viele gute theologische Vorträge und Bücher gibt es nur in dieser Sprache.

Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

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