Herzlich willkommen zum Podcast der Eva Stuttgart mit Jörg Lackmann und Thomas Povileit.
Unser Podcast möchte dazu anregen, den christlichen Glauben praktisch zu leben und zugleich zum theologischen Nachdenken einladen.
Die Mitgliedszahlen in den Kirchen des Westens kennen nur eine Richtung: Sie gehen nach unten. Viele Menschen können mit Kirche heute kaum noch etwas anfangen. In den Medien treten die Kirchen meist nur mit ihren sozialen Anstrengungen in Erscheinung, während ihr Glaube nur sehr selten zur Sprache kommt.
Man hat den Eindruck, dass das Christentum immer mehr an den Rand gedrängt wird. Das stimmt, das stimmt, Jörg, was du sagst. Der Glaube an Jesus ist gesellschaftlich ganz klar auf dem Rückzug, das sehe ich genauso. Die Zahl derjenigen, die sich mit den Kirchen nicht identifizieren können, steigt logischerweise beständig. Auch christliche Werte wie Treue, Ehrlichkeit und Demut geraten immer mehr ins Hintertreffen. Wer will denn heute noch demütig sein oder so?
Doch mich tröstet, dass dies keine neue Entwicklung in der Menschheitsgeschichte ist. Das hat es schon immer gegeben. So heißt es beispielsweise in Psalm 11,3: „Wenn die Grundpfeiler umgerissen werden, was richtet da der Gerechte aus?“ Wir hatten in Europa in den letzten Jahrhunderten vorwiegend christliche Grundpfeiler in unserer Gesellschaft. Doch darauf haben wir kein Anrecht, dass das immer so bleibt.
Ich habe sogar den Eindruck, dass vieles Gute, was das Christentum uns gebracht hat, heute nicht mehr gewollt wird – nur weil es christlich ist. Wir leben als Christen in einer säkularen Gesellschaft. Das müssen wir verstehen. Es geht oft nur noch um das Hier und Jetzt. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und uns daran erinnern, dass es den Menschen früher nicht besser ging.
Wenn man Matthäus 24 liest, heißt es dort: „Denn wie sie in jenen Tagen vor der Flut waren – sie aßen, sie tranken, sie heirateten und ließen sich verheiraten –, bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche ging und sie es nicht erkannten, bis die Flut kam und sie alle wegraffte.“ Essen und Trinken ist ja keine Sünde, aber sie haben dabei Gott vergessen. Wenn man sich nur noch auf diese Dinge konzentriert, dann ist das Sünde. Das trennt einen von Gott.
Woher kommt dieses Weggehen und die Ablehnung des Christlichen? Ich glaube, die Ablehnung gehört einfach dazu, wenn man mit Jesus unterwegs ist. Jesus selbst sagt es ja in Johannes 15: „Sie haben mich verfolgt, sie werden auch euch verfolgen.“
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Satan keine Märchenfigur aus Tausendundeiner Nacht ist, sondern eine Realität. Er ist derjenige, der das Reich Gottes ablehnt. Er hat immer versucht, diese Ablehnung gesellschaftsfähig zu machen. Dabei kämpft er das Reich Gottes bis aufs Blut an und benutzt dazu Verfolgung.
Ich denke, gerade in unseren Breiten geschieht das vor allem durch Verführung. Er versucht Menschen davon zu überzeugen, dass es Himmel und Hölle gar nicht gibt. Viele Dinge in unserem Leben machen ohne das letzte Ziel Himmel ja gar keinen Sinn. Warum sollte ich Peter nicht betrügen, wenn es nach meinem Tod sowieso keine Konsequenzen gibt? Oder warum sollte ich Egoismus nicht zum höchsten Ziel meines Lebens machen, wenn es kein Gottesgericht gibt?
Sehr oft leben wir Menschen nach dem Grundsatz: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Der Glaube an Gott stellt unserem egoistischen Lebensstil ein Hindernis entgegen. Deshalb wollen viele Menschen nicht, dass es einen Gott gibt, vor dem sie sich einmal verantworten müssen.
Man muss auch sagen: Im Laufe der Geschichte haben wir als Christen viel falsch gemacht. Ich denke zum Beispiel an die Kreuzzüge oder an die Kirchenpolitik, die oft wenig mit der Bibel zu tun hatte. Oder daran, dass Christen – um es bildlich zu sagen – oft Wasser gepredigt, aber Wein getrunken haben. Natürlich führt das dazu, dass Leute das Christentum ablehnen.
Ein wesentlicher Grund ist auch, dass vor allem im kirchlichen Bereich eine historisch-kritische Herangehensweise an die Bibel herrscht. Dadurch wird ihre Glaubwürdigkeit untergraben. Wenn die Bibel nicht mehr die Grundlage ist, steht das Lebenshaus auf sandigem Boden und wird zusammenfallen.
Genau das erleben wir heute. Weil Menschen in der Kirche kaum noch etwas von Gottes Kraft sehen, fragen sie sich: „Wozu soll Kirche überhaupt noch gut sein?“ Und dann lehnen sie sie entsprechend ab.
Das sind schon einige Gründe, warum Zeitgenossen den Glauben an die Kirche – und ich denke, damit gleichgesetzt auch an den Gott der Bibel – ablehnen. Man könnte sagen, das Christentum hat seine beste Zeit hinter sich, oder?
Ja, die Frage ist, wie man mit der Situation umgehen soll, die wir jetzt vorfinden. Gibt es Parallelen in der Geschichte, in denen es schon einmal ähnlich war? Denn die Gesellschaft, die wir heute haben, war ja nicht immer so christlich geprägt.
Ja, das stimmt. Ich glaube, es ist wichtig, auch ein wenig zurückzudenken. Man kann auf jeden Fall aus der Geschichte lernen. Als das Christentum aufkam, gab es viele Götter – hunderte sogar. Die Christen brachten sozusagen den hundertsten oder hundertzweiten Gott mit.
Das hat eigentlich niemanden wirklich interessiert oder wurde kaum wahrgenommen. Als Paulus zum Beispiel in Athen auf dem Areopag predigte (Apostelgeschichte 17), sagten die Leute, er sei ein Verkündiger fremder Götter. Wenn man den Text genau liest, redet Paulus von Jesus und der Auferstehung.
Es scheint so zu sein, dass die Menschen damals nicht verstanden haben, worum es ging. Die Kommentatoren gehen davon aus, dass die Leute dachten: „Aha, Jesus, das ist der eine Gott“, und dann redet er von einem Gott namens Auferstehung oder so. Sie haben das nicht miteinander in Verbindung gebracht und hatten keinerlei Kenntnis davon.
Deshalb ist es gut zu schauen, wie die ersten Christen mit diesem absolut säkularen Umfeld umgegangen sind. Es war zwar auch ein religiöses Umfeld, aber jeder glaubte an etwas anderes. Wie haben sie das bewältigt?
Eine weitere Möglichkeit, die ich immer wieder stark finde, wenn ich daran denke, ist, von der ehemaligen Kirche in der DDR zu lernen. Die war ja auch ganz am Rand. Wenn man dort in der Kirche war, galt man intellektuell als hoffnungslos rückständig, weil man noch an Gott glaubte – obwohl Marx doch gesagt hat, Religion sei das Opium des Volkes.
Ich glaube, dass die Christen, die damals sehr überzeugt mit Jesus unterwegs waren in der DDR, uns heute einiges voraus haben. Sie haben ein säkulares Umfeld erlebt, viel Ablehnung erfahren und trotzdem an Jesus festgehalten und das Evangelium weitergegeben.
Gestern habe ich mit meiner Frau gerade über das Thema Ablehnung gesprochen. Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf kamen, aber sie sagte, dass Ablehnung eine Sache des Westens sei. In anderen Teilen der Welt sei Ablehnung normal und Teil des Christseins.
Wir hier im Westen leben im Wohlstand, und uns geht es noch gut.
Ja, wenn wir vielleicht zurückblicken auf die Zeit der Bibel, insbesondere ins erste Jahrhundert, wie sind die Menschen damals mit der Ablehnung umgegangen, die eindeutig vorhanden war?
Ich würde deiner Frau zustimmen – das ist vor allem eine Sache des Westens. Meiner Frau muss man immer zustimmen. Bis jetzt war das Christentum irgendwie in der Mitte der Gesellschaft verankert. Doch in den letzten Jahrzehnten, etwa in den letzten zwanzig Jahren, wird alles Christliche bewusst an den Rand gedrängt. Es soll aus der Gesellschaft herausgedrängt werden. Das ist für uns hier eine neue Situation.
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns genauso wie die ersten Christen bewusst sind: Wir haben eine atemberaubende Botschaft. Diese Botschaft beschränkt sich nicht nur auf dieses Leben, sondern geht darüber hinaus. Das wussten die ersten Christen. Sie wussten: Wir haben einen Vater im Himmel, dem wir alle Sorgen anvertrauen können. Und wir haben in Jesus einen Retter, der es möglich macht, in den Himmel zu kommen. Außerdem haben wir mit dem Heiligen Geist einen Beistand, der uns Gottes Kraft für den Alltag schenkt.
Das bedeutet, sie wussten, dass sie mehr hatten als ihr nichtchristliches Umfeld. Dieses Wissen fehlt uns manchmal. Wir denken dann vielleicht, Gott kennt uns doch und sieht, wie gesellschaftlich wichtig wir sind. Aber das war ihnen wichtig, und sie haben gesagt: Wir müssen unseren Durst nicht mit den vergänglichen Dingen stillen, die man uns anbietet. Stattdessen erleben wir, was wir in Jesus haben.
Sie mussten auch nicht den Ersatzgöttern wie Karriere, Geld oder Ähnlichem nachfolgen. Sie wussten: Mit Jesus kennen wir den, der uns den Frieden und die Freude geben kann, die wir in dieser Welt vergeblich suchen. Was sie zuversichtlich gemacht hat, und das finde ich ganz wichtig, ist die Ewigkeitsperspektive.
Es waren ja Menschen, die das so erlebt haben. Wir sehen das im Psalm 73: Da kämpft jemand und fragt sich, warum es seinem Nachbarn so gut geht, ihm selbst aber schlecht, obwohl er mit Gott unterwegs ist. Dann sagt er: „Ich gehe an den Tempel und denke über das Ende nach, über die Ewigkeitsperspektive.“ Und dann begreift er: „Hey, ich habe die besseren Karten.“
Wenn ich diesen Blick nicht mehr habe und mich nur auf diese Erde konzentriere, glaube ich, dann komme ich auch als Christ ins Zweifeln. Oder ich versuche, irgendwo Anerkennung bekommen zu wollen. Viele Schwierigkeiten in diesem Leben kann ich aushalten, weil ich das Ende im Blick habe. Dabei geht es nicht darum, mich nur auf den Himmel zu vertrösten und zu sagen: „Einmal wird alles besser.“ Sondern ich werde aus dem Himmel wirklich getröstet.
Ich denke auch an 1. Thessalonicher 4, wo Paulus seinen Lesern viel Mut macht. Er sagt: Jesus kommt wieder, und wir werden ewig bei ihm sein. Dann schließt er diesen Abschnitt mit den Worten: „Tröstet einander mit diesen Worten.“ Das ist die Hoffnung, mit der die Christen ihr Umfeld angesteckt haben.
Ich glaube, das können wir von ihnen lernen: diese Hoffnung im Blick zu haben. Ich habe in Jesus eine Hoffnung, die alles übertrifft, was es in dieser Welt gibt. Wir sollten als Christen wirklich aufpassen, dass wir uns nicht auf dieser Erde verlieren, sondern mit unseren Gedanken und unserer Sehnsucht im Himmel sind. So wird unser Leben ansteckend werden.
Was hat Ihnen in diesem Umfeld geholfen? Glaube und Hoffnung habe ich jetzt mal herausgehört. Aber was haben wir im Glauben? Und wie werden wir uns wieder bewusster, was den Glauben ausmacht? Es geht nicht um ein routiniertes Christenleben, in dem man eine gewisse Gleichgültigkeit spürt. Früher war der Glaube meiner Meinung nach von mehr Gleichgültigkeit geprägt. Jetzt merke ich vor allem durch die Medien getriebene große Ereignisse, dass es richtig gegen das Christentum geht – schon seit ein paar Jahren. Das reicht bis hin zu satanistischen Symbolen, die sehr deutlich gezeigt werden. So stark gab es das früher nicht. Damals war es eher so: „Interessiert uns nicht, macht ihr mal euer Zeug, ihr seid nicht wichtig.“
Jetzt ist es fast wie damals. Damals hat man den Christen ja tatsächlich Götzendienst vorgeworfen, weil sie nicht den normalen Göttern nachfolgten. Und da haben sie dann Glauben entgegengesetzt: Was glauben wir? Was ist der Inhalt? Das Leben ist eben nicht alles. Wir haben eine Hoffnung auf die Zukunft. Ich glaube, die Hoffnung hat sie wirklich durchgetragen.
Es stimmt, was du sagst: Ich habe letztens bei Timothy Keller gelesen, dass er sagt, bei seinem Dienst in New York habe er zuerst erlebt, dass Leute gesagt haben: „Na ja, Religion ist nicht wichtig, ist uns doch egal.“ Und er sagt, am Ende seines Dienstes hätten immer mehr Leute gesagt: „Religion ist toxisch.“ Also das ist ganz schlecht, wenn du das irgendwie machst.
Ich glaube, was ihnen neben Glaube und Hoffnung als Trumpf in der Hand auch noch eine ganz große Hilfe war, um in der Gesellschaft zu leben, ist einfach die Liebe. Dadurch sind sie wirklich aufgefallen. Sie haben ihren Mitmenschen Gutes getan, ohne Hintergedanken. Also nicht mit der Erwartung: „Wenn ich dir das tue, musst du das und das tun.“ Sie haben wirklich nach dem Grundsatz gelebt: „Wie Jesus mir, so ich dir.“ Ohne es zunächst einmal zu berechnen.
Ich glaube, ich habe es in irgendeinem anderen Podcast schon mal gesagt: Sie haben sich in Rom zum Beispiel um die alten Römer gekümmert. Das war für den Kaiser unbegreiflich. Er hat gesagt: „Warum kümmern die sich denn um unsere Alten? Die würden wir ja reihenweise in den Tiber stoßen, weil wir mit ihnen nichts mehr anfangen können.“ Die Christen haben dann auf der Straße die ausgesetzten Babys aufgesammelt. Und ich meine, in damaliger Zeit war das ein Mitesser in der Familie.
Das heißt, es hat ihnen wirklich etwas gekostet. Liebe war nicht nur ein Wort für die Gemeinden, sondern es war Tat. Und das muss man schon sagen: Der Soziologe Rodney Stark schätzt, dass bis zum vierten Jahrhundert die Zahl der Christen alle zehn Jahre um 40 Prozent gestiegen ist. Du hast dann tausend Christen im Jahr 40 und 6,3 Millionen im Jahr 300. Und das, obwohl der Glaube kein Mainstream war. Das war ja vor Konstantin.
Also es muss etwas gegeben haben, was die Leute da wirklich angezogen hat. Ich glaube, das war wirklich die Liebe. Auch dass sie den anderen angenommen haben, so wie Christus sie angenommen hat. Sie haben Liebe wirklich gelebt.
Zum Beispiel gab es damals die Pest, eine riesige Infektionskrankheit. Ich habe gelesen, in Rom sind während dieser Pestwellen – es gab zwei große – jeden Tag 5.000 Leute gestorben. Letztendlich sind 30 Prozent der Bevölkerung gestorben. Wenn man das mal auf Deutschland hochrechnet, war Corona wirklich wenig dagegen, auch wenn es schlimm genug war.
Die Christen haben sich um diese Heiden gekümmert. Sie haben sich für sie eingesetzt. Sie sind teilweise infiziert worden und gestorben. Aber sie wussten: Wenn wir den Leuten Essen geben, wenn wir ihnen Wärme geben, wenn wir ihnen Wasser geben, dann steigt die Überlebenschance um 50 Prozent. Es waren also gar nicht Medikamente, sondern nur diese wesentlichen Dinge. Und sie haben versucht, ihnen das zu geben.
Die Leute sind natürlich reihenweise aus den Städten rausgegangen, weil man dort sehr eng zusammenwohnte. Die Christen sind in diesen Städten geblieben. Das ist deutlich bezeugt. Und das hat natürlich einen massiven Eindruck auf die anderen gemacht.
Ich sage es mal selbstkritisch: Vielleicht haben wir in der Corona-Zeit als Christen auch einiges verpasst. Anstatt uns darüber zu streiten, wie man Corona bewerten muss, hätten wir uns vielleicht einsetzen können, wenn Leute wirklich ernsthaft erkrankt wären. Ihnen Liebe beweisen – das ist der Punkt.
Das haben sie damals ganz stark getan. Wobei das damals stark gegen das Gesetz gewesen wäre. Die Seelsorger durften nicht in die Altenpflege. Einige haben sich ja reingeschmuggelt, um Leute am Ende ihres Lebens zum Beispiel noch zu begleiten. Aber es war verboten. Vielleicht wäre das der Weg gewesen. Ich denke, das war richtig.
Und vielleicht noch zum letzten Punkt: Sie waren als Jesusnachfolger sehr integrativ. Es ging nicht zuerst um die Herkunft, sondern um die Beziehung zu Jesus. In keiner anderen Gemeinschaft damals saß der Hauptmann neben dem Sklaven und betete den gleichen Gott an – den Gott, den sie durch Jesus kennengelernt hatten. Das hat die Struktur der damaligen Gesellschaft komplett auf den Kopf gestellt.
Ich glaube, das ist auch heute eine Herausforderung für uns. Nicht dadurch aufzufallen, dass wir Menschen ohne Gott von oben herab behandeln, sondern dass wir durch unsere Liebe und unsere Hoffnung auffallen. Dass sie merken, das haben wir. Das war schon beeindruckend.
Ich musste immer an einen Kongress in Nürnberg denken, bei dem ich einmal war. Der war immer total voll, wenn es darum ging, was Christen alles erleben und machen können. Dann kam einer, der unter den Armen gewirkt hat, und die Halle leerte sich. Es waren nur noch ganz wenige da. Ich kann nicht genau sagen, warum ich das erzähle, aber es blieb mir irgendwie im Gedächtnis. Schön, aber wenn einer das dann auch wirklich in der Tat bringt, interessiert es kaum noch jemanden. Es waren wirklich nur noch wenige in der Halle. Ich bin zwar geblieben, aber dort bin ich jetzt auch nicht tätig. Ich habe andere Tätigkeitsbereiche, das will ich ehrlich sagen.
Aber das war natürlich beeindruckend: Die Alten in der Pest, Sklaven – manche schätzen, dass bis zu 50 Prozent der Bevölkerung damals Sklaven waren. Das war eine ganz große Sache, und diese Menschen hatten keinerlei Perspektiven. Es gab Wege, aber nicht so viele wie für die normale Gesellschaft. Das zu überwinden ist schnell gesagt, aber natürlich eine enorme Tat in ihrem ganzen Umfeld.
Und das trotz Widerstand. Bis zum Christentum bei Konstantin – was war das, 313 oder 331? Ich verwechsel die Zahlen immer, vielleicht 333 oder so – wurde es zur Staatsreligion. Aber vorher gab es richtige Verfolgungswellen. Nicht immer gleich, aber als Christ wurdest du teilweise getötet oder auf andere Weise verfolgt, regional unterschiedlich. Trotz dieses Widerstands haben sie durch tätige Liebe überlebt. Mit Widerstand meine ich die Ablehnung, die sie erfahren haben – und das ist ja unser Thema, woher man gerade kommt: gesellschaftliche Ablehnung und Verfolgung.
Das Böse konnte sie trotzdem nicht überwinden, das, was gegen sie stand. Ja, durch aktive Liebe. Natürlich ist es richtig, was du sagst: Sie waren von der ersten Stunde an im Grunde bereit, für Jesus zu sterben. Und sie wussten, dass das nicht nur theoretisch ist.
Was mich beeindruckt hat, ist Paulus in Römer 8. Er fragt: Was kann mich trennen von der Liebe Gottes? Wenn man diesen Brief in seine Biografie einordnet, wird klar: Das ist keine Theorie. Das hätte ihm morgen passieren können. Er hat sich so fest an Gott gehalten und gesagt: Okay, das kann mir alles passieren, aber es kann mich nicht von ihm trennen. Das gibt wieder eine Hoffnungsperspektive.
Wir erleben die ersten Christen auch als entrechtet. Man hat ihnen alles weggenommen. Ich denke zum Beispiel an Hebräer 10. Dort heißt es, sie haben den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldet, weil sie wussten, dass sie bei Gott einen besseren und bleibenden Besitz haben.
Noch einmal: Die Hoffnung hat ihnen enorm geholfen, diesen Widerstand und diese Ablehnung auszuhalten. Weil sie das Größere vor Augen hatten, konnten sie das kleinere, das sie jetzt in der Hand hatten, loslassen. Sie sagten: Wir lassen los, wir wissen uns in Gottes Hand geborgen.
Sie wussten auch, dass sie Ablehnung und Verfolgung an der Seite des Herrn Jesus erleben würden. Deswegen hat sie das nicht überrascht. Sie gingen nicht davon aus, gesellschaftlich anerkannt zu sein. Und sie haben auch nicht um diese Anerkennung geworben. Sie haben für Jesus geworben.
Das war ihr Thema. Sie wussten, Jesus würde für ihr Umfeld immer wieder der Aufreger sein, der Stein des Anstoßes. Aber das konnten sie nicht ändern. Ich glaube, das kann man von ihnen lernen: Wir sollten nicht nach der Anerkennung unseres Umfeldes streben, sondern wissen, dass wir in dieser Welt sind, aber nicht von der Welt.
Die Ziele dieser Welt sind nicht unsere Ziele. Wir haben ein größeres Ziel als Karriere, Schönheit, Reichtum oder erfüllende Beziehungen. Das reicht uns nicht, weil Jesus uns viel, viel mehr gibt.
Ich wünsche mir daher ein gutes Selbstbewusstsein im guten Sinne, einen Blick dafür, was ich als Christ habe. Ich weiß, dass ich diese Beziehung zu Jesus um keinen Preis eintauschen will, egal was mir angeboten wird. Die Treue zu Jesus ist wichtiger als der vergängliche Genuss, den diese Welt bietet.
Was mir noch wichtig ist: Sie haben bewusst eine Gegenkultur gelebt, und ich glaube, das haben wir heute verlernt. Ihnen war es wichtig, in ihrem Umfeld zu Gottes Wort zu stehen. David Platt hat ein Buch geschrieben, das tatsächlich „Gegenkultur“ heißt. Darin greift er genau diesen Gedanken auf.
Er macht deutlich, dass Christen eine andere Meinung zur Abtreibung haben sollen als der Großteil der Gesellschaft. Auch zur biblischen Sexualmoral sollen sie auf jeden Fall stehen. Sie erkennen zudem gewisse Grenzen der kulturellen Freiheit an und sollen sich natürlich für Toleranz einsetzen – auch gegenüber Menschen, die schlecht über sie reden. Das ist ein zutiefst christlicher Wert, und ich glaube, das ist uns heute abhandengekommen.
So die Gegenkultur: Wir versuchen oft, mit dem Strom zu schwimmen und ja nicht aufzufallen. Neulich sagte jemand in einem Vortrag, wir sollten uns als Christen wieder angewöhnen, zu stören. Dabei meine ich nicht diese Empörungskultur, sondern bewusst zu sagen: „Warum glaubst du das denn so? Nein, ich glaube ganz bewusst anders.“ Ich muss nicht immer das sagen, was du sagst. Gott denkt anders als der Mainstream.
Wir sollten uns auch selbst fragen, wofür wir eigentlich stehen. Zum Beispiel für eine Sexualmoral, die nicht in erster Linie Sex als Befriedigung sucht, sondern Hingabe an den anderen betont. Oder für eine Haltung, die Frauen nicht zum Objekt der Begierde macht, sondern sie als gleichwertiges Gegenüber sieht.
Über Abtreibung wird noch gesprochen. Das war Christen wichtig: Sie wollten dabei nicht stumm bleiben. Es gibt auch alte Schriften wie die Didascalia, eine alte Gemeindeordnung, in der steht: „Du sollst nicht das Kind durch Abtreiben umbringen und das Neugeborene nicht töten.“ Das waren Themen, die sie beschäftigten, und sie lebten bewusst gegen die Kultur.
Aber du merkst den Unterschied zu heute: Manchmal schaust du auf YouTube und denkst, da geht es einfach nur darum, „ich bin dagegen“ und dann ist gut. Früher war es konstruktiv, was sie lebten, aber es ging ihnen nicht um Anerkennung. Ihnen war klar: Die Gesellschaft tickt anders als ich.
Heute habe ich bei diesem „Ich bin dagegen“ oft den Eindruck, dass sie eigentlich doch Teil des Ganzen sind. Viele geben ihren Wohlstand nicht auf. Das ist, denke ich, die Gefahr.
Bei den Hebräern bin ich noch ein bisschen hängen geblieben, während du weitergeredet hast. Da muss man aufpassen, nicht den Faden zu verlieren – das passiert auch mir manchmal, wie jedem Menschen.
Diese Vorstellungen: Manche haben ihre Häuser verloren oder mussten das Dorf verlassen. Das gibt es ja auch heute noch. Das haben alle im Gebetsbrief gelesen. Das sind natürlich ganz andere Bedingungen.
Wir sind hier richtig verführt, weil wir alles haben. Wir haben diesen ganzen Wohlstand und müssen nichts aufgeben. Stattdessen müssen wir uns bewusst dagegen entscheiden. Das wussten die damals nicht.
Es ist immer die Frage: Verfolgung oder Verführung. Ich denke, beides ist schwierig. Aber die Verführung ist auch nicht ohne. Sie frisst einen so von innen auf, dass man am Ende für nichts mehr steht.
Man hat so viel, man bekommt so viel geboten, dass man zu sehr gleich geworden ist mit allem drumherum. Man lebt das dann doch mit und lebt für das Vergnügen – nur etwas zurückhaltender, ein bisschen anders, auf einem anderen Gebiet, aber eigentlich nicht wirklich anders.
Gab es da eine Grundeinstellung, wenn ich das mal so nennen will, die dahinterstand? Man könnte sagen: Ja, deswegen konnten die anders handeln, obwohl es richtig viel gekostet hat. Du hattest nichts mehr, und trotzdem hast du noch jemanden extra aufgenommen.
Vielleicht kam das nicht in einer Familie allein vor, sondern es hat sich ein bisschen aufgeteilt. In der Gemeinde weiß ich das nicht genau. Aber ich kann mir vorstellen, wenn ich auch in heutige Kriege hineinschaue, dass die Leute, die es am schlechtesten haben, trotzdem noch zwei Personen aufnehmen.
Du hast nach einer Grundeinstellung gefragt. Die Grundeinstellung der Christen, denen wir hier begegnen und die in eine säkulare Gesellschaft kamen, war meiner Meinung nach die Opferbereitschaft. Ich glaube, das ist eine gute Frage: Welche Opfer bringe ich schon jetzt für Jesus? Was ist Jesus mir wert? Und welches Opfer würde ich ihm bringen wollen?
Natürlich braucht man dafür auch seine Kraft. Aber es lohnt sich, das einfach mal zu überlegen: Der Weg mit Jesus hat seinen Preis, und ich glaube, das vergisst man sehr schnell. Nachfolge ist nicht kostenlos.
Ich habe am Anfang über die Christen in der ehemaligen DDR gesprochen. Es war so, dass du, wenn du dich konfirmieren ließest, oft von der Jugendweihe ausgeschlossen wurdest. Damit warst du auch raus aus dem Studium. Das heißt, du warst vielleicht viel schlauer als manche andere in der Klasse, aber nur weil du in der Kirche warst, hast du bestimmte Studienplätze erst gar nicht bekommen. Stattdessen konntest du auf den Bau gehen oder etwas anderes machen.
Das ist schon in gewisser Weise ein Opfer, das du bringst. Aber du sagst: Ja, ich bin bereit, hier auch für Jesus Opfer zu bringen. Das ist etwas, das mich innerlich ein Stück weit erfüllt. Aber ich muss es erst einmal erleben oder vielleicht ein paarmal durchmachen, um zu erkennen: Okay, das war nicht einfach, auch nicht für Teenager. Denn so draußen zu stehen und nicht zur Gruppe zu gehören, ist schwer.
Doch das sind Erfahrungen, die mir helfen, den Glauben immer wieder neu zu bewerten. Auch wenn andere mich ablehnen, kann ich sagen: Danke, Herr Jesus, du nimmst mich an. Das sind ganz tiefe Erfahrungen, die ich mit Jesus mache, auch wenn dieser Verlust oder das Opfer durchaus weh tun kann.
Das heißt aber nicht, dass ich das so nebenbei sage: Mir ist das egal. Hier sehe ich auch noch eine zweite Grundeinstellung. Neben der Opferbereitschaft ist es die Nähe zum Herrn Jesus, also nahe bei Gott zu sein.
So heißt es ja: „Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch.“ Wenn ich mit diesem Druck umgehen will, muss ich nahe bei Jesus bleiben. Das heißt, ich beschäftige mich mit ihm und nicht mit dem, was meine Gegner mir schon wieder Böses geplant haben. Stattdessen denke ich daran, was Jesus mir Gutes tut und was er für mich sein möchte. Er füllt all den Mangel aus, den ich gerade empfinde.
Du hast gefragt, was ihre Grundeinstellung war. Ich glaube, das waren diese beiden Punkte: Opferbereitschaft und die Nähe zu Jesus zu suchen.
Wenn ich es mal bildlich ausdrücke: Es ist, als ob eine Presse auf die Christen kommt. Aber Jesus ist da und hält seine Hand. Ich bin nahe bei ihm und erlebe das nicht als Zerquetschen. Das Zerquetschen wäre eher eine verteidigende Position oder das Erdulden von etwas.
Wie haben sie es geschafft, so stark in die Gesellschaft hineinzuwirken? Liebe gab es ja schon vorher. Aber es ist interessant, dass die Gesellschaft nach etwa 300 Jahren, wenn auch nur namensgerichtlich, christlich wurde. Da muss ganz schön viel passiert sein, auch im Denken der Heiden um sie herum. Plötzlich haben sie viele ihrer bisherigen Überzeugungen über Bord geworfen – nicht immer konsequent, aber doch in großem Umfang. Wie ist das in dieser Zeit gewachsen?
Ich glaube, es lag an der Liebe und der Hoffnung. Die Menschen haben gemerkt: „Hey, die Christen haben einfach mehr als wir.“ Sie haben auch in der Praxis gesehen, was die Christen getan haben, und erkannt, dass das eigentlich gut ist – auch für die Gesellschaft insgesamt. Heute sind wir oft anders unterwegs. Wir sägen an dem Ast, auf dem wir kulturell sitzen. Das Christentum hat unsere Kultur geprägt – logisch, denn es hat auch die Toleranz in die Gesellschaft gebracht, die wir immer wieder loben.
Das waren alles Dinge, bei denen die Menschen verstanden haben: „Das ist eigentlich gut für uns“, auch wenn sie selbst noch keine Christen waren. Wenn wir in unsere heutige Zeit blicken, fällt mir zum Beispiel die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele ein. Dort wurde ein Abendmahlsbild durch eine Inszenierung verspottet. Wenn es stattdessen eine Passage aus dem Koran gewesen wäre, hätte es einen großen Aufschrei gegeben. Die Menschenrechte und die Toleranz verdanken wir letztlich unserer christlich geprägten Kultur.
Man sagt: „Gut, du denkst so, ich denke so, aber ich lasse dich stehen.“ Ich kann mir vorstellen, dass vielen unserer Mitbürger über längere Zeit klar werden wird, welche kulturellen Errungenschaften das Christentum gebracht hat. Geschichte verläuft oft in Wellenbewegungen. Deshalb wird es vielleicht wieder Versuche geben, dagegen zu steuern und ein neues Interesse an der Bibel zu wecken.
Im Moment sehe ich uns gesellschaftlich eher auf einem absteigenden Ast. Aber das sollte uns Christen nicht lähmen. Es geht darum, den einzelnen Menschen im Blick zu haben und ihm vorzuleben, wie es ist, eine Beziehung zu Jesus zu haben. Das sehe ich auch als Chance: Wenn das Umfeld nicht mehr genau weiß, was Christsein bedeutet, haben sie auch weniger Zerrbilder im Kopf. Wenn sie dann mein Leben sehen und erkennen, was Christsein heißt, kann das etwas sein, das sie motiviert.
Was mir viel Mut macht, ist der Blick in die Geschichte. Dort sehen wir, dass das Evangelium schon einmal eine ganze Gesellschaft auf den Kopf gestellt hat. Warum sollte das in Zukunft nicht wieder möglich sein? Gottes Kraft wirkt, und darauf dürfen wir vertrauen. Wenn einzelne Menschen sich für Jesus entscheiden, kann das Auswirkungen auf ihren Kreis und letztlich auch auf die Gesellschaft haben.
Aber wir haben nicht den Auftrag, die Welt zu verändern. Wir können uns punktuell für Gerechtigkeit einsetzen, aber weltweit gesehen hat der Glaube an Jesus starken gesellschaftlichen Einfluss gehabt – und hat ihn auch heute noch, in anderen Ländern. In Europa, der westlichen Welt, scheint die Gottlosigkeit zu triumphieren, wie du am Anfang gesagt hast. Doch wir sollten uns davon nicht abschrecken lassen.
In Gottes Kalender ist das nur eine kurze Periode. Wichtig ist, dass wir Gottes Licht in unserem Umfeld verbreiten. Ich glaube, das Evangelium hat mehr Chancen, als wir oft denken.
Ja, wir haben jetzt viel über die Gesellschaft nachgedacht. Das ist der eine Teil. Natürlich geht es dann auch immer um den Einzelnen. Es wird sich zeigen, wenn ich jetzt die Bibel und die Endzeit betrachte, wie es Aufschwünge gibt. Am Ende wird es bergab gehen, das ist ganz klar. Die Frage ist, ob es davor im Westen noch einmal einen Aufschwung gibt. Regional haben wir ja auch Aufschwünge. Das eine schließt das andere nicht aus. Insgesamt geht es dann eher dem Antichrist entgegen.
Damals war es schon eine Situation, die vergleichbar war, würde ich sagen. Da merkt man die Kraft des Evangeliums. Paulus hat ja auch den Thessalonichern gesagt: „Ich komme in der Kraft des Evangeliums zu euch“, also mit dem Wort. Das ist, glaube ich, für mich so ein bisschen die Hauptbotschaft von heute: eine Kraft, die wirkt und sich immer auswirkt.
Das gab es auch in jeder Erweckungszeit. In jeder Erweckungszeit fing es beim Einzelnen an, beim Glauben, dass er Jesus Christus erkannt hat, seine Sünde vergeben wurde und er mit Gott zusammenlebt. Dann trank er nicht mehr, die Familien wurden gesünder, die Kriminalitätsrate ging zurück und vieles mehr. Das hat man immer wieder feststellen können, dass das Evangelium alles durchdringt.
In der Apostelgeschichte steht auch: Die Gemeinde hat einen guten Ruf. Das zieht dann weite Kreise, auch wenn es einzeln anfängt. Wenn ein Stein ins Wasser fällt, macht das dieselben Wellen, dieselbe Generation, und dann breiten sich die Kreise aus.
Das war der Podcast der evangelischen Freikirche „Evangelium für alle“ in Stuttgart. Wir hoffen, dass ihr mit uns neu über die Kraft des Evangeliums nachdenken konntet und erstaunt wart, was es alles bewirken kann. Wir hoffen auch, dass es uns ins Gebet führt und wir damit rechnen, dass Gott in unserer Umgebung Menschenherzen berührt und verändert.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns doch unter podcast@efa-lutgard.de. Wir wünschen euch Gottes Segen.