Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Geschichte
Liebe Freunde, die Geschichte, die ich euch vorgelesen habe und die Jesus hier erzählt, ist ziemlich unwahrscheinlich. Wenn jemand vom Finanzamt vorgeladen wird, kann man ja verstehen, dass er nicht gerade mit Begeisterung hinmarschiert. Aber bei einer Hochzeit, zumal bei einem König oder einem Prominenten, lässt man sich so etwas doch nicht entgehen. Da geht man doch hin, schon wegen des Essens – das ist doch klar.
Stellt euch mal vor, ihr wärt zu einer Hochzeit eingeladen. Nicht bei einem armen Schlucker, der euch nur mit ein paar Bockwürsten und Adlershofer Wodka abspeist, sondern bei jemandem, der Meermäuse hat, der im Feinkostladen einkauft und bei dem man erwarten kann, dass er seinen Gästen exklusives Essen vorsetzt und wirklich etwas Gutes zu trinken serviert. Da wären wir alle dicke Gäste!
Und selbst wenn wir uns den Frack im Theater leihen müssten, um uns mal richtig mit Wein vollpumpen zu können, würden wir das auch tun – Hauptsache, wir wären dabei. Deshalb sage ich: Es ist so unwahrscheinlich, dass die Leute in der Geschichte nicht dabei sein wollten, dass es kaum vorstellbar ist, dass sie alle abgelehnt haben. Ebenso ist es unwahrscheinlich, dass der König ein zweites Mal seine Boten ausschickt und die Leute nochmal einlädt.
Er schickt seine Boten los und sagt: Die Festtafel ist gedeckt, die Spanferkel drehen sich am Spieß, der Sekt ist kaltgestellt – kommt zur Hochzeit! Es ist kaum vorstellbar, dass die Leute so unhöflich sind, auf eine so höfliche Einladung so eiskalt zu reagieren. Schließlich, wenn der Chef einlädt, möchte man schon erscheinen. Es ist außerdem eine große Ehre. Man wird ja nicht alle Tage beim König zum Mittagessen eingeladen.
Ablehnung der Einladung und die Reaktion des Königs
Aber seltsamerweise wollen die Leute in unserer Geschichte nicht hingehen. Der eine zieht sich in seinen Schrebergarten zurück, denn ihm ist das Arbeiten lieber als das Feiern. Der andere sitzt auf seinem Büroschemel und schluckt Aktenstaub – das war sicher ein deutscher Beamter. Und die anderen treiben es so weit, dass sie die Boten, die die Einladung überbringen, nicht nur verspotten, sondern sogar töten.
Jetzt verhält sich der König so, wie wir uns wahrscheinlich alle schon längst verhalten würden: Er verliert die Geduld und bestraft diese Mörder. Das finden wir ganz normal. Doch dann passiert etwas, das wieder vollkommen unwahrscheinlich ist. Der König schickt neue Boten aus und sagt: Die Gäste, die ich eingeladen hatte, waren es nicht wert. Geht hinaus auf die Straßen und holt rein, wen ihr findet.
Damit wird es richtig verrückt. Man ist ja von prominenten Leuten allerhand Verrücktheiten gewohnt – etwa Sektbäder, Smoking im Swimmingpool oder Hupen. Aber dass nun jemand x-beliebige Leute von der Straße zu seiner Hochzeitsparty einlädt, das hat man eigentlich noch nicht gehört.
Man weiß ja gar nicht, was das für Leute sind, die da hereinkommen. Ob sie sich überhaupt benehmen können, vielleicht schmatzen sie beim Essen oder schnäuzen sich die Nase ins Tischtuch. Oder es fehlen am Ende noch ein paar Silberlöffel.
Gottes Einladung und die Haltung der Menschen
Also, dass jemand irgendwelche Leute von der Straße hereinruft und ihnen seinen teuren Wein in den Hals gießt, ist ziemlich unwahrscheinlich. Wir würden sagen, so etwas gibt es gar nicht. Doch, sagt Jesus, so etwas gibt es.
Jesus hat diese Geschichte erzählt, weil er uns damit sagen wollte: Genauso unwahrscheinlich, wie sich der König in dieser Geschichte benimmt, verhält sich Gott gegenüber den Menschen. Und genauso unwahrscheinlich, unhöflich und unverschämt, wie sich die Menschen in dieser Geschichte verhalten, verhalten sich die Menschen gegenüber Gott.
Was wir uns sonst bei keinem anderen herausnehmen würden, trauen wir uns Gott gegenüber ohne Weiteres zu. Die Geschichte, die Jesus hier erzählt, passiert an jedem Tag viele tausend Mal. Das ist eine Geschichte aus dem Alltag Gottes.
Vielleicht kommt ihr in dieser Geschichte auch vor. Oder habt ihr vielleicht alle schon die Einladung in Gottes Reich angenommen? Wie oft sind viele von euch in Gottes Reich eingeladen worden, und wie oft habt ihr diese Einladung mit Absicht überhört? Wie oft habt ihr euch herausgeredet und gesagt: Ich muss studieren, ich muss auf die Schule gehen, ich muss mich qualifizieren, ich muss arbeiten, ich habe keine Zeit? Wie oft habt ihr euch gedrückt, wenn es darum ging, sich zu Gott zu bekehren und ein neues Leben anzufangen?
Und wie viele von euch haben sich überhaupt noch nie ernsthaft mit der Einladung Gottes beschäftigt? Wie vielen von euch ist Gott überhaupt schnuppe? Es gibt sogar Menschen, die auf Gott und seine Boten einen regelrechten Hass haben.
Genauso, wie sie damals Jesus gekreuzigt haben, haben sie nach ihm Hunderttausende von Christen gekreuzigt, gefoltert, verfolgt, angespuckt und getötet – bloß weil die Christen zu den Menschen gekommen sind und gesagt haben: Wir haben eine gute Nachricht für euch. Gott liebt euch, Gott lädt euch ein in sein Reich, wir bringen euch eine freudige Nachricht.
Warum die Menschen darauf teilweise oder überhaupt so sauer reagieren, ist wirklich schwer zu verstehen.
Gottes bedingungslose Einladung
Am schwersten zu verstehen ist für mich, dass Gott immer wieder mit großer Geduld die Menschen einlädt und zu sich ruft. Gott sucht sich seine Gäste nicht aus nach ihrer Bildung, ihrer Herkunft, ihrer Anständigkeit oder ihrer Einstellung.
Gott fragt gar nicht danach, wer ihr seid, wo ihr herkommt oder was ihr gemacht habt. Es interessiert ihn nicht, was ihr darstellt, was ihr angestellt habt oder bei welcher Firma ihr angestellt seid. Ob ihr Marxisten seid oder ernste Bibelforscher, ob ihr anständige Bürger seid oder auf der schiefen Bahn – das spielt für Gott keine Rolle. Ob ihr geklaut habt oder sonst irgendetwas getan habt, ist ihm egal.
Gott sagt: Ich habe euch alle lieb, die Guten genauso wie die Bösen. Ich lade euch alle herzlich ein, ausnahmslos und bedingungslos.
Wenn ihr an das Reich Gottes kommen wollt, braucht ihr keine Aufnahmeprüfung zu machen. Es wird nicht erst eure Kaderakte studiert, um zu sehen, ob ihr eine astreine Vergangenheit habt. Ihr müsst nicht erst beweisen, wer ihr seid und wie gut ihr seid. Es reicht, dass ihr kommt. Ihr braucht nichts vorzuweisen, nichts zu leisten.
Gott stellt keine Bedingungen. Er nimmt jeden sofort auf. Wenn heute vielleicht jemand unter euch zum ersten Mal im Leben begreift, dass Gott ihn haben möchte, dann kann ich nur sagen: Macht euch keine Gedanken über eure Vergangenheit. Wartet nicht, bis ihr euch würdig genug fühlt oder bis ihr alles verstanden habt, was in der Kirche geredet wird. Wartet nicht, bis ihr mit allem einverstanden seid, was die Kirche tut.
Kommt einfach, denn Jesus ruft euch in sein Reich. Das ist ein ganz wunderbares, großartiges Angebot.
Missverständnisse über Gottes Gnade
Und nun gibt es Menschen, die aus diesem Angebot Gottes eine völlig falsche Folgerung ziehen. Statt beschämt zu sein von Gottes Gnade, werden sie unverschämt.
Das sind diejenigen, die sagen: „Also, das ist ja prima! Gott liebt mich, Gott liebt die Sünder, ich bin ein Sünder, also kann ich zu Gott kommen, so wie ich bin. Gott, Gott, Gott, du liebst mich, wie ich bin!“ So singen sie das ja in der Schlosskirche bei jedem Jurengottesdienst.
Also können sie auch so bleiben, wie sie sind. Demzufolge brauchen sie sich keine Mühe zu geben, um mit ihrer Sünde Schluss zu machen. Sie können also weiterhin fremdgehen, im Betrieb Material klauen und ihre Eltern belügen. Sie können weitermachen wie bisher. Der liebe Gott vergibt ihnen ja, dazu ist er schließlich da.
Für Leute, die so denken, erzählt Jesus die Geschichte noch ein Stück weiter. Da kommt nämlich nun der König in den Saal, um sich seine Gäste anzusehen.
Ich weiß nicht, ob der König, als er in den Saal kam, hinter sich die Tür zugemacht hat. Es wäre nett, wenn ihr das da hinten so machen würdet. Schönen Dank!
Also, der König kommt in den Saal, um sich seine Gäste anzusehen, und da entdeckt er doch einen, der hat kein Hochzeitskleid an. Da fragt der König: „Wie bist du denn hier reingekommen?“ Und er hat darauf keine Antwort. Daraufhin wirft der König ihn hinaus.
Bedeutung des Hochzeitskleids als Symbol der Veränderung
Das scheint nun alles das umzuschmeißen, was ich bisher gesagt habe, aber das ist nur scheinbar so. Ihr müsst wissen: Damals war es so, dass man, wenn man beim König zum Festessen eingeladen wurde, an der Tür ein Festkleid als Willkommensgruß geschenkt bekam.
Wenn nun jemand keine Lust hatte, dieses Festkleid anzunehmen und lieber in seinen Straßenklamotten hereinging, dann war das eine Beleidigung des Gastgebers. Das ließ er sich nicht gefallen.
Wenn ihr also denkt, ihr könnt so weiterleben wie bisher, nachdem ihr die Einladung Gottes erhalten habt, dann habt ihr euch geirrt. Es stimmt zwar, dass ihr zu Gott kommen könnt, so wie ihr seid, aber ihr könnt nicht so bleiben, wie ihr seid.
Wir haben es eben gesungen: Wenn du denkst, du kannst so bleiben, wie du willst, ist das einfach nicht wahr, mein Lieber. Gott verlangt von keinem von euch, dass ihr ohne Sünde als reine Menschen ankommt – im Gegenteil!
Wenn euer Leben durch die Sünde beschmutzt ist, wenn ihr gelebt habt wie die Schweine, dann seid ihr trotzdem bei Gott herzlich willkommen. Aber ihr könnt dann eben nicht weiterleben wie die Schweine. Ihr müsst bereit sein, euch zu ändern. Und dazu will Gott euch helfen.
Er will euch helfen, eure falschen Lebensgewohnheiten zu überwinden und neue Menschen zu werden. Menschen, die bereit sind, ihren Nächsten zu lieben, ihrem Feind zu vergeben und mit anderen Menschen besser zurechtzukommen. Menschen, die wirklich bereit sind, als Kinder Gottes in dieser Welt zu leben und an einer neuen Welt mitzubauen.
Das sind die Eigenschaften, die mit dem Kleid in unserer Geschichte gemeint sind. Und wenn das nicht passt, wenn jemand stur so bleiben will, wie er ist, wenn jemand sich kein neues Leben schenken lassen will und sich nicht anständig, das heißt, nicht wie ein Kind Gottes benehmen will, den schmeißt Gott wieder raus.
Die Kraft der Liebe Gottes und die Illusion vom lieben Gott
Gott ist bereit, euch alles zu vergeben. Er ist bereit, euch ein neues Leben zu schenken. Ebenso ist Gott bereit, euch die Kraft zu geben, damit ihr dieses neue Leben auch führen könnt.
Wenn ihr jedoch nicht bereit seid, euch all das schenken zu lassen, wenn ihr nicht bereit seid, euch entsprechend zu verhalten, dann weist Gott euch wieder zurück. In diesem Fall missbraucht ihr die Liebe Gottes. Die Liebe Gottes ist etwas ganz anderes als der liebe Gott.
Die Liebe Gottes ist wie eine Ladung Dynamit. Sie ist eine Kraft, die den Menschen verändert. Der liebe Gott hingegen ist eine harmlose Beruhigungsbille. Er ist eine Erfindung von Menschen, die nicht bereit sind, die Konsequenzen ihres Glaubens zu tragen und ihr Leben zu verändern.
Der Mann ohne Hochzeitskleid in unserer Geschichte ist das Urbild all jener, die in der Illusion vom lieben Gott leben. Dazu gehören diejenigen, die Jahr für Jahr in die Kirche gehen, vielleicht am heiligen Abendmahl teilnehmen, sich mit dem Wort Gottes bis zum Eichstrich vollaufen lassen und dann wieder davonlaufen – ohne Buße, ohne Bekehrung, ohne die Tat des Glaubens.
Ihr könnt euch selbst fragen, ob ihr vielleicht auch zu diesen Menschen gehört.
Die Bedeutung von Taufe, Konfirmation und christlichem Leben
Wenn ihr euch nur deshalb konfirmieren lasst oder kirchlich trauen lasst, weil ihr eine schöne Feier haben wollt oder weil ihr eure Oma nicht verärgern wollt, weil sie euch sonst das Erbe streicht, wenn ihr nicht kirchlich getraut seid, dann hat das keine wirkliche Bedeutung.
Wenn ihr aber ansonsten wie die Heiden lebt, dann hat eure Konfirmation und kirchliche Trauung überhaupt keinen Wert. Wenn ihr euer Leben nicht als Christen führt, dann ist auch euer Taufschein wertlos.
Wenn ihr euer Leben nicht als Christen geführt habt, dann hat es am Ende des Lebens auch keinen Sinn, mit eurem Taufschein vor Gott herumzufuchteln wie mit einer Eintrittskarte im Kino. Wenn ihr aus eurer Taufe nicht die Konsequenz zieht, als Christen zu leben, dann könnt ihr euch mit eurem Taufschein den Hintern abwischen – mehr ist er nicht wert.
Wenn ihr nur deshalb hierher in den Jugendgottesdienst kommt, weil euch irgendetwas Spaß macht, die Musik oder Ähnliches, und ansonsten nicht bereit seid, euch zu ändern und als Christen, als Kinder Gottes in dieser Welt zu leben, dann sitzt ihr hier auf dem falschen Dampfer.
Wenn ihr eure Kirchensteuern nur deshalb zahlt, damit bei eurer Beerdigung ein Pfarrer im Talar hinter eurem Sarg hergeht, dann tut ihr mir wirklich leid. Das ist mit dem lieben Gott nämlich nichts wert, und das werdet ihr spätestens dann merken, wenn ihr dem lebendigen Gott einmal Auge in Auge begegnet.
Und das wird spätestens am jüngsten Tag sein, wenn Gott in seinem Reich durch die Reihen geht.
Gottes Gericht und die Konsequenzen für das Leben
Dann wird er denen, die als seine Kinder in dieser Welt gelebt haben, die Hand auf die Schultern legen und ihre Tränen abwischen. Ihnen wird er das ewige Leben schenken. Es wäre wunderbar, wenn wir alle zu diesen gehören würden.
Aber all den anderen, die nur als Schmarotzer dabei gehockt haben, ohne ihr Leben wirklich als Kinder Gottes zu führen, wird er rausschmeißen. Zwischen solchen Schmarotzern im Reich Gottes und denen, die die Einladung zu Gottes Reich von vornherein abgelehnt haben, gibt es im Grunde genommen keinen Unterschied – jedenfalls nicht am Ende. Am Schluss werden beide Gruppen ausgeschlossen.
Damit euch das nicht passiert, hat Jesus damals diese merkwürdige Geschichte erzählt. Deshalb habe ich sie euch heute wieder erzählt. Wenn ihr es für unwahrscheinlich haltet, dass Gott seine Gerichtsandrohung wahrmachen wird, dann ist das eure Sache.
Es liegt an euch, ob ihr weiterleben wollt in der Illusion vom lieben Gott oder ob ihr ein neues Leben anfangen wollt mit der Liebe Gottes.
Die Einladung Gottes zur Veränderung und zum neuen Leben
Ich finde, das Unwahrscheinliche an unserer Geschichte ist nicht die Gerichtsandrohung. Vielmehr ist es die Einladung Gottes. Gott ruft uns immer und immer wieder zu sich. Er macht uns das Angebot: Wir können zu ihm kommen. Gott erwartet uns.
Habt ihr nicht auch manchmal das Gefühl, dass sich in eurem Leben manches ändern müsste? Habt ihr nicht auch Schuld in eurem Leben, die eigentlich bereinigt werden sollte? Etwas, das man gerne loswerden möchte?
Habt ihr nicht auch diese Sehnsucht in euch – nach Liebe, nach Geborgenheit, nach einem Leben in Reinheit, nach einem festen Halt in diesem Leben? All das könnt ihr bekommen. Gott bietet es euch an. Ihr könnt es jetzt sofort haben. Kommt, es ist alles bereit. Amen!
