Ich weiß nicht, was jeder einzelne sagen würde, wenn ich euch fragen würde, wo ihr die meiste Zeit eures Lebens verbringt. Wahrscheinlich kann man es ziemlich kurz zusammenfassen: Wir alle verbringen die meiste Zeit unseres Lebens im Alltag.
Ja, die meiste Zeit unseres Lebens verbringen wir nicht auf so wunderbaren Freizeiten wie hier. Wir verbringen nicht einmal die meiste Zeit unseres Lebens in Gemeindestunden. Stattdessen verbringen wir die meiste Zeit unseres Lebens in unserem Alltag – was auch immer dieser für jeden Einzelnen bedeutet.
Meistens hat der Alltag mit Arbeit zu tun: im Haushalt, mit Kindern oder an irgendeiner Arbeitsstelle, für die man bezahlt wird. Für all das verbringen wir die meiste Zeit unseres Lebens.
Und dafür müssen wir gerüstet sein. Das Wort Gottes muss uns sozusagen für den Alltag ausrüsten und nicht nur für besondere Highlights wie hier.
Alltag als Hauptlebensraum und seine Herausforderungen
In dem Text, den wir heute anschauen wollen, geht es ein wenig um den Alltag. Ich habe darüber nachgedacht, was den Alltag prägt – abgesehen von der Routine – und welche Herausforderungen der Alltag mit sich bringt.
Beim Nachdenken und auch beim Lesen dieses Textes hatte ich den Eindruck, dass eine Sache den Alltag besonders prägt: Dinge, die von außen auf uns zukommen. Das sind kleinere und größere Sorgen und Herausforderungen, oft überraschend. Unser Leben ist so komplex geworden, dass es durchaus passieren kann, dass dir in der kommenden Woche etwas begegnet, was du bisher noch nie erlebt hast. Du musst dich dem stellen und es verarbeiten.
Manchmal sind es einfach äußere Einflüsse, manchmal Menschen mit ihren Problemen oder Angriffen. Sie sagen plötzlich, was sie an dir nicht mögen oder irgendetwas anderes, das auf dich zukommt und womit du irgendwie zurechtkommen musst. Diese Dinge sind nicht Teil deiner täglichen Routine, sondern du musst sie verarbeiten. Ich nenne das den defensiven Teil unseres Alltags. Es kommt von außen, wir haben uns das nicht ausgesucht, aber wir müssen darauf reagieren. Von manchem müssen wir uns abschirmen, auf anderes reagieren wir positiv.
Das ist ein Teil unseres Alltags außerhalb der Routine.
Ein zweiter Teil unseres Alltags, der eng mit dem ersten verbunden ist, besteht darin, dass wir viele kleine und größere Entscheidungen treffen müssen. Manche Entscheidungen sind wichtiger und weitreichender, andere weniger. Trotzdem brauchen wir Maßstäbe, nach denen wir unsere Entscheidungen treffen.
Wie gesagt, wir treffen jeden Tag eine Vielzahl von Entscheidungen, mit denen wir Weichen für unser Leben stellen: für unsere Prioritäten, unsere Zeitgestaltung, den Umgang mit Menschen, den Aufbau oder auch das Abbrechen von Beziehungen – ganz viele Entscheidungen.
Wir müssen uns fragen, wie wir diese Entscheidungen treffen. Was ist richtig? Was soll ich sagen, was soll ich tun? Oft geht es nur um die Entscheidung, wie ich mich in einer bestimmten Situation verhalte. Höre ich mir einfach an, was jemand sagt, und halte den Mund? Oder reagiere ich darauf?
Oft sind es nicht die großen Entscheidungen wie „Wohin ziehe ich?“ oder „Welchen Beruf ergreife ich?“ oder „Wen soll ich heiraten?“. Es sind vielmehr die vielen kleinen Entscheidungen des Alltags.
Ich nenne diesen Teil den aktiven Teil unseres Alltags. Dabei reagiere ich nicht nur auf das, was von außen kommt – auch wenn sich das manchmal mischt –, sondern ich treffe bewusst Entscheidungen darüber, wie ich leben will.
Sorgen und Herausforderungen im Alltag
Was kommt so auf uns zu von außen? Oft sind es viele Sorgen, viele Dinge, über die wir uns Gedanken machen müssen. Manchmal sind es Sorgen über Dinge, die niemals passieren werden.
Keine Ahnung, ich habe gerade ein bisschen Probleme mit meinem Auto, angenommen und so, bisher ist aber alles in Ordnung. Und jetzt soll ich nach Österreich fahren, oder? Der letzte Tag ist manchmal schlecht geplant. Da kann ich mir eine schlaflose Nacht machen: Wie komme ich aus der Bredouille raus, wenn morgen früh – ich meine, morgen Abend – sie mich im Pinzgau erwarten? Und wenn morgen früh mein Auto nicht anspringt, was ist mein Plan B? Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es gar nicht passieren. Trotzdem habe ich mir Gedanken gemacht über etwas, das wahrscheinlich nicht eintritt.
Oder was weiß ich, meine linke Seite tut irgendwie weh. Es könnte sein, dass ich jetzt, in meinem Alter, statistisch gesehen eher eine dramatische Diagnose bekomme, etwas, das bei mir nicht in Ordnung ist. Die Chance ist aber groß, dass das nicht passiert.
Ich habe auch überlegt, ob ich in den Vorruhestand gehen kann und ob mein Geld dann reicht. Jetzt kann ich mir Sorgen machen, wenn die Inflation zu hoch wird, so wie in der Türkei, wo sie 100 % beträgt. Reicht das Geld dann? Wahrscheinlich passiert das nicht. Das heißt: Wir machen uns zum Teil Sorgen, die zum Teil auch gar nicht aus der Luft gegriffen sind, über Dinge, die nie passieren. Aber es gibt auch Dinge, die tatsächlich passiert sind. Und darüber muss ich mir Gedanken machen, wie ich damit umgehe.
Ich erzähle einfach mal ein Beispiel: Eine Schwester aus unserer Gemeinde ist letztes Jahr ausgebildete Kinderkrankenschwester geworden und arbeitet schon seit längerer Zeit im kinderärztlichen Notdienst. Es hat sich so entwickelt, dass sie die Teamleitung von ihrem Team übernommen hat. Das war nicht offiziell festgelegt, und ich glaube, sie hat deswegen nicht mehr Geld bekommen. Aber sie hat die ganze Organisation gemacht, die Dienstpläne geschrieben, die Leute sind zu ihr gekommen, wenn sie Fragen hatten, und die Ärzte haben sie angesprochen, wenn sie etwas vom Team wollten.
Das kleine Benefit, das sie auf jeden Fall davon hatte: Sie bekam ein paar Stunden extra bezahlt für diese organisatorischen Aufgaben zusätzlich zu ihrer praktischen Arbeit im Krankenhaus. Diese Zusatzstunden konnte sie zuhause erledigen. Das heißt, sie war nicht so viele Stunden von zuhause weg. Seit Corona wissen wir alle, was Homeoffice bedeutet. Sie hatte das schon länger, nämlich sozusagen einen Tag in der Woche für den ganzen organisatorischen Overhead im Homeoffice. So konnte sie sich um die Hausarbeit kümmern und ihre schon relativ selbstständigen Kinder einbinden, wie es familiär passte. Das war sozusagen das kleine Goodie.
Jetzt aber, eines Tages letztes Jahr, wurde aus heiterem Himmel beschlossen, dass zwei Teams zusammengelegt werden. Die Teamleiterin des anderen Teams wurde zur neuen Chefin. Und sie war plötzlich nur noch eine ganz normale Kinderkrankenschwester, die Dienst machte wie jeder andere – ohne die Verantwortung, die sie vorher hatte, und ohne die extra bezahlten Stunden. Dabei brauchten sie als Familie das Geld eigentlich.
Da muss man erst mal schlucken und überlegen, wie man damit umgeht. Zum einen wegen des ganz realen materiellen Nachteils, aber auf der anderen Seite auch, weil einem etwas weggenommen wurde: eine Position, Verantwortung. Offiziell wurde niemand degradiert. Aber in Wirklichkeit war es eine Degradierung. Und da muss man erst mal schlucken und überlegen: Wie verhalte ich mich jetzt? Wie kann ich als Christ damit umgehen?
So etwas tut erst mal weh, auch abgesehen von den realen Nachteilen. Es verletzt. Und so etwas kann natürlich auch in der Gemeinde passieren.
Ich weiß nicht, manchen von euch geht es vielleicht so. Wir hatten das Thema ja ausführlich in Philipper 2: Du hast den Eindruck, dass bei allem, was besprochen wird, die Meinung mancher Leute mehr zählt als deine. Das kann real sein, es kann sogar Gründe dafür geben, aber es kann auch Einbildung sein. Für dich ist es erst mal völlig egal, denn es verletzt dich.
In der Firma ist es auch so: Du diskutierst technische Dinge, weißt, dass du Recht hast, aber es gibt einfach besser bezahlte Meinungen als deine. Und dann zählt deine Meinung nicht so viel.
Wenn es in der Gemeinde auch so ist, kann das verletzen. Es wird zum Beispiel diskutiert, was die neuen Fenster in den Gemeinderäumen kosten dürfen. Die Meinung anderer Leute ist wichtiger als deine. Dann wird über die Farbe der neuen Vorhänge entschieden, und du bist entsetzt, weil du findest, das passt nicht zu den Stuhlpolstern. Aber die Meinung von jemand anderem zählt mehr als deine.
Wir hatten das Thema: Wie groß ist mein Einfluss? Wie wichtig bin ich eigentlich? Und dann musst du auch noch überlegen, ob deine Wahrnehmung objektiv ist oder ob du dir das vielleicht nur einbildest, weil du überempfindlich bist. Solche Dinge beschäftigen uns im Alltag, weil wir Menschen kompliziert sind. Die Frage „Wie wichtig bin ich?“ beschäftigt manche bewusst oder unbewusst.
Also: Wir haben Sorgen über Dinge, die nie passieren. Wir haben Sorgen über Dinge, bei denen wir nicht wissen, ob sie real sind oder ob wir uns selbst richtig einschätzen. Wir haben Dinge, die wirklich passieren und uns verletzen. Wir haben Dinge, die wirklich passieren und uns sogar reale Nachteile bringen. Und mit all diesen Sorgen und Problemen müssen wir irgendwie umgehen.
Die Botschaft des Paulus in schwierigen Alltagssituationen
In dieser Situation traf wahrscheinlich irgendetwas davon auch auf die beiden Frauen zu, von denen wir in Kapitel 4, Verse 2 und 3 gelesen haben. Sie kamen nicht miteinander aus und auch nicht mit der Gemeindeleitung. Wahrscheinlich steckte etwas davon auch dahinter.
Genau in diese Situation hinein schreibt Paulus jetzt in Kapitel 4, Vers 4. Das ist der Einstieg in den Text der sechs Verse, die ich euch besprochen habe. Philipper 4, Vers 4 ist ein Vers, den wahrscheinlich viele schon einmal im Laufe ihrer christlichen Laufbahn auswendig gelernt haben: „Freut euch in dem Herrn allezeit! Und abermals sage ich: Freut euch!“
Ich glaube, in dieser Situation und in diesem Zusammenhang, in dem Paulus das schreibt, habe ich es falsch betont, genau wie schon in Kapitel 3, Vers 1. Er sagt nicht „Freut euch in dem Herrn“, sondern „freut euch in dem Herrn“. In Kapitel 3, Vers 1, als er es schon einmal geschrieben hat, hat er gesagt: „Wenn ihr euch im Herrn freut, dann seid ihr sicher.“ Dann können euch all die Versprechungen, die andere Leute mit neuen Lehren machen, all das Verlockende, nicht so erreichen. Ihr seid sicher vor solchen Angriffen von außen, weil ihr wisst, was ihr im Herrn habt.
Ihr freut euch im Herrn, und dann kann euch niemand sagen: Hier, ich habe noch etwas ganz Leckeres für dich. Und ihr sagt: Danke, das Menü steht vor mir. Ich brauche deine Angebote nicht. Wenn wir uns im Herrn freuen, dann sind wir sicher vor vielen Verführungen.
Paulus sagt: Freut euch in dem Herrn! Schaut immer wieder, dass ihr den Herrn vor Augen habt, dass ihr vor Augen habt, was ihr in ihm habt, was ihr in ihm geschenkt bekommt.
Hier ist es im anderen Zusammenhang: Paulus schreibt im Zusammenhang damit, dass er sich Sorgen macht oder verletzt ist, sich zurückgesetzt fühlt oder was auch immer. Er sagt: Wisst ihr, was dagegen hilft? Freut euch in dem Herrn allezeit!
Ihr macht euch Sorgen und Gedanken über euren Status, über eure Zukunft. Manche Sorgen quälen euch. Paulus sagt: Wir haben einen Herrn, zu dem wir gehören, einen Herrn, der uns begnadigt hat, einen Herrn, der uns schon viel gegeben hat, einen Herrn, bei dem es viel gibt, worüber wir uns freuen können.
Du hast das Gefühl, wie diese Schwester, jemand nimmt dir etwas weg? Jemand behandelt dich so, wie du es nicht verdient hast? Jemand gibt dir nicht das, was du eigentlich durch deinen Einsatz verdient hast? Ja, aber Leute, wie viel hast du in deinem Leben vom Herrn geschenkt bekommen, was du nicht verdient hast?
Denn Menschen nehmen dir vielleicht etwas weg, was du verdient hast. Aber wie viel hast du schon bekommen, was du nicht verdient hast, vom Herrn? Und das ist der Punkt, auf den Paulus hier seinen Finger legt.
Man muss an dieses uralte Lied denken. Wenn ihr es mal hören wollt, könnt ihr sicher einen Herbert fragen, der hat es bestimmt auf irgendeinem alten Tonband. Manfred Siebald singt darin: „Womit habe ich das verdient, diesen Überfluss, dass ich essen kann und nicht hungern muss?“
Wir sagen oft: „Womit habe ich das verdient, dass Menschen so mit mir umgehen, dass mein Chef so mit mir umspringt, dass mir das passiert?“ Und wie wenig fragen wir: „Womit habe ich das verdient, dass es mir so gut geht, dass mein Herr mich begnadigt hat, dass mein Herr mich liebt, dass mein Herr mich über Jahre und Jahrzehnte schon trägt, von Tag zu Tag?“
Das ist oft nicht das, was vor unseren Augen steht. Wir leiden darunter, dass wir vielleicht nicht genug Wertschätzung bekommen – also in unserem Empfinden nicht genug Wertschätzung. Und wir vergessen meinen Herrn, der uns so viel Wertschätzung gibt, der so viel in uns investiert hat, dem wir wichtig sind.
Du hast einen Herrn, dem du wichtig bist, auch wenn du das Gefühl hast, dass du vielen Leuten in deiner Umgebung vielleicht nicht wichtig genug bist. Paulus sagt: Schaut auf den Herrn! Freut euch in dem, wie er euch wertschätzt und was er euch schenkt.
Gerade in diesem Zusammenhang von Sorgen und von Dingen, die einen verletzen und quälen, sagt Paulus: Freut euch in dem Herrn allezeit! Verliert diese Perspektive nicht.
Ich habe das gestern schon angedeutet: Paulus sagt in Kapitel 3, Vers 1, euch immer wieder diesen gleichen Satz zu sagen. Es ist ihm nicht lästig, weil er weiß, dass er wichtig für euch ist.
Manche lächeln schon. Ich meine, wir haben einen Bruder in der Gemeinde, ein guter Freund von mir. Wenn wir uns zum Beten treffen, sagt er immer seinem Nachbarn, dass wir für ihn beten sollen. Denn wir lächeln schon alle, weil ich meine, der Nachbar ist nicht offen. Aber weißt du, der Oskar ist immer im Gebetsstand, in jeder Gebetsstunde.
So und so ähnlich war das bei Paulus. Irgendwie egal, was du von ihm gehört hast, was er durch seine Boten ausgerichtet hat, wenn er geschrieben hat: „Freut euch in dem Herrn“, das hilft euch. Er sagt: Mir egal, ob ihr lächelt.
Und hier in Kapitel 4, Vers 4 sagt er: „Freut euch in dem Herrn allezeit!“ Und eigentlich steht hier wörtlich: „Und wieder werde ich euch sagen in der Zukunft: Freut euch!“ Nicht: Ich sage es euch gerade noch einmal, sondern: Ich werde es euch auch in Zukunft immer wieder sagen: Freut euch in dem Herrn!
Milde und Nachgiebigkeit als sichtbare Zeichen des Glaubens
Vers fünf lautet: Alle Menschen in eurer Umgebung sollen eure Milde und Nachgiebigkeit wahrnehmen und registrieren.
Das ist spannend. Ich habe diese Einleitung gemacht, und vielleicht hast du dich gefragt, was sie mit dem Text und mit Vers vier zu tun hat. Warum bezieht Gerald das gerade darauf? Ich beziehe es darauf, weil es mit Vers fünf weitergeht.
Du befindest dich plötzlich in einer schwierigen Situation, in der Menschen in deiner Umgebung vielleicht erwarten würden, dass du dich wehrst, aufbraust oder sagst: „Ich lasse mich nicht so behandeln.“ Doch stattdessen bist du jemand, der auf den Herrn sieht. Du erkennst, dass es schon Gnade war, diese Arbeitsstelle bekommen zu haben. Es ist Gnade, in dieser Gemeinde sein zu dürfen, Gnade, überhaupt gerettet zu sein, Geschwister zu haben und Teil dieser neuen Familie zu sein.
Objektiv gesehen bekommst du viel mehr Wertschätzung, als du vielleicht verdienen würdest, und du freust dich im Herrn. Dann steht da: „Und eure Milde, eure Nachgiebigkeit soll von allen Menschen in eurer Umgebung wahrgenommen werden.“ Und genau das ist der Punkt.
Warum können wir nachgiebig sein? Warum kann diese Schwester ihrer neuen Chefin gegenüber so handeln, dass sie sie unterstützt, ihr nicht „in den Stuhlbein sägt“ und ihre Arbeit nach Möglichkeit weiterhin zufriedenstellend tut – wenn es die Umstände und die Chefin erlauben? Warum können wir nachgiebig sein?
Paulus sagt es hier: „Lasst eure Milde, eure Nachgiebigkeit von allen Menschen registriert werden. Der Herr ist nah.“ Das hat mehrere Bedeutungen.
Die erste Bedeutung ist: Der Herr ist mir nah. Er ist nicht weit weg. Er sieht meine Situation, trägt mich in dieser Lage. Ich kann mich jederzeit an ihn wenden. Ich weiß, dass ich ihm wichtig bin. Er ist nicht fern, nicht fremd in dieser Situation.
Ich meine, „Christus in euch“ – wir haben da oft so eine Kinderstunden-Theologie. Man fragt sich manchmal: „In welchem Körperteil von mir ist Jesus eigentlich, wenn er in mir ist?“ Aber eigentlich heißt das: Jesus ist mittendrin in meinem Leben. Er bekommt alles, was in meinem Leben passiert, hautnah mit. Er registriert jede Verletzung und jede Freude, weil er mittendrin ist – mit Herz und Emotionen.
Das heißt: Christus ist in mir, der Herr ist nah. Deshalb können wir anders reagieren, als unsere Umgebung das in solchen Situationen erwarten würde. Hoffentlich lernen wir, diese Perspektive einzunehmen und zu registrieren: „Was passiert hier eigentlich mit mir?“ Und in diesem Moment merken wir, dass der Herr immer noch da ist und für uns da ist. Vielleicht will er uns erziehen, aber er ist immer noch für uns da.
Er wird ganz praktisch für das sorgen, was wir in unserem Leben wirklich brauchen – nicht nur materiell, auch wenn uns materiell etwas weggenommen wird, sondern auch emotional.
Natürlich hat „Der Herr ist nah“ eine zweite Dimension: Es bedeutet auch, dass der Herr kommt. Oft wird dieser Ausdruck in der Bibel so verwendet: „Der Herr ist nah.“ Er wird bald da sein, er wird bald kommen.
Dann sagt Paulus: „Stell dir doch mal die Frage, was eigentlich noch wichtig ist fünf Minuten nachdem der Herr gekommen ist.“ Vielleicht kannst du mit vielen Situationen entspannter umgehen, wenn du dir diese Frage stellst: Was ist wichtig von den Dingen, um die ich mir Sorgen mache, fünf Minuten nach der Wiederkunft?
Paulus hat sich viele Sorgen gemacht, vor allem um Menschen. Wie Menschen sich entscheiden, wie sie sich entwickeln – das bleibt auch nach der Wiederkunft des Herrn wichtig. Er hat sich relativ wenig Sorgen um seine Umstände, seine Anerkennung oder andere Dinge gemacht, um die wir uns oft sorgen. Denn in seinem Kopf war: All das wird in dem Augenblick unwichtig sein.
Es ist egal. Fünf Minuten nach der Wiederkunft ist es völlig egal, ob du eine Gehaltserhöhung bekommen hast. Es gibt nichts Gleichgültigeres. Fünf Minuten nach der Wiederkunft ist es egal, wie viel Anerkennung und Wertschätzung du erhalten hast. Fünf Minuten nach der Wiederkunft ist es egal, ob du dein Recht bekommen und fair behandelt wurdest.
Paulus sagt: Lasst eure Milde, eure Nachgiebigkeit von allen registriert werden – eure Entspanntheit oder wie man das nennen will – weil ihr diese Perspektive habt: Der Herr ist nah, er ist in dieser Situation dabei, und was zählt noch fünf Minuten nachdem er eingetroffen ist?
Jesus selbst sagt sogar, wir sollen uns keine Sorgen machen, wenn sie uns verfolgen. Das ist heftig, denn letzten Endes sagt er: „Was sollen sie denn mit euch machen?“ Er meint das Schlimmste, was sie tun können, ist, euch umzubringen.
Ist es so schlimm, beim Herrn zu sein? Das sagt er wirklich. Ich würde es niemals so ausdrücken, aber das ist, was der Herr sagt. Selbst solche krassen Umstände sollen uns nicht in Angst versetzen, denn sie können uns nicht mehr wegnehmen als unser Leben – unser irdisches Leben.
Gebet als Mittel gegen Sorgen und Quelle des Friedens
Vers 6: Seid um nichts besorgt, sondern lasst in allem durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden. Dann wird der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, eure Herzen und euer Denken in Christus Jesus bewahren.
Auch diese Verse, die wir gut kennen – viele von euch kennen sie – sind nicht so leicht umzusetzen. Sorgen abzuschütteln ist schwierig, wenn man wirklich Sorgen hat. Es ist nicht einfach, all das durchzudenken, auch viele der Dinge, die ich jetzt gesagt habe, und dann zu sagen: Aus diesem Grund sorge ich mich jetzt nicht.
Manchmal lassen sich Sorgen nicht einfach ablegen, manchmal sind Ängste einfach da. Paulus sagt: Beschäftigt euch möglichst wenig damit. Schaut nicht ständig auf die Sorgen, auf die Ängste, auf das, was kommen könnte oder gerade kommt. So wie das berühmte Kaninchen, das auf die Schlange schaut.
Stattdessen lasst eure Anliegen durch Gebet und Flehen vor Gott kundwerden. Das heißt: Betet, bringt es zu Gott. Ein ganz einfaches Rezept, das jeder von uns kennt. Betet intensiv, das heißt fleht, betet und fleht und bringt es vor Gott.
Ich weiß nicht, wie du betest. Manchmal habe ich den Eindruck, dass in manchen Kreisen gesagt wird: „Ich sage ein Gebet.“ Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich in meiner Gebetszeit Gebete aufsage, aber nicht wirklich zu Gott rede.
Paulus sagt hier: Bete, bete intensiv und bringe es wirklich zu Gott – in dem Bewusstsein, dass er da ist, dass er zuhört, dass er dein Gegenüber ist und registriert, was du sagst. Es soll nicht nur ein Aufsagen von Gebeten sein, damit man die Gebetspflicht erfüllt oder die Hoffnung auf Gebet gesetzt hat. Bring es wirklich zu Gott und sei dir bewusst, dass dein Gegenüber dein Vater ist, dem du etwas bedeutest.
Und was kann dann passieren? Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und euer Denken in Christus Jesus beschützen. Dann kann etwas in dir geschehen – in deinem Herzen, vielleicht sogar in deinen Emotionen, manchmal nicht – und in deinem Denken. Etwas, was dein ganzer Verstand nicht erreichen kann.
Du hast so viele gute Argumente: Wie unwahrscheinlich es ist, dass das eintritt, was dir Sorgen macht; wie unwichtig es ist, wenn es eintritt; wie unwichtig es im Rückblick sein wird, wenn der Herr wiedergekommen ist. Und dennoch kann all das oft nicht viel bewirken in unserem Kopf.
Wir brauchen diesen direkten Zugang zu Gott, damit er etwas tut, das höher ist als unser Verstand und unser Argumentieren. Damit wir vielleicht zur Ruhe kommen. Aber wie gesagt, manchmal kommen wir emotional trotzdem nicht zur Ruhe. Es ist keine Garantie, dass dieser Friede dauerhaft und durchgehend unsere Emotionen erreicht.
Manchmal können wir auch damit nicht verhindern, dass das Kopfkino immer wieder anfängt. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das der Schwerpunkt ist. Das ist sicher eine Wahrheit, die hier drinsteckt, und ich möchte sie nicht abschwächen. Aber ich glaube, dass hier noch ein ganz anderer Schwerpunkt liegt – bei diesem Frieden Gottes, der unser Herz und unser Denken prägt und schützt.
Der Friede Gottes als Schutz und Ordnung im Denken
Paulus wirkte im römischen Umfeld von Philippi. Philippi war eine römische Stadt, die von Römern letztlich errichtet wurde. Ich weiß nicht, ob es vorher schon ein Dorf gab, aber die Römer haben die Stadt ausgebaut, um dort römische Veteranen, also ehemalige Soldaten, anzusiedeln. Es handelte sich um eine römische Kolonie. Wer in Philippi das Bürgerrecht besaß, hatte auch in Rom Bürgerrecht. Das war dasselbe – man besaß römisches Bürgerrecht. Dort galt kein griechisches Recht, sondern römisches Recht.
Die Menschen in Philippi waren Römer durch und durch. Sie waren stolz auf diesen Status, denn es handelte sich um ehemalige Soldaten. Wenn sie vom Frieden hörten, dachten sie an etwas anderes als wir heute. Sie dachten nicht an das gute Gefühl, keine Sorgen mehr zu haben und emotionalen Frieden zu empfinden. Nein, sie dachten an den römischen Frieden, die Pax Romana. Wenn es irgendwo Unruhen gab, kam die Armee – im Inland oder im Ausland – und sorgte für Ruhe. Dann herrschten Frieden und Ordnung. So verstanden sie Frieden.
Wenn der Friede Gottes unser Herz und unser Denken beschützt, ist das vergleichbar mit einer Meiereinheit. Wir befinden uns in einem Lager, und diese Einheit schützt unser Denken. Manchmal schützt Gott unser Denken vor äußeren Einflüssen und Ängsten. Ich glaube aber, dass Paulus auch eine andere Situation im Blick hat – die, über die wir gerade gesprochen haben. Zum Beispiel die Situation mit den zwei Frauen oder manche in der Gemeinde. Manchmal brauchen wir den Schutz Gottes, den Frieden Gottes, um vor uns selbst beschützt zu werden.
Wenn du in einer Situation bist, in der dir jemand etwas wegnimmt, ist die natürliche Reaktion oft, auf den anderen loszugehen. Wenn du dich zurückgesetzt fühlst, etwa in der Gemeinde, schlägst du innerlich um dich. In unserer Kultur machen wir das meistens nicht körperlich. Wir schreien den anderen vielleicht nicht einmal an. Aber es gibt kleine, spitze Bemerkungen, die den anderen herabsetzen. Solche Bemerkungen können den Ruf eines anderen schädigen. Wir haben subtilere Methoden, um auszudrücken, dass wir verletzt sind.
Paulus sagt, der Friede Gottes kann unser Herz und unsere Einstellung, auch unsere Haltung gegenüber anderen, beschützen. Er kann uns vor diesen Reaktionen unseres Fleisches bewahren, die uns später vielleicht leidtun. Wenn wir zweimal darüber geschlafen haben, sind wir froh, dass der Friede Gottes uns bewahrt hat, nicht sofort herauszuplatzen.
Friede Gottes bedeutet nicht nur, plötzlich einen übernatürlichen Frieden zu empfinden. Es bedeutet auch, dass Gott Ordnung in unserem Denken schafft. In solchen Situationen haben wir dann genug Nüchternheit, um zu überlegen, was wichtig und was unwichtig ist. Wir können uns überlegen, was wir sagen und wann wir besser schweigen sollten. Ebenso überlegen wir, was wir tun und was wir lieber lassen.
Natürlich ist es manchmal gut, zu reagieren und etwas zu sagen. Christen müssen nicht alles schlucken. Aber der Unterschied liegt darin, ob ich emotional und schnell reagiere oder ob ich einen guten Ton und den richtigen Moment finde, Dinge anzusprechen. Das ist ein großer Unterschied. Der Unterschied besteht darin, ob mein Denken und mein Herz beschützt sind – auch vor spontanen Reaktionen und vor mir selbst – oder ob ich ungeschützt herausplatze, wie ich es als Mensch in einer solchen Situation natürlich tun würde.
Paulus sagt, das hat etwas mit Gebet zu tun. Es bedeutet, mit Beten und Flehen seine Anliegen wirklich vor Gott zu bringen. Diese beiden Seiten – der Schutz vor Verzweiflung und der Schutz vor meinen eigenen Reaktionen nach außen – sind das, was Paulus mit dem Frieden Gottes meint.
Im Kolosserbrief ist es ganz ähnlich, wo Paulus sagt: Der Friede Gottes soll in euren Herzen regieren (Kolosser 3). Das ist keine Stelle, um herauszufinden, ob gerade etwas Gottes Wille ist, weil ich einen Frieden verspüre. Diese Aussage ist aus dem Zusammenhang gerissen. Im Zusammenhang geht es darum, wie wir miteinander umgehen und wie wir Mitleid mit anderen haben.
Wenn jemand komisch oder aggressiv reagiert, haben wir oft das natürliche Gefühl, ihn stoppen oder dagegenhalten zu müssen. Paulus sagt im Kolosserbrief: Wie wäre es, wenn du erst einmal überlegst, woher das kommt? Vielleicht geht es der Person gerade nicht gut oder sie hat andere Probleme, die sich an dieser Stelle zeigen.
Dann spricht Paulus von der Liebe, die ein Zeichen von Erwachsensein ist. Und er spricht vom Frieden Gottes, der unsere Herzen regieren soll. In diesem Zusammenhang geht es auch um den Frieden miteinander. Der Friede Gottes kann unsere Herzen und unser Denken beschützen.
Kriterien für Entscheidungen im Alltag
Und dann kommt diese Fragestellung, die ich am Anfang bereits angedeutet habe: Nach welchen Kriterien entscheiden wir eigentlich, was wir sagen und was wir nicht sagen, was wir tun und was wir nicht tun?
Ich möchte mit euch nur noch kurz zwei Verse lesen, die übrig geblieben sind, nämlich Vers 8 und 9. Vieles müssen wir verarbeiten: Was ist gut? Wie entscheide ich? Sage ich überhaupt etwas? Wie sage ich es? Wie treffe ich die Entscheidung? Was sind die Kriterien? Wie handle ich, auch in schwierigen Situationen?
Wie verhalte ich mich überhaupt, wenn Entscheidungen anstehen, vor allem bei kleinen Entscheidungen? Paulus nennt einige Kriterien, an denen man sich orientieren kann. Er sagt, es gibt ein „Siebte“, das man prüfen muss, wenn man entscheidet, ob man etwas tut oder nicht tut, ob man etwas sagt oder nicht sagt, ob man eine Aussage macht oder sie weglässt und nur den Rest sagt.
Es sind eigentlich drei Gruppen mit jeweils vier Aussagen, die er in Vers 8 und 9 macht. Ich möchte diese drei Punkte als kleine Kriterien dafür ans Ende stellen, um zu zeigen, was der Wille Gottes ist.
Im Übrigen, Brüder, also oder Geschwister – wie gesagt: „Übrigens“ ist im Neuen Testament keine Aussage, dass jetzt eine Nebensache kommt. „Übrigens, Geschwister“ bedeutet vielmehr...
Erste Gruppe: Wahrhaftigkeit und Reinheit
Erstes Kriterium: Alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht oder richtig, alles, was rein ist, das erweckt und kommt am Ende. Das ist der erste Block von vier Dingen. Es soll wahr sein, würdig, richtig und rein. Diese Begriffe ergänzen sich und lassen sich nicht immer klar voneinander trennen.
Es ist spannend, wenn man über den ersten Begriff nachdenkt. Du bist in einer Diskussion, und wie oft passiert es, dass es im Laufe dieser Diskussion um eine Sache geht – darum, wer Recht hat. Manchmal ist es sachlich, manchmal menschlich. Das eigene Ich spielt sich immer mehr in den Vordergrund. Das ist dann nicht mehr sachlich.
Instinktiv wird das Hauptziel irgendwann, die Diskussion zu gewinnen. An dieser Stelle sollten wir uns fragen: Ist das, was ich als Nächstes sagen will, wirklich noch wahr? Oder ist es nur ein Argument, von dem ich denke, dass es dem anderen nicht auffällt? Ich komme dadurch in der Diskussion vielleicht weiter, aber eigentlich ist es nicht wirklich wahr. Es sieht nur wahr aus.
Mein Vater sagt, wir müssen uns bei den Dingen, die wir sagen, hinterfragen. Ich habe beobachtet, dass ich bei jemandem aus der Gemeinde, mit dem ich schon lange Stress habe, einen Punkt gefunden habe, über den ich mit dem Leitungskreis sprechen will. Aber ist es wirklich wahr, dass wir das tun müssen? Manchmal ja, manchmal nicht. Manchmal ist es nur, weil wir schon lange Probleme mit dieser Person haben. Dann ist es eigentlich nicht wahr.
Wir haben uns selbst gegenüber ein Argument gefunden, aber wenn wir ehrlich sind, wissen wir, dass es nicht wahr ist.
Ist es, was wir tun, würdig? Passt es zu Kindern Gottes? Diese Entscheidung, etwas zu tun oder zu sagen, ist sie würdig? Passt sie? Ist es wirklich richtig? Ist es das Beste, was man tun kann? Ist es moralisch rein, sind meine Motive rein?
Paulus sagt, das ist das erste und grundlegende Kriterium, an dem wir unsere Entscheidungen – was wir tun und sagen oder nicht tun und nicht sagen – prüfen müssen.
Zweite Gruppe: Wirkung auf die Umgebung
Das zweite Kriterium lautet: „Alles, was lieblich ist.“ In meiner Übersetzung steht das so, aber ich bin mir nicht sicher, ob diese Formulierung an dieser Stelle wirklich passend ist. Man könnte es auch so übersetzen: „Alles, was wohllautet, alles, was eine Tugend ist, alles, was Lob verdient, das erwägt.“
Dieses Kriterium ist nicht absolut, aber es kann eine hilfreiche Orientierung sein. Es geht darum, wie das, was du tust und sagst, in deiner Umgebung ankommt. Wird es dort positiv aufgenommen?
Ich weiß, die Gesellschaft ist inzwischen oft schräg, und manche Dinge gelten als sehr positiv, obwohl wir sie nicht so sehen. Trotzdem ist es in vielen Fällen ein gutes Kriterium, sich zu fragen: Wenn ich jemandem unterstütze, der am Arbeitsplatz in meiner Nähe oder in meiner Abteilung Schwierigkeiten hat, seinen Job zu behalten, wie wird das in meiner Umgebung wahrgenommen? In den meisten Fällen wird eine solche Unterstützung gut ankommen. Sozial denken viele Menschen immer noch so.
Wenn ich hingegen jemanden mobbe und ständig über ihn lästere – selbst wenn es viele andere tun –, wird das oft nicht gut ankommen, wenn ich es tue. Paulus fragt: Hast du jemanden, auf dessen Urteil du dich verlassen kannst? Oder hast du ein Gespür dafür, wie deine Umgebung auf bestimmte Entscheidungen reagieren würde, wenn sie diese durchschauen würde? Ob die Reaktion positiv oder negativ ausfällt?
Wie gesagt, das ist nicht das erste Kriterium, das eher objektiv ist. Das zweite Kriterium ist mehr subjektiv. Manchmal ist es leichter zu erfassen, manchmal ist es schwer zu sagen, ob wir uns selbst wirklich durchschauen. Aber die Frage „Wie würde meine Umgebung reagieren?“ kann ein gutes Kriterium sein.
Dann sagt Paulus in Vers 9: „Was ihr gelernt und empfangen und gehört und an mir gesehen habt, das tut.“ (Philipper 4,8-9)
Dritte Gruppe: Orientierung an Vorbildern
Wir können doch nicht jede Entscheidung jeden Tag von Grund auf neu durchdenken. Überleg mal: Du arbeitest als Versicherungsmathematiker und musst komplizierte Rechnungen machen, um zu prüfen, ob sich ein bestimmter Versicherungsvertrag statistisch gesehen für die Versicherung rechnet oder nicht.
Stell dir vor, du beginnst jeden Morgen deine Arbeit damit, zu überlegen, ob drei plus drei wirklich sechs ist, ob drei mal drei tatsächlich neun ergibt und ob drei hoch drei wirklich siebenundzwanzig ist. Du würdest niemals dazu kommen, deine eigentliche Arbeit zu tun, weil du jeden Tag deine Grundlagen erst wieder absichern müsstest.
Viele Dinge müssen wir einfach fest verankern, sodass wir sicher sein können, dass wir eine prinzipielle Entscheidung getroffen haben, wie wir uns verhalten wollen – und dabei bleiben wir. Das habe ich von meinen Vorbildern gelernt. Warum sollte ich das jeden Tag wieder in Frage stellen? Warum sollte ich diese Entscheidung jeden Tag neu treffen? Natürlich müssen wir das ab und zu tun.
Paulus sagt: Ihr habt eine gute Grundlage, ihr habt Dinge gelernt, ihr habt Gewohnheiten über Jahre eingeübt und habt von euren Vorbildern gelernt. Tut das doch einfach! Orientiert euch daran!
Das sind die drei Punkte, nach denen ihr Entscheidungen treffen sollt: Erstens, ist es prinzipiell richtig, wahr, würdig für Christen, moralisch rein? Zweitens, wie kommt es in unserer Umgebung an? Natürlich nicht bei Extremthemen oder schrägen Trends, aber wie wird es normalerweise wahrgenommen? Überlege dir das.
Stell dir vor, die Ungläubigen würden mitbekommen, wie du mit deinen Schwestern in der Gemeinde umgehst. Fänden sie das gut? Wärst du ein Licht in dieser schrägen Umgebung oder eher das Gegenteil?
Drittens, ihr habt so gute Vorbilder und Gewohnheiten – bleibt bei dem Guten! Wenn ihr nach diesen Kriterien handelt, wird der Gott des Friedens mit euch sein.
Erinnert ihr euch, wie der vorherige Abschnitt endete? „Der Friede Gottes wird eure Herzen und euer Denken bewahren.“ Hier geht Paulus einen Schritt weiter und sagt: Wenn ihr nach diesen Kriterien entscheidet, wird nicht nur der Friede Gottes, sondern der Gott des Friedens mit euch sein.
Dann kann Gott sich voll hinter euch stellen, euch helfen, diese Entscheidungen durchzuziehen und dafür sorgen, dass sie zu einem positiven Ende führen.
Ich glaube, diesen Ansatz kann man aus dem Philipperbrief herausnehmen und auf viele Situationen übertragen. Auch auf das Hauptthema, das wir im Philipperbrief gesehen haben: die Schwierigkeiten miteinander, die Kämpfe mit unserem Stolz, unserem eigenen Image und unseren eigenen Interessen.
Aus diesen sechs Versen können wir so viel lernen, wie wir damit umgehen – persönlich und auch als Gemeinschaft.
Nun gibt es zwei Fragen:
Erstens, was tue ich mit all den Sorgen und Frustrationen, die ich verarbeiten muss? Ich muss kämpfen, um die richtige Perspektive zu finden, mich im Herrn zu freuen und zu sehen, was ich alles unverdienterweise geschenkt bekomme. Ich muss die Möglichkeit des intensiven Gebets mit dem Herrn wirklich nutzen. Dann kann der Friede Gottes mein Herz und mein Denken auf vielfältige Weise beschützen.
Zweitens, wie entscheide ich, was ich tue, was ich lasse, was ich sage und wo ich schweige?
Es gibt Kriterien und gute Vorbilder. Wenn wir danach entscheiden, wird der Gott des Friedens auf unserer Seite sein – der Feldherr selbst.
Dann können wir erleben, was Esra in ihrem Buch immer wieder gesagt hat, wenn sie die beiden Bücher durchliest: Warum ist es gelungen? Weil die gute Hand meines Gottes mit mir war. Paulus sagt: Wenn ihr so lebt, wenn ihr so denkt und so entscheidet, werdet ihr erleben, dass die gute Hand eures Gottes mit euch ist.
So, das war der Philipperbrief. Man könnte sicherlich noch viel mehr dazu sagen, aber das ist das, was auf dieser Freizeit dazu gesagt wird.