Einführung in den Streit um das Evangelium
Jetzt folgt der Galaterbrief Kapitel zwei. Paulus führt einen Streit, denn es geht ihm um die Reinheit des Evangeliums. Schon in der Urchristenheit gab es viele Auseinandersetzungen über das Evangelium.
Wir kommen nicht darum herum, uns an dieser Stelle immer wieder damit zu beschäftigen, was die Mitte des Evangeliums ist und was von Menschen außen hinzugefügt wurde. Menschen fügen oft viel Drumherum hinzu. Dieses wollen wir immer wieder abstreifen und zur Mitte des Evangeliums vordringen.
Paulus’ Begegnung mit Christus und die Missionsreise nach Jerusalem
Zuerst kommt ein Abschnitt, in dem Paulus erzählt, wie er gehandelt hat, als er die Begegnung mit dem auferstandenen Christus hatte. Von Paulus kennen wir meist nur einzelne Abschnitte, vor allem aus seinen Briefen. Hier steigen wir nun mitten in eine solche Erzählung ein.
Danach schreibt Paulus: „Vierzehn Jahre später zog ich abermals hinauf nach Jerusalem mit Barnabas und nahm auch Titus mit mir.“ Man sieht hier die langen Zeitabstände. Vermutlich verbrachte Paulus diese 14 Jahre damit, zu predigen und zu missionieren. Danach kehrte er auf seiner Missionsreise nach Jerusalem zurück, um dort Dinge zu klären.
Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Besuch um das sogenannte Apostelkonzil. Dieses Ereignis wird auch in Apostelgeschichte 15 beschrieben. Wenn man die beiden Berichte vergleicht, erkennt man, dass jeweils unterschiedliche Aspekte betont werden. Paulus zeigt hier, wie auf dem Apostelkonzil die Gegensätze viel schärfer aufeinanderprallten, als es in der Apostelgeschichte dargestellt wird. Es muss eine ziemlich harte Auseinandersetzung gewesen sein.
Viele Menschen sind so friedlich, dass sie es stört, wenn sie merken, dass irgendwo gestritten wird. Wenn der Streit nur aus menschlichen Schwächen wie Eifersucht oder Wehleidigkeit entsteht, ist das natürlich tragisch. Doch wenn es um das geht, was Jesus Christus wirklich für uns bedeutet und worum wir selig werden, dann ist der Streit etwas anderes.
Wir sehen das auch in der Reformationszeit. Es ist wertvoll, an dieser Stelle keine Verdrehung oder Verbiegung der Wahrheit zuzulassen. In solchen Fragen kann man nicht schweigen.
Die Offenbarung und die Rolle des Titus bei der Apostelversammlung
Ich zog aber hinauf aufgrund einer Offenbarung und besprach mich mit ihnen über das Evangelium, das ich unter den Heiden predige, besonders aber mit denen, die Ansehen hatten. So wollte ich nicht etwa vergeblich oder vergebens gelaufen sein.
Selbst Titus, der bei mir war – ein Grieche – wurde nicht gezwungen, sich beschneiden zu lassen. Es geht hier nicht um die Nation der Griechen, sondern um den Hellenisten, also um den kulturellen Griechen. Das ist jemand, der in der Bildung des Heidentums aufgewachsen war und nicht beschnitten war.
Für Paulus war das sehr wichtig. Er sagt, dass er Titus extra zu dieser Apostelversammlung mitgenommen hat. Und keiner hat damals gesagt, dass Titus sich erst beschneiden lassen müsse, um rechtgläubig zu sein.
In der Christenheit gibt es viele Vorbedingungen, die von Menschen gesetzt werden. Für diejenigen, die in den letzten beiden Malen nicht dabei waren, sei es nochmals zur Erinnerung und zum Hinweis gesagt: Es war das Gesetz Gottes, dass jeder Junge beschnitten werden soll. Dabei geht es um das jüdische Reinheits- und Zeremoniengesetz.
Warum ist das außer Kraft gesetzt? Das hat sie ja auch schon beschäftigt. Es steht doch so klar in den Büchern Mose. Es ist außer Kraft gesetzt, weil Jesus es außer Kraft gesetzt hat. Dort, wo er selbst die Reinigung, Heiligung und Erneuerung eines Lebens bewirkt – durch seinen Opfertod am Kreuz.
Jesus hat gegen die Praktiken der Pharisäer protestiert, die nur ihre Töpfe äußerlich reinhalten. Er sagt, damit sei es nicht getan. Die Erneuerung muss von innen kommen.
Paulus hat das konsequent umgesetzt. Er sagte, er müsse die aus dem Hellenismus kommenden Heiden nicht erst zu Juden machen, um ihnen dann Christus zu bringen. Stattdessen kann er ihnen Christus allein bringen, und durch ihn werden sie gerecht.
Die Haltung der Judenchristen und die Bedeutung des Gesetzes
Es gab damals eine große Gruppe der Judenchristen, die immer noch nach dem jüdischen Gesetz lebten. Übrigens leben die Judenchristen in Israel auch heute noch in gewissem Maße nach dem mosaischen Gesetz. Sie halten zum Beispiel den Sabbat und nicht den Sonntag. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, denn sie stammen ja aus dem Judentum. Jakobus hat ebenfalls so gelebt.
Paulus hingegen ging es darum, dass die Heiden – also wir, die aus den Völkern kommen – nicht erst das jüdische Gesetz brauchen. In Galatien waren das ja alles keine Juden, und sie stürzten sich auf dieses Gesetz.
Ein Beispiel für diese Problematik ist eine interessante Frage, die wir auch immer wieder im Umgang mit den Adventisten besprechen. Sie kennen die Gruppe der Adventisten, die sagt: Erst wenn die Christen wieder den Sabbat halten, ist es richtig. Ich habe oft erlebt, dass ich Briefe von lieben, frommen Christen bekomme, die sagen, die Christen sollten doch endlich aufhören, Schweinefleisch zu essen. Das sei doch im Mosebuch so klar verfügt.
Das ist immer ein bisschen unappetitlich, weil sie mir dann erzählen, was ein Schwein alles frisst, und da bekommt man wirklich Grausen davor. Darüber kann man gern reden – über die hygienischen Aspekte und über die Frage, ob Schweinefleisch überhaupt sauberes Fleisch ist. Sicher alles in Ehren, auch ob es gesund ist. Aber sie begründen es dann so, dass ein Christ das nicht essen darf. Wenn er wirklich heilig sein will, müsse er sich auch von diesen Dingen enthalten.
An dieser Stelle hat Paulus nun gestritten. Um genau diese Frage geht es. Er sagt, dass Titus sich nicht beschneiden lassen musste. Wir haben von Titus sehr viel Kenntnis, weil Paulus ihm einen Brief geschrieben hat – den Titusbrief. Außerdem gibt es Erwähnungen über Titus im 1. Korintherbrief. Er wurde nicht gezwungen, sich beschneiden zu lassen.
Die Gefahr der falschen Brüder und der Schutz der Freiheit in Christus
Sie wussten, dass bei der Verhaftung des Paulus in Jerusalem die größte Gefahr für ihn darin bestand, dass die Juden ihm plötzlich vorwarfen, einen Unbeschnittenen in den Tempel gebracht zu haben. Das war streng verboten. Ein Nichtjude durfte den Tempel nicht betreten, da man befürchtete, der Tempel könnte dadurch entweiht werden.
Es war stets die Sorge der Juden, dass das jüdische Gesetz durch die Gruppe der Christen gebrochen werden könnte. Einige falsche Brüder hatten sich eingeschlichen, um die Freiheit, die wir in Christus Jesus haben, auszuspionieren und uns zu unterwerfen.
Hier sieht man, wie entschieden Paulus spricht. Er sagt, dass diese Leute ein ganz hinterhältiges Spiel mit ihnen gespielt haben. Sie waren keine Brüder. In der urchristlichen Gemeinde taten sie nur so, als gehörten sie dazu. Sie wollten herausfinden, ob wir vielleicht nicht wirklich gehorsam gegenüber Christus leben, obwohl wir doch ganz in seinem Gesetz leben – nicht im jüdischen Zeremoniengesetz, sondern im Gehorsam gegenüber Christus, in der neuen Geburt, die uns Christus schenkt.
Diesen falschen Brüdern wichen wir nicht eine Stunde aus und unterwarfen uns ihnen nicht, damit die Wahrheit des Evangeliums bei euch bestehen blieb. Paulus hätte sagen können: „Ich gebe ein Stück weit nach und schweige um der schwachen Brüder willen.“ Oder: „Jetzt machen wir es einmal um ihrer Willen nach dem jüdischen Zeremoniengesetz.“
Das jüdische Gesetz war ihm vertraut, denn er war selbst ein Pharisäer. Doch er sagte an dieser Stelle klar: Nein, ich breche mit dem jüdischen Gesetz, um die Freiheit in Christus zu leben.
Die Bedeutung der Reformation und die Autorität der Apostel
Sie werden an dieser ganzen Stelle immer wieder an den Kampf der Reformation erinnert. Wenn Sie dann fragen, warum Luther das eigentlich so scharf, manchmal sogar grob formuliert hat – bei Luther ist das ja oft anstößig, in seiner Wortwahl –, warum er das immer wieder so betont hat, dann liegt das daran, dass er sagte: Nicht der Papst, nicht die Menschenherrschaft und nicht der Priester, sondern Christus allein und der Gläubige, der ihm vertraut, hat den Geist Gottes. Dieser Gläubige kann in Glaubensdingen sprechen, weil Luther wollte, dass nichts dazwischen geschoben wird.
Das ist nicht nur eine Frage, die damals in der Urchristenheit oder in der Reformationszeit eine Rolle spielte, sondern sie hat auch heute dieselbe Sprengkraft. Was ist das Evangelium? Und wo wird heute etwas von Menschen eingeschoben?
Von denen, die Ansehen hatten – das waren also die Gemeindeleiter oder die Lehrer, die für die Urgemeinde zuständig waren –, sagt Paulus: Daran liegt mir nichts, denn Gott achtet das Ansehen der Menschen nicht. Auch hier betont er, dass es nicht um Titel oder Rang geht. „Mir haben die, die Ansehen hatten, nichts weiter auferlegt.“ Er nennt keine Namen. Vermutlich war der Streit, der sich in Jerusalem zugetragen hat, ein handfester Streit. Vor allem spielte er sich ab, nachdem Paulus wieder abgereist war.
Da sagten die alle: „Ja, Paulus hat ja Kompromisse gemacht und so.“ Auch in diesen Fragen wird heute in Christengemeinden viel Unwahres gesprochen. Wenn es um Lehrfragen geht, wird man immer stutzig, warum der Teufel es so fertigbringt, zu verwirren. Es müsste doch so klar sein, wie wir hier sprechen.
Die Anerkennung des Evangeliums durch die Apostel und die Sammlung für die Armen
Im Gegenteil: Sie sahen, dass mir das Evangelium anvertraut war, die Heiden zu erreichen, während Petrus das Evangelium an die Juden predigte. Petrus war zum Apostelamt für die Juden wirksam, also für Christus. Christus ist auch in mir wirksam gewesen, und zwar an den Heiden.
Da sie die Gnade erkannten, die mir gegeben war, gaben Jakobus, der Herrbruder, Kephas, das ist Petrus, und Johannes, die als Säulen angesehen werden, mir und Barnabas die rechte Hand. Sie wurden mit uns eins, damit wir unter den Heiden predigen, sie aber unter den Juden.
Das Evangelium wurde ausdrücklich von den Aposteln anerkannt und bestätigt, die damals die Leitung in der Apostellehre hatten. Bis heute ist es ein häufiger Trick, wenn man etwa von Trevermann und ähnlichen Leuten hört, dass sie immer wieder sagen, Paulus habe das Evangelium anders dargestellt. Sie behaupten, das urchristliche Jesus-Evangelium sei anders gewesen, und das, was Petrus gepredigt habe, ebenfalls.
Das ist ein alter Theologenwitz, denn das stimmt nicht. Paulus legte großen Wert darauf, dass es nicht sein eigenes Evangelium sei, das er predige. Es wurde offiziell auch von Jakobus und Petrus anerkannt. Obwohl sie für die Juden predigten und das Gesetz nicht in der Weise außer Kraft setzten, ist es völlig klar, dass der Heilsweg durch Paulus vollgültig verkündigt wird.
Nur bat Paulus darum, dass wir an die Armen denken, was ich mich auch eifrig bemüht habe zu tun. Warum war die Jerusalemer Gemeinde denn so arm? Einerseits waren die Christen, die dort zum Glauben gekommen waren, aus der jüdischen Synagoge ausgestoßen worden und hatten keine Versorgung mehr.
Es gibt aber auch noch einen anderen Grund: Das Experiment mit dem Sozialismus war gescheitert. Sie verkauften alles. Für manche, die wieder sagen, ein Christ müsse doch alles verkaufen, zeigt sich hier, dass es auch in der Urgemeinde nicht funktioniert hat. Sie hatten ihr Hab und Gut veräußert, und nach kurzer Zeit war nichts mehr da.
Ich muss eben haushälterisch mit meinen Gaben umgehen. So kann ich nur kurze Zeit leben. Darum war es nötig, dass man eine Sammlung machte – überall in den Missionsgemeinden – für die Gemeinde in Jerusalem.
Auch die Almosenpfleger, die Diakone, die hier umgingen, hatten die große Sozialnot in Jerusalem gesehen. Es gab viele Gründe, dieses Problem zu erkennen. Wenn also die Sammlung für Jerusalem eine so wichtige Rolle spielt, dann darf man auch immer wieder an diese Dinge erinnern.
Nach der Apostelgeschichte gab es noch vier Punkte, die ihnen auch zugestanden wurden, nicht bloß die Sammlung für die Armen. Paulus erwähnt sie hier nicht ausdrücklich, aber sie wollten keinen Blutverzehr, also nur geschächtetes Fleisch, sie wollten sich von Hurerei enthalten. Diese vier Punkte werden in der Apostelgeschichte genannt und waren Teil der Vereinbarung bei den Aposteln.
Der Konflikt zwischen Paulus und Petrus in Antiochia
Ja, Horst? Ja, das ist gerade das Geschächtete, das nicht geschächtet ist – das Fleisch. Vor allem für uns heute ist das gar nicht mehr denkbar, weil wir die Schächtungsart schon wegen der Tierschützer gar nicht riskieren können.
Frau Rieger, da sind Sie hellwach, blütete Dacke, heute Abend, nachher anschließend. So, jetzt machen wir weiter. Das müssen Sie mit den Juden ausmachen, ich schächte nicht.
Als aber Kephas nach Antiochia kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn es gab Grund zur Klage gegen ihn.
Wir haben zwei Antiochien auf der Landkarte von Kleinasien. Das Antiochien, um das es hier ging, liegt am Orontesfluss. Es liegt also heute nördlich vom Libanon in Syrien und war die drittgrößte Stadt des Altertums. Hier war die erste große Christengemeinde im Ausland.
Die Flüchtlinge von Jerusalem, wie in Apostelgeschichte 13 erzählt, sind als Flüchtlinge nach Antiochia am Orontes gekommen. Dort hat sich eine Christengemeinde gebildet. Zum ersten Mal wurde dort der Spitzname gebraucht für diese komischen Judenleute: Christen, Christusleute. Denn sie sprachen dauernd von Christus, wie jemand, der dauernd von Yoga spricht, dann nennt man ihn Yogi oder so. Versteht ihr? Das war der Witz damals, so bekam man den Namen Christen angehängt.
Es gibt noch ein anderes Antiochien in der Türkei. Ich werde in der Apostelgeschichte später noch einmal darauf eingehen, aber hier geht es um dieses Antiochien. Dort war Paulus zuerst wirksam, dort war auch Barnabas tätig. Von dort wurde Paulus zum Missionsdienst ausgesandt.
Dort hat sich Paulus noch einmal mit Petrus getroffen. Er sagte, dass unter der Hand einige Dinge aufgekommen waren. Es wurde dauernd gemauschelt. Paulus sagte, er habe Petrus noch einmal ins Gesicht gesagt, was Sache ist. Paulus und Petrus haben sich also mal richtig gestritten wegen dieser Frage.
Denn bevor einige von Jakobus kamen, aß Petrus mit den Heiden. Als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonnte sich ab, weil er die aus dem Judentum fürchtete. Petrus hat also geheuchelt, mal so, mal so. Jeder hat seine Schwäche, auch die Apostel.
Und mit ihm heuchelten – das ist ein hartes Wort – auch die anderen Juden, so dass sogar Barnabas verführt wurde, mit ihnen zu heucheln. Barnabas war ein ganz besonderer Seelsorger, der sich sehr auf andere einstellen konnte.
Als ich aber sah, dass sie nicht richtig handelten nach der Wahrheit des Evangeliums, sprach ich zu Kephas öffentlich vor allen. Das ist auch interessant, wie die Bibel den Primat des Papstes entzaubert. Er ist im Neuen Testament nicht der unfehlbare Lehrer. Auch er braucht die Korrektur der Brüder.
Wenn du, der ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, warum zwingst du dann die Heiden, jüdisch zu leben?
Die Rechtfertigung durch den Glauben an Christus
Wir sind von Geburt Juden und nicht Sünder aus den Heiden. Doch wir wissen, dass der Mensch sich nicht durch die Werke des Gesetzes, also durch das Befolgen der jüdischen Zeremonialgesetze, heilig machen kann.
Allein durch den Glauben an Christus Jesus sind auch wir zum Glauben an ihn gekommen. So werden wir gerecht durch den Glauben an Christus und nicht durch das Tun des Gesetzes, das Befolgen des Gesetzes oder durch die Werke des Gesetzes. Denn durch die Werke des Gesetzes wird kein Mensch gerecht. Auf dieser Grundlage wird jeder nur ein Übertreter.
Das hat der Herr Paulus ausführlich im Römerbrief behandelt. Sollten wir aber, die wir durch Christus gerecht werden wollen und allein durch die Vergebung des Blutes Jesu rein werden, selbst als Sünder befunden werden, ist dann Christus ein Diener der Sünder? Das sei ferne!
Wir werden doch immer wieder am Gesetz straucheln. Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wieder aufbaue, mache ich mich selbst zu einem Übertreter. Ich bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt.
Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Was ich jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich hingegeben hat. Ich werfe die Gnade Gottes nicht weg.
Denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, dann ist Christus vergeblich gestorben. Dann braucht man ihn nicht. Dann hätte Jesus gar nicht dieses Opfer bringen müssen. Dann könnte ich mein Leben nur durch den Rabbi ordnen, ich müsste nur das Gesetz befolgen.
Paulus sagt, dass alle, die gestrauchelt sind und gescheitert sind, nur durch Jesus gerecht werden können.
Das Herz von Paulus: Christus lebt in mir
So, jetzt war es ein ganzes Stück zum Verlesen. Nun gehen wir gleich mal mitten hinein. Lassen Sie mich von hinten ansetzen.
Jedes Mal im Galaterbrief müssen Sie den Punkt finden, an dem das Herz von Paulus schlägt. Und das Herz schlägt ganz am Ende. Sie haben sich gestritten, sie haben sich zusammengefunden, und sie können daran Anstoß nehmen. Warum das alles? Weil Paulus jubelt und sagt: Es gibt einen Punkt, der mein Leben ausmacht. Das ist seine Entdeckung, und um diesen Punkt geht es ihm immer.
Paulus hat das Evangelium auf einen Knackpunkt zugespitzt: Christus lebt, Christus lebt in mir. Es ist ihm ganz egal, wenn es heißt, der Geist Gottes wohnt in mir – für ihn ist das genau dasselbe. Das ist heute ein unnötiger Streit unter Charismatikern. „Christus lebt in mir“ heißt, er wohnt mit seinem Geist in mir. Sie können es formulieren, wie Sie wollen – lehrmäßig gibt es keinen Unterschied.
Jesus hat in seinen Abschiedsreden prophezeit, dass er in uns ist. Sein Geist regiert mich: Liebe, Freude, Friede, Geduld prägen mein Leben und mein Tun, weil Christus Herr meines Lebens ist. Sie kennen doch die schönen geistlichen Grundgesetze, bei denen das Ich entthront ist und Christus die Herrschaft in meinem Leben hat.
Um diesen Punkt geht es Paulus. Wenn er im ersten Kapitel vom Evangelium spricht, meint er genau das: Das Evangelium von Jesus ist ihm offenbart. Und was ist das Evangelium? Es ist die Siegesbotschaft, dass Christus in das Leben eines gestrandeten, schuldigen, sündigen Menschen einzieht. Dieser Mensch erhält neue Kraft allein durch Vergebung und hört die Zusage: Du bist mein Kind. Ich bin bei dir. Niemand kann dich aus meiner Hand reißen.
Das kann man nur im Glauben annehmen. Jetzt ist es schon schlimm, dass Christen um dieses herrliche Evangelium alles andere herum machen. Ich weiß, wie oft es heißt: „Ja, so einfach ist das nicht.“ Und dann fragt man: „Wie kann man das auch leben? Wie macht man das?“ So sind Sie zum Glauben gekommen. Ich bitte Sie, dass Sie ein Leben lang die kindliche Einfachheit bewahren und nur das Evangelium so simpel predigen.
Darum streitet Paulus. Jetzt verstehen Sie es auch. Er sagt nicht: „Und wenn du in die Kirche gehst, und wenn du das machst, und wenn du stille Zeit hältst, und wenn du die christlichen Lebensregeln befolgst.“ Was ist denn überhaupt mit dem Tun? Er muss doch irgendwo über die Lebensregeln der Christen sprechen.
Nein, wo Christus Herr in unserem Leben ist, da wird Jesus uns auch lehren, wie die Lebensregeln aussehen müssen. Und das prägt unser Tun. Wenn ein Mensch zum Glauben kommt, sich bekehrt hat und Jesus liebt, dann kommt das andere aus ihm. Dann ist er wie ein Brunnen, das Wasser fließt, und dann wächst das andere.
Sie können es jetzt an vielen anderen Bibelstellen genauso sagen. Johannes 15: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht. Ohne mich könnt ihr nichts tun.“
Die Bedeutung von Christus allein und die Freiheit in der Gemeinde
Der erste Punkt muss klar sein: Luther hat an diesen Stellen immer Christus allein betont. Es war nicht so, dass in der vorreformatorischen Kirche Christus nicht verkündigt wurde. Vielmehr wurde gesagt, dass du das Heil erst hast, wenn du die nötigen Wallfahrten gemacht hast, der Kirche vertraust, dem Priester glaubst und so weiter.
Luther nannte den Galaterbrief seine „Katharina von Bora“, sein liebstes Schätzchen. Er sagte: „Nimm ihn doch immer wieder zur Hand!“ Der Galaterbrief behandelt genau das Thema: Es geht um das Evangelium, um Jesus allein. Wenn Sie das Evangelium hören, dann heißt es bei Paulus immer Jesus. Es soll nicht zum Pietismus werden, sondern wir müssen immer wieder zum Punkt kommen und sagen: Um Jesus geht es vor allem anderen.
Es gibt viele Dinge, die daraus folgen und die aus der Freiheit des Glaubens gestaltet werden können. Paulus hat zugestanden, dass die Juden gerne noch ihre ganzen Reinheitsvorschriften einhalten wollten. In der Bibel gibt es kein Wort, dass die jüdischen Kinder, auch die Christen, nicht beschnitten werden sollen. Das war ihm völlig egal. Macht es, wie ihr wollt, aber legt keine Fessel darauf!
Ich möchte Sie auch immer wieder bitten, die ganze Not, die oft mit Gebräuchen wie Haarschnitt und Rocklänge verbunden ist, zu bedenken. Unter allem kann man sich etwas Unanständiges vorstellen. Es gibt auch eine Gesetzlichkeit, die so schlimm ist, dass viele Menschen von Jesus abgestoßen wurden, nur wegen dieser katastrophalen Enge. Ich weiß, dass manche in ihrer Kindheit nicht lachen durften, weil irgendwo jemand behauptete, er sei heiliger und gottwohlgefälliger.
Leben Sie doch in der ganzen Originalität die Freude mit Jesus! Ich möchte auch immer wieder sagen: Das sieht im Leben eines jungen Menschen total anders aus als vielleicht in Ihrem Leben. Haben Sie die Freiheit und die Freude dafür, sofern es nicht offenkundig mit den Geboten Gottes in Konflikt steht oder sie bricht. Es gibt ganz klare Gebote Gottes: So ist Ehebruch verboten, ebenso falsches Zeugnis und die Nächstenliebe ist der letzte Test.
Wenn das nicht stimmt, dann wissen Sie, dass Sie eine falsche Auffassung von Christus haben. Deshalb ist es klar: Es gibt keine Sünde, die Jesus damit einführt. Es ist immer wieder gut, dass man sich nicht in irgendetwas hineinflüchtet. Sie verstehen? Hier ist die Mitte, die Mitte des Evangeliums.
Zwei Wege und die Freiheit im Glauben
Und nun sagt Paulus: Es gibt zwei Wege, die sich gegenseitig ausschließen. Ich kann nicht sagen: Christus ja, aber gleichzeitig den Menschen bestimmte Vorschriften aufzwingen. Das Problem ist oft, dass wir Menschen erst etwas auferlegen, was sie alles noch tun müssen.
Die Menschen werden entdecken, dass sie allein durch das Erzählen von Jesus ganz einfach an ihn glauben können. Sie verstehen sehr schnell, worum es geht – oft besser als viele, die jahrelang in Traditionen aufwachsen. Das Problem liegt tatsächlich bei den konfessionellen Traditionen.
Wir haben uns nie am ganzen ökumenischen Firlefanz beteiligt, zum Leidwesen auch unserer katholischen Nachbargemeinden. Denn ich bin der Meinung: Wo Menschen an Jesus glauben, sprechen sie nicht mehr über Kirchen.
Ich freue mich, dass wir hier Leute aus verschiedenen Gruppierungen haben – bis hin zu ganz strengen Taufgemeinden und anderen, die sich in unserer Gemeinde wohlfühlen. Sie spüren, dass es uns nicht um Kirchenmauern und Traditionen geht, sondern um Jesus allein, der im Mittelpunkt unseres Lebens steht.
Deshalb dürfen wir auch unterschiedliche Auffassungen etwa zur Taufe haben. Wir geben uns da Freiheit. Auch beim Abendmahl können wir verschiedene Meinungen vertreten. Doch in Christus sind wir eins.
In der Schrift sind diese Dinge nicht so klar geregelt, dass wir nur eine einzige Position einnehmen könnten. Aber worum es wirklich geht, ist, dass ein Mensch allein durch das Opfer Jesu mit Gott in Ordnung kommt – nichts anderes.
Wenn das so ist, dann erhält ein Mensch das neue Leben von Gott allein durch den Glauben.
Das zeigt sich auch immer wieder in der Seelsorge. Wenn man mit Okkultbelasteten oder Menschen mit schweren Veranlagungen zu tun hat, gilt: Durch den Glauben an Jesus werden Menschen gerecht.
Ich bin überzeugt, dass das geschieht. Jesus kann auch von Sucht heilen, auch wenn der Weg schwer ist. Er kann Menschen von seelischen Verletzungen und Verbiegungen befreien – durch den Glauben an ihn.
Paulus’ Flexibilität und die Herausforderung für Judenchristen
Paulus konnte den Juden gegenüber so sein, als wäre er selbst Jude. Das beschreibt er auch im 1. Korinther 9, wo wir am Sonntag den Text hatten. Dort sagt er: „Ich bin den Juden geworden wie ein Jude.“ Er konnte mit den Juden leben und jüdische Gebräuche ausüben. Doch er hat sich nie dem Anspruch gebeugt. Er sagte, das könne er aus Liebe tun, aber nicht aus Überzeugung.
Anders war es bei Petrus. Im entscheidenden Moment, als jemand ihn kritisch ansah und fragte, ob er denn kein richtiger Jude mehr sei, hatte er nicht den Mut zu sagen, dass das Gesetz ihn nicht zum Heil bringt.
Heute haben wir oft Schwierigkeiten im Umgang mit unseren jüdischen Mitbürgern und wollen sie nicht verletzen. Doch an dieser Stelle ist es tatsächlich so, dass unsere jüdischen Mitbürger sehr wachsam sind. Sie erkennen, dass das Evangelium von Jesus ihr Judentum zerstört.
Deshalb ist der Judenchrist heute der verlassenste Mensch auf der Welt. Seine eigenen Volksgenossen erkennen ihn nicht mehr als Juden an. Ein Jude verliert in dem Moment, in dem er Christ wird, sogar seinen Eintrag als Jude im Pass. Selbst wenn er einen reinrassigen Stammbaum hat, kann er nur noch Israeli sein.
Für Christen ist das das Allerschwerste, was sie treffen kann. Denn Jesus hat das Judentum an der entscheidenden Stelle aufgebaut. Das Judentum beruht auf der Lehre, dass man durch das Befolgen des Gesetzes zu Gott gelangen kann.
Heute sind die jüdischen Rabbinerschulen überfüllt. Allein an der theologischen Schule in Israel gibt es 270 junge Leute. Das ist beeindruckend. Diese jungen Menschen müssen nicht zum Militär, was für sie eine große Erleichterung ist. Sie machen oft keinen anderen Beruf, sind völlig freigestellt und versuchen, das jüdische Gesetz für unsere Zeit zu bewahren.
Die Fluggesellschaft El Al macht oft Defizite, weil sie am Sabbat nicht fliegen darf. In Tel Aviv gibt es heute, glaube ich, höchstens noch vier Kinos, die am Sabbat geöffnet haben. Das Gesetz breitet sich in Israel bis in die letzte Tiefe aus.
Es ist erstaunlich, wie wenig Autoverkehr am Sabbat zu beobachten ist und wie sehr die religiöse Rückbesinnung in Israel groß ist. Doch wir müssen sagen: Diese Rückbesinnung führt nicht zum Frieden Gottes.
Als Deutsche können wir Juden nicht missionieren, aber die Judenchristen können es. Sie stehen genau an dieser Stelle, weil deutlich wird, dass das jüdische Gesetz ein entscheidender Wendepunkt ist.
Freiheit in der Frömmigkeit und die Vielfalt der Glaubenspraxis
Nun wollen wir uns heute Abend nicht über das Judentum unterhalten, sondern über das, was immer wieder zusätzlich genannt wird als eine Bedingung, die nötig sei, um das Heil zu erlangen.
Dann verstehen Sie, warum wir auch heute noch sagen: Es ist jedem frei, ob er beim Beten die Hände erhebt, kniet, dauernd Halleluja ruft oder in Zungen redet beziehungsweise Zungensprachengesang macht.
Schwierig wird es nur, wenn jemand anderen diese Praxis als Bedingung auferlegt, die sie brauchen, um richtig zum Heil zu gelangen. Wenn das eine Stufe ist, die man braucht, um selig zu werden, dann wird es kompliziert.
Es hat in der Gestaltung und der Frömmigkeit alle möglichen Formen gegeben. Ich habe in meinem Leben noch nie orthodoxe Christen in der Sowjetunion oder in Rumänien verachtet, nur weil sie diese Zeremonien praktizieren.
Man muss es einmal in einer orthodoxen Kirche erleben, wie die Leute stundenlang stehen und miterleben, wie der Priester hinter seiner Ikonenwand verschwindet, und wie tief ihre Jesusliebe ist.
Wir haben nur Sorge, wenn andere Dinge sich mit einschleichen. Wenn die Leute Bilder küssen, möchte ich fragen: Liebt ihr Jesus wirklich oder habt ihr nur die Bilder lieb? Ist das für euch nur ein magischer Glaube? Verhindert das letztlich euren Zugang zu Jesus?
Um Jesus geht es uns immer, ihn wollen wir leidenschaftlich in die Mitte stellen: „Ich lebe nun, doch Christus lebt in mir.“
Um diese Frage hat Paulus mit ihnen gestritten.
Die Geschichte vom verlorenen Sohn als Bild für das Evangelium
Ich versuche es noch einmal. Heute Abend möchte ich keine lange Einzelauslegung machen. Ich möchte es an der Geschichte vom verlorenen Sohn deutlich machen.
Jesus hat diese wunderschöne Geschichte erzählt, wie der junge Mann von seinem Vater davonläuft und sein Erbgut verprasst. Das ist eine Geschichte, die wir alle kennen und die uns geprägt hat. Sie fasziniert uns, wie der junge Mann das Geld verschwendet, wie er genug Freunde hat und plötzlich da sitzt und nichts mehr zu essen hat.
Er geht zu einem Bauern, frisst aus dem Schweinetrog, und der Bauer erlaubt ihm nicht einmal, das Schweinefutter zu essen. Dann sagt er: „Ich gehe zu meinem Vater, ich habe ja noch einen Vater.“ In diesem Moment kehrt er um und macht sich auf den Weg zurück.
Jetzt müssen wir sagen: Wenn er nach Hause kommt, muss er sich beweisen. So würde man das heute in der modernen Moral ausdrücken. Er muss sich zuerst bewähren. Es wäre ja billig, seinem Vater einfach zu sagen: „Vater, vergib mir.“ Er muss erst beweisen, dass er ein anderer Mensch geworden ist.
Man könnte sich vorstellen, dass er sich nachts über den Zaun schwingt und in den Stall geht. Wenn der Vater morgens in den Stall kommt, sieht er, dass der Stall frisch gereinigt ist. Dann sagt der Sohn: „Ich bin dein Sohn, ich bin ein anderer geworden.“ So würden wir es heute sehen.
Er muss mit Taten beweisen, dass er ein anderer ist. Das ist heute ein verbreiteter Glaube unter Christen: Ich muss zuerst mit meinem Leben beweisen, dass ich mich bekehrt habe. Die Bekehrung sei nicht nur ein pietistischer Spruch. Das Blut Jesu bedeute ihm nichts, er wolle sein Leben selbst erneuern. Aber das kann er gar nicht.
Der verlorene Sohn hätte ein Leben lang versuchen können, dem Vater zu beweisen, dass er ein anderer ist. Doch er konnte nichts beweisen. Er war der alte Lump, der das Gut vergeudet hat und es nicht mehr zurückbringen kann. Er kann nur vor seinem Vater stehen und sagen: „Vater, ich habe gesündigt.“
Wir kommen nie über diese Lehre hinaus. Das war nicht nur die Predigt von Ludwig Hofacker, der immer wieder die Gnade für die Sünder gepredigt hat. Dass diese Botschaft heute in unseren Predigten so selten vorkommt, liegt nicht daran, dass wir keine Sünder mehr sind oder dass das Wort altmodisch geworden ist.
Wir haben die Sache verloren: dass wir allein durch das Blut Jesu, durch seine Vergebung gerecht werden. Das ist die Mitte. Wie der Sohn erlebt hat, wie der Vater ihm das neue Kleid überstreift und sagt: „Okay, jetzt feiern wir“, so hat das den jungen Mann verändert. Die Liebe des Vaters, nicht sein eigener Wille, sein Leben zu verändern.
Da liegen wir heute falsch. Und unseren jungen Leuten wird etwas Falsches erzählt, wenn wir ständig meinen, christliche Erziehung sei eine Kraft, durch die man das christliche Tugend- und Sittengesetz durch eigene Anstrengung erfüllen kann.
Manche sagen: „Ich mache zwar noch Fehler, aber ich bemühe mich, danach zu leben.“ Das hat mit dem Christentum nichts zu tun, das ist Judentum. Die Juden meinen es ernster. Aber Paulus sagt: Keiner schafft diesen Weg. Die beiden Wege schließen sich aus: Entweder Gnade oder nichts. Entweder empfange ich sie oder ich bin verloren.
Jetzt geht es darum: Wenn das nicht die Mitte unseres Glaubens ist, haben wir nichts. Wenn Christus nicht die Mitte ist, haben wir nichts. Er kann nicht nur eine Randfigur sein.
Natürlich muss ich dem Menschen auch sagen, dass er politisch, gesellschaftlich und in anderen Bereichen Verantwortung trägt. Aber allein von Christus her kommen die neuen Taten. Christus prägt mein Leben, gestaltet mein Leben. Dann kommt der Gehorsam, die neue Kraft.
Das Streben nach Christus und die Kraft der Auferstehung
Ich habe Ihnen am Sonntag die zwei Stellen gezeigt, in denen es bei Paulus um den Wettlauf geht, auch hier.
Das heißt: Wenn er vom Laufen spricht – „Ich strecke mich zu dem, was vorne ist, ich jage nach dem vorgesteckten Ziel“ –, dann sagt er nie, „Ich bemühe mich nicht, ein neuer Mensch zu werden.“ Das sagt er nie. Stattdessen sagt er: „Ich strecke mich vor und jage nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinod, der himmlischen Berufung.“
Er sagt auch: „Ich möchte die Kraft der Auferstehung gewinnen, ich will Christus packen.“ Das war sein Jagen. Sein ganzes Leben war ein Jagen. Er wollte Christus in sein Leben ziehen, denn Christus ist die neue Kraft seines Lebens.
Er hat nie gesagt, „Ich kann jetzt durch meine Willenskraft mein Leben verändern.“ Sondern: Christus hat sein Leben verändert. Und wer Christus in sein Leben aufnimmt, der hat die neue Kraft.
Ich kann es heute Abend nur an dieser Stelle so stehen lassen und hoffe, dass irgendwo etwas von diesem Punkt übergesprungen ist. Dann können wir alles noch einmal lesen.
Der Mensch in Vers 16 wird nicht durch das Tun und Befolgen seiner Vorsätze – wir könnten auch sagen: seiner Leistungen – gerecht. Das schafft er nie.
Praktische Beispiele und die Notwendigkeit der Erneuerung durch Christus
Nehmen wir ein ganz praktisches Beispiel: Wie kann ich eine notvolle Ehe heilen, indem ich dem Menschen sage, wie er leben muss?
Im Propheten des Alten Testaments heißt es, dass das so wäre, als würde man einem Schwarzen sagen, er solle eine weiße Haut haben. Das ist nicht möglich. Es wäre genauso, als würde man einem Zebra sagen, sein Fell solle ab jetzt einfarbig sein. Auch das geht nicht.
Der Mensch ist geprägt von der Sünde, von dem, was unser Leben zerstört. Eine Erneuerung gibt es nur dort, wo Christus in mein Leben einzieht, wo er mein Herr ist und ich mich ihm übergebe.
Paulus und die anderen Missionare haben gesagt: So gibt es Christen. Und das ist der Punkt. Es geht nicht nur darum, dass es irgendwelche Unterschiede gibt. Im Mittelpunkt des Evangeliums steht: Wer Christus hat, hat das Leben, das neue Leben ergriffen, und er lebt anders.
Der verlorene Sohn zum Beispiel: Nachdem der Vater ihm seine Liebe erwiesen hat, geht er nicht mehr zum Schweinedruck. Er verprasst nicht mehr das Gut, das ihm viel zu kostbar geworden ist, weil er die Liebe des Vaters und Vergebung erfahren hat.
Das ist die Wende. Und nur so wird man Christ – über dieses Erleben. Das wird auch für uns heute der Punkt sein, wie wir in unseren Tagen achten müssen, dass das Evangelium im Mittelpunkt steht. Ein...
Die Freude des Evangeliums als Kraftquelle
Ein Freund von mir hat vor einigen Jahren einmal gesagt: Man hört von den Kanzeln fast nur noch Forderungen. „Du musst, du musst, du musst.“
Wo ist denn wieder jemand, der die Freude des Evangeliums erzählt? Denn genau das ist die Kraft, die Leben und Menschen verändert. Jesus ist da, um dich zu beschenken. Dann geht ein Mensch nach Hause und lebt aus Dankbarkeit. Aus der Freude darüber, dass ihm dieses Leben geschenkt ist.
Das sind schon kritische Fragen an uns heute – an unseren eigenen Frömmigkeitsstil, an den zwanghaften Frömmigkeitsstil, an die Vorsätze, an die Verbissenheit und an die krampfartige Weise, wie wir unseren Glauben leben wollen. Wir dürfen die Freude wiederentdecken, die Freude des Evangeliums.
Es tut uns gut, dass Paulus so hart gesprochen hat. Er spricht von Heuchelei, von einem Theater, das selbst die Apostel noch gespielt hätten. Nur so werde ich gerecht – durch das Opfer Jesu.
Ich hoffe, dass es ein wenig deutlicher geworden ist. Beim nächsten Mal machen wir weiter. Der Galaterbrief kommt immer wieder auf die gleichen Punkte zurück, und so wird sich das von Mal zu Mal wiederholen.
