Einführung in das Thema Heilsgeschichte und Bibelverständnis
Guten Morgen! Für diejenigen, die etwas weiter westlich wohnen, moin moin! Ihr habt mir das Thema gestellt: Faszination Heilsgeschichte und ihre Auswirkung auf die Gemeindepraxis sowie das persönliche Glaubensleben.
Zu Beginn möchte ich uns eine Bibelstelle vorlesen, und zwar aus dem Hebräerbrief, Kapitel 1, Vers 1: „Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern in den Propheten geredet hat, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet, dem Sohn, den er zum Erben aller Dinge gesetzt hat, durch den er auch die Welten gemacht hat.“
Wir werden gleich noch näher auf diesen Vers eingehen. Ich habe überlegt, wie man dieses eigentlich theoretische Thema am besten beginnt. Dabei kam mir folgender Gedanke: Wer weiß, was ein Anaglyphenbild ist? Ich zeige euch jetzt eins. Wisst ihr, was das ist? Dafür braucht man eine spezielle Brille. Die gebe ich euch jetzt nicht. Wenn man sich so ein Bild ohne Brille anschaut, denkt man zunächst, es sei unscharf oder schlecht gedruckt. Ein Drucker würde sagen, der Passer stimmt nicht. Aber wenn man eine solche Brille aufsetzt, sieht man das Bild plötzlich dreidimensional.
Oft denke ich, die Bibel ist ähnlich. Man liest sie und versteht nicht immer sofort, vor allem wenn es um Heilsgeschichte geht. Manchmal habe ich den Eindruck, die Bibel ist wie ein Puzzle. Wir Deutschen hätten die Bibel anders geschrieben: ganz systematisch, nach Themen geordnet, mit Punkt eins, Punkt eins eins, Punkt eins eins eins eins, und dann stellt man sie ordentlich in den Bücherschrank. Aber die Bibel ist anders geschrieben.
Oft erkennt man verschiedene Zusammenhänge nicht, und wir merken heute, dass viele Christen die Bibel nicht mehr richtig lesen. Es wird zwar gesagt: „Ich bin bibeltreu und nehme die Bibel wörtlich.“ Aber dann wird es schwierig, wenn man zum Beispiel einen Rachepsalm wörtlich nimmt. Nimm den mal wörtlich – dann wird es schwierig, oder? Freust du dich, wenn Kinder mit dem Kopf gegen den Felsen geschlagen werden? Wie kann man so etwas einordnen?
Deshalb sind viele Christen heute froh, dass es die Losungen gibt. Dort werden nur die positiven Verse herausgegriffen. Auch in den Gemeinden wird meist nur über positive Dinge gepredigt. Sagst du aber jemandem: „Lies deine Bibel von vorne bis hinten“, dann kommt er in Schwierigkeiten. Zum Beispiel, wenn er die trockenen Kapitel im Ersten Buch der Chronik liest mit all den Geschlechtsregistern. Wofür stehen solche Stellen in der Bibel? Wofür sind überhaupt all die Geschichten von Israel da? Was kann ich von den Verheißungen im Alten Testament für mich in Anspruch nehmen?
Wir merken, dass in vielen Kreisen – und leider immer mehr auch in unseren Gemeinden – viele Geschwister die Bibel so eins zu eins nehmen. Dann kommen sie auf die unterschiedlichsten Gedankengänge. Zum Beispiel: „Wenn du fleißig auf meine Stimme hörst, werde ich keine der Krankheiten Ägyptens auf dich legen.“ Okay, alle ägyptischen Krankheiten brauche ich also nicht zu bekommen. Und schon sind viele Geschwister durcheinander.
Dann wird gesagt: „Du musst nur kräftig glauben wie damals in Israel, dann geschieht ein Wunder.“ Aber das geschieht nicht immer. Oder du liest in den Psalmen: „Wer auf meine Stimme hört, den wird nie Unglück erfassen“ oder „Nie sah ich einen Frommen hungrig sein.“ Wenn ich aber in diese Welt schaue, muss ich sagen: Viele Christen werden verfolgt, viele Christen leiden Hunger. Stimmt die Bibel denn nicht?
Ich glaube, dass wir in unseren Kreisen wieder Heilsgeschichte lehren müssen. Das hat die Brüdergemeinde einmal ausgezeichnet: Sie haben gelernt, biblische Wahrheiten richtig einzuordnen. Oder wie es heißt, das Wort der Wahrheit recht zu schneiden – also zu wissen, zu wem Gott etwas sagt, zu wem nicht und in welcher Situation etwas geschrieben wurde.
Das wisst ihr auch. Überlegt mal: Vielleicht ist es heute unter jungen Leuten nicht mehr Mode, Liebesbriefe zu schreiben. Aber früher habt ihr euren damaligen Bräuten Liebesbriefe geschrieben. Stellt euch vor, eure Kinder würden diese heute lesen. Sie würden sich kaputtlachen. Oder stellt euch vor, ich komme in eine Familie, auf dem Couchtisch liegt ein Brief mit rosa Umschlag und einem Duft. Ich mache ihn auf und fange an zu lesen. Ich merke, wie diese Frau mich liebt – doch dann sehe ich auf den Absender und stelle fest: Der Brief ist gar nicht für mich bestimmt.
So habe ich oft den Eindruck, wenn wir die Bibel lesen, brauchen wir immer wieder den Zusammenhang. Wir müssen wissen, in welcher Situation und für wen etwas geschrieben wurde. Erst dann können wir verstehen, was Gottes Wort meint.
Dass ich daraus Anwendungen machen kann, ist keine Frage. Auch wenn Gott zum Beispiel etwas zu Israel sagt und ihm seine Liebe beteuert, ist das zunächst einmal an Israel gerichtet. Ich kann natürlich daraus nehmen, wie Gott in seinem Wesen ist. Aber ich kann das nicht eins zu eins auf mich anwenden.
Damit möchte ich die Frage schon etwas beantworten: Was hat Heilsgeschichte mit meinem täglichen Leben zu tun? Viele glauben ja, so etwas sei Theorie. Wir brauchen in unseren Gemeinden etwas für die Praxis.
Die Bedeutung von Heilsgeschichte für das Glaubensleben
Ich möchte euch noch ein Bild zeigen. Was seht ihr da? Aha, ein bärtiger Mann mit Hut und einer Knarre in der Hand. Seid ihr alle der Meinung, dass das so ist?
Jetzt machen wir mal die Lampe an und zeigen, wovon das der Schatten ist. Wenn die Lampe entsprechend steht, sieht man die Nase von der Frau, dahinter den Hut, der an der Garderobe hängt, den Schal, und unten hat sie einen Teller in der Hand. Ist doch eindeutig, oder? Es ist doch logisch, dass der Schatten so ist.
Und merken wir: Wenn wir nicht die Realität sehen, kann man auf völlig falsche Zusammenhänge kommen. Du sagst, ist das nicht nur Theorie? Warum soll ich mich damit befassen?
Noch ein Beispiel: Du gehst in die Schule und lernst das Einmaleins. Wenn ihr euch recht daran erinnert, das war öde, oder? Das Einmaleins zu lernen, musste man auswendig lernen. Und das war schwierig, besonders das große Einmaleins.
Du lernst das auswendig und begreifst nicht, wofür das denn gut ist – so eine Zahlenreihe. Aber wir merken: Das Lernen vom Einmaleins ist die Lehre und damit der Grundsatz des Rechnens. Erst später kommen die Textaufgaben, in der Regel im dritten Schuljahr. Die Textaufgaben kannst du dann nur bearbeiten oder lösen, wenn du die Lehre kennst. Sonst funktioniert das nicht.
Die Textaufgaben sind praktisch die Anwendung der Lehre auf das praktische Leben. Und so ähnlich ist das in der Bibel auch.
Die meisten Christen möchten sofort aus der Bibel etwas für das Leben übersetzen. Aber du brauchst die Lehre. Und mir ist das sehr wichtig geworden in der letzten Zeit, besonders in Apostelgeschichte 2,42, wo die vier Säulen der Gemeinde genannt werden. Dort steht ein Punkt: die Lehre der Apostel. Denn es steht nicht, sie blieben beständig in emotionalen und gut rhetorischen Predigten, sondern in der Lehre der Apostel.
Ich habe mich gefragt, was alles zur Lehre der Apostel gehört. Und lehren wir das auch in unseren Gemeinden? Wenn wir das nicht tun, müssen wir uns nicht wundern, dass unsere Gemeinden – auch die Brüdergemeinden – nicht anders werden wie alle anderen Freikirchen auch.
In der Mehrzahl ist das heute emotional. Predigten müssen die Seele streicheln, man darf nur ein bisschen ermahnen, aber dann muss viel Seelenmassage kommen. Wir brauchen heute nicht nur praktische Lebenshilfe.
Wir müssen uns deutlich machen: Heilsgeschichte ist nicht Theorie, sondern die Grundlage für ein gottgewolltes Leben. Ich möchte das fast so formulieren: Sie ist das Saatgut für dein praktisches Leben.
Du brauchst, um in deinem Leben als Christ wirklich existieren zu können, die Lehre der Heilsgeschichte. Sie ist, möchte ich mal so definieren, die geordnete Darstellung der Geschichte, die Gott mit uns Menschen schreibt.
Sie hilft uns, Gottes Wesen und Handeln immer mehr zu erkennen. Sie hilft uns, den roten Faden durch die Bibel zu erkennen. Sie hilft uns, die biblische Prophetie richtig einzuordnen, und sie hilft uns, biblische Zusammenhänge zu verstehen.
Und wir können das nur, wenn wir uns wirklich systematisch mit der Bibel beschäftigen.
Ich muss sagen, uns ist das in unserer Gemeinde in den letzten Jahren sehr wichtig geworden. Wir haben überlegt, wie wir unsere Geschwister systematisch belehren können. Durch die Sonntagspredigten bekommst du keine systematische Belehrung in die Gemeinden.
Und zu den Bibelstunden: Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber es kommen viel zu wenige. Wie sollen heute die Geschwister zugerüstet werden?
Ich werde oft in Gemeinden eingeladen, und dann frage ich: Worüber soll ich predigen? „Ach, lass es sie vom Herrn schenken.“ Das hört sich sehr demütig an, aber ehrlich gesagt ist es Faulheit.
Die Verantwortlichen einer Gemeinde müssen wissen, was ihre Schäfchen brauchen. Sie müssen wissen, an welchen Punkten sie Not leiden. Ein Hirte führt seine Schafe auch nicht zufällig auf eine Weide, er plant.
Von daher ist es schon wichtig, zu überlegen: Welchen Stellenwert hat die Lehre der Apostel? Und welchen Stellenwert hat damit auch die Heilsgeschichte in der Verkündigung für unsere Geschwister?
Ich möchte es mal so formulieren: Heilsgeschichte ist das Schwarzbrot biblischer Verkündigung. Und ihr wisst: Schwarzbrot ist eine gute Ernährung, besser als Weißbrot. Das wissen wir alle theoretisch, obwohl wir lieber Weißbrot essen.
Und so ist es bei der biblischen Kost genauso. Die meisten Geschwister möchten Weißbrot, aber wir müssen ihnen Schwarzbrot geben.
Heilsgeschichte als Schlüssel zum Verständnis der Bibel
Die Heilsgeschichte führt die Puzzleteile biblischer Aussagen zusammen. Sie zeigt, dass die ganze Schrift eine Einheit bildet. Dabei wird die fortschreitende Offenbarung Gottes deutlich – also, dass Gott Stück für Stück in der Offenbarung seiner selbst voranschreitet.
Sie macht die Aussagen der Schrift verständlich und ist stets zukunftsorientiert. Gott blickt immer nach vorne, niemals zurück. Die Heilsgeschichte zeigt die großen Linien und Zusammenhänge auf. Sie verfolgt die Messiaslinie und die Linie des Reiches Gottes. Dabei ist sie immer auf den Messias Jesus Christus bezogen. Sie erklärt die biblische Prophetie und zeigt im Grunde die Allmacht, Weisheit und Ewigkeit Gottes.
Schon Augustinus hat gesagt: Unterscheide die Heilszeiten, und die Bibel ist in völliger Harmonie. Wenn ich die Geschichte Gottes verstehe, lösen sich die meisten sogenannten Widersprüche. Deshalb stimme ich dem zu, was Augustinus bereits gesagt hat.
Beginnen wir mit einem Punkt: Heilsgeschichte hat immer auch mit Prophetie zu tun. Die Frage ist, warum Gott etwas voraussagen kann, das für uns in der Zukunft liegt. Für uns ist das so, als stünde vor uns ein Berg, über den wir nicht hinausschauen können. Wir wissen nicht, was morgen sein wird. Zwar können wir hoffen, was morgen bringt, aber wir können es nicht wissen.
Wir nehmen uns oft viel für morgen vor – vielleicht geht es dir wie mir –, doch am Ende schaffen wir es nicht immer. Die Frage ist: Woher kommt es, dass du nicht über den Berg hinausschauen kannst, sondern immer nur gegen den Berg blickst?
Wenn wir die Bibel lesen, stellen wir fest: Gott kann darüber hinausschauen. Das macht deutlich, dass Gott außerhalb unserer Zeit steht. Er befindet sich in einer anderen Dimension. Das ist so, als wäre man mit dem Flugzeug oder Hubschrauber über einem Ort und könnte weiter blicken.
Für Gott ist das kein Problem. Er steht über den Dingen, er ist ewig. Das ist eine völlig andere Dimension. Er schaut über den Berg, vor dem wir stehen. Für ihn ist unsere Zukunft bereits Geschichte.
Deshalb ist es für ihn einfach, etwas aus der Zukunft zu sagen, und es trifft auch logisch ein. Wir können nur mutmaßen und Prognosen stellen. Wer das ein wenig verfolgt, fragt sich manchmal, wie man überhaupt prophetische Dinge sagen oder erklären kann.
Versucht man, Predigten von Wim Malgo oder Johannes Langhammer zu hören, die sie vor dreißig Jahren gehalten haben, kann man heute nur darüber lächeln. Danach ist Israel schon lange von Russland überrollt. Wir merken, dass damals versucht wurde, biblische Prophetie in die Tagespolitik hineinzunehmen – und das funktioniert nicht.
Wir müssen vorsichtig sein, wie wir Prophetie in unser tägliches Leben einbeziehen. Gott kann Dinge voraussagen, wir nicht.
Man kann es so formulieren: Prophetie in der Bibel ist Geschichte, die im Voraus geschrieben wurde. Weil Gott über den Dingen steht, kann er Dinge niederschreiben oder seinen Propheten sagen, die für uns in der Zukunft liegen, aber für Gott ist alles gegenwärtig.
Gott steht außerhalb der Zeit und teilt uns das Zukünftige in seinem Wort, der Bibel, mit.
Nun könnte man überlegen, warum Gott das tut. Er gibt die Prophetie nicht zur Befriedigung unserer Neugierde weiter. Ich möchte es so formulieren: Sie ist das Frühwarnsystem Gottes, um uns vor dem kommenden Gericht zu warnen. Das geschieht einzig und allein aus dem Grund, dass wir unser Leben anders auf die Zukunft einstellen.
Wenn Gott in seinem Wort über die Zukunft spricht, sind die angekündigten Ereignisse wie Bergspitzen. Vielleicht wart ihr schon einmal im Gebirge und habt eine Bergkette gesehen, bei der eine Bergspitze nach der anderen zu sehen ist. Dabei sieht man im Grunde nur die Spitzen der Berge, aber nicht die Täler.
Nur das Tal, das gerade vor einem liegt, kann man sehen. Alle weiteren Täler kann man nur ahnen. Von unserem Blickwinkel aus können wir nicht erkennen, wie tief oder lang diese Täler sind.
So ist es oft mit der Prophetie: Ein Prophet im Alten Testament sieht zukünftige Dinge, die wie Bergspitzen sind. Was in den Tälern liegt, zeigt Gott ihm noch nicht. Das, was in den Tälern ist, sieht man erst, wenn man näher herankommt.
In Gottes Wort wird als Prophetie das erste Kommen des Herrn und das zweite Kommen des Herrn angekündigt. In vielen Fällen sieht das so aus, als gehörten diese Ereignisse zusammen. Oft wird in einem Satz etwas vorausgesagt, das sich sowohl auf das erste als auch auf das zweite Kommen bezieht.
Daher finden wir im Alten Testament die Ankündigung des Kommens des Herrn Jesus als Messias, als Fürst für Israel und als Herrscher des Gottesreichs. Im Alten Testament wird jedoch nicht erwähnt, dass dazwischen noch ein großes Tal oder eine Distanz liegt.
Diese wird uns im Alten Testament nicht mitgeteilt. Wir merken zum Beispiel, dass das, was die Gemeinde betrifft und die Entrückung, erst seit der Himmelfahrt Jesu Christi durch die Apostel im Neuen Testament offenbart wurde.
Erst sie konnten in das Tal hineinschauen, das dann kommt, und uns Details mitteilen.
Daher finden wir im Alten Testament in der Regel die Perspektive der alttestamentlichen Propheten, die nichts über die Gemeinde aussagen. Wenn du etwas über die Gemeinde wissen willst, darfst du nicht im Alten Testament nachschauen.
Wir werden noch darauf eingehen, was Gott vorausgesagt hat – insbesondere die Ereignisse, die sein Volk Israel, die Gläubigen und vor allem seinen Sohn Jesus Christus betreffen.
Die drei Ebenen göttlichen Handelns und die Zeitabschnitte der Heilsgeschichte
Johannes Bubenhagen, ein Freund von Martin Luther, hat es einmal so ausgedrückt: Als Gott anfing, mit dem Menschen zu reden, hatte er mit ihm über nichts anderes zu sprechen als über seinen Sohn. Deshalb finden wir im Alten Testament, bereits ab 1. Mose 3,15, die ersten Verheißungen auf den kommenden Messias, der der Schlange den Kopf zertreten würde.
Gott hatte zunächst das erste Kommen des Herrn Jesus vorausgesagt. Das ist für uns erfüllte Prophetie. Alles, was im Alten Testament damit zusammenhängt, ist erfüllt worden. Die anderen Dinge, die im Alten Testament verheißene sind, liegen für uns noch in der Zukunft. Man könnte sagen, das ist noch zu erfüllende Prophetie. Es handelt sich um Ereignisse, die noch kommen werden und die Gott noch erfüllen wird.
Dazu gehören die Entrückung der Gläubigen, das Kommen Jesu in Macht und Herrlichkeit, das Endgericht am großen weißen Thron sowie die Vollendung aller Dinge. Somit lässt sich das, was im Alten Testament verheißene ist, in zwei Bereiche teilen: erfüllte Prophetie und noch zu erfüllende Prophetie.
Diese Unterscheidung macht es uns eigentlich einfach zu sehen. Alle Verheißungen, die Gott im Alten Testament erfüllt hat, sind buchstäblich eingetreten. Das stärkt unseren Glauben, dass auch die anderen Dinge, die noch für uns in der Zukunft liegen, sich hundertprozentig erfüllen werden.
Heilsgeschichte beschreibt den Ablauf der Prophetie. Sie ist das Planen und Handeln Gottes in der Weltgeschichte, um seinen Erlösungsplan zu verwirklichen. Sie ist sozusagen der rote Faden durch die Bibel.
Ich möchte an dieser Stelle eine kurze Bemerkung zum Büchertisch machen. Zum einen zeigt uns das Bibelpanorama diesen Heilsplan Gottes, zum anderen habe ich für Kinder den Heilsplan Gottes aufgezeigt in dem Buch „Entdecke Gottes Plan mit dieser Welt“. Ich habe oft den Eindruck, dass man dieses Buch unseren Geschwistern, den Erwachsenen heutzutage, geben sollte. Danach werden sie auch das Bibelpanorama besser verstehen. Denn ich glaube, dass viele heute mit dem Bibelpanorama nichts mehr anfangen können, weil sie nicht so tief im Wort Gottes sind.
Nun wollen wir uns ein wenig damit beschäftigen, welche Unterscheidungen Gott in der Bibel macht. Das sind Grundlagen, um die Heilsgeschichte der Bibel zu verstehen. Gott kennt beziehungsweise die Bibel kennt drei verschiedene Ebenen, in denen er handelt.
Die erste ist die himmlische Ebene, die Dimension Gottes, die Zeitlosigkeit, die Ewigkeit. Dort gibt es keinen Tag, kein Datum und keinen Kalender mehr, alles ist immer „heute“. Das ist für unser Denken schwer zu verstehen und nur theoretisch abzuspeichern. Jeder, der stirbt, wird es erleben: Er wird herausgenommen aus der Zeit und kommt in diese himmlische Ebene – auch wenn er in die Hölle kommt, also auch in die Ewigkeit, die Zeit ohne Zeit.
Die zweite Ebene ist die irdische Ebene, in Raum und Zeit. Deshalb haben wir unseren Terminkalender, unsere Kalender, unsere Timer und kommen mit unseren 24 Stunden nicht immer klar. Das ist unsere irdische Zeit.
Die dritte Ebene ist die unterirdische Ebene. Paulus beschreibt das in Philipper 2,10: Damit in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der himmlischen, der irdischen und der unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist. Es wird also einmal eine Zeit geben, in der aus allen drei Dimensionen alle Gott beziehungsweise Jesus die Ehre geben müssen – selbst die unterirdische Ebene, in der der Teufel regiert und die Dämonen. Sie müssen sich Gott unterwerfen. Das heißt nicht, dass sie gerettet werden, aber sie müssen Gott anerkennen und sich ihm unterordnen.
Diese drei Ebenen und der Vers Philipper 2,10 machen sehr deutlich, dass Gott in diesen drei Ebenen denkt. Viele sogenannte Christen glauben nicht mehr an die himmlische Ebene, und viele glauben auch nicht daran. Sie meinen, diese irdische Ebene wird immer existieren und bemühen sich deshalb, diese irdische Ebene immer besser zu machen. Sie wollen das Paradies auf Erden. Wenn man die himmlische und die unterirdische Ebene ignoriert, kommt man auf diese falsche Lehre.
Wie handelt Gott mit den Menschen der Geschichte? Wir haben eben den Vers aus Hebräer 1,1 gelesen: Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat durch die Propheten, hat er am Ende der Tage zu uns geredet, dem Sohn, den er gesetzt hat zum Erben aller Dinge, durch den er auch die Welten gemacht hat.
Zunächst einmal sagt Gott darin, dass er individuell handelt, vielfältig und auf vielerlei Weise. Im Laufe der zurückliegenden Menschheitsgeschichte und damit der Heilsgeschichte hat Gott auf unterschiedlichste Weise mit den Menschen gehandelt. Wir werden gleich sehen, dass er mit Israel anders gehandelt hat als mit den Nationen, mit den Patriarchen anders als vor der Zeit der Sintflut. Gott hat unterschiedliche Mittel gebraucht und auf unterschiedliche Weise zu den Vätern geredet.
Zweitens handelt Gott mit den Generationen. Wir haben gelesen, dass er ehemals zu den Vätern durch die Propheten geredet hat. Das heißt, in den vergangenen Generationen hat Gott als Mittel seiner Offenbarung die Propheten benutzt. Sie waren sozusagen Sprachrohr Gottes in dieser Welt.
Drittens redet er zu uns, also seit Jesus hier auf der Erde war. Er redet am Ende der Tage zu uns im Sohn. Für uns ist natürlich in erster Linie das Neue Testament maßgeblich, wenn wir fragen, wie wir leben sollen und wie wir als Gemeinden leben sollen. Er hat am Ende der Tage zu uns im Sohn geredet, zu den Vätern damals durch die Propheten.
Eine vierte Sache wird in diesem Vers gesagt: Er handelt in verschiedenen Zeitabschnitten. Es wird hier erwähnt, dass der Sohn die Welten gemacht hat. Im Hebräischen steht das Wort „Eon“, was so viel wie „Zeitalter“ bedeutet. Jesus hat bei der Erschaffung der Welt nicht nur Raum und Zeit geschaffen, sondern auch verschiedene Zeitalter, also Zeitabschnitte, die in der Bibel konkretisiert werden.
Ich möchte, dass ihr wisst: Ich bin Grafiker und mache das deshalb optisch, damit man es besser versteht. Gott unterscheidet zunächst drei Zeitalter beziehungsweise Äonen. In 2. Petrus 3, Römer 16,25 und Kolosser 1,26 wird von der damaligen Welt gesprochen. Wenn wir das genau lesen, stellen wir fest, dass damit die Zeit vor der Sintflut gemeint ist. Diese Zeit wird in der Bibel als „die damalige Welt“ bezeichnet.
Das zweite Zeitalter wird in Matthäus 12,32 und Epheser 1,21 als das gegenwärtige Zeitalter genannt. Das ist die Zeit von der Sintflut bis zur Entrückung. Das ist das gegenwärtige Zeitalter, wie die Bibel es nennt.
Das dritte Zeitalter wird in Markus 10,30 und Epheser 1,21 als das zukünftige Zeitalter bezeichnet. Diese drei Äonen beziehungsweise Zeitabschnitte nennt die Bibel in den genannten Bibelversen.
Das hilft uns zu verstehen, wie Gott zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich gehandelt hat: davor und danach. Es wird auch erklärt, dass es „vor den Zeitaltern“ die Ewigkeit Gottes gab, bevor er die Welten geschaffen hat, und in die „Zeitalter der Zeitalter“, also die Ewigkeit praktisch nach dem zukünftigen Zeitalter, hineingeht. Diese verschiedenen Begriffe finden wir in der Bibel.
Ich glaube, dass das eine ganz wichtige Unterscheidung ist. Vielleicht fällt es uns leichter, wenn wir verstehen, dass auch kosmisch die Zeit total anders ist. Bis zur Sintflut war die Erde völlig anders als danach. Bis dahin hatte es nicht geregnet, es gab nur Tau. Vor der Sintflut wurden die Menschen sehr viel älter, und es herrschten völlig andere klimatische Verhältnisse. Die Sintflut hat vieles verändert, und gerade 2. Petrus 3 macht deutlich, dass die Sintflut einen Schnitt darstellt.
Wenn wir dann die Prophetien über das zukünftige Zeitalter betrachten, stellen wir fest, dass dort wieder völlig andere klimatische Verhältnisse herrschen. Die Menschen werden tausend Jahre alt, es wird zwölfmal im Jahr geerntet, es gibt genug zu essen für alle, und die Tiere leben friedlich miteinander. Wir merken eine völlig andere Zusammensetzung als in der Zeit, in der wir heute leben, dem gegenwärtigen Zeitalter. Das lässt sich sehr gut anhand der Bibel deutlich machen.
Ich habe das hier einmal zusammengefasst, damit wir es im Gedächtnis behalten: die Zeit vor der Zeitrechnung, die damalige Welt, das gegenwärtige Zeitalter, das zukünftige Zeitalter und die Ewigkeit.
Nun möchte ich aufzeigen, dass wir bei genauer Beobachtung und Bibelstudium noch weitere Unterteilungen machen können. Früher nannte man das „Haushaltungen“, heute verstehen viele darunter wenig, deshalb nenne ich es Zeitperioden. Man kann sieben Zeitperioden unterscheiden. Wir gehen sie jetzt einmal versuchsweise durch, und ich zeige euch auch ein Kennzeichen, an dem man erkennen kann, dass eine Zeitperiode endet.
Die erste Zeitperiode ist die Zeit in Eden. Zu dieser Zeit redet Gott ganz persönlich mit Adam und Eva. Er besucht sie, unterhält sich mit ihnen und hat Gemeinschaft mit ihnen. Diese Zeitperiode endet mit dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies. Wir wissen nicht, wie lange sie gedauert hat. Jede Zeitperiode endet mit Gericht, und das hilft uns, die verschiedenen Zeitperioden zu unterscheiden.
Die zweite Zeitperiode ist die Zeit vor der Sintflut. Wenn man die Kapitel in 1. Mose bis Kapitel 6 liest, sieht man, dass Gott mit Einzelnen redet, nicht pauschal. Er redet persönlich mit denen, die sich ihm öffnen und mit ihm wandeln, wie Henoch oder Noah. Er gibt ihnen kein Gesetz, also keine festgesetzte Norm. Die Menschen empören sich gegen Gott, nur Einzelne gehen mit Gott. Im Unterschied zur ersten Zeitperiode sind es hier nur wenige Menschen. Diese Zeitperiode endet mit der Sintflut als Gericht.
Die dritte Zeitperiode ist die Zeit nach der Sintflut, die bis zum Turmbau zu Babel reicht. In dieser Zeit redet Gott mit allen Menschen, nicht nur mit Einzelnen. Jeder tut, was er will, und sie verstreuen sich noch nicht über die ganze Erde, obwohl Gott es gesagt hatte. Das Ende dieser Zeitperiode ist Babel, die Sprachenverwirrung. Damit zwingt Gott sie praktisch, sich über die Erde zu verteilen.
Die vierte Zeitperiode ist die Zeit der Patriarchen. Gott redet wieder mit Einzelnen, zum Beispiel mit Abraham, dem er sich als der Gott der Herrlichkeit offenbart. Er gibt Abraham den Segen weiter und redet dann mit Isaak und Jakob. Das Ende dieser Zeitperiode ist Ägypten, die Sklaverei. Die Menschen, mit denen Gott geredet hat, kommen ins Gericht und werden versklavt in Ägypten, dem Haus der Knechtschaft.
Die fünfte Zeitperiode ist die Zeit unter Gesetz. In dieser Zeit spricht Gott besonders mit Israel. Zwar gibt es auch einzelne Fälle, in denen er mit Menschen aus den Nationen redet, zum Beispiel mit dem Schwiegervater von Mose oder dem nichtgläubigen Bileam, aber hauptsächlich spricht er mit Israel. Diese lange Periode reicht von der Befreiung aus Ägypten und der Gesetzgebung bis zum Sterben und Auferstehen Jesu. Das Gericht findet man dann in der Zerstörung Jerusalems und der Vertreibung der Israeliten aus ihrem Land 70 n. Chr.
Die sechste Heilsperiode ist die Zeit der Gnade, in der wir heute leben. Gott redet hier mit den Glaubenden, also mit uns. Man könnte auch sagen, es ist die Zeit der Gemeinde. Diese Zeitperiode endet mit der Drangsal Israels und dem Kommen des Antichristen.
Die siebte Zeitperiode ist die lang angekündigte Zeit des Reiches Gottes hier auf der Erde, das sogenannte tausendjährige Reich. Dort redet Gott mit den Völkern. Diese Zeitperiode endet mit dem Gericht, dem sogenannten Endgericht vor dem großen weißen Thron.
Wir können sehen: Zur damaligen Welt gehören die ersten zwei Zeitperioden, zum gegenwärtigen Zeitalter die vier folgenden, und das zukünftige Zeitalter ist identisch mit der siebten Zeitperiode.
Wir haben gesehen, dass Gott auf unterschiedliche Weise zu verschiedenen Menschen redet, wie Hebräer 1 es beschreibt, und dass er dem Einzelnen deutlich macht, was er von ihm erwartet.
Nun fassen wir noch einmal zusammen: Die Bibel unterscheidet nicht nur drei Zeitalter und sieben Zeitperioden, sondern auch drei Zeiten, nämlich die Zeit ohne Gesetz, die Zeit unter Gesetz und die Zeit der Gnade beziehungsweise der Gemeinde.
Die Zeit ohne Gesetz umfasst die ersten vier Zeitperioden, in denen Gott dem Menschen kein Gesetz gegeben hat, sondern ihm nur das Gewissen gegeben wurde, für das er verantwortlich war. Die zweite Zeit ist die Zeit unter Gesetz für Israel, die dritte die Zeit der Gnade oder der Gemeinde.
Diese drei Zeiten sind sehr wichtig zu unterscheiden, wenn wir die Bibel lesen. Es ist klar, dass Gott in der Zeit ohne Gesetz anders mit den Menschen reden musste als in der Zeit unter Gesetz. Und dass er in der Zeit der Gnade anders redet als in der Zeit des Gesetzes, ist ebenso klar.
Wenn das Gesetz durch Jesus Christus erfüllt ist, braucht Gott nicht mehr zu sagen: „Tue das und du wirst leben.“ Das war unter der Zeit des Gesetzes: Halte die Gebote, dann wirst du ewiges Leben haben. Dieses Gesetz wurde gegeben, damit wir begreifen, dass das so nicht funktioniert.
Auch Jesus unterscheidet diese Zeiten sehr deutlich. Der Schnittpunkt zwischen der fünften und sechsten Zeitperiode, also der Zeit des Gesetzes und der Zeit der Gnade, liegt im Kreuz. Wenn Jesus zum Beispiel in Matthäus 5,21 sagt: „Den Alten ist gesagt...“, also in der Bergpredigt, folgt er immer mit: „Ich aber sage euch.“ So ist die Bergpredigt aufgebaut: „Den Alten ist gesagt... ich aber sage euch.“ Jesus zitiert etwas aus dem Gesetz und macht deutlich, dass hier der Schnitt zwischen der Zeit des Gesetzes und der Zeit der Gnade liegt.
Viele verstehen das nicht und meinen, die Bergpredigt sei die Grundlage für unser Christsein in den Gemeinden. Aber in der Bergpredigt spricht Jesus an keiner Stelle von seinem Tod oder vom Heiligen Geist, der uns Gläubigen gegeben ist. Es steht immer noch: „Tu das, streng dich an!“ Im Grunde will Jesus den Israeliten deutlich machen, dass sie nicht nach dem Gesetz leben können, sondern ihn brauchen.
Das wird auch in Johannes 1,17 deutlich: „Das Gesetz ist durch Mose gegeben, die Gnade ist durch Jesus Christus geworden.“ Jesus unterscheidet diese beiden Dinge sehr genau. Ebenso in Matthäus 11,13, Lukas 7,28 und Lukas 16,16: „Das Gesetz war bis auf Johannes, von nun an wird das Reich Gottes gepredigt.“ Jesus unterscheidet damals und heute, und wir müssen das beim Bibellesen ebenfalls unterscheiden: Was gilt für die Zeit unter Gesetz, was für die Zeit der Gnade?
In diesem Zusammenhang gibt es die Unterscheidung der sogenannten drei Reiche, die identisch sind mit den drei Zeiten. Die Bibel spricht vom Reich dieser Welt, dem Regierungsbezirk Satans, oder wie Jesus es in Lukas nennt, dem Fürsten dieser Welt. Jesus zweifelt das nicht an, als der Teufel ihn versucht.
Dann gibt es das Reich Gottes, den Regierungsbezirk Gottes. Das Reich Gottes wurde im Alten Testament verheißungsvoll angekündigt und soll hier auf der Erde stattfinden. Es ist zunächst für Israel bestimmt. Israel wartete darauf. Deshalb lehrte Jesus im Vaterunser: „Dein Reich komme.“ Zum Zeitpunkt Jesu war das Reich Gottes noch nicht sichtbar auf der Erde. In der Person Jesu war es zwar schon da, weil er der kommende König dieses Reiches ist. Er sagte: „Wenn ihr wollt, dann ist es da.“ Aber sie wollten nicht.
Dann gibt es noch den Begriff „Reich der Himmel“, der besonders im Matthäusevangelium vorkommt. Ich möchte das so formulieren: Das Reich der Himmel ist der Regierungsbezirk, der vom Himmel aus regiert wird. Nicht, wie Luther übersetzt hat, das „Himmelreich“, was viele so verstehen, dass es der Bereich oben im Himmel ist, wo die Engel sind. Die Bibel macht deutlich, dass es das Reich ist, das vom Himmel aus regiert wird, und das ist ein ganz bestimmter Bereich.
Ich zeige euch das zur Verdeutlichung: Das Reich der Himmel entspricht im Grunde der Zeit der Gnade. Dort ist der König, der eigentlich im tausendjährigen Reich regieren wird, im Himmel, und er regiert praktisch aus dem Himmel. Die, die zu seinem Reich gehören, nennt man so, wie man in der Welt sagt, wenn eine Regierung außerhalb des Landes ist, eine Exilregierung. So könnte man sagen, das Reich der Himmel ist eine Exilregierung Jesu im Himmel. Er hat uns als seine Agenten hier auf der Erde im fremden Machtbereich. Das ist kein sichtbares Reich, im Gegensatz zum Reich Gottes, das im tausendjährigen Reich Gestalt gewinnt.
Wir stellen fest, dass die Bergpredigt, die Jesus in Matthäus 5 bis 7 gehalten hat, sozusagen das Grundgesetz des kommenden Reiches ist, aber nicht das Grundgesetz des Reiches der Himmel. Wir stehen unter einem anderen Grundgesetz und wissen um die Vergebung unserer Sünden durch das Blut Jesu. Deshalb müssen wir diese Unterscheidung machen, sonst kommen wir mit vielen Dingen nicht klar.
Viele Christen lesen die sogenannten Gleichnisse vom Reich Gottes und wenden sie auf die Gemeinde an. Dabei kommen sie völlig ins Schlingern. Sie können verloren gehen, müssen sich anstrengen und haben Angst, hinausgeworfen zu werden. Aber das stimmt nicht in Bezug auf das Evangelium der Gnade. Deshalb ist es wichtig, diese Dinge auseinanderzuhalten, damit wir in unseren Gemeinden nicht durcheinanderkommen.
Identisch damit unterscheidet die Bibel drei Menschengruppen: die Nationen, Israel und die Gemeinde. Auch das ist wichtig, wenn wir die Bibel lesen: Zu wem spricht Gott? In Apostelgeschichte 15,14-17 werden diese drei Gruppierungen sehr schön genannt. Dort steht (farblich unterlegt), welche Menschengruppe gerade gemeint ist:
„Gott hat zuerst darauf gesehen, aus den Nationen ein Volk zu nehmen für seinen Namen“ – das ist die Gemeinde. „Nach diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids“ – das ist Israel, die verfallen ist und deren Trümmer willig wieder aufgebaut werden, „damit die übrigen Menschen den Herrn suchen und alle Nationen, über die mein Name ausgerufen ist“, spricht der Herr, der dies tut.
Alle drei Menschengruppen sind hier genannt. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig. Damit unterscheidet die Bibel auch drei Evangelien. Das ist für viele neu: Das Evangelium ist unterschiedlich.
Für die Nationen finden wir in Offenbarung 14,6 das ewige Evangelium. Das heißt, im Grunde das, was in Römer 1 genannt wird. Von den Nationen, die Jesus nicht kennen, erwartet Gott nur, dass sie ihn anerkennen und ihm die Ehre geben. Damit gibt er allen Menschen auf der Erde die Möglichkeit, das ewige Evangelium, die ewige frohe Botschaft, kennenzulernen. Ich bin überzeugt, dass sogar der Mensch im Busch, der noch nie von der Bibel gehört hat, Gott kennenlernen kann. Der Römerbrief sagt, dass Gott sich durch die Natur und das Gewissen offenbart und sich ihnen gegenüber gerecht verhält.
Israel hat sich Gott durch das Evangelium des Reiches offenbart. Das Evangelium des Reiches macht deutlich, dass Gott mit Israel einmal das Reich Gottes auf der Erde verwirklichen wird. In diesem Reich wird Jesus der König sein. Israel wird das Haupt der Völker sein, und von Jerusalem aus wird der Messias regieren. Das ist die Zeit des sogenannten tausendjährigen Reiches. Hier ist ein anderes Evangelium als das, was für die Gemeinde gilt. Es gründet auf der Bergpredigt. Johannes der Täufer predigte: „Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahegekommen.“ Jesus lehrte das im ersten Jahr seiner öffentlichen Tätigkeit und schickte seine Jünger, die Siebzig, durch alle Dörfer in Galiläa, um das Evangelium des Reiches zu verkündigen, damit die Israeliten in das angekündigte Reich Gottes auf der Erde kommen können. Sie lehnten den König ab, deshalb ist das Reich Gottes erst einmal ausgesetzt. Gott wird aber mit ihnen wieder anfangen, wie wir in Apostelgeschichte 15 gelesen haben.
Dann gibt es das Evangelium der Gnade, auch genannt das Evangelium Jesu, das Evangelium Gottes oder das Evangelium der Herrlichkeit. Paulus nennt es auch „mein Evangelium“. Es basiert auf dem Sühneopfertod Jesu, durch den wir Vergebung bekommen können, auch wenn wir keine Israeliten sind. Wir werden allein durch Gnade durch den Glauben an sein Werk auf Golgatha gerettet. Das ist das Evangelium, das wir heute als Gemeinde verkündigen und missionieren.
Wenn wir in der Bibel diese verschiedenen Begriffe lesen, müssen wir wissen, dass dahinter etwas Unterschiedliches steht.
Ich zeige euch noch einmal, wie die Evangelien nach den sieben Zeitperioden verkündigt werden beziehungsweise welche Bereiche sie haben:
Das ewige Evangelium ist praktisch durchgehend, weil es zu allen Zeiten Menschen gegeben hat und geben wird, die nie etwas von Jesus gehört haben. Das ist oft die Frage von Ungläubigen: Was ist mit dem Menschen im Busch, der noch nie etwas gehört hat? Das Evangelium steht praktisch immer.
Das Evangelium des Reiches wurde zur Zeit unter Gesetz angekündigt und wird in der Zeit des Reiches, des sogenannten tausendjährigen Reiches, verwirklicht.
Das Evangelium der Gnade gilt in der heutigen Zeit, in der wir als Gemeinde leben.
Paulus macht in Römer 9 sehr deutlich, dass dieses Evangelium der Gnade ein Einschub ist. Er benutzt das Bild eines eingepfropften Zweigs, der veredelte Frucht bringt. Die Gemeinde ist sozusagen eingepfropft in Israel, das alte semitische Israel, um Frucht zu bringen. Aber Paulus macht auch klar, dass das aufhören wird und Gott dann wieder mit Israel anfangen wird.
Stellt euch vor, ihr steht vor einem Gebirge: Das Tal der Heilsgeschichte, das Tal der Gemeinde, die Zeit der Gnade, ist praktisch ein Einschub. Die alttestamentlichen Propheten wussten nichts davon. Das wurde erst durch Jesus offenbart. Paulus nennt es ein Geheimnis, das erst ihm und den anderen offenbart wurde. Petrus sagt ehrlich, dass es schwer zu verstehen ist, aber er akzeptiert es. Jesus musste Petrus sehr eindringlich darauf aufmerksam machen, etwa bei der Begebenheit mit dem Tuch, wo er sich von seinen alten Gewohnheiten der Zeit des Gesetzes lösen musste.
Deshalb finden wir nur im Neuen Testament etwas über die Gemeinde und die Entrückung, weil sie zur Zeitperiode der Gnade gehören. Israel hat damit nichts zu tun.
Vielleicht hilft es dem einen oder anderen, wenn ich das noch plastischer darstelle. Ich war früher Modelleisenbahner. Wer von euch hat eine Modelleisenbahn? Ehrlich, das ist kein Verbrechen. Es gibt den Schienenstrang der Nationen und den Schienenstrang Israels. Modelleisenbahner kennen die Schiebebühne. Im Jahr 70 nach Christus wird Israel auf Seite gesetzt, sozusagen auf ein Abstellgleis gestellt. Israel wird zeitweise beiseitegelegt.
Römer 9 macht deutlich, dass Gott wieder mit Israel anfangen wird. Er wird mit Israel weiterfahren. Die Gläubigen aus den Nationen und die Gläubigen aus Israel werden im Reich Gottes auf der Erde, im sogenannten tausendjährigen Reich, sein. Das ist der Lokschuppen.
Wo ist die Gemeinde einzuordnen? Sie fängt da an, wo Israel auf Seite gesetzt ist, und wird dann entrückt. Ich habe das als ein Viadukt dargestellt. Die Gemeinde landet im Reich der Himmel.
Vielleicht hilft diese kindlich dargestellte Illustration, aber für Modelleisenbahner ist sie hilfreich.
Noch einmal der Vers aus Apostelgeschichte 15: Gott hat zuerst darauf gesehen, aus den Nationen ein Volk zu nehmen für seinen Namen, das ist die Gemeinde. Danach will er zurückkehren und die Hütte Davids wieder aufbauen, das heißt Israel, die verfallen ist, ihre Trümmer willig wieder aufbaut und wieder aufrichtet, damit die übrigen Menschen den Herrn suchen und alle Nationen, über die sein Name ausgerufen ist, spricht der Herr, der dies tut.
Vielleicht hilft uns diese Gegenüberstellung. Es ist ein wesentlicher Unterschied, wie Gott mit Israel und wie er mit der Gemeinde handelt.
Die Auserwählung Israels war „von Grundlegung der Welt an“, so heißt es in Matthäus 25. Die Gemeinde ist auserwählt „vor Grundlegung der Welt“, wie in Epheser 1.
Die Art der Gemeinschaft Israels ist in Knechtschaft (Galater 4,1), die Gemeinschaft der Gemeinde ist in Freiheit (Galater 5,1).
Die Segnungen Israels sind irdisch, die Segnungen der Gemeinde sind himmlisch.
Das Evangelium Israels ist das Evangelium des Reiches, das Evangelium der Gemeinde ist das Evangelium von Jesus und der Gnade.
Das Haupt bei Israel ist Gott, das Haupt der Gemeinde ist Jesus.
Der Beginn Israels ist in Abraham, der Beginn der Gemeinde in Christus.
Der Zeitraum auf Erden für Israel ist von Abraham bis zur Verwerfung Christi und dann im tausendjährigen Reich, der Zeitraum der Gemeinde ist von Pfingsten bis zur Entrückung.
Wer gehört zu Israel? Durch natürliche Geburt, Kinder Abrahams. Wer gehört zur Gemeinde? Durch Wiedergeburt, Kinder Gottes.
Das Bürgertum Israels ist auf der Erde, das Bürgertum der Gemeinde im Himmel.
Das Priestertum Israels ist der Stamm Levi, das Priestertum der Gemeinde ist das sogenannte allgemeine Priestertum.
Der Auftrag Israels ist, Zeugnisträger in dieser Welt für Gott zu sein. Der Auftrag der Gemeinde ist Anbetung und Verkündigung beziehungsweise Mission.
Die Hauptstadt Israels ist das irdische Jerusalem, die Hauptstadt der Gemeinde ist das himmlische Jerusalem.
Das Erbteil Israels ist das irdische Reich, das Erbteil der Gemeinde ist der Himmel.
Das nächste Ereignis, das Israel erwartet, ist Drangsal und das Kommen Jesu in Macht und Herrlichkeit. Das nächste Ereignis, das die Gemeinde erwartet, ist die Entrückung.
Die Zukunft Israels ist das Königreich auf der Erde, die Zukunft der Gemeinde ist allezeit beim Herrn zu sein.
Ich möchte zusammenfassen: Wir sind heute nur mit einem Vortrag durchgekommen. Die Zukunft derer, die glauben, also der Gemeinde Jesu, ist, dass sie mit entrückt werden und im Himmel allezeit beim Herrn sein werden. Gleichzeitig werden wir auch mit Jesus hier auf der Erde herrschen. Das heißt, wir sind in der himmlischen Dimension. Wir können sowohl dort als auch hier sein – das ist für Gott kein Problem. Wir werden Teilhaber sein am neuen Himmel und der neuen Erde, in der Gerechtigkeit wohnt.
Die Zukunft derer, die nicht glauben, ist, dass sie auf der Erde bleiben und verdammt werden – entweder in der Drangsalzeit oder am Ende der Drangsalzeit in den Gerichten oder am großen weißen Thron – in der ewigen Verdammnis.
Die Zukunft Israels: Nach 70 n. Chr. ist Israel hinweggetan. Gott knüpft mit ihnen wieder an. Sie gehen durch die Drangsal und das tausendjährige Reich auf der Erde. Wer dort nicht gehorsam ist, wird von Gott täglich in der Sünde ausgerottet. Wer glaubt und durchhält, wird gerettet werden.
Hier als Gegenüberstellung: Wir haben eine völlig andere Hoffnung als Israel. Das muss man sehen. Viele Christen meinen, die Gemeinde stehe an der Stelle Israels und stellen sich darauf ein. Auch die Zeugen Jehovas glauben, Jesus sei schon wiedergekommen und wir seien schon im tausendjährigen Reich. Doch sie bewegen sich alle nur hier unten. Nur die sogenannten 144.000 meinen, sie seien oben, aber die sind schon alle. Alles andere ist Fußvolk hier auf der Erde. Das kommt aus der falschen Überzeugung, die Gemeinde stehe an der Stelle Israels.
Sie haben Römer 9 aus dem Zusammenhang gerissen, wo steht, dass Gott wieder mit Israel anfängt und keine der Verheißungen bereuen wird, die Israel gegeben wurden. Wir müssen wissen, dass die Gemeinde eine völlig andere Perspektive hat.
Wenn ich mit einem Zeugen Jehovas spreche, zeige ich ihm dieses Bild und sage: Während Sie da unten noch Wasserträger sind, bin ich da oben und schaue zu. Ich habe eine völlig andere Perspektive. Ich bin bei meinem Jesus. Sie sind unsicher, ob sie überhaupt durch die Drangsal und das Gericht am großen weißen Thron kommen.
Ich glaube, wenn unsere Geschwister das begreifen, wenn sie den Unterschied der Verheißungen für Israel und für die Gemeinde verstehen, würden sie völlig anders leben. Dann wären unsere Gemeinden auch ganz anders.
Wie viele treue Christen haben Angst, verloren zu gehen, weil sie Stellen für sich in Anspruch nehmen, die für Israel gesagt sind? Wie viele Christen werden durch die falsche Lehre, dass wir an der Stelle Israels stehen, in die Charismatik gezogen, weil sie die Verheißungen, die Gott für Israel gegeben hat, auf sich beziehen und meinen, sie müssten Wunder und Zeichen tun? Sie glauben, wenn sie nur fest genug glauben, funktioniert es.
Dieser Punkt hat Auswirkungen auf unsere Gemeinden. Ich glaube, wir haben in den vergangenen Jahrzehnten versäumt, diese Lehre zu verkündigen, weil auch bei uns Geschwister sind, die anfällig für falsche Lehren sind. Ich möchte Mut machen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Es ist ein umfassendes Thema, aber es macht frei, wenn man die Bibel wirklich zu verstehen lernt und weiß, wann Gott für wen gesprochen hat.
Merke: Du kannst die Aufgaben deines Lebens nicht ohne das kleine Einmaleins des Glaubens und das große Einmaleins der biblischen Heilsgeschichte lösen. Die Bibel spricht nicht an allen Stellen von uns als Gemeinde, aber sie spricht immer zu uns.
Vielleicht denkt ihr beim Autofahren an dieses Schild: „Bitte einordnen.“ Danke für eure Geduld. Ich bin zum zweiten Thema heute Vormittag nicht gekommen. Das können wir vielleicht heute Nachmittag als Erstes machen.
