Immer wieder erfährt man über die Medien, dass gewisse Lichtgestalten unserer Zeit aus einem recht skandalösen Verwandtschaftshintergrund stammen.
Da ist zum Beispiel der einflussreiche Politiker, der von den Bürgern unseres Landes gewählt wurde und als Minister ernannt ist. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass sein Großvater bei der SS war. Das ändert zunächst nichts an seiner politischen Position; er verliert deswegen nicht seinen Job. Aber damit hätten wir nicht unbedingt gerechnet.
Oder da ist die bekannte Schauspielerin, die viele von uns wahrscheinlich aus verschiedenen Filmen kennen. Sie ist sehr bekannt und beliebt, doch die wenigsten wissen, dass ihre Mutter ihren Vater erschossen hat. Ein absolut kaputter Hintergrund.
Ich war vor einigen Jahren auf einer großen Pastorenkonferenz in Amerika, und ein Prediger hat mich besonders beeindruckt. Vor allem, wie er über Gottes Idee von der Ehe gesprochen hat. Am Ende der Predigt erzählte er seinen persönlichen Hintergrund: Er wurde von einem 17-jährigen buddhistischen Mädchen geboren, und in seiner großen Verwandtschaft sind 90 Prozent der Ehen geschieden. Ich sage nur: krass! So ein kaputter Hintergrund, und doch ist er ein gesegneter Mann.
Noch weniger erwarten wir bei Jesus unter seinen irdischen Verwandten Skandale, oder? Aber genau das ist mein Predigtthema heute.
Mein Predigtthema lautet: Der Hoffnungsträger in skandalöser Verwandtschaft.
Ich habe meine Predigtreihe aus den Psalmen, die sogenannte Psalmenreihe, abgeschlossen. Meine neue Predigtreihe zum ersten Korintherbrief werde ich erst im Februar beginnen. Das heißt, ich habe aktuell freie Textwahl.
Ich habe mich für ein Geschlechtsregister entschieden, für den Stammbaum Jesu in Matthäus 1, angesichts der Vorweihnachtszeit. Diesen ungewöhnlichen Text möchte ich einmal am Stück mit uns lesen: Matthäus 1, Verse 1 bis 17.
Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Abraham zeugte Isaak, Isaak aber zeugte Jakob. Jakob aber zeugte Juda und seine Brüder. Juda aber zeugte Peres und Serach von der Thamar. Peres aber zeugte Hesron, Hesron aber zeugte Ram. Ram aber zeugte Aminadab, Aminadab aber zeugte Nachschon. Nachschon aber zeugte Salmon, Salmon aber zeugte Boas von der Rahab. Boas aber zeugte Obed von der Rut. Obed aber zeugte Isai, Isai aber zeugte David, den König.
David aber zeugte Salomo von der Frau des Uria. Salomo aber zeugte Rehabeam, Rehabeam aber zeugte Abija. Abija aber zeugte Asa, Asa aber zeugte Joschafat. Joschafat aber zeugte Joram, Joram aber zeugte Usija. Usija aber zeugte Jotam, Jotam aber zeugte Ahas. Ahas aber zeugte Hiskia, Hiskia aber zeugte Manasse. Manasse aber zeugte Amon, Amon aber zeugte Josia. Josia aber zeugte Jojachin und seine Brüder zur Zeit der Wegführung nach Babylon.
Nach der Wegführung nach Babylon aber zeugte Jojachin Schealtiel. Schealtiel aber zeugte Serubbabel, Serubbabel aber zeugte Abihud. Abihud aber zeugte Eljakim, Eljakim aber zeugte Asor. Asor aber zeugte Zadok, Zadok aber zeugte Achim. Achim aber zeugte Eliud, Eliud aber zeugte Eleasar. Eleasar aber zeugte Matthan, Matthan aber zeugte Jakob. Jakob aber zeugte Josef, den Mann Marias, von welcher Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird.
So sind nun alle Geschlechter von Abraham bis David vierzehn Geschlechter, von David bis zur Wegführung nach Babylon vierzehn Geschlechter und von der Wegführung nach Babylon bis zum Christus vierzehn Geschlechter.
Soweit unser Text.
Wie wir in Köln Ostheim glauben, hat jeder Text eine Botschaft für uns, und jeder Text ist predigbar. Auch in diesem Geschlechtsregister steckt eine ganze Menge drin. Zunächst ist es aber ein sehr ungewöhnlicher Beginn eines Evangeliums. Die anderen drei Evangelien, die wir ebenfalls haben, berichten von Jesus Christus, beginnen anders – nicht wie Matthäus.
Normalerweise gehören Geschlechtsregister nicht zu unseren Lieblingsversen, tendenziell. Aber das Geschlechtsregister hat es in sich. Es ist nichts anderes als ein Stammbaum. Wie wir in Vers 17 sehen, lässt es sich in drei zeitliche Abschnitte teilen: von Abraham bis David, das ist der erste Abschnitt; dann von David bis zur Wegführung nach Babylon; und schließlich von der Wegführung nach Babylon bis zur Geburt Jesu. Matthäus führt jeweils 14 Generationen pro Abschnitt an.
Jetzt muss ich einige Vorbemerkungen machen, damit wir den Rest der Predigt richtig verstehen. Wir müssen verstehen, dass es hierbei nicht um einen lückenlosen Stammbaum geht. Matthäus beabsichtigt eine Symmetrie von dreimal vierzehn Generationen. Warum genau, wissen wir nicht. Dazwischen werden aber auch einige Generationen weggelassen. Das ist nicht irrtümlich passiert, denn die Bibel enthält keine Irrtümer. Das war die bewusste Absicht von Matthäus.
Ihm geht es nicht um eine lückenlose Familienchronik fürs Regal. Er hat eine Botschaft an seine Leser und baut diesen Stammbaum selektiv auf, um diese Botschaft zu vermitteln. Er will die grobe Abstammungslinie Jesu von David her aufzeigen. Das heißt, es geht nicht um statistische Präzision, sondern um die royale Linie, die er hier darstellen will. Das hängt mit seinem Anliegen zusammen.
Die vier Evangelien, die wir zu Beginn des Neuen Testaments haben, sind nicht einfach komplett identisch. Jeder Schreiber verfolgt eine eigene Botschaft. Johannes möchte Jesus als den Sohn Gottes darstellen und beginnt daher mit einem Direkteinstieg. Lukas möchte eher die menschliche Seite Jesu aufzeigen: Jesus war hundert Prozent Gott, aber auch hundert Prozent Mensch. Markus zeigt uns Jesus als den leidenden Knecht. Matthäus hingegen zeigt Jesus als den im Alten Testament verheißenen Messias, als den größeren David, als den Sohn Davids. Dementsprechend beginnt er hier sehr gezielt mit einer Beweisführung – darum geht es.
Diese Vorgehensweise, dass man gewisse Dinge, gewisse Generationen auch weglässt, ist nicht ungewöhnlich. Einige Namen lässt Matthäus hier weg, andere führt er auf. Diese selektive Vorgehensweise war damals nichts Unübliches. Es geht einfach darum, aufzuzeigen, dass eine Person in einer direkten Abstammungslinie von der anderen steht. Dabei ist es nicht immer der Vater. „Sohn“ ist manchmal im Sinne von Nachkomme zu verstehen. Manchmal ist es der Urgroßvater.
Gerade weil Matthäus hier ein Stück weit selektiv vorgeht – er lässt einige Könige weg, andere führt er ein – macht das die ganze Sache so spannend. Warum baut Matthäus unter der Leitung des Heiligen Geistes diesen Stammbaum genau so auf, wie er ihn aufbaut?
Interessant ist auch, dass die Linie nicht zu Maria hinführt, sondern zu Joseph, obwohl Joseph ja nicht der leibliche Vater Jesu war. Wir müssen verstehen: Auch ein adoptierter Sohn wurde zur Abstammungslinie des Vaters gerechnet. Außerdem kam auch Maria aus dem Geschlecht Davids. Insofern haben wir da eigentlich keine größere Schwierigkeit.
So viel zu den Vorbemerkungen. Sie sind wichtig für die weitere Predigt.
Die heutige Predigt trägt den Titel „Der Hoffnungsträger in skandalöser Verwandtschaft“. Das hängt mit den zwei Botschaften zusammen, die dieser Stammbaum heute für dich und mich bereithält.
Zunächst einmal kommen wir zur ersten Botschaft: Dieser Stammbaum ist ein Stammbaum der Skandale. Beim genaueren Hinsehen fällt uns auf, dass Jesu Stammbaum kein sauberer Stammbaum ist. Er ist kein Stammbaum der reinen Westen, wie wir ihn vielleicht vermutet hätten. Heutzutage sind wir ja oft stolz, wenn wir aus einer Abstammungslinie kommen, in der Glaubenshelden hinter uns stehen. Da sagt so mancher Prediger: „Ich bin schon in vierter Generation Prediger. Ich predige, mein Vater hat gepredigt, mein Opa hat gepredigt, mein Urgroßvater, mein Uropa hat gepredigt.“ Und wir denken uns nur: „Wow, aus so einer Linie will ich auch gerne kommen.“
Weißt du was? Jesus kam auch nicht aus so einer Linie. Sein Stammbaum ist eigentlich eine Abstammungslinie voller Skandale, und da möchte ich euch heute mal mit hineinnehmen. Wir machen das nicht Vers für Vers und Name für Name, sondern ich will exemplarisch die Botschaft entfalten.
Der Stammbaum beginnt mit den drei großen Erzvätern Abraham, Isaak und Jakob. Schon über Jakob wissen wir aus dem Alten Testament, dass er ein waschechter Betrüger war. Er gab sich als Esau, seinen älteren Bruder, aus, um den Vater zu betrügen und den Segen zu erhalten. Das musst du dir erst mal vorstellen – nur um den Segen zu bekommen, hat er seinen Vater so hintergangen.
Dann werden Jakobs Söhne erwähnt: Juda und seine Brüder. Bis auf Josef und Benjamin haben alle zehn für negative Schlagzeilen gesorgt. Stell dir mal vor, du hast zwölf Söhne, und zehn sorgen für negative Schlagzeilen! Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass im Prinzip alle zehn Josef, ihren jüngeren Bruder, nach Ägypten verkauft haben und ihrem Vater eine andere Geschichte erzählt haben. Der arme Mann trauerte fast sein Leben lang.
Vielleicht denkst du jetzt: „Okay, aber Ruben war doch ganz okay.“ Ja, aber was lesen wir über Ruben? In 1. Mose 35,22 heißt es: „Während Israel in jenem Land wohnte, ging Ruben hin und schlief mit Bilha, der Nebenfrau seines Vaters.“ Wahrscheinlich hat sich Ruben später für Josef eingesetzt, weil er ein schlechtes Gewissen gegenüber seinem Vater hatte. Aber erst mal: Mit der Nebenfrau deines Vaters zu schlafen – das ist schon ein Skandal.
Dann haben wir Simeon und Levi, die durch ihre Gewaltbereitschaft auffallen. Ja, ihrer Schwester wurde Unrecht angetan, schlimmes Unrecht, aber deswegen bringt man nicht alle Männer in einem Dorf um. Das waren Simeon und Levi.
Weiter geht es mit Juda, denn von ihm geht die Linie weiter zu Jesus. In Vers 3 heißt es: „Juda aber zeugte Peres und Serach von der Thamar.“ Und für diejenigen, die das Alte Testament kennen, wissen: Thamar war Witwe und hat sich als Prostituierte verkleidet, um ihren Schwiegervater Juda zu verführen. Juda geht den Weg entlang, denkt, sie sei eine Prostituierte, und geht zu ihr. Das allein ist schon ein Skandal. Doch der Skandal geht weiter: Thamar wird von ihrem Schwiegervater schwanger.
Das sind Geschichten, die man eigentlich nicht erzählen möchte. Das sind Familiengeheimnisse, die man lieber unter den Teppich kehrt.
Dann finden wir Rahab im Geschlechtsregister. Rahab arbeitete in Jericho als Prostituierte.
In Vers 6 kommen wir endlich zur vermeintlichen Lichtgestalt: David. Hier atmen wir auf – der Mann nach dem Herzen Gottes. Aber bevor wir jubeln, lesen wir weiter: „David aber zeugte Salomo von der Frau des Uria.“ David hat Salomo mit der Frau eines anderen Mannes gezeugt – Ehebruch, ein weiterer Skandal im Stammbaum Jesu.
Selbst David, auf den ja viele Hoffnungen gesetzt werden, war nicht frei von Skandalen. Er war zwar ein Mann nach dem Herzen Gottes, wie die Bibel sagt, aber auch er hat einen großen Skandal verursacht.
Nach Salomo wird Rehabeam erwähnt. Rehabeam steht für Spaltung. Er wollte als König brutale Maßnahmen einführen. In 2. Könige 12,14 sagt er: „Mein Vater hat euch das Joch schwer gemacht, ich werde es noch schwerer machen. Mein Vater hat euch mit Peitschen gezüchtigt, ich werde euch mit Skorpionen züchtigen.“
Rehabeam war ein König, der das Volk brutal niederdrücken wollte. Das Volk sagte: „Das machen wir nicht mit.“ Genau hier bei Rehabeam kam es zur sogenannten Reichsteilung in Israel: zehn Stämme im Norden, zwei im Süden.
Rehabeam steht für zerbrochene Beziehungen, für Spaltungen, Enttäuschungen und Machtgier.
Aber Rehabeam ist nicht der einzige problematische König, der hier erwähnt wird. Manasse und Amon waren zwei der gottlosesten Könige Judas. Sie haben den Götzendienst mit einer klaren Agenda forciert. Auch sie finden sich im Stammbaum Jesu.
Dann wird das große, tragische Ereignis der Geschichte Judas erwähnt: die Wegführung nach Babylon.
Die Wegführung nach Babylon war Gottes Strafe für den anhaltenden Ungehorsam Judas. Gott hatte durch die Propheten viel gesprochen und zur Buße aufgefordert, doch das Volk wollte nicht hören. Deshalb kam es zu dieser Gefangenschaft. Auch dieses Ereignis wird im Stammbaum Jesu erwähnt.
Meine Frage ist: Überrascht dich das? Vielleicht denkst du: So habe ich den Stammbaum noch nie gelesen, das habe ich dort noch nicht gesehen. So ging es mir auch.
Ich glaube, das sind genug Beispiele, um den Punkt zu verstehen: Der Stammbaum Jesu ist ein Stammbaum der Skandale. Diese Skandale werden hier auch noch schonungslos aufgeführt. Es wird nichts frisiert, wie man es heutzutage vielleicht mit seinem Lebenslauf macht. Im Gegenteil, sie werden bewusst betont.
Gerade wenn es sich um einen lückenlosen Stammbaum handeln würde, hätte Matthäus keine andere Wahl gehabt, als alles aufzuführen. Doch gerade weil Matthäus selektiv arbeitet, hat man den Eindruck, dass er das Ganze hier besonders hervorheben will. Er lässt gewisse Namen weg und führt andere bewusst an.
Das wirft jetzt die Frage auf: Wenn Matthäus doch schon einige Könige überspringt, warum überspringt er dann nicht Manasse und Ammon? Nicht nur das: Matthäus nennt kaum Frauen, dieser Stammbaum ist sehr männerlastig. Es gibt 42 Männernamen, aber nur vier Frauennamen.
Warum erwähnt er dann Rahab und Tamar? Rahab, die als Prostituierte gearbeitet hat, und Tamar, die ihren Schwiegervater verführt hat. Warum erwähnt er sie? Man hätte sie weglassen können, zumal der Stammbaum ohnehin männerlastig ist. Warum unterbricht Matthäus bei David plötzlich sein eigenes Muster?
Schaut mal: Der Stammbaum folgt einem bestimmten Muster, das euch vielleicht aufgefallen ist. Es ist wie ein Refrain, wenn man ihn vorliest. Das Muster lautet: Person X zeugt Person Y.
Warum schreibt er bei David nicht einfach: „David zeugte Salomo“? Das wäre das Muster. Aber er unterbricht es und sagt: „David zeugte Salomo von der Frau des Uriah“.
Ich habe noch eine Frage an Matthäus: Warum erwähnt er die Wegführung nach Babylon? Er erwähnt sonst keine historischen Ereignisse. Warum gerade die Wegführung nach Babylon?
Der Auszug aus Ägypten würde besser in das Geschlechtsregister Jesu passen, wenn wir über historische Ereignisse sprechen. Nein, dieser Stammbaum ist und bleibt ein Stammbaum der Skandale – und das ist eine Botschaft, die Matthäus hier senden will.
Der Stammbaum Jesu zeichnet eine Geschichte von Menschen, die schuldig geworden sind: Intrigen, Betrug, Familiendramen, kaputte Beziehungen, Mord, Ehebruch, Prostitution, Leitungsversagen, Abfall von Gott und Götzendienst.
Ja, dieser Stammbaum ist ein Stammbaum der Skandale. Aber weißt du was? Eigentlich ist dieser Stammbaum einfach nur ein Spiegel für die gefallene Welt, in der wir leben. Jesu Vorfahren sind Menschen wie alle anderen Menschen. Wie sollte es auch anders sein?
Sünder können nur Sünder zeugen. In Römer 5,12 schreibt der Apostel Paulus, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod. So ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil alle gesündigt haben.
Jeder Mensch – das müssen wir verstehen – trägt seit dem Sündenfall Adams die DNA der Sünde in sich. Bei jeder Zeugung eines Nachkommen Adams wird diese DNA der Sünde weitergegeben. Das ist ein Kreislauf, den wir hier auch sehen, und genau das macht diese Welt zu einer kaputten Welt.
Ihr Lieben, Weihnachten steht vor der Tür, und gerade in der Vorweihnachtszeit wird für viele Menschen, vielleicht auch für dich persönlich, eine sehr emotionale Angelegenheit deutlich. Jedes Jahr aufs Neue klafft in der Vorweihnachtszeit die Schere zwischen Sehnsucht und Realität in deinem Leben weit auseinander.
Man wünscht sich so sehr die heile Welt, man sehnt sich nach harmonischen Beziehungen. Doch nicht selten stellen du und ich gerade in der Weihnachtszeit fest, dass wir weit von diesem Zustand entfernt sind. Zerrüttete Ehen, zerbrochene Familien, Scheidungen, Scheidungskinder, Streit und Zornausbrüche, seelische Verletzungen, körperliche Verletzungen – so viel Bitterkeit, so viele Krisen, so viele Kriege, so viel Hass, so viel Einsamkeit.
Die Welt ist heute nicht weniger kaputt als damals. Aber ich glaube, das betrifft nicht nur die Welt als Ganzes, sondern vielleicht auch dein persönliches Leben. Ich habe heute einige Scherben mitgebracht, und vielleicht ist dieser Scherbenhaufen irgendwie symbolisch für deine Situation gerade.
Vielleicht sitzt du heute hier, und man sieht es dir äußerlich nicht an, aber eigentlich weißt du: Mein Leben ist ein Scherbenhaufen. Da ist so viel kaputtgegangen, so viele Fehlentscheidungen. Auch in meinem Lebenslauf gibt es diese Skandale. Der Unterschied ist vielleicht, dass nicht jeder davon weiß, aber sie sind da. Es gibt Fehltritte, es gibt Fehlentscheidungen.
Weißt du was? Diese Erkenntnis ist so schmerzhaft, weil wir in der Regel dazu neigen, immer unsere Lebensumstände dafür verantwortlich zu machen. „André, wenn du wüsstest, aus welcher Familie ich komme!“ Ich glaube ja, dass die Familie einen sehr großen Einfluss auf uns haben kann. Aber ich möchte dich heute einladen, dich durch diese Predigt bewusst aktiv in diesen Stammbaum der Skandale einzureihen und Verantwortung zu übernehmen für die Dinge, die du falsch gemacht hast.
Das fällt uns so schwer. Aber wenn du das nicht tust, gibt es auch keine Hoffnung. Weißt du, der Gedanke ist eigentlich ganz einfach, und doch fällt er uns so schwer: Wenn du das bejahst und sagst: „Ja, mein Leben ist ein Scherbenhaufen – und zwar nicht nur aufgrund der anderen Menschen in meinem Leben, sondern weil ich hier stehe und gesündigt habe. Weil ich Gott aus meinem Leben ausgeklammert habe. Weil ich dachte, ich kann meinem Weg besser vertrauen als Gottes Weg und meinen eigenen Weg gehen wollte – deswegen ist mein Leben so ein Scherbenhaufen.“
Wenn du das erkennst und dafür Verantwortung übernimmst, dann gibt es für dich Hoffnung. Wenn du aber sagst: „Nur alle anderen sind schuld, ich bin immer nur das Opfer“, dann tut mir leid, dann habe ich für dich heute keine gute Nachricht.
Aber wenn du sagst: „Ja, es waren meine Fehlentscheidungen, es waren meine Skandale, ich reihe mich in diesen Stammbaum ein“, weißt du was? Dann gibt es für dich auch Hoffnung – die sich im Stammbaum befindet.
Und das ist mein zweiter Punkt: Die Hoffnungsträger im Stammbaum. In diesem Stammbaum gibt es nämlich eine einzige Person, die nicht von einem Mann gezeugt wurde. Ist euch das aufgefallen?
Vor jedem Namen steht der Begriff „zeugte“. Der Mann mit dem Namen X zeugte den Mann mit dem Namen Y. Dieses Muster, liebe Freunde, wird nur bei einer einzigen Person unterbrochen – bei Jesus.
In Vers 16 steht: „Jakob aber zeugte Joseph, den Mann Marias.“ Und hier steht nicht „Joseph zeugte“, sondern „den Mann Marias, von welcher Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird.“
Es findet also keine Zeugung durch Joseph statt. Das ist wichtig, denn wenn Joseph Jesus gezeugt hätte, gäbe es keine Hoffnung. Dann hätte Jesus selbst die DNA der Sünde in sich.
Was wir hier in Vers 16 sehen, mitten in einem Geschlechtsregister, ist Gottes wundersames Eingreifen in Zeit und Geschichte. Gott sagt: „Jetzt greife ich von oben ein.“ Deshalb ist die Jungfrauengeburt so wichtig – besonders für alle liberalen Theologen in unserem Land. Ohne Jungfrauengeburt gibt es keine Hoffnung.
Aber hier finden wir sie. Gott greift ein. Jesus wird von einer Jungfrau geboren – der langersehnte Messias, der Retter der Welt, der Einzige, der selbst nicht unter dem Fluch der Sünde steht. Er ist der Hoffnungsträger.
Ich zitiere an Weihnachten so gerne James Irwin. James Irwin war Astronaut bei Apollo 15. Er war auf dem Mond und gehört zu den wenigen Menschen, die tatsächlich auf dem Mond waren. James Irwin war selbst überzeugter Christ und Prediger. Nach seiner Mondlandung haben ihn viele Menschen gefragt, wie es für ihn war, auf dem Mond zu sein.
Die Antwort bewegt mich immer wieder. James Irwin sagte – und dieses Zitat sehen wir an der Wand: Viel wichtiger als dass der Mensch seinen Fuß auf den Mond gesetzt hat, ist die Tatsache, dass Gott seinen Fuß auf die Erde gesetzt hat.
Das feiern wir an Weihnachten: den Hoffnungsträger. Genau das sehen wir hier bei Jesus. Diese skandalöse Abfolge wird plötzlich unterbrochen. Hier kommt der Game Changer, der alles auf den Kopf stellen kann, der alles neu machen kann.
Die negative Kette wird unterbrochen. Und ich möchte heute sagen: Jesus kann auch bei dir deine negative Kette unterbrechen. Er kann bei dir in deinem Leben etwas ganz Neues beginnen.
Übrigens führen wir deswegen auch Kindersegnungen durch. Das ist nicht einfach nur eine Zeremonie, sondern wir glauben im Gebet, dass Jesus im Leben dieser Kinder etwas Neues machen kann. Das kann er auch in deinem Leben. Das kann er auch in deinem Leben.
Und schaut mal, dieser Stammbaum ist eben nicht nur ein Stammbaum der Skandale. Er zeigt Gottes Rettungsplan auf. Interessanterweise läuft das komplett parallel: Auf der menschlichen Seite gibt es einen Skandal nach dem anderen. Zugleich sehen wir, wie Gott seine Verheißungen eine nach der anderen erfüllt.
Dieser Stammbaum zeigt uns nicht die Rechtschaffenheit der Menschen. Er zeigt uns die Gnade Gottes – er greift ein. Ich möchte euch da mal ein bisschen mit hineinnehmen, damit wir den roten Faden in der Bibel sehen.
Das Ganze beginnt im traurigsten Kapitel der Bibel. Dort fängt Heilsgeschichte an, eigentlich schon vor der Grundlegung der Welt, wenn wir Epheser 1 hinzuziehen. Von den Verheißungen her spricht Gott zur Schlange in 1. Mose 3,15: „Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“
Eigentlich ist 1. Mose 3 das traurigste Kapitel der Bibel. Es ist der Sündenfall. Adam und Eva strecken Gott ihre Hand, ihre Faust in den Himmel und sagen: Wir wissen es besser, wie unser Leben zu gestalten ist. Und in diesem traurigen Kapitel sagt Gott, es wird irgendwann ein Nachkomme von der Frau geben. Dieser Nachkomme wird der Schlange endlich mal den Kopf zertreten.
Und wisst ihr, wie es weiterging? Alle Hoffnungen lagen auf Kain, dem ersten Nachkommen der Frau. Endlich kommt der Schlangenzertreter? Nichts da! Kain hat jämmerlich versagt – wie wir alle. Und die Frage entsteht: Eigentlich hat man sich damals, ich will euch in das Denken hineinnehmen, wir haben ja den Vorteil, wir wissen schon, wie es ausgeht, aber ich will euch mal mit hineinnehmen, als ob wir es noch nicht wüssten.
Bei jeder Geburt eines Sohnes hat man sich im Alten Testament Hoffnung gemacht: Ist das jetzt der Schlangenzertreter? Nein, war es nicht. Viele waren es nicht. Dann meldet Gott sich wieder und sagt zu Abraham: „Weißt du was, Abraham, dein Nachkomme wird ein Segen sein für die Nation.“ Wir erfahren also, es wird ein Nachkomme Abrahams sein, aus den Juden.
Dann sehen wir die Nachkommen Abrahams: Isaak, Jakob und die zwölf Söhne Jakobs. Ich habe gerade schon genug über sie gesagt. Wo sind die Hoffnungsträger? Wo ist dieser eine Schlangenzertreter?
Aber dann spricht Jakob in 1. Mose 49 den Segen über seine Söhne, und wir werden überrascht, was er über Juda sagt. Geistgeleitet heißt es dort: „Nie weicht das Zepter von Juda, der Herrscherstab von seinem Schoss, bis der kommt, dem er gehört, und ihm werden die Völker gehorchen“ (1. Mose 49,10). Hier haben wir die nächste messianische Verheißung in der Bibel.
Von Juda wird der kommen, dem der Herrscherstab gehört, der, dem die Nationen gehorchen werden. Wer ist dieser Mann? Acht hundert Jahre später findet sich bei König David eine Konkretisierung dieser Verheißung. In 2. Samuel 7,16 sagt Gott zu David: „Dein Haus aber und dein Königtum sollen vor dir Bestand haben für ewig; dein Thron soll feststehen für ewig.“
Ich glaube, David konnte es kaum glauben, was Gott hier sagt. Er sagt, ein Nachkomme Davids wird ewig auf dem Thron sitzen. Wer ist dieser größere David? Wer ist er? Salomo war es nicht.
Dann kommen die Propheten hinzu. Jeremia sagt in Jeremia 23,5: „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, da werde ich dem David einen gerechten Spross erwecken, der wird als König regieren und verständig handeln und Recht und Gerechtigkeit im Land üben.“ Wir erfahren durch die Propheten bestätigt, dass es ein Nachkomme Davids sein wird.
Beim Propheten Micha finden wir plötzlich eine zusätzliche Information zum Ort: „Und du, Bethlehem, Ephrathah, die du klein bist unter den Tausendschaften von Juda, aus dir wird mir der hervorgehende Herrscher über Israel sein; und seine Ursprünge sind von der Urzeit und von den Tagen der Ewigkeit her“ (Micha 5,1).
Hast du dir mal die Frage gestellt, warum Bethlehem? So eine unbedeutende Stadt, ein kleines Dorf – warum Bethlehem? Die Antwort ist ganz einfach: Es ist die Stadt Davids. Und Gott sagt, es wird ein Nachkomme Davids sein.
Dann passiert erst mal lange nichts. Letztendlich schließt das Alte Testament mit der Erwartung: Wo bleibt der Schlangenzertreter? Wo bleibt er? Wo bleibt der Sohn Davids? In deiner Bibel liegt zwischen dem letzten Propheten des Alten Testaments, Maleachi, und dem ersten Buch des Neuen Testaments nur eine Seite. Richtig? Aber diese eine Seite steht für vierhundert Jahre – vierhundert Jahre Schweigen Gottes.
Jede Generation stellt sich die Frage: Wann kommt er endlich? Wir kommen nicht klar mit unseren Sünden, unser Leben ist ein Scherbenhaufen. Wo bleibt er endlich?
Nach vierhundert Jahren blättert Gott um. Es kann keinen besseren Beginn für Matthäus 1 geben, als mit einem Geschlechtsregister zu starten. Da ist er! Da ist der David, der größere David, da ist der Schlangenzertreter.
Und das ist das, was dieses Geschlechtsregister uns deutlich machen möchte, was es dir heute deutlich machen möchte: Der Schlangenzertreter aus 1. Mose 3,15 ist Jesus. Er ist der Nachkomme Abrahams, durch den die Nationen gesegnet werden sollen.
Jesus ist der, der aus dem Stamm Juda kommt, der das Zepter in der Hand hält. Jesus ist der größere David, der in 2. Samuel 7 angekündigt wird. Jesus ist der, den die Propheten vorausgesagt haben.
Alles läuft auf diese eine Person hinaus: Jesus, der Retter der Welt.
Ist er auch dein Retter? Ist er dein Retter?
Weißt du, dieser Stammbaum hat zwei Botschaften für uns. Die erste Botschaft lautet: Es ist ein Stammbaum der Skandale. Die zweite Botschaft ist: Es gibt einen Hoffnungsträger im Stammbaum.
Jetzt verstehen wir, warum Matthäus all die Skandale aufführt, oder? Warum ist das hier kein Stammbaum von Helden? Die Antwort ist ganz einfach: Helden brauchen keinen Retter. Helden brauchen keinen Retter.
Der Stammbaum vermittelt uns folgende Botschaft: Jesus kam nicht in eine heile Welt, aber er war der Heiland der Welt. Halleluja!
Ein paar Verse später heißt es in Matthäus 1, nur wenige Verse nach unserem Predigttext: „Und sie wird einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.“ Genau dafür ist Jesus gekommen.
Ich weiß nicht, ob du das bisher verstanden hast. Ich möchte noch einmal zurückkommen auf den Scherbenhaufen. Vielleicht sitzt du heute hier im Gottesdienst und kannst dich sehr gut wiederfinden. Du musst feststellen: Ja, mein Leben ist ein Scherbenhaufen. Ich habe so viel falsch gemacht, ich habe andere Menschen verletzt, ich habe gar nicht mit Gott gelebt, ich habe einfach nur wild in der Sünde gelebt.
Verstehst du jetzt? Jesus ist genau für dich gekommen. Ich kann mich noch sehr gut an ein Gespräch erinnern, das ich mit einem Soldaten auf unserem Balkon geführt habe. Wir haben über das Evangelium gesprochen, und ich hatte wirklich den Eindruck, dieser Mann ist offen. Am Ende habe ich ihm gesagt: „Warum nimmst du das nicht für dich an?“ Seine Antwort war: „Andre, wenn du meine Vergangenheit kennen würdest, ich habe zu viel Mist gebaut.“
Ich habe ihm gesagt: Gerade dann, gerade dafür ist Jesus gekommen. Ich möchte dir heute eines sagen: Du bist nie zu schlecht für das Evangelium, du bist höchstens zu gut für das Evangelium.
Dan Ortlund schreibt in einem Buch, das ich wärmstens empfehle. Es heißt „Die herausfordernde Gnade Jesu“ und ist im 3L Verlag erschienen. Er schreibt Folgendes:
„Im Reich Gottes ist die eine Sache, die uns qualifiziert, dass wir wissen, dass wir nicht qualifiziert sind. Und die eine Sache, die uns disqualifiziert, ist zu denken, dass wir qualifiziert sind.“
Das ist so wahr, ich lese es noch einmal vor:
„Im Reich Gottes ist die eine Sache, die uns qualifiziert, dass wir wissen, dass wir nicht qualifiziert sind, und die eine Sache, die uns disqualifiziert, ist zu denken, dass wir qualifiziert sind.“
Ich möchte heute zwei Personengruppen ansprechen und einladen.
Weißt du, wenn du genau weißt: Das ist mein Leben, der Scherbenhaufen, ich könnte mich hier genau einreihen in diesem Stammbaum mit meinen Skandalen, dann weißt du was? Dann ist Jesus für dich gekommen. Er ist für dich ans Kreuz gegangen, er hat all den Müll in deinem Leben, all die Sünde, mit ans Kreuz getragen, und er hat schon dafür bezahlt.
Das Einzige, was du machen musst, ist das anzuerkennen. Komm einfach mit deiner Kapitulationsurkunde zu Jesus und sage: „Ja, das ist mein Scherbenhaufen, aber du bist der Hoffnungsträger, du bist der Retter, und ich setze mein ganzes Vertrauen auf dich.“
Dazu möchte ich dich heute Morgen einladen, dass du eine Entscheidung für Jesus Christus triffst.
Ich möchte dich aber auch herausfordern: Wenn du hier sitzt und sagst: „So schlecht bin ich gar nicht“, dann hast du ein ganz großes Problem. Dann ist Jesus nicht für dich gekommen. Helden brauchen keinen Retter.
Ich möchte dich einladen, zu deinem Scherbenhaufen zu stehen, den du auch hast.
Wir werden jetzt gleich ein Lied gemeinsam singen, und ich lade dich ein, das gerne an deinem Platz zu tun. Man muss nicht nach vorne kommen, um sich zu bekehren.
Aber wenn du heute erkannt hast, wenn Gott dir die Augen geöffnet hat für deine Skandale, für deinen Scherbenhaufen, dann sage: Jesus, ich habe es heute verstanden. Gerade deswegen bist du gekommen, und ich nehme deine Vergebung an, deine Gnade, und ich setze mein ganzes Vertrauen auf dich.
Du darfst das auch tun, indem du gleich nach vorne kommst zum Kreuz und damit symbolisch zum Ausdruck bringst: Ich reihe mich ein in diese Abstammungslinie, und ich will Jesus annehmen.
Kommt, lasst uns dazu aufstehen. Es ist ein Gruppenlied, das wir hören werden, aber währenddessen kannst du gerne kommen und Jesus dein Leben übergeben.