Jakob verließ Beer-Seba und machte sich auf den Weg nach Haran. Auf dem Weg kam er an einem bestimmten Ort an und übernachtete dort, weil die Sonne unterging. Er nahm einen der Steine des Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief ein.
Im Traum sah er eine Leiter, die auf der Erde stand und deren Spitze den Himmel berührte. Engel Gottes stiegen auf und nieder auf dieser Leiter. Und der Herr stand über ihr und sprach: „Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und Isaak. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Deine Nachkommen sollen zahlreich sein wie der Staub der Erde, und sie sollen sich über das ganze Land ausbreiten. Alle Völker der Erde werden durch dich und deine Nachkommen gesegnet sein. Ich bin mit dir und werde dich beschützen, wohin du auch gehst. Ich werde dich nicht verlassen, bis ich das getan habe, was ich dir versprochen habe.“
Als Jakob aufwachte, sagte er: „Gewiss ist der Herr an diesem Ort, und ich wusste es nicht.“ Er hatte Angst und sagte: „Dieser Ort ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist das Tor zum Himmel.“
Am Morgen nahm Jakob den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, stellte ihn als Gedenkstein auf und goss Öl darauf. Dann nannte er den Ort Bethel, was „Haus Gottes“ bedeutet.
Jakob machte sich auf den Weg und legte einen Schwur ab: „Wenn Gott mit mir ist, mich auf diesem Weg beschützt und mir Nahrung und Kleidung gibt, und ich sicher nach Hause zurückkehre, dann wird der Herr mein Gott sein. Dieser Stein, den ich als Gedenkstein aufgestellt habe, soll Gottes Haus sein, und ich werde den Zehnten von allem, was du mir gibst, dem Herrn geben.“
Einführung: Die Bedeutung gewöhnlicher Menschen in der Bibel
Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zu einem Steinmal, soll ein Gotteshaus werden, und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben.
Biographien großer Männer – wenn man einmal darin stöbert, kann man staunen, was es doch für großartige Menschen gibt. Menschen mit hervorragender Intelligenz oder – und da staune ich am allermeisten – Menschen, die einen edlen, feinen Charakter haben. Sie hinterlassen dann eine tiefe Wirkung auf viele Menschen.
Wenn ich jedoch in der Bibel lese, finde ich auch Lebensbeschreibungen. Dort handelt es sich aber nicht um herausragende menschliche Persönlichkeiten. Dort sind es normale Durchschnittsmenschen, ja, man kann sogar sagen: nach unten gibt es keine Grenze.
Es wird zum Beispiel von einem Mann erzählt, dessen Leben geprägt war vom unrechten Umgang mit Geld, Matthäus. Oder von einem Mann, der als Jünger mit Jesus zog, aber in der entscheidenden Stunde versagte und seinen Herrn verleugnete – das war Petrus. Dazu gehört auch die Geschichte dieses Mannes, von dem unser heutiger Text handelt: von Jakob, dem Betrüger.
Wenn man diese Lebensbeschreibungen betrachtet, stellt sich die Frage: Wie kommen sie in die Bibel? Etwas war in ihrem Leben geschehen. Etwas, das sie stur unterscheidet zwischen einst – dem Wahreinmal – und dem Jetzt, dem Heute.
Dieses Etwas, das geschehen war, war etwas völlig Neues in ihrem Leben. Es hatten es weder Vater noch Mutter vererbt, es war nicht in ihrem Charakter angelegt, auch nicht als Begabung in ihnen schlummernd. Dieses Etwas wurde ganz neu in sie hineingegeben. Und dieses Etwas war Gott selbst, der sich in fehlbaren, schwachen und versagenden Menschen eine Wohnung suchte und in ihrem Leben wirkte.
Das ist ganz groß, was uns hier gesagt wird: Der heilige und erhabene Gott lässt sich in unserer Welt finden. Er sucht Menschen auf, die gar keine Veranlagung dazu haben, die dafür ganz ungeeignet sind. Und Gott geht in das Leben dieser Menschen hinein. Ein defekter Charakter, ein minderwertiger Mensch wird zu einem Platz, zu einer Stätte, an der sich der lebendige, heilige Gott verherrlicht.
Wenn wir unsere Lebenspläne schmieden und groß denken, dann muss uns das immer bewusst sein: Selbst wenn wir über eine überdurchschnittliche Intelligenz verfügen, wäre das für Gott noch viel zu wenig. Selbst wenn wir uns in unseren Charaktereigenschaften mit den edelsten Wohltätern messen könnten, wäre das für Gott noch zu wenig – viel zu wenig.
Er will ja selbst seine Art in unser Wesen einprägen. In unserem ganzen Tun soll man die Spuren des ewigen Gottes sehen können. Und das ist nur möglich, wenn Gott selbst in einem irrtischen, zerbrechlichen, kümmerlichen Menschenleben Wohnung macht.
Darüber möchte ich heute predigen.
Gottes Ansprache an den Menschen: Jakob in der Nacht
Ein Menschenleben erhält eine wesentliche Bedeutung, und das geschieht in drei Schritten. Zuerst spricht Gott einen Menschen an.
Es war eine kalte Nacht in der Steppe. Draußen liegt jemand und versucht zu schlafen. So, wie er sich in dieser Nacht gefühlt hat, hat er sich bestimmt nie wieder gefühlt. Er war von zu Hause geflohen und um sein Leben gerannt. Sein Bruder war hinter ihm her, und sein ganzes Leben war in die Brüche gegangen. Für den Mann war das besonders schwer.
Manche gehen von zu Hause weg, weil sie Freiheit suchen. Das traf auf Jakob nicht zu. Er war ein Mann, der gern am Rockzipfel seiner Mutter hing. In der Bibel heißt es, er war ein gesitteter Mann und wohnte gern in Zelten. Es war ihm wohl, wenn er zu Hause sein konnte – nur nicht wegmüssen. "Daheim ist doch am allerschönsten." Und dann wurde er hinausgeschleudert in die kalte Nacht.
Draußen liegt er einsam, niemand ist da, niemand nimmt sich seiner an. Da begreift Jakob in der Nacht: Da ist der lebendige Gott, und er redet mit mir. Er spricht mit mir und ruft mich. Überraschend ist, dass Gott keine Sicherheitsklausel einbaut. Man weiß ja nicht, ob Jakob überhaupt will. Wenn Gott ihn anspricht mit den Worten: "Siehe, ich bin mit dir", will er das überhaupt?
Wir erleben es doch, wie viele hochnäsig das wegschieben und sagen: "Ich will doch von Gott gar nichts wissen." Aber so ist Gott wirklich. Ich erkenne das in meinem Leben nur nicht, ich bin dafür blind. So ist Gott mir doch schon dauernd nachgelaufen. Man hört diese Stimme manchmal erst in den einsamen Stunden, wenn alles in die Brüche gegangen ist: Gott wirbt um uns mit den Worten: "Siehe, ich bin mit dir."
Dabei passen die beiden doch überhaupt nicht zusammen. Und doch – das ist ja gerade typisch – die beiden passen wirklich nicht zusammen. Schon in den ersten Kindertagen wurde Jakob dieser schreckliche Name gegeben. Jakob – das erinnert im hebräischen Wortspiel an Betrug. Es ist ein zweideutiger Name, bei dem die Leute ein bisschen grinsen.
Das war nicht bloß ein Name, das war sein Wesen. Die Bibel deckt das so schonungslos auf: Es ist nicht bloß äußerlich so, dass ich ein paar Fehler und Macken habe. Es ist mir ins Wesen hineingeschrieben, dass ich ein Mensch bin, ein unheimlicher Mensch, in dem schreckliche Sachen geschehen.
Was hier vorgefallen war, war nicht bloß ein Familienkrach, wie er hier und da mal vorkommen mag oder gar unter Brüdern, dass man sich in die Wolle kriegt. Das war böse Schuld, die hier geschehen war. Hier war ein Unrecht geschehen, und Jakob konnte gar nicht anders, als von zu Hause wegzugehen.
Er hat etwas getan, und diese böse Tat brachte Hass hervor. Dieser Hass fraß in seinem Bruder Esau weiter. Der Hass gebar neue Schuld, neue Auseinandersetzungen und neue Bosheit. Wie Jakob durch die Nacht rennt, ist es so, als könnte er seiner Schuld entkommen, als könnte er weglaufen.
Das ist gleichzeitig ein Bild unseres Menschenlebens, das in der Bibel mehrfach gezeichnet wird. Wir kennen das von Kain, der über die Welt geht und eine Schuld zu tragen hat, die er nicht mehr loswird. Er sagt, sie sei eigentlich zu schwer, als dass er sie tragen könnte.
Vom ersten Menschen, von Adam, wird gesagt, dass er mit Dornen und Disteln lebt. Das ist nicht bloß ein ärgerliches Leben in der Welt des Berufs und der Arbeit, sondern es erinnert ihn an seine Schuld. Er hat teil an einem Leben, das vor Gott in die Brüche ging und das nicht mehr repariert werden kann.
Es wäre so einfach, wenn wir bei den ärgerlichen Zuständen in unserem Leben immer wieder sagen könnten: "Na ja, da haben wir eben irgendwo Pech gehabt." Wir haben doch dieses Leben so gelebt, dass wir unstet und flüchtig sind, dass wir keinen Menschen mehr haben, der um uns ist, dass wir vereinsamt sind – das ist unsere Schuld.
Genau dort redet Gott in dieser Nacht zu Jakob. Er bindet sich an diesen Betrüger und sagt ihm: "Siehe, ich bin mit dir, gerade dich meine ich." Wir taufen Kinder, weil wir nicht wie moderne Pädagogen davon überzeugt sind, dass Menschen gut sind, sondern weil wir wissen, wie tief das hineingeht.
Von unserer Geburt an sind wir von Gott nicht brauchbar, und in uns wohnt das Böse. Was wir anpacken, wird böse. Aber da ist der Herr, der sich zu solchen Menschen herunterbeugt und sagt: "Siehe, ich bin mit dir." Gott bindet sich so an uns, dass alles neu werden kann.
Das ist für uns Christen der Inhalt unseres Glaubens, das bleibt die Mitte all unseres Redens. Dafür hat Jesus Christus sein Leben gelassen, weil er sich an uns binden will. Er bindet sich, weil wir Sünder sind, gefallene Menschen, Aufrührer, die gegen ihn im Streit liegen.
Das fängt in unserem Christenleben zuerst einmal damit an, dass wir hören. Viele behaupten immer wieder, das Christenleben fange mit der Tat an, man müsse sich bewähren. Glauben Sie das wirklich nicht. Lesen Sie in der Bibel, es fängt mit Hören an.
Kein Wort wird zu Jakob gesagt: "Tu mal etwas Nettes." Es fängt an mit: "Jakob, hör einmal zu!" Dann wird jemand Christ, wenn er das zum ersten Mal mit seinen Ohren vernimmt, begreift und in seinem Herzen Ja dazu sagt: Gott bindet sich an mich, und wir beide passen überhaupt nicht zusammen. Und doch – das Wunder ist da.
Das ist Glauben, das Wunder aller Wunder zu fassen. Das ist größer als die Heilung eines Aussätzigen, größer als die Auferweckung eines Toten aus dem Grab: dass Gott bei mir ist, dass Gott bei Ihnen ist und trotz Schuld und Sünde vergebend in ihr Leben eingreift, sie ruft und sie will.
Wenn das heute Morgen jetzt einigen von uns so ganz direkt zum ersten Mal deutlich wird, dann ist das der Ruf Gottes in ihr Leben: "Ich bin mit dir."
Die Trennungslinie im Glaubensleben: Das Alte ablegen
Aber nun wird eine Trennungslinie gezogen – das ist das Zweite. Die Szene war gespenstisch. Wenn man sie verfilmen wollte, wäre sie unheimlich: diese kalte Nacht, in der nur der Mond fahl herabscheint. In der Ferne hört man wilde Tiere heulen. Und da liegt dieser einsame junge Mann in der Wüste – ein Bild des einsamen Menschen unserer Tage.
Nun redet Gott und sagt: „Ich bin mit dir.“ Man könnte meinen, Jakob macht einen Luftsprung – doch das tut er nicht. Er erschrickt. Warum erschrickt er? Erst wenn Gott zu uns spricht und uns diese Zusage gibt, erkennen wir die Größe unserer Schuld. In diesem Moment kommt der Schrecken.
Das können Sie durch die Bibel hindurch verfolgen. Als Petrus richtig zum Glauben kam, fiel er nieder und sagte: „Herr, geh weg von mir!“ Das ist ganz gefährlich. Verfolgen Sie das einmal in Gesprächen, die Sie mit Predigern führen, oder wenn Menschen bei einer Evangelisation getroffen wurden. In dem Augenblick, in dem Menschen eigentlich vor Freude strahlen müssten, fangen sie an zu erschrecken.
Das ist eine gefährliche Klippe, denn man kann am Glauben noch einmal Schiffbruch erleiden und sagen: „Nein, nein!“ Darüber redet man natürlich auch nicht. Jetzt wird Jakob erst bewusst, dass sein Verhalten eine böse Tat war – Unrecht, Schuld, Sünde vor Gott. Und man will das ja nicht aussprechen. Dann flüchtet man sich irgendwohin, sagt: „Ich gehe da nicht mehr hin“, oder „Mir passt das nicht“, oder „Mir hat das nicht gefallen“, und man kritisiert die Sprache. Dabei wird man in diesem Moment nur schuldbewusst.
Man hat nie begriffen, dass Gott, wenn er redet, in dem Augenblick einen Trennungsstrich ziehen will – einen Graben reißen, um das Alte abzutrennen. Er will das Alte loslösen, damit das Neue anfangen kann. Es soll ein „Einst“ geben und ein „Jetzt“. Sie können es nennen, wie Sie wollen. Wenn Sie ein „Aber“ haben und das nicht Bekehrung nennen wollen, dann nennen Sie es, wie Sie wollen.
Die Sache muss her, es muss ein Trennungsstrich werden. Wollen Sie denn immer mit der alten Vergangenheit leben? Das muss ein furchtbares Glaubensleben sein, wenn jemand die Sache der Bekehrung nicht haben will – dieses Ablegen des Alten. Einmal muss doch Jakob von diesem Dreck der Vergangenheit loskommen. Sonst hat man immer diesen Schrecken, sobald Gott in unser Gewissen hineinredet.
Gott hat Jakob schon viel früher im Leben das Wort gesagt: „Ich bin mit dir schon in Kindertagen.“ Er war ja ein Träger des Segens Gottes, hat es nur nie begriffen. Gehört hat er es oft, begriffen hat er es nie. Wirklich begriffen hat er es erst, als er Gott diesen Strich ziehen ließ, quer durch sein Leben. Dann sagte er: „Das Alte ist vergangen, jetzt ist alles funkelnd, nagelneu geworden.“
Früher konnte er das nie sagen, weil er immer probierte, sich mit eigener Kraft an die Gaben Gottes heranzumanövrieren, ja, sich durchzulavieren. Im Buch Hosea wird einmal gesagt, dass dies die typische Art des Volkes Gottes sei – wie Jakob zu leben. Und wir Christen müssen besonders hell darauf hören, wenn gesagt wird, das sei eine Not der frommen Leute.
Man meint, man könne mit eigener Kraft vor Gottes Heiler herjagen, mit eigener Frömmigkeit, eigener Züchtigkeit und eigener Geschicklichkeit dahin kommen, wo Gott einen hinführen will. Nein! Erst draußen, als das Leben in die Brüche gegangen war, in der Wüste, als er allein war, hat Jakob begreifen können – und er hat es immer noch nicht ganz begriffen.
Sie haben ganz recht: Um seine Bekehrung zu verstehen, braucht man sicher ein Leben lang. In vierzehn Tagen wird Herr Grünzweig über die Fortsetzung der Jakobsgeschichte predigen. Dort ringt Jakob noch einmal mit Gott am Jabokfluss und will Gott festhalten. Gott gibt ihm einen Schlag – er wird zeitlebens ein Krüppel bleiben.
Bis er begreift: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Oder gar am Ende seines Lebens sagt er: „Herr, ich warte auf dein Heil, ich stehe da mit meinen leeren Händen.“ Ob wir das heute begreifen? Nur dann können wir von den großen Gaben empfangen, die Gott austeilt, wenn wir da stehen und unsere leeren Hände ausstrecken.
Wenn Sie heute hierher gekommen sind und sagen: „In meinem Leben ist alles kaputtgegangen, ich bin ganz leer“, dann sind Sie ganz nah beim Empfangen. Dann sind Sie einer, der diese Stimme vernehmen kann: „Siehe, ich bin mit dir, ich will dich behüten, wo du hinziehst.“
Gottes Begleitung und Schutz auf dem Lebensweg
Wenn endlich eine Trennungslinie gezogen werden kann, wenn das Alte durch die Vergebung Jesu bewältigt ist und man das Neue ergreift – dann geht er mit mir. Ja, das soll das Letzte sein: Dieses Leben führt in die Weite.
Gott sagt zu Jakob: „Ich will dich behüten, wo du hinziehst.“ Ich hatte bereits am Anfang erzählt, dass es Jakob schwerfiel. Er war ein häuslicher Typ und wohnte gern in Zelten. Er trug gerne Hausschuhe, fühlte sich dann gemütlich und blieb lieber zu Hause.
Doch nun sendet Gott ihn hinaus und sagt: „Geh in die Welt!“ Das lag ihm nicht. Uns fällt es auch schwer, wenn der Herr uns wieder hinaus in die Welt sendet – dorthin, wo die Menschen sind und so viel Böses geschieht. Wir bleiben gern dort, wo Freunde uns umgeben. Aber es ist, als ob der Herr seine Leute hinausschleudert in die dunkle Nacht, als ob das sein müsste.
Wir haben diesen Predigttext wohl, weil er uns nach dem Epiphaniasfest gegeben ist. Wo der Herr mit uns geht, ist die Finsternis nicht mehr finster. Das Dunkle wird hell, plötzlich leuchtet die Dunkelheit, weil er uns von allen Seiten umgibt. Dann kann die Angst nicht mehr da sein.
Und wenn uns von allen Seiten Wölfe umgeben, ist der Herr da und gibt uns Frieden. Selbst wenn uns bange wird vor uns selbst – Jakob hat sein Leben lang nie die Angst vor sich selbst verloren. Wenn in meinem Leben wieder das Böse hochkommt, weiß ich: Der Herr ist bei mir. Wenn er mich behütet, kann ich ganz froh und unbesorgt sein.
Wir sollten von Jakob lernen. Wir sollten Mut bekommen, uns vom Herrn hinaussenden zu lassen in die Welt, auch wenn es dunkel aussieht. Nicht weil wir mutig sind, sondern weil der Herr sich an uns bindet: „Siehe, ich bin mit dir.“
Jakob wusste vorher gar nicht, dass der Herr selbst in der dunklen Nacht bei ihm ist. Über Bethel lag kein besonderes Geheimnis. Es war nur der Ort, an dem Jakob es bemerkte. Aber eigentlich steht dieses Wort über jedem Platz dieser Welt – selbst über dem trostlosesten Ort.
Es steht über dem Zimmer, in das jemand heimkehrt, über dem Beruf, in den Gott ihn gestellt hat, über der Ehe, in der jemand lebt: „Ich bin mit dir.“ Der Herr will sich an uns binden.
Unser Herr hat sich an Versager gebunden, wie Jakob einer war, an schwache Menschen, an Menschen, deren Leben zerbrochen war. Aber es kommt nicht auf unsere Eigenschaften an. Es kommt darauf an, dass wir dieses Wort begreifen und annehmen: „Siehe, ich bin mit dir. Ich will dich behüten, wo du hinziehst.“
Wer hier zugreift, der gewinnt alles. Amen.
Schlussgebet
Und beten. Herr Jesus, wir wollen dir für das Wunder deiner Erwählung danken. Du hast uns gerufen, gerade weil wir Versager sind und unser Leben auch vor dir unwürdig gelebt haben. Ja, alles klagt uns an, aber umso größer wurde deine Liebe zu uns.
Wir haben oft deine Stimme verachtet und deinen Ruf auf die Seite gedrückt. Herr, wir bitten dich: Ruf du bei jedem von uns so laut hinein, dass wir diesen Trennungsstrich in unserem Leben vollziehen. So kannst du der Herr sein, der bestimmt, führt und lenkt.
Du hast aus diesem Jakob einen Stammvater deines Volkes gemacht. Herr, wir wollen nicht weniger, als dass du unser Leben gebrauchen kannst – zu einem wichtigen Pfeiler in deinem Heiligtum, zu einem wichtigen Bestandteil deines Reiches. Wir wollen nichts Kleines, wir wollen dich ganz in unserem kleinen Leben fassen. Wir wissen, dass deine Gnade in Schwachen umso mächtiger ist.
Vollbringe du dieses Wunder und lass uns nicht nur beim Hören stehen bleiben. Wirke du in uns so, dass du durch uns dein Reich in dieser Welt bauen kannst. Mach du uns zu Zeugen deiner Herrlichkeit in einer dunklen Welt, damit wir hinausgehen in die Nacht und von dir weitersagen – von deinem Licht, von deiner Klarheit und von deiner Herrlichkeit.
Segne du den Dienst deiner ganzen Christenheit. Sei du bei den Boten im Evangelisationsdienst und im Missionsdienst, in der Jugendarbeit und in der Diakonie. Lass das immer so trösten und vernommen werden, dass Menschen sich abwenden können von dem alten, nichtigen Leben und das Neue ergreifen in dir und in dir das Leben haben.
Lass uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Und behüte uns, Herr. Lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.