Hallo zusammen, ich freue mich sehr, euch alle hier zu unserer ersten Session im Rahmen unserer Hoheliedserie begrüßen zu dürfen. Schön, dass ihr dabei seid.
Wir möchten mit diesem Videopodcast vor allem Ehepaare ermutigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihr erst drei Wochen oder schon dreißig Jahre verheiratet seid. Wir glauben, dass für jeden etwas dabei sein wird, weil Gottes Wort uns ja alle ansprechen möchte.
Auch verliebte und verlobte Paare sind herzlich eingeladen. Ich denke, auch für euch wird es hilfreich sein. Unsere absolute Empfehlung ist jedoch, dass ihr euch diese Vorträge zu zweit als Paar anschaut.
Gerade am Ende möchten wir Fragen mitgeben, um den Austausch unter den Paaren anzuregen. Es ist hilfreich, wenn man das alles zusammen angeschaut hat und so direkt ins Gespräch kommen kann.
Ich möchte im Rahmen dieser Hoheliedserie Vers für Vers durch das Buch gehen. Das Ganze soll aber nicht in erster Linie eine Bibelstunde sein, sondern ein Eheabend.
Das heißt, ich möchte immer die Brücke in unsere heutige Zeit schlagen und darauf eingehen, wie wir Gottes Wort und Gottes Botschaft ganz konkret in unseren Ehealltag importieren und vor allem umsetzen können.
Unsere Empfehlung ist: Macht es euch zuhause einfach gemütlich, bereitet euch etwas Leckeres zu essen zu und investiert auf diese Weise einen Abend im Monat in eure Ehe.
Warum beginnen wir also überhaupt mit dem Buch Hohelied?
Das Buch Hohelied ist ein ganz besonderes Buch. Im allerersten Vers wird es als das „Lied der Lieder“ bezeichnet. Das bedeutet, es ist das schönste Lied – nicht in erster Linie wegen der Melodie, sondern vor allem wegen seines Inhalts. Es erzählt die größte Liebesromanze, die wir in der Bibel finden.
Viele, die das Buch zum ersten Mal lesen, sind vielleicht überrascht, dass die Bibel hier tatsächlich kein Blatt vor den Mund nimmt. Dennoch ist vieles in diesem Buch nicht leicht zu verstehen. Was hat es beispielsweise mit den Gazellen auf sich? Oder mit der Herde frisch geschorener Schafe? Gerade deshalb ist eine Einführung sehr hilfreich.
Ich erinnere mich gut: Meine Frau und ich wollten das Buch während unserer Flitterwochen gemeinsam lesen. Doch vieles davon haben wir einfach nicht verstanden, vor allem weil viele Bilder verwendet werden, die uns fremd vorkamen.
Diese Reihe soll zum besseren Verständnis des Buches und vor allem der Botschaft beitragen. Daher ist eine kleine Einführung notwendig.
Worum geht es eigentlich in diesem Buch? Am Anfang müssen wir über zwei verschiedene Auslegungsansätze sprechen. Es geht also um die Frage, mit welcher Brille, mit welcher Lesebrille wir dieses Buch betrachten.
Zum einen gibt es den allegorischen Ansatz. Bei der Allegorie handelt es sich um eine symbolische Deutung verschiedener Details im Text, also um eine Art Vergeistlichung. Man fragt nach dem geistlichen Sinn hinter dem offensichtlichen Text.
Dieser Ansatz hat sowohl im Judentum als auch im Christentum viel Verbreitung gefunden. Im Judentum wird gesagt, dass es im Buch Hohelied gar nicht um die zwischenmenschliche Beziehung geht. Vielmehr handelt es sich um die Liebe Gottes zu Israel. Im Christentum findet sich dieses Verständnis als Pendant wieder. Hier geht es dann um die Frage, wie der Christ die Liebe zur Gemeinde sieht – und umgekehrt.
Das kann ganz praktisch so aussehen: Zum Beispiel wird die Aussage in Hohelied 1,4 genommen: „Der König möge mich in seine Gemächer führen.“ Ausleger der Allegorie deuten das dann so, dass es hier darum geht, dass ein Gläubiger zur Gemeinde hinzugefügt wird.
Oder die Aussage in Hohelied 1,2: „Er küsse mich mit dem Kuss seines Mundes.“ Vertreter der Allegorie sagen, hier gehe es in Wirklichkeit um eine Sehnsucht nach dem Wort Gottes.
Für mich hört sich das jedoch eher danach an, dass hier eine bestimmte Frau von einem bestimmten Mann geküsst werden möchte. Insofern kann ich persönlich mit der allegorischen Deutung nicht viel anfangen. Ich finde sie auch problematisch, gerade weil sie der Willkür Tür öffnet.
Wer entscheidet, wie eine Aussage geistlich zu deuten ist und welcher geistliche Sinn dahintersteckt, wenn nicht mehr der offensichtliche Textsinn eine Rolle spielt?
Auffällig ist auch, dass dieser allegorische Ansatz gerade in einer Zeit florierte, in der man Sex und Sexualität als notwendiges Übel ansah. Die Auslegungsgeschichte des Hohelieds ist tatsächlich von der Angst geprägt, es könne wirklich gemeint sein, was da steht. Dementsprechend versuchte man, das Ganze irgendwie zu vergeistlichen.
Aber das kann ja auch nicht wirklich eine Lösung sein.
John Piper hat gemeinsam mit Justin Taylor ein Buch herausgegeben, das im Deutschen „Sex und sein Erfinder – Sexualität unter der Herrschaft Jesu“ heißt. C.J. Mahaney schreibt ein Kapitel in diesem Buch, in dem er sich ebenfalls gegen die Allegorie ausspricht. Er sagt: „Wenn man das Buch auf diese Weise vergeistlicht, verliert es die mächtige Wirkung, die Gott damit auf unsere Ehen haben wollte.“
Dem kann ich nur zustimmen.
Ich bin dankbar, dass Gott uns ein Buch gegeben hat, das sich mit der menschlichen Liebe in der Ehe beschäftigt. Im Buch Hohelied geht es um Romantik, aber auch um Erotik.
Das wirft natürlich die Frage auf: Warum gibt Gott uns ein ganzes Buch in der Bibel, das sich nahezu ausschließlich mit der zwischenmenschlichen Liebe von Mann und Frau beschäftigt und dabei die körperliche Liebe so stark betont?
Wir müssen wissen, dass das Buch Hohelied zur Weisheitsliteratur gehört. Diese hat vor allem einen sehr starken Bezug zur Schöpfung. Gerade Ehe und Sexualität sind in der Schöpfungsordnung Gottes verankert.
In 1. Mose 1,27 heißt es zum Beispiel, dass Gott den Menschen als Mann und Frau schuf. Im Hebräischen steht hier wortwörtlich: Er schuf sie männlich und weiblich – mit einer Betonung auf die Geschlechtlichkeit. Gott hat die Sexualität geschaffen und sie als sehr, sehr gut bezeichnet. Daher ist es nicht abwegig, dass Gott uns ein ganzes Buch in der Bibel gibt, das sich speziell mit diesem Thema beschäftigt.
Übrigens finden wir auch im Neuen Testament Aussagen, die in diese Richtung gehen. In Ephesus gab es einige Lehrer, die in der Sexualität etwas Schlechtes sahen. Sie wollten jeglichen Gebrauch von Gottes Schöpfungsgaben, einschließlich der Ehe und der ehelichen Freuden, verbieten.
Paulus bezieht in 1. Timotheus 4 ganz klar Stellung. Er macht Timotheus deutlich, dass alles, was Gott geschaffen hat, mit Danksagung genossen werden soll. Dazu gehört auch die Sexualität in der Ehe.
Das bedeutet jedoch nicht, dass wir, wenn wir hier den zwischenmenschlichen Ansatz wählen – den wörtlichen Ansatz – nur auf der horizontalen Ebene stehenbleiben wollen.
Ich bin davon überzeugt, dass Gott uns Menschen und die Sexualität zu seiner Verherrlichung geschaffen hat. Deshalb möchte ich gerade in der Anwendung immer wieder darauf eingehen, wie wir als Ehepaare Gott ganz praktisch durch unsere Liebe in der Ehe verherrlichen können.
Wir sollen und wollen die Jesu-Liebe in unserer Ehe widerspiegeln. Das ist auch ein Hauptanliegen in der Anwendung: Unsere Ehen im Licht des Evangeliums zu leben.
Wenn man sich für den Ansatz entschieden hat, von der zwischenmenschlichen Liebe zu sprechen, gibt es in der Auslegung des Hohelieds viele Unterkategorien. Es gibt sehr unterschiedliche Interpretationen. Das Buch Hohelied ist ähnlich wie die Offenbarung: Jeder versteht es auf seine Weise.
Deshalb erhebe ich nicht den Anspruch, dass meine Auslegung die einzig richtige ist. Dennoch bin ich von meiner Sichtweise überzeugt. In der traditionellen Auslegung des Hohelieds geht es um die Liebe zwischen dem bäuerlichen Mädchen Sulamit und König Salomo. Sulamit wird dabei sozusagen zur Aschenputtel-Figur. Dieser traditionellen Auslegung folge ich im Wesentlichen.
Zu Beginn möchte ich kurz etwas über den Autor und die Hauptpersonen sagen. Der Autor des Hohelieds ist König Salomo. Er wird in Kapitel 1, Vers 1 als Autor genannt: „Das Lied der Lieder von Salomo.“ Salomo hat insgesamt 1.005 Lieder geschrieben, wie es in 1. Könige 5,12 heißt. Das Hohelied gilt als sein schönstes Lied. Es ist das Lied der Lieder und handelt von zwei Personen, die sich lieben.
Die Frage ist: Wer sind diese beiden Hauptpersonen? Es geht um eine junge Frau namens Sulamit und um ihren Geliebten. Wer der Geliebte tatsächlich ist, wird in der Hoheliedforschung viel diskutiert. Ich denke, es ist Salomo, aber das ist nicht ganz eindeutig.
Klar ist, dass Salomo der Autor ist, da er in Vers 1 genannt wird. Ob er aber auch die Hauptperson, also der Geliebte von Sulamit, ist, ist nicht ganz sicher. Ich vermute, dass es Salomo ist, weil er in Kapitel 3 im Rahmen der Hochzeitszeremonie erwähnt wird. Auch sein Reichtum wird genannt. In Kapitel 6, Vers 8 gibt es einen Hinweis auf Nebenfrauen, die nicht an Sulamit heranreichen. All das deutet darauf hin, dass Salomo wahrscheinlich nicht nur der Autor, sondern auch die Hauptperson ist.
Allerdings ist diese Auslegung, wie gesagt, auch unter bibeltreuen Christen nicht ganz unumstritten. Deshalb spreche ich oft einfach vom Geliebten und nenne nicht jedes Mal den Namen Salomo.
Spannend ist auch die Frage: Wer ist Sulamit? Im Hebräischen hat ihr Name die gleiche Wurzel wie Salomo. Sowohl in Salomo als auch in Sulamit stecken die drei Buchstaben S, L und M. Das ist vergleichbar mit heutigen deutschen Namen, wenn Michael und Michaela oder Daniel und Daniela zusammenkommen. So haben wir hier eben auch Salomo und Sulamit.
Sulamit kommt sehr wahrscheinlich aus einem bäuerlichen Milieu, was sich aus dem Text ableiten lässt. Ihre Mutter wird erwähnt, ebenso ihre Brüder, aber ihr Vater nicht. Daher könnte man vermuten, dass sie keinen Vater mehr hat.
Ihr Äußeres ist nach eigener Aussage nicht perfekt. Dennoch ist sie eigentlich sehr schön, denn ihr Geliebter lobt sie durchweg für ihre äußere Schönheit. Sulamit hat aber auch einen wunderbaren Charakter. Ihre Liebe ist absolut rein, und sie wünscht sich eine beständige, feste Beziehung zu ihm.
Sie ist ihrem Geliebten gegenüber durchaus initiativ. In ihrem Reden macht sie sehr deutliche und mutige Anspielungen. Gleichzeitig hält sie sich konsequent von allen anderen Männern fern. Für sie gibt es und gab es nur einen Mann. Ihre Jungfräulichkeit wird in Kapitel 4, Vers 12 erwähnt. Der Garten, der für alle anderen verschlossen war, gehört ihrem Ehemann. Sie hat ihre Liebe nur für ihn aufbewahrt. Das ist ein bewundernswerter Charakterzug von Sulamit.
Interessant ist auch, dass die Liebe der beiden im Buch Hohelied gleich intensiv geschildert wird. Beide laden jeweils den anderen ein, beide vermissen einander bei Abwesenheit. Sie kennen das Verlangen nach körperlicher Intimität und äußern dieses Verlangen auch.
Eine spannende Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob im Buch Hohelied im eigentlichen Sinn eine Liebesbeziehung entfaltet wird oder ob es sich um eine Aneinanderreihung von inhaltlich unabhängigen Liebesliedern handelt, die sozusagen zusammengewürfelt wurden zu einem Stück.
Für beide Sichtweisen gibt es Vertreter. Deshalb müssen wir hier auch kurz auf die Gliederung des Buches und auf den Verlauf der Liebesgeschichte zu sprechen kommen. Es spricht einiges gegen die Sichtweise von unabhängigen Liebesliedern, denn im Buch Hohelied finden wir durchaus einen roten Faden.
Auf der anderen Seite dürfen wir uns das Ganze aber auch nicht so vorstellen, dass hier eine Liebesgeschichte historisch linear geschildert wird. Meine Frau und ich sitzen öfter mal mit verlobten Paaren zusammen, die wir in der Ehevorbereitung begleiten. Gerade unser erstes Treffen ist meistens ein Kennenlernen. Dabei fragen wir das verlobte Paar, ihre Liebesgeschichte zu erzählen.
Diese Geschichte wird dann meistens linear erzählt. Sie schildern, wie sie sich das erste Mal gesehen haben, wie einer der beiden dann irgendwann angefangen hat, die Beziehung zu intensivieren. Es kam das erste Date, beim anschließenden Spaziergang sind beide zusammengekommen. Zehn Monate später hat er ihr den Heiratsantrag gemacht, sie hat Ja gesagt, und nun steuern beide auf eine Ehe hin. Das ist eine lineare Erzählweise.
Wir sind in einem Kulturkreis groß geworden, in dem wir sehr stark immer in der Kategorie analogischer Abfolge erzählen. Jetzt müssen wir uns aber bewusst machen, dass das Buch Hohelied in einem anderen Kulturkreis entstanden ist, in dem nicht so ganz in diesen Kategorien gedacht wurde, wie wir heute denken.
Dazu muss man auch sagen: Das Buch Hohelied ist kein Erzähltext. Es ist Poesie, also eben nicht wie das Buch Ruth. Das Buch Ruth ist ein Erzähltext, aber das Hohelied ist Poesie. Man muss sich das eher so vorstellen wie ein Musical, in dem eine Geschichte sehr künstlerisch untermalt und gefeiert wird.
Ich bin Julius Steinberg sehr dankbar, der in seinem Bibelkommentar zum Buch Hohelied die zyklische Struktur des Buches wunderbar dargestellt hat. Er hat einen roten Faden entdeckt, und zwar fünf verschiedene Zyklen. Jeder Zyklus hat gleichbleibende Elemente.
Jeder Zyklus beginnt damit, dass sie ein Verlangen nach ihm hat. Dann erscheint er, und sie macht ihm Komplimente. Danach macht er ihr Komplimente und äußert sein Verlangen nach ihr, worauf sie ihn dann einlädt oder sich ihm hingibt. Diese Elemente finden wir in jedem Zyklus.
Dennoch gibt es in diesen fünf Zyklen, die wir im Buch Hohelied haben, eine Entwicklung, sodass man von einer gewissen Entfaltung einer Liebesgeschichte sprechen kann.
Im ersten Zyklus geht es um das gegenseitige Kennenlernen, im zweiten Zyklus um eine Frühlingseinladung, im dritten Zyklus um einen Hochzeitstag und die darauffolgende Hochzeitsnacht, im vierten Zyklus um wilde Romantik, und im fünften Zyklus geht es um die Besiegelung der Liebe.
Insofern finden wir eine Entfaltung einer Liebesgeschichte. Man darf sich die einzelnen Stationen aber nicht ganz so absolut vorstellen. Manchmal hat man den Eindruck, dass noch einmal zurückgezoomt wird und die Geschichte unter anderen Aspekten entfaltet wird.
Das müssen wir einfach wissen, wenn wir an das Buch Hohelied herangehen.
Jetzt möchte ich auf die Frage eingehen, welche Absicht das Buch eigentlich verfolgt. Es gibt einige Bibelstellen, auch außerhalb des Buches, die deutlich machen, dass die menschliche Liebe als Gottes Schöpfungsgabe im Kontext einer Ehe genossen und gefeiert werden soll.
Hier wäre zum Beispiel Sprüche 5 zu nennen, das übrigens auch von Salomo geschrieben wurde. Aber auch Prediger 9, Vers 9 sagt zum Beispiel: „Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst.“ Das ist eine sehr schöne Aussage, allerdings auch eine sehr knapp gehaltene.
Das Buch Hohelied setzt genau hier an. Es zeigt uns sehr praktisch, wie man das Leben mit der Frau, die man liebt, genießen kann – oder eben als Frau mit dem Mann, den man liebt. Es zeigt uns ganz konkret, wie wir die menschliche Liebe als Gottes Schöpfungsgabe feiern können.
Das Buch Hohelied legt den Schwerpunkt auf Romantik, auf Intimität und auf Sexualität. Und schaut mal: Wir brauchen eine Anleitung für Sexualität. Im Alltag brauchen wir eine Anleitung für sehr viele Dinge. Selbst für Ikea-Möbel, die eigentlich relativ einfach aufzubauen sind, brauchen viele von uns immer noch eine Anleitung.
Ich persönlich bin technisch und handwerklich nicht ganz so begabt. Wenn ich zum Beispiel das Abblendlicht in meinem Auto wechseln möchte, brauche ich eine Anleitung, um genau zu verstehen, was ich machen muss.
Eine so sensible und so mächtige Sache wie die Sexualität braucht dringend eine Anleitung. Und natürlich hat Gott uns in seinem Wort, eben auch im Buch Hohelied, eine Anleitung gegeben, wie wir die Sexualität in unserer Ehe genießen und feiern können.
C. J. Mahaney schreibt: Würde Gott uns seine meistgeliebten Geschöpfe im Stich lassen, wenn es um so etwas Mächtiges und Grundlegendes geht wie unsere Sexualität? Würde er uns ein solches Geschenk ohne Anleitung geben?
Wo sollte ein christliches Ehepaar nach einem Vorbild für gottverherrlichende Sexualität suchen, wenn nicht in der Bibel? Wo sonst? Doch nicht bei RTL, doch nicht in Hollywood.
Deshalb bin ich so dankbar, dass Gott uns in seinem Wort das Buch Hohelied gegeben hat. Dort finden wir eine Anleitung, wie wir die eheliche Intimität mit all ihren Facetten als Gottes wunderbares Geschenk feiern können.
Deswegen denke ich, dass das Buch Hohelied auch so wichtig für die Gemeinde ist.
Damit komme ich zum letzten Punkt der Einführung: der Wichtigkeit des Buches für die Gemeinde. Ich glaube, dass das Buch Hohelied in dreifacher Hinsicht für die Gemeinde heute sehr relevant ist.
Erstens kann das Hohelied unseren Denkhorizont in Bezug auf Sexualität wirklich erweitern. Es ist sehr wichtig, dass wir kein einseitiges Verständnis von Sexualität haben, sondern ein biblisches in vollem Umfang. Lange Zeit wurde Sexualität in der Kirchengeschichte als ein notwendiges Übel angesehen – notwendig, um Kinder zu zeugen, aber an sich als schlecht betrachtet.
Dann gab es eine Entwicklung: Man sagte, Sexualität sei kein Übel, wenn man Kinder haben will, aber dabei müsse man bitte die Lust vermeiden. Da frage ich mich manchmal, wie das gehen soll – Kinder zu zeugen, aber dabei die Lust zu vermeiden. Das war jedoch die Denkweise. Später öffnete man sich mehr der Lust und sagte, Lust sei in Ordnung, aber nur dann, wenn Kinder das Ziel sind. So wurde lange über Sexualität gesprochen, bis sich in den letzten Jahrzehnten eine neue Offenheit in den Gemeinden zeigte.
Dennoch habe ich den Eindruck, dass das Hohelied auch heute noch einen großen Mehrwert bieten kann, auch wenn Gemeinden inzwischen offener über dieses Thema sprechen. Und zwar in dreifacher Hinsicht.
Das Hohelied behandelt Sexualität nicht nur problemorientiert. Wir leben in einer Gesellschaft, die Sexualität pervertiert hat und dies auch sehr offen propagiert. Es gibt falsche Einstellungen zu Sex. Deshalb glaube ich, dass die Gemeinde hier Stellung beziehen muss. Es ist wichtig, dass wir Sünde beim Namen nennen. Ich finde es schade, ja eigentlich verheerend, dass auch viele evangelikale Gemeinden manche Dinge nicht mehr klar biblisch sehen.
Wir brauchen eine klare biblische Sexualethik. Dabei kann es aber passieren, dass wir nur noch problemorientiert oder schwerpunktmäßig problemorientiert über Sexualität sprechen. Wenn wir über Sexualität reden, nennen wir häufig die Grenzen und sagen, was nicht im Sinne Gottes ist. Dabei vernachlässigen wir oft das Zentrum. Wir behandeln das Thema nur von den Rändern her, von den Grenzen, aber sagen vielleicht zu wenig, wie wirklich erfüllende Sexualität aussieht und wie genial Gottes Idee ist.
Natürlich müssen wir Jugendlichen sagen, dass Geschlechtsverkehr vor der Ehe Sünde ist und dass es falsch ist. Wir müssen das auch begründen können. Aber es ist ebenso wichtig, Jugendlichen zu vermitteln, wie genial Gottes Idee ist, was sich Gott dabei gedacht hat und warum er Sexualität in die Ehe verortet hat. Das ist eben auch so wichtig.
Und genau hier kommt das Hohelied ins Spiel. Denn das Hohelied spricht über Sexualität nicht von den Rändern her, sondern voll von der Mitte. Sexualität soll in der Ehe gefeiert werden. Insofern glaube ich, dass das Hohelied eine echte Erfrischung sein kann – auch für die Gemeinde und für unsere Ehen.
Ich denke, was wir außerdem vom Hohelied über Sexualität lernen können, ist, wie detailliert es darüber spricht. Wir bleiben manchmal beim Allgemeinen stehen. Meistens sagen wir: Ja, Sexualität ist Gottes Erfindung, und Gott hat sie als sehr gut bezeichnet. Aber weiter als 1. Mose 1 gehen wir häufig nicht. Das Hohelied nimmt hier kein Blatt vor den Mund. Es spricht in einer sehr wertschätzenden Weise sehr detailliert über Sexualität. Ich glaube, auch das kann zu einem besseren Verständnis von Sexualität beitragen.
Auch im Hinblick auf den Stellenwert der Freude ist das Hohelied aufschlussreich. Ben Patterson schreibt im Buch „Sex und sein Erfinder“: „Bei dieser ganzen Besessenheit nach Sex in der Gesellschaft ist man dazu verleitet, das Gute und die Lust am Sex herunterzuspielen, weil man sie für überbewertet hält.“ Ich glaube, in dieser Gefahr stehen wir als Christen heute.
Er schreibt weiter: „Doch das könnte genauso der Wille des Teufels sein wie die Besessenheit. Lust ist Gottes Idee, und Gott ist der Feind des Teufels. In Wahrheit hasst der Teufel die Lust, denn er hasst den Gott der Lust.“
Im Hohelied wird der Aspekt der Freude und der Lust an Sexualität sehr stark betont. Interessanterweise ist im ganzen Hohelied von keiner Schwangerschaft die Rede. Natürlich redet die Bibel sehr wertschätzend über Kinder, und Fortpflanzung ist nach wie vor der Auftrag eines jeden Ehepaares. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille.
Das Hohelied legt den Schwerpunkt auf Lust und Freude. Auch hier kann uns das Hohelied helfen, gerade dort, wo wir Freude und Lust als überbewertet empfinden.
Zweitens kann das Buch Hohelied unser Reden über Sexualität prägen. In der Gemeinde müssen wir offen über körperliche Liebe und Sexualität sprechen – so offen, wie es die Bibel tut.
Die Welt spricht über Sex. Wenn wir in der Gemeinde schweigen, überlassen wir das Feld der Welt. Dann werden Kinder, Jugendliche, Verliebte, Verlobte und auch langjährig Verheiratete in ihrem Denken über Sex fast ausschließlich von der Welt geprägt. Die Botschaft der Welt ist allgegenwärtig und beeinflusst uns stark.
Interessanterweise treffe ich kaum Christen, die sagen, sie seien von ihren Eltern, der Bibel oder der Gemeinde aufgeklärt worden. Meistens höre ich, dass Freunde, Medien oder Lehrer die Aufklärung übernommen haben. So entsteht oft zunächst ein verzerrtes Bild der Sexualität, bis man irgendwann hört, was die Bibel eigentlich dazu sagt.
Meiner Frau und mir ist es sehr wichtig, dass unsere Kinder zuerst von uns hören, was Gott sich bei der Sexualität wirklich gedacht hat. Denn später werden sie in der Schule wahrscheinlich auch von Perversionen hören. Wir können die junge Generation nicht vor allem bewahren, aber wir sollten offen in der Gemeinde darüber reden. Vor allem sollten wir die Sexualität von ihrem Ursprung her betrachten: Was hat sich Gott bei diesem Thema gedacht?
Es ist außerdem sehr interessant, wie das Buch Hohelied über Sexualität spricht. Heutzutage redet die Welt entweder pornografisch-vulgär über das Thema, vor allem in den Medien, oder im Biologieunterricht technisch und analytisch. Das Buch Hohelied findet einen Weg, sehr wertschätzend und angemessen über dieses Thema zu sprechen – und das bis ins Detail.
Auch in dieser Hinsicht kann uns das Buch Hohelied enorm weiterhelfen.
Aber damit kommen wir jetzt zum letzten Punkt. Ich denke, das Buch ist auch deshalb so wichtig, weil gesunde Ehen in der Gemeinde eine große Bedeutung haben. Wir brauchen gesunde Ehen in der Gemeinde.
Gefühlt, und das sage ich als Pastor, nehmen Eheprobleme in letzter Zeit zu. Ich habe darüber keine Statistik, und ich weiß nicht, wie es vor zwanzig Jahren war, aber gefühlt steigt die Zahl der Eheprobleme an. Auch die Bereitschaft zur Scheidung scheint in letzter Zeit zuzunehmen. Christen sind heute eher bereit, sich scheiden zu lassen, als das vielleicht noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war.
Satan greift die Ehen in der heutigen Zeit an. Genau darauf hat er es abgesehen. Deshalb denke ich, dass sich jede Gemeinde zum Ziel setzen sollte, Ehen zu stärken. Damit meine ich nicht nur Eheselsorge, sondern auch stärkende und vorbeugende Maßnahmen.
Genau hier möchte dieser Videopodcast ansetzen und helfen. Das Buch Hohelied spricht so viel von romantischer Zweisamkeit. Mein Gebet ist, dass viele Ehepaare durch die Botschaft des Buchs Hohelied in ihrer Liebe gestärkt werden. Ich wünsche mir, dass viele Ehepaare einen neuen Frühling erleben, dass Romantik gefestigt und auch zurückgewonnen wird.
Und ich hoffe, dass dadurch letztendlich Christus verherrlicht wird – in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen und wie wir seine Liebe in unseren Ehen widerspiegeln.
Obwohl dies heute erst die einleitende Session ist, möchte ich euch gerne drei Fragen mitgeben, über die ihr euch austauschen könnt. Am besten besprecht ihr diese Fragen gleich im Anschluss.
Die erste Frage lautet: Was hat dein Bild von Sexualität am meisten geprägt?
Die zweite Frage ist: Sprecht ihr als Paar offen über eure Sexualität in der Ehe?
Die dritte Frage lautet: Auf einer Skala von 1 bis 10 – wobei 1 niedrig und 10 hoch ist – wie hoch bewertet ihr momentan den Romantikwert in eurer Ehe? Wenn ihr nicht bei 10 seid, habt ihr wirklich den Wunsch, daran zu arbeiten?
Mit diesen Fragen wünschen wir euch einen schönen Abend. Wir verabschieden uns hier aus Köln und hoffen, euch beim nächsten Mal wiederzusehen.
Am ersten Donnerstag des nächsten Monats geht es dann weiter im Texas-Brusso-Lied. Bis dann!