Liebe Gemeinde,
der Spruch „besser reich und gesund als arm und krank“ fällt auch Christen leicht über die Lippen. Doch die Frage bleibt: Kann ein Christ in dieser Welt reich sein? Kann er mächtig, erfolgreich, einflussreich oder beliebt sein?
Die einen sagen: „Nein, das geht auf keinen Fall. Das kostet nur den Preis der Anpassung.“ Andere meinen: „Ein Christ muss reich sein. Wenn ein Mensch unter dem Segen Gottes lebt, muss er doch reich sein.“ Und dann lieber ein Auto mit dem Stern vorne dran fahren als ein Gorgomobil. Ein Christ fährt ein großes Auto.
Sie wissen, dass es in Amerika eine ganze Bewegung gibt, das sogenannte Health-Wealth-Prosperity-Movement, das wir unter dem Begriff Wohlstandsevangelium kennen. Doch kann ein Christ wirklich reich sein? Was sagt die Bibel, was sagt Gott selbst dazu?
Auch unser Buch Daniel, durch das wir uns im Rahmen unserer Predigtreihe hindurcharbeiten, gibt uns darauf eine Antwort. Diese Antwort lautet zunächst eindeutig: Ja, das geht durchaus. Ein Mensch, der mit Gott lebt und ihm gehorsam ist, kann einflussreich sein und ein gewisses Maß an Macht haben.
Daniel und seine Freunde machten Karriere am babylonischen Hof, ebenso wie Joseph einige Jahrhunderte vorher beim Pharao in Ägypten in sehr einflussreicher Position. Interessant dabei ist, dass Daniel nicht trotz seines Glaubens, sondern gerade wegen seines Glaubens an den lebendigen Gott so einflussreich wurde – und seine drei Freunde mit ihm. Erst von Gott bekamen sie die Fähigkeiten, die ihnen später so viele Türen am babylonischen Hof öffneten.
Es kann also durchaus passieren, dass Gottes Leute in dieser Welt Anerkennung finden, Einfluss gewinnen und Ansehen genießen. Das ist für sich genommen noch überhaupt nicht anrüchig.
Dennoch bleibt für Christen in dieser Welt immer eine letzte Spannung bestehen. Wir mögen uns noch so gut eingerichtet haben, wir werden dennoch in den Strukturen dieser Welt niemals ganz zu Hause sein. Die Spannung zwischen dem Reich Gottes auf der einen Seite und den Reichen dieser Welt auf der anderen Seite werden wir früher oder später immer spüren – manchmal stärker, manchmal schwächer.
Der Hebräerbrief im Neuen Testament sagt in Kapitel 13: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Paulus warnt uns im Römerbrief Kapitel 12 ganz am Anfang: „Stellt euch nicht dieser Welt gleich.“
Ich denke, die allergrößte Gefahr für uns Christen besteht darin, wenn uns unsere Stellung, unser Status in dieser Welt oder auch unsere wirtschaftliche Absicherung so lieb und wichtig geworden sind, dass wir sie um keinen Preis mehr riskieren wollen – selbst wenn uns das in Konflikt mit dem Willen Gottes bringen sollte.
Auch Daniel und seine Freunde hätten menschlich sehr leicht in diese Falle tappen können. Denn sie hatten Karriere gemacht, und zwar eine saubere Karriere – ohne Chromaturen, ohne faule geistliche Kompromisse.
Sie gehörten zu jener jungen jüdischen Elite, die im ausgehenden sechsten Jahrhundert vor Christus nach Babylon deportiert wurde, als Nebukadnezar die Weltherrschaft gewann. Diese jungen jüdischen Männer durchliefen dort am babylonischen Hof eine Art diplomatische Ausbildung.
Während dieser Phase – das haben wir in den bisherigen Predigten gesehen – verleugneten sie ihren Glauben nicht, gaben nicht klein bei und passten sich nicht an. Und trotzdem gelangten sie in höchste Ämter.
Aufstieg und Spannung im Leben gläubiger Menschen
Und vielleicht haben die meisten von Ihnen noch im Ohr, wie Kapitel 2 endet, Daniel Kapitel 2. Dort heißt es: „Und der König, nach all den Geschehnissen davor, erhöhte Daniel, gab ihm große und viele Geschenke und machte ihn zum Fürsten über das ganze Land Babel.“ Wörtlich steht da, dass er über die Provinz Babel gesetzt wurde. Außerdem setzte er ihn zum Obersten über alle Waisen in Babel.
Daniel bat den König, über die einzelnen Bezirke in der Provinz Babel Schadrach, Meschach und Abednego zu setzen. Daniel selbst blieb am Hofe des Königs, sozusagen als eine Art Chefberater. Somit hatten auch die drei Freunde Karriere gemacht.
Doch dann kam der Tag, an dem diese Karriere mit einem Schlag beendet wurde. Innerhalb weniger Stunden wurden aus Regierungspräsidenten Staatsfeinde. Was war passiert?
Am Ende von Kapitel 2 könnte man noch denken, wie wir letzten Sonntag besprochen haben: Jetzt hat Nebukadnezar, der große Herrscher dieses Reiches, seine Lektion gelernt. Jetzt hat Nebukadnezar endlich verstanden, dass der lebendige Gott zu fürchten ist – der Gott der Juden, der Gott Daniels. Es ist nicht gut, sich in einen Widerspruch zu diesem allmächtigen Gott zu begeben.
Aber es dauert nicht lange, vielleicht zwei bis drei Jahre – wir können das nicht genau nachrechnen, aber es sind wahrscheinlich nur wenige Jahre –, da beschwört Nebukadnezar für Daniels Freunde schon die nächste gefährliche Situation herauf. Dabei bringt er sich selbst in Gefahr.
Um 600 v. Chr. geschieht das. Die Ereignisse von Kapitel 2 hatten wir etwa auf 603 v. Chr. datiert. Nun bewegen wir uns weiter in Richtung sechstes Jahrhundert, also etwa 600 vor Christus.
Dass Daniel selbst diesmal nicht betroffen ist und bei diesem Ereignis nicht dabei war, werden Sie gleich sehen. Wir wissen nicht warum. Vielleicht war er im Ausland, vielleicht hatte er Urlaub, oder der persönliche Beraterstab Nebukadnezars musste zu diesem Anlass nicht präsent sein. Wir wissen es nicht.
Aber jedenfalls rücken jetzt die drei Freunde in den Fokus, in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Und ehe sie sich versehen, sind sie mittendrin in einer knallharten Machtprobe.
Die Machtprobe am babylonischen Hof
Und das ist unser Thema heute Morgen. Wenn Sie eine Überschrift für dieses dritte Kapitel suchen, dann schreiben Sie darüber: Die Machtprobe. Darum geht es nämlich.
Alles beginnt mit einem riesigen Standbild. Diesmal ist das Standbild nicht Teil eines Traumes, den Nebukadnezar hatte, wie in Kapitel 2, sondern es steht wirklich dort, in der Ebene Dura im Lande Babel.
Hören wir die ersten sechs Verse:
Der König Nebukadnezar ließ ein goldenes Bild machen, sechzig Ellen hoch und sechs Ellen breit, und ließ es aufrichten in der Ebene Dura im Lande Babel. Der König Nebukadnezar sandte nach den Fürsten, Würdenträgern, Statthaltern, Richtern, Schatzmeistern, Räten, Amtleuten und allen Mächtigen im Lande, dass sie zusammenkommen sollten, um das Bild zu weihen, das der König Nebukadnezar hatte aufrichten lassen.
Da kamen zusammen die Fürsten, die Würdenträger, die Statthalter, die Richter, Schatzmeister, Räte, Amtleute und alle Mächtigen im Lande, um das Bild zu weihen, das der König Nebukadnezar hatte aufrichten lassen. Sie mussten sich vor dem Bild aufstellen, das Nebukadnezar hatte aufrichten lassen.
Sie merken schon: Das kommt immer wieder vor, dass Nebukadnezar „hatte aufrichten lassen“. Er hat es gemacht, das ist seine Sache, das ist seine Macht, um die es hier geht.
Der Herold, Vers vier, rief laut: „Es wird euch befohlen, ihr Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen, wenn ihr hören werdet den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Zithern, Flöten, Lauten und alle anderen Instrumente, dann sollt ihr niederfallen und das goldene Bild anbeten, das der König Nebukadnezar hat aufrichten lassen. Wer aber dann nicht niederfällt und anbetet, der soll sofort in den glühenden Ofen geworfen werden.“
Das ist die Situation.
Dieses Monstrum von Bild war etwa drei Meter breit und, umgerechnet auf unsere Maße, 30 Meter hoch. So können Sie sich das vorstellen. Natürlich ist es nicht annähernd so hoch wie die Freiheitsstatue in New York, die Statue of Liberty. Die hat 96 Meter. Auch nicht so hoch wie die große Jesusstatue in Rio de Janeiro, die ist noch vier Meter höher, also hundert Meter.
Aber immerhin: Dreißig Meter hoch ist auch schon ganz gut. Etwa hundert Jahre nach dieser Statue wurde der Koloss von Rhodos gebaut. Vielleicht hat auch schon mal jemand von Ihnen ihn gesehen. Er war noch ein paar Meter höher als dieses Standbild dort in Babel.
Symbolik und Machtinszenierung
Wir hatten ja schon vor einigen Wochen Nebukadnezars Vorliebe für solche Statuen betrachtet. Er verehrte diese Götzen und liebte es, überall Standbilder aufzustellen. Diesmal will er sich selbst ein Denkmal setzen. Dieses Denkmal soll seine Herrschaft festigen und seinen Machtanspruch unterstreichen – das ist die Absicht.
Vielleicht hatte er die Worte Daniels noch im Ohr, als dieser den Traum von der großen Figur erklärte, deren Kopf aus Gold war. Und Sie wissen, was Daniel Nebukadnezar bei der Deutung dieses Traums gesagt hatte: Das goldene Haupt bist du. Das hatte Nebukadnezar natürlich gefreut. Ein goldenes Haupt – wenn er sich dachte, so viele Völker und Sprachen unter meinem Zepter, so viele Nationen in meinem Machtbereich. Und wenn diese dann bei Hofe vorsprachen, sagten sie immer: „Der König lebe ewiglich, der König lebe ewiglich.“
Ich frage Sie: Wer soll da noch besonnen und bescheiden bleiben? Nebukadnezar jedenfalls blieb es nicht. Irgendwann dürfte ihm die Idee ins Herz und ins Hirn geschossen sein: Ein Denkmal, das wäre es doch. Ein Symbol meiner Macht, gestiftet von mir, geweiht von mir, überzogen mit Gold – das wird Eindruck machen.
Dieses Standbild war nicht unbedingt eine Nachbildung Nebukadnezars selbst, wie man annehmen könnte, so wie etwa das Denkmal von Ernst August am Hauptbahnhof in Hannover. Wahrscheinlich repräsentierte diese Statue Nebukadnezars Hausgott Marduk. Denn in diesem Gott Marduk sah Nebukadnezar den Gott, der ihm all diese Völker zugeführt hatte. Das können Sie an Gebeten, die sich in den Quellen von Nebukadnezar finden, nachprüfen. Dort heißt es immer wieder: Marduk, du hast mir die Herrschaft über all diese Völker gegeben.
Es ist also durchaus denkbar, dass dieses Standbild eben diesen Götzen Marduk darstellte, als Symbol der Einheit all dieser Völker in dem riesigen Reich. Nun kann man sich fragen: Was erhoffte sich Nebukadnezar davon? Er wollte dieses unüberschaubare und vielfältige Reich festigen. Dafür brauchte er ein religiöses Symbol. Das war eigentlich die Absicht – eine Identifikationsfigur.
Er hatte verstanden, dass es zur Festigung eines solchen Reiches nicht ausreicht, nur militärische Mittel einzusetzen. Um ein solches Reich zusammenzuhalten, braucht es auch geistige und religiöse Orientierung. Es muss etwas fürs Herz dabei sein, etwas Bewegendes, das auch die seelischen Bedürfnisse der Menschen befriedigt.
In machtpsychologischer Hinsicht erwies sich Nebukadnezar als durchaus weitsichtig. Jede Macht, die etwas auf sich hält, pflegt ihre Symbole. Das hatten wir schon beim Turmbau zu Babel gesehen. Der Turm zu Babel war damals ein solches Symbol. Die Menschen wollten sich zusammenschließen und sagten: Wir brauchen ein Symbol dessen, was wir allein können. Deshalb bauten sie diesen Turm – oder versuchten es zumindest.
Oder denken Sie an die kommunistische Sowjetunion. Sie verstand sich als atheistisch, kam aber trotzdem nicht ohne religiöse Symbole aus. So pilgerten die Massen besonders an Lenins Geburtstag zum Grab in dessen Mausoleum am Roten Platz. Das war eine Möglichkeit der Identifikation. Dort wurde ihnen gesagt: Das ist eure Geschichte, das ist der große Mann, dem wir unser System verdanken.
So pflegten sie einen Totenkult, der sprichwörtlich geworden ist. Manche behandeln die Flagge ihres Landes fast wie ein religiöses Symbol. Sie grüßen die Flagge und halten die Hand ans Herz. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber ich möchte nur deutlich machen: Jede Macht hat ihre Symbole. Auch der Weltstaat Babel braucht seine Altäre, um die Menschen zusammenzuhalten.
So lädt Nebukadnezar hier zu einem offiziellen Staatsakt ein, wie in Vers 2 beschrieben wird. Er ruft alle Amtsträger zusammen – alles, was Rang und Namen hat, muss also in der Ebene Duna erscheinen. Dann wird dieses Götterbild durch eine hoch feierliche Weihezeremonie religiös aufgeladen. Die Musikkapelle spielt, wie in Vers 5 steht. Ein ziemlich interessantes Ensemble von Instrumenten wurde zusammengestellt, und sie spielen feierliche Kompositionen. Das Ganze ist eine sehr emotionale Angelegenheit.
So vereinen sich die Menschen in diesem heidnischen Kult. Die Choreographie des Staatsaktes ist gut geplant, und Nebukadnezar bekommt, was er will. Wer das Bild religiös verehrt, bringt damit zum Ausdruck, dass er auch den König akzeptiert, der diesen Kult angeordnet hat, und sich ihm unterwirft.
Gleichzeitig ist das für Nebukadnezar ein guter Test: Wie steht es mit dem Gehorsam meiner Beamten? Auf wessen Loyalität kann ich mich verlassen? Wie werden sie mitziehen, wenn ich etwas anordne? Das ist ein wunderbarer Test und ein gutes Mittel zur Disziplinierung. Alle müssen mitmachen, sich beugen und in Reih und Glied strammstehen.
Man wundert sich tatsächlich, wie bereitwillig sie alle mitmachen. Wenn Sie in Vers 7 nachlesen, wird das beschrieben. Dabei handelt es sich ja eher um die Oberschicht: leitende Beamte, Wirtschaftsfachleute, Juristen, die hier zusammenkamen. Und Sie sehen, wie problemlos sie mitmachen.
„Als sie nun den Klang der Posaunen, Trompeten, Harfen, Zithern und Flöten hörten – alle anderen Instrumente –, fielen alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen nieder und beteten das goldene Bild an, das der König Nebukadnezar hatte aufrichten lassen.“
Sie machen mit. Man könnte sagen: Sie haben den König, den sie verdienen.
Zeitgeist und Macht: Parallelen zur Gegenwart
Ja, die Nebukadnezars sind oft ein Abbild des Geistes ihrer Zeit. Sie prägen den Zeitgeist mit, schwimmen aber auch auf dessen Wellen. Das gilt ebenso für unsere demokratisch gewählten Nebukadnezars und Nebukadnezarinnen. Einerseits prägen sie den Zeitgeist, andererseits lassen sie sich von ihm treiben.
Ich möchte das an einem aktuellen und immer wieder beliebten Beispiel der Familienpolitik verdeutlichen. Noch vor einigen Jahrzehnten hätten dieselben handelnden Personen es nicht gewagt, das Unrecht der massenhaften Abtreibung einfach auszusitzen. Wann haben sich die maßgeblichen Politiker zuletzt wirklich engagiert und öffentlich zum Thema Abtreibung geäußert? An den Zahlen hat sich nichts gebessert.
Ebenso hätten es dieselben Personen früher nicht gewagt, die außerhäusige Berufstätigkeit von Müttern, Frauen und Ehefrauen finanziell massiv zu bevorzugen gegenüber Familien, die sich selbst um die Erziehung ihrer Kinder kümmern wollen. Noch vor einigen Jahrzehnten hätten sie es nicht gewagt, wechselnden Lebensgemeinschaften und Patchwork-Verhältnissen rechtlich und finanziell immer mehr den ordentlichen Ehen anzunähern. Denken Sie nur an die Diskussion über das Ehegattensplitting, das so oder so verändert werden soll.
Auch die landeskirchlichen Nebukadnezars hätten es in anderen Zeiten nicht gewagt, wie es jetzt in einigen Landeskirchen der Fall ist, homosexuelle Partnerschaften kirchlich zu segnen und ihnen damit das Wohlgefallen Gottes zuzusprechen.
Verstehen Sie, es gibt eine Wechselwirkung zwischen dem Zeitgeist und denen, die auf seinen Wellen reiten und von ihm profitieren. Dieser Zeitgeist, hier in der Person Nebukadnezars, fordert von uns bedingungslose Unterwerfung.
Wir hatten diesen Predigttext unter die Überschrift „Die Machtprobe“ gestellt. Die erste Beobachtung, die ich Ihnen für Ihre Notizen diktieren möchte, lautet: Der Zeitgeist fordert Unterwerfung.
Nebukadnezar will sich unbedingt durchsetzen. Natürlich ist es mit den brennenden Öfen im Hintergrund leicht, Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Die Öfen brennen, sie drohen – und das funktioniert.
Nebukadnezar sagt im Vers 6: „Wer aber dann nicht niederfällt, der soll in den glühenden Ofen geworfen werden.“ Prompt fallen sie alle nieder. Der Zeitgeist fordert Unterwerfung.
Zur Zeit der Gemeinden um hundert nach Christus waren es die Räucherstäbchen, die beim Kaiseropfer angezündet werden sollten, als Ausdruck der göttlichen Verehrung des Kaisers. Der Zeitgeist forderte Unterwerfung: Zündet die Räucherstäbchen an! Die Christen, die es nicht taten, wurden elendiglich umgebracht oder anderweitig verfolgt.
Von uns wird zurzeit nicht verlangt, Vorstandsmitglieder anzubeten oder Kaiseropfer zu bringen. Aber auch von uns fordert der Geist der Zeit gnadenlos Unterwerfung. Eine Statue, vor der wir niederknien sollen, ist zum Beispiel der Götze der Political Correctness.
Das ist einer unserer Götzen: Bestimmte Überzeugungen, die der herrschenden Mehrheitsmeinung widersprechen und politisch nicht korrekt sind, sollen nicht mehr laut oder allzu deutlich ausgesprochen werden. Wir haben dem Diktat der Political Correctness zu gehorchen. Wer es dennoch wagt und die Schranken der Political Correctness durchbricht, setzt sich dem Risiko aus, öffentlich geschmäht und zum gesellschaftlichen Außenseiter zu werden.
Ich nenne Ihnen einige Thesen, die in der Regel unter das Verbot der Political Correctness fallen – nur einige Beispiele:
- „Praktizierte Homosexualität ist nach dem Verständnis der Bibel in Gottes Augen Sünde.“
- Menschen, die ohne verbindliche Ehe zusammenleben, leben nach neutestamentlichen Maßstäben in Unzucht.
- Wichtige Dogmen der römisch-katholischen Kirche sind Irrlehren und führen die Menschen vom biblischen Glauben weg.
- Allah ist nicht derselbe Gott wie der Vater Jesu Christi.
- Der Retter Jesus Christus ist der einzige, der uns in den Himmel bringen kann, und diejenigen, die ihn ablehnen, befinden sich auf dem Weg in die Hölle, wenn sie nicht umkehren.
- Die Welt wurde von einem lebendigen, persönlichen Gott erschaffen und nicht in einem unendlich langen Prozess von Selektion und Mutation, wie es die Evolutionslehre behauptet.
- Es gibt verbindliche und erkennbare Wahrheit, und diese Wahrheit hat uns Gott in eindeutigen Worten in der Heiligen Schrift offenbart. Wir verstehen manches zwar noch falsch, weil wir fehlbar sind, aber die Wahrheit hat Gott offenbart.
Alle diese Überzeugungen widersprechen dem Götzen der Political Correctness, und der Zeitgeist fordert Unterwerfung – auch in unserem Land.
Als Sendboten des Zeitgeistes sind oftmals die Massenmedien tätig. In den letzten Monaten konnte man zunehmend beobachten, wie Stimmung gegen bibeltreue Christen gemacht wurde, teilweise in nebensächlichen Situationen.
Beispielsweise wurde in einer Folge der ZDF-Krimiserie Soko Leipzig ein Gründungsmitglied einer evangelikalen Gemeinde als streng gläubiger Glaubenskrieger dargestellt, dessen Glaube ihn zum Verbrecher und Mörder werden ließ.
Die Zeit brachte einen Beitrag über das evangelikale Werk Wüstenstrom, das Homosexuellen seelsorgerliche Hilfen anbietet, um zu einer sexuellen Neuorientierung zu finden. Die Zeit stellte dieses Glaubenswerk diffamierend an den Pranger.
Ein christlicher Medienbeobachter berichtete vor einigen Wochen, er habe von einem Journalisten erfahren, dass in manchen Redaktionen selbst von oberster Stelle Anweisungen ausgegeben werden, immer kritisch über Evangelikale zu berichten – möglichst immer kritisch. Ein Journalist, der anonym bleiben wollte, sagte weiter, dass verantwortliche Redakteure in Artikeln über Christen negative Aussagen zusätzlich einfügen, auch wenn der Autor des Beitrags das manchmal gar nicht als eigene Meinung vertrete.
Ein weiteres Beispiel: Der Wissenschaftsverlag Springer plant die Herausgabe einer neuen Zeitschrift speziell gegen den Kreationismus. Es ist nicht schlimm, Zeitschriften zu gründen, die für bestimmte wissenschaftliche Positionen stehen. Das muss die offene wissenschaftliche Debatte aushalten.
Aber was will dieser Verlag mit dieser Zeitschrift erreichen? Zielgruppe sind vor allem Lehrer. Sie sollen ausgestattet werden, um schöpfungsgläubigen Schülern besser widerstehen zu können. In einem Zitat heißt es: „Es geht vor allem um Lehrer, die in dieser Schlacht an vorderster Front stehen.“
Der Kampf gegen den Kreationismus wird also als eine Schlacht an der Front dargestellt, an der sich die Lehrer befinden – obwohl wir doch von Lehrern eigentlich erwarten sollten, dass sie in der Lage sind, unterschiedliche wissenschaftliche Positionen sachlich darzustellen. Der Springer-Verlag will hier eine neue Zeitschrift mit dieser kämpferischen Stoßrichtung begründen.
Noch ein Zitat von einem emeritierten Religionspädagogen, Professor Fulbert Steffenski, Ehemann der verstorbenen Dorothee Sölle. Er sprach in der Frauenzeitschrift Brigitte in einem Interview über konservativ-evangelikale Gruppen, die hier in Deutschland immer mehr wachsen.
Er stellte die Evangelikalen so dar: „Manche Menschen ertragen sich selbst nicht mehr, sie entledigen sich ihres Verstandes und ihrer Wünsche und glauben stattdessen an die Bibel wie an ein Mathematikbuch.“
Man merkt die Polemik und den Zynismus, der aus diesen Worten spricht. Wenn Sie der Bibel als dem Wort Gottes vertrauen, dann ertragen Sie sich wahrscheinlich selbst nicht mehr und entledigen sich Ihres Verstandes und all Ihrer Wünsche. Nun wissen Sie wenigstens, was Sie eigentlich tun.
Ein allerletztes Beispiel aus Bayern darf hier nicht fehlen: Eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde aus der Nähe von Ansbach warnte in ihrem Gemeindebrief vor den esoterischen Seminaren einer Frau, ohne sie namentlich zu nennen. Diese Seminare fanden regelmäßig statt – bioenergetische Schnupperkurse, Routengehen, Räucherrituale.
Im Gemeindebrief hieß es, dass das im Gegensatz zum christlichen Glauben stehe und wegen der vielen Widersprüche zum Evangelium äußerste Vorsicht geboten sei, sich mit diesen Dingen einzulassen.
Die Frau legte Beschwerde beim Verwaltungsgericht München ein. Dieses wollte der Gemeinde vor wenigen Wochen verbieten, solche Dinge in Zukunft zu schreiben. Wegen der Gefahr einer Wiederholung solcher Aussagen sollte eine Unterlassungserklärung gefordert werden.
Im Jahr 2007 verfügte das Verwaltungsgericht München dies. Die Kirche legte Widerspruch ein, und die Sache ist nach meinen Informationen noch nicht endgültig entschieden.
Sie merken, was es heißt, der Political Correctness zu widersprechen: Der Zeitgeist fordert Unterwerfung.
Wir in Deutschland können ausdrücklich dankbar sein für die vielen Freiheiten, die wir in unserer Gesellschaft noch genießen. Uns geht es noch so gut. Aber wir stehen trotzdem in der Gefahr, dass der gesellschaftliche Druck uns ängstlich macht.
Dass bereits eine Schere im Kopf ansetzt, noch bevor man uns äußerlich bedroht, dass wir bestimmte Dinge nicht mehr sagen, weil wir uns Schwierigkeiten ersparen wollen. Dass wir gewissermaßen im Vorauseilen dem Gehorsam anfangen zu schweigen. Das ist eine Gefahr.
Die Verlockung des modernen Lebensstils
Und dann gibt es noch eine weitere Statue des Zeitgeistes, vor der wir uns niederwerfen sollen, die ich kurz erwähnen möchte. Es ist nicht nur der Götze der Political Correctness, sondern auch der Götze des postmodernen Lebensstils.
Was meine ich damit? Die Political Correctness arbeitet mit Drohung, der postmoderne Lebensstil hingegen eher mit Verlockung. Der postmoderne Lebensstil sagt, dass persönlicher Genuss und das eigene Wohlbefinden Vorrang vor allem anderen haben. Natürlich sollte man etwas Gutes tun und sich für das Richtige engagieren, aber alles in Maßen – und schon gar nicht zu viel. Vor allem sollte man nicht zu viele persönliche Opfer bringen müssen. Das ist der postmoderne Lebensstil.
Leider ist diese Denkweise auch in viele christliche Kreise eingedrungen. Das sieht man etwa am christlichen Büchermarkt und Freizeitenmarkt. Alte, gestandene Glaubenswerke bieten inzwischen Wellnesskurse an. Ich habe nichts gegen Wellnesskurse einzuwenden, aber wenn sich Glaubenskurse dadurch auszeichnen, dass sie in ihren Prospekten vor allem Wellnesskurse anbieten und zeigen, wie man fröhlicher leben kann, dann ist das ein Symptom, ein Signal.
Dieses postmoderne Lebensgefühl droht manchmal auch in unsere eigenen Herzen einzudringen. Der Zeitgeist führt uns am Nasenring durch die Konsumwelt und hält uns ständig damit beschäftigt, unseren persönlichen Bedürfnissen zu frönen. Und dann soll die Nachfolge Jesu bitte nicht zu viel kosten. Das Wort „Opfer bringen“ ist aus unserem Wortschatz getilgt, als hätte Jesus Christus nie gesagt: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Auch hier fordert der Zeitgeist Unterwerfung von uns Christen, unseren Gemeinden und unseren Familien.
Wie gesagt, der Zeitgeist lockt mit dem modernen, klassisch postmodernen Lebensstil und droht gleichzeitig mit der Political Correctness.
Versiegelt, als sie nun hörten den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Zithern, Flöten und allerlei anderer Instrumente, fielen nieder alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen. Nebukadnezar gewinnt die Machtprobe im Handstreich, so scheint es. Wir können uns gut vorstellen, wie erholt und mit erhobenem Haupt er die Zeremonie miterlebt.
Aber da kommen plötzlich einige chaldeische Männer auf ihn zu, die ebenfalls zu diesem babylonischen Reich gehören, und stören die harmonische Stimmung. Schauen Sie hin, Vers 8: „Da kamen einige chaldeische Männer und verklagten die Juden und sprachen zum König Nebukadnezar: ‚Der König lebe ewiglich! Du hast ein Gebot erlassen, dass alle Menschen niederfallen und das goldene Bild anbeten sollen. Wenn sie den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen, Zithern, Flöten, Lauten und aller anderen Instrumente hören, sollen sie niederfallen. Wer aber nicht niederfällt und anbetet, soll in den glühenden Ofen geworfen werden – das hast du selbst gesagt. Nun sind da jüdische Männer, die du über die einzelnen Bezirke im Land Babylon eingesetzt hast, nämlich Schadrach, Meschach und Abednego. Sie verachten dein Gebot, sie ehren deinen Gott nicht und beten das goldene Bild nicht an, das du hast aufrichten lassen.‘“
Das Wort „verklagten“ im Vers 8 bedeutet eigentlich „verleumdeten“. Wörtlich heißt es sogar: „Sie aßen ihre Stücke“, was meint, sie pickten ihnen die Fleischstücke aus dem Leib. Das ist das eigentliche Wort, das hier steht. Sie machten sie fertig, wollten sie auseinandernehmen und bekämpften sie mit Haut und Haar.
Ganz ist die Machtprobe offensichtlich doch noch nicht ausgestanden, denn von diesen drei Männern heißt es nun, dass sie das Bild nicht anbeteten. Diese drei sind nicht irgendwer, sondern führende Köpfe in der Provinz Babylonien. Die Ankläger sagen das ja auch süffisant zu Nebukadnezar: „Du hast sie ja selber eingesetzt, deine Leute sind es, deine Wunderwaffen, die du von außen geholt hast – und die stehen fest.“
Wenn auch rechts und links um sie herum alle brav ihren Bückling machen, machen diese drei ihren Bückling nicht. Sie unterwerfen sich nicht.
Der Theologe Walter Lüthi hat sehr schön in einer Predigt über dieses Kapitel gesagt: Diese Männer werden zum Vorbild für die bekennende Kirche aller Zeiten. So hat Walter Lüthi dieses dritte Kapitel mit dem Motto überschrieben: „Die bekennende Kirche.“ Hier sehen wir die bekennende Kirche im Alten Testament.
Die bekennende Gemeinde steht zu Gott
Und das führt uns jetzt noch zu einer zweiten Beobachtung in dieser Machtprobe. Wir hatten gesagt: Erstens fordert der Zeitgeist Unterwerfung.
Zweitens sehen wir, und das wollen wir noch kurz anschauen, dass die bekennende Gemeinde Gott um jeden Preis gehorcht. Schadrach, Meshach und Abednego verweigern den totalen Gehorsam, weil ihr Leben unter dem Oberbefehl des lebendigen Gottes steht. Sie bleiben treu, weil sie verstanden haben, dass unser Ja zu dem heiligen Gott gleichzeitig ein Nein zu allem ist, was die Ehre dieses heiligen Gottes beflecken könnte.
Natürlich waren die Denunzianten in dieser Sache nicht ganz eigennützig. Das sehen wir hier am Anfang von Vers 12, wo sie sagen, die Leute, die du eingesetzt hast, hätten diese Position gerne selbst gehabt. Ihr Neid, ihre Missgunst und ihre Machtgier sahen endlich eine Chance, sich dieser jüdischen Eindringlinge zu entledigen und sie in Misskredit zu bringen. Was ihnen selbst an Fähigkeiten und Integrität fehlte, versuchten sie durch Verleumdung auszugleichen.
Nebukadnezar ist entsetzt. In Vers 13 beginnt er zu sprechen: „Wie wollt ihr, Schadrach, Meshach und Abednego, meinen Gott nicht ehren und das goldene Bild nicht anbeten, das ich habe aufrichten lassen?“ Er merkt, wie hier seine Autorität untergraben wird.
Aber offensichtlich schätzt er den Dienst dieser drei Freunde sehr. Sie waren klug, zuverlässig, integer und loyal. Darum macht er hier nicht tabula rasa, sondern gibt ihnen eine zweite Chance. So nach dem Motto: Jetzt machen wir das Ganze noch einmal von vorn. In Vers 15 sagt er: „Seid bereit, wir machen das Ganze noch einmal. Sobald ihr den Schall der Posaunen, Trompeten, Harfen und so weiter hört, fallt nieder und betet das Bild an.“
Er muss auch durchziehen, denn sonst beginnt die Totalität seiner Herrschaft zu bröckeln, wenn drei Juden einfach nicht mitmachen.
Und jetzt kommt eigentlich der vorentscheidende Satz dieses ganzen Kapitels. Dann macht Nebukadnezar den größten Fehler, den ein Mensch überhaupt begehen kann. In Vers 15, in der Mitte, sagt er nämlich: „Lasst sehen, wer der Gott ist, der euch aus meiner Hand retten könnte!“
Nebukadnezar lässt sich dazu hinreißen, eine Machtprobe mit dem lebendigen Gott auszurufen. So haben auch Pharao und Sanhirib immer wieder gefragt: „Wer ist euer Gott?“ Kommunistische Herrscher fragen: „Wer soll ein christlicher Gott sein, von dem wir uns etwas sagen lassen müssten?“ Und so wird es auch am Ende der Antichrist sagen: „Wer sollte der Gott sein, der aus meiner Hand erretten könnte?“
Man fragt sich: Menschenskinder, ist das denn schon so lange her? In Kapitel 2, Vers 47 hatte doch derselbe Nebukadnezar dem Daniel gesagt: „Es ist kein Zweifel, euer Gott ist ein Gott über alle Götter und ein Herr über alle Könige, der Geheimnisse offenbaren kann.“ Und nun, in Kapitel 3, Vers 15, lässt er sich hinreißen, eine Machtprobe mit diesem Gott auszurufen.
Dieses Beispiel zeigt übrigens auch noch etwas anderes: Man kann massive Erfahrungen mit Gott machen und sich trotzdem nicht wirklich bekehren. Nebukadnezar hatte viel mit Gott erfahren, er hatte beeindruckende Beweise der Macht Gottes gesehen, und er hat sich trotzdem nicht bekehrt.
Jetzt packt er die größte Keule aus, die er gegen die drei auspacken kann, die seinen Götzen nicht anbeten wollen. Er übt den größtmöglichen Druck aus, indem er sagt: Nicht mal euer Gott kann euch aus meiner Hand retten.
Wir fragen uns: Wie werden die drei reagieren? Der ersten Welle hatten sie standgehalten, sie hatten sich nicht mit den anderen gebeugt. Aber jetzt kommt der zweite Angriff auf ihre Treue. Der Zeitgeist fordert sein Recht, er fordert Unterwerfung, und der Druck nimmt zu.
Wir werden nächsten Sonntag sehen, wie die bekennende Gemeinde auch diesen zweiten Angriff übersteht. Dann folgt der zweite Teil der Machtprobe. Den Text können Sie gerne schon mal lesen, um zu sehen, wie Gott in dieser Situation handelt und wie diese dramatische Zuspitzung verläuft.
Bis dahin müssen wir ja selbst unsere nächste Woche noch überstehen. In den nächsten sieben Tagen werden wir auch wieder den Angriffen des Zeitgeistes entgegentreten. Diesem Druck der Political Correctness. Wir werden auch die Verlockungen des postmodernen Lebensstils wieder spüren, wie immer.
Lassen Sie mich auch noch sagen: Wir wollen auch die Mitchristen im Blick haben, deren äußere Situation der von Daniel 3 noch viel ähnlicher ist als unsere. Damit meine ich die vielen Christen, die an vielen Stellen der Welt zurzeit verfolgt werden. Auch sie müssen wir gerade an dieser Stelle im Blick haben.
Das ist nicht irgendwann mal passiert, zu Zeiten des Kalten Krieges, sondern es passiert heute, in diesen Wochen. Zum Beispiel in Usbekistan: Dort wurde Pastor Dmitri Czestakow am 21. Januar verhaftet. Man warf ihm vor, ein alter Junkie zu sein, ein ehemaliger Drogenabhängiger, der in illegale Tätigkeiten des Proselytismus verwickelt sei. Seine Frau sagte, ja, er war vor vielen Jahren Drogenabhängiger, aber das ist fünfzehn Jahre her, bevor Christus ihn errettete. Seitdem ist ihr ganzes Leben von Gott bestimmt, und sie missionieren in ihrem Umfeld in Usbekistan.
Jetzt ist dieser Pastor Czestakow angeklagt, er sei mit einer illegalen religiösen Organisation verbunden und würde extremistische Dokumente verteilen. Damit sind die Bibeln und missionarischen Schriften gemeint.
Am 26. Februar wurden noch zwei weitere junge Männer angeklagt: Maxed Djaba-Bergenow, 26 Jahre, und ein anderer Pastor, Salawat Seribakjajew, 32 Jahre. Dem Salawat droht bei Verurteilung eine Gefängnisstrafe von bis zu acht Jahren, obwohl er und seine Frau fünf Kinder haben, im Alter zwischen elf Monaten und zehn Jahren.
Das ist die Situation in dieser Welt, der Druck, wie zu Daniels Zeiten.
Oder denken wir an die indische Stadt Raipur: Dort wurde vor Kurzem die Frau eines Pastors geprügelt, weil sie einer Minderjährigen beistand, die von anderen bedrängt worden war. Am 2. Februar, also vor gut einem Monat, fand dort eine Pastorenkonferenz statt. Mindestens zehn Christen wurden dabei überfallen, körperlich verletzt und angegriffen. Als sie das der Polizei meldeten, sollte die Sache nicht weiter verfolgt werden, weil die Regierung dieses Staates den Hindu-Extremisten weitgehend freie Hand lässt.
Bei einem Gottesdienst in derselben Stadt Raipur am 4. Dezember 2006 wurden Christen die Kleider zerrissen, sie wurden unter Schlägen durch die Gegend getrieben und dann in einen Hindu-Tempel geführt, wo sie sich vor den Götterbildern verneigen sollten.
Das alles ist nicht weit weg.
Noch ein letztes Beispiel aus Mexiko: In Chiapas werden viele evangelische Christen bedrängt und unter Druck gesetzt, sich dem Katholizismus stärker anzunähern. In einigen kleineren Städten bestehen die Stadtoberhäupter darauf, dass auch evangelische Christen die Feste traditioneller Katholiken mitfinanzieren. Diese Feste sind oft eine Mischung aus Indioreligion und Katholizismus. Die evangelischen Christen sagen, sie können das mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, diese heidnischen Götzen an Betungsfesten mit diesen Indioreligionen mitzufinanzieren. Man versucht, sie zu bedrohen, einzuschüchtern und zu berauben.
Das ist die Situation, die man durch viele weitere praktische Beispiele noch ergänzen könnte. Sie zeigt einen Ausschnitt der bekennenden Gemeinde Jesu in der Welt und den Druck, dem sie ausgeliefert ist.
Der Blick auf die Kraftquelle für den Glauben
Wie kommen wir alle nun durch? Wie kommen wir durch? Wir unter diesen noch relativ harmlosen Bedingungen und unsere verfolgten Geschwister in anderen Ländern wollen das nächste Woche genauer betrachten. Für heute bietet uns das Motto dieses Sonntags eine große Hilfe an, und das möchte ich Ihnen noch mit auf den Heimweg geben.
Vier Wochen vor Ostern, heute ist der Sonntag Okuli, haben wir gehört. Okuli bedeutet „meine Augen“. Nach Psalm 25 heißt es: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn.“ Und dann geht dieser Vers weiter: „Denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.“
Meine Augen sehen stets auf den Herrn, denn er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.
Liebe, liebe Mitchristen, hier liegt der Schlüssel, wenn wir bestehen wollen gegenüber dem Zeitgeist. Dann wollen wir dieses Sonntag-Motto zu unserem eigenen machen: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn.“
Wir werden nur dann bestehen können, wir werden nur dann dem Herrn gehorsam sein, wenn wir stets in dieser Verbindung mit ihm leben. Das soll auch unsere kommende Woche bestimmen, nicht nur den heutigen Sonntag: dass wir stets auf den Herrn sehen. Das heißt, dass wir uns anschließen an die Kraftquellen, die der lebendige Gott uns zur Verfügung stellt.
Wir sollen diese große Möglichkeit des Gebets nutzen, den Herrn anrufen dürfen. Wir dürfen zu Jesus Christus und dem Vater im Himmel beten, jeden Tag und immer wieder neu die Kraft erbitten, die wir brauchen.
Und wir sollen uns wirklich bemühen, regelmäßig sein Wort zu lesen. Besser einen kleinen Abschnitt aus der Bibel lesen als gar keinen Abschnitt. Wir sollen diese Kraftquelle in Anspruch nehmen und uns dessen bewusst sein: Wir brauchen die Ausrüstung durch den lebendigen Gott, weil wir in einer ernsten Situation stehen.
Wenn wir darin nicht versagen wollen, wenn wir unserem Herrn wirklich treu sein wollen, wenn wir nicht einfach nur wie die Lemminge mit der Masse mitschwimmen wollen – mit Ausnahme der Tatsache, dass wir vielleicht am Sonntag mal zum Gottesdienst gehen – wenn wir unserem Herrn treu sein wollen, dann werden wir das nur in der lebendigen Verbindung mit ihm schaffen: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn.“
Dann wird unser Herr uns auch wirklich Tag für Tag wieder ausrüsten, damit wir wirklich eine bekennende Gemeinde sein können. Das heißt Gemeinde, die ihrem Herrn um jeden Preis gehorcht.
Dann wird sich auch an uns erfüllen, was der Liederdichter gesungen und gebetet hat und wozu er aufgerufen hat:
„Wach auf, du Geist der ersten Zeugen,
wach auf, du Geist der ersten Zeugen,
die auf der Mauer als treue Wächter stehen,
die Tag und Nacht nie mehr schweigen
und die dem Feind – nicht Menschen gemeint, sondern der Teufel –
getrost entgegengehen,
ja deren Schall die ganze Welt durchdringt
und aller Völkerscharen zu dir bringt.“
Und dann heißt es in der letzten Strophe:
„Du wirst dein herrlich Werk vollenden,
der du der Welten Heil und Richter bist,
du wirst der Menschheit Jammer wenden,
wie dunkel auch dein Weg, o Heil, der ist.
Drum hört der Glaub nie auf, zu dir zu fliegen.
Du hilfst doch, über bitten und verstehen.“
Das will Gott uns auch in der nächsten Woche schenken. Amen.