Einführung in das Thema der Entrückung
Ja, wir sind in 1. Thessalonicher 4 stehen geblieben, in jenem Abschnitt, der die Entrückung am ausführlichsten beschreibt. In 1. Korinther 15 wird ebenfalls davon gesprochen, allerdings nicht so ausführlich. Am ausführlichsten ist die Beschreibung in 1. Thessalonicher 4,10.
Wir haben dazu die Verse 13 bis 18 gelesen. In diesem Abschnitt bestätigt der Apostel Worte, die der Herr den Jüngern hinterließ, als er die letzten Stunden mit ihnen zusammen war.
In Johannes 14,3 lesen wir: „Wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seid.“ Also: „Ich komme wieder“, so heißt es in Johannes 14,3.
Der Herr kommt hernieder, so steht es in 1. Thessalonicher 4,16. Johannes 14,3 sagt: „Ich werde euch zu mir nehmen.“ 1. Thessalonicher 4,17 ergänzt: „Wir werden entrückt werden, eben zum Herrn genommen werden, aber mit Kraft.“ Er muss uns entrücken, das heißt, einer starken Umklammerung entreißen. Aber es ist dieselbe Wahrheit.
Johannes 14,3: „Damit, wo ich bin, auch ihr seid.“ 1. Thessalonicher 4,17: „So werden wir allezeit beim Herrn sein.“ Diese Wahrheiten, die der Herr gelehrt hat, werden bestätigt. Dazu enthüllt Paulus weitere Dinge, die in Johannes 14 noch nicht genannt werden, zum Beispiel, dass die Verstorbenen, die schlafenden Heiligen, aus den Gräbern entrückt und zusammen mit den lebenden Gläubigen entrückt werden.
Die Entrückung der lebenden Gläubigen können wir aus Johannes 14 nicht ohne Weiteres herauslesen. Wie wird das sein? Er sagt: „Ich komme wieder.“ Ja, wann? Wenn wir schon tot sind? In 1. Thessalonicher 4 erhalten wir zusätzliche Offenbarungen.
Der Befehlsruf bei der Wiederkunft des Herrn
In Vers 16 steht: „Der Herr selbst wird kommen“ – und dann folgt, je nach Übersetzung, eine unterschiedliche Formulierung. In der Elberfelder 2003, also der unrevidierten, etwas bearbeiteten Fassung der Elberfelder Bibel, heißt es „mit gebietendem Zuruf“. Bei Luther wird es mit „einem Feldgeschrei“ übersetzt.
Das griechische Wort dafür lautet „keloisma“. Es kommt im Neuen Testament nur an dieser Stelle als Hauptwort vor. Dieses Hauptwort ist vom Verb „kelaio“ abgeleitet, das im Neuen Testament sehr häufig verwendet wird – nämlich 27 Mal. Es bedeutet immer „befehlen“ oder „gebieten“.
Ein „keloisma“ ist also ein Befehlsruf. Die Elberfelder übersetzt dies mit „Gebieten der Zuruf“. Das Gebieten ist darin enthalten, aber es ist nicht einfach nur ein Zuruf. Ein Zuruf ist viel zu allgemein. Man kann jemandem zurufen, um zu sagen: „Gut so, mach weiter!“ Man kann auch zurufen: „Komm her!“ Ein Zuruf ist also zu unbestimmt.
Es handelt sich hier um einen Befehlsruf. Dieser Befehlsruf ist ein Befehl an die Seinen. Er ergeht aus dem Mund des Allmächtigen, der die Macht hat, die Toten aus den Gräbern zu rufen, und der die Macht hat, die Lebenden zu verwandeln.
Dazu passt Johannes 5,28: „Wundert euch nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden.“ Genau das wird dann geschehen. Es kommt die Stunde, die wir noch nicht genau einordnen können. Auch heilsgeschichtlich ist das noch nicht abschließend geklärt.
Durch die Offenbarungen, die die Apostel vom Herrn erhalten haben, können wir es jedoch heilsgeschichtlich einordnen: Es wird das Ende der Gemeindezeit sein, wenn der Herr die Erlösten zu sich ruft. Dann werden die in Christus Entschlafenen, also die Toten in Christus, diesem Ruf gehorchen und ihn verstehen.
Er wird so handeln, wie damals, als er vor dem Grab des Lazarus stand und rief: „Lazarus, komm heraus!“ Und Lazarus kam heraus. Das war die Stimme, das war der Befehl der Allmacht. Lazarus hatte keine Wahl. Er konnte nicht sagen: „Mir gefällt es hier, ich bleibe noch ein bisschen.“ Er musste herauskommen.
So wird der Herr uns Lebenden und auch die schon Verstorbenen befehlen, und wir werden folgen. Sein Wille wird geschehen. Er befiehlt alles, der Allmächtige, der spricht, und es wird geschehen.
Die Stimme des Erzengels und die Rolle der Engel
Der Ruf wird hier als ein Ruf oder als ein dreifacher Ruf beschrieben. Es heißt, er wird rufen – ein Befehlsruf. Dann wird erwähnt: „Mit der Stimme des Erzengels“ oder „eines Erzengels“.
Nun stellt sich die Frage, ob er mit einer Stimme ruft, die die Stimme eines Erzengels ist. So könnte man es zumindest im Deutschen verstehen. Oder bedeutet es, dass er diesen Befehlsruf gibt und dann gleichzeitig die Stimme eines Erzengels ertönt, die diesen Ruf begleitet?
Es ist ganz sicher nicht denkbar, dass dieser begleitende Ruf zur Unterstützung gebraucht wird, um den Befehlsruf kräftiger zu machen. Das kann man getrost ausschließen. Aber es könnte ein begleitender Ruf sein, der Zustimmung, Lob oder Bewunderung ausdrückt.
In der ganzen Bibel lesen wir, wie die Engel regen Anteil daran nehmen, was Gott in der Erlösung wirkt. Ein Engel kündigte die Empfängnis des Erlösers an (Lukas 1), und Engel kündigten auch die Geburt des Erlösers an (Lukas 2).
1. Timotheus 3,16 sagt, dass er von den Engeln gesehen wurde. Das Geheimnis der Gottseligkeit ist anerkannt groß: Gott offenbart sich im Fleisch, und dies wurde von den Engeln gesehen. Engel haben ihn während seines ganzen Lebens beobachtet.
Sie begleiteten ihn während der Gefangennahme, standen jedoch wie Gewehr bei Fuß und rührten sich nicht. Er hätte ihnen befehlen können. Sie waren Zeugen der Auferstehung, saßen im Grab und waren Zeugen der Erhöhung des Herrn, wie es in Apostelgeschichte 1 heißt.
Sie sind auch Zeugen des Wandels der Gläubigen. Paulus sagt: „Wir sind ein Schauspiel geworden den Engeln und den Menschen“ (1. Korinther 4). Sie sehen, wenn die Gemeinde zusammenkommt, und beobachten auch, wie sie sich beim Gebet verhält. Deshalb sollen die Frauen ein Zeichen auf dem Haupt tragen – um der Engel willen. Die Engel können die Herzen nicht lesen, aber das Zeichen können sie sehen.
Epheser 3,10 sagt, dass die Gemeinde den Fürstentümern und Gewalten – das sind die Engel – ein Zeugnis von der mannigfaltigen Weisheit Gottes ist.
Die Vollendung der Erlösung muss die Engel mit überaus großer Freude und Jubel erfüllen. Wir lesen von den Engeln, dass sie, als sie Zeugen der Schöpfung waren, jauchzten (Hiob 38).
Wenn sie also schon bei der Schöpfung und Erschaffung der Welt jubelten, wie viel mehr werden sie jubeln, wenn sie Zeugen aller Werke Gottes der Erlösung und der Vollendung der Erlösung sind?
Vielleicht ist dies so zu verstehen: die Stimme eines Erzengels.
Die Posaune Gottes als Signal der Entrückung
Und dann drittens die Posaune Gottes, das ist der dritte Ruf, der ergeht: die Posaune Gottes.
Wir lesen in 2. Mose 19,16-19:
„Und es geschah am dritten Tag, als es Morgen wurde, da waren Donner und Blitze und eine schwere Wolke auf dem Berg und ein sehr starker Posaunenschall. Das ganze Volk, das im Lager war, zitterte. Mose führte das Volk aus dem Lager hinaus Gott entgegen, und sie stellten sich auf am Fuß des Berges. Der ganze Berg Sinai rauchte, weil der Herr auf ihn herabstieg im Feuer. Sein Rauch stieg auf wie der Rauch eines Schmelzofens, und der ganze Berg bebte sehr. Der Posaunenschall wurde immer stärker.“
Hier, wo wir davon lesen, wie Gott herabstieg, ertönt diese Posaune.
In 1. Thessalonicher 4,17 heißt es: „Daher steigt er herab vom Himmel und die Posaune ertönt wieder.“
Auch Paulus sagt in 1. Korinther 15,51-52, dass die letzte Posaune ertönen wird, das letzte Signal, das direkt vom Himmel kommt, und zwar bei der Entrückung:
„Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, und zwar in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune. Denn die Posaune wird erschallen.“
Also begleitet die Posaune das Herabsteigen des Herrn, den Posaunenschall.
Dann lesen wir auch, dass Posaunen im Alten Testament ertönten, um das Volk zu versammeln. In 4. Mose 10,1-3 steht:
„Und der Herr redete zu Mose und sprach: Mache dir zwei Trompeten aus Silber, in getriebener Arbeit sollst du sie machen. Sie sollen dir zur Berufung der Gemeinde und zum Aufbruch der Lager dienen. Bläst man sie, so soll die ganze Gemeinde sich zu dir versammeln an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft.“
Die Posaune ist also auch das Signal zur Versammlung des Volkes Gottes. Die Entrückung ist die große, endgültige und vollständige Versammlung des ganzen Volkes Gottes, aller Erlösten.
Darum also die Posaune in 1. Thessalonicher 4.
Die Bedeutung des Begriffs „entrückt“ und die Befreiung aus der Sünde
Danach kehren wir zurück zu 1. Thessalonicher 4, Vers 17: „Danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden.“
Der Ausdruck „entrückt“ ist sehr stark. Man kann ihn auch mit „weggerissen“ übersetzen. Das griechische Wort „harpazo“ wird zum Beispiel in Johannes 10 verwendet. Dort beschreibt es, was der Wolf tut, wenn er in die Schafherde eindringt (Johannes 10,12). Der nicht gute Hirte fühlt sich nicht verantwortlich für die Herde, sondern die Schafe gehören den Wölfen. Die Wölfe reißen die Schafe weg und führen sie fort.
Dasselbe Verb wird auch in Apostelgeschichte 8,39 verwendet: „Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus, ergriff ihn, riss ihn hoch und trug ihn weg.“
Ein weiteres Beispiel findet sich in Apostelgeschichte 23,9-10. Dort entsteht ein großer Streit zwischen Pharisäern und Sadduzäern, als Paulus über die Auferstehung spricht. Die beiden Parteien geraten so heftig aneinander, dass der Oberste befürchtet, Paulus könnte zerrissen werden. Deshalb befiehlt er der Truppe, Paulus aus der Menge herauszureißen, um ihn zu schützen.
Diese verschiedenen Stellen zeigen deutlich, was das Verb „entrücken“ beinhaltet: Der Herr wird uns wegreißen, herausreißen aus einer starken Umklammerung, aus dem Machtbereich Satans. Er wird uns herausreißen aus der Umklammerung der Welt und aus der Gegenwart der Sünde.
Endlich! Endlich! Wir sind durch den Glauben von der Sünde gerechtfertigt. Durch die Gnade können wir die Sünde auch überwinden, sodass sie nicht über uns herrschen muss. Doch die Sünde ist immer da, immer bereit hervorzubrechen und die Oberhand zu gewinnen. Aber dann werden wir auch aus der Gegenwart der Sünde herausgerissen – ebenso wie einst Lot.
Lot war ein Gerechter, das sagt der 2. Petrusbrief 2 ausdrücklich. Darum durfte er nicht in Sodom bleiben, als die Stadt im Gericht untergehen sollte. Als er noch zögerte, nahmen ihn die Engel bei der Hand und rissen ihn einfach heraus. So wird auch der Herr uns entrücken.
Die Bedeutung der Wolken bei der Entrückung
Paulus sagt außerdem, dass wir entrückt werden „in Wolken dem Herrn entgegen“. Diese Aussage kann drei Bedeutungen haben – eigentlich sind alle drei damit gemeint.
Erstens steht die Wolke für eine große Anzahl von Personen. So verwendet das Neue Testament das Wort „Wolke“, zum Beispiel in Hebräer 12, Vers 1. Dort heißt es: „Da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben“ – also eine große Anzahl von Gläubigen, die im Glauben gewandelt sind und ein Zeugnis abgelegt haben. Diese ganze große Anzahl von Zeugen nennt Hebräer 12, Vers 1 eine Wolke. Wenn es also heißt, dass wir in Wolken dem Herrn entgegen entrückt werden, bedeutet das, dass unzählige Scharen dem Herrn entgegen entrückt werden.
Die Wolke erinnert uns aber auch an etwas anderes: Im alten Israel markierte die Wolkensäule seit der Erlösung aus Ägypten die Gegenwart des Herrn unter seinem Volk. Diese Wolkensäule war seine Herrlichkeit, die in der Mitte seines Volkes wohnte. So heißt es in 2. Mose 40, Vers 34: „Und die Wolke bedeckte das Zelt der Zusammenkunft, und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte die Wohnung.“ Das bedeutet, dass wir mit der Entrückung in die Gegenwart des Herrn eingehen – wir treten ein in seine Herrlichkeit.
Die zweite und dritte Bedeutung hängen ebenfalls mit der Wolke zusammen. Zum einen entschwinden wir den Blicken der Welt. Dieser Ausdruck wird in Apostelgeschichte 1, Vers 9 verwendet: „Und als er dies gesagt hatte, wurde er emporgehoben, indem sie es sahen, und eine Wolke nahm ihn auf von ihren Augen weg.“ So warten wir sehnsüchtig auf den Tag, an dem mit einer Stimme der Herr uns ruft und alle zu ihm versammelt werden. Keiner wird fehlen.
Dann werden wir in seine Herrlichkeit eingehen und den Blicken der Welt entschwinden. Es wird sein wie bei der Entrückung Henochs. In Hebräer 11, Vers 5 heißt es: „Durch Glauben wurde Henoch entrückt, damit er den Tod nicht sehe, und wurde nicht gefunden, weil Gott ihn entrückt hatte.“ Ebenso wird es sein wie bei der Entrückung Eliahs. Die Prophetensöhne wollten ihn suchen, doch Elisa sagte, sie müssten ihn nicht suchen. Sie gingen trotzdem, fanden ihn aber nicht – er war wirklich für immer ihren Blicken entschwunden.
So werden auch wir den Blicken der Welt entschwinden und nicht gefunden werden. Das legt nahe, dass man uns suchen wird, wenn wir „in Wolken dem Herrn entgegen“ in die Luft entrückt werden, um dann für alle Zeit beim Herrn zu sein.
Unterschied zwischen Entrückung und Wiederkunft auf die Erde
Klaren Aussagen müssen wir besondere Aufmerksamkeit schenken, denn hier wird ganz eindeutig der Unterschied gezeigt zwischen dem Kommen des Herrn, wenn er die Gemeinde zu sich entrückt, und seinem späteren Kommen auf die Erde.
Es steht ausdrücklich, zum Beispiel in Sacharja 14, dass er auf die Erde kommen wird – auf diese Erde. Das bedeutet nicht nur, dass er seinem Volk entgegenkommt, sondern dass er tatsächlich auf der Erde erscheinen wird. Dort werden seine Füße auf dem Ölberg stehen.
Dieses Verständnis kann man nur richtig einordnen, wenn man erkennt und versteht: Der Herr kommt zuerst, um die Gemeinde zu sich zu entrücken. Dann werden wir ihm in der Luft entgegengerückt. Zu diesem Zeitpunkt kommt er nicht auf die Erde.
Später, etwa sieben Jahre danach, kommt er zu seiner Zeit auf die Erde. In Sacharja 14,3-4 wird beschrieben, wie er vom Himmel her auf die Erde kommt und eingreift, um sein Volk Israel zu retten, das sich in größter Bedrängnis befindet.
Dort heißt es: "Und der Herr wird ausziehen, wird sich aufmachen aus seiner himmlischen Wohnung. Dann wird er ausziehen und gegen jene Nationen kämpfen, wie am Tag der Erkämpft, am Tag der Schlacht. Seine Füße werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen."
Die Hoffnung der Christen, die glückselige Hoffnung der christlichen Gemeinde, ist jedoch nicht, dass der Herr kommt, um Krieg gegen die Feinde des Volkes Gottes zu führen. Vielmehr ist es die Hoffnung, dass er kommt, um uns zu sich zu rufen. Wir werden ihm entgegengerückt, um alle Zeit bei ihm im Himmel zu sein – nicht auf der Erde, sondern im Vaterhaus im Himmel.
Diese Hoffnung gilt für alle Gläubigen. Sie galt für alle Gläubigen in der Gemeinde Thessalonich, für alle, die an das Evangelium des Sohnes Gottes glaubten – damals und bis heute für alle. Jeder, der durch den Glauben ein Kind Gottes geworden ist und aus Gott geboren wurde, wird dem Herrn entgegen entrückt.
Dann werden wir allezeit beim Herrn sein, ein ewiger Trost beim Herrn. Wir werden nie mehr auseinandergehen. So heißt es offenbar in 1. Korinther 5,3-12: Wir werden nie mehr getrennt sein.
Die Entrückung ist die vollständige Überwindung des Sündenfalls und all seiner Folgen.
Die Entrückung als Triumph über den Sündenfall
Beim Sündenfall wandte sich der Mensch von Gott ab und wählte damit die Gottesferne. Seitdem streben der Mensch und die ganze Schöpfung, die dem Menschen in der Schöpfung untertan gemacht wurde, beständig weg von Gott.
Der Mensch fiel von Gott ab, und damit fiel auch die ganze Schöpfung von Gott. Alle streben seitdem beständig weg von Gott, von der Quelle des Lebens, vom Licht, immer abwärts hin zum Dunkel, in die Finsternis, in den Tod. Unerbittlich entfernen sie sich immer weiter.
In der Entrückung wird diese jahrtausendelang anhaltende Bewegung, dieses beharrliche Wegstreben von Gott, umgekehrt. Das Auseinanderdriften der Menschen und die Entfremdung voneinander, die damit einhergeht, werden dann endlich überwunden.
So ist die Entrückung der vollständige Triumph des Werkes der Erlösung, das unser Herr am Kreuz vollbracht hat. Was für ein Triumph! So wird Er verherrlicht, sein Werk verherrlicht, und die, die an ihn geglaubt haben, werden ewig glücklich sein.
Glücklich, voller Glück, Glück ohne Schatten, Glück ohne Reue, Glück ohne Ende, Glück, das immer größer wird und immer tiefer wird, das nie verblasst – unvorstellbar für uns. Das ist die Glückseligkeit: beim Herrn sein, ihn sehen, wie er ist, sein Angesicht sehen.
Darum ist diese Auswirkung der glückseligen Hoffnung wahrer Trost – der einzige wirkliche Trost, den es gibt.
Die Bedeutung der Wiederkunft für das Verhalten der Gläubigen
1. Thessalonicher 5 lehrt uns, dass das Wissen um die Wiederkunft des Herrn uns in die richtige Beziehung zur Welt versetzt. Der Apostel setzt hier das in Kapitel 4, Vers 13 begonnene Thema fort und spricht weiterhin von der Wiederkunft des Herrn.
In Kapitel 4 ging es um das Kommen des Herrn für seine Gemeinde. In Kapitel 5, Verse 1-3, geht es um das kommende Erscheinen des Herrn in Bezug auf die Welt. Wie wird dieses Erscheinen für die Welt sein? Wenn er kommt, um die Gemeinde zu sich zu entrücken, wird die Welt nur insofern davon berührt, als dass Menschen fehlen. Ansonsten greift er nicht direkt in die Welt ein. Im Gegenteil, er überlässt sie noch mehr sich selbst und ihrem sündigen Drang, sich immer weiter von Gott zu entfernen.
Die Finsternis nimmt zu, doch dann wird er in dieser Welt erscheinen und eingreifen. Die Verse 1. Thessalonicher 5,1-3 sprechen von diesem Erscheinen in der Welt.
Anschließend zieht Paulus in den Versen 4-9 die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen sollten. Wenn es wahr ist, dass der Herr kommt und diese Welt richtet, dann muss das bei uns zu einem entsprechenden Verhalten führen.
Der Tag des Herrn als unerwartetes Gericht
Lesen wir jetzt die Verse 1 bis 9 aus dem ersten Thessalonicherbrief, Kapitel 5, Verse 1 bis 9.
Was aber die Zeiten und die Zeitpunkte betrifft, Brüder, so habt ihr nicht nötig, dass euch geschrieben werde. Denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn so kommt wie ein Dieb in der Nacht. Wenn sie sagen: Frieden und Sicherheit, dann kommt ein plötzliches Verderben über sie wie die Geburtswehen über die Schwangere, und sie werden nicht entfliehen.
Ihr aber, Brüder, ihr seid nicht in der Finsternis, dass euch der Tag wie ein Dieb ergreife. Denn ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis.
Also lasst uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein. Denn die, die schlafen, schlafen bei Nacht, und die, die betrunken sind, sind bei Nacht betrunken. Wir aber, die vom Tag sind, lasst uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe und als Helm die Hoffnung der Errettung.
Denn Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus.
Ja, das Kommen des Herrn ist für die Gläubigen ein Trost, aber nicht für die übrigen. Das steht ja in Kapitel 4, Vers 13. Die Gläubigen haben Trost, die übrigen nicht.
Warum nicht? Weil Gott sie nicht trösten will? Nein, weil sie nicht glauben. Dann gibt es keinen Trost.
Also steht in Kapitel 4, Vers 13: Damit ihr euch nicht betrübt, wie die übrigen, die keine Hoffnung haben.
Vielleicht ist euch beim Lesen aufgefallen, dass hier wieder von den übrigen gesprochen wird. Im Vers 6 heißt es: Lasst uns nun nicht schlafen wie die übrigen.
In den Versen 1 bis 3 wird beschrieben, warum das kommende Sehen für die übrigen kein Trost sein kann. Erstens haben sie jetzt keinen Trost, weil sie nicht daran glauben. Zweitens haben sie dann, wenn es geschieht, woran sie nicht glauben, alles andere als Trost – nur Entsetzen, nur Entsetzen.
Ungemildertes Entsetzen, Entsetzen ohne jeglichen Schimmer von Milderung oder Hoffnung, dass sich etwas irgendwie wende – nichts!
Die Bedeutung von „Zeiten und Zeitpunkten“ im biblischen Kontext
Paulus beginnt dieses Kapitel mit einem sehr auffälligen Ausdruck, der die Zeiten und die Zeitpunkte betrifft. Dieser Ausdruck kommt dreimal in der Bibel vor und ist ein weiterer Schlüssel zum richtigen Verständnis der Verse 1 bis 3, insbesondere wann das Geschehen stattfindet.
Es gibt Menschen, die meinen, dass alles gleichzeitig geschieht – die Entrückung und alles andere. Die erste Stelle, an der dieser Ausdruck vorkommt, ist in Daniel 2,21. Daniel hatte um Verständnis für eine verborgene Sache gebetet, nämlich einen Traum, den Nebukadnezar gehabt hatte, den er aber niemandem erzählte. Deshalb war der Traum verborgen und niemand konnte ihn wissen.
Daniel betet, und Gott offenbart ihm den Traum. Der Inhalt dieses Traumes ist die Botschaft über den Verlauf der Reiche der Welt. Zu jener Zeit war Juda nicht mehr das Haupt der Nationen, wie es aufgrund der Erlösung aus Ägypten gewesen war. Stattdessen wurden die Nationen zu den führenden Mächten. Das goldene Haupt steht für Nebukadnezar selbst.
Dies wird Daniel offenbart: Ein großer Umschwung oder Umbruch in Gottes Heilshandeln. Israel wird zur Nebennation, zu einem Untertanenvolk. Die Zeiten der Nationen beginnen. In Daniel 2,20-21 heißt es dazu: „Daniel hob an und sprach: ‚Gepriesen sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit, denn Weisheit und Macht sind sein. Er ändert Zeiten und Zeitpunkte.‘“
Dieser Ausdruck steht für einen Einschnitt in Gottes Heilshandeln. Eine neue Heilzeit hat begonnen. Israel ist nicht mehr das Haupt, sondern ein Sklavenvolk, ein Untertanenvolk. Von diesem Zeitpunkt an sind die Nationen führend. Diese Zeiten nennt Jesus in seiner Endzeitrede in Lukas 21 „die Zeiten der Nationen“. Daniel kommentiert dies, indem er sagt, Gott ändert Zeiten und Zeitpunkte.
Die Bedeutung von „Zeiten und Zeitpunkten“ in Apostelgeschichte und Thessalonicher
Apostelgeschichte 1 ist die zweite Stelle, an der dieser Ausdruck vorkommt. In Apostelgeschichte 1,6-7 fragen sie, als sie zusammengekommen waren, den Herrn: „Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her?“ Damit ist gemeint, dass Israel wieder die Hauptmacht wird und die Nationen untertan sind. Sie fragen also, ob jetzt das Ende der Zeiten der Nationen kommt und ob wieder ihre Zeit beginnt, in der sie eine erhöhte Nation sind.
Jesus antwortet ihnen: „Es ist nicht eure Sache, Zeiten und Zeitpunkte zu wissen.“ Er verrät ihnen noch nicht den Grund dafür, aber heute wissen wir, warum. Nein, jetzt beginnt etwas anderes: die Zeit der Gemeinde. Die Umwälzung der Verhältnisse steht noch aus. Diese Umwälzung, die Zeiten und Zeitpunkte, wird dann kommen, wenn der Herr erscheint, die Nationen gerichtet werden und Israel wieder die erste unter den Nationen sein wird.
In 1. Thessalonicher 5,1 heißt es: „Was aber die Zeiten und die Zeitpunkte betrifft, Brüder, so habt ihr nicht nötig, dass euch geschrieben werde.“ Das ist eben nicht eure Sache. Aber ihr wisst, was geschehen wird. Ihr wisst genau, dass der Herr kommen wird. Allerdings sagt er nicht, dass er kommen wird, um euch zu sich zu rufen. Stattdessen sagt er, dass er kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.
Sein Kommen wird für die Welt unerwünscht sein, wie ein Dieb in der Nacht. Ein Dieb ist ja grundsätzlich unerwünscht. Ein Dieb im eigenen Haus ist das Letzte, was man will. Das Kommen des Herrn wird also unerwartet und plötzlich sein. Wenn die Menschen von Frieden und Sicherheit sprechen, wird plötzlich das Verderben über sie kommen.
Dieses Kommen wird schmerzhaft sein, wie Geburtswehen. Es muss sehr schmerzhaft sein. Man kann fünf Dinge über das Kommen des Herrn am Tag des Herrn sagen:
- Es wird unerwünscht sein.
- Es wird unverhofft kommen.
- Es wird schmerzhaft sein.
- Es wird katastrophal sein.
- Es wird unentrinnbar sein.
Niemand wird entkommen können. Wenn das Reich Christi erscheint, werden die Menschen erkennen, wie dieses Reich in Wirklichkeit ist. Im Licht dieses hereinbrechenden Reiches werden sie dann erkennen, wie böse das Reich ist, an dem sie ihr Leben lang gebaut haben.
Es ist ein Reich der Lüge, der Einbildung, des Stolzes, der Hoffnung, des Hochmuts und der Undankbarkeit Gott gegenüber. Dann werden sie sehen, wie böse die Welt wirklich ist.
Die Aufforderung zum heiligen Wandel angesichts des kommenden Gerichts
Und nun stellt der Apostel Paulus den Wandel des Christen dar. Wir werden nicht in diesen Tag hineingehen, denn der Herr nimmt uns vorher heraus. Dennoch stellt Paulus den Wandel des Christen in das Licht dieses Tages.
Warum macht er das? Was will er damit erreichen? Er sagt es ja selbst: Wir sollen daran lernen, uns ganz anders zu verhalten als eine Welt, die so verdorben und so übel ist, dass Gott sie niederwerfen muss. Er wird sie im Zorn zertrümmern und alle Werke, die Menschen hier getan haben, im Feuer verbrennen.
Wenn die Welt nach Gottes Urteil so ist, dann muss uns das lehren, die Ziele und Ideale, nach denen die Menschen in der Welt gieren, zu verachten. Was geht uns das an? Oder wollen wir uns auch einen Namen machen, reich werden, noch schöner sein und Ähnliches? All dieses gottlose Jagen, dieses Nichtige, dieses Verlogene wird Gott heimsuchen und richten.
Wenn das wahr ist, dann werden wir uns gründlich von den Werken und Wegen der Welt absondern. Darum ist es uns offenbart, genau darum. Wir sollen wissen, wie das Ende dieser Welt aussieht.
Petrus beschreibt ebenfalls das Ende dieser Zivilisation. Er sagt, dass Gott im Gericht alle Werke, die Menschen hervorgebracht haben, verbrennen wird. Petrus sagt genau dasselbe wie Paulus:
„Da nun dies alles aufgelöst wird, welches solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und in Gottseligkeit?“ (2. Petrus 3,11)
Wenn es stimmt, dass Gott das alles auflösen und verbrennen wird, welches Leben sollten wir dann führen? Wir sollten uns in heiligem Wandel von dieser Welt unterscheiden.
Gegensätze zwischen Christen und Ungläubigen
Paulus stellt in 1. Thessalonicher 5,4-9 die Unterschiede zwischen den Christen und den anderen Menschen gegenüber.
Er sagt: Ihr seid Söhne des Lichts und des Tages, nicht der Nacht und der Finsternis. Wir wachen, während sie schlafen – also lauter Gegensätze. Wir sind nüchtern, sie sind trunken und leben wie in einem Taumel. Sie fliehen vor der Realität, machen die Augen zu vor der Wirklichkeit und sind trunken.
Wir sind zum Heil bestimmt, sie hingegen zum Zorn. Nicht weil Gott sie dazu verordnet hat, sondern weil sie nicht glauben. Gott hat uns bestimmt, zur Erlangung der Errettung zu leben. Doch über jene, die nicht glauben, kommt der Zorn. Dem können sie nicht entkommen.
Größere Gegensätze gibt es kaum: Heil oder Zorn, Heil oder Verdammnis – so groß sind die Unterschiede. Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung. Jene aber sind zum Zorn bestimmt, während wir zum Heil bestimmt sind.
Die Ursache der Gegensätze: Unterschiedliche Zuneigungen
Nun, woher kommt es, dass diese Unterschiede so groß sind wie Tag und Nacht, Schlafen und Wachen, Nüchternsein und Trunkensein? Worauf ist das zurückzuführen?
Es liegt daran, dass die Zuneigungen der Gläubigen und der Ungläubigen entgegengesetzt sind. Der Gläubige oder der durch den Glauben Geheiligte liebt, was Gott liebt, und er verabscheut, was Gott verabscheut. Der Ungläubige hingegen hasst, was Gott liebt, und er liebt und begehrt die Dinge, die Gott verabscheut. Seine Zuneigungen sind versetzt.
Jeder Mensch – dem kann kein Mensch sich entziehen – hat Hass und Liebe. Wir sind so gemacht, dass wir Liebe zu gewissen Dingen haben und Abscheu vor anderen Dingen empfinden. Liebe und Hass gehören zu unserer Natur. Dem kann sich niemand entziehen, egal ob er an Gott glaubt oder nicht.
Die Frage ist, was wir lieben und was wir verabscheuen. Nun, die Sünde hat den Menschen wirklich verdreht und verkehrt gemacht – ganz buchstäblich. In Philipper 2,13 nennt Paulus uns Menschen ein verdrehtes und verkehrtes Geschlecht. Was oben sein sollte, haben wir nach unten gekehrt, und was unten sein sollte, haben wir an die Spitze gehoben – verdreht und verkehrt, falsch gepolt.
So könnten wir jetzt eine ganze Reihe von Stellen durchgehen, die davon sprechen, von den Dingen, die die Gläubigen hassen. Ich nenne nur eine Stelle: Psalm 97,10 – „Wer den Herrn liebt, hasst das Böse.“ Der Gläubige hasst das Böse.
Der Hass des Sünders wird in Johannes 3,20 beschrieben: „Denn jeder, der Böses tut, hasst das Licht.“ Er liebt das Licht nicht, er hasst es.
Die Liebe des Heiligen zeigt sich darin, dass er Gott liebt, den Nächsten liebt (Psalm 19,40) und Gottes Wort liebt. Die Liebe des Sünders hingegen zeigt sich in Lukas 11,43, wo er den ersten Platz in den Synagogen liebt. Er liebt es, bewundert zu werden und Ansehen zu haben.
In Johannes 3,19 heißt es, dass er die Finsternis liebt. Die Zuneigungen sind also versetzt und genau entgegengesetzt.
Die Gefahr des Erkalten der Liebe bei Gläubigen
Nun hat der Sohn Gottes angekündigt und gesagt, dass am Ende der Zeit, wenn die Gottlosigkeit immer mehr überhandnimmt, in vielen die Liebe erkalten wird.
Was passiert, wenn in einem Gläubigen die Liebe erkaltet? Dann beginnt er zunehmend, die Dinge zu lieben, die auch die Ungläubigen lieben. Gleichzeitig liebt er die Dinge, die Gott liebt, immer weniger. Mit der Zeit ignoriert er sie sogar, was letztlich bedeutet, dass er sie hasst.
Das heißt, seine Zuneigungen werden denen der Ungläubigen immer ähnlicher. Wenn das geschehen ist, wird er schlafen, wie alle Welt schläft, und nicht auf das Kommende warten.
Paulus möchte uns mit dieser Ankündigung vom Tag des Herrn lehren, wie dieser sein wird. Er fordert uns alle auf, uns im Licht dieses Tages zu fragen: Wie stehen wir? Wie sind wir? Wo sind unsere Herzen? Was lieben wir? Was verabscheuen wir?
Sieht man den Unterschied zwischen uns und denen, die nicht glauben, so deutlich, wie Paulus es hier beschreibt? Sind unsere Zuneigungen klar erkennbar? Lieben wir den Herrn, sein Wort, seine Sache und sein Volk über alles? Oder ist das nicht mehr so, ist die Liebe erkaltet?
Wir sind in dieser Sache nicht nur herausgefordert, wir sind auch angefordert und anfällig. Deshalb brauchen wir es, dass wir uns gegenseitig ermuntern, stärken und trösten.
Genau das tut der Schreiber des Hebräerbriefes, wenn er uns auffordert, uns zur Liebe anzuregen. Wir sollen darauf achten, dass wir dabei bleiben und gestärkt werden in der Liebe zum Guten, zu Gott, zu seinem Wort, zum Bruder und zur Wahrheit. Dabei dürfen wir uns der Welt nicht anpassen.
Gut, an dieser Stelle schließen wir und machen morgen weiter.