Offenbarung 8 beschreibt die Öffnung des siebten Siegels und die darauffolgenden Ereignisse, die sich daraus ergeben.
Nachdem das siebte Siegel geöffnet wird, herrscht im Himmel eine Stille von etwa einer halben Stunde. Diese Stille ist ungewöhnlich und betont die Bedeutung der kommenden Ereignisse. Danach sieht Johannes sieben Engel, die vor Gott stehen. Ihnen werden sieben Posaunen gegeben.
Ein anderer Engel bringt ein goldenes Räuchergefäß und stellt sich am Altar. Er erhält viel Räucherwerk, das er mit den Gebeten aller Heiligen auf das goldene Altarfeuer wirft. Der Rauch des Räucherwerks steigt vor Gott empor, zusammen mit den Gebeten der Heiligen.
Der Engel nimmt das Räuchergefäß, füllt es mit Feuer vom Altar und wirft es auf die Erde. Darauf entstehen Donnerschläge, Stimmen, Blitz und Erdbeben.
Dann blasen die sieben Engel nacheinander ihre Posaunen. Jede Posaune bringt eine neue Katastrophe oder ein Gericht über die Erde.
Die erste Posaune führt Hagel und Feuer, vermischt mit Blut, auf die Erde. Ein Drittel der Erde, der Bäume und des ganzen grünen Grases wird verbrannt.
Die zweite Posaune bringt etwas wie einen großen Berg, der in das Meer geworfen wird. Ein Drittel des Meeres wird zu Blut, ein Drittel der Lebewesen im Meer stirbt, und ein Drittel der Schiffe wird zerstört.
Die dritte Posaune verursacht, dass ein großer Stern namens Wermut vom Himmel fällt. Dieser Stern vergiftet ein Drittel der Flüsse und Wasserquellen, sodass viele Menschen an dem bitteren Wasser sterben.
Die vierte Posaune bewirkt, dass ein Drittel der Sonne, des Mondes und der Sterne verdunkelt wird. Dadurch wird ein Drittel des Tages und der Nacht ohne Licht sein.
Diese Kapitelabschnitte zeigen die zunehmenden Gerichte Gottes über die Welt, die durch die Posaunen eingeläutet werden. Sie verdeutlichen das ernste Gericht und die göttliche Kontrolle über die Ereignisse auf der Erde.
Einführung in die Struktur der Offenbarung
Jetzt muss ich Ihnen noch einmal etwas zum Gesamtverständnis der Offenbarung sagen. Wir hatten ja die sieben Siegel, die im Kapitel 5 beginnen. Darin werden nacheinander die Leiden der Welt dargestellt. Diese sieben Siegel gehen so ineinander über, dass das siebte Siegel gleichzeitig auf die sieben Posaunengerichte hinweist.
Das siebte Posaunengericht wiederum weist auf die sieben Zornschalen hin, die wir ab Kapitel 15, Vers 5, finden. Also noch einmal zusammengefasst: Zuerst kommen die sieben Siegel, dann folgen die sieben Posaunengerichte und anschließend die sieben Zornschalen. Dabei öffnet jeweils das siebte Gericht den nächsten Teil der schweren Gerichte Gottes über die Welt.
Dazwischen haben wir eingeschoben einen Durchblick, den wir als einen aufgerissenen Vorhang bezeichnen, im Kapitel 7. Dort gibt es den Blick in die Ewigkeit. Die Gemeinde im Martyrium, in der Verfolgung, hält das ja gar nicht aus, wenn nicht zwischendurch immer wieder der Blick in die Ewigkeit frei gemacht wird.
Wir leben heute in einer Zeit, in der wir Christen in unserem Land kaum Probleme haben. Ich bin froh, dass David Barrett, der größte Statistiker in den USA, der die Zahlen der Christentumsverfolgung zusammengestellt hat, sagt, dass im zwanzigsten Jahrhundert mehr Christen um ihres Glaubens willen umgekommen sind als in allen Jahrhunderten zuvor zusammen.
Man kann das kaum glauben, wenn man bedenkt, wie viel Leid es in der Gegenreformation, bei der Hugenottenverfolgung und ähnlichen Ereignissen gab. Dazu gehören auch die schrecklichen Massaker an den Armeniern. Aber auch in unseren Tagen hält die Verfolgung an. Es ist wichtig, immer wieder daran zu erinnern, dass einige hundert evangelische Prediger und Laienprediger, vor allem unter Gorbatschow, um ihres Glaubens willen in Haft sind.
In Äthiopien gehen wir von etwa 800 Gefangenen aus. Evangelische Gemeinden, allein bei der Kale-Heywet-Kirche, sind 2400 geschlossen worden. Es war erschütternd, was Andreas Prosi hier berichtet hat. Doch das ist nur ein Teil dessen, was in der Welt geschieht.
Darum ist der Blick immer wieder wichtig in die Ewigkeit: Bei Gott steht der Sieg fest. Auch wenn Stürme toben, der Herr kann sie lenken.
Übergang von den Siegeln zu den Posaunengerichten
Wir sind jetzt bei den Posaunengerichten im Kapitel 8. Hier sehen wir das Bindeglied zwischen dem siebten Siegel, das geöffnet wird, und den Posaunengerichten. Das Lamm ist ein Bild, ein Codename, eine Chiffre für den gekreuzigten Jesus.
Als das Lamm das siebte Siegel auftat, entstand eine Stille im Himmel, etwa eine halbe Stunde lang. Dann sah ich die sieben Engel, die vor Gott standen, und ihnen wurden sieben Posaunen gegeben.
Ein anderer Engel kam und trat an den Altar. Er hatte ein goldenes Räuchergefäß, und ihm wurde viel Räucherwerk gegeben, damit er es zusammen mit den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar vor dem Thron darbringe. Der Rauch des Räucherwerks stieg mit den Gebeten der Heiligen von der Hand des Engels vor Gott empor.
Der Engel nahm das Räuchergefäß, füllte es mit Feuer vom Altar und schüttete es auf die Erde. Daraufhin geschahen Donner, Stimmen, Blitze und Erdbeben.
Die sieben Engel mit den sieben Posaunen hatten sich gerüstet zu blasen. Der erste Engel blies seine Posaune, und es kam Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, das auf die Erde fiel. Der dritte Teil der Erde verbrannte, ebenso der dritte Teil der Bäume und alles grüne Gras.
Der zweite Engel blies seine Posaune. Etwas stürzte ins Meer, wie ein großer brennender Berg. Der dritte Teil des Meeres wurde zu Blut, der dritte Teil der lebenden Geschöpfe im Meer starb, und der dritte Teil der Schiffe wurde vernichtet.
Der dritte Engel blies seine Posaune, und ein großer Stern fiel vom Himmel. Er brannte wie eine Fackel und fiel auf den dritten Teil der Wasserströme und auf die Wasserquellen. Der Name des Sterns heißt Wermut. Der dritte Teil der Wasser wurde zu Wermut, und viele Menschen starben an den Wassern, weil sie bitter geworden waren.
Der vierte Engel blies seine Posaune. Es wurde der dritte Teil der Sonne, der dritte Teil des Mondes und der dritte Teil der Sterne geschlagen, sodass ihr dritter Teil verfinstert wurde. Dem dritten Teil des Tages schien das Licht nicht, und in der Nacht ebenso.
Ich sah und hörte, wie ein Adler mitten durch den Himmel flog und mit großer Stimme rief: "Weh, weh, weh denen, die auf Erden wohnen, wegen der anderen Posaunen der drei Engel, die noch blasen sollen."
Diese sind dann die restlichen drei Posaunengerichte, die noch ausstehen.
Die Offenbarung als Trostbuch und die Bedeutung der Stille
Für diejenigen, die zum ersten Mal die Offenbarung des Johannes durcharbeiten, ist es sicherlich überraschend, wie sehr die Offenbarung kein aufregendes, spannendes Buch ist, sondern vielmehr ein Trostbuch. Wir haben das bereits mehrfach festgestellt: Der gesamte Ton und das Schwergewicht liegen darauf, uns im Glauben zu ermutigen und uns heute dazu zu bewegen, unserem Herrn treu zu dienen.
Gerade die Gemeinde, die durch das Martyrium geht, wird von Gott besonders aufgerichtet. Dabei haben wir die Sendschreiben zunächst weggelassen, weil wir sie für eine spätere Predigtreihe aufbewahren wollten. Die gesamte Offenbarung ist ein Trostbuch. Sie vermittelt uns wichtige Informationen über die Zukunft, aber immer so, dass wir die Zukunft nicht mehr als erschreckend empfinden, sondern mit festem Schritt auch in eine dunkle Zukunft, in das dunkle Morgen, hineingehen können.
Wo fangen wir an? Mit der Stille im Himmel, etwa eine halbe Stunde lang. Können Sie still sitzen? Bei mir fällt das auch schwer, und das ist keine Schande. Die Stille ist ja problematisch. Michael Griffiths hat am letzten Dienstag, als er zu uns kam, gesagt, die Deutschen, die Japaner und die Koreaner seien Workaholics. So wie Alkoholiker an ihrem Alkohol hängen, seien sie süchtig nach Arbeit. Deshalb ist es sicher wichtig, dass wir die Stille auch wieder neu entdecken.
In der Bibel wird mehrfach erwähnt, dass im Himmel Stille herrscht. Wenn Gott am siebten Tag von seinen Werken ruht, ist das für uns eine Mitteilung, dass man nicht ständig Neues schaffen muss. Gott thront in einer großen Ruhe; es ist Vollendung. Für Gott hat die Entwicklung der Welt ihr Ziel bereits erreicht. Was bei uns noch unfertig aussieht, ist bei ihm schon vollendet.
Er lebt diese Stille vor Gottes Thron mit. „Es sei Stille vor ihm, alle Welt.“ Es ist etwas ganz Großes, an dieser göttlichen Ruhe und Stille teilzuhaben. Es ist eine Stille der Anbetung und der Ruhe, der Macht Gottes und der Größe. In der hektischen Betriebsamkeit dieser Welt ist das eine gewaltige Erfahrung, wenn man plötzlich begreift, dass die Stille vor Gottes Thron eine große Aussage der Bibel ist.
Und dann wird diese Stille, die eine begrenzte Zeit ist – sie ist kurz, aber auch wieder lang – plötzlich abgebrochen, als die sieben Engel um den Thron Gottes die Posaunen zur Hand nehmen.
Bedeutung der Posaunen und das Rauchopfer
Was sind Posaunen? Posaunen sind Instrumente zum Mahnen, Instrumente, die wachrütteln wollen, Alarminstrumente. Wenn man an die Stiftskirche denkt, an den schönen Gräfenitzengel, der an der Säule steht, dann sind das genau solche Engel, wie sie in der Offenbarung dargestellt werden. Die Posaunen sollen wachrütteln.
Man hat hier schon das Verständnis, was genau gemeint ist: Diese sieben Gerichte Gottes wollen wachrütteln. Bei den Siegeln wurden die Schrecken beschrieben, die über die Welt kommen, die Leiden der Welt. Hier geht es nun um Gerichte Gottes, die aufrufen, die Mahnung Gottes zu begreifen und zu verstehen.
Bevor das Ganze geschieht und die Engel ihre Posaunen in die Hand nehmen, sieht man ein Geschehen am Rauchaltar. Dieses Bild ist uns heute nicht mehr so geläufig wie den damaligen Menschen, die regelmäßig im Gottesdienst miterlebten, wie das am Altar ablief. Katholische Christen haben hier oft noch mehr vor Augen.
Was ist der biblische Hintergrund? Die Offenbarung benutzt ständig Bilder, um uns etwas zu veranschaulichen. Hier wird ein damaliger Brauch dargestellt: die Gebete der Heiligen. Es heißt in Vers 3, die Gebete der Heiligen sind dem Rauchopfer gleich, das Gott dargebracht wird zu einem lieblichen Geruch.
Glaubt man ernsthaft, dass unser Gestammel im Gebet für Gott ein lieblicher Geruch ist? Unsere Gebete sind sehr unvollkommen. Selbst wenn man die schönsten und vollendetsten Gebete spricht, bleibt immer etwas Brüchiges. Das gilt auch für unsere Gottesdienste, egal ob man Gebete liest oder selbst formuliert – sie bleiben unvollkommen.
Hier wird so schön gesagt, dass Gott unsere unvollkommenen Gebete vollkommen macht, indem diese Engel das Rauchwerk dazwischen mischen und unsere Gebete reinigen. Unsere Gebete sind oft sehr ichbezogen, sie enthalten wenig Lobpreis Gottes an sich und drehen sich immer wieder um unsere kleinen Anliegen. Trotzdem dürfen wir so beten.
Ich sage das heute Abend nicht, um zu korrigieren, sondern zum Trost: Gott sorgt dafür, dass unsere noch so schlichten Gebete ihm angenehm sind und zu seiner Ehre werden. Es ist so groß, dass Gott aus all dem Gestammel, das wir darbringen, ein Lob macht.
Wir sollten uns beim Gebet ganz bestimmt keine Sorgen machen, ob alles jetzt richtig ist. Jesus hat uns Mut gemacht, wie Kinder zu beten. Hier ist es so wichtig, dass das Rauchopfer von der Hand der Engel hinaufsteigt – genauso wie die Gebete der Heiligen.
Heilige sind nicht fehlerlose Menschen, sondern Menschen, die die Vergebung Jesu an ihrem Leben erfahren haben. Sie haben erlebt, wie Jesus sie gereinigt hat. Diese Gebete lösen jetzt die Gerichte Gottes aus.
Es ist wichtig zu verstehen, dass der Heilsplan Gottes abläuft. Das muss geschehen! Wir dürfen immer wieder bitten: Herr, vollende deine Heilsgeschichte. So wie wir heute für das Volk Israel beten, so beten wir auch: Herr, verkürze die Tage des Leidens, der Nöte und der Gerichte.
Wir freuen uns, dass Gott seinen Plan wirklich durchführt. Aber diese sechs Posaunengerichte und das siebte Gericht müssen noch über die Welt hinweggehen.
Deutung der Posaunengerichte und ökologische Bezüge
Jetzt stellt sich die Frage: Wie deuten wir diese sieben Posaunengerichte? Ich muss gestehen, dass ich heute, angesichts der zerstörten Natur und der gesamten ökologischen Problematik, immer wieder darüber nachdenke, ob das, was im Vers 7 steht, nicht ganz buchstäblich gemeint ist.
Ich darf Ihnen sagen, dass genau das das Gute daran ist. Jesus hat einmal, gerade in Endzeitfragen, gesagt: „Wer es liest, der merke darauf.“ Ich denke, wir dürfen die Bibel immer wieder lesen, und oft verstehen wir Dinge erst unter dem Eindruck unserer eigenen Erfahrungen neu.
Wir können sicher davon ausgehen, dass viel von dieser zerstörten Welt etwas mit den Zorngerichten Gottes zu tun hat. Es ist sicher etwas Verrücktes, wenn der moderne Mensch meint, er könne Gott dafür verantwortlich machen. „Herr, warum lässt du die Welt so zerstören?“ Dabei sind es doch die Menschen selbst, die daran beteiligt sind.
Ich möchte heute Abend nicht den Schwerpunkt darauf legen, obwohl in den Versen 8 und 9 sehr viel darüber steht, dass ein Drittel der lebendigen Geschöpfe im Meer starb und wie die Wasserquellen bitter geworden sind. Das ist schon interessant, wie wir das heute sicher neu lesen.
Gleichzeitig möchte ich daran erinnern, dass diese Themen lange vor der heutigen ökologischen Bewegung viele Menschen bewegt haben. Ich erinnere mich, vor zwanzig Jahren konnte man mit Fritz Grünzweig nicht durch Deutschland fahren, ohne dass er bei jedem neuen Abschnitt der Autobahn sagte: „Mir tut es als Baucherbub weh, dass man die ganze gute Ackerböden zubetoniert.“
Es war sicher so, dass viele Menschen darunter schon gelitten haben. Ich bin als Kind aufgewachsen, und mein Vater hat hier im Gemeinderat nur um einen Baum gekämpft, den er im Stuttgarter Westen nicht fällen lassen wollte. Die Tiefbauingenieure wollten das nicht, weil sie befürchteten, dass die Abwasserleitungen von den Wurzeln verstopft werden.
Es gab also immer wieder Menschen, die sich für den Erhalt der Natur eingesetzt haben. Das ist keine neue Erfindung, sondern die Liebe derer, die die große Schöpfungstat Gottes sehen, hat dieser Welt immer schon gehört.
Jetzt muss ich jedoch darauf hinweisen, dass die meisten Ausleger hier eine Bildersprache sehen. Es könnte auch sein, dass es eine doppelte Bedeutung hat: eine reale und eine bildhafte. Sie sagen, dass hier zuerst einmal die Erde dargestellt wird, die von schrecklichen Stürmen heimgesucht wird.
Das würde also mit dem zusammenpassen, was wir gerade gesagt haben: Ein Drittel der Erde verbrannte, ein Drittel der Bäume verbrannte, Hagel und Feuer, mit Blut vermengt. In Auslegungen wird immer wieder auf die großen Umwälzungen und revolutionären Veränderungen der Welt Bezug genommen.
Es ist sehr merkwürdig, dass auch in all diesen Umwälzungen sehr viel Leid zurückbleibt und so wenig von dem gelöst wird, was eigentlich nötig wäre. In der Sprache der Offenbarung steht der Baum immer auch für den gerechten Menschen.
Es ist jetzt schwierig, die Bildsprache zu deuten, wenn gesagt wird, dass ein Drittel der Bäume verbrannte. Wenn Sie die Auslegung von Karl Hartenstein noch einmal lesen, ist es eindrücklich, wie er hier viele Erklärungen gibt. Er zeigt, wie in diesen weltweiten Umwälzungen viele Menschen umkommen und wie alles Leben in der Welt vernichtet wird.
Es sind Zorngerichte Gottes. Warum lässt Gott so viel Schlimmes geschehen? Er lässt darin nur sichtbar werden, wie zerstörerisch und nicht heilsam die unheimlichen Herrschaftsbezüge der Menschen wirken.
Der zweite Engel, der über dem Meer den Berg einstürzen lässt durch seinen Trompeten- und Posaunenstoß, symbolisiert nach den meisten Auslegern das Völkermeer. In der Bibel steht das Meer immer wieder für das wilde Völkermeer.
Immer wieder, wenn ich Zeitung lese, werde ich an die Offenbarung erinnert, weil das Bild des Meeres mit seinen großen Wellenbewegungen und seinem Schäumen gegeneinander genau das widerspiegelt. Wenn man bis hinein nach Europa schaut, sieht man die großen Spannungen zwischen den einzelnen Staaten, die sich durch Probleme mit ihren Völkern ergeben.
Wie Spanien nicht zur Ruhe kommt, wie Nordirland nicht zur Ruhe kommt – das schäumende Völkermeer und diese unheimlichen, wilden Bewegungen.
Wir haben manchmal ein ganz idyllisches Bild. Ich weiß gar nicht, ob das wirklich so ist, wie es die Zeitung berichtet hat. Offenbar soll am Sonntag das Wort gefallen sein: „Wir schaffen eine neue Welt.“ Ich kann mir das nicht vorstellen. Wir schaffen keine neue Welt. Das ist Offenbarung 21: Jesus macht alles neu.
Wir können vielleicht Zeichen der neuen Welt darstellen, wenn Gott uns Siegeskraft schenkt. Kleine Zeichen im Dienst an den Leidenden, an denen, die unter die Räder kommen in dieser Welt und in diesem ganzen schweren Geschehen.
Wenn ich richtig sehe, dann geschieht das jetzt auch im Dienst, den wir in der Entwicklungshilfe tun. Ich glaube, man kann nur sagen, dass nur das kleine, ganz kleine Zeichen der Liebe Bestand hat.
Viel größere Lösungen scheitern alle in der ganz großen Auseinandersetzung des tobenden Völkermeeres.
Die Lage in Uganda wird von Monat zu Monat schlimmer. Bei Museveni dachte man, jetzt wird es ruhiger. Aber es beruhigt sich überhaupt nichts.
Ich las jetzt einen Zeitungsausschnitt in der Welt, in dem es hieß, man fürchte das Schlimmste unter Museveni, dass es noch schlimmer wird als je unter Idi Amin und den anderen zuvor.
Das ist das tobende Völkermeer, und das sind Plagen, die von Gott gegeben werden.
Die Kraft des Gebets inmitten der Gerichte
Und jetzt ist es so wichtig: Die Gebete der Heiligen greifen in den Ablauf der Geschichte ein. Wir dürfen anhaltend beten, auch in all den Katastrophen, die sich vollziehen – um die Bewahrung der Menschen, die dort leben müssen, und auch für diejenigen, die wir ausgesandt haben. Wir sind fest davon überzeugt, dass Gott Wunder tut.
Am Sonntagabend war ich bei einem Treffen im Gemeindehaus in Musberg. Danach sprach mich jemand an und sagte, dass eine Frau mit mir sprechen möchte. Ich ging zurück vom Auto und traf dort eine Frau im Ständerling. Der Mann erklärte mir, dass dies die Frau sei, für die ich vor einigen Monaten in der Gebetsgemeinschaft gebetet hatte. Ich erinnere mich noch, dass damals jemand von dieser Nachbarin erzählt hatte, die zwanzig Wochen bewusstlos war.
In diesem Jahr stand sie nach einem Abend, den sie ganz besucht hatte, beim Ständerling und unterhielt sich lachend mit anderen – eine Frau mittleren Alters. Was Gott auch tut, es ist ein Zeichen, das stark auf die Gebete hinweist. Wir sind nicht wundersüchtig; wir sprechen auch viel vom Leiden und wissen, dass Gott uns schwere Kreuzeswege führen kann. Aber wir wissen auch, dass Gebete etwas bewirken – selbst in den Zorngerichten, die ablaufen.
Gerade wenn das Schwere in der Welt geschieht, wissen wir immer: Es müsste eigentlich uns treffen. Es ist ein unverdientes Wunder, dass wir heute nicht getroffen werden. Wenn man verfolgt, wie solche Völker besonders leiden müssen – wie ein Drittel des Meeres zu Blut wird, ein Drittel der lebenden Geschöpfe im Meer starb und ein Drittel der Schiffe vernichtet wurde –, wissen wir nicht genau, was gemeint ist.
Wir neigen dazu, schnell die Assoziation herzustellen, dass wir darunter leiden. Wir wollen auch mitleiden, wenn wir wissen, dass heute in der Bevölkerung Ugandas zehn Prozent an AIDS erkrankt sind und dass sich dies im Grunde nicht mehr stoppen lässt. Wir wissen gar nicht, wo diese Völker bleiben. Was hier abläuft, ist eine Schuld, die oft von uns aus Europa in diese Völker hineingetragen wurde.
Der dritte Posaunenstoß und der Verlust der Orientierung
Dann folgt das dritte Zorngericht, das hinweggeht: der Posaunenstoß und ein großer Stern, der vom Himmel fällt. Dieses Bild steht immer wieder für den Stern, der den Seefahrern die Richtung weist. Er dient als Orientierung in der Nacht, damit man seinen Weg findet. Der Stern ist ein Bild für Leitung und Orientierung.
Wenn ein Stern vom Himmel fällt, ist das ein Zeichen dafür, dass all diese Orientierungspunkte wegfallen und verschwinden. Man hat dann wirklich keine Orientierung mehr. Dies symbolisiert die Verirrung, die kommt, und das ganze schreckliche Durcheinander. Kein Mensch weiß mehr, was gilt. Es herrscht Verwirrung der Maßstäbe und völlige Unklarheit darüber, was Wahrheit ist.
Wenn Sie das auch so bedrückt in unseren Tagen, dann geht es mir ebenso. Mich belastet besonders, dass in diesen Tagen in nahezu allen Fragen eine große Verwirrung herrscht – in allen Fragen des Lebens und der geistigen Auseinandersetzung. Die Maßstäbe sind nicht mehr klar, die Orientierung fehlt. Es ist unklar, was Leben ist, wovon der Mensch überhaupt lebt, was gut ist und was ihm dient. Dort, wo die Gottesordnungen verlassen sind, weiß man nicht mehr, was gilt.
Ein großer Stern fiel vom Himmel, der brannte wie eine Fackel, und fiel auf den dritten Teil der Wasserströme und auf die Wasserquellen. In den Auslegungen wird oft darauf hingewiesen, dass es sich um einen Einfluss handelt. Beim vierten Teil ist es die Orientierung der Sterne, beim dritten Teil ist es der Stern, der wie eine Fackel auf den Boden fällt.
Die Ausleger sagen meist, man könne es nur so stehen lassen: als ein Wort, über das man nachdenkt, dass die Gemeinde ihre Leuchtkraft verliert. Es ist schwer zu ertragen, dass wir als Christen so wenig Ausstrahlung haben und kein Licht mehr in die dunkle Welt hineinbringen können. Wir können keine Orientierung mehr vermitteln für die vielen Menschen, die in diesen Tagen ratlos sind, wozu sie eigentlich leben.
Ein Lokomotivführer hat mir einmal erzählt, dass er, so schwer es ihm fällt zu glauben, als Lokomotivführer siebzehn Menschen überfahren hat, die sich das Leben nahmen. Ich bin mir gar nicht bewusst, wie viele Menschen verzweifeln und keine Orientierung mehr finden. Diese Zahlen sind schockierend, und man fragt sich: Ist es wirklich um uns herum so?
Warum können wir nicht mehr leuchten, so wie es einmal geplant war? So wie es am Anfang heißt: der, der die Sterne in seiner Hand hält? Stattdessen kommt die große Verwirrung.
Die Entleerung unserer Kirchen ist ein ganz schweres Gericht über der Kirche und über der Welt, wenn Menschen nicht mehr wissen, wozu es sich zu leben lohnt. Man kann denken, was man will, über tausend Jahre christliches Abendland. Aber diese tausend Jahre, so sehr es auch oft nur oberflächliches Kirchentum war, konnten den meisten Menschen noch einen Lebensinhalt vermitteln. Sie gaben ihnen etwas, das ihr Leben wertvoll machte.
Sie bewahrten viele Menschen vor großer Not und vor schrecklichen Entleerungen ihres Lebens.
Das vierte Posaunengericht und die Folgen der Säkularisierung
Beim vierten Posaunengericht wird, wie auch beim dritten, die Welt verfinstert. Es fehlt jegliche Leuchtkraft, und die Welt steht im Dunkeln, sodass sie ihren Weg nicht mehr finden kann. Es kommt zu einem Massenabfall. In dieser Dunkelheit sieht niemand mehr den Weg, den er gehen kann.
Ich möchte jetzt eigentlich gar nicht mehr so sehr auf diese Zorngerichte Gottes eingehen. Man muss diese Zorngerichte sehen und dann immer wieder sagen können: Mir genügt das, was Gott mir in dieser Zeit zeigt. Ich möchte das nicht so auf mich wirken lassen, wie es viele empfinden. Manche werden hysterisch, andere geraten in Panik.
Wir wissen jedoch, dass alles bei Gott bemessen und zugelassen ist. Gott weiß, was er geschehen lässt. Die Gebete der Gläubigen, der Heiligen, dringen jedoch durch und haben Einfluss auf das Geschehen. Wir wissen, dass wir durch das Gebet mitbestimmen dürfen, was geschieht.
Wir können sicher manches zurückhalten. Es bleibt vor uns verborgen, was die Gebete verhindert haben – auch in unserem eigenen Leben, wo treue Beter für uns eingetreten sind. Darum möchte ich noch einmal einladen, in unsere Gebetsgruppen zu kommen. Es gibt ja viele Gebetsgruppen, aber es ist eine große Not, dass es so wenig Beter gibt.
Man zitiert gern den Vers von Reinhold Schneider: „Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert auf unseren Häuptern aufzuhalten.“ Doch wo beten sie wirklich gemeinsam? Das sollten wir tun. Dort, wo die Abläufe der Zeit durch Gebet bedrängt werden, erreichen wir sehr viel.
Ich weiß, dass das Gebet etwas ganz Entscheidendes und Wirksames ist.
Zeugnisse von Bewahrung und Gottes Führung
Ich habe Ihnen am Sonntag erzählt, wie ich es empfand, als endlich das Arbeitsvisum für die Menschen, meist aus Südäthiopien, kam. Das ist eine Angelegenheit, die nur noch Gott regeln kann. Wir haben das so oft erlebt – in all den Abläufen zeigt sich die Bewahrung Gottes auch mitten in den schrecklichen Turbulenzen.
Meine Frau hat Ihnen von dem Missionar Utermann erzählt. Wir standen in den Trümmern seines Missionshauses im Tschad, als er schilderte, wie Terroristen die Kinder aus dem Bett rissen. Ein Kind beruhigte sich nicht, und schließlich drückte er auf seine Maschinenpistole und zielte auf das Kind. Doch es ging kein Schuss los. Noch einmal versuchte er es – wieder kein Schuss. Wie ärgerlich er darüber war, rannte er aus dem Haus, und plötzlich löste sich der Schuss.
Fragen Sie sich, wie das möglich ist? Das sind keine Märchen, sondern Ereignisse, die heute geschehen. Es berichten diejenigen, die es erleben und dem Herrn vertrauen. Wahrscheinlich muss man da hindurchgehen. Und dann fragt man: Herr, musst Du die Welt wirklich so tief hindurchführen?
Es ist eine Welt, die sich nicht selbst erlösen kann. Gerade heute tauchen diese schrecklichen Träume wieder auf. Wir wollen uns dagegen wehren – nicht, weil wir der jungen Generation keine Träume gönnen, sondern weil es Träume sind, die sich nach kurzer Zeit in tiefer Depression niederschlagen. Wenn die junge Generation merkt: Wir verändern nichts.
Darum wollen wir ganz nüchtern und ernst immer wieder die Abläufe des Bösen darstellen. Nicht, um darauf fixiert zu werden, sondern weil es eine Realität ist, die wir kennen. So wissen wir, dass Gott seinen Plan zu Ende führt und wir in diesen Plan hineingestellt sind.
Schlussbetrachtung zur Säkularisierung und Hoffnung der Gemeinde
Das letzte Posaunenstoß, das vierte in Kapitel acht – das Kapitel geht ja noch weiter – deutet auf die große Säkularisierung hin. Diese Säkularisierung ist keine Heilsbewegung, sondern hat uns auch in unseren Familien und überall viel, viel Not gebracht.
Die große Gottlosigkeit, die sich durch unsere Welt zieht, wird sich in vielen Dunkelheiten und Finsternissen zeigen. Wenn wir heute erleben, wie Menschen keine Hoffnung mehr haben, kein Ziel und keinen Sinn mehr sehen, dann wissen wir, wo wir mit unserem Dienst ansetzen müssen.
Das lässt uns nicht im Pessimismus stehen. Vielmehr wissen wir, dass Jesus neu machen will und dass seine Gemeinde berufen ist, Licht weiterzuverbreiten in der Dunkelheit der Welt.
