Einführung in den Lobgesang Hannas
Wir hören jetzt das Wort, das heute den Gottesdiensten zugrunde liegt, aus dem Buch 1. Samuel, Kapitel 2, Verse 1 bis 10.
Es ist der Lobgesang der Hanna, der Mutter Samuels, des späteren Propheten, der die Könige Saul und David einsetzte.
Hanna betete und sprach:
„Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, mein Haupt ist erhöht in dem Herrn.
Mein Mund hat sich weit aufgetan gegen meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils.
Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner, und kein Fels ist wie unser Gott.
Lasst euer großes Rühmen und trotziges, freches Reden nicht aus eurem Munde gehen,
denn der Herr ist ein Gott, der es merkt, und von ihm werden Taten gewogen.
Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke.
Die, die satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hunger litten, hungern nicht mehr.
Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin.
Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf.
Der Herr macht arm und macht reich, er erniedrigt und erhöht.
Er hebt den Dürftigen aus dem Staub, erhöht den Armen aus der Asche,
dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse.
Denn der Weltgrund ist fest im Sinn des Herrn, und er hat die Erde darauf gesetzt.
Er wird behüten die Füße seiner Heiligen, aber die Gottlosen sollen zunichte werden in Finsternis.
Denn viel Macht hilft doch niemand.
Die, die mit dem Herrn hadern, sollen zugrunde gehen.
Der Höchste im Himmel wird sie zerschmettern.
Der Herr wird richten, der Welt ein Ende machen,
er wird Macht geben seinem König und erhöhen das Haupt seines Gesalbten.“
Die Bedeutung des Lobgesangs am Ostertag
Etwas überraschend ist dieser Abschnitt für den Ostertag schon. Es ist Ihnen sicherlich aufgefallen, dass hier nicht viel vom Sterben und vom Tod die Rede ist. Auch vom Friedhof und von Trauer wird kaum gesprochen, ebenso wenig von Auferstehung und ewigem Leben.
Trotzdem muss ich sagen, ich finde es sehr gut, dass wir heute dieses Wort haben. Wir tragen die Trauer vieler unter uns mit, aber wir wollen auch die Nöte und Probleme, die viele von uns belasten, mit hineinnehmen. Dabei sollen wir die Erfahrung machen, dass wir einen lebendigen Herrn haben, der uns hört, der uns kennt und sich um uns kümmert.
In einem Osterlied – leider können wir heute nicht all die schönen Osterlieder singen – heißt es: „Wenn ich des Nachts oft lieg in Not, verschlossen gleich, als wäre ich tot.“ Es gibt so viele Dinge, die uns umklammern und uns innerlich wie tot erscheinen lassen. Im Lied heißt es weiter, dass wir oft einen schweren Grabstein, nämlich die Sorgen, auf uns lasten spüren.
Dann aber geschieht das Wunder: „Der Sonnenschein bricht plötzlich durch, lebt Christus, was bin ich betrübt! Wie Tiefkreuz, Trübsal oder Pein, mein Heiland greift allmächtig drein.“ Solche Erfahrungen sollen Sie machen, ja, sie müssen sie machen.
Der Liederdichter war Johann Hermann Schein, der in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges lebte. Er war ein Mann, der oft und schwer krank war. Trotzdem erlebte er seine Osterfreude. Einmal stand ein kroatischer Soldat vor ihm und wollte mit dem Säbel seinen Kopf spalten. Johann Hermann hatte schon jede Hoffnung verloren. Doch plötzlich sprang ein Kind hervor und schrie den Soldaten an: „Geh weg, du garstiger Kerl!“ Daraufhin ließ der Soldat seinen Säbel fallen.
Für Johann Hermann war das ein Wunder des auferstandenen Jesus, der lebendig ist. Über dieses Wunder hat er seine Lieder gesungen. Auch später, in seinen großen Krankheitsnöten, war dieser Glaube der Hintergrund: Wir haben einen lebendigen Herrn.
Persönliche Begegnungen und Ostergrüße
Heute Morgen ist mir etwas Originelles passiert. Gerade gegenüber der Kirche sah ich, wie ein junger Mann mit einem Rucksack auf dem Rücken im Nachbarsgarten eine Narzisse pflückte. Ich sage nur: Hanno.
Dann wünschte er mir fröhliche Ostern. Ich dachte, das ist eine merkwürdige Art, einander fröhliche Ostern zu wünschen. Es ist doch etwas ganz anderes, wenn wir sagen: Vor dem Hintergrund dessen, dass Jesus lebt und auferstanden ist, grüßen wir einander und rufen „Fröhliche Ostertage!“
Das sollen besonders diejenigen erfahren, die in Traurigkeit und Not sind, die verzweifelt und mutlos sind.
Wer sucht, findet: Die Not Hannas und Gottes Antwort
Mein erster Punkt: Wer sucht, findet. Hanna war eine verzweifelte Frau. Viele Jahre trug sie die große Not und Last ihres Lebens mit sich.
In der biblischen Erzählung heißt es, dass sie jedes Jahr zur Stiftshütte hinaufgingen. Dort oben wurde an der Tafel gegessen. Ihr Mann Elkana zeigte ein wenig Mitgefühl für Hanna und spürte, wie es ihr zumute war. So geschah es jedes Jahr.
Kennen Sie das auch? Einen Schmerz, den man über Jahre hinweg trägt, der einem das Herz fast zerreißt und kaum auszuhalten ist. Man denkt vielleicht, dass mit der Zeit Gras darüber wächst, dass sich alles von selbst bessert und die Zeiten wieder besser werden. Aber oft wird es nicht besser. Die Wunde bleibt schlimm.
Es ist gut, dass Hanna ihren Schmerz im Heiligtum vor Gott ausweint. Das möchte ich Ihnen heute, gerade am Ostertag, zuerst sagen: Sie müssen nicht verbergen, was Sie traurig macht. Sie müssen es nicht überschminken oder so tun, als würde es niemand merken, was Sie bedrückt. Sie dürfen weinen, Sie dürfen es vor Gott aussprechen und Sie sollen es Gott sagen. Das ist das Erste, was wichtig ist.
Es ist sehr traurig, dass wir Männer oft so wenig verstehen, was unsere Frauen bedrückt. Das ist bei Elkana, dem Ehemann Hannas, gut beschrieben. Wissen Sie, was er seiner Frau als Trost sagte? Sicher habe ich als Mann auch schon oft ähnlich dümmlich getröstet: „Bin ich dir nicht mehr als zehn Söhne?“ oder „Ich bin doch so wichtig, du kannst ja genug haben an mir.“ Als ob das ein Trost für den Schmerz wäre, der diese Frau bedrückt. Oberflächliches, dummes Trösten.
Noch erschütternder ist, wie damals in der Kirche Missstände herrschten. Die Leute kamen mit großer Erwartung, doch was sie dort antrafen, war ein Schrei zum Himmel. Es gab beamtete Priester, doch diese taten nur das, was ihnen selbst zum Spaß diente. Sie hurten – so steht es wörtlich – und stahlen, was das Zeug hielt. Damit lästerten sie Gott.
Der alte Eli war vor lauter Alter schon so gebrechlich, dass er sich nicht mehr wehren konnte. Er war milde und ließ alles geschehen. Nur eines war bei ihm noch lebendig: ein kleines Stück der biblischen Offenbarung. Die Lampe Gottes war noch nicht verlassen, noch nicht ganz erloschen. Es flackerte noch ein wenig. So konnte er dieser Frau zurufen: „Sag deine Not Gott, der hört, was dich bekümmert.“ Mehr nicht.
Aber das war genug. Das war Hoffnung. Das war ein Hinweis auf die biblische Offenbarung. Es ist wunderbar, dass das wahr ist: Gott geht dem nach, der verzweifelt und mutlos ist. Gott hört auch das verborgene Weinen.
Zuerst hielt Eli Hanna für betrunken. So wenig verstand er von Seelsorge. Er konnte seine Frau nicht richtig einschätzen. Doch dann gab er ihr den Tipp: „Gott hört dein Beten, er sieht deine verborgenen Tränen.“
Es mag uns verwundern, wie sehr die Kinderlosigkeit für Hanna eine große Not war. In der Bibelauslegung wird oft gesagt, dass das früher eine schwere Last für Frauen war. Liebe Schwestern und Brüder, wissen Sie, dass viele Frauen heute oft genauso empfinden? Es gibt genug unter uns, die darunter leiden, und andere verstehen das kaum. Aber Gott versteht sie.
Gott gibt jedem Menschen seinen Wert – ganz anders, als wir Menschen meinen und rechnen. Als Hanna später die Erhörung ihres Gebets erlebt, ist es interessant, wie sie sich nicht an Samuel, ihr Kind, klammert. Sein Name bedeutet „Gott hört“. Man hätte denken können, sie würde das Kind festhalten und sagen: „Endlich, das gibt meinem Leben Wert.“ Wie viele Mütter klammern sich töricht an ihre Kinder – das soll man nicht tun.
Hanna gibt das Kind wieder her. Sie sagt: Es ging mir nicht ums Kind, sondern darum, dass ich von Gott nicht vergessen bin. Dass Gott mich kennt, meine Not weiß und sich um mich kümmert. Sie wollte eine Glaubenserfahrung machen. Sie wollte wissen, ob das wahr ist, ob Gott lebt, ob wirklich jemand da ist, der für uns sorgt – ein Herr, an den man sich halten kann, ein lebendiger Gott, auf den man vertrauen kann.
Das war das Große. Deshalb gibt sie Samuel gerne zurück in die Hand des Eli, ihr Mündel. Sie hat das Größte entdeckt, und davon singt sie in ihrem Lied: Gott ist ein Fels, auf ihn kann man bauen, der Wand nicht. Man kann fest und gewiss sein.
Keine Ausweglosigkeit: Konkurrenz und Überheblichkeit
Ich gliedere es wieder ein wenig. Sie wissen, man kann nicht am Stück so viel hören, obwohl wir immer wieder neu auf diesen Abschnitt hören.
Das Zweite: Es gibt keine Ausweglosigkeit mehr.
An was hat denn Hanna noch gelitten? Nicht nur daran, dass es so aussah, als sei sie von Gott vergessen, als wäre sie von Gott gerichtet, verurteilt und dahingegeben. Am schlimmsten war ja, dass sie eine Konkurrentin hatte. Das ist furchtbar.
Wir sind ja in unserem Kulturfortschritt am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts auch bald wieder so weit, dass die Liebe dem Konkurrenzdruck ausgesetzt wird. Die Liebe wird dem freien Markt, den Spielen des Gefühls freigegeben.
Damals hatte Elkanah zwei Frauen. Es muss furchtbar gewesen sein, es war die Hölle.
Was ging wohl im Herzen dieser zweiten Frau Penina vor? Wahrscheinlich so viel wie heute in vielen Beziehungen, in denen plötzlich eine Konkurrentin auftaucht und eine Frau verstoßen wird. Und die kann nicht anders, als zu protzen, zu prahlen.
Es ist ja durch die Jahrhunderte gleich geblieben. Merkwürdig, dass gerade das geschlechtliche Gebiet benutzt wird, um damit anzugeben. Auch in unsere Tage hinein meinen Menschen, sie wären mehr als andere, weil sie sich einbilden, sie hätten mehr.
Diese Penina meint im Ernst, sie könnte Kinder machen, nur weil sie Kinder gebären darf. Es gibt schreckliche Überheblichkeit, und darunter kann man fast zerbrechen – wie Menschen zu Menschen sein können, und zwar auf engstem Raum, in nächster Nähe, sogar in der Familienbeziehung.
Und da ist die Hölle. Je stolzer sich da einer aufspielt und sagt: „Aber ich, aber ich!“ – so furchtbar ist das. Und darunter leidet Hanna.
Wissen Sie, da gibt es alle Formen. Es gibt sogar Leute, die brüsten sich frech und kühn mit ihren Glaubenserfahrungen. Es gibt sogar Leute, die spielen sich fromm auf, als hätten sie den Segen Gottes mit Löffeln gefressen.
Wenn sie mehr wären als andere, nur weil sie gewisse Erfahrungen mit Gott machen dürfen, dabei ist doch alles lauter Gnade. Da kann man doch nur die unverdiente Gnade rühmen, sonst doch überhaupt nichts.
Was Hanna erlebt, ist: „Lass sie reden, lass sie reden. Das sind doch bloß aufgeblasene Typen, Worte und nichts dahinter.“ Warum nehmen wir das überhaupt so ernst? Bei Gott werden doch die Taten gemessen.
Und wenn Sie noch so viel reden – wir nehmen das alles viel zu ernst, was wir tagtäglich hören an aufregenden und großen Dingen.
Gott kümmert sich um den, der leidet. Er geht dem nach, der schwach ist und dann immer weiter kann. Gott ist bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.
Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden, nicht mehr aus eurem Munde gehen. Der Herr, der Herr, merkt es doch.
Der Tod und seine Macht im Licht der Auferstehung
Nun werden manche sagen: Was du da jetzt auslegst, ist ganz hilfreich für mich. Aber die Hauptnot, die mich heute ängstigt, ist das freche Trotzen, das mir Not macht. Wissen Sie, was das ist? Es ist der Tod. Der spielt sich noch so kühn auf, auch nach euren Osterliedern, wenn man nachher wieder an die Gräber hinausgeht.
Wie ist das denn? Warum darf der Tod noch so höhnen? Warum darf er sich denn noch so aufspielen, als wäre er der unumschränkte Herrscher, der überall zuschlagen kann? Jetzt dürfen Sie am Ostertag auch an diesen Lobgesang, an diese Messlatte anlegen. Stimmt das denn überhaupt im Blick auf das Rühmen und Trotzen des Todes?
Warum hat ein Gott mein Kind sterben lassen? Warum hat ein Gott meinen Mann weggenommen? Warum hat ein Gott einen Bonhoeffer nicht bewahrt? Warum hat er einen Paul Schneider nicht im KZ beschützt? Warum sind denn so viele glaubensstarke und brennende Missionare mit ihrem fröhlichen Zeugnis hingemordet worden? Wo war denn Gott? Ist das denn wahr, dass das alles nur aufgeblasene Macht ist?
Ich habe Sie am Anfang gegrüßt mit dem Wort, dass es der Satan selber ist, der die Macht des Todes hat. Und der ist in der Tat nicht bloß eine Vogelscheuche. Er hat ja in unserem Leben und bei den vielen Regungen unseres Herzens sehr viel konkrete Einflussmöglichkeit und Macht.
Gerade da wollen wir sagen: Was die Hanna singt, ist schon ein prophetischer Hinweis auf das Kommen Jesu, auf die Auferstehung. Ja, das ist wahr: In Jesus ist der Tod zerbrochen. Aber jetzt sagen Sie: Jetzt geben wir doch mal klar ein Wort. Weich nicht im Haus, sagen wir es mal klar: Was heißt das jetzt im Blick auf mein Grab?
Wir sagen ganz klar, dass sich in dieser Welt nicht alles auflöst. Aber ist das nicht ein Triumph, wenn wir hinübergehen dürfen durch dieses dunkle Tal zum neuen Leben? Wenn wir einziehen dürfen in die Herrlichkeit?
Ist für Sie der Tod etwas Erschreckendes, oder können Sie sagen: Der Herr führt in die Hölle und wieder heraus in den großen neuen Raum seiner Ewigkeit? Der Herr tötet und macht lebendig, ja?
Das gilt dann erst recht für all unsere Toten, die in dem Herrn sterben. Dass wir sagen: Da brauche ich nicht traurig zu sein, sondern ich darf sie fröhlich in der Hand Jesu lassen und wissen, dort sind sie bei ihm geborgen. Dass ich fröhlich hinüberziehe, wie man nach der Heimat reist, kein Grund zur Traurigkeit!
Lasst euer Freches rühmen und trotzen. Nehmt den Tod nicht so ernst, so wie es in einem Osterlied heißt: Ein sputtertod ist worden, wir wollen ihn gar nicht mehr ernst nehmen! So sehr er uns zusetzt, so sehr er uns Wunden schlägt, sondern im Glauben, wie die Hanna sagt: Wir wissen um das Leben, das uns der Herr schenkt, und das sind keine Träume.
Die Hoffnung auf den Sieg über den Tod
Hannah war nur eine Vorläuferin der Maria. Maria hat später noch einmal so gesungen: Von der wunderbaren Macht ihres Herrn, der die Gewaltigen vom Thron stößt.
Wissen Sie, wenn ich in Jesus bin, dann kann der Tod mich nicht einen Augenblick halten. Während Jesus glaubt, geht er vom Tod zum Leben hinüber. Während Jesus glaubt, wird er leben, auch wenn er stirbt. Das ist Hoffnung, das ist Osterfreude.
Ich hätte Ihnen gern jetzt konkret an vielen einzelnen Beispielen erzählt. Denn das ist am wirksamsten, wenn uns Menschen zurufen, die selbst vor der Schwelle des Sterbens stehen. Bei uns ist das ja alles nur ganz vage angedacht.
Ich habe ein Büchlein herausgegeben mit dem Titel „Zum Leben hindurchgetrunken“. Dort habe ich viele Zeugnisse hineingeschrieben, meist von jungen Menschen, die kurz vor der Schranke des Todes standen. Sie schreiben alle, was mit ihnen sein wird, wenn sie sterben.
Ein Soldat, der aus der Schlacht von Orell nicht mehr herauskam, schrieb an seine Familie, an seine Leute zu Hause: „Ich bin meine Straße fröhlich gegangen, mitten durch alle Schrecknisse des Krieges hindurch, und bin reich geworden in all der Armut des stillen Heimwehs. Mein letztes an euch kann nichts anderes sein als ein fröhliches Lobsingen, ein helles, jubelndes Osterlied. Ich habe seine Herrlichkeit gesehen. Christus ist mir gewesen wie ein Fels, wie es die Hannah sagt, wie ein Bruder. Gerade in den schwersten Stunden war er mir so nahe, dass mir keine Welt und kein Tod eine Erschütterung sein konnte.
Wenn ich scheiden muss von euch, wenn ich nicht mehr heimkehren darf, dann weiß ich eines ganz gewiss: Ich darf in die Heimat, ich darf zu meinem Heiland. Mein Leben klingt nur in einem Ton aus: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“
So wie Leute im Angesicht des Volksgerichtshofs, des Sterbens oder der Verfolgung solche Erfahrungen gemacht haben, dürfen sie es erleben. Wenn man sie in den Operationsraum schiebt, wenn sie eine schlimme Nachricht erhalten oder wenn wirtschaftlich alles zusammenbricht – sie dürfen es erfahren.
Gott ist ein Gott, der es merkt, der sich der Elenden annimmt, der für sie sorgt und bei dem das Leben siegt. Noch das letzte Nichts kann uns mehr erschrecken.
Mut und Vertrauen Hannas trotz Dunkelheit
Ja, mich überrascht am Ende nur noch der Mut von Hanna, der Mutter Samuels. Sie war eine kühne Frau. Nicht nur, dass sie in ihrem Lied herrlich besingt, was sie bewegt, man könnte noch viel mehr aus diesem herrlichen Psalm herauslesen, den sie dichtet.
Sie weiß, dass man in dieser Welt zu Schanden werden kann. Auch das sagt sie ganz erschütternd: Die Gottlosen zerbrechen, sie werden zunichte in der Finsternis. Viel Macht hilft doch niemandem. Was hat denn einer davon? Was hat denn einer davon? Sie können sich doch von Geld nichts kaufen, denn mit Ehre und Macht können sie es nicht erkaufen. Was für vergängliche Dinge wir haben!
Aber das eine ist wichtig: dass ich den Herrn kenne und ihm gehöre, der mich zum Leben ruft. Und jetzt gibt sie ihren kleinen Buben her und übergibt ihn diesem verlotterten Heiligtum. Das finde ich das Kühnste. Ich hätte es nicht gemacht.
Sie hätte gesagt: Der arme Junge wird Schaden nehmen bei so gottlosen Priestern. Hofni und Pinehas, das sind ja Schurken. Und sie sagt: Und wenn so viele Teufel wie Dachziegel dort in der Stiftshütte sind, ich will meinen Buben dennoch dahingeben, weil der lebendige Gott sein Herr ist.
Und so war es auch. Eine Glaubende hat mutig etwas gewagt und hat es erlebt. Es steht ja noch später da, dass diese Hanna jährlich hinaufging und für Samuel ein neues Kleid brachte. Sie hat das noch aus der Ferne mitverfolgt.
Übrigens steht auch da, dass Hanna noch mehr Kinder bekam. Aber das ist nicht das, was die Bibel hauptsächlich sagt. Die Heilsgeschichte läuft mit Samuel weiter, und Hanna war mitbeteiligt und durfte den Weg ihres Sohnes unterstützen.
Das ist ein Anreiz für uns, in die Fußstapfen dieser glaubenden Hanna zu treten und uns nicht von dem, was wir sehen, schrecken zu lassen. Sondern dem zu glauben, den man nicht sieht und der doch alle Macht hat im Himmel und auf Erden.
Und was auch immer an Dunkelheit um Sie jetzt sein mag – fürchten brauchen Sie sich nicht. Das war so schön, dass unser Stephen aus Kabale das Ihnen auch zugerufen hat: Fürchten Sie sich nicht, sondern glauben Sie dem lebendigen Herrn, der Ihnen vorangeht.
Das sollen Sie in all den finsteren Tälern Ihres Lebens wissen.
Messianische Hoffnung und Abschluss
Der Psalm, den Hannah singt, endet mit einem wunderbaren messianischen und prophetischen Ausblick. Am Ende heißt es, dass Macht gegeben wird seinem König und das Haupt seines Gesalbten erhöht wird.
Israel hat schreckliche Enttäuschungen mit seinen Königen erlebt. Es bleibt dabei, dass wir Menschen die Erwartungen nicht erfüllen können. Diese Verheißung hat sich nur in dem einen Gesalbten erfüllt, das heißt im Messias, in Jesus.
Jesus hat den großen Sieg Gottes über alle dunklen Mächte sichtbar gemacht – den herrlichen Ostersieg. In diesem Sieg dürfen die Gläubigen leben und sich freuen. Niemand kann ihnen diese Freude mehr nehmen.
Ich möchte schließen mit einem Wort, das Matthias Claudius seinem Sohn geschrieben hat: Wer nicht an Jesus Christus glauben will, der muss sehen, wie er ohne ihn zurechtkommt. Ich und du können das nicht.
Wir brauchen jemanden, der uns hebt und hält, solange wir leben, und der uns die Hand unter den Kopf legt, wenn wir sterben müssen. Und wir kennen niemanden, von dem wir es lieber hätten. Amen.
