Wir fahren dann das nächste Mal hier im Johannesevangelium fort.
Begegnung in Betanien und die Salbung Jesu
Sechs Tage vor Ostern kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus von den Toten auferweckt hatte. Dort bereiteten sie ihm ein Mahl, und Marta diente. Lazarus aber war einer derer, die mit Jesus zu Tisch lagen.
Da nahm Maria ein Pfund Salbe von unverfälschter, köstlicher Narde, salbte die Füße Jesu und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus aber wurde voll vom Geruch der Salbe.
Da sprach einer seiner Jünger, Judas Ischariot, der ihn später verriet: „Warum ist diese Salbe nicht verkauft worden für dreihundert Silbergroschen und den Armen gegeben?“ Das sagte er jedoch nicht, weil ihm die Armen am Herzen lagen, sondern weil er ein Dieb war. Er hatte den Beutel und nahm, was gegeben wurde, für sich.
Jesus aber sprach: „Lass sie in Frieden. Sie soll es für den Tag meines Begräbnisses aufbewahren. Denn Arme habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit.“
Viele Juden erfuhren, dass Jesus dort war, und kamen nicht nur um Jesu willen, sondern auch, um Lazarus zu sehen, den er von den Toten auferweckt hatte. Die Hohenpriester jedoch beschlossen, auch Lazarus zu töten, denn um Jesu Willen gingen viele Juden hin und glaubten an ihn.
Der Einzug Jesu in Jerusalem und die Reaktion des Volkes
Des andern Tags, als viel Volk, das aus dem Fest gekommen war, hörte, dass Jesus nach Jerusalem komme, nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus, ihm entgegen. Sie schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König von Israel.
Jesus aber fand einen Eselfüllen und ritt darauf, wie denn geschrieben steht: „Fürchte dich nicht, du Tochter Zion, siehe, dein König kommt, reitend auf einem Eselsfüllen.“ Solches aber verstanden seine Jünger zuerst nicht. Als Jesus jedoch verherrlicht wurde, da dachten sie daran, dass solches von ihm geschrieben war und man solches ihm getan hatte.
Das Volk aber, das mit Jesus war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, rühmte diese Tat. Darum ging ihm auch das Volk entgegen, als sie hörten, er hätte ein solches Zeichen getan.
Die Pharisäer aber sprachen untereinander: „Ihr seht, dass ihr nichts ausrichtet. Siehe, alle Welt läuft ihm nach.“
Gegenwart und Herausforderung des Glaubens in unserer Zeit
Ergiebe auch heute solche Bewegungen, dass viele dir nachlaufen. Amen!
In unserem Jahrhundert vollzieht sich eine große Abfallbewegung vom christlichen Glauben. Manche haben schon sehr sorgenvoll gefragt, was denn eigentlich aus dem Christentum bei uns werden würde, wenn diese Bewegung sich noch weiter steigert.
Wir erleben, wie viele Menschen die Dinge des Glaubens völlig auf die Seite schieben. Die Gottlosigkeit wird in unseren Tagen oft versteckt, aber immer häufiger auch unverhohlen triumphierend vorgezeigt. Wir entdecken, wie viele Menschen zu Wohlstand und Geld, also zu neuen Göttern, greifen. Wir erfahren, wie heidnische Religionen aus dem fernen Osten Menschen, die hier bei uns wohnen, faszinieren. Darum fragt man sich: Wie wird das alles werden?
Es gibt sehr bewegende Abfallserscheinungen unserer Zeit. Es gibt Massenbewegungen, und sie können sich noch weit steigern. Doch machen mir diese Entwicklungen überhaupt keine Angst. Wenn in unseren Tagen Menschen dem Glauben Abschied geben, dann wird es in unserer, ach so modernen Welt, nur noch viel kälter, unheimlicher und dunkler.
Je mehr der Mensch die Entwicklungen in die Hand bekommt, desto mehr fürchten wir uns vor dieser großen Zeit des Fortschritts. Aber in solchen Augenblicken fängt das Licht des Evangeliums umso heller zu leuchten an. Darum ängstigen wir uns nicht.
Hoffnung und lebendiger Glaube trotz Abfall
Darum sehen wir die großen weltweiten Entwicklungen und geistigen Revolutionen unserer Zeit keineswegs pessimistisch.
Heute erleben viele Teile der Welt ein beispielloses Aufwachen. Menschen finden zu einem echten und lebendigen Glauben, wie es nur selten zuvor der Fall war. Viele suchen nach Antworten auf ihre Fragen. Man kann sagen, es ist, als ob ein helles Licht in einer dunklen Nacht scheint. Dieses Licht wirft klare Schattenumrisse. So wird es auch in unserer Zeit sein: Inmitten von Trostlosigkeit und Enttäuschung wirkt und spricht Jesus Christus.
Es geschieht, dass plötzlich Menschen ihm nachfolgen, ihr Leben ihm hingeben und ihn über alles andere lieben. Diesen Vorgang wollen wir in unserem Bibelabschnitt studieren und verstehen. Wir möchten erkennen, was Menschen zu Jesus zieht. Dabei wollen wir uns nicht mit Randthemen beschäftigen oder den Glauben verteidigen.
Je mehr der Abfall voranschreitet, desto mehr wollen wir von der Mitte des Glaubens sprechen: von Jesus Christus und dem Heil, das er bietet. Dieses Heil leuchtet und strahlt. Es gibt den Menschen eine Antwort auf all das, was sie bewegt.
Beweggründe, die Menschen zu Jesus ziehen
Nun, was zieht Menschen zu Jesus? Ich habe drei Dinge herausgegriffen.
Die Faszination durch große Taten Jesu
Das Erste, was Jesus tut, sind große Taten. Damals stand bereits fest, dass Jesus hingerichtet werden muss, und die Mordpläne waren bis ins letzte Detail ausgefeilt. Es waren nur noch wenige Tage bis zur Hinrichtung Jesu.
So groß war der Abfall; weit zurück lagen die Tage, an denen die Volksmassen zu Jesus geströmt waren. Doch genau in dieser dunklen, anbrechenden Passionswoche gab es am Anfang noch einmal eine große Bewegung zu Jesus hin. Das interessiert uns. Woher kommt es, dass so viele Menschen nun zu Jesus laufen? Was hat sie bei ihm angezogen?
Es wird mehrfach in diesem Abschnitt erzählt, dass Jesus solche großen Taten tut. Sie sahen, wie Jesus das Grab des Lazarus öffnete. Zunächst standen sie noch ängstlich da: „Öffne es nicht, es stinkt doch schon, dieser verwesende Leichnam!“ Doch dann erlebten sie, wie Jesus den Toten zum Leben rief. Das hat sie ungemein beeindruckt.
Ich meine, dass dieser Punkt des Glaubens bei uns weithin abhanden gekommen ist. Man hat bei uns viel darüber diskutiert, ob denn die Wunder zur Evangeliumsverkündigung dazugehören. Im Gefolge dieser sogenannten Entmythologisierung des Neuen Testaments wurde gefragt: Kann man nicht an Jesus Christus glauben, ohne auch die Wunder zu übernehmen? Die passen doch nicht in unser Denken.
Ja, meinen Sie denn, die hätten in das Denken dieser Menschen gepasst? Das war ja gerade damals unerhört. In unser Denken passt vielleicht der Tod hinein, da passen die Tränen und die Trauer hinein.
Die Botschaft Jesu ist, dass er wirklich unsere ungelösten Lebensrätsel löst. Und dass er das nicht nur mit Sprüchen, Worten oder Gedankengängen tut, sondern dass Jesus Christus in die unheimliche Todesmacht auf dem Friedhof hineingreift. Jesus Christus zerbricht diesen Tod tatsächlich und real. Das gab ein großes Aufsehen.
Ich nehme keinem Christen heute ab, wenn er mir sagt, sein Glaube könne auch auf diese großen Wunderzeichen Jesu verzichten. Das ist sogar die entscheidende Botschaft, die wir heute zu verkündigen haben. Denn wir haben den Glauben immer so von den wirklichen Wundern Jesu getrennt. So hat sich unser Glaube unter der Hand dahin entwickelt, dass wir im christlichen Glauben ja nur noch Sprüche sehen.
Wie viele von uns kommen sich so vor, wenn wir sagen, wir sollen ein Wort Jesu weitersagen, ein Bibelwort verkündigen? Sollen wir denn bloß ein Wort? Viele merken gar nicht mehr, dass hinter den Worten Jesu eine Veränderung der Welt geschieht, dass Jesus Christus in das Leben von Menschen hineingreift. Und das ist das Wunder, das wir bis heute verkünden und von dem wir wissen.
Das zieht Menschen an, wenn wir plötzlich in unseren Tagen erleben, wie verzweifelte Menschen, die kein Mensch mehr trösten kann, fröhlich werden. Wenn wir erleben, dass Bindungen, vor denen die Ärzte ratlos stehen, frei werden und gesprengt werden – diese Bindungen durch Jesu Wunderkraft. Wir erleben das immer wieder im Angesicht der Trauer des Todes.
Was wollen da Worte erreichen? Und dann geschieht es, dass der Auferstandene herredet und die Schrecken des Todes wegschiebt. Es ist das erste Pfand, das es uns heute gibt, vor jenem Tag, wenn er sichtbar diese ganze Welt umändern wird.
Bei unserem Herrn werden Taten gewogen, sagt einmal Hanna, die Mutter des Samuel, in ihrem Lobgesang: Bei Gott werden Taten gewogen. Die ganze Welt lebt von Ideologien, von Sprüchen. Bei unserem Herrn im Glauben geht es um reale Dinge unseres Lebens. Da sind keine frommen Spekulationen und Träume, sondern hier geschehen Dinge.
Das ist manchmal für Eltern so, dass sie sich entsetzen, wenn sie erfahren – wir müssen das einmal hören und weiterberichten –, was im Leben ihrer Kinder geschieht, wenn sie zum Glauben an Jesus Christus kommen. Vielleicht sind wir manchmal schon so abgestandene Christen, dass wir gar nichts mehr erleben von den Wirkungen Jesu in unseren Tagen.
Wenn wir nur hinausschauen in die Welt, wenn wir heute in Büchern vom Zeugnis dessen lesen, was Jesus Christus unter uns wirkt, wie er Taten tut, große Taten – das zieht Menschen zu Jesus, und sie glauben an ihn.
Wir bitten unseren Herrn in diesen Tagen, dass er große Dinge tue, große Dinge! Unter den Ungläubigen, unter den Zweifelnden, unter einer müden Christenheit, dass er aufwecke und Leben schenke, dass er Menschen verwandle und verändere, dass Menschen sagen: „Der, den kannten wir doch, der ist verändert durch die Macht Jesu.“
Das Zweite, was Menschen zu Jesus zieht, ist die Sehnsucht nach Frieden. Die Festpilger waren zu Tausenden in Jerusalem, um dort oben das Passafest mitzuerleben. Sie waren von weit her in der Welt gereist, die Juden aus der Zerstreuung, um dabei zu sein.
Nun standen sie plötzlich in der Straße und interessierten sich nicht mehr für den Tempel und die Gottesdienste. Etwas anderes hatte ihren Blick angezogen: Dort ritt Jesus auf einem Eselsfüllen ein. Ein wirklich lächerliches Bild. Ein Esel ist kein richtiges Reittier, die Füße schleifen auf dem Boden, der Esel ist kein starkes Tier, ein störrisches Tier, und dort sitzt Jesus drauf.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum die Menschen in so großer Zahl Jesus zujubeln. Wir müssen uns jetzt einmal bemühen, was damals hinter diesem großen Auflauf steckt. Warum sind so viele Menschen dort stehen geblieben?
Man sagt schnell, es sind ja die gleichen Menschen, die nachher das Kreuzigen gerufen haben, fünf Tage später. Aber warum sind sie damals überhaupt stehen geblieben? Es gibt Momente in unserer Welt, da wachen alle Menschen auf, da spüren sie etwas von der großen Friedensbotschaft des Evangeliums.
Ich denke, es gibt überhaupt keinen Menschen in dieser Welt, der nicht in Augenblicken über das Evangelium Jesu merkt: Dort allein ist Frieden, nirgendwo sonst. Und darum sind sie ja auch stehen geblieben, diese Leute, und haben ihm zugerufen und gesagt: „Es muss doch endlich einmal einer kommen, der in der Welt Gerechtigkeit aufrichtet, Friedenschaft!“
Das hat sie doch im tiefsten ihres Herzens angesprochen, wenn Jesus von der Feindesliebe redete, von der Versöhnung mit dem Bruder, wenn er davon sprach, dass man die zweite Meile gehen soll, wie man den Hass in seinem Leben besiegen muss – das versteht doch jeder Mensch.
Und da standen sie an der Straße und sagten: „Der müsste König sein!“ Ich sehe dahinter so einen Grundzug, so eine Sehnsucht von uns allen: Ach, wenn Jesus doch wirklich in unserer Welt die Fäden in der Hand hätte, dann sähe es anders aus in der Politik, in der Wirtschaft, im Schulwesen, in den Familien und wo man nur denken kann. Das wäre eine andere Welt, die wäre doch ganz anders.
Das zieht Menschen an, dass er, dieser Jesus, eine Friedensbotschaft für die Welt hat. Und doch belastet uns das bei diesem ganzen Kapitel: Sie jubeln ihm zu, sie bringen ihm große Opfer. Ich habe Ihnen mal früher in einer Predigt auch erzählt, wie mir das rätselhaft ist, dass die Stadtgärtner von Jerusalem das duldeten, dass man die Palmen zusammenriss.
Das ist nämlich ganz schwierig, in so einem heißen Land Bäume hochzupäppeln. Das bringen wir ja nicht mal mehr an der Hohenheimer Straße fertig, die sterben ja schon ab, jede Bäume, die da neu gepflanzt sind. Und die haben die einfach zusammengerissen – „aus lauter Freude, jetzt kommt Jesus!“
Und wie das war, als sie ihre Jacketts in den Weg legten. Also meine Frau, die würde mir das auch heute noch erlauben, aber ob das alle Frauen ihren Männern erlauben? Damals gab es noch keine Reinigung, wie nachher die Kittel aussähen, wenn der Esel drüber geht und in den Staub der Straße hineingelegt wird. Die waren ja zu so viel bereit und haben doch nicht begriffen: „Siehe, dein König kommt zu dir.“
Es hat sie zu Jesus angezogen, und sie kamen zu ihm, sie riefen ihm zu, sie jubelten ihm zu. Sie wollten ihn als König haben, aber nicht als ihren König. „Siehe, dein König kommt zu dir.“ So viele Menschen sind von Jesus angezogen und dann enttäuscht. Sie sagen, es hat sich gar nichts in der Welt verändert.
Jesus will in unserem Herzen König sein, und dann verändert sich ungeheuer viel. Dann, wenn er anfängt, unsere Gedanken und unsere Wünsche, unsere Sehnsüchte, unsere Planungen unter seine Führung zu nehmen, unter sein Leiden zu dirigieren, dann wird die Welt neu. Dann fängt das bei uns an, wenn er einziehen kann als der König und Herr.
Viele Menschen waren von Jesus angezogen, er tut Taten. Das war das Erste. Sie waren angezogen, weil sie sich sehnten nach Frieden und Gerechtigkeit. Wir wollen uns jetzt fragen: Will ich Frieden? Und will ich diese Gerechtigkeit, die er bei mir aufrichtet? Will ich den Herrn, der mein Leben recht macht?
Das heißt hier: Nicht einmal die Jünger verstanden ihn, und sie verstanden dieses Wort nicht: „Siehe, dein König kommt zu dir.“ Jesus Christus will gar nichts anderes in der Welt, als heute bei mir einzuziehen.
Nur noch ein Letztes, und um das geht es ja jetzt eigentlich in der Predigt, was Menschen zu Jesus zieht. Wir haben zwei Beweggründe gehört, und beide Beweggründe waren doch nicht stark genug, um bei Jesus zu bleiben. Ein Stück weit gingen sie mit, und dann wandten sie sich wieder enttäuscht ab.
Darum soll unser Blick zum Schluss noch auf jene Maria fallen, auf Maria von Bethanien. Was zieht denn sie zu Jesus? Liebe, nichts als Liebe. Das war der Anlass gewesen, damals in Bethanien, als die Menschen auf den Straßen zusammenliefen, nur weil Lazarus, der Bruder Marias, aus dem Tod auferweckt wurde.
Sie saßen miteinander, vermutlich war es im Hause Simons des Aussätzigen. Lazarus war auch da, erzählt Johannes. Lazarus war da, er hat gar nicht viel getan. Wissen Sie, dass Sie im Glauben gar nicht viel für Jesus tun müssen? Hier herrschen andere Gesetze. Es geht im Dienst Jesu nicht nach Leistung.
Lazarus war auch da. Er hat keine Tassen gespült und nichts aufgetragen auf dem Tablett. Er war nur da. Zu was war er denn da? Um ein Zeugnis vor der Welt zu sein an dem, was Jesus tut. Wir meinen manchmal, das Wichtigste sei, was wir für Jesus tun. Dabei kann es die Aufgabe unseres Lebens sein, dass nur wir erzählen, was er an uns tut, und das ist alles.
Wie viele Lazarusse leben in unseren Familien, und sie können gar nicht viel tun. Das ist ihnen eine Anfechtung: Was kann ich schon noch tun? Wenn Sie nur da sind und uns weitersagen, was Jesus an Ihnen getan hat. Menschen, die mit ihrem Leben ausdrücken, was an ihnen Großes geschehen ist.
Es gibt verschiedene Aufgaben. Lazarus hatte diese Aufgabe, ein Denkmal der Wundergüte Gottes zu sein. Das gilt auch für manche, denen Gott die Kraft im Leben weggenommen hat, die doch unter uns sind wie Lazarus.
Aber die Marta, die Marta dient. Das ist nicht wahr, dass die Bibel das schlecht macht, dass die Marta dient. Das ist gut, wenn wir dienen. Damals in Lukas 10 wird nur gesagt, sie hat nicht begriffen, dass eine besondere Stunde war damals, als Jesus kam und redete.
Es ist schlimm, wenn wir nicht mehr zur Stille kommen vor lauter Arbeiten für den Herrn, angeblich. Und wieder ist es die Maria, die hier etwas Besonderes tut. Die Maria holt diese kostbare Narde und schüttet sie über das Haupt Jesu.
Das war ein Brauch im Altertum, der bis heute bei gewissen arabischen Völkern geübt wird. Wir kennen das aus dem Psalm 23: „Du salbest mein Haupt mit Öl.“ Aber sie tut ja etwas Besonderes.
Es ist Kennzeichen, dass manche Bibelausleger sagen, das könne sicher nicht stimmen, denn das wäre nicht ganz logisch. Sie würde den Kopf salben und dann die Füße. Warum denn die Füße? Ob das nicht eine Verwechslung wäre nach Lukas 7 mit der großen Sünderin?
Nein, nein, genau, sie tut etwas ganz Außergewöhnliches. Je komplizierter es zum Verstehen wird, umso mehr wollen wir beim Bibelwort bleiben.
Sie tut zuerst das, was ein Gastgeber tut, aber dann erniedrigt sie sich ganz tief und tut etwas aus weiter Distanz. Sie möchte Jesus gar nicht zu nahe treten, darum schüttet sie die restliche kostbare Narde über die Füße.
Einer der Ausleger sagt zum Beispiel, das ist ja widersinnig. Wenn sie wirklich das mit den Haaren wieder weggetrocknet hätte, dann wird ja die kostbare Salbe weggenommen. Das ist ja gerade die Demut dieser Maria.
Es gibt überhaupt keinen einleuchtenden Grund für das, was die Maria tut. Auch wenn der Judas kein Dieb gewesen wäre, recht hat er dennoch: Was soll denn dieser Unfug? Was kann man denn damit machen? Es gibt keine einleuchtende Erklärung für das Tun dieser Maria.
Ist doch richtig, man hätte doch das Geld nehmen können und hätte damit ein Wohltätigkeitswerk machen können. Ist doch richtig. Und Jesus fährt ihn ganz hart an: Lass das gelten.
Jesus fragt gar nicht, ob das von der Ratio her ein durchleuchtbarer Sinn ist, sondern er fragt nur danach, ob es aus Liebe zu ihm getan ist.
Wenn wir jetzt das Thema heute in der Predigt haben, was Menschen zu Jesus zieht, dann ist das Einzige, was durchhält, die Liebe zu ihm.
Ich brauche den Glauben nicht zu verstehen und nicht zu begreifen, aber ich muss Jesus lieb haben. Und ich kann Jesus lieb haben, weil er mich zuerst geliebt hat.
Der Glaube ist zuerst ein Liebesverhältnis mit Jesus, ein ganz inniges, vertrautes und zartes Liebesverhältnis.
Wie hat fast Judas, wird Judas hier angefasst von Jesus, und wir mildern das gerne, weil wir wissen, es ist ja jener Judas, der sowieso bei uns dieses schwarze Schaf ist? Nein!
In dem Beitrag des Judas spricht ja mein Argument. Ich meine ja immer, dass für Jesus nur diese klaren Dienste gelten, die man begreifen kann.
Und Jesus sagt: Wo einer aus Liebe ihm dient, so verrückt und unsinnig das in unseren Augen sein mag, so ist das doch das Erfüllte und Sinnreichste.
Es geht Jesus bei all den Taten, die er von uns will, bei all den Taten um den Inhalt, um die Richtung, um das Ziel.
Wie können wir heute von Menschen das Tun des Willens Jesu fordern, ohne ihnen zuerst zu sagen: Es kann nur aus Liebe zu Jesus geschehen?
Und wenn ihr tausend Menschen Becher mit Wasser reicht und Taten angeblicher Liebe tut, wenn es nicht in der Liebe zu Jesus getan ist, gilt das vor ihm nicht.
Ob sie ihm getan sind, sagt Jesus im Endgericht: „Das habt ihr mir getan“, in der Liebe zu ihm, auf ihn hin.
Wenn das wieder der Grundzug unseres Glaubens wird: „Ich will dich lieben, meine Stärke, ich will dich lieben, meine Zier“, wenn das uns erfüllt in unserem Glauben, dann staunen wir nicht nur über die Wunder Jesu, dann sehnen wir uns nicht nur nach einer neuen Welt, sondern dann sind wir ihm ganz nah.
Und dann zieht uns Jesus ganz nah zu sich hin, so wie er Maria zu sich hinzog. Und diese Maria war es, die auch durchhielt mit ihrem Glauben, auch durch die Nacht der Passion Jesu.
Amen.
Sollenbeten:
Lieber Vater im Himmel, du hast uns in dieses Leben gestellt. Wir sehen die vielen Verpflichtungen, in die wir hineingestellt sind, die vielen Aufgaben, die Dienste, die Ordnungen dieser Welt. Aber wir vergessen das Allerwichtigste: dass du als der Vater geliebt sein willst von uns, deinen Kindern, und dass diese Liebe vor allem anderen stehen sollte.
Herr, vergib uns diese Schuld, dass wir dir diese Liebe oft vorenthalten, dass wir von der Liebe zum Nächsten reden und dich, den Allernächsten, vergessen, dass unsere Tage so kühl und kalt sind, ja, dass wir deine überströmende Liebe gar nicht erkennen und entdecken.
Erwärme du uns, dass wir dich wieder lieben, ja, dass unser ganzes Tun von dieser Liebe erfüllt ist, dass wir alles um deines Willens tun, was uns aufgetragen ist.
Und wir danken dir auch, dass das, was in der Liebe zu dir getan ist, nie vergeblich ist, weil du es gelten lässt.
Und so gehen wir nun mit dir in diese neue Woche hinein. Du gibst uns Weisheit und Übersicht, was zu tun ist. Erhalte uns in deiner Liebe, lass das das vorrangige Thema unseres Lebens sein und hol uns immer wieder in deine Liebesgemeinschaft zurück.
Zeige uns auch, wo wir Menschen teilhaben lassen dürfen an dieser Liebe, die du uns geschenkt hast, in dieser liebearmen Welt. Zeig du uns, wo Menschen auf unsere Liebe warten!
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Der Herr sendet uns in unsere Aufgaben hinein, aber er legt seinen Segen auf uns. Er segne uns und behüte uns, er lasse ein Angesicht leuchten über uns. Und sei uns gnädig, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
Die bleibende Kraft der Liebe – Maria von Bethanien als Vorbild
Nur noch ein Letztes, und um das geht es ja jetzt eigentlich in der Predigt: Was zieht Menschen zu Jesus?
Wir haben zwei Beweggründe gehört, doch beide waren nicht stark genug, um bei Jesus zu bleiben. Ein Stück weit gingen sie mit, doch dann wandten sie sich wieder enttäuscht ab. Darum soll unser Blick zum Schluss noch auf jene Maria fallen, auf Maria von Bethanien. Was zieht sie zu Jesus? Liebe, nichts als Liebe.
Das war der Anlass damals in Bethanien, als die Menschen auf den Straßen zusammenliefen, nur weil Lazarus, der Bruder Marias, aus dem Tod auferweckt wurde. Und sie saßen miteinander, vermutlich im Hause Simons des Aussätzigen. Lazarus war auch da, erzählt Johannes. Lazarus war da, er hat gar nicht viel getan.
Wissen Sie, dass man im Glauben gar nicht viel für Jesus tun muss? Hier herrschen andere Gesetze. Es geht im Dienst Jesu nicht nach Leistung. Lazarus war auch da, er hat keine Tassen gespült und nichts aufgetragen auf dem Tablett, er war einfach nur da.
Zu was war er denn da? Um ein Zeugnis vor der Welt zu sein für das, was Jesus tut. Wir meinen manchmal, das Wichtigste sei, was wir für Jesus tun. Dabei kann es die Aufgabe unseres Lebens sein, dass wir einfach erzählen, was er an uns getan hat – und das ist alles.
Wie viele Lazarusse leben in unseren Familien, die gar nicht viel tun können? Das ist für sie eine Anfechtung: Was kann ich schon noch tun, wenn ich nur da bin und weitersage, was Jesus an mir getan hat? Menschen, die mit ihrem Leben ausdrücken, was an ihnen Großes geschehen ist. Es gibt verschiedene Aufgaben. Lazarus hatte die Aufgabe, ein Denkmal der Wundergüte Gottes zu sein.
Das gilt auch für manche, denen Gott die Kraft im Leben weggenommen hat, die doch unter uns sind, wie Lazarus. Aber dann ist da noch die Marta, die Marta dient. Es ist nicht wahr, dass die Bibel das schlecht macht, dass Marta dient. Es ist gut, wenn wir dienen. Damals in Lukas 10 wird nur gesagt, sie hat nicht begriffen, dass damals eine besondere Stunde war, als Jesus kam und redete.
Es ist schlimm, wenn wir nicht mehr zur Stille kommen, weil wir angeblich für den Herrn so viel arbeiten. Und wieder ist es die Maria, die hier etwas Besonderes tut. Maria holt diese kostbare Narde und schüttet sie über das Haupt Jesu. Das war ein Brauch im Altertum, der bis heute bei manchen arabischen Völkern geübt wird. Wir kennen das aus Psalm 23: „Du salbest mein Haupt mit Öl.“
Aber sie tut ja etwas Besonderes. Es ist das Kennzeichen, dass manche Bibelausleger sagen, das könne sicher nicht stimmen – denn es wäre nicht ganz logisch, dass sie den Kopf salbt und dann die Füße. Warum denn die Füße? Ob das nicht eine Verwechslung wäre mit Lukas 7 und der großen Sünderin? Nein, nein. Genau, sie tut etwas ganz Außergewöhnliches.
Je komplizierter es zu verstehen wird, umso mehr wollen wir beim Bibelwort bleiben. Sie tut zuerst das, was ein Gastgeber tut, aber dann erniedrigt sie sich ganz tief und tut etwas aus weiter Distanz. Sie möchte Jesus gar nicht zu nahe treten, darum schüttet sie die restliche kostbare Narde über die Füße.
Einer der Ausleger sagt zum Beispiel, das sei ja widersinnig: Wenn sie wirklich das mit den Haaren wieder weggetrocknet hätte, dann würde ja die kostbare Salbe weggenommen. Das ist ja gerade die Demut dieser Maria. Es gibt überhaupt keinen einleuchtenden Grund für das, was Maria tut.
Auch wenn Judas kein Dieb gewesen wäre, hat er dennoch Recht: Was soll denn dieser Unfug? Was kann man denn damit machen? Es gibt keine einleuchtende Erklärung für das Tun dieser Maria. Es ist doch richtig, man hätte das Geld nehmen und damit ein Wohltätigkeitswerk unterstützen können. Das stimmt.
Und Jesus fährt ihn ganz hart an: Lass das gelten! Jesus fragt gar nicht, ob das von der Ratio her einen Sinn ergibt, sondern er fragt nur, ob es aus Liebe zu ihm getan ist.
Wenn wir heute das Thema in der Predigt haben, was Menschen zu Jesus zieht, dann ist das Einzige, was durchhält, die Liebe zu ihm. Ich brauche den Glauben nicht zu verstehen oder zu begreifen, aber ich muss Jesus liebhaben. Und ich kann Jesus liebhaben, weil er mich zuerst geliebt hat.
Der Glaube ist zuerst ein Liebesverhältnis mit Jesus, ein ganz inniges, vertrautes und zartes Liebesverhältnis. Wie wird fast Judas hier von Jesus angefasst? Wir mildern das gerne, weil wir wissen, dass Judas bei uns das schwarze Schaf ist. Nein! Im Beitrag des Judas spricht ja mein Argument. Ich meine immer, dass für Jesus nur diese klaren Dienste gelten, die man begreifen kann.
Und Jesus sagt: Wo einer aus Liebe ihm dient, so verrückt und unsinnig das in unseren Augen sein mag, so ist das doch das Erfüllte und Sinnreichste. Es geht Jesus bei all den Taten, die er von uns will, um den Inhalt, um die Richtung, um das Ziel.
Wie können wir heute von Menschen das Tun des Willens Jesu fordern, ohne ihnen zuerst zu sagen: Es kann nur aus Liebe zu Jesus geschehen? Wenn ihr tausend Menschen Becher mit Wasser reicht und Taten angeblicher Liebe tut, aber nicht in der Liebe zu Jesus, gilt das vor ihm nicht. Ob sie ihm getan sind, sagt Jesus im Endgericht: „Das habt ihr mir getan“ – in der Liebe zu ihm, auf ihn hin.
Wenn das wieder der Grundzug unseres Glaubens wird – ich will dich lieben, meine Stärke, ich will dich lieben, meine Zier –, wenn das uns erfüllt in unserem Glauben, dann staunen wir nicht nur über die Wunder Jesu. Dann sehnen wir uns nicht nur nach einer neuen Welt, sondern dann sind wir ihm ganz nah.
Und dann zieht uns Jesus ganz nah zu sich hin, so wie er Maria zu sich hinzog. Diese Maria war es, die auch durchhielt mit ihrem Glauben, auch durch die Nacht der Passion Jesu. Amen.
Gebet und Segenswunsch
Sollenbeten, lieber Vater im Himmel, du hast uns in dieses Leben gestellt. Wir sehen die vielen Verpflichtungen, in die wir hineingestellt sind, die vielen Aufgaben, die Dienste und die Ordnungen dieser Welt. Doch oft vergessen wir das Allerwichtigste: dass du als der Vater von uns, deinen Kindern, geliebt sein willst und dass diese Liebe vor allem anderen stehen sollte.
Herr, vergib uns diese Schuld, dass wir dir diese Liebe oft vorenthalten. Wir reden von der Liebe zum Nächsten, doch vergessen dich, den Allernächsten. Unsere Tage sind so kühl und kalt, und wir erkennen deine überströmende Liebe oft gar nicht. Erwärme uns, damit wir dich wieder lieben. Lass unser ganzes Tun von dieser Liebe erfüllt sein. Hilf uns, alles um deines Willens zu tun, was uns aufgetragen ist.
Wir danken dir auch, dass das, was in der Liebe zu dir getan wird, nie vergeblich ist, weil du es gelten lässt. So gehen wir nun mit dir in diese neue Woche hinein. Du gibst uns Weisheit und Übersicht, was zu tun ist. Erhalte uns in deiner Liebe und lass das das vorrangige Thema unseres Lebens sein. Hole uns immer wieder in deine Liebesgemeinschaft zurück.
Zeige uns auch, wo wir Menschen teilhaben lassen dürfen an dieser Liebe, die du uns geschenkt hast, in dieser liebearmen Welt. Zeig uns, wo Menschen auf unsere Liebe warten!
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Der Herr sendet uns in unsere Aufgaben hinein, aber er legt seinen Segen auf uns. Er segne uns und behüte uns. Er lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Er erhebe sein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!