Wir haben hier noch eine Frage, auf die ich eingehen möchte. Es ist eine recht gute Frage, muss ich sagen: Johannes 6, Vers 39.
Es geht um die Frage des Verlorengehens beziehungsweise Umkommens. Ich lese ab Vers 37.
Die Zusicherung des Erhalts der Gläubigen
Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und den, der zu mir kommt, werde ich auf keinen Fall hinaustun. Ich bin aus dem Himmel niedergekommen, nicht um meinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.
Dieses ist der Wille des Vaters, der mich gesandt hat: dass ich nichts von dem verliere, was er mir gegeben hat, sondern es am letzten Tag zur Auferstehung bringe.
Es ist klar gesagt, dass der Herr das Werk, das er anfängt, auch vollendet. Das steht auch in Philipper 1,6: Der Herr wird den nicht verderben lassen, der zu ihm gekommen ist.
Hier waren es konkret zuerst einmal die Jünger. Er würde sie am letzten Tag auferwecken, sie also ans Ziel führen.
In Vers 40 heißt es: Dies ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben habe. Und ich werde ihn zur Auferstehung bringen am letzten Tag.
Nun stellt sich die Frage: Wenn jemand von Christus weggegangen ist, würde das dann nicht bedeuten, dass er ihn nicht ans Ziel gebracht hat?
Dieses Ans-Ziel-Bringen ist jedoch kein Automatismus. Es hängt auch davon ab, dass derjenige, der zu Jesus gekommen ist, auch an Jesus Christus glaubt. Das muss man hier voraussetzen.
Die Parallelstellen zeigen das ebenfalls.
Die Verantwortung des Glaubens und das Gebet Jesu für die Bewahrung
In Johannes 17,11 betet der Herr Jesus: „Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast.“ Der Vater hat sie ihm gegeben, und doch musste der Herr Jesus beten, dass der Vater sie bewahren möge.
Der Herr Jesus wusste, dass das kein Automatismus ist. Er wusste, dass die Jünger einer schweren Krise entgegengehen würden, hier konkret Petrus und seine Freunde. Grundsätzlich gilt das aber für alle. Der Herr hat jedenfalls hier gebetet: „Bewahre sie in deinem Namen, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, so wie wir eins sind.“
Als er bei ihnen war in der Welt, bewahrte er sie in deinem Namen. Die, die du mir gegeben hast, beschützte ich, und keiner von ihnen kam um, außer dem Sohn des Verderbens.
Man könnte auch fragen: Wieso hat denn der Herr Jesus den Judas nicht bewahrt? Er hätte doch auch Judas bewahren müssen, denn dieser wurde ja ebenfalls vom Vater dem Herrn Jesus gegeben. Judas war genauso wie alle anderen ein Apostel.
Er wird aufgeführt, wenn der Herr Jesus in Markus 10 über die Schafe und die Wölfe spricht. Er sagt dort, dass die Schafe aufgeführt werden, und Judas wird in Matthäus 10 genannt, wo Jesus sagt: „Ich schicke sie wie Schafe unter die Wölfe.“ Judas war ein Schaf, kein Wolf.
Man hätte also sagen können, dass der Herr Jesus auch auf Judas hätte aufpassen müssen. Warum hat er das nicht getan? Der Herr Jesus hat sehr wohl auf ihn aufgepasst und sogar viel für ihn getan. Bis zum Schluss hat er um ihn geworben.
Zum Schluss fragt er ihn noch: „Verrätst du den Menschensohn mit einem Kuss?“ Warum sagt er das? Weil er ihn gewinnen wollte. Er sagt: „Einer von euch ist ein Teufel.“ Doch Judas wurde zu einem Teufel, das heißt zu einem Lästerer und Verleumder.
Judas wurde dazu, weil er innerlich aufgegeben hatte, sein Vertrauen auf Jesus Christus zu setzen. Er wurde also nicht bewahrt, weil er sich selbst nicht bewahren lassen wollte.
Die Mitwirkung des Gläubigen an seiner Bewahrung
In 1. Timotheus 4,16 lesen wir: „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre, bleibe beharrlich bei ihnen, denn indem du dieses tust, wirst du sowohl dich selbst bewahren und retten als auch die, die dich hören.“
Timotheus kann also sehr viel dazu beitragen, dass er bewahrt bleibt. Das Wort für „retten“ bedeutet hier auch „bewahren und retten“. In meiner Übersetzung heißt es: „Du wirst sowohl dich selbst bewahren und retten als auch die, die dich hören.“ Timotheus kann hier also selbst etwas beitragen. Sein Beitrag ist, dass er auf sich selbst achtgibt. Das heißt, dass er die Sache nicht locker nimmt, dass er bei Christus bleibt und sich nicht verführen lässt.
Im Judasbrief, ähnlich formuliert in Vers 20, heißt es: „Aber ihr Geliebten, indem ihr euch selbst aufbaut und mittels eures heiligen Glaubens und im Heiligen Geist betet, bewahrt euch selbst in der Liebe Gottes und wartet auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesu Christi zum ewigen Leben!“ Hier ist ebenfalls ein Aufruf, sich selbst zu bewahren.
Man kann sich aber nicht selbst bewahren, wenn der Herr einen nicht bewahrt. Das geht nicht. Wenn man jedoch auf den Herrn vertraut und auf ihn ausgerichtet ist, dann wird der Herr auch helfen und bewahren. Trotzdem heißt es hier: „Bewahrt euch selbst!“ Das bedeutet, der Gläubige muss weiterhin glauben. Er kann nicht sagen: „Ach, das mit meinem Glauben ist alles nicht wichtig, das macht alles der Herr Jesus. Ich habe mich einmal bekehrt vor so und so vielen Jahren, und alles andere macht der Herr Jesus. Ich komme sowieso ans Ziel, weil ich mich bekehrt habe.“
Die Schrift sagt, man kommt durch Glauben ans Ziel. Es reicht nicht einfach zu sagen, dass man sich einmal bekehrt hat, auch wenn die Bekehrung echt war. Man kommt durch Glauben ans Ziel. In 1. Petrus 1,5 heißt es: „die wir in der Kraft Gottes durch Glauben bewahrt werden.“
Die Kraft liefert Gott, das andere tun wir: glauben, das heißt, uns an den Herrn klammern. Das Entscheidende macht Gott, aber wir glauben. Weiter heißt es in Vers 8: „den ihr nicht gesehen und erkannt habt, aber liebt, den ihr jetzt nicht seht, an den ihr aber glaubt, auf den ihr euch freut mit hoher unaussprechlicher und verherrlichter Freude, das Ziel eures Glaubens davon tragend.“
Ihr glaubt an ihn und freut euch auf ihn, das Ziel eures Glaubens davon tragend – die Rettung der Seelen. Es geht um Glauben, und während sie das tun, erreichen sie das Ziel ihres Glaubens, nämlich die Rettung der Seelen. Sie müssen also im Glauben bleiben. Das ist nicht automatisch.
Wir können nicht sagen, diese Stelle sei so zu verstehen, dass wenn der Vater die Jünger dem Herrn Jesus gegeben hat, sie nichts mehr tun müssen. Es gibt mehrere Stellen, die uns sagen, dass das, was der Gläubige zu tun hat, darin besteht, sich dem Herrn anzuvertrauen. Also, ich bin mal so weit.
Die Erwählung zum zukünftigen Heil
Eine andere Stelle, die ich gestern erwähnt habe, ist der Zweite Thessalonicherbrief, Kapitel 2, Vers 13. Anschließend möchte ich noch mit Ihnen über Römer 9 sprechen, zum Thema Erwählung.
In 2. Thessalonicher 2,13 heißt es: „Wir sind es schuldig, vom Herrn, geliebte Brüder, für euch alle Zeit zu danken, dass Gott euch von Anfang an erwählt hat zum Heil in Heiligung des Geistes und Glauben an die Wahrheit, wozu er euch durch unsere gute Botschaft berufen hat, um die Herrlichkeit unseres Herrn Jesu Christi zu erlangen.“
Das ist die einzige Stelle in der Bibel, in der das Wort „Heil“ und „Erwählung“ zusammenkommen – eine Erwählung zum Heil. Es ist zwar nicht das gleiche Wort, das sonst für „Erwählen“ verwendet wird. Das Wort „Erwählen“ heißt normalerweise „eklego“, hier aber wird ein anderes Wort benutzt, das nichts anderes bedeutet als „nehmen“. Gott hat euch von Anfang an „genommen“ zum Heil, in Heiligung des Geistes und zum Glauben an die Wahrheit.
Was bedeutet das? Das Heil ist nicht der gegenwärtige Zustand, sondern das Heil ist das Ziel, auf das sie zusteuern, also etwas in der Zukunft. Es geht hier um die Zukunft. Vers 14 sagt: „Wozu er euch auch durch unsere gute Botschaft berufen hat, um die Herrlichkeit unseres Herrn Jesu Christi zu erlangen.“ Die Herrlichkeit unseres Herrn Jesu Christi ist die Zukunft. Die Bibel nennt diese Zukunft auch das Heil. Wenn wir also vom Heil lesen, müssen wir nicht immer an die Gegenwart denken, es ist ein zukünftiges Heil.
Ich erinnere an Römer 8,24. Sie kennen diese Stelle: „Auf Hoffnung sind wir gerettet worden.“ Also auf Hoffnung sind wir zum Heil gekommen – auf Hoffnung. Aber eine Hoffnung, die man sieht, ist keine Hoffnung, denn warum hofft man noch auf das, was man sieht? Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf mit Ausdauer. Das heißt, wir haben das Heil noch nicht, wir warten darauf mit Ausdauer, wir sind noch nicht am Ziel. Es geht also um das zukünftige Heil.
So auch in 2. Thessalonicher 2,13. Er spricht hier von den Geschwistern in Thessalonich und sagt, dass Gott sie erwählt und genommen hat zum Heil. Wie hat er sie zum Heil genommen? Das beschreibt der Apostel Paulus im 1. Thessalonicherbrief, Kapitel 1, Vers 4ff. Ich lese ab Vers 2:
„Wir danken Gott allezeit für euch und gedenken euer in unseren Gebeten ohne Unterlass; gedenken dabei eures Werks des Glaubens und der Arbeit der Liebe und der Ausdauer der Hoffnung in unserem Herrn Jesus Christus vor unserem Gott und Vater, wissend, geliebte Brüder, von eurer Erwählung. Denn unser Evangelium kam nicht zu euch nur im Wort, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in großer Gewissheit, wie ihr wisst, welche Art von Menschen wir unter euch geworden sind um eurer willen.“
Wie war das mit der Erwählung der Thessalonicher? Er spricht von dem, was damals in Thessalonich geschah. „Wir waren dabei, wir haben es gesehen, wie ihr zu Erwählten Gottes wurdet.“ Die gute Botschaft kam nicht nur als Wort, sondern in Kraft. Paulus selbst war der Evangelist und hat gesehen, wie sie an das Evangelium glaubten. Das Evangelium kam nicht nur mit Worten, sondern mit Kraft und viel Gewissheit. So kamen diese Menschen zum Glauben. Aufgrund des Glaubens in Christus wurden sie versetzt und in dem Moment, als sie in Christus versetzt wurden, wurden sie zu Erwählten.
Das war die Erwählung der Thessalonicher. Die Erwählung geschieht in dem Moment, in dem man zum Glauben kommt. Warum? Weil man in Christus hineinkommt. Er ist der Erwählte. Dann ist man in der erwählten Gruppe, in dem erwählten Geschlecht. Praktisch gesehen ist die Erwählung in dem Moment, in dem ein Mensch wiedergeboren wird, in dem Moment, in dem er glaubt, den Heiligen Geist empfängt, von Gott gerechtfertigt wird, Christ wird und das ewige Leben erhält.
Von Anfang an, als das Evangelium kam, hat Gott diese Menschen, die Ja zu Christus sagten, zu einem ewigen Heil genommen, zu einem zukünftigen Heil, um die Herrlichkeit Jesu Christi zu erlangen. Der Text in 2. Thessalonicher 2,13 sagt nicht, dass Gott erwählte, wer sich bekehren darf und wer nicht. Es geht um das zukünftige Heil, die Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus zu erlangen.
Gott hat diejenigen, die positiv auf das Evangelium antworteten, in Christus versetzt und so zu einem zukünftigen Heil „herausgepickt“. Sie erhalten das ewige Heil in Jesus Christus, sie bekommen die Herrlichkeit Jesu Christi, die ihnen verheißen wurde. Wenn noch jemand dazugekommen wäre, wäre er auch dabei. Jeder, der in Thessalonich Ja gesagt hat, gehört zu dieser Schar und wird zum zukünftigen Heil genommen.
Das heißt, Gott nimmt ihn in Heiligung des Geistes und Glauben an die Wahrheit. Gott heiligt ihn durch den Heiligen Geist, das heißt, er sondert ihn ab. Und der Mensch glaubt an die Wahrheit. Das bedeutet nicht, dass derjenige nur deshalb glaubt, weil Gott ihn herausgepickt hat. Das steht nicht im Text. Es geht nicht darum, dass er erwählt wurde, um zum Glauben kommen zu können, sondern er wurde zum Heil erwählt.
Also eigentlich: „Er nahm euch zum Heil, zum zukünftigen Heil.“ Der Vorgang beginnt mit der Heiligung durch den Heiligen Geist. Gott hat sie auf die Seite gesetzt, unter ihnen gewirkt und ihr Gewissen überführt. Sie haben dann an die Wahrheit, an das Evangelium geglaubt und sind weiterhin im Glauben an die Wahrheit geblieben.
Gott will jeden Menschen – wenn er es zulässt – durch den Heiligen Geist von Sünde überführen. Der Heilige Geist ist bereit, jeden Menschen zu nehmen, ihn von der Sünde zu überführen und durch die Botschaft Jesus groß zu machen, damit er an die Wahrheit glaubt. Das ist sehr ermutigend, wenn man evangelisiert. Man darf wissen, dass der Herr Jesus mit einem ist und es der erklärte Wille Gottes ist, dass der Mensch, dem man das Evangelium weitergibt, gerettet wird. Gott wird durch den Heiligen Geist an ihm arbeiten.
Die Frage ist, wie weit sich der Mensch vom Heiligen Geist bearbeiten lässt. Das ist eine andere Frage. Aber Gott will und wird an ihm arbeiten. Gott wird ihn von der Sünde überführen, so weit der Mensch sich überführen lässt. Es kann aber sein, dass der Mensch blockt.
Was kann Gott dann machen? Wird er ihm Gewalt antun? Nein, das wird er nicht tun. Gott wird immer werben. Wenn das Evangelium verkündigt wird, wird Gott das Zeugnis des Gläubigen verwenden. Der Heilige Geist wird mitzeugen und die Kraft geben, dass der Zeuge, der bezeugt, während er redet, dass der Heilige Geist wirkt. Das Evangelium, wenn es richtig verkündigt wird, wird ein Werk tun: Es wird den Menschen zeigen, dass er Sünder ist.
Wenn der Mensch aber blockt und sich nicht zeigen lässt, was will Gott dann noch machen? Gott hat keinen Knopf, den er drückt: „Jetzt lass dich überführen, jetzt breche ich deinen Widerstand.“ Wenn ein Mensch Widerstand leistet, wird Gott ihn nicht mit Gewalt brechen.
Vielleicht könnte jemand sagen: „Aber bei Paulus, als er auf dem Weg nach Damaskus war, hat Gott das doch mit Gewalt gemacht?“ Was hat Gott bei Saulus gemacht? Der Herr ist ihm erschienen, das war etwas Besonderes. Trotzdem war Paulus dadurch noch nicht Christ. Er hatte drei Tage Zeit zum Nachdenken. Dann kam Ananias und sagte ihm, er solle seine Sünden abwaschen lassen, indem er den Namen Jesu anruft.
Paulus musste nun eine Entscheidung treffen. Hätte er Nein gesagt und wäre nicht gehorsam gewesen der göttlichen Erscheinung, wäre er nichts geworden. Gottes Pläne hätten sich nicht erfüllt, und Gott hätte sich einen anderen gesucht.
Wir dürfen nicht meinen, dass Paulus von Mutterleib an bestimmt war für die Bekehrung. Das hat er nicht. Auch Paulus wurde nicht bestimmt für die Bekehrung. Da wird zu viel in den Text hineingelesen, eine Theologie hineininterpretiert, die der Text nicht hergibt.
Paulus musste selbst Ja sagen. Einmal sagt er: „Wenn ich jetzt, nachdem ich den Dienst bekommen habe, ihn nicht tue, dann wehe mir.“ Er weiß auch später noch, dass er einen Dienst hat, den er tun will. Aber wehe ihm, wenn er ihn nicht tut.
Paulus ist sich bewusst, dass alles, was er tut, aus der Gnade Gottes geschieht, in der Kraft Gottes. Aber er muss etwas tun, es geht nicht automatisch. Er sagt: „Ich habe mehr gearbeitet als ihr alle, aber nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war.“ Das heißt, er hat die Gnade wirken lassen an sich. Er hat mitgearbeitet, er war Mitarbeiter Gottes.
Aber das heißt nicht, dass er vorherbestimmt war zur Bekehrung.
Die Bedeutung des geistlichen Todes und der Wiedergeburt
Sind dazu Fragen oder Gedanken? Können wir uns für Christus oder für die Toten entscheiden? Was bedeutet hier eigentlich „tot“? Tot heißt getrennt von Gott, oder?
Lesen wir den Text aus Epheser 2: „Auch euch, die ihr tot wart in den Übertretungen und Sünden, in denen ihr einst wandeltet, ausgerichtet nach der Zeit dieser Welt, nach dem Fürsten des Machtbereiches der Luft, dem Geist, der nun in den Söhnen des Ungehorsams wirkt, unter denen wir alle einst unser Leben führten in den Lüsten unseres Fleisches, wobei wir den Willen des Fleisches und des Denkens taten, und wir waren von Natur Kinder des Zorns wie auch die anderen.“
Also, wenn sie lebendig genug waren, um sich nach dem Fürsten des Machtbereichs der Luft auszurichten, lebendig genug, um nach der Zeit dieser Welt zu wandeln, lebendig genug, um ungehorsam zu sein, lebendig genug, um nach den Lüsten des Fleisches zu leben und den Willen des Fleisches zu tun, dann waren sie lebendig. Dann sind sie auch lebendig genug, um, wenn Gott ruft, Ja zu sagen. Nicht wahr?
Dieselben, die nach Satan ausgerichtet waren, dieselben, die dem Satan dienten, wurden gerufen. Auf den Ruf hin haben sie Ja gesagt. Sie waren aber noch nicht wiedergeboren, als sie Ja sagten. Die Wiedergeburt folgte erst auf den Glauben. Die Wiedergeburt geht dem Glauben nicht voraus.
Tot heißt hier getrennt von Gott, wie es immer ist. Geistlich tot bedeutet getrennt vom Leben Gottes. Man braucht das Leben Gottes nicht, um Ja zu sagen, sondern durch das Ja-Sagen bekommt man das Leben Gottes.
Es ist nicht so, dass Gott dem Menschen zuerst das Leben gibt, damit er Ja sagen kann. Zuerst bekommt er die Wiedergeburt, dann sagt er Ja, dann bekehrt er sich, weil Gott ihm vorher die Wiedergeburt gegeben hat. Das ist die falsche Reihenfolge, die die Schrift nicht lehrt.
Die Schrift lehrt, dass das Leben aufgrund des Glaubens kommt. Das heißt, zuerst muss Glaube da sein, dann bekommt man das Leben. „Dass ihr Leben habt durch den Glauben“, lesen wir in Johannes 20, Vers 31: „Andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht in diesem Buch geschrieben sind. Aber diese sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Gesalbte ist.“
Bitte beachten wir: Diese Zeichen sind geschrieben, damit sie glauben. Es steht nicht da, diese Zeichen sind geschrieben, damit Gott ihnen Leben gibt, und das Leben bekommen sie dann, damit sie glauben können. Nein, die Zeichen sind geschrieben, damit sie glauben, dass Jesus der Gesalbte ist, der Sohn Gottes, und damit ihr glaubend Leben habt, also durch den Glauben Leben habt.
Das Leben kommt nicht vor dem Glauben. Es gibt Leute, die allen Ernstes lehren, dass man zuerst wiedergeboren sein muss, bevor man sich bekehren kann. Das heißt, Gott macht, dass ein Mensch wiedergeboren wird, auf übernatürliche Weise. Dann fragt er ihn, ob er das Evangelium annimmt, und dann kann der Mensch Ja sagen.
Das lehrt die Schrift nicht. Das ist Philosophie, die in den Text hineingelegt wird und sogar weit über den Text hinausgeht.
Tot heißt nicht untätig, tot heißt getrennt von Gott.
Jetzt kommt gerade das Wort des Lebens. Das Wort des Lebens ist das Mittel, durch das der Mensch Leben bekommen kann, wenn er es aufnimmt. Das Wort muss man aufnehmen wie einen Samen.
Da ist ein Mutterschoss, das den Samen empfängt. Der Same ist das Wort. Der Mutterschoss empfängt den Samen, und erst wenn der Same gekommen ist, entsteht Leben.
Es ist nicht so, dass zuerst das Leben da sein muss, ehe der Mutterschoss fähig ist, den Samen aufzunehmen. Versteht ihr das? Das geht nicht, das ist in der Natur nicht so, und geistlich auch nicht.
Das Leben kann erst entstehen, nachdem der Same sich eingenistet hat. Und da muss eine Bereitschaft sein, damit der Same sich einnisten kann. Dann entsteht Leben.
Das ist die richtige Reihenfolge: Nicht Geburt vor Samenempfängnis, sondern Samenempfängnis vor der Geburt.
Wer ist in dieser Welt jetzt der Same? Der Same ist der Glaube. Der Same ist das Wort Gottes. Neu geboren wird man nicht durch vergänglichen Samen, sondern durch den unvergänglichen Samen, das Wort Gottes.
Das passt nicht zu dieser Lehre. Gerade der Same macht aus dem Menschen, der von Gott getrennt ist, tot, dass er mit Gott eine Verbindung bekommt, also Leben.
Die Gabe des Glaubens und die Verantwortung des Menschen
Römer 9. Oder haben Sie noch Fragen? Der Text erklärt sich von selbst. Es ist nicht nötig, viel dazu zu sagen. Dort steht ja nicht, dass der Glaube selbst auch eine Gabe Gottes ist, die in uns wirkt. Wie sollte man ihn dann ausleben?
Es heißt: „Es ist nicht aus euch.“ Es geht gar nicht anders. Der Glaube ist nicht aus euch, sondern „es ist nicht da“, dieses „nicht aus euch“ – im Griechischen wie im Deutschen genau gleich. Was ist „nicht aus euch“? Was würden Sie jetzt vom Text her sagen, wenn wir alle Theologien weglassen und nur den Text sprechen lassen?
Wir sehen dazu Epheser 2,8: „Durch die Gnade seid ihr gerettet, durch den Glauben, und dieses nicht aus euch, Gottes Gabe ist es.“ Hier ist von einer Handlung die Rede: „Seid ihr gerettet.“ Es geht um das „es“, das „seid ihr gerettet“. Ihr seid gerettet, und das ist aus Gnade. Das geschieht durch den Glauben, und es ist nicht aus euch.
Es geht also nicht um das Mittel, sondern um die Sache selbst. Das Mittel war der Glaube, aber hier spricht der Text von der Sache selbst. Das Mittel war das, was mich genau dorthin gebracht hat, dass ich jetzt gerettet bin. Der Glaube ist kein Geschenk – das ist ein Irrtum.
Der Glaube ist etwas, Gott gibt uns die Fähigkeit zu glauben, die Fähigkeit zu vertrauen. Ich habe gestern erklärt, dass die Fähigkeit zu vertrauen eine gottgegebene Fähigkeit ist, die zur Gottesebenbildlichkeit des Menschen gehört. Dass der Mensch vertrauen kann, macht ihn zu einem gesellschaftsfähigen Wesen.
Gesellschaftsfähig kann man nur sein, wenn man vertrauen kann. Gott ist ein Gesellschaftswesen, und Gott hat den Menschen als Gesellschaftswesen geschaffen. Dazu muss man die Fähigkeit haben, zu vertrauen. Ohne Vertrauen gibt es kein Gesellschaftswesen.
Das ist also etwas, das zur Ebenbildlichkeit, zur gottgegebenen Ebenbildlichkeit des Menschen gehört. Die Schrift lehrt nicht, dass der Glaube eine Gabe Gottes ist. Das Glauben ist eine Verantwortung des Menschen.
Auch in Philipper 1 wird das nicht so gelehrt. Philipper 1 wird oft so verstanden: Euch ist es gegeben, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden (Philipper 1,29). Was heißt das? Euch ist das Vorrecht gegeben, nicht nur zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden.
Gott hat euch in eine Situation gestellt als Gläubige, in der ihr auch leiden dürft. Es ist ein Vorrecht zu leiden. Zu glauben ist ebenfalls ein Vorrecht. Das ist ein Geschenk, das Gott uns gibt, das stimmt. Aber das Glauben selbst ist nicht einfach von ihm produziert. Wenn er uns das Vorrecht gibt, heißt das nicht, dass er es produziert.
Die Einschränkung der Allwissenheit Gottes im Umgang mit Menschen
Ich hätte noch eine Frage: Wie harmoniert das denn mit der Allwissenheit Gottes? Konkret, was wäre dann die Frage? Sie hatten ja vorhin die Aussage gemacht, dass, wenn Paulus sich nicht dafür entschieden hätte, also nicht geglaubt hätte, Gott sich einen anderen gesucht hätte, um seinen Plan weiterzuführen. Das würde ja die Allwissenheit Gottes irgendwie einschränken.
Nein, Gott schränkt seine Allwissenheit oft ein. Wenn wir die Bibel lesen, merken wir, wie oft Gott das tut. Der Herr Jesus sowieso – er hat sich eingeschränkt, als er Mensch wurde. Aber auch Gott im Alten Testament schränkt in seinem Umgang mit den Menschen oft seine Allwissenheit ein. Er steckt sie zurück, sperrt sie in den Keller ein und tut so, als ob er es nicht wissen würde.
Es gibt eine ganze Reihe von Stellen im Alten Testament, zum Beispiel, als er nach Sodom und Gomorra kommt. Er sagt: „Ich bin gekommen, um mich zu überzeugen, ob das stimmt.“ Er hat gehört, in Sodom und Gomorra gibt es schlimme Sünden. Er sagt nicht direkt, dass er es nicht glauben kann, aber er sagt, er sei gekommen, um zu schauen, ob sich das so verhält. Er muss also nachschauen. Das heißt, er hat seine Allwissenheit weggesteckt.
Gott ist oft gespannt, wie die Leute reagieren. Da waren zum Beispiel die Leute von Ninive. Die Leute von Ninive sind böse. Gott sagt seinem Knecht Jona, er soll hingehen und ihnen das Gericht ansagen. Er muss sich bemühen, bis Jona endlich so weit ist. Es muss einiges geschehen. Gott lässt es sich also etwas kosten, Jona endlich dorthin zu bringen. Er hätte ihm sagen können: „Das hat Gott doch schon alles vorausgewusst.“ Warum müht er sich dann so ab? Nein! Gott ist gespannt, wie sie jetzt reagieren werden. Und als er dann sieht, dass sie positiv reagieren, ändert er seine Meinung. Er sagt: „Nein, da bringe ich das Gericht nicht.“ Das kann Jona nicht verstehen. Dann schiebt Gott das sozusagen hinaus, verlängert es und wartet.
An ganz vielen Gelegenheiten sehen wir das. Einmal ist Gott erstaunt – wo steht das jetzt? In Jesaja heißt es: „Ich verwundere mich, dass niemand war, der an den Riss trat.“ (Jesaja 59) Gott ist erstaunt, dass niemand in den Riss tritt. Gibt es so etwas? Und dann fleht er die Christen im Hesekiel an, die Juden im Hesekiel: „Wollt ihr sterben? Wollt ihr sterben? Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr sterben!“ Er fleht sie an.
In seinem Umgang mit den Menschen verzichtet Gott auf seine Allwissenheit.
Ich will an die Frage anknüpfen. Sie sagten gerade, Gott ändert dann seine Meinung. In Psalm 139, Vers 16 steht ja, dass alle Tage im Buch geschrieben sind. Das ist die andere Seite: Wenn solche Stellen nicht da wären, würden wir gar nicht wissen, dass Gott Dinge vorher weiß. Wenn er will, kann er sein Buch aufschlagen und nachlesen. Aber er kann sein Buch auch zur Seite legen und nicht nachlesen. Er kann das – und das tut er ja auch.
Das ist für uns unvorstellbar, aber es soll uns zeigen, dass er einer ist, der auf unsere Stufe kommt, auf unsere Ebene, und mit uns Umgang hat.
Ich nehme ein anderes Beispiel: In Genesis 6, Vers 6 lesen wir, dass Gott sieht, wie die Menschen böse handeln. Sie haben sich so sehr verdorben, das Menschengeschlecht, und es schmerzte ihn in sein Herz hinein. Kann man sagen: Was hat er denn? Hat er nicht schon alles gewusst, dass sie böse werden? Warum gibt es dann Schmerzen? Das sind doch die Menschen, das hast du doch schon längst gewusst. So sind die Menschen. Du hast doch schon längst gewusst, dass alle Menschen, die du schaffen wirst, du alle wieder umbringen musst und nur acht bleiben übrig.
So läuft das nicht.
Als Gott Adam und Eva schuf und Adam in den Garten setzte, sagte er zu ihm: „Adam, hier hast du alles. Ich beschenke dich reichlich, alles gebe ich dir, aber eins gebe ich dir nicht. Von diesem Baum sollst du nicht essen.“ Dieser Baum sollte die Prüfung werden, ob Adam Gott liebt.
Wie kann man Liebe feststellen, wenn man nicht die Wahl hat? Er musste etwas zum Wählen haben. Jetzt musste Adam wählen zwischen dem Baum und Gott. Und Gott war doch selbst gespannt, was Adam tun würde. Oder denken wir, Gott hat den Baum hingestellt und gesagt: „Ja klar, es wird nicht lange dauern, dann wird Adam sowieso davon essen.“ Warum macht er denn das alles? Das ist doch ein Spielchen, das Gott mit dem Menschen spielt. Wie kann er so etwas befriedigen? Dann kann er alles gerade lassen.
Gott spielt keine Spiele. Gott ist ein Gott, der ringt, der fleht, der wirbt. Er will Menschen gewinnen zur Liebe. Und dann freut er sich, wenn Menschen in Christus durch die Entscheidung zu Christus erkennen, wie sehr er sie liebt. Und jetzt kann er eine Beziehung mit ihnen haben, und eine herrliche Zukunft wartet auf sie.
Die Vorherwissenheit Gottes und die Freiheit des Menschen
Wie soll das dann harmonieren mit der Tatsache, dass Jesus vor Grundlegung der Welt als Heiland auserwählt war, wenn Gott es nicht schon geplant und gewusst hätte? Auf der anderen Seite sagt der Text etwas anderes. Was sagt der Text genau? Schauen wir uns 1. Petrus an, zum Beispiel 1. Petrus 1, Vers 3, oder Epheser 1, Vers 3 und Vers 4. Dort ist nicht die Rede von der Erwählung des Christus.
Schauen wir uns 1. Petrus genauer an, zum Beispiel 1. Petrus 1, Vers 20 und Vers 18. In 1. Petrus 1,18 lesen wir, dass es um die Furcht Gottes geht: Man soll in Furcht wandeln. In Vers 17 und 18 steht, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen wie Silber oder Gold erlöst wurdet, von eurer nichtigen, von den Vätern überlieferten Lebensführung, sondern mit kostbarem Blut aus eines tadellosen und fleckenlosen Lammes, dem Blut des Christus, der im Voraus gekannt war. Gekannt heißt hier liebend gekannt, geplant, den er kannte und liebte – vor Grundlegung der Welt, aber in den letzten Zeiten geoffenbart wurde, euretwegen.
Viel steht hier nicht. Das Einzige, was hier steht, ist, dass dieser Christus im Voraus gekannt war, und zwar liebend gekannt. Der Text ist ein wenig schwach. Der Gegensatz ist aber am Ende offenbar: Es war also schon da, nur nachher wurde es offenbar, als es schon vorher fertig war. Der Text selbst sagt, dass Christus als Person geoffenbart wurde, euren Wegen. Wir wollen nichts in den Text hineinlegen, sondern uns selbst gegenüber fair sein.
Der Text sagt, dass Christus im Voraus gekannt war. Das heißt, hier war eine ewige Beziehung vor Grundlegung der Welt, aber in der letzten Zeit wurde er offenbar. Es steht nicht mehr da, wann genau. Vielleicht gibt es eine andere Stelle, die noch mehr sagt, zum Beispiel 1. Korinther 2. Haben wir auch noch mal dieses Wort? In 1. Korinther 2, Vers 7 heißt es: "Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen, eine Weisheit, die nicht von dieser Welt ist, noch von den Fürsten dieser Welt, die ausgeschaltet werden." Weiter heißt es, dass wir Weisheit Gottes in einem Geheimnis reden, die verborgen war, die Gott vor den Weltzeiten vorherbestimmt hat zu unserer Herrlichkeit.
Also reden wir von einer Weisheit, die Gott vor den Weltzeiten vorherbestimmt hat zu unserer Herrlichkeit, die keiner der Fürsten dieser Weltzeit gekannt hat. Diese Weisheit ist, man könnte sagen, die personifizierte Weisheit – wahrscheinlich Christus. Ich weiß es nicht genau, aber wahrscheinlich ist es so. Gott hat diese Weisheit vorher geplant, vorher bestimmt zu unserer Herrlichkeit.
Auch hier ist zu wenig gesagt, es ist sehr wenig Detail. Was genau hat er vorher geplant oder bestimmt? Eines ist klar: Gott kann, wenn er will und wenn er weiß, von Anfang an das Ende sehen. Das kann er. Aber das ändert nichts an seiner Handlung. Wenn er etwas weiß, heißt das nicht, dass er es auch bestimmt hat. Das ist für uns Menschen schwer zu verstehen. Wir meinen oft, wenn ich etwas vorher weiß, dann bestimme ich es auch vorher. Aber das ist nicht so.
Wenn ich weiß, wer meine Frau wird, dann bestimme ich nicht notwendigerweise vorher, wer meine Frau wird, nur weil ich es weiß. Wissen ist noch nicht dasselbe wie vorherbestimmen. Wissen bedeutet, Information zu haben. Vorherbestimmen heißt, dass es schon genauso ablaufen muss und der andere keine Wahl hat.
Die Schrift sagt nicht, dass Gott den einzelnen Menschen vorherbestimmt hat, Böses zu tun. Das sagt die Schrift nicht. Gott hat den Menschen nicht vorherbestimmt, Böses zu tun. Gott hat vorherbestimmt, dass seine Gemeinde mit ihm die Herrlichkeit verbringt. Das hat er vorherbestimmt, dass er eine Vater-Sohn-Beziehung zu ihr haben wird. Das hat er vorherbestimmt.
Wir dürfen nicht philosophieren. Ich möchte nur sagen, dass wir hier gerade bei Augustinus sind, der eine Neigung zur Philosophie hat. Dabei kommt man nicht aus der Schrift allein, sondern aus Gedankengebäuden. Der Mensch kann sich vieles zusammenreimen und zusammendenken. Das dürfen wir aber nicht machen. Wir müssen bei der Schrift bleiben.
Verstehen Sie die Dreieinigkeit? Ich verstehe sie nicht. Man kann philosophieren darüber, aber das kann gefährlich werden. Man könnte auf andere Schlüsse kommen. Ich nehme sie an, weil sie so in der Schrift steht. Wie genau das sich verhält, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Gott einer und doch drei ist, aber nicht so drei, wie wir Menschen drei sind.
Ich will nur sagen: Vorsicht vor dem Philosophieren, bleiben wir bei der Schrift. Wenn in der Schrift steht, dass Gott etwas nicht weiß, dann nehme ich das an. Wenn er sich informieren muss, dann muss er sich informieren. Wenn er auf die Entscheidung des Menschen wartet, wie er sich entscheiden wird, dann wartet er. Dann weiß er es nicht, bis der Mensch sich entschieden hat. Das ist ein ungeheures Risiko für Gott, aber ich nehme es so an, weil die Schrift es so sagt.
Die Schrift sagt, dass zu seiner Gemeinde oder mit seiner Gemeinde niemand weiß, außer Gott selbst. Gut, dann könnte man immer noch sagen, dass er als Mensch auf Wissen verzichtet hat. Der Herr hat oft verzichtet. Warum sollte Gott nicht auch verzichten können? Gott kann bei anderen Dingen verzichten.
Ich sage nur: Wir müssen nicht alles in unserem Kopf gedanklich erfassen. Aber das, was hier mit dieser Lehre getan wird, die seit den letzten 20 Jahren, nicht mal 20 Jahren, Europa überschwemmt, ist nicht die Lehre der Schrift. Diese Lehre sagt, Gott hätte vorherbestimmt, wer sich bekehrt und wer nicht, und dass der Mensch vorher wiedergeboren werden muss, bevor er sich bekehren kann. Das ist nicht die Lehre der Schrift.
Ich weiß, dass man sehr leicht von einem Extrem ins andere fallen kann, wenn man sehr einseitig in eine Richtung gelehrt wurde. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Wenn man einseitig in eine Richtung gelehrt wurde, ist man in Gefahr, in die andere Richtung einseitig hineinzufallen und nicht bei der biblischen Mitte zu bleiben.
Die biblische Mitte ist aber nicht so kompliziert. Ich wollte noch Römer 9 besprechen, aber in drei Minuten schaffe ich das nicht.
Die Souveränität Gottes und die Erwählung in Römer 9-11
In Römer 9 steht nicht, dass Gott bestimmt hätte, irgendjemanden wahllos zu verhärten und jemand anderen zu begnadigen. Bevor ich Römer 9 lese, schaue ich schon zum Schluss. Dann wissen Sie, worauf ich hinauswill: Ich möchte genau das herausstellen, worauf Paulus in Kapitel 11, Vers 30 hinauswollte.
Dort heißt es: „Denn gleichwie ihr einst im Unglauben Gott nicht gehorchtet habt – das sind die Heiden –, so habt auch ihr nun Barmherzigkeit erfahren durch ihren Ungehorsam.“ So waren auch diese im Unglauben ungehorsam zugunsten eurer Barmherzigkeit, damit auch sie Barmherzigkeit erfahren könnten. Denn Gott hat alle zusammen in den Ungehorsam eingeschlossen, damit er allen Barmherzigkeit widerfahren lasse.
Ist es also so, dass Gott einfach wahllos einige verhärtet? Die Schrift sagt: Er ist barmherzig und nicht wahllos, sondern allen gegenüber. Das ist der Charakter Gottes, und das will er in Römer 9 erklären. Das ist das Ergebnis.
In Römer 9 geht Paulus schrittweise vor. Es geht um die Frage zwischen Heiden und Juden. Die Juden sagten: Es kommt darauf an, was wir wollen und tun. Wir waren treu, gehorsam und sind das erwählte Volk. Seit der babylonischen Gefangenschaft haben wir keinen Götzendienst betrieben und waren brav. Und jetzt kommst du, Paulus, und sagst, die Heiden bekommen aus Gnade das Evangelium. Das ist ungerecht!
Doch Gott fragt: „Ist etwa Ungerechtigkeit bei mir? Darf ich nicht tun, was ich will?“ Darf Gott in seiner Gnade die Heiden aus Barmherzigkeit retten, oder darf er das nicht? Und wenn ihr Gerechtigkeit wollt, dann bekommt ihr sie sowieso nicht. Damals beim goldenen Kalb habt ihr auch nicht gesagt: „Gerechtigkeit soll uns widerfahren.“ Da wart ihr froh, dass Gott gnädig war. Als Gott durch Mose sagte: „Wenn ich gnädig bin, dann bin ich gnädig; und wenn ich mich erbarme, dann erbarme ich mich“, fragte niemand: Wessen erbarmt er sich?
Er erbarmt sich nicht wahllos, sondern nach Kriterien. Was sind die Kriterien seines Erbarmens? Dort, wo der Mensch sich auf ihn stürzt, wo der Mensch bereit ist. Wie ein Vater sich über seine Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten. Wo ein Mensch sich hilflos zeigt, dort ist sein Erbarmen schnell da – für jedermann, jede Frau.
Ich kann nicht auf alles eingehen, aber nur ein Gedanke noch, weil das immer komplett missverstanden wird: Kapitel 9, Vers 21: „Oder hat der Töpfer nicht Vollmacht, aus derselben Masse ein Gefäß zu Ehren und ein anderes zu Unehre zu machen?“ Wenn Gott da seinen Zorn zeigen und seine Kraft bekannt machen wollte, indem er in viel Geduld die Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren, ertrug – was willst du also sagen?
Diese Frage wurde vorher gestellt: „Was willst du sagen? Wer bist du, Mensch?“ Darf Gott ein Gefäß, das nicht mitmachen wollte, zu Unehre machen? Darf er es in Geduld tragen, bevor er es zerschmettert? Wer war das Gefäß der Unehre? Auf wen spielt das an? Das Bild stammt aus Jeremia 18.
Wer ist der Ton, der nicht mitmacht mit Gott? Israel ist der Ton, der unwillige Ton, und der Töpfer arbeitet daran. Aber sie wollen sich nicht formen lassen. Darf Gott ein Volk, das den Messias verworfen hat und sich nicht formen lassen wollte, 27 Jahre lang in Geduld tragen, ehe er Gericht bringt?
Ich sage 27 Jahre, denn der Brief wurde im Jahr 57 geschrieben. Jesus wurde im Jahr 30 gekreuzigt. Gott hat sie also 27 Jahre getragen und kein Gericht geschickt, obwohl sie längst zum Gericht bereit waren durch ihre Taten. Darf er sie tragen, ihnen barmherzig sein und sie noch für seine Zwecke gebrauchen? Er tut es, damit sie noch zum Glauben kommen. Er tut es, damit die Heiden das Evangelium erhalten und dadurch Israel wieder gereizt wird. Durch die Bekehrung der Heiden sollen sie wieder zum Heil kommen.
Er hat sie getragen und gewartet. Dreizehn Jahre später kam das Gericht, aber vorher nicht. Die Frage war: Ist Gott so souverän? Darf er barmherzig sein, auch mit denen, die Nein gesagt haben? Klar darf er das. Er ist Gott.
Wer bist du, dass du mit Gott rechnen willst? Wer bist du, dass du Gott etwas vorschreiben willst? Die Heiden meinten, sie hätten es nicht verdient. Aber was heißt hier „verdient“? Wer hat denn irgendetwas verdient? Pharao ist das gleiche Beispiel.
Pharao war ein so verhärteter Mensch. Darf Gott nach der fünften Verhärtung zu Pharao sagen: „Eigentlich würde ich dich jetzt umbringen, aber ich lasse dich weiterleben und verwende dich für meine Zwecke“? Darf er das? Er hat das Recht dazu.
Er sagt: „Ich verhärte dich, damit mein Name weit hinausgetragen wird zu den Heiden.“ Genauso verhärtete er Israel, damit sein Name zu den Heiden hinausgetragen wird. Das ist die Parallele.
Die Frage lautet: Darf Gott das tun? Klar darf er das. Vers 23: „Und wenn er das tat, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit bekannt mache, die er zuvor zur Herrlichkeit bereitet hat.“
Darf Gott das tun, damit die Heiden und alle, die an den Namen des Messias glauben, Gefäße der Barmherzigkeit werden, denen die Herrlichkeit wartet? Darf er das tun, auch an uns? Er hat uns gerufen, nicht nur die Juden, sondern auch die Heiden.
Gott hat sie zu Herrlichkeitsgefäßen bereitet. Das heißt nicht, dass Gott vorherbestimmt hat, wer sich bekehren darf und wer nicht. Das sagt der Text nicht. Gott hat ein Volk, in das die Heiden eingegliedert werden, zu einem Herrlichkeitsgefäß gemacht. Er hat etwas Wunderbares mit ihnen vor, aber sie müssen hineinkommen.
Es ist nicht so, dass das Evangelium hinausging und Gott vorherbestimmt hat, wer sich bekehren darf. Nein, das Evangelium ging hinaus, und diejenigen unter den Heiden, die bereit, willig und eingestimmt waren, nahmen es an und kamen hinein.
Der Zusammenhang von Römer 9 bis 11 macht die Sache sehr klar. Es geht nicht um die Frage der Vorherbestimmung zur Bekehrung oder zum Glauben. Das ist überhaupt nicht das Thema. Es geht um die Frage, ob Gott souverän ist und ob er so handeln darf, dass er die Heiden aus Barmherzigkeit holt und Israel in seiner Barmherzigkeit noch so lange verhärtet, um sie für seine Zwecke zu gebrauchen, aber gleichzeitig sie wieder zu gewinnen.
Schlusswort und Einladung zum persönlichen Gespräch
Ich denke, wir müssen hier schließen. Wenn noch Fragen offen sind, können wir gerne später persönlich darüber sprechen.
Ich rede sehr gerne persönlich über solche Fragen, weil man dabei besser aufeinander eingehen kann.
Aber jetzt denke ich, dass wir hier einen Schlussstrich ziehen und noch gemeinsam beten. Wer danach noch kommen möchte, ist herzlich eingeladen. Dann stehen wir gemeinsam auf.
