Einführung in die Methodik des Podcasts
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 247: Erzähltexte verstehen.
Dieser Podcast hat das Ziel, chronologisch-synoptisch durch die Evangelien zu gehen. Ich springe also zwischen den Evangelien hin und her, daher die Formulierung „synoptisch“. Gleichzeitig versuche ich, dem zeitlichen Ablauf der Ereignisse zu folgen, deshalb „chronologisch“.
Um es mir dabei nicht zu schwer zu machen, orientiere ich mich an der Evangelienharmonie von Karlheinz van Heyden. Ich mag meinen Podcast, aber bei dieser Betrachtung bleibt natürlich etwas auf der Strecke.
Was auf der Strecke bleibt, ist die thematische Entwicklung von Themen innerhalb eines Evangeliums.
Die Bedeutung biblischer Erzähltexte
Und um zu erklären, was ich meine, eine Vorbemerkung: In der Bibel gibt es ganz unterschiedliche Arten von Texten. Es gibt poetische Texte, apokalyptische Texte, Gleichnisse, Briefe und eben auch Erzähltexte.
Genau genommen machen die Erzähltexte den größten Teil der Bibel aus. Und auch wenn das etwas verallgemeinernd ist, gehören die Evangelien als biografische Werke zu den Erzähltexten.
Jetzt muss man eines verstehen: Biblische Erzähltexte wollen erst in zweiter Linie erzählen. Zuerst einmal wollen sie Theologie vermitteln. Das mag jetzt überraschen, aber so ist es nun mal.
Die Evangelisten wollen nicht in erster Linie eine Biografie über den Herrn Jesus schreiben. Vielmehr benutzen sie reale Ereignisse aus dem Leben des Herrn Jesus, um geistliche Inhalte zu transportieren.
Sie tun das, indem sie Erzähleinheiten – man könnte auch sagen die einzelnen Geschichten, die wir lesen – aneinanderhängen. Dabei achten sie darauf, dass jede Geschichte zu ihrem Thema einen theologischen Beitrag leistet.
Beispielhafte Analyse von Matthäus 8,1-15
Wie das funktioniert, möchte ich euch heute ganz kurz am Beispiel von Matthäus 8,1-15 erläutern.
In Matthäus 8,1-15 geht es um drei Heilungen. Ein Aussätziger wird geheilt, der Knecht eines römischen Hauptmanns wird geheilt und die Schwiegermutter des Petrus wird geheilt. Die Tatsache, dass alle drei Erzähleinheiten von einer Heilung handeln, verbindet sie miteinander.
Diese Verbindung gibt nicht nur den Zusammenhang vor, sondern auch das Thema: Rettung. Wir kommen ja aus der Bergpredigt. Jesus stellt dort vor, was er sich von denen wünscht, die ihm folgen. Er zeigt, was es bedeutet, ein Jesusjünger zu sein.
Nach der Bergpredigt folgt logischerweise die Antwort auf die Frage: Was muss ich tun, um so ein Jesusjünger zu werden? Ganz allgemein könnte man auch fragen: Wie werde ich gerettet?
Wenn man diese Frage an einen Brieftext richten würde, bekäme man folgende Antwort: Epheser 2,8-10. Dort heißt es: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind sein Gebilde, in Christus Jesus geschaffen zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“
Errettung ist also Gnade durch Glauben zum Dienst. Das sollte jeder wissen, der diesen Podcast hört.
Der Clou ist: Ich kann diese drei Aussagen – Gnade durch Glauben zum Dienst – auch in Form von drei Erzähleinheiten, also drei Geschichten, transportieren. Alle drehen sich um eine Heilung.
Und genau das tut Matthäus.
Die Struktur einer Erzähleinheit verstehen
Um das mit den Erzähleinheiten zu verstehen, müssen wir zunächst begreifen, dass eine Geschichte einen Höhepunkt hat. Sie besitzt einen Gedanken, der im Zentrum steht, einen Aha-Effekt. Und genau um diesen geht es.
Eine Erzähleinheit hat ein Zentrum, das man identifizieren muss. Der Rest der Geschichte ist Beiwerk.
Schauen wir uns die drei Geschichten an. Matthäus 8,1-4.
Erste Heilung: Die Reinigung des Aussätzigen (Matthäus 8,1-4)
Als er aber von dem Berg herabgestiegen war, folgten ihm große Volksmengen.
Siehe, ein Aussätziger kam heran, warf sich vor ihm nieder und sprach: „Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.“
Jesus streckte die Hand aus, berührte ihn und sprach: „Ich will, sei gereinigt!“ Sogleich wurde sein Aussatz gereinigt.
Dann sagte Jesus zu ihm: „Siehe, sage es niemandem, sondern geh hin, zeige dich dem Priester und bring die Gabe dar, die Mose angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis.“
Im Zentrum dieser Erzähleinheit steht das „Ich will“ des Herrn Jesus. Diese Geschichte unterstreicht die Idee, dass Errettung immer aus Gnade geschieht. Gott will mich retten; er muss es nicht. Gottes Gnade ist jedoch nur ein Aspekt der Rettung.
Lesen wir weiter in Matthäus 8,5-13.
Zweite Heilung: Der Glaube des Hauptmanns (Matthäus 8,5-13)
Als Jesus nach Kapernaum kam, trat ein Hauptmann zu ihm und bat ihn. Er sagte: „Herr, mein Diener liegt zu Hause gelähmt und wird schrecklich gequält.“ Jesus antwortete ihm: „Ich will kommen und ihn heilen.“
Der Hauptmann erwiderte: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du unter mein Dach trittst. Sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund werden. Denn auch ich bin ein Mensch unter Befehlsgewalt und habe Soldaten unter mir. Ich sage zu diesem: ‚Geh hin!‘, und er geht. Zu einem anderen sage ich: ‚Komm!‘, und er kommt. Und zu meinem Knecht sage ich: ‚Tu dies!‘, und er tut es.“
Als Jesus das hörte, wunderte er sich und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: „Wahrlich, ich sage euch, bei keinem in Israel habe ich so großen Glauben gefunden. Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden im Reich der Himmel. Aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußere Finsternis. Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“
Dann sprach Jesus zu dem Hauptmann: „Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast.“ Und der Diener wurde in jener Stunde gesund.
Auch in dieser Geschichte ist der Schwerpunkt leicht zu erkennen: Jesus wundert sich über den Glauben des Hauptmanns, und wir lernen, dass Errettung aus Glauben geschieht.
Ein weiterer Aspekt findet sich in Matthäus 8,14-15.
Dritte Heilung: Die Heilung der Schwiegermutter des Petrus (Matthäus 8,14-15)
Und als Jesus in das Haus des Petrus gekommen war, sah er dessen Schwiegermutter fieberkrank daliegen. Er berührte ihre Hand, und das Fieber verließ sie.
Sie stand daraufhin auf und diente ihm.
Was ist das Besondere daran? Hier wird beschrieben, was die Frau nach der Heilung tat: Sie diente ihm.
Zusammenfassung der drei Heilungen als theologisches Lehrstück
Drei Erzähleinheiten, verbunden durch das Thema Heilung, erklären uns, wie bei Gott Rettung funktioniert: aus Gnade, durch Glauben, zum Dienst.
Ich hoffe, dass diese Episode dazu anregt, die Evangelien künftig mit anderen Augen zu lesen. Suche nach Verbindungen zwischen den Geschichten, die nebeneinanderstehen.
Vergiss nicht, was ich an anderer Stelle über kaisarische Strukturen gesagt habe, und habe Freude daran, dich immer tiefer in die theologischen Aussagen von Erzähltexten einzuarbeiten.
Weiterführende Betrachtung und Abschluss
Ach ja, man könnte hier sogar noch weiterlesen, und zwar Matthäus 8,16-17. Das nur deshalb, weil Jesus mit dem Heilen noch gar nicht aufhört. Dort heißt es:
Als es aber Abend geworden war, brachten sie viele Besessene zu ihm, und er trieb die Geister aus mit seinem Wort. Außerdem heilte er alle Leidenden, damit erfüllt wurde, was durch den Propheten Jesaja geredet ist. Dieser spricht: „Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.“
Was ist der Schwerpunkt hier? Ich denke, ihr habt ihn erkannt. Man könnte am Ende wohl sagen: Errettung ist aus Gnade, durch Glauben, zum Dienst und nach den Schriften.
Was könnte man jetzt tun? Man könnte Gott dafür danken, dass er uns so viel tollen Stoff zum Nachdenken in seinem Wort geschenkt hat.
Das war’s für heute. Es ist übrigens ziemlich sinnlos, eine Predigt im Gottesdienst zu hören, wenn man sie nicht auch nacharbeitet. Mach das heute doch.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
