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Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht!

1. Korinther 13,4-7

Einleitung

Zuerst möchte ich Euch, Tirza und Peter, ganz herzlich begrüssen. Wegen Euch sind all die Leute hier. Dann möchte ich aber auch die Grosseltern, Eltern, Geschwister, Onkel und Tanten, sowie Freunde und Kollegen begrüssen. Schön, dass Sie alle zu diesem ausserordentlichen Ereignis gekommen sind. Ein schönes Stück Weg seid ihr nun schon miteinander gegangen, ein Weg, auf dem Ihr Euch viel Gedanken über Eure gemeinsame Zukunft gemacht habt. Ein Weg mit Freude und Höhenflügen, der aber auch spannungsvoll und spannungsgeladen war. Dadurch seid Ihr aneinander gereift. Nun sitzt ihr da – vielleicht könnt ihr es selber kaum fassen – bei Eurer eigenen Hochzeit.

Ihr habt Euch einen sehr treffenden und gehaltvollen Bibeltext für Eure Hochzeit ausgesucht. Ich weiss nicht, was Ihr Euch dabei dachtet. Vielleicht: Genau, diese Liebe wünsche ich mir. Mit anderen Worten: Diese Liebe möchte ich von meinem Partner bekommen. Oder: Diese Liebe möchte ich ausleben. Anders gesagt: Ich möchte meinen Partner genau so lieben! Lesen wir aber zuerst noch einmal diesen Text. Text lesen: 1. Korinther 13, 4-7: Wer liebt, ist geduldig und gütig. Wer liebt, der ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht nicht den eigenen Vorteil und lässt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, trägt keinem etwas nach; es freut ihn nicht, wenn einer Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut. Wer liebt, der gibt niemals jemand auf, in allem vertraut er und hofft er für ihn; alles erträgt er mit Geduld.

Die Liebe ein schwieriges Unternehmen

Dieser Abschnitt ist geradezu revolutionär. In unserer von Individualismus, und sagen wir wie es ist, egoistisch geprägten Zeit, klingt dieser Text wie von vorgestern. In einer grossen Illustrierten war zu lesen: „Heirat hat heute das Ziel, ein Maximum an individuellem Glück zu erreichen.“ Wem die Genuss-Dividende seiner Partnerschaft nicht mehr hoch genug ist, der findet sich damit nicht mehr so leicht wie früher ab. Stern, 9.9.99, S.50. Es geht also mehr um mich, als um den anderen. So wie es in einem älteren Schlager heisst: Ich will alles, ich will alles und noch viel mehr. Da klingt dieser Abschnitt aus der Bibel schon eher weltfremd und nicht nur das, sondern auch anstrengend. Hören wir nochmals genau hin.

Wer liebt, ist geduldig und gütig. Wer liebt, der ereifert sich nicht, er prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Wer liebt, der verhält sich nicht taktlos, er sucht nicht den eigenen Vorteil und lässt sich nicht zum Zorn erregen. Wer liebt, trägt keinem etwas nach; es freut ihn nicht, wenn einer Fehler macht, sondern wenn er das Rechte tut. Wer liebt, der gibt niemals jemand auf, in allem vertraut er und hofft er für ihn; alles erträgt er mit Geduld.

Wir sind doch innerlich gespalten. Wir müssen diesen Aussagen Recht geben, das ist wirklich Liebe und wir wünschen uns nichts sehnlicheres, als genau so geliebt zu werden. Das Problem liegt darin, dass wir uns selbst kaum zutrauen, eine solche Liebe leben zu können. Und ich muss zugeben, dass es für uns eigentlich unmöglich ist, solche Liebe zu leben. In unserem Denken hat Liebe vorwiegend mit unseren Gefühlen zu tun. Liebe das schönste Gefühl, das uns Menschen befallen kann. Und so ist dann unser fataler Rückschluss, sind die Gefühle weg, dann ist die Liebe weg. Liebe ist aber viel mehr als ein Gefühl. Denn Gefühle sind eigentlich nur chemische Reaktionen in unserem Körper, die durch verschiedene Dinge ausgelöst werden können. Wenn ich beispielsweise zu heiss bade, beeinflusst das meinen Stoffwechsel so, dass mein Liebesgefühl in den Keller absackt.

Nehmen wir das Beispiel. Am ersten Tag nach den Flitterwochen. Tirza ist in Eile. Sie ruft dem Peter zu: bitte mach noch den Abwasch. Peter steht ganz verdattert da und überlegt, ob er wohl Tirza richtig verstanden hat. Seine Gefühle sagen ihm ganz deutlich: Ich habe jetzt gar keine Lust den Abwasch zu machen. Doch statt sich seinen Gefühlen hinzugeben, nimmt er den Löffel dreht auf die andere Seite und bringt die Küche in Ordnung. Zum Schluss ist er sogar glücklich über sein vollbrachtes Werk. Ihr wisst, dass Jesus der einzige ist, der diese Liebe vollkommen ausgelebt hat. In diesem Abschnitt sehen wir nämlich die göttliche Liebe. Ein Gott, der uns liebt, auch wenn wir nicht perfekt sind. Ein Gott der geduldig ist, der vergibt und nicht nachträgt, wenn wir zu ihm kommen. Ein Gott der keine Freude hat, wenn wir Fehler machen und wenn wir unser Leben kaputt machen, der hofft und nicht aufgibt.

Ich denke, dass Ihr es nur deshalb wagtet diesen Text für Eure Hochzeit auszuwählen, weil Ihr diesen Gott kennt und lieben gelernt habt. Ihr habt, so gut kenne ich euch, nicht auf Euch gesehen, sondern auf Gott, der diese Liebe ganz deutlich gezeigt hat. In der Bibel steht: Christus gab sein Leben für uns hin; daran haben wir erkannt, was Liebe ist. (1. Johannes 3, 16a)Genau da wo Jesus sein Leben am Kreuz für uns gelassen hat, sehen wir wie Gott die Liebe versteht. Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben. (Johannes 3, 16)Gott hat uns seine Liebe geschenkt und lädt uns Menschen ein, seine Liebe anzunehmen. Denn Liebe kann sich nur immer anbieten. Peter kann Tirza lieben so lange er will, wenn Tirza sich von ihm abwendet, wird sie nichts von dieser Liebe haben. Er kann sie auch nicht zur Liebe zwingen.

So habt Ihr Euch schon bevor Ihr Euch kennen lerntet der Liebe Gottes geöffnet und habt Jesus in Euer Leben eingeladen. Da ist nun etwas in Eurem Leben passiert, das eine grundlegende Veränderung mit sich brachte. Euer egoistisches Wesen hat einen tödlichen Stoss erhalten. Diese Egozentrik nennt die Bibel ja Sünde. Und noch etwas ist passiert. Die Liebe, von der in Eurem Text die Rede ist, wurde Teil von Euch. In der Bibel wird von den Christen gesagt: Gottes Liebe ist ja von Gott in uns hineingelegt worden. (Römer 5, 5)Gott selbst befähigt uns zu einer echten Liebe. Das ist das wirkliche Kapital für Eure Ehe.

Liebe praktisch

Nun sind wir aber keine Automaten. Gott nimmt uns unseren Willen und unsere Persönlichkeit nicht weg. Er hat Euch nicht zu Hampelmännern gemacht. Vielmehr will er die Persönlichkeit zur Entfaltung bringen, denn er legte in uns die Fähigkeit hinein, diese Liebe auszuleben. Und es ist schon so, dass eine Ehe kein einfaches Unterfangen ist. Und der Paartherapeut Klaus Heer meint: Die Ehe ist kein Auslaufmodell. Nur ein sehr kniffliges Kunststück, das nur wenigen Paaren gut gelingt. Wir Schweizer scheinen diesbezüglich grosse Mühe zu haben. So wurde bei uns im Jahr 1998 gemäss Budesamt für Statistik praktisch jede 2 Ehe geschieden. So liegen wir in Europa ganz vorn: hinter Grossbritannien auf Platz 2 in den Top Ten der Scheidungswilligen. Das Unternehmen Ehe ist offenbar keine so einfache Angelegenheit. Das tragende Element ist eben die Liebe, die dann nicht aufhört, wenn die Gefühle nicht gleich mitmachen und wenn der Lustgewinn nicht oben ausschlägt. Sondern eine Liebe, die dieses Wort verdient. Die Bibel gibt da einige gute praktische Tips. Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. (Römer 12, 10)Diese Haltung der gegenseitigen Achtung sollte bei Euch selbstverständlich sein. Euer Partner ist kein persönlicher Besitz sondern ein gleichwertiges Gegenüber. Er hat das Recht, sich selber zu entwickeln. Dazu ist es wichtig, dass man miteinander spricht. Erforscht, wie der andere wirklich ist. Ihn zu verstehen versucht. Macht es nicht, wie ich kürzlich hörte. 1 Jahr vor der Hochzeit spricht er und sie hört zu 1 Jahr nach der Heirat spricht sie und er hört zu 3 Jahre nach der Hochzeit sprechen beide gleichzeitig und die Nachbarn hören zu.

Von dem bekannten elsässischen Pfarrer Oberlin wird erzählt, er habe über seinem Schreibtisch ein Bild hängen gehabt, das von rechts gesehen bläulich und von links rötlich schimmerte. Kam nun ein Brautpaar zu ihm, um die Trauung zu bestellen, dann liess er den Bräutigam das Bild von rechts betrachten und die Braut von links, oder umgekehrt. Dann fragte er die beiden, welche Farbtönung das Bild habe, und die Antwort fiel natürlich verschieden aus.
Dann sagte Oberlin: „Wechselt nun die Plätze!“ Und wenn das geschehen war, stellte er noch einmal die gleiche Frage und erhielt darauf von jedem der Brautleute die der vorigen entgegengesetzte Antwort. Daran knüpfte der Pfarrer die Lehre: „Wenn ihr einmal in eurer Ehe eine Meinungsverschiedenheit oder einen Streit habt, so tut dasselbe, was ich euch vorhin vor dem Bild geraten habe. Wechselt die Plätze, stellt euch in Gedanken auf die andere Seite, versetzt euch in seine Lage und beurteilt von hier aus das, worüber ihr gestritten habt.“
Jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. In der Regel sehen wir nur eine, und unser Urteil ist fertig. Diese Einseitigkeit schafft Spannungen, Streit und verhärtet die Herzen. Versetzen wir uns mal in die Lage des anderen. Sehen wir mal das Problem durch die Brille des anderen. Aber es erfordert Selbstverleugnung und Nächstenliebe. Wir müssen herunter vom Sockel unserer Selbstgerechtigkeit.

Wenn Ihr euch heute vor Gott die Treue versprecht, versprecht ihr, in guten und schlechten Zeiten zu Eurem Ehepartner zu halten und ihn zu lieben, bis der Tod euch scheidet. Im Grunde sagt Ihr: Weil ich auf deine Zusage der Liebe und Hingabe eingehe, werde ich mich dir ganz offenbaren – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Jetzt, wo wir verheiratet sind, wirst Du nun stärker mit meinen Schwächen konfrontiert werden, und ich glaube aufgrund deiner Hingabe, dass du mich gleichwohl liebst. Ich vertraue darauf, dass ich alles sagen darf, was mich bewegt, ohne Verurteilung oder Ablehnung befürchten zu müssen. Dieser Prozess den anderen zu entdecken wird nicht immer ganz einfach sein. Denn jeder von Euch hat Vorstellungen, wie es in Eurer Ehe laufen sollte. So hütet Euch davor, Euren Partner erziehen zu wollen. Das wird in jedem Fall schiefgehen. Der Gedanke, wenn wir dann verheiratet sind, mache ich aus ihm schon das, was ich mir vorstelle. Erziehen könnt Ihr später Eure Kinder, aber nie Euren Partner. Was eine Ehe kaputt macht, sind Nörgelei, Kritisiererei und viele ungefragte Ratschläge.

Susanne sagte zu ihrem Hans: „Mach doch die Jacke zu, es ist kalt.“
Hans reagiert darauf sehr mürrisch. Er sagt Ihr: Jetzt sagst Du mir schon zum dritten Mal ich soll meine Jacke zuknöpfen.
1. Bin ich kein Kind
2. Brauche ich deine Ratschläge nicht
3. Merke ich selber dass es kalt ist.
Susanne wendet sich gekränkt ab mit der Bemerkung: Ich habe es ja nur gut gemeint. Solche Bemerkungen sind aber des Guten zu viel, vor allem wenn sie häufig vorkommen. Liebe heisst, dass ich nun für und mit dem anderen lebe und nicht einfach für mich allein. Mit welcher Hingabe sich Ehepaare zugetan sein sollen, sagt Petrus den Männern in einem deutlichen Wort: Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben. (Epheser 5, 21)

Betet miteinander

Ein Anliegen möchte ich Euch ganz besonders ans Herz legen: betet regelmässig miteinander! Der berühmte Komponist Anton Rubinstein (1829-1894) wurde einmal gefragt, ob er auf der Stufe der Vollendung, zu der er es gebracht habe, es noch für nötig finde, täglich auf seinem Instrument zu üben. Er antwortete: "Wenn ich es einen einzigen Tag unterlasse zu üben, so merke ich es sofort. Sollte ich es zwei Tage unterlassen, so würden es meine Freunde merken. Liesse ich aber drei Tage vorübergehen, ohne zu üben, so würde es das gesamte Publikum merken." Lasst Euch durch nichts vom gemeinsamen Gebet abbringen. Nie wird Eure Beziehung so vollkommen sein, dass ihr auf das Beten verzichten könntet. Kürzlich las ich von einem Ehepaar, das sich bereits entschlossen hatte, sich scheiden zu lassen. Sie besuchten miteinander noch eine Hochzeit, in der Predigt wurde dem Brautpaar auch ans Herz gelegt miteinander zu beten. Nach Wochen meldet sich dieses Paar beim Pfarrer und berichteten ihm: Herr Pfarrer, wir wollten uns scheiden lassen. Dann hörten wir Ihren Rat. Als allerletzte Möglichkeit, unserer Ehe zu retten, haben wir ihn befolgt. Nun sind wir hier, um Ihnen zu sagen: unsere sterbenskranke Ehe ist durch das gemeinsame Gebet gesund geworden. Es ist wahr: Gebet heilt kranke Ehen. Das aufrichtige Gebet bindet Euch fest an Euren lebendigen Gott, der über Euch wacht und Euch segnet. Der erst gar nicht möchte, dass Ihr in unnötige Schwierigkeiten kommt. Petrus fordert die Ehepaare auf: ihr Männer, wohnt vernünftig mit ihnen zusammen und gebt dem weiblichen Geschlecht als dem schwächeren seine Ehre. … Und euer gemeinsames Gebet soll nicht behindert werden. (1. Petrus 3, 7)Ihr werdet erkennen, wie gross der Segen ist, wenn Ihr gemeinsam Eure Anliegen vor Gott bringt. Gott ist die einzige Garantie, dass Eure Liebe zueinander wächst und reifer wird.

Schluss

Ich habe noch gar nicht gesagt wie ich diese Gedanken überschrieben habe. Auf meinem Manuskript steht: Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht! Das wünsche ich Euch, auf Eurem gemeinsamen Weg. Eine unzerbrechliche Liebe, die nicht aus Euch kommt, sondern die Ihr weiter gebt, an den Menschen, der Euch der nächste ist, Ihr gebt die Liebe weiter, die ihr selbst empfangen habt. Nur so wird es sein, dass Marmor, Stein und Eisen brechen, aber Eure bleibt.

_ Bsp.660.

Gerhard Bergmann: Das Geheimnis einer guten Ehe und Familie (Schriftenmissions-Verlag Gladbeck), S. 32.