Persönliche Reflexion und Verantwortung in der Gemeindearbeit
Ich habe mich wirklich auf diese Reihe gefreut. Man steht manchmal da und plant das Jahr. Ich plane meistens ein halbes bis dreiviertel Jahr im Voraus Themen, bei denen ich überlege, was für uns gerade dran ist. Dabei ist es oft eine Mischung aus dem, was man sieht, was gerade wichtig ist, was einen selbst bewegt und was man denkt, was für eine Gemeinde oder Gemeindegründungsarbeit gerade relevant ist.
Ende letzten Jahres ging es mir so: Ich habe mir ernsthaft die Frage gestellt, als ich im Wald spazieren war: „Jürgen, kommst du jetzt wirklich in die Midlife-Crisis?“ Ich glaube eigentlich nicht so sehr an eine Midlife-Crisis, aber es gab einen Moment, da dachte ich, ja, da passiert etwas.
Was war passiert? Plötzlich habe ich mir ganz grundlegende Fragen über mein Leben gestellt – aus dem Nichts heraus. Ich dachte: „Ups, bisher bist du eigentlich ganz entspannt durchs Leben gegangen, ohne diese Fragen. Wo kommt das denn her?“ Vielleicht ist es wirklich so etwas wie eine Midlife-Crisis. Man schaut jetzt die Hälfte zurück und die Hälfte nach vorne. Das ist ein ganz merkwürdiger Moment, denn vorher hat man eher tendenziell nach vorne geschaut.
Gleichzeitig wurde mir die Verantwortung für Spandau wieder neu bewusst. Die Verantwortung, darüber nachzudenken, welche Richtung man einer Gemeindegründungsarbeit gibt. Was ist wirklich das Wichtigste? Wo müssen wir uns anstrengen? Und was ist vielleicht nicht so wichtig und kann auch mal hinten runterfallen?
Das ist ähnlich wie in der Erziehung. Dort habe ich mir auch früh die Frage gestellt, was mir wirklich wichtig ist und was nicht verhandelbar ist. Bei uns waren das Deutsch, Englisch und Mathe. Andere Fächer haben mich nur am Rande interessiert. Wenn dann die Frage stand: Wofür lerne ich denn? Oder was ist jetzt wichtig? Da gab es zum Beispiel eine Erdkundearbeit, und die Kinder waren draußen. Deswegen kann ich das mal ganz ehrlich sagen: Wir haben schon gesagt, Erdkunde ist nicht so wichtig, Deutsch ist wichtig.
Wenn dann Erdkunde anstand und es nicht so gut lief, haben wir eben weniger geübt. Aber das andere haben wir richtig gemacht.
So geht es mir auch bei Gemeinden. Es gibt Themen, die sind wirklich wichtig und unverhandelbar. Dann gibt es Themen, bei denen ich sage: Na ja, da können wir auch mal darüber predigen. Wenn das nicht ganz so klappt, bin ich eigentlich recht entspannt.
Die zentrale Bedeutung der Liebe im Glauben
Heute möchte ich auf ein Thema eingehen, das ich als das Herzstück unseres Glaubens betrachte. Dabei werde ich euch, was ich sonst nicht tue, mit einigen Bibelversen konfrontieren. Allerdings werde ich nicht sofort sagen, wo sie stehen, damit ihr einfach zuhören könnt. Es sind ungefähr zwanzig Verse zum Thema Liebe, damit wir wieder vor Augen – oder besser gesagt vor Ohren – haben, was alles in der Bibel zu diesem Thema zu finden ist.
Da heißt es zum Beispiel: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ Das steht in Johannes 13,34-35.
An anderer Stelle heißt es: „Wie der Vater mich geliebt hat, habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Dies gebiete ich euch, dass ihr einander liebt.“ Das finden wir in Johannes 15,9 und 15,17.
Weiter hinten gibt der Apostel Paulus, der sich einer sehr schwierigen Gemeinde widmet, folgenden fast abschließenden Rat: „Wachet, steht fest im Glauben, seid mannhaft, seid stark! Alles bei euch geschehe in Liebe.“ Das steht in 1. Korinther 16,13-14.
Wenn derselbe Apostel sich um eine andere Gemeinde bemüht, sagt er Dinge wie: „Denn in Christus Jesus ist weder Beschneidung noch Unbeschnittensein irgendeine Kraft.“ Egal, ob du dem jüdischen zeremoniellen Äußeren angehörst oder dem heidnischen Hintergrund, ob du beschnitten oder unbeschnitten bist – das spielt keine Rolle. Entscheidend ist der durch Liebe wirksame Glaube.
Dann heißt es weiter: „Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder. Nun gebraucht nicht die Freiheit als Anlass für das Fleisch, also sündigt nicht, sondern dient einander durch die Liebe. Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt: ›Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‹.“ Das steht in Galater 5,6.13-14.
Und dennoch, in Vers 22 desselben Kapitels, wird die Frucht des Geistes genannt – also das, was der Heilige Geist in dir bewirken möchte – und das ist Liebe.
An einer anderen Stelle, vom gleichen Apostel, aber in einer anderen Gemeinde, heißt es: „Seid nun Nachahmer Gottes als geliebte Kinder! Wandelt in Liebe, wie auch der Christus euch geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Gabe und Schlachtopfer Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.“ Das finden wir in Epheser 5,1-2.
Zum Schluss noch ein weiterer Vers, und ich könnte hier endlos fortfahren: „Das Endziel der Weisung aber ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.“ Das steht in 1. Timotheus 1,5.
Wenn ich predige, dann soll am Ende genau das als Wirkung im Leben der Gläubigen herauskommen: Liebe. Deshalb wollen wir uns jetzt intensiver mit diesem Thema beschäftigen.
Die Bergpredigt als Aufruf zur radikalen Liebe
Im Zentrum der christlichen Existenz steht die Liebe. Liebe, weil Gott Liebe ist und weil Liebe den Charakter Gottes beschreibt. Wir sind dazu berufen, diesen Charakter Gottes auszuleben.
Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick in die Bergpredigt werfen, Matthäus 5, im Neuen Testament, ganz am Anfang des Matthäusevangeliums, Kapitel 5. Es geht mir um den Punkt, dass Gott uns nicht weniger beruft, als ihn und seinen Charakter in dieser Welt zu repräsentieren.
Ich lese aus Matthäus 5 ab Vers 43: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist.“
Nun folgt die Begründung: Warum soll ich für meine Feinde beten? Warum soll ich meine Feinde lieben? „Denn er, der Vater im Himmel, lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“
„Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe? Und wenn ihr allein eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen, die Heiden, dasselbe? Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“
Viele, die die Bergpredigt zitieren, sagen oft: „Boah, so müssten alle leben.“ Dann kommt der Einwand: „Vergiss es, du kannst das gar nicht leben. Das ist ein Ideal, das so weit oben ist, das geht gar nicht.“ Doch Gott sagt: „Ich möchte, dass du so lebst, wie ich bin.“
Wenn ich die Sonne über Gerechte und Ungerechte aufgehen lasse, dann wird es morgens nicht nur bei dir hell, sondern auch nebenan. Stellt euch das vor: Die Sonne geht auf, und bei dir ist es hell, aber dein Nachbar sagt: „Irgendwie ist heute die Sonne nicht aufgegangen.“ Nein, die Sonne geht auf, und es wird bei dir hell und bei deinem Nachbarn. So ist Gott. Und deswegen sollen wir genau so sein.
Das klingt so banal, dass ich manchmal die Sorge habe, wir haben uns mit dieser Idee zu sehr angefreundet. Klar, Christen sollen irgendwie lieb sein. Doch heute möchte ich dagegen predigen und sagen: Wir sollen nicht nur lieb sein, wir sollen Liebe sein.
Wir starten alle, wenn wir gläubig werden, mit einem riesigen Problem.
Die Herausforderung der Liebe in einer lieblosen Gesellschaft
In Matthäus 24 wird sehr anschaulich etwas über unsere Zeit ausgesagt. Dort heißt es: „Und weil die Gesetzlosigkeit überhandnimmt, wird die Liebe der meisten erkalten“ (Matthäus 24,12). Die Liebe der meisten wird erkalten. Das beschreibt die Gesellschaft, in der wir leben.
Man schaltet einen Online-Dienst an, von dem man seine Nachrichten bezieht, und hört dann wieder von Kindern, die irgendwo in einer Gefriertruhe entdeckt wurden. Immer wenn ich so etwas lese, denke ich an diesen Vers: Die Liebe der meisten wird erkalten.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Liebe nicht von Natur aus präsent ist. Oder nehmen wir diese Stelle: Dort wird unsere Gesellschaft beschrieben, die Menschen, mit denen wir es zu tun haben. Es heißt, „denn die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, lästernd, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, lieblos“. Das ist unser Startpunkt.
Wir sind lieblose Menschen und sind in einer lieblosen Gesellschaft aufgewachsen. Glück haben wir, wenn wir an der einen oder anderen Stelle zu Hause in unserer Familie noch ein bisschen Liebe mitbekommen haben. Aber das, was uns in unserer Gesellschaft begegnet, ist oft ein Gegeneinander.
An einer anderen Stelle heißt es in Römer 1,31: „Sie sind ohne natürliche Liebe.“ Ich verstehe bei vielen Menschen einfach nicht, warum sie ihre Kinder vernachlässigen. Warum kümmern sie sich in einer Gesellschaft, in der Bildung wichtig ist, nicht um ihre Kinder? Warum verblödet eine ganze Gesellschaft schlichtweg? Als Eltern müsste ich doch sagen: Wenn ich mein Kind ein bisschen lieb habe, dann kümmere ich mich darum, dass es die Schule abschließt. Sonst hat es keine Chancen.
Reihenweise gehen Kinder einer Zukunft entgegen, in der ich jetzt schon sagen kann: Du wirst keinen Job finden. Und wenn du einen findest, dann ist es ein 3,50-Euro-Job. Warum? Weil irgendwann die Entscheidung getroffen wurde, dass es mir einfach egal ist, was mein Kind in der Schule macht. Lieblos!
Ich lebe in einer Gesellschaft, in der Grausamkeit und Lieblosigkeit an der Tagesordnung sind. Die Frage ist, ob du dir und ich mir eingestehen, dass wir alle eine Macke haben, wenn es um das Thema Liebe geht. Dass wir letztlich alle Krüppel sind und nicht wirklich wissen, wie das mit der Liebe funktioniert.
Das ist eine verschwommene Vorstellung. Die Hollywood-Liebe, die wir im Kopf haben, ist nicht das, was Liebe wirklich bedeutet. Und jetzt wirst du vielleicht sagen: „Doch, ich weiß, was Liebe ist.“ Aber ich sage dir: Nein, du weißt es auch nicht.
Das ist die große Gefahr: Wir glauben, wir hätten es jetzt begriffen, weil wir ein bisschen in der Bibel gelesen haben oder nicht mehr ganz so übel sind. Ich möchte hier vorne behaupten: Nein, wir haben es noch nicht wirklich begriffen. Da steckt noch viel mehr drin.
Die Liebe, die Gott eigentlich in unserem Leben sehen möchte, ist radikaler, als du dir vorstellen kannst. Wir sind nach dem Ebenbild Gottes geschaffen, und Gott ist Liebe. Gleichzeitig behaupte ich, dass wir nicht wissen, was es heißt zu lieben.
Ich weiß nicht, ob dich das bedrückt. Mich bedrückt es. Mich bedrückt die Erkenntnis, dass Liebe in Gottes Wertesystem die oberste Stelle einnimmt. Er hat weniger Interesse an deinem Wissen und deinen Erfolgen als vielmehr daran, dass du lernst, Liebe zu leben.
Dass der Charakter der Liebe in dir wächst – das ist es, was Gott eigentlich sehen möchte. Und das entscheidet darüber, wie du vor Gott dastehst.
Die Herausforderung, Liebe wirklich zu leben
Ich merke in mir diese Anfechtung, zu sagen: „Na ja, jetzt habe ich doch wieder etwas für Gott getan. Jetzt haben wir uns wieder für Gott eingesetzt.“ Dann lehnt man sich ein bisschen selbstzufrieden zurück und denkt: „Sind wir doch eigentlich gute Christen. Ein bisschen gespendet, ein bisschen Zeit investiert oder in meinem Fall halt etwas studiert.“ Ja, und richtig, ja, sind wir doch wer.
Lasst uns gemeinsam lesen, 1. Korinther 13. Wenn ich eines erreichen möchte, dann, dass ihr diese Verse nicht nur lest, sondern auch glaubt. Also nicht nur lest und denkt: „Boah, ist das krass!“, sondern dass ihr sie wirklich glaubt.
1. Korinther 13,1: Es geht um eine Gemeinde, in der unterschiedliche Begabungen gegeneinander ausgespielt wurden. Nach dem Motto: „Boah, ich bin der beste Prediger, ich muss hier total gut drauf sein.“ Die anderen sagten: „Wir können in fremden Sprachen reden, das ist viel geistlicher.“ So ging es gegeneinander. Jetzt kommt Paulus und sagt: „Ich zeige euch mal, worauf es wirklich in einer Gemeinde ankommt, wenn man sich über Gaben unterhält.“
1. Korinther 13,1: „Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede“ – hier geht es um geistliche Gaben – „wenn ich begabt wäre von Gott bis zum Abwinken, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel.“ Das heißt: Wenn du begabt bist bis zum Abwinken, aber keine Liebe hast, dann bist du wie ein Rhythmusinstrument, das man für eine Kindergartenaufführung verwendet. Ein Instrument, mit dem man nur ein Kind beschäftigt, das ein bisschen mitmachen kann. Du bist völlig nutzlos. Wenn du nicht dabei wärst, wäre es genauso gut.
1. Korinther 13,2: „Und wenn ich Weissagung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts.“ Das ist einer der Verse, die ich am liebsten nicht in der Bibel hätte. Hör dir das mal an: Wenn du alles wüsstest, wenn du jemand bist, zu dem man mit einer Frage kommt und du sagst: „Klar, sag!“ Und dann kommt die Frage, du gibst die Antwort. Du bist jemand, der für andere betet, du hast den Glauben, dass sie gesund werden. Und dann wird jemand gesund. Du hast Wissen, Einsicht, Weisheit, Glauben, du kannst Berge versetzen.
Und dann kommt Gott und sagt: „Tut mir leid, du hast keine Liebe, du bist ein Niemand, du bist ein Nobody.“ Und ich merke, das fällt mir unheimlich schwer, das zu glauben. Entschuldigung, ich habe doch viel investiert, um dieses Wissen zu bekommen. Ich bin nichts? Das gilt nichts vor Gott? Ja, es steht hier.
Ich lese nochmal vor: „Wenn ich Weissagung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnisse weiß und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeile und wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich verbrannt werde, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts.“
Wenn ich alles gebe, was ich habe – mein Geld, meine Gesundheit, alles investiere – aber keine Liebe habe, dann ist mein Leben ein einziger Selbstbetrug und völlig nutzlos. Ich möchte dich fragen, ob du das wirklich glaubst.
Ich möchte irgendwann kein Niemand vor Gott sein. Diese Entscheidung habe ich getroffen. Ich möchte nicht, dass Gott einmal sagt: „Jürgen, schön, du hast die ganzen Kommentare gelesen, auch die schwierigen englischen. Du hast Predigten gehalten, du hast dir vielleicht sogar einen Namen in der Szene gemacht. Leute von überall laden deine MP3-Predigten aus dem Netz runter. Ja, und dann kriegst du Fragen von allen möglichen Leuten und darfst sie beantworten. Aber weißt du was? Das Wichtigste hast du nicht gelernt. Du hast einen dicken Kopf, aber du hast ein kleines Herz behalten. Du bist mir nicht ähnlicher geworden. Schade!“
Das möchte ich nicht hören. Das möchte ich einfach nicht hören. Ohne Liebe ist dein Leben vor Gott sinnlos.
Deshalb diese neue Reihe „Wahre Liebe“, weil ich einfach zeigen möchte: Das ist der Kern. Darüber musst du dir Gedanken machen.
Ich kann damit leben, wenn du sagst: „Ich werde nie wieder Bibel studieren, aber ich werde in Liebe wachsen.“ Ich weiß nicht genau, wie das gehen soll, aber wenn das funktionieren würde und du wirklich in der Liebe wächst, hast du mich auf deiner Seite.
Ich möchte, dass wir in puncto Liebe wachsen. Ich möchte, dass wir diese unbequemen Fragen, die ich am Anfang mit meiner Midlife-Crisis erwähnt habe, an uns heranlassen. Dass wir ehrlich werden und uns aufmachen, in puncto Liebe zu wachsen.
Die Motivation für Gebet, Gottesdienst und Bibellesen
Und ich möchte dir die Frage stellen: Warum betest du? Wenn du betest. Ich hoffe, du betest. Aber warum betest du?
Die richtige Antwort lautet irgendwie: Weil ich Gott lieb habe und mit dem reden möchte, der mich liebt und den ich liebe.
Wenn man mir irgendwann erzählt, wir haben ein halbes Jahr nicht mehr miteinander gesprochen, dann denke ich, wir müssen mal so über eure Ehe nachdenken. Das ist doch logisch. Ich bete, weil ich ihn lieb habe. Nicht aus Pflichtbewusstsein, weil ich denke, ich habe da so in meinem Tagesablauf einen Punkt, da steht Gebet oder stille Zeit, und da muss man so einen Haken dahinter machen.
Ich möchte es lernen, mit ihm zu reden, weil ich ihn liebe. Und jetzt merkt ihr schon: Ich möchte lernen, mit ihm zu reden, weil ich ihn liebe. Ich bin ein Krüppel! Und ich möchte das Zugeben lernen und lernen, stärker zu werden.
Warum gehst du in den Gottesdienst? Eine richtige Antwort könnte heißen, weil ich dort lernen kann, wie man liebt. Weil ich dort aktiv Geschwister lieben kann. Du kommst hierher, um zu lieben. Du bist einer, der hierher kommt, um geliebt zu werden, der Ideen bekommt dafür, wie Liebe in seinem Leben wachsen kann.
Warum liest du in der Bibel? Ich hoffe, ähnlich wie beim Gebet, weil natürlich ein Verliebter die Liebesbriefe seines Geliebten liest. Stell dir vor, du bist verknallt in ein Mädchen, dann schreibt sie dir einen Liebesbrief, und du legst ihn beiseite und sagst: Nö, das interessiert mich nicht. Würdest du dem abnehmen, dass er verliebt ist? Natürlich nicht.
Nimmst du einem Christen ab, dass er in Gott verliebt ist, wenn er nicht in der Bibel liest? Natürlich nicht. Interessiert ihn irgendwie nicht.
Und jetzt kommen wir in eine Beziehung mit Gott rein, und wir sind Krüppel, wir wissen nicht, wie das geht. Du stehst vor diesem Ding Bibel und sagst: Ja, hm, irgendwie das mit der Liebe muss noch ein bisschen abwachsen, muss noch ein bisschen wachsen.
Warum hältst du eigentlich die Gebote? Bist du noch einer, der die Gebote hält, weil er in den Himmel will oder nicht in die Hölle? Davon sind wir freigemacht.
Jesus sagt: Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt. Kannst du dir vorstellen, dass wir Gebote halten, weil es die Sprache der Liebe Jesu ist? Weil wir einfach sagen: Ich möchte meinem Herrn Liebe zeigen. Genauso wie meine Frau mich ermutigt, weil sie weiß, dass das meine Liebessprache ist.
Was heißt es für dich, ein Jünger Jesu zu sein? Ich kann mir vorstellen, eine richtige Antwort heißt, irgendeine Dinge so zu lieben, wie Jesus geliebt hat, das zu lernen, mit der gleichen Hingabe, mit der gleichen Unparteilichkeit Liebe zu üben.
Warum erzählst du Menschen von Jesus? Paulus würde sagen: Mich treibt da was. Ich bin innerlich von der Liebe Gottes angetrieben, das ist mein Motor, ich muss das irgendwie tun.
Warum unterstützt du bedürftige Menschen? Ich hoffe aus Liebe.
Warum besuchen wir alte, kranke Geschwister? Ich hoffe aus Liebe.
Das höchste Gebot und die verbindende Kraft der Liebe in der Gemeinde
Was ist das höchste Gebot? Jesus wird gefragt: Was ist das höchste Gebot? Er antwortet, dass man seinen Nächsten lieben soll wie sich selbst und Gott lieben soll. Dieses Doppelgebot gehört zusammen und hat mit Liebe zu tun.
Wenn wir die Bibel fragen, was uns als Gemeinde miteinander verbinden soll, dann sagt Paulus: Liebe. Auch Petrus spricht von Liebe, die viele Sünden zudeckt. Es bleibt also immer bei der Liebe. Das Leben eines Christen soll sich um Liebe drehen.
Ich stelle mir die Frage, ob wir das noch wissen und wirklich verstanden haben. Wir wissen, dass dort, wo wir uns bekehrt haben, wo wir unser Leben Gott gegeben haben und wirklich Christen geworden sind, Gott uns seine Liebe durch den Heiligen Geist in unser Herz ausgegossen hat.
Es ist ganz wichtig, dass wir das verstehen: Wir sollen Profis werden in Sachen Liebe. Liebe ist das Hauptprüfungsfach in Gottes Schule. Ohne Liebe macht mein ganzes Leben keinen Sinn.
Mir geht es nicht um Humanismus, so nach dem Motto: Sei ein bisschen lieb. Es geht um etwas viel Radikaleres. Es geht um die Liebe, mit der Gott dich am Kreuz geliebt hat. Das ist etwas ganz anderes.
Wenn du nur ein bisschen lieb bist, kannst du immer noch auf dem Weg in die Hölle sein. Dann kann es sein, dass Gott überhaupt nicht in deinem Leben lebt. Aber wenn wir unser Leben Gott anvertrauen und wirklich zu ihm umkehren, dann geht das nicht mehr.
Persönliche Erfahrungen und der Ruf zur Ehrlichkeit
Ich gebe zu, dass ich diese Unfähigkeit bei mir spüre. Ich sehe Gott und seinen Anspruch und merke: Ich schaffe das nicht. Das spüre ich heute sogar noch viel stärker als vielleicht vor einem Jahr.
Ich habe mich gefragt, wo dieser Impuls in mein Leben gekommen ist, mich mit diesem Thema zu beschäftigen – und war erstaunt. Letztes Jahr haben wir eine Brüderrüste gemacht. Wir haben das Lukas-Evangelium fast komplett durchgenommen: 35 Seiten Bibel in fünf Tagen, jeweils zweimal vier Stunden am Tag.
Auf dem Weg nach Hause, in einem kleinen Ort zwischen Berlin und Cottbus, fragte ich mich: „Jürgen, was passiert gerade in dir?“ Ich hatte schon einige Brüderrüsten zu unterschiedlichen Themen erlebt, aber dieses intensive, am Stück stattfindende Beschäftigen mit Jesus war etwas anderes. Stück für Stück zu predigen und zu sehen, wie er liebt – das war beeindruckend.
Jesu Liebe ist nicht immer nur nett. Es ist eine Liebe, die ganz schön hart sein kann. Eine Liebe, die auf der einen Seite vergibt, aber auf der anderen Seite bereit ist, ans Kreuz zu gehen. Ich habe das durchgepredigt und gespürt: Da spricht etwas zu mir. Da klopft jemand an und fragt: „Jürgen, möchtest du diese Liebe leben?“
Das war ganz komisch. Mindestens einen Monat lang habe ich immer wieder darüber nachgedacht. Und dann, etwa ein Vierteljahr später, kam der Impuls erneut hoch. Immer wieder dieses Gefühl: „Hier spricht der Heilige Geist. Möchtest du diese Liebe wirklich leben? Bist du bereit, den Preis dafür zu bezahlen? Bist du bereit, ehrlich zu werden und verletzlich, ehrlich zuzugeben, dass du es noch nicht schaffst? Bist du bereit, verletzlich zu werden, um eine Liebe zu leben, bei der du dich auf den anderen so weit einlässt, dass du deine Barrieren, deine Schutzräume und deine Mauern abbaust? Bist du bereit zu sagen: Ich lasse mich wieder wirklich auf andere Menschen ein?“
Mir ist aufgefallen, dass ich den Eindruck habe, manche Christen leben wie Muslime. Sie leben so, als gäbe es nicht nur die fünf Säulen des Islam, sondern auch die fünf Säulen des Christentums.
Diese sehen dann so aus: morgens in der Bibel lesen, sonntags in den Gottesdienst gehen, ab und zu ein Gebet sprechen, in der Gemeinde mitarbeiten und grobe Sünden vermeiden. Wenn du das tust, ist alles in deinem Leben irgendwie in Ordnung und du bist ein guter Christ.
Ich möchte diese Dinge nicht schlechtmachen. Ich möchte, dass ihr in der Bibel lest. Ich möchte, dass ihr zum Gottesdienst geht, betet und mitarbeitet. Ich möchte, dass ihr die groben Sünden vermeidet – logisch. Aber das ist nicht das, was uns definiert.
Im Gegensatz zum Islam definieren sich Christen nicht über das, was sie tun. Christsein heißt, zu lieben – und zwar Gott und die Menschen.
Die Liebe Gottes als Grundlage der Beziehung zu ihm
Lasst uns jetzt aufschlagen bei 1. Johannes 4,16. Dabei ist wichtig zu wissen, dass es sich um den 1. Johannesbrief handelt. Dieser steht am Ende des Neuen Testaments, kurz vor der Offenbarung, und nicht um das Johannes-Evangelium.
In 1. Johannes 4,16 heißt es: „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.“
Mir geht es um den Anfang: „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.“ Bevor ein Mensch sein Leben Gott anvertraut und sich ihm übergibt, muss genau das passieren. Ich muss erkennen, welche Liebe Gott für mich hat. Ich muss begreifen, dass Gott aus Liebe am Kreuz hängt und für meine Schuld bezahlt. Dabei hat Gott keinen Hintergedanken, sondern er liebt mich wirklich.
Das fällt manchen Menschen sehr schwer, weil sie vielleicht nie erlebt haben, dass jemand sie ohne Hintergedanken geliebt hat. Aber Gott ist so. Gott liebt dich ohne Hintergedanken. Er liebt dich nicht, weil du ihm irgendeinen Nutzen bringst. Selbst wenn du der letzte Loser im Reich Gottes bist und nie irgendetwas auf die Reihe kriegst, wird Gott dich trotzdem lieben. Er hat dich geliebt und ist für dich irgendwie „blöd“, wenn es in deinem Leben nicht läuft – aber es ist trotzdem gut.
Du musst das erkennen, denn „wir haben erkannt“ – und du musst es glauben. Du musst sagen: Ja, das gilt mir. Ich persönlich werde von Gott geliebt, und ich will eine Beziehung zu diesem Gott, der mich liebt.
Dann steht da dieses Angebot, dass jeder, der den Namen des Herrn anruft, gerettet wird. Und dann rufst du Gott an, betest zu ihm und sagst: „Vater im Himmel, ich begreife nicht, warum du mich liebst, aber ich möchte mit dir leben. Ich möchte, dass du vergibst. Ich möchte, dass ich, wie es hier heißt, in deiner Liebe bleibe, dass du in mir bleibst und ich in dir. Ich möchte eine Beziehung zu dir haben.“
Wir rufen Gott an, damit eine Beziehung beginnt. Wenn du diese Beziehung hast und dann einmal im Jahr deine Bibel liest, weil du wissen willst, wie Gott ist, was ihm gefällt, was du lassen sollst, dann ist das gut.
Wenn du in den Gottesdienst gehst, weil du Liebe lernen möchtest, weil du deine Geschwister lieben willst, dann ist alles in Ordnung. Selbst wenn du jeden Tag eine Stunde betest, vielleicht mit einer Liste, damit du nichts vergisst, und dahinter steht der Gedanke: Ich glaube an Gottes Liebe. Ich bin überzeugt, dass es für die Geschwister nichts Besseres gibt, als für sie zu beten – dann ist das hundertprozentig richtig.
Wenn du mitarbeitest, weil du Gott liebst und sagst: „Hey, wenn dir die Gemeinde wichtig ist, dann soll sie mir auch wichtig sein. Dann werde ich mich einbringen“, dann ist das gut.
Wenn du hart daran arbeitest, dass Sünde aus deinem Leben verschwindet, weil du glaubst, dass Jesus sich über deinen Gehorsam freut, und das deine Motivation ist, dann ist das super in Ordnung. Dann stimmt es in deinem Leben.
Dann geht es dir nicht mehr darum, aus Pflichtgefühl etwas zu leisten, sondern darum, eine Beziehung zu bauen. Am Ende geht es darum, dass die Liebe, die in der Dreieinigkeit zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist pulsiert, auch in deinem Leben pulsiert.
Und das ist das Ziel des Christseins.
Die radikale Liebe als Kennzeichen eines Christen
Und jetzt merkt ihr: Manchmal denkt man, der Christ sei derjenige, der ein bisschen netter ist, so der liebenswürdigere Typ im Leben. Aber ich sage euch: Nein, der will nicht Christ sein. Du kannst ziemlich nett sein, ohne Christ zu sein.
Man muss sich nur mal den Dalai Lama im Fernsehen ansehen. Er ist wirklich ein netter Kerl. Den kannst du auf deine Party einladen, er macht nichts falsch, er ist einfach nett. Aber darum geht es nicht. Es geht nicht darum, nett zu sein oder mit den anderen irgendwie ein bisschen netter umzugehen.
Es geht darum, eine radikale Liebe zu leben. Ich habe angefangen, mir Fragen zu stellen wie: Wenn ich nicht geduldig mit meiner Frau bin, warum schaffst du das eigentlich nicht, sie zu lieben? Hast du sie vielleicht nicht lieb? Und wenn ich gegen Gott gesündigt habe, habe ich mich gefragt: Warum schaffst du es eigentlich nicht, den Herrn Jesus mehr zu lieben? Hast du ihn eigentlich nicht lieb?
Indem ich mir diese Fragen stelle, passiert in meinem Kopf etwas. Mit einem Mal geht es nicht mehr um die einzelne Sünde. Es geht nicht mehr darum, warum ich zornig war. Das ist falsch, das weiß ich ja. Plötzlich geht es um einen Punkt: Jürgen, wenn du so bist, wie du bist, liebst du deine Frau, liebst du Gott?
Es macht mir Spaß, so eine Frage zu beantworten. Aber ich verspreche dir, in dem Moment, in dem du anfängst, diese Fragen an dich heranzulassen, ist es zuerst einmal super frustrierend, super frustrierend.
Du stehst da und denkst: Okay, jetzt fühle ich mich wie so eine Biotonne im Sommer, gefüllt und drei Tage in der Wärme. Ja, ich fühle mich irgendwie von innen heraus stinkig. Ich schaue in mich hinein, und alles blubbert und gluckst ein bisschen, lebt so, ja, aber es stinkt. Ich fühle mich, als wäre ich von innen heraus verrottet, als gäbe es in mir nichts.
Wenn ich diese Frage wirklich an mich heranlasse, wenn ich bereit bin, Gottes Anspruch, Gottes Liebe, die sich im Kreuz offenbart, an mein Leben heranzulassen, dann muss ich sagen: Vater im Himmel, bis gestern glaubte ich, dass ich eigentlich ein guter Kerl bin und hätte irgendwie verstanden, warum du mich liebst. Jetzt verstehe ich es gar nicht mehr.
Der Weg zu Ehrlichkeit und Veränderung
Was möchtest du sein? Möchtest du jemand sein, der ehrlich sein Leben betrachtet und zugibt: „Ich bin irgendwie nicht in Ordnung. Ich bin meilenweit entfernt von dem, was ich sein könnte. Ich bin Lichtjahre entfernt vom Charakter Jesu.“
Aber aus einem völlig unerfindlichen Grund hat ein heiliger, wunderbarer und liebevoller Gott seinen Blick auf dich geworfen und gesagt: „Ich möchte dich verändern, damit du meinem Bild ähnlicher wirst. Ich möchte, dass du hier auf der Erde anfängst, durch und durch Liebe zu werden. Ich möchte, dass du mit Demut und Selbsterkenntnis beginnst.“
Ich glaube, das ist das, was wir zuerst brauchen: Ehrlichkeit. Du wirst kein liebevoller Mensch, weil du einen hohen IQ hast, weil dein Aussehen stimmt oder weil dein Girokonto gut gefüllt ist. Das ist alles egal. Was du am Anfang brauchst, ist dieses unangenehme Gefühl in der Magengegend: „Ich bin wie diese Biotonne, ich bin eigentlich innerlich nicht gut, ich bin nicht liebevoll.“
Vielleicht bist du nicht so völlig grausam wie andere, aber du bist nicht wirklich gesund. Du bist krank, und Gott liebt die Kranken. Wenn wir das erkennen, wird Folgendes passieren: Gott wird uns die Augen öffnen für Momente in unserem Leben, in denen es darum geht, seine Liebe zu leben.
Du wirst nicht morgen aufwachen und ein heiliger Christ sein. Ich hätte es dir gewünscht, aber es funktioniert einfach nicht so. Es ist ein kleiner Veränderungsprozess, Schritt für Schritt.
Manchmal sehe ich, wie in anderen Gemeinden gesagt wird: „Ich zeige euch jetzt, wie geistliches Leben wächst.“ Dann strengen sich die Menschen an, lesen die Bibel, finden morgens eine schöne Anwendung und machen einen gewaltigen Schritt voran in ihrem geistlichen Leben. Am nächsten Morgen machen sie wieder einen großen Schritt, dann noch einen, und noch einen, immer wieder.
Doch während du so mit Gott lebst, denkst du: „Da verändert sich doch nichts. Ich bin doch immer noch der Gleiche wie gestern.“ Aber nach einem Jahr, nach fünf oder zehn Jahren stellst du fest: Doch, da ist etwas passiert. Wirklich, Schritt für Schritt.
Gott hat dich nicht überrumpelt. Er hat dich in einen Veränderungsprozess einbezogen, in dem er durch seinen Heiligen Geist in dir lebt. Er gibt dir die Kraft, die Ideen und durch sein Wort das Wissen, um zu verstehen, was es heißt, zu lieben. So bewegst du dich Schritt für Schritt aus dem Alten heraus.
Du kannst immer zurückschauen und sagen: „Das klappt bei mir immer noch nicht.“ Oder du schaust nach vorne auf den, der gesagt hat: „Ich warte am Ziel auf dich. Was ich in dir angefangen habe, werde ich zu Ende bringen.“
Auf dem Weg dorthin schenkt er dir heute ein paar gute Ideen, was du tun kannst, um zu lieben. Und er wird dir die Kraft geben, diese guten Ideen umzusetzen.
Wir hören nicht dort auf, wo du nur ein lieber Mensch wirst, sondern dort, wo du bereit bist, die Liebe zu leben, die ich am Kreuz für dich gelebt habe. Damit stellt Gott unser Konzept von modernem, selbstbestimmtem Leben auf den Kopf.
Plötzlich sagt Gott: „Ich möchte, dass im Zentrum deines Lebens nicht mehr du stehst, sondern andere Menschen, dass ich da stehe und dass du dich um andere Menschen, um mich drehst.“
Der Traum einer Gemeinde, die von Liebe geprägt ist
Versteht ihr, warum ich diese Reihe will? Weil das eine Liebe ist, die uns einfach verändert. Wenn wir nur ein Stückchen davon in unserer Gemeinde hätten und uns in diesem Jahr ein Stück dahin bewegen würden, wenn wir nur bereit wären, ein Stückchen davon an uns heranzulassen, dann würde das passieren, was Jesus seinen Jüngern gesagt hat. Er sagt: „Ich möchte, dass ihr an der Liebe untereinander erkannt werdet.“
Zum Abschluss möchte ich euch noch einen Traum mitgeben – einen Wunschtraum, einen Traum davon, wo ich hin möchte. Ich habe einen Traum von Gemeinde. Von einer Gemeinde, in der es wirklich um Liebe geht, in der Liebe die Hauptrolle spielt. Ich weiß, dass wir davon noch weit entfernt sind, das ist mir völlig klar, aber ich wünsche es mir trotzdem.
Ich wünsche mir, dass hier Menschen zum Gottesdienst kommen, weil sie Gott wirklich lieben wollen. Dass sie die Anbetungslieder aus tiefer Liebe zu Gott mitsingen, auch wenn sie nicht singen können. Denn Gott freut sich auch dann, wenn wir bei der Predigt zuhören, weil wir uns wünschen, etwas von Gott mitzubekommen. Ich wünsche mir, dass wir beten und dass unsere Gebetsgemeinschaften überfließen – einfach weil da eine wirkliche Liebe da ist und eine Bereitschaft, dieser Liebe Raum zu geben.
Selbst wenn ich, weil du vielleicht nur eine kleine, piepsige Stimme hast, nicht hören kann, was du sagst, weil gerade ein Flugzeug drübergeht, wünsche ich mir, dass wir trotzdem beten. Dass wir miteinander in Liebe umgehen und überlegen, wie sich diese Liebe vertiefen kann.
Ich wünsche mir, dass unter uns in den Ehen die Liebe stärker wird, dass sie in der Kindererziehung wächst und dass sie auch in den Kleingruppen sichtbar wird. Einen Gottesdienst werde ich mir nur darüber Gedanken machen, wie man Liebe in der Kleingruppe und im Gottesdienst leben kann.
Ich wünsche mir, dass da viel passiert und dass wir, wenn wir am Ende des Jahres angekommen sind, sagen können: „Hey, wir sind ein Stück ähnlicher geworden.“ Wir sind zwar noch weit entfernt, aber Gott ist Liebe. Und wenn wir es zulassen – das ist wichtig –, dann wird er dafür sorgen, dass wir ihm immer ähnlicher werden.
Ähnlicher werden deshalb, weil wir eine radikale Liebe leben, die anderen Menschen zeigt, wer der ist, der mit eben dieser radikalen Liebe am Kreuz für deine, meine und ihre Sünden gestorben ist. Und das wünsche ich mir.
Wenn ihr beten wollt, betet dafür, dass wir das hinkriegen. Das wäre, glaube ich, ziemlich wichtig. Amen.