Eröffnung und Lobpreis
Wir wollen unseren Gottesdienst im Namen Jesu beginnen. Ich grüße Sie alle mit dem Wort, das Gott einst zu Paulus gesagt hat und das auch Ihnen gilt: Der Herr hat zu mir gesagt: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in Schwachen mächtig.“
Gemeinsam wollen wir ein Lob- und Danklied auf die Güte Gottes singen: „Wie groß ist es, allmächtige Güte“ (485), die Verse 1, 2 und 4.
Wir wollen beten:
Lieber Herr, wir müssen dir danken für so viel Liebe, die du uns schenkst, und für so viel Güte, die du uns auch in den vergangenen Tagen geschenkt hast. Das ist alles deine große Barmherzigkeit mit uns.
Du hast uns bis zum heutigen Tag bewahrt und beschützt. Du hast uns all die Güter und Gaben geschenkt. Wir möchten deine Güte erst richtig verstehen und dass sie uns zur Umkehr führt, zu einem Neuanfang.
Lass uns entdecken, wie du uns noch viel mehr aufschließen und geben willst. Öffne uns die Ohren für dein Wort, damit wir auch heute verstehen, was du uns sagen willst und wie du in unserem Leben mächtig werden möchtest.
Wir bringen dir heute Morgen all das, was uns bekümmert, belastet und beschwert, und wollen es dir jetzt in der Stille sagen.
Wir danken dir, Herr, dass du hörst, was uns bewegt. Amen.
Psalm 103: Lobpreis und Erinnerung an Gottes Güte
Ich lese den Psalm 103:
Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.
Er vergibt dir alle deine Sünden und heilt alle deine Gebrechen. Er erlöst dein Leben vom Verderben und krönt dich mit Gnade und Barmherzigkeit. Er macht deinen Mund fröhlich, und du wirst wieder jung wie ein Adler.
Der Herr schafft Gerechtigkeit und Recht für alle, die Unrecht leiden. Er hat seine Wege Mose wissen lassen und den Kindern Israels sein Tun.
Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Er wird nicht für immer hadern noch ewig zornig bleiben. Er handelt nicht mit uns nach unseren Sünden und vergilt uns nicht nach unserer Missetat.
Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt er seine Gnade walten über denen, die ihn fürchten. Sofern der Morgen ist vom Abend, lässt er unsere Übertretungen von uns sein, wie sich ein Vater über seine Kinder erbarmt.
So erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten, denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind. Er denkt daran, dass wir Staub sind.
Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras; er blüht auf wie eine Blume auf dem Felde. Wenn der Wind darüber geht, ist sie nicht mehr da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr.
Die Gnade aber des Herrn währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten.
Wir wollen nun miteinander singen: Lied 236, alle drei Verse.
Die Bedeutung der alttestamentlichen Glaubensgeschichten
Bis hierher hat mich Gott gebracht. Es hat mich gefreut, dass in den letzten Sonntagen diese alttestamentlichen Abschnitte vielen von Ihnen ganz konkret in praktischen Lebensfragen und Glaubenskrisen geholfen haben.
Heute habe ich noch einmal aus diesen Geschichten von Glaubensvätern nur einen Vers ausgesucht – aus dem Leben Jakobs, 1. Mose 32,11. Dort nehme ich nur die erste Hälfte des Verses: Bevor Jakob wieder zurückzog, über den Jordan ging und seinem Bruder Esau begegnete, betete er: „Herr, ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Knecht getan hast.“
Ich beobachte, liebe Schwestern und Brüder, dass auch unter Christen immer mehr Verunsicherung um sich greift. Zweifel, ob es Gott gibt, hat ja eigentlich keiner. Aber wirklich fest und überzeugt sind immer weniger.
Da müssen wir fragen: Wo sind unsere Begegnungen mit Gott? Gerade eben haben wir Danklieder gesungen. Diese Danklieder kann man nicht bloß den Buchstaben nachsingen. Sie müssen aus der Tiefe des Herzens kommen.
Es ist schon eine Frage, ob sie so fröhlich ins Lob Gottes einstimmen können oder ob sie sagen: „Nein, ich bin voller Suchen, Tasten und Fragen heute Morgen. Ich bin unsicher, ich kann gar nicht so fröhliche Lieder singen.“
Diese Unsicherheit greift immer mehr um sich, auch in Kirchen und Gemeinden. Christen sagen: „Das bleibt immer eine sehr wacklige, ungewisse Sache mit dem Glauben, mit der Erkenntnis.“
Nun stimmt das sicher, und ich nehme das ernst. Deshalb möchte ich heute auf die vielen Fragen antworten, die auch Sie heute Morgen mitgebracht haben. Das ist gut so, dass Sie heute Morgen hören.
Aber ich bin überzeugt, dass uns Gottes Wort heute ganz fest und gewiss macht und dass wir zu solch einem Glauben kommen, der die Welt überwindet. Diesen Glauben wollen wir finden.
Eine neue Sicht auf das Leben als Schlüssel zum Glauben
Mein erster Punkt: Eine neue Sicht ist nötig.
Dabei geht es nicht um eine neue Sicht von Gott, nicht um eine neue Form des Glaubens, auch nicht um eine anders geschriebene Bibel oder neue Theologien.
Das Erstaunliche an den Geschichten im Alten Testament ist, dass sie immer vom Leben handeln. Es wird kaum über etwas Weltfernes gesprochen. Im Gegenteil, es geht ganz alltäglich zu. Man hört von Lebenskrisen, von Familiennöten, von Krankheit und von Tod.
Es kann sogar vorkommen, dass über ganze Abschnitte hinweg Gott überhaupt nicht erwähnt wird. Das soll Ihnen helfen zu verstehen, dass die großen Glaubensfragen und Glaubensprobleme ihre Wurzel immer im Leben haben.
Sie brauchen keine zusätzliche Philosophie, sondern müssen ihr Leben – das, was sie arbeiten, tun und oft auch vor Gott verbergen – in sein Licht bringen.
Das überrascht uns an diesen alttestamentlichen Berichten und Erzählungen: Wie diese Frauen und Männer Gott entdeckt haben und durch schwere Lebensführungen ganz gewiss wurden ihres Glaubens.
Sie haben nicht stundenlang gekrübelt und keine Theorien über Gott aufgestellt. Stattdessen haben sie in den Problemen ihres Lebens mit Gott gerungen und sind dort zur Gewissheit des Glaubens gekommen.
Diesen Weg möchte ich Ihnen heute zeigen: Wie Sie in Ihrem Glauben gewiss werden, wie Sie Gott entdecken und wie Sie Gott finden.
Jakob als Beispiel für menschliche Schwächen und Glaubensentwicklung
Ich bedaure es sehr, dass unter Christen oft ganz unterschiedliche Meinungen herrschen. Es wird so getan, als könnte man Gott erst recht durch ein übersteigertes Frömmigkeitsleben finden. Dabei werden vor uns Gestalten als Vorbilder und Idole dargestellt – gleichsam die Stars der Frömmigkeit, die Athleten der Religion.
Diese Personen gelten als die Tatze anster Menschlichkeit, Menschen, die Großes für Gott getan haben. Doch die Gestalten der Bibel waren anders; sie waren keine großen Heiligen. Ich habe Ihnen neulich in der Predigt gezeigt, wie es in den Ehen dieser biblischen Figuren gekriselt hat, wie sie Probleme mit den Kindern hatten, Schwierigkeiten in der Erziehung und wie sie sich mit verstopften Brunnen durchschlagen mussten.
Das ist so wunderbar in der Bibel, und wir sollten unseren Glauben immer wieder nüchtern vom Wort Gottes prüfen lassen. Jakob ist ein Mensch, der uns immer vertrauter wird in seiner ganzen Art. Nicht, dass wir uns mit ihm messen könnten – er ist uns in vielem noch haushoch überlegen – aber so manche Seiten, über die man zuerst ein wenig abschätzig reden will, werden uns dann immer bekannter.
Jakob war ein junger Mann, der überzeugt war von seiner Güte, seinem Können und seiner cleveren Lebensart. Er ging zielstrebig auf sein Ziel zu und konnte sich überall durchschlagen. Er war ein Stehaufmännchen, der es sogar schaffte, seinen Vater zu überlisten, weil er so geschickt war. Er war pfiffig, hatte es faustdick hinter den Ohren.
Später im Propheten Hosea wird deutlich, dass Gott sein Volk tadelt, weil sie alle so pfiffig, so schlau wie Jakob sind. Jakob versuchte, sein Leben zu meistern, und brachte es schließlich zu etwas. Er hatte Erfolg. Heute sagen viele: „Schau mal an, mein Leben war nicht umsonst. Ich habe etwas erreicht, eine Stellung bekommen, die sich sehen lassen kann. Ich habe Geld verdient, ich bin wohlhabend.“
Doch Jakob machte eine große Wandlung durch. Wenn Sie wissen wollen, wo der Schlüssel zum Glauben und zur Gewissheit im Glauben liegt, dann liegt er bei Ihnen allein. Sie brauchen keine neuen, fernen Theorien über Gott, sondern eine neue Sicht auf Ihr eigenes Leben.
In dieser Hinsicht ist Jakob ein großes Vorbild für uns. Man kann nur staunen, wie Jakob nach seiner Rückkehr, bevor er endlich wieder in seiner Heimat ankommt, vor Gott im Gebet stehen bleibt. Ich denke, sie haben oft gebetet. Aber ich weiß nicht, ob sie einmal so gebetet haben wie Jakob.
Er sagt: „Herr, ich habe deine Güte nie verdient.“ Wenn ich meine eigenen Gebete anhöre und noch einmal Revue passieren lasse, dann ist das oft ein Handel mit Gott. Wir legen vor Gott dar, warum wir ein Recht darauf haben, dass er uns jetzt hilft. Wir zählen auf, wie wir fordern können.
Doch was ist denn mit Jakob passiert, dass er vor Gott sagt: „Ich bin das überhaupt nicht wert. Ich bin viel zu klein, als dass ich deine Barmherzigkeit in Anspruch nehmen dürfte. Ich bin viel zu gering!“ Das ist der Schlüssel zum Glauben: sich selbst neu sehen.
Das größte Hindernis, das dem Glauben entgegensteht, ist unser mächtiges und stolzes Ich, unsere Persönlichkeit. Das ganze Leben versuchen wir, vor Gott unser Leben recht zu machen. Und dann sagen wir: „Was ist denn los? Ich habe doch vor Gott alles getan.“ Daraufhin hadern wir mit Gott.
Ich bin überzeugt, dass heute morgen ein beträchtlicher Prozentsatz unter uns im Stillen mit Gott im Streit liegt und hadert. Sie sagen: „Gott, warum lässt du mir überhaupt so viel Schweres im Leben geschehen? Warum nimmst du mir die Krankheit nicht weg? Warum räumst du mir die Schwierigkeiten nicht aus dem Weg? Herr, du musst doch!“
Sie können in der Bibel überall nachlesen, dass Gott seinen Leuten sehr große Hindernisse in den Weg legt. Erst an den Hindernissen, die er nicht mehr bewältigen kann, wacht ein Jakob auf. Dort scheitert der clevere junge Mann.
Manchmal ist es nötig, dass man mit Pauken und Trompeten durch eine Prüfung rasseln muss, bis der eigene Stolz vergeht. Manchmal müssen viele schöne Lebenspläne alle stranden und kaputtgehen, nur weil Gott uns zuerst dort abholen muss, wo wir wirklich stehen.
Wir sind gar nicht die Menschen, als die wir uns einbilden. Und dieser stolze und erfolgreiche Jakob steht im Gebet vor Gott und sagt: „Ich bin zu gering für alle Barmherzigkeit und Treue, viel zu gering.“ Das war keine Rede, wie man sie manchmal bei frömmelnden Leuten hört, sondern es kam aus der Tiefe seines Herzens: „Ich bin das überhaupt nicht mehr wert.“
Anders können Sie nicht zum Glauben kommen, als durch diese neue Sicht Ihres Lebens. Um ein Bild zu gebrauchen: Es ist, als würden Sie nachts mit dem Kopf gegen eine Bettumauer laufen. Sie waren ganz fröhlich losgewandert und sagen: „Ja, was soll ich denn jetzt überhaupt machen?“
So ist es oft nötig, mitten im Leben, dass Gott uns stoppt. Das kann durch ein ganz widriges Ereignis geschehen. Dann steht man da und sagt: „Ja, aber jetzt, was ist denn los? Wie soll ich das weiter bewältigen?“ Eine neue Sicht ist nötig.
Jakob schreit im Gebet zu Gott: „Ich bin zu gering, Herr!“ Aber gerade als der Geringe, der Kleine, der Hilflose und Ohnmächtige bindet er sich an Gott.
Jetzt ist mir das so wichtig: In unserer Zeit, am Ende unseres zwanzigsten Jahrhunderts, hilft uns nur noch eine ganze Hingabe an diesen Herrn Jesus Christus. So können wir leben – mit einer festen Glaubensgewissheit. Anders geht es nicht.
Die Erfahrung von Gottes Güte in Lebenskrisen
Der zweite Punkt, den ich hervorheben möchte, ist die lauter Güte – lauter Güte, von der Jakob spricht. Ich möchte die Szene noch einmal etwas erläutern, um die es hier geht.
Jakob war mit seinen Herden zurückgekehrt. Er war zwanzig Jahre im Ausland gewesen. Der Hass seines Bruders verfolgte ihn, und für ihn war die Begegnung lebensgefährlich. Zuvor hatte er sich nicht richtig ausgemalt, wie es sein würde, seinem Bruder zu begegnen. An dieser Stelle kommt nun seine ganze Angst zum Vorschein.
Es ist schön, dass die Bibel uns zeigt, dass selbst die großen Glaubensmänner Angst hatten – und wie! Jakob kann in der Nacht vor der Überquerung des Jabokflusses nicht schlafen. Er nimmt sich Zeit zum Gebet, nennt alles vor Gott und spricht aus, was ihn bekümmert. Er ist hilflos, verzagt, mutlos und weiß nicht mehr weiter – ganz wie wir.
Gerade in dieser großen Lebenskrise entdeckt er, wie Gott wirklich ist. Jakob hat keine theoretischen Sprüche über Gott, wie wir sie oft sagen: Gott ist allmächtig, allwissend, gerecht. Für ihn zählt nur das Zeugnis dessen, was er persönlich erlebt hat. Er erzählt von sich: So war Gott zu mir, das hat er mir getan.
Das ist das Interessante: Alle großen Theorien über Gott können Sie beiseitelegen. Entscheidend ist, wie Gott Ihnen in Ihrem Leben begegnet ist, wie er Ihnen erschienen ist. Jakob sagt: Ich habe Gottes Güte erfahren.
Ich möchte besonders mit denen sprechen, die sehr bitter sind. Ich begegne vielen Menschen, die bitter zu mir reden: Trauernde, die fragen, wo denn die Güte Gottes sei; Schwerkranke, die fragen, wo Gottes Liebe bleibe.
Jakob hätte genauso reden können: Wo ist Gottes Güte? Warum räumt er mir die Schwierigkeiten auf dem Weg nicht aus dem Weg? Er könnte doch den Esau mit seinem Hass beseitigen, der vor mir steht. Warum lässt Gott das geschehen?
Die Warum-Frage kann man überall stellen. Aber Jakob stellt sie nicht mehr. In jener Nacht redet Gott mit ihm über seine Schuld. Liebe Schwestern und Brüder, Schuld ist nie das Thema unseres Lebens. Wir verdrängen Schuld, schieben sie beiseite und wollen nichts davon wissen.
Doch Gott will die Schuld klären. Er kann zwanzig Jahre in Güte und Liebe warten, doch dann holt er die alte Schuld wieder hervor. Merkwürdigerweise ist es so, dass Gott uns immer wieder mit Schuld konfrontiert. Er stellt sie uns ins Gewissen – gerade in dem Augenblick, in dem man eigentlich die Früchte der alten Sünde genießen will.
Jetzt kommt doch Jakob nach Hause, jetzt ist doch eigentlich alles gut. Aber Gott sagt: Die alte Sache ist noch nicht geklärt. Gott lässt auch seinen Leuten nichts durchgehen. Und er kommt noch einmal und sagt: Du, das Alte wird jetzt noch einmal geklärt, bitte!
Darum betet Jakob so vor Gott. Er hat entdeckt, wie Güte und Barmherzigkeit Gottes sind. Das, was damals dem Vater ins Gesicht gelogen wurde, kann nur von Gott vergeben werden.
Mich wundert immer wieder, dass im Alten Testament genau das steht, was auch im Neuen Testament steht. Schon bei Jakob dürfen wir sehen, was wir eigentlich erst an Jesus richtig erkennen: Gott brennt darauf, uns alle Schuld völlig auszulöschen und wegzutun.
Jakob ist so beglückt darüber: Herr, das ist ja wunderbar, deine Güte, deine Barmherzigkeit! Davon redet er. Wenn wir von der Liebe Gottes sprechen, meinen wir nicht, dass es in der Welt keine Nöte mehr gibt oder keine Sorgenberge vor uns stehen.
Wir haben Gottes Liebe erfahren, der uns alle Schulden weggetan hat. So heißt es gerade im Psalm 103: „Der dir alle deine Sünden vergibt und alle deine Gebrechen heilt.“ Deshalb kann man getrost den Weg ins Krankenhaus gehen oder andere schwere Wege unbekümmert weitergehen, weil man Gottes Güte ganz gewiss und fest weiß.
Das müssen Sie wissen, sonst kommen Sie im Leben unter, sonst gehen Sie unter, sonst schaffen Sie das nicht. Sie müssen wissen, wie Gott mit Ihnen ist.
Ach, sagt Jakob, Herr, ich bin zu gering für all die Barmherzigkeit und Treue, die du an mir getan hast. Das hat Jakob erkannt. Und wir müssen es eigentlich noch viel besser wissen, wo uns von Kindertagen an erzählt wurde, wie Jesus all die fehlerhaften Stellen unseres Lebens aufarbeiten will.
Da war so viel, was unrecht war, da sind so viele dunkle Stellen drin, und Gott will uns ganz in die Freude hineinführen – lauter Güte, lauter Barmherzigkeit. Das macht uns fröhlich und gewiss.
Sehr interessant ist, dass eigentlich nur die, die Jesus erkannt haben und mit Jesus über die Schuld gesprochen haben, Zugang zur Güte Gottes finden. Ein Petrus zum Beispiel, als er vor Jesus fliehen will und sagt: „Herr, geh von mir weg, ich bin ein Mensch voller Sünde.“ Und dann legt Jesus die Hand auf ihn.
Oder das Gleichnis von dem, der im Tempel steht und sagt: „Herr, ich danke dir, dass ich ein ordentliches Leben führen kann und nicht so wie die heruntergekommenen Leute bin.“ Jesus sagt, er hat es nicht gefunden.
Es ist mir heute so wichtig, dass wir Gott gerade über unsere Lebenskrisen suchen. Einen anderen Zugang gibt es nicht für den, der wissen will, wo Gottes liebende Gedanken mit ihm sind. Sprich mit ihm über die dunklen Punkte deines Lebens und bringe sie in sein Licht.
Warnung vor falscher Frömmigkeit und Stolz
Noch ein letzter Gedanke: Jakob ist nicht gering, Jakob ist nicht klein.
Da muss man immer ein wenig aufpassen, denn diese Worte können schnell von falscher Frömmigkeit in Besitz genommen werden. Sie haben sicher auch schon Leute erlebt, die ein bisschen klebrig daherreden und Sprüche machen wie: „Ach ja, wir sind eben alle nichts, und ich bin so gering.“ Meist sind das sehr eingebildete Menschen. Gott bewahre uns vor dieser falschen Frömmigkeit, die gar nicht echt ist.
Das Bekenntnis der Schuld führt man nicht so locker auf den Lippen. Sie wissen selbst, wie schwer es einem fällt, den Weg zu gehen und jemanden um Verzeihung zu bitten. Noch schwerer ist es, vor anderen offen zuzugeben, wie falsch das alles war, was man lange Zeit gelebt hat.
Das Schlimmste ist der Stolz vor Gott, diese Einbildung, als ob man es irgendwie doch schaffen könnte. Dieses „Athletenchristentum“, bei dem man sagt: „Ich mache das schon für Gott.“ Jakob hingegen ist so von Gott geführt worden, dass er am Ende in eine schwere Krise geriet. Er kann nur noch sagen: „Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und Treue.“ Und ich hoffe, dass sie dort stehenbleiben.
Ich halte nichts von einem anderen Christentum, das mehr will. Dieses Stehen beim Geringsein und Kleinsein hängt eng mit dem zusammen, was der große, weitgereiste Apostel Paulus über sein Leben entdeckt hat. Ein wenig hat er die beneidet, die nur Gebetserhöhungen erlebten. Doch er erlebte auch Gebete, die Gott nicht erfüllte. Dann trug er seine Krankheit weiter, blieb schwach und gering und rechnete mit der Gnade Gottes. „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“
Jetzt muss ich Ihnen sagen: Dieses Schwachsein ist keine Schwäche, sondern die wirkliche Stärke. Erst dort, wo in unserem Leben Gott Raum hat, kann er wirken. Erst dort, wo wir ihm nicht mehr dazwischenpfuschen, wo unser Ich still wird und wir auf das Eingreifen Gottes warten, kann etwas geschehen.
Er betet in den letzten Tagen, dass heute in diesem Gottesdienst bei vielen von Ihnen Klärungen geschehen. Ganz konkrete Klärungen, bei denen Sie sagen: „Jetzt habe ich es verstanden, jetzt mache ich es fest für mich. Ich will klein und gering sein.“
Dann will Jakob sagen: „Ich bin dein Knecht.“ Das sagt Jakob an dieser Stelle zum ersten Mal. Und es ist eine ganz fröhliche Erkenntnis. „Ich gehöre ja zu Gott. Ich bin sein Diener, sein Mitarbeiter.“ Mein Leben ist brauchbar, er ist nicht schwach, er ist nicht klein. Im Gegenteil: Er geht hinüber über den Jordan und sagt: „Herr, ich bin dein Streiter.“ Nicht in meiner Muskelkraft, sondern im Blick auf dich, im Rechnen mit deiner Nähe, im Warten auf dein Eingreifen.
Das ist etwas Großes auch für Jesu Jünger, wenn sie täglich um ihre Versäumnisse wissen. Und ich möchte Ihnen immer sagen: Das soll bis zum Lebensende so bleiben, dass Sie sich nichts einbilden – auch nicht auf Ihr Frommsein und nicht auf Ihr Christlichsein. Nicht dass Sie meinen, Sie seien besser und könnten etwas und sich darauf etwas einbilden. „Ich bin Jesu Diener, und er wirkt in solchen schwachen Menschen.“ Er hat mich auserwählt und berufen. Seine Gnade wirkt. Seine Treue gilt auch noch, wenn ich untreu bin. Und er ist so barmherzig, dass er keinen hinausstößt, sondern jeden annimmt.
Dann stehen vor uns all die Aufgaben und Dienste, die uns der Herr sendet. Natürlich muss es heute Glaubensgewissheit geben. Natürlich müssen wir unserer Sache ganz überzeugt sein. Wie kann ich diese Gewissheit bekommen? So wie Jakob sagt: „Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die du deinem Knecht getan hast.“ Ich weiß, dass es köstliche Zusagen von Jesus gibt: „Wo ich bin, da sollen auch meine Knechte sein. Seine Knechte werden ihm dienen.“
Das ist unser Beruf: unser Leben darzubringen als Opfer und Dienst für ihn, den Herrn, dem wir gehören. Und nichts ist schlimmer, als wenn wir meinen, wir seien etwas ohne ihn.
Zur Glaubensgewissheit kommen wir nur über den Punkt, über die Krisen, an denen wir uns den Kopf an der Betonwand stoßen, wo wir gegen das Brett laufen und dann sagen: „Ja, aber Herr, wie soll es jetzt weitergehen?“ Er weiß den Weg. Wunderbar wird der Weg sein, voller Güte und Freude.
Ich hoffe, dass das für Sie heute Dank Sonntag wird und Sie sagen können: „Ich habe jetzt auch ihn durchgefunden, zur Freude, zum Danken, zum Loben.“
Gott schämt sich nicht, Ihr Gott zu sein. Gott schämt sich nicht, der Gott Jakobs zu sein. Jakob war eigentlich ein mieser Charakter. Moralisch kann man ihn verurteilen. Doch Gott schämt sich nicht, der Gott auch der miesen Charaktere zu sein.
Selig, ja selig ist der zu nennen, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist. Das ist Ihr Gott, und er will Ihr Gott sein. Amen!
Abschlusslied und Fürbitte
Der Herr ist gut, in dessen Dienst wir stehen. Wir singen vom Lied 496 noch die Verse drei bis sechs.
Lieber Herr, es bedrückt uns, dass wir mit dir gehadert und gestritten haben über die Widrigkeiten unseres Lebens. Oft waren es Wege, die wir ohne dich gegangen sind, ohne dich zu suchen und ohne nach deinem Wort zu fragen. Es fällt uns schwer, dir jetzt zu danken – auch für die Krisen unseres Lebens, die doch nötig waren, um uns zur Besinnung zu bringen.
Du kannst hart mit uns reden, um uns unsere Ohnmacht zu zeigen. Du wirst jeden Einzelnen von uns einmal durchs Todestor hindurchführen, wo alles vergeht, was wir sind. Dort sind wir nur noch Staub und Asche. Doch gerade hier, heute, wollen wir festhalten: Wir sind deine Knechte, berufen zum ewigen Leben, getragen von deiner Gnade, Tag für Tag umgeben von deiner Barmherzigkeit.
Herr, wir wollen, dass die Bekehrung nicht nur der erste Schritt im Glauben bleibt, sondern uns immer wieder von einer falschen Christlichkeit wegreißt und in deine Arme führt. Wir wollen keine andere Zuversicht haben als dich und das Wunder deiner Schuldvergebung, die sich doch täglich so stark bei uns anhäuft. Vielen Dank, dass jeder das heute annehmen darf und dass es jedem jetzt zugesprochen ist.
Herr, mach uns zu Menschen, die dir dienen können, als Knechte und Mägde, so wie du uns brauchst. Wir wollen nicht mehr das Steuer in der Hand behalten, sondern du sollst der Herr sein – wir deine Knechte. Und dann gib doch auch, dass unser Leben zu deinem Lob gelebt wird.
Wir bringen dir all das, was vor uns steht in der kommenden Woche, was als Aufgabe auf uns wartet. Wir schließen in unsere Fürbitte auch alle ein, die jetzt über die Kassetten mit uns verbunden sind, die Kranken und Leidenden. Grüsse du sie, stärke sie und lass ihre schwere Krankheitszeit zu einer großen Segenszeit werden, weil du zu ihnen redest durch dein Wort.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute,
und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigen.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Organisatorisches und Hinweise für die Gemeinde
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz. Sie müssen immer Ihre Umgebung im Blick behalten, denn dort sind neue Freunde. Das ist immer schön in unserem Gottesdienst, da Sie die herzlich begrüßen. Nachher, beim Hinausgehen, helfen Sie auch, dass sie den Notizenzettel mitnehmen und dann den gelben Zettel mit den Veranstaltungen unserer Gemeinde.
Jeder soll doch informiert sein, was es alles an Gruppen und Kreisen gibt. Da liegt jetzt hinten auch schon der Prospekt für die Skifreizeit der jungen Leute nach Weihnachten. Wir weisen nur heute darauf hin. Es ist wichtig, dass man das weiter sagt, denn das ist ja immer so schnell überfüllt. Heute Abend trifft sich die Mannschaft um neunzehn Uhr bei mir in der Wohnung.
Ich möchte noch ein Wort sagen zur Kleidersammlung, die wir wieder vor dem Erntedanktag durchführen, und zwar nur in diesen paar Tagen. Das Einzige ist, dass man am Sonntag vorher – nur am Sonntag vorher – etwas im Gemeindehaus abstellen kann. Wir dürfen es nicht früher, weil wir so streng kontrolliert werden vom Technischen Überwachungsverein. Das ist ganz schlimm wegen Brandgefahr im Treppenhaus.
Wir haben keinen Lagerraum, deshalb nur am Sonntag vorher, am letzten September-Sonntag. Noch einmal: Gebrauchte Kleidung ist kein Problem, das gibt es ja vielfach, weil wir alle reiche Leute sind. Niemand muss seine alte Kleidung ablegen, nur weil er sich neue kauft. Das ist ein Zeichen von Reichtum. Sagen Sie nicht, es sei umgekehrt, Sie seien so arm, dass Sie sich immer etwas Neues kaufen müssen.
Deshalb gibt es alte Kleidung, aber das Problem ist der Transport. Das, was Sie an den Straßenrand stellen, geht zum großen Teil in den Reißwolf. Und da machen die Hilfsorganisationen Geld. Ich bekomme doch immer die Prospekte, in denen angeboten wird, wie viel man da für diesen oder jenen Zweck verdienen kann. Und in den Notgebieten ist es ja sowieso wieder teuer.
Wir sagen so: Wenn Sie Ihre Dinge dorthin schicken wollen, wir verschicken sie nach Uganda im Container für vier Mark pro Kilo. Wer so arm ist, dass er nicht bezahlen kann, bekommt von uns noch alte Kleidung. Vielen Dank!
Und nur an dem Termin, denn sonst wird es uns auch zur Last. Nicht dazwischenkommen und sagen, ich habe noch eine alte Krawatte oder so. Nur an dem Termin! Da verletze ich manche immer wieder, aber ich muss das so sagen, weil wir immer auch schauen müssen. Wir haben keine Mitarbeiter dafür abgestellt, sondern wir machen das ja mit ein paar Ehrenamtlichen, die das organisieren, und wir geben es bekannt.
Ich sage das jetzt so zeitig, damit Sie Ihre Kleiderschränke, wenn es jetzt auf den Winter zugeht, noch einmal umrüsten können. Nur Sommerkleidung! Alle Arten von Sommerkleidung sind gebraucht willkommen, auch Schuhe, auch Brillen, auch Bettwäsche, auch Leibwäsche, Socken. Aber es sollten gut erhaltene Dinge sein. Die Leute haben nicht das Zeug, um groß zu reparieren, deshalb sollten sie einigermaßen noch erhalten sein.
Kinderkleidung ist sehr gefragt, ebenso alles, was man im Hospital verwenden kann. Vielen Dank! Das läuft also am 2. Oktober, das ist der Freitag vor dem Erntedankfest. Da ist der Packtag und der letzte Moment, um abends zwischen vier und sechs abzugeben. Danach nicht mehr.
Aber es war immer schön, dass man da so konkret helfen konnte. Ich habe ja oft gesehen, was das bedeutet und was für eine Hilfe das bringt.
Ankündigungen zu Veranstaltungen und Kursen
In drei Wochen findet wieder ein Evangelisationsabend statt, und zwar am Erntedanktag. Wir organisieren das, weil der Gottesdienst oft sehr gut besucht ist. Ich denke, für viele ist es einfacher, jemanden einzuladen. Der Jugendchor gestaltet den Abend auf eine sehr lebendige Weise.
Diese Evangelisation ist eine Verkündigung, die noch viel konkreter und einfühlsamer zeigt, was Gott uns heute offenbart und wie er auf unsere Fragen antwortet. Dabei geht es sowohl ums Schimpfen als auch ums Danken. Der Evangelisationsabend am Erntedanktag beginnt um 18 Uhr und steht auf dem Notizzettel.
Parallel zum zweiten Gottesdienst läuft der Glaubenskurs, der bereits am letzten Sonntag gestartet ist. Gerhard Ellermann leitet diesen Kurs. Heute möchte ich noch einmal alle einladen, die mitmachen wollen. Für viele war es eine große Hilfe, die Grundzüge des christlichen Lebens richtig zu entdecken.
Die meisten von Ihnen waren bei der Konfirmation noch zu jung, um sich daran viel zu erinnern. Vielleicht waren die Fragen damals auch noch nicht ganz verständlich. Andere sind erst später zum Glauben gekommen. Es ist schön, dass Gerhard Ellermann uns diese fünf Sonntage lang den Kurs anbietet. Er findet immer während des zweiten Gottesdienstes statt, sodass Sie nicht viel Zeit verlieren und nicht zweimal kommen müssen.
Ich lade Sie herzlich ein: Hinten liegt der grüne Prospekt mit allen Informationen dazu. Außerdem habe ich dort ein Heft von Kurt Heimbucher über die Fragen des Heiligen Geistes ausgelegt. Ich finde, es bringt viel Klarheit.
Viele von Ihnen sind durch bestimmte Erscheinungen, über die gesprochen wird, ins Fragen gekommen. Diejenigen, die sich für diese Fragen interessieren, wissen, was ich meine: Fragen zum Heiligen Geist, die neu aufkommen, sowie zum Enthusiasmus und zur Schwärmerei.
Das Heft von Kurt Heimbucher gefällt mir sehr, denn es bietet biblische Klärungen und Wegweisungen.
Bericht aus dem Missionsdienst und Aufruf zur Unterstützung
Zum Opfer möchte ich noch sagen: Wir würden es heute für unsere Entwicklungshelfer geben, Bernhard Möck. Dort liegt auch der Brief aus, ebenso von Doktor Kilgus aus Pakistan, der hinten angeheftet ist. Er schreibt, wie er dort seine Amöben und Würmer bekämpft und wie er wieder nach Kachibo geflogen ist – mit einem Flugzeug, das auf dem Wasser landen kann, in Peru, in den Anden.
Er berichtet, dass er an Malaria und Gelbsucht erkrankt sei. So ging es mir letzte Woche auch noch ein paar Tage lang schlecht. Das Thermometer im Krankenzimmer stieg täglich über dreißig Grad, sodass das Flachliegen für einen Bauern, wie er sich selbst bezeichnet, nicht gerade angenehm war. Dafür geht es mir nun schon viel besser. Doch nach Herumrennen ist meiner Leber noch nicht zumut.
So komme ich endlich zum Schreiben und erzähle eindrucksvoll, wie sie dort diese Viehzucht aufbauen – diese Rinderhaltung. Es ist schwierig bei den Indianern, die zwar einen Tapir kennen, aber keine Milchkuh. Er berichtet, wie er stundenlang mit dem Flugzeug über Urwald, Flüsse, Seen und Siedlungen fliegt und wie schrecklich es dort in den Dörfern zugeht.
Ein Mann starb, und ein anderer im Dorf wurde einfach verdächtigt, Schuld an der Krankheit zu sein. Man muss auch sehen, wie das Heidentum dort ist und wie die Bewohner diesem armen Mann das Haus abbrannten und ihn aus dem Dorf jagten, weil er angeblich schuld daran war, dass ein Familienvater starb. So kann man verstehen, warum Mission wichtig ist.
Dann ist ihm noch eine Stachelpalme auf den Kopf gefallen. Die Stacheln, fünf bis zehn Zentimeter lang, steckten in seinem Körper fest und brachen leicht ab. Ich musste stillhalten, während Petro, Felix und Esther die Stacheln herauszogen – jede ganz vorsichtig, damit sie nicht abbrechen. Ich schätze, es waren mehr als hundert Stacheln im Kopf, Nacken, Rücken und Ellbogen. Selbst die Ohren wurden nicht verschont. Überall lief das Blut herab. Es sah wohl schlimmer aus, als es tatsächlich war.
Dafür geben wir heute unser Opfer. Vielen Dank, dass Sie das mittragen und unterstützen.
Segensbitte zum Abschluss
Nun wollen wir um den Segen Gottes bitten.
Herr, segne uns und behüte uns.
Lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
