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Erschrecket nicht! - Ein Wort zum Irak-Krieg

23.03.2003Lukas 21,9
Einleitung

Der Krieg hat begonnen. Kaum jemand glaubte daran, dass dieser Krieg noch aufgehalten werden könnte. Obwohl – hätte Sadam Hussein sich ergeben – hätte es eine ganze andere Wende genommen. Das beherrschende Thema dieser Tage ist der Krieg, so entschloss ich mich kurzfristig, Euch einige Gedanken weiterzugeben, in der Hoffnung, dass sie uns etwas helfen können.

Krieg ist und bleibt eine ganz schlimme menschliche Tragödie. Was sich in einem Krieg für schreckliche Szenen abspielen, ist auch wenn man schon viele Kriegsfilme gesehen hat, immer noch in seinem ganzen Ausmass unvorstellbar.

Unsägliches menschliches Leid hat er zur Folge. Darum kann man auch die vielen Menschen gut verstehen, die nun auf die Strassen gehen und mit ihren Demonstrationen dem Krieg Einhalt gebieten wollen. Sie möchten sagen, dass sie mit Gewaltanwendung nicht einverstanden sind und sie eine friedliche Lösung des Problems wünschen. Ob das möglich ist, ist eine andere Frage, auf die ich noch eingehen werde. Sie möchten, so sagte eine Schülerin, sich mit dem irakischen Volk solidarisieren. Sie möchten zeigen: Wir fühlen mit Euch, es tut uns leid, dass ihr nun so leiden müsst. Auch das ist eine beachtenswerte Haltung, ein Ausdruck von Menschenfreundlichkeit, aber ist es nicht doch etwas zu kurz gegriffen?

Auf der anderen Seiten nehmen wir bei diesem Krieg an einem medialen Spektakel teil. Von meinem Wohnzimmer aus kann ich den Krieg verfolgen, kann sehen, wie Bagdad bombardiert wird. Und unaufhörlich versuchen Journalisten von Kommentatoren herauszufinden, was man noch nicht wissen kann. Ein seltsames und etwas befremdliches Szenario. Die Schrecken des Krieges werden uns also franko Haus geliefert und wir sind Bildern und Kommentaren ausgeliefert, die wir nie wirklich auf ihre Korrektheit überprüfen können. Plötzlich heisst es, dass das, was man gesehen hat nicht das Geschehen darstelle, sondern ein vorfabriziertes Video sei, das zur psychologischen Kampfführung eingesetzt wird.

Wie sollen wir als Christen mit all dem umgehen, was sich um uns herum ereignet? Wie können wir im Wirr Warr von Meinungen eine Position finden? Das solle uns heute Morgen beschäftigen. Jesus sagte seinen Jüngern: Erschreckt auch nicht, wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört. Diese Dinge müssen geschehen, bevor das Ende kommt, aber es kommt noch nicht sofort danach. Lk.21,9 Jesus meint, wir sollen nicht überrascht sein, wenn es Kriege und Unruhen gibt. Zuerst möchte ich einige grundsätzliche Gedanken zum Krieg sagen. Dann einige Gedanken zur aktuellen Situation und zum Schluss, wie wir uns als Christen verhalten können.

Grundsätzliches zum Krieg
1. Kriege wird es immer geben

Eine Tatsache, die uns nicht gefallen mag: Kriege wird es immer geben. Das Grundproblem liegt genau dort, was wir im Lied gehört hatten: Beim Menschen, der sich von Gott gelöst hat. Im Sündenfall wurde aus dem Menschen, der mit Gott in enger und liebender Verbindung lebte, ein Mensch, der sich verselbständigte und sich selber Gesetze gibt, so wie es ihm gefällt und er meint es sei für ihn gut.

Die erste Kriegshandlung finden wir beim Bruderpaar Kain und Abel. Kain ermordete Abel, Johannes sagte dazu: Warum hat er ihn ermordet? Weil seine eigenen Taten schlecht waren, aber die seines Bruders gut. (1.Joh 3,12) Er hielt es nicht aus, dass sein Bruder besser sein sollte, also wurde er beseitig. Auch nach der Sintflut ging es nicht lange, da riss schon wieder einer die Macht an sich.

Nimrod war der erste, der Völker seiner Herrschaft unterwarf. (Gen 10,8) Man könnte hier natürlich durch die ganze Menschheitsgeschichte gehen und würde sehen, dass es immer wieder Menschen gibt, die Macht und Gewalt über andere ausüben. Solange der Mensch sich selbst Gesetze gibt und von Gott losgelöst lebt wird es Kriege geben und Kriege geben müssen. Deshalb sagte Jesus seinen Jüngern: Erschreckt auch nicht, wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört. Diese Dinge müssen geschehen, bevor das Ende kommt, aber es kommt noch nicht sofort danach. Lk.21,9

Jesus will den Jüngern sagen, sie sollen nicht überrascht sein, als ob sich in diesen Kriegen etwas ereignen würde, über das Gott die Kontrolle verliert. Es wird eben das geschehen, was geschehen muss, wenn Menschen die Kontrolle übernehmen wollen. Ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere. Lk.21,10.

2. Gott selbst führt Kriege

Im Alten Testament sehen wir ganz deutlich, dass Gott selbst Kriege führt. Wenn Gott Kriege führt, dann geht es nicht um persönliche Bereicherung und Macht, sondern dann geht es immer um Gericht und Gerechtigkeit. Als Israel das Land Kanaan erobern musste, war das, dass Gericht Gottes über diesem Volk. Bevor Gott dieses Gericht über diese Völker kommen liess, wartete er damit noch 400 Jahre. Eine Gnadenzeit von 400 Jahren.

Selbst gegen sein eigenes Volk liess Gott eine Armee aufmarschieren. Nebukadnezar besiegte Jerusalem und verschleppte das Volk nach Babylon. Es war das Gerichtshandeln Gottes an seinem eigenen Volk. Das ist für Gott auch immer das letzte Mittel, nachdem er auf vielfältige Weise versuchte, die Menschen zur Einsicht zu führen. Ich möchte aber davor warnen, dass wir zu eilig einen Krieg als gerecht oder ungerecht bezeichnen. Wir werden bei einem Krieg, wenn er im Gange ist, kaum sagen können, dass dieser Krieg richtig und im Namen Gottes geführt wird. Dieses Urteil steht Gott allein zu.

Auch den Krieg der jetzt im Gange ist, können wir nur sehr begrenzt beurteilen. Ob er wirklich unabdingbar ist und ob es wirklich keine andere Lösung gegeben hätte, können wir nur durch abwägen mit grosser Vorsicht sagen und müssen dabei wissen, dass wir auch bei sorgfältiger Abwägung zu einem falschen Resultat kommen könnten. Mich erstaunt wie schnell und sicher viele Menschen sofort die Schuldzuweisungen machen.

3. Mit Gewalt löst man keine Probleme

Ein Gedanke, den man in Zusammenhang mit dem Krieg hört ist, dass man mit Gewalt keine Probleme lösen kann, sondern nur weitere schaffen würde. Da muss ich einfach ganz offen sagen, dass das schlicht und ergreifend nicht stimmt. Es klingt zwar schön und heroisch, aber es entspricht ganz und gar nicht unserer Wirklichkeit.

Unser ganzes Rechtssystem basiert gerade auf dem Prinzip von Gewalt. Wenn jemand einen Diebstahl begeht, dann wird er die Gewalt des Staates zu spüren bekommen, er wird verurteilt und weggesperrt. Wenn wir als Volk offenbar so für friedliche Lösungen sind, erstaunt es doch sehr, dass man feststellte, dass Nachbarschaftskriege zunehmen. Es gibt ja eine Bewegung, die versucht solche Zwiste zwischen Nachbarn aussergerichtlich, durch Mediation zu lösen. Das sei jedoch sehr unerwünscht. In einem Artikel lass ich: Diese Erfahrung hat auch der Zürcher Anwalt und Mediationsspezialist Peter Bösch gemacht. Er begleitete im Sommer 2001 ein Projekt des Bezirksgerichts Zürich, das zum Ziel hatte, streitende Parteien aussergerichtlich zu versöhnen. Bösch: Über tausend Streitfälle wurden als mediationstauglich qualifiziert. Man wählte siebzig davon aus und lud die Beteiligten zu einer kostenlosen Beratung ein. Raten Sie, wie viele Interesse gezeigt haben! Fast niemand. Sieben Parteien meldeten sich. Ein einziger Fall konnte schliesslich ausgerichtlich bereinigt werden." (TagiMagi 06,03)

Kann mir mal jemand sagen wie wir unter Völkern einen echten und beständigen Frieden haben können, der aufgrund von Gesprächen erzeugt werden sollte, wenn wir es nicht einmal in den kleinen Dingen schaffen? Es braucht Gewalt um in dieser Welt einigermassen Ordnung zu halten. Denn es stimmt, was Gott über uns Menschen sagt: Alles, was aus den Herzen der Menschen kommt, ihr ganzes Denken und Planen, ist nun einmal böse von Jugend auf. (Gen 8,21) Das Böse kann nur durch Gewaltandrohung und Gewaltausübung in Schach gehalten werden. Bsp. Paulus sagt in Bezug auf den Staat: Denn die staatliche Macht steht im Dienst Gottes, um dich zum Tun des Guten anzuspornen. Wenn du aber Böses tust, musst du dich vor ihr fürchten. Ihre Vertreter tragen nicht umsonst das Schwert. Sie stehen im Dienst Gottes und vollstrecken sein Urteil an denen, die Böses tun. (Röm 13,4) Wir Europäer sollten nicht vergessen, dass wir zweimal im letzten Jahrhundert die Amerikaner bemühten, um den Krieg zu beenden. Wer hätte sonst das Hitler Regime beseitigen können und wer hätte beim Aufbau Europas so tatkräftig mitgeholfen? Auch im Kosovo mussten die Amerikaner kommen, weil Europa sich nicht zu helfen wusste. So ist das, ob es uns gefällt oder nicht.

Zur aktuellen Situation

Was ich nun zur aktuellen Situation sage, ist keine Rechtfertigung für diesen Krieg, aber es soll uns dazu animieren nicht einfach unbesehen Meinungen zu übernehmen. Natürlich ist es einfach, wenn man jetzt mit allen mitmarschiert und sagt, man soll den Krieg sofort einstellen. Auch die meisten Kirchen gehen diesen Weg und sagen den Leuten, dass eben nur der kampflose Weg, der richtige Weg sei. Bush, der jeden Tag seine Bibel liesst und sich Zeit zum Beten nimmt, dessen Glaube wird kurzerhand als fundamentalistisch und unglaubwürdig hingestellt. Selbst ein Bischof der Kirche, zu der Bush gehört distanzierte sich von ihm in aller Öffentlichkeit. Nun möchte kurz einige Vorwürfe ansprechen.

Das verletzte Völkerrecht

Ein Vorwurf ist, Bush hätte das Völkerrecht gebrochen, weil er ohne UNO Mandat den Krieg eröffnet hat. Dabei vergisst man, dass Sadam Hussein seit 1991 17 Uno-Resolutionen missachtet, er verletzte die Waffenstillstandsbedingungen des ersten Golfkriegs usw. Die Uno hatte weder die Kraft noch den Willen, ihren eigenen Satzungen nachzuleben. Es war auch Sadam Hussein, der zwei Kriege entfesselte und sich nicht scheute Giftgas einzusetzen. Er hat über eine Million Tote auf dem Gewissen.

Saddam Hussein übertrifft bei weitem sogar die Lebensleistung des früheren jugoslawischen Regierungschefs Milosevic, der ohne Uno- Mandat, unter französischem Beifall und mit amerikanischen Streitkräften aus seinem Amt gebombt wurde. Übrigens Kofi Annan sagte nach dem schrecklichen Massacker von Srebrenica, wo 7000 Jungen und Männer abgeschlachtet wurden: Durch Irrtum, Fehleinschätzung und die Unfähigkeit, das Ausmass des Bösen zu erkennen, mit dem wir konfrontiert waren, haben wir es versäumt, unseren Teil zu tun, um die Menschen zu retten.

Zivilisten, die umkommen werden

Was die Menschen beschäftigt ist die Zivilbevölkerung, die unter dem Krieg furchtbar zu leiden haben wird. Das will ich gar nicht bestreiten und das ist auch wirklich schlimm. Aber, wer ging in den letzten Jahren auf die Strassen, weil Sadam Hussein sein eigenes Volk unterdrückt und die Menschen sterben lässt. Laut Unicef sterben im Irak rund 60'000 Babys im Jahr, bis heute sind das 700'000 Babys. Würde man Hussein weitere 10 Jahre an der Macht lassen, wären das nach Unicef-Berechnungen nochmals eine Million Menschen, die umkommen.

Laut Schätzungen von der Menschenrechtsorganisation, Human Rights Watch, waren es im ersten Golfkrieg etwa zweitausend Menschen, die umgekommen waren. Das sind viele, aber weniger als bei den Twin Towers und weit weniger, wie durch Sadams Regime jährlich umkommen. In einem kürzlich im Spiegel veröffentlichten Artikel über Sadam Hussein war zu lesen: Dies ist ein Regime, das Kindern die Augen aussticht, um von Eltern oder Grosseltern Geständnisse zu erpressen. Ein Regime, das alle Fussknochen eines zweijährigen Mädchens einzeln zerbricht, um seine Mutter zu zwingen, den Aufenthaltsort ihres Mannes preiszugeben. Dies ist ein Regime, das einen Säugling auf Armeslänge von seiner Mutter entfernt hält und das Kind verhungern lässt, um seine Mutter zu einer Aussage zu bewegen. Es ist ein Regime, das seine Opfer langsam in riesige Kessel von Säure herablässt, entweder, um ihren Willen zu brechen, oder einfach nur als Hinrichtungsart. Dies ist ein Regime, das seinen Opfern Elektroschocks verabreicht, vor allem an den Genitalien, und bei dieser Tortur grosse Kreativität entwickelt. Ein Regime, das im Jahre 2000 als Strafe für jede Kritik – und da reicht es schon, darauf hinzuweisen, dass Saddams Kleidung nicht zusammenpasst – festsetzte, das dem Delinquenten die Zunge abgeschnitten wird. Dies ist ein Regime, das eine Frau, eine Tochter oder andere weibliche Verwandte wiederholt vor den Augen eines Mannes vergewaltigt. Dies ist ein Regime, das seine Opfer mit rot glühenden Eisenstäben pfählt. Ein Regime, das eine junge Mutter auf der Strasse vor ihrem Haus und in Anwesenheit ihrer Kinder enthauptet, weil ihr Mann in Verdacht steht, ein Gegner eben dieses Regimes zu sein. Dies ist ein Regime, das biologische und chemische Kampfstoffe an seinen iranischen Kriegsgefangenen erprobte, um herauszufinden, auf welche Weise diese Gifte ihre grösste Wirkung erzielen. Der Spiegel, 5/2003, S. 94.

Wer ist in den letzten Jahren für diese Menschen, die in fürchterlicher Art und Weise sterben mussten auf die Strasse gegangen. Leider ist es so, dass ohne den Krieg im Irak das Sterben von Zivilpersonen kein Ende nehmen wird. Nicht umsonst hören wir von Irakern, die im Exil leben, dass sie nichts sehnlichster wünschen, als dass dieses Regime ein Ende nimmt.

Doppelmoral

Was mich in dieser Sache auch noch beschäftigt ist unsere Doppelmoral. Wir beklagen uns, dass so viele Menschen im Krieg umkommen werden. Gleichzeitig sind wir dafür, dass massenhaft Kinder abgetrieben werden dürfen. 6000 Menschen sterben täglich, hörte ich heute Morgen am Radio und zwar wegen dem schlechten Wasser. Schon vor drei Jahren gab es zu diesem Problem von der UNO eine Konferenz, aber nicht ist geschehen, ausser dass gestern eine weitere Konferenz zu Ende ging. Täglich verhungern tausende von Menschen.

Wir lassen es zu, dass Menschen unter dem Stichwort Sterbehilfe, tödliches Gift bekommen. Wir sind in der Schweiz diesbezüglich so lasch, dass die Menschen, die sterben wollen nach Zürich kommen, um sich umbringen zu lassen. Wir produzieren Kriegsmaterial und sind erstaunt darüber, wenn es zum Einsatz kommt.

Was sollen wir tun
1. Gott vertrauen, er behält die Kontrolle

Wir sollen uns ganz auf unseren Herrn ausrichten und sein Wort ernst nehmen. Wir sollten nicht überrascht sein, als ob das etwas ungewöhnliches wäre. Wir sollen das einfach zur Kenntnis nehmen. Es ist eine Folge des sündigen Menschen. Wir sollen nicht daran zweifeln, dass Gott nicht zu seinem Ziel kommen würde. Es ist immer noch so, wie Daniel betete: Er verändert das Bestehende und gibt allem seine Frist; er setzt Könige ab und setzt Könige ein. Er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Klugen ihren Verstand. (Dan 2,21)

2. Verständnis zeigen

Wir sollten den Menschen, die innerlich zerrissen sind und über diesem Geschehen geschockt sind Verständnis entgegenbringen und ihnen nicht gleich eine aufklärende Predigt halten. In einem Gespräch kann man sie auf Verschiedenes aufmerksam machen.

3. Beten für die Menschen und Regierungen

Was wir tun sollten sagt Paulus dem Timotheus: Das Erste und Wichtigste, wozu ich die Gemeinde aufrufe, ist das Gebet, und zwar für alle Menschen. Bringt Bitten und Fürbitten und Dank für sie alle vor Gott! (1.Tim 2,1) Für alle Menschen sollen wir beten. Für die Amerikaner und für die Iraker. Und er fährt fort: Betet für die Regierenden und für alle, die Gewalt haben, damit wir in Ruhe und Frieden leben können, in Ehrfurcht vor Gott und in Rechtschaffenheit. (1.Tim 2,2) So ist es gut und gefällt Gott, unserem Retter. (1.Tim 2,3) Beten wir doch besonders in diesen Tagen für unsere Regierung, aber auch für die anderen Regierungen.