Einführung in das Thema der Gerechtigkeit und des Gesetzes
Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 186: Alte Gebote neu gehört
Hinter uns liegt das Thema einer besseren Gerechtigkeit. Diejenigen, die ins Reich Gottes hineinkommen wollen, müssen deutlich gerechter sein als die Schriftgelehrten und Pharisäer.
In diesem Zusammenhang denken wir Christen zuerst an Glaubensgerechtigkeit, und das ist, denke ich, völlig in Ordnung. Trotzdem beschreibt der Herr Jesus in den folgenden Versen, was dieses neue Denken über Gerechtigkeit bedeutet, das sich aus der Herrschaft von Gnade in unserem Leben ergibt.
Er erklärt, mit welchem Fokus es uns auf die Gebote Gottes schauen lässt. Dabei sind wir nur in zweiter Linie die Zielgruppe seiner Ansprache. Zunächst hat er Juden vor Augen – Juden, die sich nicht aus einem religiösen Vakuum heraus ihm zuwenden, sondern mit einem enormen Respekt vor dem Gesetz erzogen wurden.
Diese Juden spricht Jesus jetzt an. Er möchte ihr Verständnis vom Gesetz ändern. Jesus will, dass sie verstehen, wie man als Jünger Jesu richtig mit dem Gesetz umgeht.
Lasst mich das ganz klar am Anfang sagen: Jesus ändert das Gesetz nicht und erhebt es nicht auf.
Die moralischen Gebote im Kontext des Neuen Bundes
Jesus wird im Folgenden etwas zu Mord, Ehebruch, Schwören, Vergeltung und Feindesliebe sagen. Wir befinden uns also tief in den moralischen Geboten des Alten Testaments, den Geboten, von denen Paulus sagt, dass sie auch im neuen Bund gut sind, wenn man sie gesetzmäßig gebraucht.
Ein gesetzmäßiger Gebrauch hat zwei Merkmale. Erstens weiß er, dass das Halten von Gesetzen dem Gläubigen keine Gerechtigkeit bringt. Zweitens erkennt er, dass die moralischen Gebote des alten Bundes als Ausdruck von Gottes Charakter bis heute in der Lage sind, Sünde zu offenbaren.
Die Gebote des Alten Bundes sind also kein Auslaufmodell. Wir können als Christen viel von ihnen lernen.
Aber zurück zu Jesus: Auch wenn man das immer wieder liest und hört, ändert der Herr Jesus das Gesetz nicht.
Die Aussage „Ihr habt gehört, ich aber sage euch“ und ihre Bedeutung
Frage: Hört es sich nicht doch so an? Ich lese uns die Stellen vor, um die es dabei geht.
Matthäus 5,21-22: Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: „Du sollst nicht töten.“ Wer aber töten wird, der wird dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch, dass jeder, der seinen Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird. Wer aber zu seinem Bruder sagt: „Raka!“, dem wird der Hohe Rat verfallen sein. Wer aber sagt: „Du Narr!“, der wird der Hölle des Feuers verfallen sein!
Matthäus 5,27-28: Ihr habt gehört, dass gesagt ist: „Du sollst nicht Ehebrechen.“ Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.
Matthäus 5,31-32: Es ist aber gesagt: Wer seine Frau entlassen will, gebe ihr einen Scheidebrief. Ich aber sage euch: Jeder, der seine Frau entlässt, außer aufgrund von Hurerei, macht, dass mit ihr Ehebruch begangen wird. Und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.
Matthäus 5,33-34: Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist: „Du sollst nicht falsch schwören, sondern dem Herrn deine Eide erfüllen.“ Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht.
Matthäus 5,38-39: Ihr habt gehört, dass gesagt ist: „Auge um Auge und Zahn um Zahn.“ Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen.
Und zuletzt Matthäus 5,43-44: Ihr habt gehört, dass gesagt ist: „Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“ Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.
Was uns bei all diesen Versen stutzig macht, ist die Formulierung „Ihr habt gehört, ich aber sage euch.“ Frage: Was bedeutet diese Aussage nicht? Sie bedeutet nicht, dass der Herr Jesus sich hinstellt und die alten Gebote nimmt und durch eigene neue Gebote ersetzt. Das kann nicht sein, weil er ja selbst sagt, dass er nicht kam, um Gesetze aufzulösen. Er kam, um das Gesetz und die Propheten zu erfüllen.
Die Erfüllung des Gesetzes als Ausdruck von Liebe
Und die Erfüllung der Moralgesetze hängt stark damit zusammen, dass der Herr Jesus sie als Ausdruck des Liebesgebotes definiert. Zu diesem Thema, der Erfüllung des Gesetzes, könnt ihr euch gern noch einmal die Episoden 181 bis 183 anhören.
Die moralischen Gebote des Alten Bundes zeigen auf, was es bedeutet, einen Menschen oder eine Gesellschaft zu lieben. Wer sie so verstehen will, wie sie ursprünglich gedacht waren, muss die moralischen Gebote im Kontext von Beziehung lesen – sei es in meiner Beziehung zu Gott oder zu meinem Nächsten. Das ist ganz entscheidend.
Was ist also mit der Formulierung „Ihr habt gehört, ich aber sage euch“ gemeint? Ihr habt gehört, ich aber sage euch. Wenn Jesus sich nicht einfach plump hinstellt und so etwas sagen will wie: Vergesst, was ihr gehört habt, ich habe da ganz andere Ideen, was meint er dann?
Zuerst einmal greift Jesus mit dem, was er sagt, nicht die Gebote aus dem Alten Testament an. Vielmehr nimmt er Bezug auf das, was seine Zuhörer von den Rabbis gehört haben. Das heißt ja: „Ihr habt gehört, ich aber sage euch.“ Hier wird also nicht ein altes Gebot durch ein neues Gebot ersetzt, sondern es geht um die grundsätzliche Herangehensweise an die alten Gebote.
Unterschiedliche Herangehensweisen an das Gesetz
Die Gebote selbst sind nach Römer 7,12 heilig, gerecht und gut. Man muss sie nicht verändern, aber man muss sie richtig verstehen. Dabei kann man sich einem Gebot auf ganz unterschiedliche Weise nähern.
Den Rabbis ging es darum, die Gebote zu halten. Für sie war ein Gebot eine Grenze. Ihre Herangehensweise ist stark von der Frage geleitet: Wie weit kann ich gehen, bis ich das Gesetz xy breche? Wo bin ich noch sicher, und was ist schon falsch? Das ist die typische Denkweise religiöser Selbstgerechter, die das Gesetz als ein Instrument verstehen, um Punkte für den Himmel zu sammeln.
Diese Denkweise prägt das, was Jesuzuhörer normalerweise über die Gebote zu hören bekamen. Doch was ist, wenn diese Herangehensweise an das Gesetz falsch ist? Nicht das Gesetz selbst ist falsch, sondern unser Umgang mit ihm.
Was, wenn ich mich dem Gesetz auch anders nähern könnte? Was, wenn ein Gebot gar nicht zuerst eine Grenze sein will, sondern mir den Zustand meines Herzens offenbaren möchte? Was, wenn Gottes Gebote nicht einfach bestimmte Tatsünden im Sinne eines Sündenkatalogs beschreiben, sondern mir einen Weg zeigen, wie man wahre Liebe lebt? Und mir in diesem Zusammenhang einen Spiegel vorhalten, der meine geistliche Haltung offenbart?
Wenn ich das denken kann, dann nähere ich mich – wie wir sehen werden – nicht nur dem Verständnis Jesu, sondern auch einer Qualität von gelebter Gerechtigkeit, die tatsächlich besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer.
Zusammenfassung und Anwendung
Lasst mich zum Schluss den Gegensatz noch einmal so formulieren: Ihr habt gehört, dass es Gott darum geht, die Gebote genau so zu halten, wie eure Rabbis sie euch erklärt haben.
Ich aber sage euch, dass ihr die geistliche Dimension der Gebote verstehen müsst, um Menschen zu werden, die so lieben, wie Gott liebt.
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, welchen Blick du auf Gebote hast. Sind sie für dich vielleicht auch nur eine Grenze, bis zu der man sicher ist?
Das war es für heute. Wenn du für Missionare betest, dann nimm dir heute doch extra Zeit für sie.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
