Abschluss des Prophetenbuchs Jonah: Gottes zweite Chance für Ninive
Wir fahren fort und schließen heute das Prophetenbuch des Jonah ab, Kapitel 3 und 4. Wenn Sie eine Bibel haben, schlagen Sie bitte auf unserer ausgelegten Bibelseite 848 im Alten Testament das Buch Jonah, Kapitel 3 und 4, auf.
Und es geschah, dass das Wort des Herrn zum zweiten Mal zu Jonah kam: „Mache dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage.“ Da machte sich Jonah auf und ging hin nach Ninive, wie der Herr gesagt hatte.
Ninive aber war eine große Stadt vor Gott, drei Tagreisen groß. Als Jonah anfing, in die Stadt hineinzugehen und etwa eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: „Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.“
Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen. Alle, Groß und Klein, zogen den Sack zur Buße an. Als das vor dem König von Ninive bekannt wurde, stand er auf von seinem Thron, legte seinen Purpur ab, hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche.
Er ließ ausrufen und sagen in Ninive, als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: „Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe Nahrung zu sich nehmen. Die Heiden wissen mehr um unsere Verantwortung für die Schöpfung und unsere Zusammengehörigkeit der Kreatur. Man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen. Sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und zu Gott rufen mit Macht. Jeder soll sich bekehren von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände. Wer weiß, vielleicht lässt Gott es sich gereuen.“
Erstaunlich, wie die Menschen da anfangen zu hoffen. „Wer weiß, vielleicht lässt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, dass wir nichts verderben.“
Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und er tat es nicht.
Das aber verdross Jonah sehr, und er war zornig. Er betete zum Herrn und sprach: „Ach Herr, das ist ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war. Deshalb wollte ich auch eilends nach Tarsis fliehen, denn ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und dich des Übels reust. So nimm nun, Herr, meine Seele von mir, denn ich möchte lieber tot sein als leben.“
Jonas innerer Konflikt und Gottes Geduld
Aber der Herr sprach: Meinst du, dass du zu Recht zürnst?
Jonah ging zur Stadt hinaus, ließ sich östlich der Stadt nieder und machte sich dort eine Hütte, ein kleines Gartenhäuschen. Darunter setzte er sich in den Schatten, um zu sehen, was der Stadt widerfahren würde.
Gott aber ließ eine Staude wachsen, die über Jonah wuchs und ihm Schatten spendete, um ihm von seinem Unmut zu helfen. Jonah freute sich sehr über die Staude.
Am Morgen, als die Morgenröte anbrach, ließ Gott einen Wurm kommen, der die Staude stach, sodass sie verdorrte. Als die Sonne aufgegangen war, ließ Gott einen heißen Ostwind wehen. Die Sonne brannte auf Jonah herab, sodass er matt wurde. Da wünschte er sich den Tod und sprach: Ich möchte lieber tot sein als leben.
Da sprach Gott zu Jonah: Meinst du, dass du zu Recht zürnst um der Staude willen? Und er antwortete: Mit Recht zürne ich bis an den Tod.
Der Herr sprach: Dich jammert die Staude, um die du dich doch nicht bemüht hast und die du nicht aufgezogen hast. Sie ist in einer Nacht gewachsen und in einer Nacht verdorrt. Sollte ich da nicht auch über Ninive jammern? Eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen leben, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere.
Herr, mach unser Herz so weit wie dein Herz. Amen!
Das Geschenk des neuen Lebens und Gottes Verfügungsgewalt
Es muss ein unvorstellbarer Morgen gewesen sein, als Jona endlich wieder festen Grund unter den Füßen hatte. Die Sonne strahlte, die Vögel zwitscherten, die Blumen blühten, und das Leben wurde ihm neu geschenkt. Das musste gefeiert werden, das musste man genießen.
Ich denke, Sie können sich hineinversetzen. Vielleicht haben Sie Ähnliches erlebt: Man lag monatelang im Krankenhaus, und dann wurde es plötzlich doch noch wahr – man durfte wieder nach Hause. Wie fühlt es sich an, wenn man aus der Tür des Krankenhauses hinaustritt, sich auf der Straße umsieht und das neu geschenkte Leben spürt? Man denkt: Ich bin noch einmal davongekommen.
Ich erinnere mich noch, wie einst die Kriegsgefangenen zurückkehrten – 1948 oder noch viel später die letzten aus der russischen Gefangenschaft. Sie waren ausgehungert, doch es war wirklich wahr, wie sie ihre Lieben wieder in die Arme schließen konnten. Noch einmal neu anfangen, ich darf noch einmal von vorne beginnen.
So geht es Jona: Er erhält noch einmal das Leben neu geschenkt. Das kommt häufig vor. Aus der Tiefe des Todes hat uns Gott noch einmal zurückgeführt. Aber hier fehlt noch etwas bei Jona: Gott macht gleichzeitig deutlich, dass er über dieses neue Leben verfügen will. Dieses wiedergewonnene Leben steht jetzt unter seiner Verfügungsgewalt.
Er ruft Jona: „Jona, jetzt geht es in die zweite Runde, jetzt fangen wir noch einmal von vorne an.“ Das ist gleichsam ein Wiederholungsunterricht. Wenn Gott das Alte auslöscht und uns noch einmal Barmherzigkeit widerfahren lässt, die wir kaum oder überhaupt nicht verdient haben – verstehen wir das richtig?
Jetzt geht es darum, dass Jona begreift, was Gott mit ihm vorhat, damit wir dieses neu geschenkte Leben auch wirklich nach Gottes Plan leben und ihm gehorsam werden können.
Gottes Geduld mit dem unfruchtbaren Baum als Bild für unser Leben
Hat Jesus einmal ein Bild gebraucht, von einem feigen Baum, der keine Frucht bringt. Der Besitzer des Gartens sagt dann: „Da ist nichts mehr zu machen. Das ist ein verkrachter Baum, er ist krank. Den sägt man ab und verbrennt ihn.“
Doch der Gärtner sagt: „Ach, ich will es noch einmal probieren. Noch ein Jahr.“ So gräbt Jesus um uns herum und sagt: „Ich will es noch einmal probieren.“ Noch einmal davonkommen, ja, weil er es noch einmal versucht, aus unserem Leben etwas Neues zu machen.
Darum geht Gott in die zweite Runde mit uns. Und das möchte ich nun an Jonah in drei Teilen zeigen, wie das aussehen kann, noch einmal von vorne anzufangen.
1. Gehorsam trotz Widerständen
Das Erste, Jonah gehorcht. Ich möchte mich noch einmal in den Augenblick hineinversetzen, als der Fisch ihn ausspuckte und er am Strand stand. Wir kennen ja diesen Strand Israels – ein schöner Strand. Dort haben manche von uns schon gelegen, manche sogar badenderweise.
War es nicht auch für Jona so zumutbar nach den Strapazen? Er muss sehr seekrank gewesen sein, als er dort ankam. Ihm ging es ganz übel. Jetzt wollte er wohl richtig Urlaub machen, sich mal wieder richtig entspannen, zur Ruhe kommen und sein Leben neu ordnen. Wir haben oft schöne Pläne, was wir mit dem neugewonnenen Leben anfangen wollen.
Doch bei Jona heißt es nur: „Und der Herr sprach zu Jona zum zweiten Mal: Mach dich auf!“ Und Jona machte sich auf und ging nach Ninive.
Wir sind hier größtenteils Großstadtmenschen und alle haben wir die Sehnsucht nach einem idyllischen Plätzchen in dieser Welt, wo man schön leben kann – ein Häuschen im Grünen und so weiter. Und Jona macht sich auf und geht in solch eine wüste Stadt.
Ninive war eine dieser unheimlichen Städte. Das zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte: Diese Städte, so sehr wir unser wunderschönes Stuttgart lieben, sind doch immer auch komprimierte Massenstädte. Dort erliegt die Menschlichkeit unter den vielen Menschen in dieser dicht bevölkerten Stadt – den modernen Wüsten unserer Großstädte.
Jonah hält sich nicht auf. Er muss nach Ninive. Das ist Befehl, das muss er tun.
Wenn wir Jona hätten fragen können, warum er so geradewegs dorthin geht, hätte er uns gesagt: „Ich habe in meinem Leben eines gelernt. Das Allerschlimmste ist, wenn man die Befehle Gottes in den Wind schlägt und nach seinem eigenen Kopf handelt. Ich will mich nicht mehr selbst führen. Du sollst, als Hirte, mich regieren. Ich möchte mich deinen Befehlen, Gott, unterordnen. Niemand anderes soll mich mehr von dir trennen können. Das ist mir das Allerhöchste und Wichtigste.“
Jetzt möchte ich ganz offen sagen, dass uns das sehr autoritär vorkommt, wenn man so sagt: „Ich will mich den Geboten Gottes verschreiben.“ Man spricht heute, auch unter Christen, recht freimütig davon, dass das ein Problem sei. Dass man sich einfach so Gott anvertraut, sei doch ein Risiko für den Menschen. Schließlich müsse man sich ja selbst verwirklichen und nach seinen eigenen Veranlagungen suchen, um diese zur Geltung zu bringen.
Wenn Sie Jona hören, würde er sagen: „Ich warne euch. Wenn ihr nach eurer Lust lebt, nach eurem Gutdünken, nach eurem Gefühl, erinnert euch noch an die erste Predigt, wo ihr euch selbst bestimmen lasst, wo ihr eurem Herzen folgt, euren eigenen Gedanken, und ihr habt kein Wort Gottes, das euch Wegweisung gibt, dann geht ihr immer in die Irre.“
Darum bindet er sich an diese Befehle Gottes.
Und jetzt sage ich das anstößige Wort: Sie kommen in Ihrem Glaubensleben nicht daran vorbei, dass Gott Ihnen zur Autorität wird.
Ich halte nichts von anderen Autoritäten, aber von der einen Autorität hält Jona viel – nach seinen bitteren Erfahrungen halten Christenleute viel davon. Es gibt eine Autorität in unserem Leben, die uns bestimmen muss, bis in unsere Freizeitgestaltung hinein, bis in unsere Wünsche, bis in unsere geheimsten Gedanken: Gott, der Herr, der mich ruft. Wenn er mir Befehle gibt, dann will ich ihnen gehorchen.
Jetzt möchte ich Sie umgekehrt fragen: Woher kommt es eigentlich, dass Sie das als autoritär empfinden? Wer darf das eigentlich sagen? Wo hat Gott einen Menschen je in die Irre geführt? Wo hat Gott einen Menschen je angeschmiert oder betrogen? Wo hat Gott einen hereingelegt? Das mag bei irdischen Autoritäten vorkommen, aber wo hat Gott einen Menschen je von der Freude, von der Erfüllung, vom Frieden weggetrieben?
Hat der Versucher schon so viel Raum in unserem Herzen, dass er uns das als autoritär madig machen kann?
Wir Menschen kommen nur zur Erfüllung – in allen Lebensbereichen –, wenn wir den Sinn Gottes erkennen, den er in unser Leben hineingelegt hat.
Sie kommen in Ihren Geldangelegenheiten nicht klar, wenn Sie nicht die Ordnung Gottes finden. Sie kommen mit Mitmenschen nicht klar, wenn Sie nicht zur Ordnung Gottes zurückkehren. Sie kommen als Mann und Frau nicht klar, wenn Sie nicht Gottes heilige Ordnung für Ihr Leben erkennen. Sie kommen nicht klar, wenn Sie nicht die Verpflichtung für Ihr Leben erkennen, was Gott will, weil er Sie geschaffen hat. Ihr Leben bekommt nur auf ihn hin Erfüllung und Sinn.
Das ist doch gar nichts von der Autorität, wenn Sie auf der Straße einen Hund sehen, wo das Herrchen hinterherläuft. Manchmal gibt es so große Hunde und so ein Herrchen, und dann hebt das den Hund hoch, und den kriegt man kaum mehr los. Mir tut das immer weh, wie das dem Hund da hineinschneidet.
Es gibt ja sogar, ich glaube das ist verboten, Hundeketten, in denen Spitzen sind, damit es weh tut. Es gibt widerborstige Hunde, die muss man so an die Leine nehmen. Das macht Gott nie, da brauchen Sie gar keine Sorge zu haben.
Gott nimmt Sie nicht an die Leine, er will es Ihnen doch nicht vergelten. Es ist keine Strafe, damit er Sie gängeln kann. Sie können Ihr Leben leben wie ein Hund, ab durch die Büsche. Sie können Ihr Leben ohne Gott leben, da lässt er Ihnen freien Raum, wenn Sie wollen.
Was die Bindung an Gott ist, das ist das Gehorchen. Verzeihen Sie das private Beispiel: Wenn ich die Hand meiner Frau nehme und sage, es gibt in dieser Welt nichts Größeres als diese Bindung für mich – so ist die Bindung eines Menschen an Gott.
Das hat mit autoritärer Führung nichts zu tun, sondern das ist die große Liebe: Herr, bei dir will ich sein.
So geht Jona nach Ninive. Und da geht es um Gehorsam bis hinein in die kleinen Dinge unseres Lebens, wo Gott uns haben will.
Die Gläubigen haben dann immer auch den Wunsch geäußert: Gott möge sie binden. Das kommt nicht von Gott. „Kannst du mich nicht binden, damit ich nicht irregehe?“ Da hat David einen schönen Psalm gedichtet: „Der Herr ist mein Hirte.“ Mach es doch so, wie der Hirte seine Schafe zusammenhält, und pass du auf mich auf, damit ich nicht von dir weglaufe.
So herum geht es, dass wir das als Bitte an ihn, den Herrn, richten.
Das ist doch die einzige Freude: das Gehorchen.
Passen Sie auf, wenn in Ihrem Ohr da schon etwas dumpf klingen mag, dieses Gehorchen als ein anrüchiges Wort.
Für uns ist das bei diesem gütigen und lieben Herrn die einzige Weise, damit wir endlich in unserem Leben zur Freude, zur Ruhe und zur Erfüllung kommen.
Es ist kein Zufall, dass der längste Psalm im Alten Testament der Psalm ist, der von den Befehlen Gottes redet – Befehle, Kommandos Gottes!
Dort heißt es ja: „Ich wandle fröhlich, denn ich suche deine Befehle.“ Darum kann ich fröhlich leben. „Ich habe Freude an deinen Kommandos, an deinen Mahnungen. Sie sind mein Ratgeber.“ Das ist doch das Erkennen der Christen.
Und in unserem Gesangbuch steht der schöne Vers: „Schaff in mir, Herr, den neuen Geist, der dir mit Lust Gehorsam leist, und nichts sonst, als was du willst, will, ach Herr, mit ihm mein Herz erfüllen.“
Jona hat verbrannte Finger, er hat noch einen schmutzigen Anzug an, als er nach Ninive hineingeht. Aber er merkt: Ich will gehorchen. Ich will mit Leib und Seele meinem Herrn gehören.
2. Großes Wirken trotz kleiner Mittel
Das Zweite
Es geht ja jetzt darum, Sie wissen es noch: Wie fängt man ein neues Leben an? Ich möchte also jetzt auch zu Ihnen sprechen und hoffe, dass Sie die Brücke schlagen können. Manche unter uns haben neu geschenkte Gesundheit bekommen. Andere sagen: Ich nehme mein Leben noch einmal neu aus der Hand Gottes. Wieder andere verstehen es so, dass dieses Jahr 1980 ein neu geschenktes Jahr ist, und im Gehorsam wollen sie es begehen.
Und nun wirkt Gottes Kraft. Das bleibt unglaublich. Manche sagen deshalb, die ganze Jona-Geschichte sei für sie nicht realistisch. Wie kann Jona in die gottlose Stadt Ninive hineingehen, die nicht einmal die Offenbarung des Alten Testaments kennt, und 120.000 Menschen bekehren sich reihenweise? Das hätte man ja im größten evangelistischen Feldzug nicht geschafft. Und dann sagen sie, das geht eben nicht. So etwas ist noch nie vorgekommen, dass ein einzelner solch eine Wirkung hat.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht: Stimmt das, was sie sagen? Was hat Luther gemacht? Er hat eine ganze Weltgeschichte umgedreht und war ein treuer Bibelleser und Beter. Mir hat vor ein paar Tagen eine anonyme Frau angerufen, die irgendwo im Evangeliumsrundfunk zugehört hat. Sie sagte, es sei falsch, was ich gesagt habe. Die großen Veränderungen der Welt seien doch nur durch Revolution und Gewalt entstanden.
Doch halt mal, ist das wirklich wahr? Luther hat keine Armeen befehligt. Franz von Assisi, Johann Hinrich Wiechern mit der Revolution der Diakonie, Wilberforce mit der Abschaffung des Sklavenhandels, John Wesley mit dem größten Einfluss auf die soziale Landschaft Großbritanniens und weit darüber hinaus – alles Einzelpersonen. Dann sagen Sie, das geht nicht mit Jona. Das hat Gott nie getan.
Nun, Gott wirkt verschieden. Manche stellt er in Mannschaften hinein – das wollen wir ihm überlassen. Aber wir wissen, dass das keine Ausrede sein kann, um sich zu drücken. Oft sind wir so anspruchslos und sagen: „Ja, ich möchte gar nichts Großes.“ Doch ich will heute Morgen freimütig bekennen: Ich will Großes. Ich will für Gott Großes wirken. Und wenn Sie es nicht wollen, ist das peinlich genug.
Das ist doch schlimm, denn Gott will Großes. Gott liebt diese Welt. Jona war ein unbedeutender Prophet. Ich will ihm nicht an Zeugnis flicken, aber wenn er 40 Tage predigt und dann wird Ninive untergehen, bin ich glücklich, dass ich ein reichhaltigeres Predigtthema habe. Ich denke, ich habe mehr über ihn gepredigt als Jona selbst. Wenn Sie den Inhalt seiner Predigten anhören, das war schnell auf eine Kassette gesprochen, nicht viel.
Und da meint man, es liege daran, was wir daraus machen. Da kann ein noch so schwacher Prophet sein, und Gott gibt ihm offene Türen, wirkt durch sein Wort hindurch und schafft es, dass Menschen dieses Wort verstehen – und zwar eine grausame Botschaft, die Jona zu bringen hatte. Ich bin glücklich, dass ich keine Gerichtspredigt bringen muss: „40 Tage und Ninive wird untergehen.“ Gott hat es beschlossen.
Es war nicht im Kopf von Jona gewachsen, so meinen ja auch manche. Es steht hinten am Ende von Kapitel 3, Sie haben ja ihre Bibeln vor sich. Das Übel, das Gott ihnen angekündigt hatte im Vers 10 von Kapitel 3, das war seine Sache. Gott hatte beschlossen, dass Ninive untergehen muss. Und nun schenkt Gott dieses große Wunder, dass Menschen zum Glauben an ihn kommen, sogar der König von Ninive.
Der große Palast von Ninive wurde ja ausgegraben. Der König steigt von seinem Thron herunter, legt seine kostbaren Kleider ab und erschrickt darüber, dass sie den heiligen Gott missachtet haben. Das, was uns so Not macht: Wie können wir das einem Menschen vermitteln? Das schafft Gott. Plötzlich entsteht eine Erkenntnis. Die Leute wachen aus ihrem Taumel, aus einer Betäubung ihrer Sinne, und erkennen plötzlich, was es heißt, ohne ihn zu leben.
Und es kommt zu einem großen Aufwachen. Es geht ja darum, dass wir Großes wirken. Es ist uns wichtig, einem Menschen Liebe zu vermitteln. Wir wollen ihm ein wenig Freundlichkeit erweisen, ein gutes Wort, einen aufmunternden Satz, eine kleine Hilfe in der Nachbarschaft.
Aber wissen Sie, das Allergrößte bleibt: Wenn ein Mensch, der Gott verloren hat, ihn wiederentdeckt und sagt: „Ihm gehöre ich, für ihn lebe ich“, wenn er zurückkehrt aus dieser Verblendung – dazu sind wir doch gerufen. Das Größte ist, wenn einer in der Ewigkeit sagen kann: „Der hat uns den Weg zufrieden gewiesen.“
Jona wirkt Großes, und er schafft es. Ein ganz großer Mann steht vor uns als einer, der gesegnet war im Dienst. Was kann man von Ihrem Leben Großes sagen? Wie viel Sie verdient haben, wie viele Prüfungen Sie bestanden haben? Oder das Größte, dass Sie sagen können: Ich war Geburtshelfer für Menschen zum ewigen Leben. Ich durfte mithelfen, dass einige das wahre Licht der Welt erblickt haben und zum Glauben gekommen sind.
Ich will Großes wirken. An Jona kann man sehen, dass es geht. Und das ist der Weg, wenn man noch einmal anfängt: der heilige Entschluss, nur nach ein paar Gelegenheiten in dieser Welt zu suchen, wo ich mitschaffen kann, wo etwas herauskommt – ihm zur Ehre.
3. Der innere Kampf mit sich selbst
Aber nur noch ein dritter Punkt: Er leidet an sich selbst.
Ich darf das so untergliedern, ich meine, dann wird das uns deutlich. Man kann ja viele andere Punkte herausnehmen. Nicht, dass Sie das so nehmen, als sei das eine Beschränkung. Wir wollen ja einfach ein paar Merksätze mitnehmen, damit wir es behalten: Er gehorcht, er wirkt Großes, und nun leidet er an sich selbst.
Dass die Jonah-Geschichte an dieser Stelle nicht aufhört, ist eigentlich überraschend. Normalerweise hören die Biografien großer Leute auf: Jonah, der Evangelist von Nineveh. Dann wird das letzte Schlusskapitel die große Arena sein. Vielleicht würde man noch eine Sterbegeschichte von Jonah anschließen. Aber nun tut die Bibel etwas ganz Kühnes: Sie nimmt uns mit hinein in etwas, was sonst niemand sehen darf – in das innere Leben eines Evangelisten.
Und nun schleicht sich das so leicht ein. Ich habe das selbst gemerkt, und das war auch bei mir bisher beim Bibellesen so, dass ich mich recht erhaben gefühlt habe über diesen Jonah und dachte: Was ist das bloß, ein engstirniger Mann? Je länger man darüber nachdenkt, muss man sagen, es ist ganz notwendig, dass alle Mitarbeiter Gottes ganz enge, komplizierte und komische Leute sind. Wo und wie das ist, das weiß man nicht.
Jonah, ein solcher Erfolgsmensch, und dann sagt er: „Wenn ich nur sterben dürfte.“ Und dann sitzt er in seinem Schrebergärtchen und pflanzt Stauden. Dann liegt er im Liegestuhl und wartet, bis Nineveh untergeht. Jonah, was ist in dich gefahren?
Aber wie sieht denn unser Leben in den Augen Gottes aus, unser Innenleben, unsere geheimsten Gedanken, die ja niemand von uns kennt? Was hat Gott sich doch für ein schwieriges Personal da angeheuert! Was sind wir doch für Nervenbündel, für untreue, unzuverlässige Leute, dass die Bibel das so offen schildert: Jonah, der Evangelist von Nineveh, und was für ein komplizierter Mensch.
Jetzt lassen Sie doch bitte für Ihr ganzes Leben diese Verherrlichung von Menschen, diese Vergötterung sterblicher Leute. Das sind alles ganz komplizierte Menschen, wir eingeschlossen, an denen Gott riesige Not hat.
Das, was da erzählt wird, ist ja, dass dieser Jonah sich nicht hineingewöhnen kann in dieses weite Herz Gottes. Gott brennt für die Menschen. Ja, also, das ist ja eigentlich auch ein Rätsel, wie wir an Menschen im Treppenhaus vorbeigehen können, ohne dass unser Herz brennt – in Liebe. Es ist schwer, aber in Liebe brennt es, sodass unser ganzes Bemühen darauf hingeht, auf sie, dass wir überhaupt denken können.
Ohne dass uns das Schicksal von Menschen fernab bewegt – ob das Moslems sind oder Indonesier oder Afghanen oder Chilenen oder wer das ist. Das muss uns doch umtreiben, weil das weite Herz Gottes doch eigentlich die Boten auch mitprägen müsste. Und das ist erschütternd.
Jonah gehorcht, aber er hat nie das weite Herz Gottes bekommen. Das können Sie durchweg verfolgen: Diese Langmut und Geduld, diese Weite – die haben wir nicht.
Beim evangelistischen Einsatz, beim Hausbesuch: Der will nicht, dann hören wir gleich auf, dann machen wir nicht mehr mit.
In dieser Woche gehen jetzt unsere Gemeindediensthelfer mit den Gemeindebriefen wieder in die Häuser. Ich weiß doch, wie schwer dieser Gang ist. Und die meisten drücken sich doch hier schon um diesen Dienst. Es geht doch nicht um ihre Zeit, sondern darum, dass wir nicht dieses Herz haben, das Gott hat.
Und das, was von Jonah geschrieben ist, das ist nicht geschrieben, damit wir uns nun über ihn erheben, sondern als ein Erschrecken, dass Gott mit so schlechtem Personal arbeitet. Kein Chef würde da mitmachen. Er würde eine Bewährungszeit ansetzen und dann jemanden rauswerfen. Er würde sagen: „Mit euch kann ich nicht arbeiten.“ Gott arbeitet mit solchen Leuten, die man wirklich nicht zum Personenkult gebrauchen kann – mit notvollen Leuten unter Jonah.
Merkt das ja! Das ist wunderbar, dass die Geschichte nicht so schließt mit dem großen, rauschenden Erfolg von Nineveh, sondern am Ende bleibt Jonah einer, der durch das Wunder Gottes selbst gerettet bleibt.
Das, was sich mit dem Fisch ereignet hat, bleibt ja später so. Und wenn sie den Jonah rühmen wollen, wird es ja nichts. Und wenn sie irgendeinen Menschen rühmen wollen, wird es ja nichts.
Mir ist Erbarmen widerfahren, Erbarmen, dessen nicht mal ein Jonah wert war, dessen keiner wert ist. Und davon wollen wir ein Leben lang reden.
Jonah ärgert sich, dass die Staude in seinem Schrebergärtchen kaputt ist – das bewegt ihn. Und es gibt Christen, die sich aufregen, dass Leute in der Wohnung so laut Klavier spielen oder dass die Kinder so laut lärmen auf der Straße oder sonst über irgendwelche Dinge, über den Verkehrslärm sich ärgern, statt dass sie sich mitsorgen um Menschen, die verloren gehen.
Wie kann ein Jonah nur so ein kleines Herz haben? Gott jammert über diese Menschen, und Gott will Menschen retten. Wer weiß, wie lange noch Zeit bleibt? Er will, dass wir nur etwas von seinem liebenden Herzen haben und Menschen das weiter erzählen.
Da hat der König von Nineveh gesagt: „Vielleicht, wer weiß, wer weiß, vielleicht wird Gott sich erbarmen.“ Wissen Sie, dass das die Menschen denken, zu denen sie kommen? „Wer weiß, vielleicht wird Gott all des Übels ein Ende machen.“ Und Jonah schweigt, er geht nicht hin.
Jonah, das musst du doch erzählen, das musst du doch den Menschen sagen! Ja, er lässt sich ärgern. Er will doch vergeben, das ist doch sein letztes Ziel, keine größere Freude.
Jetzt ist im Himmel Jubel. Da wird alles andere abgesetzt, wenn ein Mensch sagt: „Ich will umkehren, ich will mich in diese erbarmende Güte Gottes einhüllen lassen.“
Die Leute von Nineveh werden auftreten am Jüngsten Tag und klagen wieder uns an: „Ihr habt mehr gehabt als diese schlichte Jonah-Predigt, ihr habt um Jesus gewusst, um seine Liebe, und habt nicht Buße getan.“
Sie rufen uns heute, dass wir umkehren.
Amen.