Die Bedeutung der Erkenntnis der Wahrheit für Gläubige
Bei Vers 26 möchte ich noch eine Sache ergänzen, die ich vorher nicht erwähnt habe. Es geht um die Erkenntnis der Wahrheit, um das, was dort steht: „Denn wenn wir vorsätzlich sind, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben.“
Ich bin dem Ausdruck nachgegangen, weil in einer Diskussion mit lieben Christen gesagt wurde, die betreffende Person sei noch nicht wiedergeboren gewesen. Das hat mich interessiert, und ich habe mich näher damit beschäftigt.
In Titus 1,1 spricht Paulus von Menschen und richtet sich an Christen. Dort heißt es: „für den Glauben der Erwählten und die Erkenntnis der Wahrheit.“ Er nennt also „Glaube“ und „Erkenntnis der Wahrheit“ nebeneinander. Zuerst wird der Glaube genannt, dann die Erkenntnis der Wahrheit.
In 1. Timotheus 4,3 spricht er von Menschen, die „glauben und die Wahrheit erkannt haben“. Merkt man sich die Reihenfolge? Erst glauben, dann die Wahrheit erkennen.
In 1. Timotheus 2,4 heißt es: „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ Hier steht Rettung zuerst, dann die Erkenntnis der Wahrheit.
Diese Reihenfolge ist interessant: Glauben und dann die Wahrheit erkennen; gerettet werden und dann die Wahrheit erkennen. Die Erkenntnis der Wahrheit ist also eine sehr wichtige Sache.
Aber was bedeutet das konkret? Es geht nicht um Menschen, die noch nicht gläubig sind und jetzt versuchen, herauszufinden, was die Wahrheit ist. Nein, es geht um Menschen, die zum Glauben gekommen sind und jetzt die Wahrheit wirklich kennenlernen.
Die Wahrheit kann man erst wirklich kennenlernen, wenn man zum Glauben gekommen ist. Daher sagt Jesus: „Ich bin der Weg und die Wahrheit.“ Die Wahrheit ist eine Person. Wenn ich zum Glauben komme, lerne ich die Wahrheit kennen und damit auch eine Person.
Die Wahrheit Gottes ist Christus. Wenn hier also gesagt wird: „Nachdem ihr zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen seid“, bedeutet das, dass man etwas ganz Besonderes erkannt hat. Man hat die wahre Person erkannt, die die Wahrheit in Person ist: Jesus Christus, und alles, was damit zusammenhängt.
Das spricht nicht von Menschen, die halbgläubig sind oder auf dem Weg zum Glauben sind. Nein, wenn jemand die Wahrheit erkannt hat, dann ist das jemand, der wirklich schon längst zum Glauben gekommen ist. Diese Person hat ganz klar erkannt, dass Jesus Christus die Wahrheit ist, und hat diesem Christus ihr Vertrauen geschenkt.
Glauben und Wahrheit erkennen, gerettet werden und Wahrheit erkennen – das gehört zusammen. Es geht hier eindeutig um Menschen, die wiedergeboren sind.
Die Warnung vor vorsätzlicher Sünde und Abfall
Außerdem sollte der Zusammenhang beachtet werden. Was steht in Vers 26? Ich habe bereits Aufmerksamkeit darauf gelegt. Vers 26, ganz am Anfang, schließt an das an, was er gerade vorher gesagt hat: Sie sollen festhalten.
Lasst uns das Bekenntnis festhalten, lasst uns aufeinander Acht haben, lasst uns uns anspornen. Geht es dabei um wiedergeborene Menschen? Diejenigen, die das Bekenntnis festhalten sollen, die sich anspornen und treffen sollen – sind das wiedergeborene Menschen? Natürlich, es geht um Christen.
Dann schließt er an und erklärt, warum das wichtig ist. Warum müssen wir uns aufrufen? Warum sollen wir zusammenkommen und uns treffen? Warum sollen wir das Bekenntnis festhalten? Weil, wenn wir vorsätzlich sündigen, wir, die uns treffen, wir, die uns aufrufen, wir, die das Bekenntnis festhalten – wir Christen – wenn wir vorsätzlich sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, dann gibt es kein anderes Opfer mehr.
Es geht eindeutig um wiedergeborene Menschen. Man kann gar nicht anders. Es können nur wiedergeborene Menschen sein. Um etwas anderes herauszulesen, müsste man schon mogeln und eine eigene Lehre in die Schrift hineinpressen.
Das dürfen wir nicht. Wir dürfen nicht unfair mit der Bibel umgehen. Wir müssen genau das nehmen, was da steht. Und das ist für uns immer eine Herausforderung. Wir müssen uns der Schrift stellen.
Die Schwere des Abfalls im Vergleich zum Gesetz Mose
Vers 28: Setzt jemand das Gesetz Mose beiseite, so stirbt er ohne Erbarmen auf Grund von zwei oder drei Zeugen. Dieses Prinzip haben wir bereits am Beispiel des Holzsammlers gesehen, der den Sabbat brach.
Setzt jemand das Gesetz Mose beiseite, stirbt er ohne Erbarmen auf Grund von zwei oder drei Zeugen. Wie viel schlimmer, meint ihr, wird die Strafe für den sein, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt, das Blut des Bundes, durch das er geheiligt war, für unrein achtet und den Geist der Gnade schmählich misshandelt?
Hier folgt eine sehr strenge Warnung: Im Alten Testament wurde jemand, der das Gesetz brach, auf Grund von zwei oder drei Zeugen getötet. Wie viel schwerer muss die Strafe für den sein, der Christus verlässt! Es heißt hier, dass dieser Mensch den Sohn Gottes mit Füßen tritt. Jemand, der zuvor den Sohn Gottes erkannt hatte, verachtet ihn nun. Mit Füßen treten bedeutet gering achten, verachten.
Man verachtet den Sohn Gottes, indem man sagt: Nein, ich kehre zurück zum Judentum, Jesus sei im Tod eines Verbrechers gestorben, und dieser Verbrecher gehöre zu den Verbrechern. Jesus sei ein ganz normaler Mensch gewesen. So wendet man sich von Christus ab.
Das Blut des Bundes, durch das er geheiligt war, wird für unrein gehalten. Das bedeutet, das Blut Jesu wird als das Blut eines Verbrechers angesehen, als unreines Blut, das Blut eines Sünders. Doch durch dieses Blut war der Gläubige geheiligt. Er war geheiligt, das heißt, er war Christ gewesen und hatte sich durch dieses Blut reinigen lassen. Durch dieses Blut stellte er sich auf die Seite Gottes. Er war wiedergeboren, es geht gar nicht anders.
Das Heiligen wird in der Bibel durch das Blut beschrieben. So lesen wir etwa in Kapitel 9, Verse 13 und 14: „Denn wenn das Blut von Stieren und Ziegenböcken und die Asche eines Rindes auf unrein gemachte Menschen zur Reinheit des Fleisches heiligt, wie viel mehr wird das Blut Christi euer Gewissen reinigen?“
Das Blut Christi, der sich geopfert hat, reinigt unser Gewissen von toten Werken. Die Reinigung erfolgt durch das Blut.
Oder in Kapitel 10, Vers 10: „In diesem Willen sind wir geheiligt durch das Darbringen des Leibes Christi ein für allemal.“ Der Leib Christi steht hier für sein Blut. Er hat sein Blut vergossen zusammen mit seinem Leib. Durch seinen Willen, indem er sagte: „Ich bin bereit, ich will mein Leben als Opfer geben“, sind wir, die Gläubigen, geheiligt worden.
Man muss gläubig gewesen sein, um durch das Blut geheiligt zu werden. Jemand, der noch nicht Christ ist, ist noch nicht durch das Blut geheiligt. Es geht gar nicht anders. In der Bibel werden die Gläubigen „Heilige“ genannt.
Wir haben es ja auch schon gelesen, Kapitel 10, Vers 22: „Lasst uns mit wahrhaftigem Herzen in voller Gewissheit zum Thron der Gnade hinzutreten, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe.“ Hier wird von „Besprengung“ gesprochen, was sich auf eine Blutbesprengung bezieht.
Die Lästerung des Heiligen Geistes und Gottes Gericht
Gut weiter, Vers 29 am Ende: „und den Geist der Gnade schmählich misshandelte.“ Das ist Lästerung des Geistes.
Der Heilige Geist ist ein Geist der Gnade. Was heißt das? Der Heilige Geist möchte Gnade schenken. Er möchte den Menschen unverdientermassen beschenken – mit Kraft, mit Hilfe und mit allem, was sie brauchen, einschließlich der Sündenvergebung.
Der Heilige Geist ist ein Geist der Gnade. Wenn man den Heiligen Geist zurückstößt und sich nicht mehr von ihm überführen lässt, dann sündigt man gegen den Heiligen Geist. Das ist eine lästerliche, schmähliche Behandlung des Geistes. Das ist eine ernste Sache.
Wie soll ein solcher Mensch wieder von Sünde überführt werden, wenn er den Heiligen Geist, der ihn von Sünde überführen möchte, nicht annimmt, sondern lästert? Dann verhärtet er sich immer mehr, wie die Pharisäer, und wird immer härter.
Weiter heißt es: „Denn wir wissen um den, der sagte: Die Vergeltung ist meine Sache, ich werde vergelten, sagt der Herr.“ Und erneut: „Der Herr wird sein Volk richten.“
Jetzt folgen einige Bibelzitate, Vers 30 und Vers 31: „Furchtbar ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“
Das erste Zitat stammt aus 5. Mose 32, Vers 35, und das zweite aus 5. Mose 32, Vers 36.
5. Mose 32 ist ein ganz interessantes Kapitel. Es ist das Lied des Mose – ein langes Gedicht über die Israeliten und die Sünde des Volkes Israel. Es ist eine Warnung vor Sünde und vor Abfall. Das ganze Kapitel beschreibt die Israeliten, um ihnen die Folgen ihres Verhaltens vor Augen zu führen.
Die Botschaft lautet: Bitte lasst es nicht so weit kommen, dass ihr schließlich den Herrn, euren Gott, vergesst und euch von ihm abwendet.
Ich lese nun 5. Mose 32, Vers 35: Es geht um Israel.
„Mein ist die Rache und die Vergeltung für die Zeit, da ihr Fuß wanken wird, denn nahe ist der Tag ihres Verderbens, und was ihnen bevorsteht, eilt herbei. Jachwe wird sein Volk richten, und er wird sich’s geräuen lassen über seine Knechte.“
Das bedeutet, es wird ihm leidtun, dass er dieses Volk einst erwählt hat. Er wird sich’s geräuen lassen und sagen: „Oh nein, hätte ich doch nie diese erwählt.“
Er wird sich’s geräuen lassen über seine Knechte, wenn er sieht, dass die Kraft geschwunden ist und der Gebundene und der Freie dahin sind. Dann wird er fragen: „Wo sind eure Götter? Wo sind eure Götzen?“
Denn sie haben auf Götzen vertraut, diese Götter waren ihr Fels. „Wo sind nun eure Götter und der Fels, auf den ihr vertraut habt?“
Wenn Israel in den Götzendienst fällt, dann kommt das Gericht. Dann wird der Herr sein Volk richten.
Ich stelle mir vor, dass dieser Vers für jene gilt, die zurückweichen und so werden wie die anderen Israeliten, die immer noch am Tempel, am Tempelgottesdienst, am Priesterdienst festhalten und Christus verachten.
Der Herr wird sein Volk richten, er wird Israel richten.
Acht Jahre später kam das Gericht, oder sieben Jahre später. 66 n. Chr. begann der Krieg. Einige Jahre danach, zwei oder drei Jahre später, begann der Krieg und dauerte etwa drei bis vier Jahre, bis Jerusalem dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Josephus berichtet, dass kein einziger Stein auf dem anderen blieb. Die Stadt wurde zerstört – Gericht über Israel.
Der Herr wird sein Volk richten. Das bezieht sich auf Israel.
Wer nun zum fleischlichen Israel zurückkehrt, der geht genau dorthin zurück, wo das Gericht kommen wird.
Die Sicherheit der Gläubigen und die Gefahr des Abfalls
Furchtbar ist es, in die Hände des lebenden Gottes zu fallen. Er bangt um die Leser, er hat wirklich Sorge um sie, denn das Heil steht auf dem Spiel.
Was lernen wir daraus? Sollen wir als Christen jetzt unsicher sein und jeden Tag mit Angst leben, dass wir vielleicht abfallen könnten? Sicher nicht. Das ist nicht der Sinn und das Ziel dieses Textes.
Niemand kann uns vom Herrn trennen, niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Die Gläubigen – die Gläubigen – wird niemand aus der Hand des Herrn reißen. Diejenigen, die weggehen wollen, die sind die Gefährdeten. Die, die nicht mehr glauben wollen, das sind die Gefährdeten. Niemand von außen kann kommen und uns aus der Hand Jesu trennen.
Es sind zwei Hände: die Hand des Vaters und die Hand des Sohnes. Und da sage ich: „Ich und der Vater sind eins, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen, und niemand wird sie aus der Hand meines Vaters reißen.“
Meine Schafe hören meine Stimme, ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen (Johannes 10,27 und folgende). Die Schafe bleiben in seiner Hand. Da kann kein Satan kommen, da kann kein Räuber kommen, da kann kein sonst irgendeiner kommen. Niemand kann uns reißen.
Hier sind drei Parteien: Die eine Partei ist der Vater und der Sohn, die uns festhalten. Die andere Partei ist der Feind, der uns wegreißen möchte. Und die dritte Partei sind wir selbst.
Um uns geht es. Wir sind in der Hand drinnen, um uns geht es. Jetzt sagt er von den anderen: Die eine Partei hält uns fest, die andere will uns wegreißen. Aber der, der uns wegreißen will, hat keine Chance. Versteht ihr das? Das ist der Gedanke dort.
Es geht nicht um die Frage, ob man sündigt oder abfällt, und so weiter. Das ist nicht das Thema dort. Wenn jemand abfallen will, dann wird Gott ihm letztlich nicht hindern können, denn Gott ist nicht einer, der dem Menschen Gewalt antut.
Dann sagt man: „Ja, aber in der Familie ist das ja auch so, wenn du das Kind des Vaters bist, dann bist du immer das Kind deines Vaters.“ Stimmt nicht. Ein Vater kann seine Kinder verlieren, oder? Im schlimmsten Fall gibt es das leider.
In Salzburg war das so: Ein gläubiger Vater, er dient dem Herrn, ist Prediger in Salzburg. Sein Sohn hat sich das Leben genommen. Hat er seinen Sohn verloren? Natürlich hat er ihn verloren. Er konnte ihn nicht hindern. Vor Selbstmord kann man niemanden hindern, letztlich nicht.
Gott wird auch seine Kinder nicht hindern, die Selbstmord begehen. Jetzt hat er keinen Sohn mehr, der Sohn ist weg. Also ist es sehr wohl möglich, dass der Vater seine Kinder verlieren kann, wenn sie so töricht sind und diesen Weg gehen. Leider ist es so.
Ich sage das deshalb, weil man immer wieder mit Menschen zusammenkommt, die sagen: „Nein, wenn man einmal gläubig geworden ist, dann bleibt man immer gläubig, und Gott wird das nie zulassen, dass er seine Kinder verliert.“
Selber zulassen wird er es nicht, aber er kann nichts tun. Der Vater kann nichts tun, wenn das Kind sich umbringt. Schrecklich, der Gedanke. Aber es ist leider so.
Und hier stehen Menschen, die sind drauf und dran, sich geistlich zu töten. Sie gehen ins Verderben, und deshalb bangt er um diese Leute.
Das Gericht und die Möglichkeit der Umkehr
Sind dazu Fragen? Das ist ja auch oft ein Thema, das unter Christen heftig diskutiert wird: Welche Strafe gibt es? Das Gericht? Ja, irgendwann kommt ein Gericht, spätestens beim Tod. Es ist dem Menschen einmal gesetzt zu sterben und danach das Gericht, spätestens nach dem Tod.
Was ich sagen will: Bis der Mensch stirbt, gibt es immer noch eine Chance, klar. Aber wenn er gestorben ist, gibt es keine Chance mehr. Es gibt keine Umkehr nach dem Tode, keine Möglichkeit nach dem Tode. Hier war es natürlich ein spezielles Gericht, klar. Aber das brachte diese Menschen ja auch in den Tod. Ja, das ist aber ein anderer Kontext.
Dämpft nicht den Geist Gottes – da geht es um Prophezeiungen. Damals gab es das: In der ersten Zeit konnten Menschen unter dem Einfluss des Heiligen Geistes sprechen, prophezeien. Und wenn sie prophezeiten, sollte man sagen: Dämpft nicht den Geist, dann lasst sie reden, so heißt es. Das ist nicht der andere Zusammenhang.
Erster Thessalonicher 5,19.
Erinnerung an frühere Erfahrungen und Ermutigung zur Ausdauer
Jetzt zurück zum Text, Vers 32. Wir machen das jetzt ein bisschen zügiger. Vers 32 erinnert an die früheren Tage, in denen ihr, nachdem ihr erleuchtet worden wart, viel Leidenskampf erduldetet.
Ein Teil davon bestand darin, dass ihr zum Schauspiel wurdet, den Beschimpfungen und auch Bedrängnissen ausgesetzt. Ein anderer Teil war, dass ihr Gemeinschaft mit denen hattet, die es auf diese Weise erlebten. Denn auch mit meinen Fesseln hattet ihr Mitleid, und den Raub eures Besitzers nahm der mit Freude hin.
Ihr wusstet, dass ihr bei euch selbst ein besseres Gut im Himmel hattet, ein bleibendes Gut.
In diesen Versen 32-34 fordert er sie auf, zurückzudenken: Erinnern Sie sich an die früheren Tage. Das ist übrigens ein gutes Mittel, wenn jemand merkt, dass er gegenüber Christus kühl geworden ist. Man sollte an die erste Zeit zurückdenken und dann Buße tun.
In Offenbarung 2 heißt es: „Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße“, so sagt er dort dem Engel, dem Boten in Ephesus. Hier ist es das Zurückdenken an die früheren Tage, an die Zeit, als ihr am Anfang so große Freude hattet, für Christus da zu sein.
Ihr habt euch hingegeben, ihr wart echt wiedergeboren, ihr wart erleuchtet. Ihr habt gelitten, ihr habt Beschimpfungen und Bedrängnisse auf euch genommen, Leidenskampf.
Jesus sagt: „Jeder, der mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch ich vor meinem Vater bekennen, der in den Himmeln ist. Und jeder, der mich verleugnen wird, den werde auch ich verleugnen vor meinem himmlischen Vater“ (Matthäus 10,32-33).
Sie haben bekannt, und der Herr hat sich dazu gestellt. Das gehört zum Glauben dazu. Wer Jesus Christus glaubt, der wird auch bereit sein, ihn zu bekennen. Der wird sich auch taufen lassen und bereit sein, sich zu Jesus zu stellen.
Wenn jemand nicht bereit ist, sich zu Jesus zu stellen, dann muss er sich fragen, ob er überhaupt Christ ist. So ist es. Die Bereitschaft muss grundsätzlich vorhanden sein: Ich stelle mich auf die Seite von Jesus Christus.
Die Verheissung des besseren Guts und Aufforderung zur Standhaftigkeit
Vorausdenken, Vers 34: Denkt daran, dass ihr bei euch selbst ein besseres Gut im Himmel habt.
Sie wurden beraubt, ihnen wurden Häuser oder andere Güter weggenommen. Doch es wird daran erinnert, dass ihr eine herrliche Zukunft habt, an der euch dort niemand etwas nehmen kann.
Zum Schluss heißt es: Werft also eure Freimütigkeit nicht weg, sondern habt Ausdauer. Werft euer Zutrauen, eure Freimütigkeit nicht weg, denn sie hat eine große Belohnung.
Ausdauer ist nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung davontragt. Bleibt also im Vertrauen und steht standhaft.
Ausdauer ist notwendig, dann werdet ihr die Verheißung erhalten – das heißt die Verheißungsgüter, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt. Der Wille Gottes ist, dass ihr ausdauernd bei ihm bleibt und festhaltet.
Denn noch ein Weniges – oder auch: ganz, ganz kurz – dann wird der, der kommt, kommen. Er wird nicht verziehen, doch der Gerechte wird vom Glauben her leben.
Und wenn er zurückweicht, hat meine Seele nicht Wohlgefallen an ihm. Hier zeigt sich wieder die nahe Erwartung, die in diesem Brief schon mehrfach erwähnt wurde.
Der Gerechte lebt aus Glauben, das ist ein Zitat aus Habakuk. Der Gerechte vertraut nicht auf seine Werke, sondern lebt aus dem Glauben, aus dem Vertrauen zu Christus.
Und wenn er zurückweicht – wer ist hier gemeint? Es kann nur der Gerechte sein. Manche Übersetzungen sagen „wenn jemand zurückweicht“, das ist eine schlechte Übersetzung.
In älteren Elberfelder-Ausgaben stand das noch so, doch in der revidierten Elberfelder wurde es zum Glück korrigiert. Es geht nicht darum, dass „jemand“ zurückweicht, sondern darum, dass der Gerechte zurückweicht.
Was bedeutet „zurückweichen“? Es heißt zurückgehen ins Judentum. Wir gehören nicht zu denen, die zurückweichen zum Verderben.
Diejenigen, die zurückweichen, gehen ins Judentum, und das Judentum wartet auf das Verderben, ohne Hoffnung. Wir gehören nicht zum Zurückweichen zum Verderben, sondern zum Glauben.
Wir, die wir heute noch glauben, gehören zu der Gruppe derer, die glauben, nicht zu denen, die zurückweichen. Wir wollen nicht die Gruppe wechseln, sondern wir sind des Glaubens und werden die Seele gewinnen.
Das heißt, wir werden unsere Seele gewinnen, wie der Herr Jesus gesagt hat: Wer seine Seele meinetwegen verliert, wird sie finden, wird sie gewinnen.
Was hat der Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber um seine Seele kommt? Wer seine Seele meinetwegen verliert, wird sie finden und in der Ewigkeit als ewigen Besitz gewinnen.
Zurückweichen bedeutet, sich von Christus zu distanzieren. Das ist Abfall, genau der Ausdruck für den Abfall.
Die Naherwartung und der Blick auf das kommende Königreich
Fragen zum Text noch? Es ist ziemlich viel Text auf einmal. Wir haben jetzt fast eineinhalb Stunden gebraucht, um nur 20 Verse zu besprechen. Dabei merkt man, dass der Text sehr dicht und gedrängt ist.
Warum spielt hier die Naherwartung eine Rolle, wo doch dazu aufgefordert wird, die Freimütigkeit nicht aufzugeben? Die Naherwartung taucht hier plötzlich auf, verbunden mit der Vorstellung, dass der Gerichtsvollzieher bald kommt. Bereits vorher, in Kapitel 10, Vers 25, heißt es: „Umso mehr ihr den Tag herannahen seht.“
Hier ist einerseits von Gericht die Rede und andererseits von Rettung – Gericht für die einen, Rettung für die anderen. Ich denke, es bezieht sich immer auf denselben Zeitpunkt, es ist immer der gleiche Moment. Unverhofft, oder spricht der Text schon vorher von einem konkreten Gericht?
Wie vorher? Er hat doch schon mehrfach vom Gericht gesprochen. Meint er ein unmittelbares Gericht? Zum Beispiel in Kapitel 8, Vers 13? Dort heißt es: „Einen neuen Bund hat er den ersten zu einem alten gemacht, was aber alt und schwach ist, das ist dem Verschwinden nahe.“ Das ist eine nahe Erwartung, oder? Es dauert nicht mehr lange.
Und eben dieser Vers, den ich zitiert habe, in Kapitel 10, Vers 25: „Ihr seht den Tag nahen.“ Und jetzt noch einmal, in Kapitel 12, Vers 25: „Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet; denn wenn jene nicht entkamen, die den abwiesen, der auf der Erde redete, wie viel mehr werden wir nicht entkommen, wenn wir uns von dem abwenden, der vom Himmel her redet.“
Dann heißt es in Vers 28: „Darum, da wir ein unerschütterliches Königreich empfangen.“ Das klingt sehr, sehr nah, oder? Das ist Gegenwart. Wir nehmen es in Empfang. Es ist nicht so, dass wir irgendwann in ferner Zukunft ein anderes Königreich erhalten werden. Nein, hier scheint es recht nahe zu sein.
Und in Kapitel 13, Vers 14 heißt es: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die kommende suchen wir.“ In Vers 13: „Lasst uns nun zu ihm hinausgehen außerhalb des Lagers.“
Warum muss man aus der Stadt hinausgehen? Weil wir hier keine bleibende Stadt haben. Wenn die Stadt nicht bleibt und diese Leute hinausgehen müssen, ist das natürlich bildhaft gesprochen. Es ist klar, dass Jesus außerhalb der Stadt ging und dort gelitten hat. Aber was sagt der Text? Die Stadt bleibt nicht.
Also lasst uns rausgehen, mit Jesus aus den Toren der Stadt treten. Er hat außerhalb der Stadt gelitten, und dort wollen wir gemeinsam die Schmacht tragen. Hier haben wir keine bleibende Stadt. Die Stadt, die hier ist, darauf sollten wir unser Vertrauen nicht setzen, denn sie wird nicht bleiben.
Das klingt nicht so, als ob man sagt, sie wird noch 2000 Jahre da bleiben. Sie blieb ja auch nicht 2000 Jahre, sondern nur ganz kurze Zeit. Dann kam das Gericht über diese Stadt.
Dieser Brief atmet schon eine gewisse Naherwartung – das muss man anerkennen.
Ausblick auf Kapitel 11 und Abschluss
Ja, dann wollen wir hier schließen. Morgen werden wir Kapitel elf lesen. Ich möchte ein paar einleitende Gedanken dazu sagen. Wir werden das Kapitel vollständig lesen.
Ich werde jetzt nicht ins Detail gehen, da es ein sehr langes Kapitel ist. Es geht darum zu zeigen, was Glaube ist und dass es im Alten Testament viele Menschen gab, die geglaubt haben. Die jüdischen Lehrer und Führer haben immer wieder betont, dass es im Alten Testament viele Gläubige gab.
Wir haben die sichtbaren Dinge: den Tempel, den Opfergottesdienst und so weiter. Er sagt jedoch, dass ihr nichts habt, gar nichts. Ihr habt einen abwesenden Jesus, einen abwesenden Tempel, also nichts Greifbares.
Jetzt zeigt er, dass die Menschen im Alten Testament ihre Hoffnung auf etwas setzten, das noch in der Zukunft lag. Sie hatten nichts Konkretes in der Hand. Sie lebten mit dem Unsichtbaren, als würden sie ihn sehen – wie Mose.
Das wird durch viele Beispiele verdeutlicht, besonders durch Abraham, der den größten Abschnitt erhält. Aber das besprechen wir morgen.
Ich denke, zum Schluss können wir eine Gebetsgemeinschaft machen. Wenn einige von uns beten möchten, stehen wir dazu auf.
