Ein verborgenes Geschenk der Liebe
Jemand, der nicht so ein fröhliches Gesicht gemacht hat, soll am Anfang unserer Predigt stehen, nämlich eine Prinzessin – keine Professorin, sondern eine Prinzessin.
Sie bekam zu ihrem Geburtstag von ihrem Verlobten ein rundes Päckchen. Als sie dieses Päckchen öffnete, fand sie darin eine Kanonenkugel. Sie war entsetzt, enttäuscht und wurde böse. Daraufhin warf sie die schwarze Kanonenkugel in die Ecke des Zimmers.
Dabei sprang die äußere Schale auseinander, und eine Silberkugel kam zum Vorschein. Nun nahm sie diese Silberkugel sofort auf. Während sie sie noch in den Händen drehte und drückte, erschien ein goldenes Etui. Das goldene Etui kam aus der silbernen Hülle. Jetzt gehörte nicht mehr viel dazu, auch dieses Etui noch zu öffnen.
Und da lag auf schwarzem Samtband ein kostbarer Ring, besetzt mit glitzernden Diamanten und eingraviert mit den Worten „Aus Liebe zu dir“.
So denken viele Menschen: Die Bibel gefällt uns nicht. Vieles, was in der Bibel steht, ist anstößig, sperrig und unverständlich. Aber wenn jemand es wagt, tiefer in die Bibel einzudringen und nicht an der Oberfläche stehen bleibt, dann wird er immer neue Schönheiten in der Bibel entdecken.
Endlich wird ihm die strahlende Botschaft aus der Bibel entgegenleuchten: „Aus Liebe zu dir.“ Aus Liebe zu Ihnen und zu mir hat der lebendige Gott uns die Bibel gegeben.
Das gilt für die gesamte Heilige Schrift. Paulus konnte sagen: Alle Schrift ist von Gott eingegeben. Deshalb ist sie nützlich zur Lehre, zur Überführung von Schuld, zur Besserung unseres Lebens und zur Erziehung für ein Leben in der Gerechtigkeit Gottes.
Alle Schrift ist nützlich, konnte Paulus sagen, weil der, der dahintersteht, derjenige ist, der diese Bibel letztlich eingegeben hat. Er hat sie uns gegeben aus Liebe – aus Liebe zu dir.
Die Herausforderung Gottes Wort zu verstehen
Und so sind wir sehr dankbar, heute wieder die Heilige Schrift studieren zu dürfen. Allerdings sagt die Bibel nicht, dass alle Schrift immer angenehm zu lesen ist oder dass alle Schrift von Gott eingegeben auf den ersten Blick unterhaltsam ist. Wenn wir Gottes Wort begegnen, kann es auch anstrengend und unbequem sein, dieses Wort zu lesen. Ja, mehr noch: Es kann beängstigend und erschreckend sein.
So hat es auch Daniel erfahren. Wenn man sich den Predigttext für heute anschaut, sieht man im ersten und im letzten Vers, also in Vers 15 und in Vers 28 von Daniel 7 (Daniel 7,15-28), dass Daniel jeweils sehr erschrocken ist. In Vers 15 heißt es: „Ich, Daniel, war entsetzt, und dies Gesicht erschreckte mich.“ Und noch einmal am Ende, in Vers 28: „Aber ich, Daniel, wurde sehr beunruhigt in meinen Gedanken, und jede Farbe war aus meinem Antlitz gewichen, doch behielt ich die Rede in meinem Herzen.“
Wir fragen uns natürlich: Was hat Daniel so beunruhigt? Zu diesem Zeitpunkt ist er schon gut fünfundsechzig Jahre alt und hat viel erlebt. Man würde sagen, ihn kann so schnell nichts mehr schocken. Wer mal eine Nacht in der Löwengrube verbracht hat, ist wahrscheinlich nicht mehr so leicht zu erschrecken. Und doch war er völlig entsetzt, als er das hörte, als er das von Gott gezeigt bekam.
Warum war das so? Damit wagen wir uns zum dritten und vorerst letzten Mal in dieses siebte Kapitel des Danielbuches hinein.
Überblick über die Vision Daniels
Ich möchte kurz daran erinnern, was bisher passiert ist. Daniel Kapitel 7 beschreibt die Weltgeschichte aus der Vogelperspektive. Das hatten wir bereits gesehen, und zwar zu einem Zeitpunkt, als das meiste davon noch in der Zukunft lag. Gott lässt den Propheten Daniel in einer Vision die vier großen Weltreiche sehen.
Am Anfang steht Babylon, symbolisiert durch einen Löwen mit Adlerflügeln. Es folgt das medopersische Weltreich, dargestellt als starker Bär. Dieses Reich wird dann abgelöst durch die rasanten Eroberungen Alexanders des Großen, symbolisiert durch einen schnellen Panther.
Für die vierte Großmacht, das Römische Reich, wird kein bekanntes Tier genannt. In Vers 7 heißt es lediglich: „Siehe, ein viertes Tier war furchtbar und schrecklich und sehr stark.“ In Vers 19 wird diese Beschreibung wieder aufgenommen: „Das vierte Tier, das ganz anders war als alle anderen, ganz furchtbar, mit eisernen Zähnen und ehrenden Klauen, das um sich fraß und zermalmte und mit seinen Füßen zertrat, was übrig blieb.“
Wir hatten gesehen, dass dieses vierte Tier für das römische Weltreich steht. Obwohl die römische Herrschaft im fünften Jahrhundert nach Christus zerbrach, besteht sie doch weiter in Form eines in sich gespaltenen Europas. Aus der Bibel wissen wir, dass am Ende der Zeiten dieses letzte Weltreich, dieser letzte große Machtfaktor, wieder zusammenwachsen wird.
Dann haben wir gesehen, dass dies nicht die letzte Wahrheit über die Geschichte ist. Auf der Zielgeraden führt die ganze Weltgeschichte vor den Thron Gottes. Auch die Mächtigen werden sich vor dem heiligen Gott verantworten und sich vor ihm beugen müssen.
Dabei stießen wir auf einen besonderen Titel, einen besonderen Ausdruck für Gott: Er wurde genannt „der, der uralt war“. Damit wurde der ganze Respekt, Gottes Würde und auch Gottes Ewigkeit unterstrichen – im Unterschied zur Vergänglichkeit dieser Weltreiche.
Von den Weltreichen geht der Blick zu Gott. Dann spricht Daniels Vision noch von einer zweiten Person, die wir letzten Sonntag vor allem behandelt haben: von dem Menschensohn. Dieser Menschensohn hat ebenfalls göttliche Würde. Er ist derjenige, durch den der Uralte das Gericht durchführen wird. Dieser Menschensohn ist sein Beauftragter, mehr noch: Es ist sein eigener Sohn. Der Menschensohn spricht das letzte Wort über die Geschichte.
Wir waren dann zu dem Ergebnis gekommen, dass Jesus selbst der Menschensohn ist. Jesus hat das im Nachhinein, als er auf dieser Welt war, selbst erklärt und bestätigt. Er sagte: „Jawohl, ich bin dieser Menschensohn, der einmal in Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird.“
So steht es dann hier in den Versen 13 bis 14: „Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschensohns und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihm gebracht. Der gab ihm nämlich dem Menschensohn Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende.“
Dieses Ereignis, das hier beschrieben wird, findet seine letzte Erfüllung, wenn Jesus Christus wiederkommt.
Das Ziel der Weltgeschichte: Die Wiederkunft Jesu Christi
Damit haben wir ein ganz klares Ergebnis aus Daniel 7,1-14, das man mit einem Satz zusammenfassen kann. Was berichtet Daniel 7,1-14? Die ganze Weltgeschichte mit ihren immer wieder wechselnden politischen Machtverhältnissen läuft auf ein großes Ereignis zu – und das ist die Wiederkunft Jesu Christi.
So hat es auch Paulus gesagt in der Apostelgeschichte 17, bei seiner großen Rede auf dem Areopag in Athen. Dort sagte er: Gott hat einen Tag festgesetzt, an dem er die Erde mit Gerechtigkeit richten will – durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat. Und er hat jedem den Glauben angeboten, indem er diesen Mann von den Toten auferweckt hat.
Dieser eine Mann ist der Menschensohn, Jesus Christus. Er spricht das letzte Wort über jede politische Machtkonstellation und auch über jeden Einzelnen von uns. Wer vor seiner Wiederkunft stirbt, steht in dem Moment vor seinem Herrn und Richter. Jesus hat das letzte Wort.
Bis dahin sind wir gekommen. Jetzt sehen wir uns den letzten Abschnitt an. Denn damit ist die große Perspektive von Daniel 7 noch immer nicht ganz abgeschlossen. Jetzt kommen plötzlich wir selbst noch in den Blick dieses großen Panoramas.
Sie glauben nicht, dass Sie auch eingezeichnet sind in dieses Panorama? Dann lassen Sie uns doch gemeinsam weiterlesen.
Die Heiligen des Höchsten und ihr Erbe
Ab Vers 15: Ich, Daniel, war entsetzt, und dieses Gesicht erschreckte mich. Ich ging zu einem von denen, die da standen, und bat ihn, mir alles genauer zu erklären. Er sprach mit mir und sagte mir, was es bedeutete: Diese vier großen Tiere sind vier Königreiche, die auf Erden kommen werden. Aber die Heiligen des Höchsten werden das Reich empfangen und es immer und ewig besitzen.
Was für eine Aussage! Die Verse 13 und 14 führen uns bis zum Wiederkommen Jesu. Sie erinnern an das, was Paulus in Philipper 2 sagt: Vor Christus werden sich alle Knie beugen, im Himmel, auf Erden und unter der Erde. Alle werden bekennen, dass Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes. Dann heißt es: Die Heiligen des Höchsten werden das Reich empfangen und es ewig besitzen.
Daniel ist völlig, völlig erstaunt. Wir werden gleich noch sehen, warum er hier so besonders erschrickt. Er bittet einfach um eine genauere Erklärung. Es steht hier in Vers 16: Ich ging zu einem von denen, die da standen – also denen, die er in dieser Vision sieht, die gewissermaßen vor Gott standen. Das war ein Engel. Ich bat ihn, mir alles genauer zu berichten. Dann erhält er einen genaueren Bericht, die Frage wird beantwortet.
Er redete mit mir und sagte mir, was es bedeutete. Dann kommt die Erklärung: Diese vier großen Tiere sind vier Königreiche. Aber die Heiligen des Höchsten werden das Reich empfangen und es immer und ewig besitzen.
Machen Sie sich das mal klar: Vers 17 und 18 bilden praktisch die Klammer für das gesamte Kapitel sieben. Diese vier Königreiche werden kommen, aber am Ende werden die Heiligen auf ewig das Reich besitzen – die Heiligen des Höchsten, wohlgemerkt.
Überlegen Sie mal: Diese vier Weltreiche waren mehr oder weniger kurzlebig. Auch das letzte Reich, das eine sehr lange zeitliche Ausdehnung hat, wird vergehen. Aber die Heiligen des Höchsten werden ihr Reich auf immer und ewig besitzen. Das ist eine besonders verstärkte Form von „ewig“, das heißt wirklich immer und ewig, ohne Ende.
Bedenken Sie: Die ganzen anderen Reiche wurden durch militärische Macht erobert und unter großen Mühen sowie hohen Opferzahlen verteidigt. Von diesem ewigen Reich heißt es: Die Heiligen des Höchsten werden es empfangen – sie werden es geschenkt bekommen. Dieses Empfangen hat immer etwas mit Gnade zu tun. Wir werden es geschenkt bekommen, sola gratia, allein aus Gnade durch den Glauben an Jesus.
Dann zieht sich diese Aussage „Die Heiligen des Höchsten werden das Reich empfangen“ wie ein Refrain, wie ein Kehrreim, wie ein Jubelruf durch das gesamte restliche Kapitel hindurch. Das steht in Vers 18: „Die Heiligen des Höchsten werden das Reich empfangen und es auf immer und ewig besitzen.“
Und das steht dann beim nächsten Mal in Vers 22. Wenn Sie einen Stift dabei haben, können Sie es unterstreichen: „Die Heiligen des Höchsten werden von Gott Recht geschaffen bekommen, und es wird die Zeit kommen, dass sie das Reich empfangen.“
Und noch einmal am Ende in Vers 27: „Aber das Reich und die Macht und die Gewalt über die Königreiche und den ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden.“
Das ist der Refrain, das ist der Jubelruf.
Die Identität der Heiligen des Höchsten
Nun möchten wir natürlich gerne wissen, wer die Heiligen des Höchsten sind, denen das versprochen wird. Zuerst müssen wir klären, wer mit dem Höchsten gemeint ist.
Schauen Sie einmal in Vers 27 nach. Dort wird ganz deutlich gesagt, wer mit dem Höchsten gemeint ist. Es heißt: „Wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben, dessen Reich ewig ist, und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen.“ Das Reich des Höchsten ist also ewig, und alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen.
Wenn Sie nun zu Vers 14 nach oben schauen, sehen Sie, dass genau das über den Menschensohn gesagt wird. Dort heißt es, er habe Macht, Ehre und Reich erhalten. Weiter steht: „Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende.“ Und in Vers 27 steht: „dessen Reich ewig ist, und alle Mächte werden ihm dienen.“ Das sind genau die gleichen Begriffe.
Damit ist klar: Der Höchste, von dem Vers 27 spricht, ist der Menschensohn aus Vers 14. Daraus folgt nun: Die Heiligen des Höchsten sind die Heiligen des Menschensohnes.
Die Heiligen des Höchsten sind also die Heiligen des Menschensohnes, die zu Jesus Christus gehören. Das sind die Menschen, die sich im Glauben dem Messias Jesus Christus anvertraut haben. Das ist die Gemeinde Jesu Christi. Es ist jener große Teil Israels, der sich in der Schlussphase der Geschichte zu Jesus bekehren wird. Auch sie sind die Heiligen des Höchsten.
Ebenso gehören dazu Menschen wie Daniel, die vor Jesus lebten, aber an das glaubten, was der lebendige Gott bis dahin verkündet hatte. Das sind die Heiligen des Höchsten, die zu Jesus Christus, dem Menschensohn, gehören. Diese werden das Reich von ihm geschenkt bekommen.
Jesus hat es selbst gesagt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit.“ Hier kommt das Versprechen: Die Heiligen des Höchsten werden das Reich bekommen, sie werden es geschenkt bekommen, sie werden es durch den Glauben empfangen.
Natürlich sind Christen schon jetzt Bürger des Reiches Gottes. Paulus hat gesagt, wir haben das Bürgerrecht für den Himmel; unsere Heimat ist der Himmel. Wer an Jesus glaubt, hat den Pass für den Himmel bereits in der Tasche. Das stimmt.
Und doch ist das Reich noch nicht sichtbar. Wir leben hier gewissermaßen fern unserer himmlischen Heimat. Wir gehören schon dazu, wir sind schon im unsichtbaren Reich, und doch sind wir noch nicht sichtbar dort.
Das Abendmahl, das wir später feiern werden, steht genau an dieser Schnittstelle. Es zeigt einerseits, dass wir uns um Christus sammeln, weil wir Bürger seines Reiches sind durch den Glauben an ihn. Andererseits erinnert es uns daran, dass wir noch unterwegs sind.
Jesus hat nach der Einsetzung des Abendmahls gesagt: „So oft ihr von diesem Brot esst und von diesem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er wiederkommt.“ Verstehen Sie? An dieser Schnittstelle steht das Abendmahl. Die Bürger des Reiches Gottes feiern es. Sie wissen, dass sie zu Christus gehören, und blicken doch nach vorne, bis er endgültig wiederkommt und uns endgültig in dieses sichtbare Reich hineinholt.
Das ist die Perspektive. Nach all den politischen Reichen, die vergänglich sind, steht am Ende das Reich Jesu Christi, das unbesiegbar ist. Wir, die Heiligen des Höchsten, dürfen nicht nur dabei sein, sondern wir dürfen es – hier steht: ewig – besitzen. Wir dürfen daran teilhaben und es mitbehalten.
Paulus hat einmal gesagt: „Wer zu Christus gehört, wird mit Christus erben.“ Wir sind nicht einfach nur geduldet oder irgendwie mit dabei, sondern es darf uns gehören.
Das ist also die erste große Entdeckung, die wir in diesen Versen machen. Wenn Sie es mitschreiben wollen, dann notieren Sie einfach: Erstens, die Heiligen des Höchsten erben ein herrliches Reich.
In den Versen 17 und 18 gibt uns Daniel einen Überblick über das gesamte Kapitel. Wir hatten gesagt: Die Tiere, die Reiche, werden alle kommen und wieder verschwinden, eins nach dem anderen. Babylon ist zu der Zeit noch mächtig, als Daniel das aufschreibt. Es wird kommen und verschwinden, ebenso die Medo-Perser, das Reich Alexanders und sogar das römische Reich, das immer wieder sein Haupt erhebt. Auch dieses wird irgendwann verschwinden.
Am Ende steht Gottes Reich. Wohl dem, der dazugehören darf: Die Heiligen des Höchsten erben ein herrliches Reich.
Die Bedrängnis durch das vierte Tier
Aber ja, fragen wir uns: Wenn das so eine gute Nachricht ist, warum war Daniel dann bitteschön so erschrocken? Das sehen wir jetzt. Es lag an dem vierten Tier in dieser Vision, an diesem vierten Tier, das zuvor noch sein Unwesen treibt und die Heiligen bedrängen darf.
Das ist unser zweiter Punkt: Die Heiligen des Höchsten werden brutal bedrängt. Das dürfen wir nicht übergehen. Diese Botschaft war so kompliziert, so erschreckend und so verwirrend, dass sogar Daniel sie auf den ersten Blick nicht verstanden hat. Das ist erstaunlich. Er hatte ja schon sehr viel begriffen, war besonders wach, und Gott hatte ihm so viel so schnell gezeigt. Doch selbst das verstand er nicht. Selbst Daniel kapiert das nicht.
Und dann macht Daniel das, was wir den Kindern immer ans Herz legen: Wir sagen immer, frag nach, wenn du nicht verstehst. Frag nach, frag nach, frag nach. Es gibt nichts Schöneres, als wenn Kinder ständig nachfragen. Das soll uns gar nicht nerven, sondern uns motivieren, ihnen gründlich zu erklären.
Daniel macht genau das. Er fragt wirklich nach. Was ihn so besonders beunruhigt, ist dieses seltsame, bizarre vierte Tier. Sehen Sie in Vers 19: Er sagt, danach hätte er gerne Genaueres gewusst über das vierte Tier, das ganz anders war als alle anderen, ganz furchtbar mit eisernen Zähnen und ehren Klauen, das um sich fraß und zermalmte, und über die zehn Hörner auf seinem Haupt sowie über das andere Horn, das dann hervorbrach, vor dem drei ausfielen. Dieses Horn hatte Augen und ein Maul, das große Dinge redete, und war größer als die Hörner, die neben ihm waren.
Was ist das? Wir hatten schon vor letztem Sonntag gesehen, dass die zehn Hörner und dieses elfte Horn schon einmal aufgetaucht waren. Das entsprach übrigens den zehn Zehen des Standbildes in Kapitel zwei, wenn Sie sich noch daran erinnern. Wir hatten gesehen: Am Ende der Zeiten, wenn dieses letzte große Weltreich, wenn dieser römische Machtfaktor noch einmal zusammenwächst und in die Geschichte eingreift, dann wird daraus irgendwann ein Netzwerk, eine Koalition von zehn Königen, von zehn Herrschern hervorgehen, die gewissermaßen zeitgleich regieren.
So wird es auch hier in Vers 24 erklärt. Da heißt es ganz einfach: Die zehn Hörner bedeuten zehn Könige, die aus diesem vierten Königreich hervorgegangen sind. Und aus dem Neuen Testament, aus Offenbarung 13 und Offenbarung 17, bekommen wir noch einen Hinweis, dass es sich bei diesen zehn Königen um das Herrschaftssystem des sogenannten Antichristen handelt, der mit diesen zehn Königen verbunden ist.
Hören Sie mal, das klingt in Offenbarung 13 wie in Daniel 7. Da heißt es in Vers 1: „Ich sah aus dem Meer aufsteigen“, genau wie Daniel 7 aus dem Meer der Geschichte sah ich aufsteigen ein Tier, das hatte zehn Hörner. Und in Offenbarung 17, Vers 12, wird noch einmal gesagt: „Die zehn Hörner, die du gesehen hast, das sind zehn Könige; wie Könige werden sie für eine Stunde Macht empfangen mit dem Tier“, also mit dem Antichristen.
Wir haben hier die geballte Macht einer zukünftigen antichristlichen Weltregierung vor uns. Aus diesem Zehnerkreis wächst dann noch einmal ein einzelner Machthaber heran, der zunächst scheinbar kleiner ist, dann aber drei andere Könige stürzen und sich selbst an die Spitze des ganzen Systems stellen wird, wie hier steht.
Darüber heißt es in Daniel 7, Vers 24: „Nach ihnen wird ein anderer aufkommen“, also nach diesen zehn, „er wird noch mal ganz anders sein als die vorigen und er wird drei Könige stürzen.“ Jetzt ergibt sich langsam ein Bild: Aus dem vierten Weltreich gehen zehn Hörner, zehn Könige hervor. Aus denen geht dann wieder dieses elfte, letzte Horn hervor, diese letzte neue Führergestalt.
Vers 24 zeigt die Sonderstellung dieses letzten neuen Herrschers. Hier haben wir zum ersten Mal in der Bibel vorsichtig das Bild des Antichristen gezeichnet. Zum ersten Mal in der Bibel taucht hier der Antichrist auf. Das System des Antichristen wird die Heiligen des Höchsten für eine Weile schwer bedrängen. Es wird so aussehen, als könnte er sie sogar besiegen. Hier in Vers 21 heißt es: „Und ich sah das Horn, also dieses letzte Horn, kämpfen gegen die Heiligen, und es behielt den Sieg über sie.“
Aber dieser Sieg ist nur von kurzer Dauer. Denn dann geht es gleich weiter: „Bis der kam, der uralt war und rechtschaffen, den Heiligen, und bis die Zeit kam, dass die Heiligen das Reich empfingen.“ Also dieser Sieg des Antichristen ist nur ein Pyrrhussieg, nur ein Sieg, der in eine Niederlage umschlägt. „Bis der kam, der uralt war.“
Halten wir das also fest: Hier in diesen Versen, den Versen 19 bis 25, wird erstmals in der Bibel der sogenannte Antichrist beschrieben. Das ist jene Person, die sich selbst an die Stelle Christi setzen wird und die die Leute Christi in harte Bedrängnis bringen wird.
Und dann erfahren wir in Vers 25 noch mehr über das Wesen des Antichristen. Das ist so wichtig, dass wir dieses Wesen erkennen, verstehen und wissen, worauf wir zu achten haben.
Das Wesen des Antichristen
Was wird über das Wesen des Antichristen gesagt?
In Vers 25 heißt es zunächst: „Er wird den Höchsten lästern.“ Das bedeutet, der Antichrist wird Gott den Vater und Gott den Sohn lästern und schmähen. Dies ist ein großes antichristliches Kennzeichen, dass der heilige, lebendige Gott geschmäht, gelästert und verhöhnt wird.
Dann wird ein zweites Merkmal über das Wesen des Antichristen genannt: Er wird die Heiligen des Höchsten angreifen. In der Luther-Übersetzung heißt es „vernichten“, doch das ist nicht ganz korrekt. Besser wäre zu sagen, er wird die Heiligen des Höchsten „aufreiben“. Er wird sie nicht vollständig vernichten, aber er wird sie aufreiben.
Das Wort dahinter kann man vielleicht mit „auswringen“ übersetzen, so wie man ein nasses Kleidungsstück auswringt. Er wird sie beuteln, quälen und gewissermaßen die Gemeinde Jesu auswringen. Dabei wird er sie reinigen von denen, die nur Mitläufer waren und bei denen sich zeigt, dass ihr Herz doch nicht an Jesus hing, wenn es ernst wird.
Er wird die Gemeinde auswringen und beuteln, doch es gibt eine Grenze dessen, was er tun kann. Denken Sie daran, dass Jesus in Matthäus 16,18 gesagt hat: „Ich baue meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden.“ Das bedeutet, wer zu Jesus gehört, kann nicht überwunden werden. Das ist ganz klar.
Dann erhält das Porträt des Antichristen noch eine weitere Facette: Er wird versuchen, Zeiten und Gesetz zu ändern. Dies ist eine sehr wichtige Aussage über den Antichristen. Er wird eine totale Umwälzung der Verhältnisse anstreben. Sein Ziel ist es, Zeiten zu verändern – das Grundlegende.
Diese Aussage hat auch eine starke religiöse Dimension. Die „Zeiten“ können auch als Festzeiten verstanden werden, also die religiösen Festzeiten des jüdischen Kalenders. Er wird versuchen, die gesamte Glaubensausübung zu verändern.
Eine gewisse antichristliche Vorschattung gab es etwa in der französischen Revolution, die stark humanistisch und atheistisch geprägt war, sowie in der russischen Revolution, die kommunistisch und atheistisch geprägt war. In beiden Fällen sollte die Zeit verändert werden. So sollte etwa der Sonntag abgeschafft und die Struktur der Sieben-Tage-Woche aufgehoben werden. Die Zeiten sollten verändert und das System umgestürzt werden – und noch mehr.
Es soll nicht nur abgeschafft, sondern tatsächlich verändert werden. Das heißt, der Antichrist wird eine neue Form von Gottesdienst einführen. Das ist sein Kennzeichen. Er wird Götzendienst als Gottesdienst ausgeben.
Manches von dem, was etwa auf dem sogenannten Kirchentag in Köln vor wenigen Tagen praktiziert wurde, deutet in diese Richtung. Dort geschah eine unheimliche Vermischung von Wahrheit und Lüge sowie eine starke Verfälschung des christlichen Glaubens.
Das Ganze war eingebettet in einen gottesdienstlichen Rahmen, mit Bibelarbeiten, großen Freiluft-Events, Posaunenkören und Gebet. Unter dem Motto eines biblischen Verses – „lebendig, kräftig und schärfer“, wie im Hebräerbrief über das Wort Gottes gesagt wird – wurden viele Botschaften verbreitet, die der Wahrheit der Bibel ins Gesicht schlagen.
So sagte etwa der anglikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu in einer Bibelarbeit: Gott schaut nicht darauf, ob wir in die Kirche gehen oder regelmäßig beten. Gott interessiere sich auch nicht dafür, ob wir Christ, Muslim oder Hindu seien. Offensichtlich wurde ihm dort nicht das Mikrofon abgedreht, sondern er erhielt anhaltenden Beifall und viel Zustimmung.
Auch trat ein sogenannter Fernsehpfarrer namens Pflieges auf, der seine alte These wiederholte, dass die Kirche nicht immer vom stellvertretenden Leiden und Sterben Jesu sprechen solle. Das lasse dunkle Wolken über den Menschen aufziehen, wenn ständig gesagt werde, Jesus sei für mich und meine Sünden gestorben. Jesus sei vielmehr ein Meister des Glücklichseins.
Ein weiterer Star dieses Kirchentages war, wenn man dem Tagesspiegel aus Berlin glauben darf, die hannoversche Bischöfin Margot Käßmann. Der Tagesspiegel schrieb: „Der heimliche Star des Kirchentages ist Margot Käßmann, Bischöfin, 48 Jahre, vier Kinder, bald geschieden.“ Nach ihrer Bibelarbeit auf dem Kirchentag wischten sich einige Tränen aus den Augenwinkeln, andere jubelten und johlen. Es gab stehende Ovationen.
Margot Käßmann plädierte auf dem Kirchentag auch dafür, dass die Kirche Frauen notfalls zur Abtreibung begleiten müsse. Auch das wurde dort gesagt.
Einer der führenden Baptisten, der Präsident der Vereinigung evangelischer Freikirchen, Siegfried Grossmann aus Seesen, kommentierte den Kirchentag so: Er sei ohne Höhepunkte gewesen, aber solide. Ein solcher Kirchentag wurde also vom führenden Baptist Siegfried Grossmann als „solide“ bezeichnet.
Dies beschreibt die geistliche Situation, in der wir hier in Deutschland leben: eine totale Vermischung, Vermengung und Verdrehung.
So wird schließlich auch der Antichrist sein eigenes religiöses System entwickeln. Das ist eine Vorschattung. Er wird seine eigene Spiritualität und seinen eigenen Gottesdienst schaffen. Alle Vorformen des Antichristlichen haben dies getan.
Dann wird er göttliche Autorität beanspruchen und sich selbst an Gottes Stelle setzen.
Außerdem wird er noch etwas tun, was in Vers 25 steht: Er wird Gott lästern, die Heiligen des Höchsten auswringen, die Zeiten ändern und Götzendienst als Gottesdienst ausgeben. Und er wird die Gesetze ändern.
Das heißt, der Antichrist wird die Moral neu definieren. Er wird Gottes Gebote abändern, pervertieren und ins Gegenteil verkehren. Er wird dafür sorgen, dass die Lebensordnung des Schöpfers, wie sie in den Zehn Geboten zusammengefasst ist, immer mehr aus dem öffentlichen Leben verschwindet.
Auch dafür gab es auf dem Kirchentag interessante Beispiele. So sprach sich etwa der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses der Rheinischen Kirche, Pfarrer Rainer Stuhlmann, dagegen aus, dass manche Christen darauf beharrten, Sexualität gehöre in die Ehe.
Er nannte das eine unrealistische moralische Maximalforderung. Wenn man jungen Leuten sage, sie sollten bis zur Ehe warten, opfere man Menschenleben auf dem Altar der Keuschheit, so der Vorsitzende des Ständigen Theologischen Ausschusses der Rheinischen Kirche.
Auf dem Kirchentag wurde massiv der homosexuelle Lebensstil propagiert. Auf einer „Meile der Lebensformen“ gab es kaum eine sexuelle Orientierung, die nicht mit dem Christsein kombiniert wurde.
Es gab Lesben- und Schwulenorganisationen, eine Gruppe der Bisexuellen und sogar eine Gruppe, die Sadomasochismus und Christsein verband. Bei den Homosexuellen trat erstmals auch eine Gruppe auf, die sich als evangelikal, charismatisch und zugleich homosexuell lebend vorstellte.
Es gab also so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann.
Auch das ist etwas, was wir im Wesen des Antichristen wiederfinden: Er wird gewissermaßen die Untugend zur Moral erklären und die Moral neu definieren.
Die begrenzte Zeit des Antichristen
Der Antichrist hat wenig Zeit. So steht es am Ende von Vers 25, wo Sie es nachlesen können: „Sie werden in seine Hand gegeben werden eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit.“ Was bedeutet das?
Zunächst einmal erwartet man oft eine Zeit, zwei Zeiten, drei Zeiten – also eine fortlaufende Dauer. Doch hier steht ausdrücklich: eine Zeit, zwei Zeiten und eine halbe Zeit. Das zeigt, dass er nicht viel Zeit hat. Wenn man diese Zeitangabe zusammenrechnet und bedenkt, dass „Zeit“ an anderen Stellen oft ein Jahr bedeutet, dann ergeben sich dreieinhalb Jahre – eine interessante Zahl.
In diesen Versen findet sich wahrscheinlich schon eine Andeutung auf eine der allerletzten Phasen der Weltgeschichte, von denen die Bibel spricht. Die Offenbarung am Ende der Bibel nennt diese Zeit die große Trübsal. Diese Phase dauert nach Offenbarung 13 zweiundvierzig Monate. Wenn Sie gut in Mathe sind, wissen Sie, dass 42 Monate dreieinhalb Jahre ergeben.
In dieser letzten großen Trübsalszeit lebt möglicherweise nur noch ein ganz kleiner Rest von Gläubigen auf der Erde. Es sind vor allem Juden, die sich in harten Zeiten zu Jesus Christus bekehrt haben und noch da sind. Diese Zeit wird die geballte Macht des Antichristen in ihrer letzten Brutalität treffen.
Auch diese allerletzte Zeit wird in Daniels Vision durch die dreieinhalb Jahre bereits angedeutet. Doch Daniel 7 beschränkt sich nicht nur auf diese allerletzte Zeit. Vielmehr bietet Daniel 7, ganz typisch, eine größere prophetische Perspektive.
Schon vorher gibt es für die Heiligen des Höchsten, die in früheren Zeiten leben, Trübsalszeiten. Auch zuvor gibt es schwere Bedrängnisse. Durch die Geschichte hindurch gab es immer wieder Prototypen des Antichristen – wenn man so will Vorläufer, an denen man die Wesenszüge des Antichristen erkennen konnte.
Diese waren geprägt von Blasphemie und der Verspottung des lebendigen Gottes. Sie kämpften gegen Gottesleute, gegen die Heiligen des Höchsten. Sie verfälschten den wahren Gottesdienst und sorgten für ihr eigenes religiöses System, in dem sie selbst angebetet wurden. Denken Sie etwa an die großen Diktatoren.
Sie pervertierten Gottes heilige Gebote und erklärten die Sünde zur Moral. Doch die Zeit des Säbelrasselns für den Antichristen und alle seine Vorläufer ist deutlich begrenzt. Er wird sich nicht durchsetzen können.
Das haben unsere Glaubensväter immer wieder mit einem wunderbaren, kurzen lateinischen Satz ausgedrückt: „Nubiculum est, transibit.“ Es ist ein Wölkchen, es wird vorbeigehen, es wird vorübergehen.
Der endgültige Sieg der Heiligen
Am Ende steht dann dieses ganz andere Tun, das sind die letzten Verse 26 und 27. Dort heißt es: „Danach, also nachdem der Antichrist sich ausgetobt hat, wird das Gericht gehalten werden. Dann wird ihm seine Macht genommen und ganz und gar vernichtet werden.
Das Reich, die Macht und die Gewalt über die Königreiche und den ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden, dessen Reich ewig ist. Alle Mächte werden ihm dienen und gehorchen.“
Das ist das Dritte, was wir hier feststellen. Wir hatten gesehen: Die Heiligen des Höchsten erben ein herrliches Reich. Sie werden brutal bedrängt. Und jetzt am Ende haben wir gesehen, dass die Heiligen des Höchsten sicher bewahrt und reich beschenkt werden.
Womit werden wir so reich beschenkt? Hier steht in Vers 27, dass das Reich, die Macht und die Gewalt über die Königreiche dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben wird. In Vers 14 wurde das noch über den Menschensohn gesagt: Er wird es von Gott dem Vater bekommen.
Jetzt wird wieder deutlich, dass wir mit Christus erben. Das Volk der Heiligen des Höchsten wird an dieser Macht teilhaben. Das ist unvorstellbar. Der einzige Begriff aus Vers 14, der in Vers 27 nicht vorkommt, ist der Begriff Ehre.
Denn die Ehre bleibt Christus allein vorbehalten. Es sollen ja nicht die Heiligen des Höchsten geehrt und angebetet werden, sondern allein Christus gebührt die Ehre. Allein ihm und Gott dem Vater soll unser Loblied erscheinen – nicht uns selbst.
Also ist Ehre das einzige Wort aus Vers 14, das in Vers 27 nicht auftaucht. Aber an all den anderen Dingen wird Christus seine Heiligen beteiligen. Überlegen Sie mal, was das bedeutet: Christus wird uns nicht nur in sein Reich hineinlassen, sondern er lässt uns umfassend daran teilhaben.
Wir dürfen seine Miterben sein. Wir werden uns an ihm freuen, wir werden uns mit ihm freuen. Und wir werden in diesem Reich auch wichtige Verantwortung tragen, wie die Bibel sagt. Wie sich das im Einzelnen auswirkt, ist noch viel zu groß und zu schön, als dass Daniel das hier in wenigen menschlichen Worten wiedergeben könnte.
Aber er sagt: Es wird kommen. So steht am Ende dieses monumentalen Kapitels eine übermenschliche Siegesgewissheit: Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht sein wird die ganze Welt.
Daniels Beunruhigung und unsere Verantwortung
Am Ende fragt man sich, warum Daniel im letzten Vers 28 noch so beunruhigt und zutiefst erschrocken ist. Ich denke, er ahnt, was bis dahin, also bis das Ergebnis von Vers 27 feststeht, noch alles kommen wird. Er weiß, dass es für die Heiligen des Höchsten kein Spaziergang sein wird. Ein solcher Spaziergang wird den Christen durch die Geschichte hindurch nicht verheißen, auch uns nicht.
Dennoch fühlt er sich geborgen in der Nähe und Treue Gottes. Auch wir, liebe Mitchristen, müssen dieses Szenario sehr ernst nehmen. Wir müssen uns immer wieder wappnen, damit wir die Anschläge und Anläufe des Antichristen durchschauen. Wir dürfen uns nicht mitreißen, nicht täuschen und nicht verführen lassen. Stattdessen sollen wir uns festmachen am Wort Gottes, als Gemeinde zusammenstehen und miteinander unserem Herrn nachfolgen.
Doch wir haben es etwas leichter, mit diesem Wissen umzugehen als Daniel damals. Denn wenn wir Christen sind, dürfen wir den Menschensohn schon persönlich kennen. Wir dürfen den aus Vers 13 und Vers 14 unseren persönlichen Herrn nennen und durch ihn Kinder des Vaters im Himmel sein.
Im Neuen Testament hat Jesus uns, die wir zu seiner Gemeinde gehören, noch einmal besonders auf diese Herausforderung vorbereitet. Zum Beispiel in Matthäus 24 hat er sehr offen von dieser Endphase der Weltgeschichte gesprochen. Jesus hat davor gewarnt, zu spekulieren. Er sagte, wann genau das sein wird, weiß allein der Vater im Himmel. Es ist nicht unsere Aufgabe, jetzt irgendwelche Fahrpläne anzufertigen oder Rechnungen anzustellen.
Aber Jesus hat deutlich von den Vorboten gesprochen, auf die wir achten sollen – von den sogenannten Zeichen der Zeit. Er sagte, ein solches Zeichen wird sein, dass die Welt ihre globalen Probleme nicht mehr in den Griff bekommt. Sie wird den Hunger nicht bewältigen, Natur- und Umweltkatastrophen nicht stoppen und auch die Kriege nicht mehr eindämmen können. Das hat Jesus gesagt – das sind wirklich Zeichen der Zeit.
Die Bibel hat außerdem vorausgesagt, mit welchen Lösungsversuchen eine dramatisch herausgeforderte Menschheit auf diese globale Katastrophe reagieren wird. Am Ende läuft alles auf eine starke, zentrale Weltregierung hinaus. Das ist das Ziel. Diese Weltregierung wird zur Weltdiktatur. Das ist längst im Bereich des Vorstellbaren.
Als Christen sollen wir uns über diese Entwicklung nicht wundern. Unser Herr hat vorausgesagt, dass es so kommen wird. Er selbst wird dafür sorgen, dass die Weltdiktatur in der Welt nicht zerstört wird. Auch auf den letzten Metern der Weltgeschichte wird seine Rettungsbotschaft noch verkündet. Jesus hat das in Matthäus 24,14 so ausgedrückt: Es wird gepredigt werden, das Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis über alle Völker, und dann wird das Ende kommen.
Auch und gerade dann haben die Heiligen des Höchsten nicht den geringsten Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil: Unser Herr hat auch gesagt: Wenn aber dies anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht. Sein wird die ganze Welt, denn alles ist nach seines Todes Nacht in seine Hand gestellt. Nachdem er am Kreuz gerungen hat, ist er zum Thron aufgeschwungen.
Ja, Jesus siegt – sei es, dass die Finsternis wütend schnaubt, sei es, dass sie glaubt, mit ihrem giftigen Biss viel geraubt zu haben. Die Seinen lässt unser Herr in Not und Grämen niemals im Stich.
Ja, Jesus siegt, obwohl das Volk des Herrn noch hart daniederliegt. Wenn Satans Pfeile ihm auch von nah und fern mit List entgegenfliegen, löscht Jesu Arm die Feuerbrände. Das Feld behält der Herr am Ende.
Ja, Jesus siegt. Wir glauben es gewiss und kämpfen glaubend, wie du uns führst durch alle Finsternis. Wir folgen Jesus, denn alles muss vor ihm sich beugen, bis auch der letzte Feind schweigt.
Ja, Jesus siegt. Amen.