Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Povileit und Jörg Lackmann.
Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und gleichzeitig zum theologischen Denken anregen.
Biljam war ein Berufsprophet und ein gefragter Experte. Was er sagte, traf stets ein. Gott redete mit ihm, und er achtete peinlich genau darauf, immer nur das zu sagen, was Gott ihm offenbart hatte. Er schmeichelte niemandem und log nicht, egal, wie viel Geld ihm das einbringen konnte.
Andererseits hatte er aus seiner Gottesgabe ein Geschäftsmodell gemacht. In seinem Inneren tobte ein Kampf, der dazu führte, dass er immer die Wahrheit sagte, aber sich gleichzeitig Schlupflöcher suchte. Dies führte schließlich zu seinem Tod.
Zu Biljam hatten wir eine Frage einer Hörerin bekommen. Da die E-Mail die Fragestellung so gut auf den Punkt bringt, zitiere ich den Anfang der Frage: Könntet ihr mal über Biljam sprechen? So war die Frage. Wenn ich die Geschichte mit Balak lese, finde ich es so vorbildlich, dass er immer wieder sagt, dass er zuerst Gott fragen muss und auch bereit ist, umzukehren, als Gott sich ihm in den Weg stellt. Er sagt von Anfang an, dass ihm das Geld, das er verdienen könnte, egal ist und dass er nur sagen würde, was Gott ihm sagt.
Trotzdem wird er im Neuen Testament immer wieder als warnendes Beispiel genannt, da er die Israeliten verführte. Wie bringt man das eigentlich zusammen? Da fände ich es jedenfalls spannend zu hören, wie ihr das erörtert.
Ja, ja, wie erörtere ich das denn? Indem ich mir sein Leben ein bisschen genauer anschaue. Diese Spannung zwischen dem Guten und dem Schlechten, die man liest, ist, denke ich, dem echten Leben geschuldet. Wir sind manchmal so in der Versuchung, nur das Neue Testament zu lesen, bestimmte christliche Wahrheiten herauszupicken und daraus Theorien zu basteln, die schwarz-weiß sind. Aber der Alltag und das reale Leben sind oft grau und nicht ganz so eindeutig.
Und genau das ist hier der Fall, wie in vielen Lebensbildern und Begebenheiten, die uns aus dem Alten Testament berichtet werden. Ich glaube, der Grund, warum diese Widersprüchlichkeit von der Hörerin empfunden wurde, liegt darin, dass Biljam selbst ein widersprüchlicher Charakter ist.
Das wird in der Bibel abgebildet, und das erzeugt Spannung. Es ist vielleicht auch so ein Stolperstein für uns, bei dem wir dann nachdenken: Warum ist das eigentlich so? In seiner Geschichte kommen einige sehr ungewöhnliche Dinge vor.
Bileam lebt zu der Zeit, als Israel das Land Kanaan einnimmt, also unter Mose. Das ist das Setting, oder? Ja, genau. Nach den vierzig Jahren Wüstenwanderung, die wir in 4. Mose 22–24 lesen, vier volle Kapitel. Diese Kapitel sind jedoch nur ein kleiner Ausschnitt aus seinem Leben. Was vorher passiert ist, wissen wir nicht viel. Nachher wissen wir etwas mehr, aber auch nicht besonders viel.
Es geht um eine große Begebenheit, die sehr lange diskutiert wird. Israel will Kanaan einnehmen. Zuerst haben sie versucht, über Edom zu ziehen, im Süden. Die Edomiter verweigerten ihnen die Durchzugsrechte, denn sie waren ein starkes Volk. Dann sind die Israeliten nach Norden gegangen. Dort fragten sie die Amoriter, ob sie durchziehen dürfen. Sihon, der Amoriterkönig, sagte nein und griff sie an.
Die Edomiter hielten sich still, doch Sihon griff Israel an. Israel verteidigte sich und schlug den Amoriterkönig Sihon. Danach besiegten sie auch Og. Balak, um den es jetzt zunächst geht, ist der König der Moabiter, das dritte Volk. Er wohnte genau zwischen den anderen beiden.
Das heißt, er bekam mit, dass es unten Ärger gab und oben die Israeliten die Gegner angriffen und überwältigten. Er bekam Furcht, weil er sagte: Was ist das für ein Volk, das meine Nachbarn angreift und überwältigt? Dann überlegte er, was er tun könne. Er schloss ein Bündnis mit den Midianitern, einem anderen Volk.
Als heidnischer König dachte er: Ich habe gehört, da geht Gott mit ihnen. Also muss ich irgendwie dafür sorgen, dass Gott aus dem Spiel genommen wird, weil er zu stark ist. Das war ja immer dieses Denken: Unser Gott ist größer oder der andere Gott ist größer, deswegen besiegt er den Gegner. Das war das heidnische Denken.
Dann dachte Balak: Wie kann ich das machen? Ich muss Israel verfluchen lassen. Selbst konnte er es nicht. Also musste er jemanden finden, der das für ihn tut. Er kannte dann gute Experten dafür, die weit weg in Euphrat wohnten, in einem Ort namens Petor. Wo das genau liegt, ist heute nicht ganz geklärt. Manche sagen in Nordsyrien. Das wären dann zwanzig volle Tagesreisen.
Dieser Experte war Bileam. Was ich mich frage: Warum wählt Balak gerade Bileam? Du hast ja gesagt, es geht immer um die Götter im Alten Testament. Balak hätte doch wahrscheinlich auch Leute vor Ort gehabt, die sich mit Okkultismus oder Verfluchen auskannten. Nein, er wählte Bileam, der zwanzig Tagesreisen entfernt war.
Er traute den Experten vor Ort wohl nicht zu, dass sie das richtig machen würden. So wie wenn du einen Server installieren willst, der etwas Spezielles ist, nimmst du nicht den ITler vor Ort, sondern vielleicht jemanden aus Schweden für etwas ganz Spezielles.
Bileam hatte einen Ruf wie Donnerhall, weil alles, was er sagte, eintraf. Das lag daran, dass er Yahweh kannte. Er war Aramäer, kein Jude, aber er hatte eine Beziehung mit Gott. Ob er gläubig war oder nicht, ist eine Diskussion, die im Vorgespräch immer unterschiedliche Ansichten hervorruft.
Ich habe ein Buch über Wilhelm Busch, Männer der Bibel, da gibt es 40, 50 Seiten über Bileam. Dort wird er eher als Knecht Gottes bezeichnet. In der kirchlichen Geschichte ist das aber umstritten. Ich denke, das liegt an seiner Widersprüchlichkeit.
Einige sehen ihn als gläubigen Aramäer, andere als Feind Gottes. Ich tendiere zur gläubigen Seite. Und ich tendiere auch zur ungläubigen. Aber das ist nicht das Thema dieses Podcasts. Es gibt Argumente dafür und dagegen. Das werden wir auch noch hören.
Vielleicht erzähle ich zuerst die Geschichte. Er war auf jeden Fall ein Jachwe-Gläubiger. Er sagte: Das ist mein Gott – das ist sein Selbstzeugnis. Gott hat mit ihm geredet. Alles, was er als Prophezeiung sagte, traf auch ein. Das heißt, er war kein Lügenprophet, sondern Gott hatte ihm das Wort gesagt, und er gab es sehr gut weiter. Dann traf es ein, und seine Botschaft verbreitete sich über Ländergrenzen hinaus. So wusste man: Oh, Bileam, was der sagt, stimmt.
Ich lese mal 4. Mose 22,5 vor: Balak, der Moabiterkönig, war zu jener Zeit König der Moabiter. Er sandte Boten zu Bileam, dem Sohn Beors, nach Petor. Das lag am Fluss Euphrat im Land der Kinder seines Volkes. Er ließ ihm sagen: Siehe, ein Volk ist aus Ägypten gezogen. Es bedeckt das ganze Land und lagert sich gegen mich – was nicht stimmt, denn sie wollten ja nur durchziehen. Aber okay.
Er sagte weiter: So komm nun und verfluche mir dieses Volk, denn es ist mir zu mächtig. Vielleicht kann ich es dann schlagen und aus dem Land vertreiben. Denn ich weiß, dass Bileam einen Ruf hat: Wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht. Die Ältesten der Moabiter gingen mit den Ältesten der Midianiter, ihren Verbündeten, zu Bileam. Sie hatten den Wahrsagerlohn in ihren Händen. Der Prophet bekam auch sein Geld.
Heutzutage ist das bei Pastoren ja auch so, und es ist nichts Ehrenwürdiges. Sie kamen zu Bileam und überbrachten ihm die Worte Balaks. Balak sprach zu ihnen: Bleibt hier über Nacht, und ich will euch antworten, so wie der Herr, Yahweh, zu mir reden wird. So blieben die Fürsten der Moabiter bei Bileam.
Jetzt sprach Gott zu Bileam. Gott redet mit ihm. Wenn man überlegt, ob das bei einem Gläubigen oder Ungläubigen möglich ist – ihr grinst jetzt, ja, er redet, das hat er betont. Für mich ist das ein klares Argument: Gott redet auf jeden Fall zu ihm.
Gott fragte: Was sind das für Leute bei dir? Und Bileam antwortete: Balak, der Sohn Zippors, der König der Moabiter, hat mir eine Botschaft gesandt: Siehe, das Volk, das aus Ägypten gezogen ist, bedeckt das ganze Land. So komm nun und verfluche es, vielleicht kann ich dann mit ihm kämpfen und es vertreiben.
Aber Gott sprach zu Bileam: Gehe nicht mit ihnen, verfluche das Volk nicht, denn es ist gesegnet. Im Grunde war das so etwas wie ein Voodoo-Zauber, den er wollte. Wenn man ihn als Nichtgläubigen ansieht – ja. Wenn er gläubig war, hat er mit Gott geredet. Aber was Balak auf jeden Fall wollte, war eine Art Voodoo-Zauber, das ist klar. Er wollte: Komm, verfluche sie.
Das war auch, was ich sagen wollte. Bei Gott erhielt er aber eine klare Absage: Gehe nicht mit ihnen, verfluche das Volk nicht, denn es ist gesegnet.
Und jetzt kommt dieser Konflikt schon ein bisschen zum Vorschein, wenn wir genauer nachlesen, denn er muss das ja weitersagen. Wir müssen darauf achten, was er aus dieser klaren Absage gemacht hat.
Im Vers 13 steht: „Bidam stand am Morgen auf und sprach zu den Fürsten Ballaks: ‚Geht hin in euer Land, denn der Herr hat mir die Erlaubnis verweigert, mit euch zu ziehen.‘“ Also er kommt quasi nicht mit.
Die Fürsten machen daraus dann eine andere Botschaft. Die Fürsten der Moabiter machten sich auf, kamen zu Balak und sagten: „Bidam weigert sich, mit uns zu ziehen.“ Das war aber nicht die Ursprungsbotschaft. Die Ursprungsbotschaft lautete: „Ich gehe nicht mit, ich verfluche das Volk nicht, denn es ist gesegnet.“ Er sagt klar: „Ich kann nicht mit euch gehen, der Herr verweigert mir die Erlaubnis.“ Doch die Fürsten lassen Gott ganz außen vor und sagen einfach, er will nicht mitkommen.
Das verändert sich also immer wieder. Das ist typische Kommunikation, wie sie oft abläuft. Interessant ist, dass er, hätte er gleich gesagt: „Ich gehe nicht mit euch, denn dieses Volk ist gesegnet, ich kann es nicht verfluchen“, damit wäre Schluss gewesen. Aber er hat das relativ unklar ausgedrückt. Die Frage ist, warum.
Ich deute aus dem, was ich später höre, dass er das Geld gern gehabt hätte. Immerhin war er ein König, es ging um ein ganzes Volk, nicht nur um Familienangelegenheiten wie sonst. Das war ein großer Auftrag zu guten Konditionen, und ein Dienstleister lehnt so etwas ungern ab. Das ist nachvollziehbar.
Er hatte ja auch zwei Burschen, die mit ihm kamen, also er hatte so etwas wie ein kleines Imperium. Er wird übrigens auch in außerbiblischen Texten als Prophet erwähnt. Allerdings war er weiter südlich von seinem Geburtshaus unterwegs, er kam also wohl viel herum.
Die Ablehnung der Einladung kommt zurück, und Balak denkt sich: „Was, er will nicht? Na gut, woran kann das liegen? Vielleicht an mehr Geld, mehr Ehre.“ Er sagt: „Ich schicke noch bedeutendere Leute zu ihm und sage ihm, was er tun soll. Dann wird er schon kommen, weil seine Absage nicht so klar war.“ Damit gibt Balak quasi sich selbst noch mal die Chance, auf ihn einzuwirken und zu sagen: „Ja, ich kriege ihn schon rum. Ich bin hier der König, und ich schaffe das.“
Biliam antwortet dann der Delegation: „Selbst wenn mir Balak sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so könnte ich doch den Befehl des Herrn, meines Gottes, nicht übertreten, um etwas Kleines oder Großes zu tun.“ Er war immer so, er sagte wirklich nur das, was Gott ihm gesagt hatte. Das ist ja logisch, denn sonst käme ja keiner mehr zu ihm. Das war sein Erfolgsgeheimnis, könnte man sagen.
Trotzdem fragt er Gott noch einmal, obwohl er die Antwort vorher schon bekommen hatte. Das dürfte eigentlich nicht sein, oder? Eigentlich hatte er doch eine glasklare Antwort: „Geh nicht mit, die sind gesegnet, die kannst du nicht verfluchen.“ Warum fragt er jetzt noch mal Gott? Er bleibt doch noch eine Nacht dort, um Gott erneut zu befragen.
Und jetzt finde ich spannend, was Gott ihm antwortet. Das ist total verwirrend. Gott kam in der Nacht zu Bileam, also bei dieser zweiten Delegation, die jetzt einen Monat später oder noch länger stattfand, und sprach zu ihm: „Wenn die Männer kommen, um dich zu rufen, so mache dich auf und geh mit ihnen. Doch nur das, was ich dir sagen werde, darfst du tun.“
Das ist interessant, denn das letzte Mal hat Gott ihm gesagt, er solle nicht mitgehen. Nun sagt er: „Geh mit ihnen.“
Was passiert dann? Bileam steigt auf den Esel. Ich fasse die Geschichte etwas abgekürzt zusammen, denn wir haben ja vier Kapitel und sonst schaffen wir heute gar nichts. Dann geht der Engel des Herrn seinen Weg – das ist Jesus Christus, denn Bileam betet ihn später an. Das Thema „Engel des Herrn“ hatten wir schon mal in einer Predigt behandelt.
Jesus steht mit dem Schwert in der Hand da. Der Esel weicht dreimal aus. Bileam schlägt den Esel immer wieder. Plötzlich spricht der Esel – was damals nicht üblich war und auch heute nicht ist.
Wilhelm Busch hat das schön diskutiert: Können Esel reden? Er sagte, der Esel rede ja keine Theologie über den Engel des Herrn, sondern frage nur: „Warum schlägst du mich?“ Das ist durchaus auf der Ebene eines Esels und hat ein bisschen Humor. Natürlich ist das übernatürlich.
Dann sieht Bileam den Engel. Der Engel sagt: „Ich bin ausgegangen, um dir zu widerstehen, weil dein Weg vor mir ins Verderben führt. Die Eselin hat mich gesehen und ist mir dreimal ausgewichen. Wenn sie mir nicht ausgewichen wäre, hätte ich dich jetzt umgebracht, sie aber am Leben gelassen.“
Ich glaube, das ist der Punkt, an dem wir die Frage der Hörerin beantworten, die sich sehr viele Gedanken macht. Gott erlaubt Bileam auf der einen Seite, zu gehen: „Dann geh doch hin!“ Auf der anderen Seite wird sehr deutlich, dass Gott es missfällt, dass Bileam genau das tut, was Gott ihm gesagt hat.
Das sieht fast so aus, als ob Gott willkürlich wäre oder seine Laune hätte. Ich denke, man muss zwei Dinge sehen. Das war ein interessanter Begriff: Gott will ihn ja nicht umbringen. Man fragt sich, warum nicht. Er hat doch gerade gesagt, dass er ihn umbringen würde, wenn der Esel nicht ausgewichen wäre.
Hätte Gott Bileam wirklich töten wollen, dann hätte er den Esel nicht reden lassen und sich nicht als Engel des Herrn gezeigt. Er wurde ja erst sichtbar, um ihn zu warnen. Stattdessen hätte Gott ihn gleich umgebracht. Das war ein sogenannter „rettender Zorn“ Gottes, mit dem er Bileam praktisch zu einer Umkehr bewegen wollte.
Warum hat Gott dann plötzlich gesagt: „Geh!“? Ich glaube, Gott hat einfach sein Herz gesehen. Bileam wollte gehen. Deshalb gab er beim ersten Mal diese schwammige Antwort und fragte beim zweiten Mal noch einmal nach. Er wusste doch, dass er nicht gehen sollte. Warum fragte er dann noch einmal?
Das heißt, Bileam wollte immer das tun, was Gott sagt, aber er suchte auch einen Schlupfweg, um ein bisschen zu manipulieren. Er wollte prüfen, ob er Christ sein kann oder gläubig sein kann und gleichzeitig noch die Welt leben kann. So kann man es allgemein ausdrücken.
Petrus kommentiert das in 2. Petrus 2,15: „Er war Bileam, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte.“ Er wollte das Geld und die Ehre. Doch er bekam eine Zurechtweisung für seinen Frevel. Das stumme Lasttier redete mit Menschenstimme und wehrte der Torheit des Propheten.
Gott hat ihm also jemanden geschickt, nämlich eine Eselin, um ihn von seiner Eselei abzubringen. Das war eine Zurechtweisung, die normalerweise nur Kinder Gottes bekommen und nicht Ungläubige.
Wir können das länger diskutieren: War Bileam wahrhaft gläubig oder nicht? Das ist ein Thema in der Kirchengeschichte. Ich glaube, die Mehrheit sieht ihn als Feind Gottes. Es gibt aber auch Stimmen, wie zum Beispiel Wilhelm Busch, der ihn in seinem Buch als Gläubigen ansieht.
Beide Positionen haben Argumente. Ich denke, das liegt daran, dass Bileam in sich beides hatte. Er sagt „Mein Gott“, hört auf Gott und ist doch wieder ein Feind von Gottes Wegen. In ihm ist beides.
Vielleicht ist das ähnlich wie bei Lot oder den Korinthern. Die Korinther sind gestorben, weil sie das Abendmahl missachteten. Sie wurden krank und starben, waren aber Gläubige.
Das ist ein Grenzbereich, und genau das macht es so schwierig, Bileams Geschichte einzuordnen.
Wenn dir der Engel des Herrn auf dem Weg begegnet, du auf einem Esel reitest und dieser Esel mit dir redet – was würdest du tun, wenn der Engel dir sagt: „Ich will dich vernichten“?
Na ja, auf jeden Fall nicht weitergehen, sondern umkehren. Ich fand es auch spannend, was du aus dem Petrusbrief vorgelesen hast. Dort heißt es, er werde der Torheit des Propheten gewertet. Man sagt ja oft „der dumme Esel“, aber hier ist eigentlich vom „dummen Propheten“ die Rede. Der Esel muss dem dummen Propheten sagen, was Weisheit ist. Übrigens wird er hier als Prophet bezeichnet – nicht als Wahrsager, sondern als Prophet. Das ist schon etwas Besonderes. Natürlich gibt es auch falsche Propheten, aber er hat immer richtig prophezeit.
Ich glaube, diese Diskussion werden wir nicht abschließend klären können. Konzentrieren wir uns auf etwas anderes. Hier kann man verschiedene Ansichten haben. Ich würde nicht hundertprozentig sagen, dass er gläubig war, ich tendiere eher dazu. Aber innerlich bin ich etwa siebzig zu dreißig, weil es wirklich schwierig ist.
Oft ist das so im Leben: Man fragt sich, ob jemand gläubig ist oder nicht, weil man es nicht sieht. Es gibt keine Früchte oder es ist einfach sehr schwierig. Ich glaube, das überlässt man dann dem Herrn. Er wird es eines Tages richten. Manchmal kann man von außen nicht erkennen, ob jemand gläubig ist oder nicht. Das finde ich sehr schade, und es wird ihn am Ende auch ins Verderben führen.
Neutestamentlich würde man wahrscheinlich sagen, wenn man ihn als Christen bezeichnen wollte, dass er nach dem Fleisch lebt. Ja, so würde man es ausdrücken.
Jetzt ist der Hammer: Du hast gesagt, du würdest umkehren, wenn der Engel des Herrn vor dir stünde. Das würde ich auch machen. Ich bin gerade noch dem Tod von der Schippe gesprungen, ich würde umkehren.
Nun zu seiner Reaktion in Kapitel 22, Vers 34: Er sagt zum Engel des Herrn: „Ich habe gesündigt.“ Okay, super, denn er wusste nicht, dass der Engel ihm im Weg stand. Allerdings sagt er nicht, was genau seine Sünde war. Das klingt fast wie eine Ausrede.
Aber jetzt kommt der Hammer! Er sagt: „Und nun, wenn es böse in deinen Augen ist, so will ich wieder umkehren.“ Natürlich ist es böse in seinen Augen. Warum diskutiert er dann noch herum? Was soll das? Er versucht immer, einen Schlupfwinkel zu finden – das ist echt dreist. Gott kommt dir entgegen, will dich töten, und du sagst: „Na ja, wenn du meinst, dass ich nicht gehen soll, dann kehre ich um.“ Das ist fast Teenie-Mentalität.
Aber du kannst noch deutlicher sein. Was kann Gott noch deutlicher machen? Nein, auch hier wird noch diskutiert.
Jetzt ist wieder interessant die Antwort vom Engel des Herrn, also von Jesus zu Bileam: „Geh mit den Männern, aber du darfst nur das reden, was ich dir sagen werde.“ Warum schickt er ihn jetzt weiter?
Ich denke, das ist das, was in Römer 1 beschrieben wird: Gott hat ihn dahingegeben. Manchmal ist das Schlimmste, was Gott tun kann, dass er jemanden weitermachen lässt und ihm nichts passiert. Aber warum? Weil derjenige sich schon zwei- oder dreimal überwunden hat. Selbst hier sagt er angesichts des Todes: „Och, wenn du nicht willst, okay.“ Aber innerlich meint er natürlich: Ich will das Geld, ich will den Auftrag.
Das gibt es auch in unserem Leben. Man merkt, wenn jemand immer wieder fragt und man sieht genau, was er will. Man hat ihm eigentlich geraten: Mach das nicht! Irgendwann sagt man dann: „Komm, mach’s doch, und mach deine Erfahrungen damit.“ Vielleicht denkt Gott hier ähnlich.
Jetzt verstehe ich ganz schnell: Er ist bei Balak unten angekommen. Nun folgt eine Posse in drei Akten: Er segnet nämlich dreimal. Er soll auf den Berg Baal gehen. Dort sagt er zu Balak in Kapitel 23, Vers 4: „Ich mache sieben Altäre mit sieben Stieren und sieben Widdern, die ich opfere.“ Das macht wirklich Eindruck, oder?
Auf jeden Fall. Bis oben auf so einem Berg sieben Altäre, sieben Widder, sieben Stiere – ein Stier ist ein riesiges Tier, das kann eine Tonne wiegen. Widder haben ebenfalls Bedeutung.
Dann redet Gott mit ihm? Nein, zuerst sagt Bileam zu Balak, dass er sieben Altäre errichtet hat. Dann begegnet Gott ihm, und Bileam sagt zu Gott: „Ich habe dir sieben Altäre errichtet mit Stieren und Widdern.“ Das wirkt ein bisschen manipulierend, so nach dem Motto: „Ich habe jetzt meine Buße getan, Geld gespendet, mach doch bitte, was ich mir vorstelle.“ Das erinnert an Saul, der das auch so gemacht hat.
Gott sagt aber: „Nein, du darfst sie nicht verfluchen.“ Er musste sie sogar segnen. Was sagt Bileam jetzt? Ich konzentriere mich nur auf seine Sätze, die uns seine Psyche näher zeigen.
Er sagt nicht direkt, dass er das Volk segnen muss, aber er sagt zu Balak: „Wie sollte ich den verfluchen, den Gott nicht verflucht?“ Eigentlich will er ja, aber wie kann er den verfluchen, den Gott nicht verflucht? Er ist daran gebunden, was Gott sagt. „Tut mir leid.“
Balak ist sauer: „Ich habe dich geholt, damit du die Feinde verfluchst, nicht damit du sie segnest!“ Und Bileam antwortet: „Ich muss doch darauf achten, was der Herr mir in den Mund legt.“ Das ist sein Prinzip. Er ist immer geradlinig. Nur was Gott sagt, sagt er auch. Er lügt nie, aber er versucht es über das Maß hinaus zu biegen.
Balak denkt sich: „Na ja, der hat das Volk gesehen, deswegen kann er es nicht verfluchen, da hat er Mitgefühl.“ Er sagt: „Ich gehe jetzt auf den Berg mit dir, wo du das Volk nur ganz am Rande siehst. Da hast du die Leute nicht richtig vor Augen.“ Balak hat nicht mit Gott gerechnet. Er musste schon wieder segnen.
Was sagt Bileam diesmal? Er hat gesegnet und kann es nicht abwenden. Seinen Gedankengang schließe ich daraus: Erst dachte er, fluchen geht nicht, aber vielleicht kann ich wenigstens verhindern, dass sie gesegnet werden. Dann hätte er wenigstens einen Teilerfolg und bekäme einen Teil der Summe.
Deshalb hat er gesegnet und sagt: „Ich kann es nicht abwenden.“ Er sagt auch: „So hilft denn keine Zauberei gegen Jakob und keine Wahrsagerei gegen Israel“ (Kapitel 23, Vers 23).
Das wird später kommentiert in 5. Mose 23, Vers 6: „Aber der Herr, dein Gott, wollte nicht auf Bileam hören, sondern verwandelte für dich den Fluch in Segen, denn der Herr, dein Gott, hat dich lieb“, sagt er zu Israel.
Israel wollte verflucht werden. Nun stellt sich natürlich die Frage, die dir sicher in den Sinn kommt: Wenn er gläubig war, kann ein Christ andere Christen verfluchen wollen und dafür Geld bekommen? Eigentlich nicht, das geht eigentlich nicht.
Wir sind hier in Grenzbereichen, denke ich. Es hat nicht geklappt. Balak ist wieder sauer, denn er musste schon zweimal segnen, obwohl er verfluchen wollte. Nun geht er auf den dritten Berg, den Berg Peor.
Die Moabiter glaubten an Baal Peor. Baal ist meistens ein Berggott. Peor ist der Ort, wo praktisch die Natur im Animismus eine Seele hat. Dort wohnt der Gott Peor. Er ist der Hauptgott, der wichtigste. Das ist praktisch der Machtort, an dem man Gott irgendwie umstimmen kann – also Yahweh in dem Sinne.
Inzwischen hat Bileam gemerkt, dass es keine Chance gibt, Gott wird ihn nicht verfluchen lassen. Dieses Mal geht er nicht auf Prophetie oder Wahrsagerei aus, sondern schaut einfach hin. Dann redet Gott mit ihm und gibt ihm einen noch tolleren Segen.
Balak flippt aus, logisch: „Ich habe dich gerufen, damit du meine Feinde verfluchst, und sieh, du hast sie nun dreimal gesegnet. Nun flieh an deinen Ort! Ich wollte dich eh hochheben, aber sieh, der Herr Jachwe hat dir die Ehre versagt.“
Er bekommt keinen Cent von mir, Jachwe hat dir versagt. Er sagt schon, Jachwe hat eine Beziehung zu Bileam. Das war ihm klar.
Schon komisch. Praktisch sieht er ihn als Jachwe-gläubig an oder zumindest in einer Beziehung zu Jachwe, traut ihm aber zu, dass er Jachwes Kinder verflucht. Wenn er gläubig war, dann hat er ein ziemlich schlechtes Bild nach außen abgegeben. Das ist meine Überzeugung.
Ich glaube, es gibt dieses Hinken auf beiden Seiten. Das wird bei ihm sehr, sehr deutlich.
So, und jetzt: „Hau ab“, sagt Balak. Und nun legt Bileam noch eins nach und macht eine messianische Prophezeiung. Dabei frage ich mich: Würde Gott wirklich einen Nichtgläubigen dafür benutzen? Er spricht vom Stern und vom Zepter, die in der Zukunft kommen sollen, und hält eine sehr lange messianische Prophezeiung.
Am Ende macht sich Bileam auf und kehrt an seinen Ort zurück. Auch Balak zieht seines Weges. Bileam hat versucht, mit der Welt zu leben, doch mit Gott ist es schiefgegangen. Ich denke, das lag daran, dass noch ein bisschen Gottesfurcht in ihm war. Er wollte nie lügen. Hätte er gelogen, hätte er sein Geld bekommen.
Aber das Prinzip hat er nie gebrochen, egal wie tief er gesunken ist. Er hat nie gelogen, sonst hätte er das ganze Geld erhalten. Er hätte einfach eine falsche Prophezeiung machen müssen, einen Fluch aussprechen, der nicht stimmt, und hätte sein Geld bekommen. Danach hätte er Buße vor Gott tun können, und alles wäre in Ordnung gewesen. Das hat er aber nicht gemacht.
Er hatte also Prinzipien – bei anderen Dingen vielleicht nicht, aber hier schon. Eine schwierige Mischung.
Auf jeden Fall enden hier die vier Kapitel, von denen du gesprochen hast. Doch Bileam wird über diese Kapitel hinaus auch an anderen Stellen erwähnt. So wie ich dich kenne, hast du natürlich auch diese anderen Stellen gelesen. Es sind ja ziemlich viele, etwa ein Dutzend.
Was war denn deine Erkenntnis, die du daraus gezogen hast?
Ja, der Hammer kommt jetzt: Was passiert sechs oder sieben Kapitel später, im einunddreißigsten Kapitel? Das sind genau sieben Kapitel später. Dort kämpfen die Israeliten gegen die Midianiter. Wenn wir uns erinnern, waren die Midianiter Verbündete der Moabiter, also von Balak.
In diesem Kampf werden einige Menschen getötet. Dann steht dort, dass auch Bileam, der Sohn Beor, der Wahrsager, von den Söhnen Israels mit dem Schwert getötet wurde, zu den übrigen Erschlagenen hinzugefügt. Die Frage, die sich stellt, ist: Was hat Bileam in Midian zu suchen? Warum wird er dort umgebracht?
Die Antwort kommt ein paar Verse später: Er ist zurückgekehrt. Damals hatte er Israel nicht verflucht, weil Gott sie nicht verflucht, sondern gesegnet hat. Er hatte vier große Segnungen ausgesprochen, darunter eine messianische Prophezeiung. Danach ging er nach Hause, aber es hat ihn irgendwie gewurmt. Er wollte wohl das Geld noch haben – er liebte den Lohn der Ungerechtigkeit, wie Petrus sagt. Also kam er zurück.
Dann gab er ihnen einen Rat, wie Mose jetzt sagt. Dieser berühmte Rat Bileams wird auch in Offenbarung 2,14 zitiert. Mose sagt in 4. Mose 31,14: "In der Sache des Peor, durch den Rat Bileams, wurden die Kinder Israels vom Herrn abgewandt, sodass die Gemeinde des Herrn die Plage wieder traf."
Was war da passiert? Direkt nach der Geschichte mit Bileam kamen die Midianiterfrauen – die jungen und hübschen – zu den Israeliten. Sie ließen sich auf die Männer ein, hatten mit ihnen Spaß, auch körperlich, und verführten sie zum Götzendienst. Das war kein Zufall, sondern eine List und ein Rat von Bileam.
Denn es steht: "Durch den Rat Bileams wandten sie sich ab in der Sache des Peor." Das war der Götzendienst mit Peor. Daraufhin starben 24 Menschen an der Plage Gottes, wahrscheinlich eine Seuche, bis Pinhas eingriff. Er wies 24 Menschen aus.
Offenbarung 2,14 kommentiert das noch einmal: "Ich habe einiges Weniges gegen dich", sagte der Herr zur Gemeinde, "dass du solche hast, die an der Lehre Bileams festhalten, der Balak lehrte, einen Anstoß zur Sünde vor die Kinder Israels zu legen, sodass sie Götzenopfer aßen und Unzucht trieben."
Das bestätigt im Grunde, was wir schon gesagt haben. Was wir in den vier Kapiteln nicht lesen, ist, dass Bileam wohl nochmals nach Midian zurückgekehrt ist. Sonst hätten sie ihn dort nicht antreffen und töten können. Er gab ihnen den Rat: Ihr könnt Israel nicht verfluchen, denn es ist gesegnet. Aber wenn Israel Götzendienst begeht und Unzucht treibt, wird Gott sie strafen.
Und genau das haben sie getan – und es hatte Erfolg. Das ist wirklich die unterste Kategorie, muss man sagen. Da darf man wirklich zweifeln, ob er gläubig war oder nicht. Von daher denke ich, dass Petrus, der zurechtgewiesen wurde, weil normalerweise nur Kinder Gottes zurechtgewiesen wurden, Recht hatte.
Gott redete mit Bileam, machte messianische Prophezeiungen, was für ihn spricht, dass er gläubig war. Andererseits war er eindeutig ein Feind des Volkes Gottes und führte sie ins Verderben. Ich glaube, beides kann sein.
Deshalb haben wir jetzt dieses Positive: "Ich rede nur, was Gott mir sagt, und ich nehme dein Geld nicht an." Ob das ernst gemeint war, ist die Frage, aber auf jeden Fall ließ er sich vom Geld nicht zu Lügen verführen. Die Prinzipien hatte er.
Auf der anderen Seite suchte er immer seinen Schlupfloch, immer seinen Weg, wie er irgendwie an Gott vorbeikommt. Und Gott hat ihn irgendwann ziehen lassen. Das finde ich das Tragische.
Ich glaube, jeder Mensch oder viele Menschen haben innerlich so eine Sache, wo sie immer mal wieder denken: Da möchte ich doch dem Gebot Gottes nicht folgen. Es kann sein, dass Gott dich irgendwann laufen lässt. Das ist das Schlimme.
Wenn Gott nicht mehr "Nein" sagt, wenn er nach dem ersten "Geh" nicht auf einmal sagt: "Ja, geh, geh", dann kommt auf einmal der Engel des Herrn. Da müsste man eigentlich aufwachen und sagen: Na ja, da hat er mich wohl gehen lassen, weil er sagt, es hat keinen Zweck mehr, mit ihm zu reden.
Da hätte Bileam zur Besinnung kommen müssen. Aber auch später, durch die ganzen Sprüche, mit denen er immer gesegnet hat, kam er nicht zur Besinnung. Dann hat er den Lohn für seinen Rat bekommen – und das war der Tod.
Weswegen ist er gestorben? Weil er auf beiden Seiten praktisch gehinkt ist. Das finde ich sehr schade, wenn Leute nicht wissen, ob sie gläubig sind oder nicht und so enden müssen.
Trotz all der Warnungen und allem wurde er im Grunde genommen am Schluss ein Verräter. Er wusste, wie die Dinge funktionieren, und gab den entscheidenden Rat weiter: So kannst du Israel verführen und damit auch ihre geistliche Kraft nehmen.
Das ist schon dramatisch, was er hier tut. Man könnte darüber noch lange reden und diskutieren. Das machen wir dann, wenn die Mikrofone ausgeschaltet sind.
Ja, da ist er wieder: der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart.
Wir hoffen, dass ihr einen Impuls für euch mitnehmen konntet – auch für euer persönliches Leben. Es geht darum, nicht das Schlupfloch zu suchen, sondern euch wirklich Gott anzuvertrauen. Das, was ihr von Gott als Wahrheit verstanden habt, solltet ihr auch im Leben umsetzen.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen – so wie wir es gerade gemacht haben – oder Anmerkungen zum Podcast, dann schreibt uns bitte unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und ein geradliniges Christenleben.