Schmiergeld und Machtmissbrauch in der Antike
Liebe Freunde, wer etwas haben will, zum Beispiel ein Auto oder eine Flasche von Werners grünem Bier, der muss Schmiergeld zahlen. Ohne Schmiergeld läuft heute fast nichts mehr. Und bei denen, bei denen man mit Geld nichts erreichen kann, muss man eben Honig ums Maul schmieren.
So machte es auch der Hohepriester und der Hohe Rat der Juden. Sie hatten den Apostel Paulus verhaften lassen. Nach dramatischen Ereignissen landete Paulus in römischer Untersuchungshaft. Er saß in Caesarea, dem Amtssitz des römischen Prokonsuls Felix. Zudem reisten sie dorthin, um Paulus anzuklagen.
Sie hatten sich einen Rechtsanwalt gemietet, der seine Anklagerede begann, indem er Felix Honig ums Maul schmierte. In der Apostelgeschichte 24,3 heißt es:
"Verehrter Felix, dass wir unter dir in großem Frieden leben und viele Reformen diesem Volk durch deine Fürsorge widerfahren, das erkennen wir an allen Wegen und allenthalben mit aller Dankbarkeit."
Doch das war alles Schwindel, kein Wort davon war wahr. Von Dankbarkeit des Volkes konnte überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil, die Bevölkerung hatte sich beim Kaiser beschwert und die Absetzung von Felix verlangt. Reformen hatte Felix schon immer abgelehnt.
Das ist für uns heute als evangelische Christen schwer verständlich, wie jemand gegen Reformen sein kann. Seit Luthers Reformation ist für uns als protestantische Christen der Grundsatz "Die Reformation geht weiter" eine Selbstverständlichkeit. Für Felix damals war das eine Zumutung. Er wollte die Verhältnisse so lassen, wie sie waren.
Ihm ging es ja gut. Er hatte alles, was die Bevölkerung nicht hatte. Wenn hier von Fürsorge fürs Volk die Rede ist, dann ist das Schmeichelei übelster Sorte.
Die Anklage gegen Paulus und seine Verteidigung
Nachdem der Herr Rechtsanwalt also diesen Schleim abgelassen hat, kommt er zur Sache, zur Anklage. Zunächst charakterisiert er den Angeklagten, indem er ihn als eine Pestbeule bezeichnet. Dann wirft er ihm dreierlei vor: Erstens, „Er hat Aufruhr erregt unter allen Menschen auf dem ganzen Erdkreis“, sagt er. Man muss sich die Übertreibung mal vorstellen. Zweitens, er ist der Anführer der Sekte der Nazarener. Drittens, er hat versucht, den Tempel zu entweihen.
Dazu nun der Hohe Rat, kopfnickend im Chor: „So ist es.“ Felix winkt dem Angeklagten. Der hat es nicht nötig, ihn anzureden. Er gibt nur einen hoheitsvollen Wink als Zeichen, jetzt soll er sich verteidigen.
Der Paulus erklärt ganz cool, dass Punkte eins und drei reine Erfindungen sind. Es gibt keine Beweise dafür. Mit anderen Worten: Das sind Lügen, so wie bis zum heutigen Tage immer wieder mit allen möglichen Lügen gegen Christen vorgegangen worden ist, ohne dass sie sich dagegen verteidigen können.
Ich bin jetzt im Juli in Manila auf den Philippinen gewesen, auf diesem Kongress für Weltevangelisation. Da hat mich an einem Abend am meisten beeindruckt, wie Menschen aus verschiedenen Teilen der ganzen Erde berichtet haben, wie sie als Christen in ihren Ländern unterdrückt worden sind.
Da war zum Beispiel ein Sowjetrusse, der gesagt hat, dass er wegen seiner missionarischen Tätigkeit eingesperrt worden ist – neun Jahre Arbeitslager. Natürlich hat er im Lager weiter von Jesus gepredigt. Dafür hat er als Strafe eine Sonderbehandlung bekommen: Er kam in die Dunkelzelle.
Ein anderer Bruder aus China erzählte, wie er während der Kulturrevolution in ein Arbeitslager gesteckt worden ist. Auch dort hat er natürlich für Jesus Zeugnis abgelegt. Dafür wurde er wieder bestraft mit einer Sonderbehandlung: Er musste tagelang in der Jauchengrube stehen und die menschliche Scheiße herausschaufeln.
Und eins war dort gut, hat er gesagt: Dort war ich ganz alleine. Niemand kam in die Nähe, niemand hörte mich. Das war der einzige Ort im ganzen Lager, wo ich laut beten, laut singen und laut Bibelverse aufsagen konnte. So hat er dort den ganzen Tag laut gebetet und gesungen.
Deshalb, so hat er gesagt, war ich gern dort in der Jauchengrube, denn dort habe ich meinen Herrn getroffen. Dann hat er uns eins von den Jesusliedern vorgesungen, die er dort in China in der Jauchengrube gesungen hat.
Ich kann euch sagen: Wie dieses kleine chinesische Männlein mit seiner brüchigen, dünnen Stimme ganz allein am Mikrofon stand und dieses Lied aus der Jauchengrube gesungen hat, da standen vielen der vier Delegierten die Tränen in den Augen.
Ich frage euch: Welche Lieder, welche Bibelworte kennt ihr, die ihr in einer solchen Situation aufsagen könntet? Wisst ihr überhaupt, wie froh ihr sein könnt, dass ihr nicht in einer solchen Situation seid? Habt ihr überhaupt eine Ahnung, worauf ihr euch einlasst, wenn ihr euch mit Jesus abgebt?
Ihr spaziert hier rein in den Gottesdienst und nehmt ihn als so einen Ort, als Zusatzbonbon für den laufenden Monat. Während in anderen Teilen der Welt die Teilnahme am Gottesdienst lebensgefährlich ist.
Jesus hat das seinen Jüngern alles schon vorausgesagt. Er hat gesagt, man wird sie verfolgen, man wird sie mit Lügen fertig machen. Der Apostel Paulus war einer der Ersten, der das am eigenen Leib erfahren musste.
Paulus bekennt sich zum Christentum und die Herausforderung der Bibel
Wie gesagt, die Lügen der Anklage weist er zurück.
Doch bei Punkt zwei der Anklage, dass er zur Sekte der Nazarener gehört, steigt er voll ein. Er bekennt sich voll und ganz zum Christentum. Dabei erklärt er nur, dass das keine Sekte ist, sondern der Weg, wie man zu Gott kommt – und zwar der einzige Weg. So hat es ja Jesus selbst gesagt.
Jesus hat von sich gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, und niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ Das klingt nicht nur intolerant, das ist es auch. Das ist der Alleinvertretungsanspruch von Jesus, der alle anderen Wege und Religionen ausschließt. Ohne Jesus kommt keiner zu Gott.
Diesen Absolutheitsanspruch des Christentums hat der ökumenische Weltrat der Kirchen aufgegeben.
Im Sommer hat in San Antonio eine Konferenz des ökumenischen Weltrates stattgefunden. Auf dieser Tagung sagte kurioserweise der Vertreter der Weltevangelisation, dass Jesus nicht der einzige Weg sei – zumindest nicht in dem Sinne, dass alle, die den Namen Jesus nicht als einzigen Weg bekennen, keinen Pass für den Himmel hätten.
Doch in der Bibel steht, dass uns kein anderer Name unter dem Himmel gegeben ist, durch den wir gerettet werden, außer dem Namen Jesus. Die Lehre des Weltkirchenrates widerspricht also eindeutig der Heiligen Schrift in diesem Punkt.
Gerade die ungebrochene Stellung zur Schrift ist ein wesentliches Kennzeichen des wahren Christen. Paulus sagt hier im Vers 14: „Ich bekenne, ich glaube allem, was geschrieben steht im Gesetz und in den Propheten.“ Diesen Satz können heute viele nicht mehr nachsprechen.
Es glauben keineswegs alle in der Kirche alles, was in der Bibel steht. Im Gegenteil: Vom Konferenten bis zum Theologieprofessor, vom Kirchenvorstand bis zum Weltkirchenrat hat jeder irgendwo irgendwelche Bedenken. Sie haben etwas an der Bibel auszusetzen, nehmen manches nicht ernst, weil ihre Erkenntnis, Erfahrung oder Vernunft dem widerspricht.
Heute sind viele, selbst wenn sie die Bibel gar nicht gelesen haben, viel zu klug und gebildet, um das ernst zu nehmen, was dort steht.
Der Apostel Paulus war einer der größten Denker der Menschheitsgeschichte. Und dennoch wagen es einige mit ihren wenigen Jahren Schule und Hochschulbildung, an der Bibel herumzufummeln und die Wahrheit der göttlichen Offenbarung in Zweifel zu ziehen.
Paulus war einer der größten Theologen der Kirche, dem das ganze Heer der modernen Kritiker nicht das Wasser reichen kann. Dieser Geistesriese war sich nicht zu schade, vor seinen weltlichen Anklägern und Richtern den geradezu kindlichen Satz zu sagen: „Ich glaube allem, was geschrieben steht im Gesetz und in den Propheten.“
Zu diesem Satz möchte ich mich ausdrücklich bekennen: Ich glaube allem, was in der Bibel geschrieben steht. Ich weigere mich, mich an dem modernen Schwindel zu beteiligen, der eine Aussage nach der anderen aus der Bibel streicht.
Zum Beispiel fangen jetzt die Feministinnen an, an der Bibel herumzumudeln. Sie sagen nicht mehr „Der Herr segne dich“, sondern „Gott segne dich“, weil sie das Wort „Herr“ nicht mehr aussprechen können. Sie beten nicht „Vater unser“, sondern „Mutter unser“, weil sie das Wort „Vater“ nicht verwenden wollen.
Einer hat sogar die Zehn Gebote umgeschrieben. Dort heißt das sechste Gebot nicht mehr „Du sollst nicht Ehe brechen“, sondern „Du darfst Ehe brechen“.
Ich persönlich halte diesen feministischen Unsinn für eine Gotteslästerung. Und ich halte das für genauso falsch wie die Leugnung der Wunder von Jesus, seiner Göttlichkeit und seiner Auferstehung.
Gerade auf die Auferstehung kommt es Paulus aber am allermeisten an. Deshalb sagt er nach seinem Bekenntnis zur Autorität der Bibel, dass er die Hoffnung hat, dass es eine Auferstehung der Gerechten und Ungerechten geben wird.
Es gibt einen einzigen Grund, warum Paulus durch die ganze Welt marschiert und von einem Gefängnis ins andere geschleift wird: Sein Erlebnis, dass er dem Auferstandenen begegnet ist. Nachdem Jesus gekreuzigt und begraben worden war, begegnete er Paulus auf der Straße. Das war die Initialzündung.
Seitdem ist Paulus unterwegs und sagt allen Menschen, dass Jesus der Messias ist, der im Alten Testament verheißen wurde und den Gott durch die Auferstehung bestätigt hat. Das ist seine Botschaft. Das ist das, was die Juden nicht hören wollen. Und das ist der wahre Grund für seine Verhaftung.
Offiziell kam in der Anklagerede das Wort Auferstehung überhaupt nicht vor. Doch Paulus behauptet im Schlusssatz seiner Verteidigungsrede, dass genau das der springende Punkt ist.
Er schließt mit den Worten: „Wegen der Auferstehung der Toten werde ich von euch heute angeklagt.“
Damit ist die Verhandlung zu Ende. Felix verschiebt den Prozess, und Paulus wird wieder in die Zelle abgeschoben.
Felix und Drusilla – Macht, Schuld und die Suche nach Gott
Im Vers 22 steht, dass Felix sehr genau über diese Lehre Bescheid wusste. Er hatte also nicht zum ersten Mal von der Auferstehung und von Jesus gehört. Vielleicht begegnete er zum ersten Mal einem Menschen, der wirklich an den Auferstandenen glaubte.
Jeden Abend, wenn Felix vor seinem Kamin saß und Salzstangen knabberte, beschäftigte ihn eine Frage. Er grübelte darüber nach, ob das, was Paulus sagte, wirklich stimmt. Wenn es wahr ist mit der Auferstehung, dann stimmt sein ganzes Leben nicht. Er müsste sein Leben komplett ändern.
Nach einigen Tagen hält Felix das Grübeln nicht mehr aus. Er braucht Klarheit über den Glauben an Jesus. Deshalb lässt er Paulus noch einmal zu sich kommen. Bei dem Treffen ist auch seine derzeitige ständige Begleiterin, die Frau Drusilla, anwesend.
Felix und Drusilla – man darf sich doch noch einmal versprechen, oder? Falls ich so senil werde, dass ich meine eigenen Manuskripte nicht mehr ablesen kann, trete ich zurück, das verspreche ich euch. Die beiden waren ein „sauberes“ Pärchen.
Bevor ich euch Madame Drusilla vorstelle, muss ich noch ein paar Informationen über Felix geben. Felix bedeutet auf Deutsch „der Glückliche“. Ob er wirklich glücklich war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er Glück hatte.
Felix war von Geburt an ein Sklave. Später wurde er vom Kaiser freigelassen und stieg als Günstling des Kaisers von Stufe zu Stufe auf. Er war ein skrupelloser Emporkömmling, geizig, ungerecht und unbeliebt. Während seiner Regierungszeit nutzte er die Macht, um in die eigene Tasche zu wirtschaften.
Der römische Geschichtsschreiber Tacitus urteilte über ihn, dass er die Macht eines Königs mit der Gesinnung eines Sklaven ausübte. Später fiel Felix in Ungnade, wurde verbannt und starb dort. Aber in der Geschichte, die ich erzähle, ist er noch quicklebendig.
Er sitzt neben seiner dritten Frau, Madame Drusilla. Doch sie war gar nicht seine Ehefrau. Drusilla war keine Sklavin, sondern von Geburt eine Prinzessin. Sie war die Tochter von König Agrippa. Schon als Kind war sie mit einem Prinzen verlobt, doch die erste Ehe kam nicht zustande.
Als Felix sich in Drusilla verliebte, war sie gerade mit König Azizus von Edessa verheiratet. Das störte Felix aber nicht. Er bestach einen jüdischen Magier, der sie überreden sollte, ihren Mann zu verlassen und zu ihm zu kommen. Ein Krimi erster Ordnung.
So waren beide verheiratet, hatten ihre Ehepartner ohne Scheidung verlassen und lebten nun zusammen – ein „sauberes“ Pärchen, wie gesagt. Nun lassen sie Paulus zu sich kommen.
Es heißt hier, dass sie ihm zuhören, wie er über den Glauben an Jesus Christus spricht. Die Frage nach Gott und nach Frieden mit Gott sitzt unauslöschlich fest im Herzen eines brutalen Machthabers und einer ausgekochten Ehebrecherin.
Da sitzen sie nun, der Herr „Glücklich“ und Frau Drusilla. Geschminkt, gepudert und geliftet, aber niedergedrückt von einem schlechten Gewissen. Behängt mit Gold und Diamanten, aber beladen mit Schuld und Sünde. Ausgestattet mit Vollmacht über Leben und Tod, aber angekettet an die Macht der Sünde. Vollgestopft mit Leckerbissen, aber mit einem leeren, ausgehöhlten, hungrigen Herzen.
Paulus predigt über Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und das jüngste Gericht
Nur wird Paulus hereingeführt, und man sagt ihm, er solle den Anwesenden etwas über Jesus erzählen. Jeder andere hätte in dieser Situation gedacht: Das ist die von Gott gegebene Chance, um wieder freizukommen. Dieser Mann hat meine Zukunft in der Hand. Wenn ich ihn für mich gewinne, lässt er mich vielleicht laufen. Also heute diplomatisch und leise auftreten, damit ich morgen wieder öffentlich als Prediger auftreten kann.
Meine Ankläger – so könnte Paulus gedacht haben – sind jetzt nicht hier. Dieses gestellte Weibsbild mit der Wespentaille darf ich auf keinen Fall verärgern, sonst ist es gleich Essig. Aber wenn ich der einen Nettigkeit sage, legt sie vielleicht bei Felix ein gutes Wort für mich ein. Auf alle Fälle hat Gott an ihren Herzen schon vorgearbeitet, sie wollen ja von Jesus hören. Diese dürfen jetzt auf keinen Fall abgestoßen werden. Ich darf sie nicht zu hart anfassen und muss alle anstößigen Themen vermeiden. Am besten predige ich über die Liebe und vielleicht noch ein paar Bemerkungen zum sozialen Engagement der Christengemeinde. Das hören die von der Regierung immer gerne.
So ungefähr hätte jeder andere gedacht. Und was hat Paulus gemacht? Er hält eine Predigt über die Gerechtigkeit, über die Enthaltsamkeit und über das jüngste Gericht – ausgerechnet diese drei Themen. In mehr Fettnäpfchen konnte der Mann wirklich nicht treten. Bei dieser Themenwahl ist jede Chance, die Hörer für sich zu gewinnen, verloren.
Aber Paulus will die beiden nicht für sich gewinnen, er will sie für Jesus gewinnen. Er will nicht seine Haut retten, sondern diese beiden Menschen retten. Selbstverständlich weiß er über die beiden Bescheid. Doch er lässt sich weder durch ihr großmäuliges Auftreten noch durch ihr großartiges Aussehen täuschen. Er sieht hinter der Fassade zweier Menschen, also zweier Sünder.
Und ihr, meine verehrten Mitchristen, Halbchristen und Atheisten, ihr seid auch nichts anderes. Ihr braucht auch nichts anderes als damals die beiden: die Vergebung eurer Sünden durch Jesus. Paulus sieht vor sich zwei Menschen, die ewig verloren gehen, wenn sie Jesus nicht annehmen. Sie wollen etwas vom Glauben hören, also sollen sie auch hören, wo sie sich ändern müssen.
Deshalb spricht Paulus als Erstes von der Gerechtigkeit. Das ist bis heute ein Reizwort. Ob Friedensdekade oder konziliarer Prozess – überall taucht dieses Wort auf. Weltweit geht es um die Frage der Gerechtigkeit.
Ich habe das vorhin schon erwähnt: Ich war im Sommer in Manila auf den Philippinen. Dort gibt es 5 Prozent Reiche, 15 Prozent Mittelklasse und der Rest, also 80 Prozent, sind Arme. Ein großer Teil von ihnen lebt unterhalb des Existenzminimums. Eine grotesk ungerechte Verteilung der Güter.
Diese Armut ist atemberaubend. Zum Beispiel leben dort Hunderttausende von Kindern ohne Eltern mitten auf der Straße. Ich habe gesehen, wie Kinder am Rande einer stark befahrenen Straße aus Pappe kleine Hütten gebaut haben – wie kleine Hundehütten, in denen sie leben. Kinder mit wunderschönen schwarzen Augen, die dich ansehen. Sobald ein Auto anhält, klopfen sie an die Scheibe und betteln: Hunger, Hunger.
Dann habe ich die Smoky Mountains gesehen – die Müllkippe von Manila. Wisst ihr, wie eine Müllkippe bei 40 Grad Hitze im Schatten stinkt? Der Gestank ist schon einige Kilometer vorher so stark, dass du dir das Taschentuch vor Mund und Nase pressen kannst. Das nützt aber gar nichts.
Und dort, mitten im Müll, leben Menschen! 180 Menschen in 17 Hütten auf anderthalb Quadratkilometern. Sie kratzen im Abfall und durchforsten den Müll, ob sie noch etwas finden, was sie verkaufen können. Sie leben dort mit Kind und Kegel.
Wenn du das siehst, bist du zunächst einfach sprachlos. Du fühlst dich absolut hilflos. Das ist unbeschreiblich, unmenschlich, Wahnsinn. Du stehst da und sagst die ganze Zeit: Mein Gott, mein Gott, das darf nicht wahr sein. Am Schluss habe ich nur noch laut immer wieder gesagt: Jesus, Jesus.
Da kannst du schon nicht mehr beten, wenn du das siehst. Wenn du das siehst, könntest du auf der Stelle zum Kommunisten werden. Aber ich muss euch sagen: Auf der Müllkippe von Manila habe ich keinen Kommunisten getroffen und auch kein kommunistisches Parteibüro gesehen. Aber ich habe eine Hütte gesehen, an der ein Kreuz hing.
Ein Kreuz, das Zeichen von Jesus, von dem Mann, der auf der Müllkippe von Jerusalem gestorben ist, um die Menschheit zu erlösen. Dort hatten Christen eine kleine Hütte gebaut. Es gab viele von dieser Sorte, ich habe nur die eine gesehen, wo sie versuchen, den Menschen dort zu helfen, die Kinder ein bisschen zu erziehen und so gut es geht.
Diese Christen, die zum Teil mit ihren Familien und Kindern in den Slums mit den Armen zusammenleben – das sind für mich die Größten. Das sind die eigentlichen Helden unserer Zeit, über die keine Zeitung und kein Fernsehen berichtet, über die sich alle ausschweigen. Das sind für mich die wahren Helden und echten Christen, weil sie nicht reden, sondern handeln.
Ich habe dort nichts tun können. Als Europäer konnte ich ihnen auch nicht sagen, was sie gegen diese schreiende Ungerechtigkeit tun können. Aber es geht ja jetzt nicht um Antichristen und Länder mit Ungerechtigkeit, es geht um uns und die Frage der Gerechtigkeit in unserem Land.
Bei diesem Thema muss ich mich zusammenreißen, damit ich nicht ausraste. Deshalb habe ich das harmloseste Beispiel gewählt, das mir einfallen konnte: die nicht vorhandenen Toiletten auf der Autobahn. Es sind ja welche vorhanden, aber nicht für DDR-Bürger. Und das ist eben die Ungerechtigkeit.
Für die Westdeutschen gibt es Parkplätze, auf denen wir DDR-Bürger nicht raufdürfen. Wir haben in unserem Land Parkplätze und Hotels, die wir nicht betreten dürfen – wie früher die Schwarzen in den Südstaaten vor 50 Jahren.
Bisher bin ich gehorsam an den Parkplätzen vorbeigefahren, aber ich habe ja Augen im Kopf. Man sieht es ja: Dort gibt es fest installierte Toiletten, damit die Westdeutschen dort kultiviert ihre Bedürfnisse verrichten können. Und wir DDR-Bürger? Wir gehen seit 40 Jahren ins Gebüsch.
Ich habe gesagt, ich habe das harmloseste Beispiel gewählt, das mir einfallen konnte. Aber diese und alle anderen Ungerechtigkeiten, von den Reisen bis hin zu den Preisen, gehen uns wirklich auf die Nerven.
Ich habe jetzt gehört, dass es im Delikat Butter für sechs Mark fünfzig gibt. Ich möchte bloß mal wissen, was das für Zeug ist, das uns bisher für zwei Mark fünfzig als Butter verkauft wurde. Mit der Gerechtigkeit in der DDR ist nicht alles in Butter.
Aber ich will jetzt mit Einzelheiten aufhören. Die Bibel erwähnt auch nicht, welche Einzelheiten Paulus vorgebracht hat. Sie erwähnt nur die Reaktion von Felix. Der bekam einen großen Schreck.
Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass ein Untersuchungshäftling einem Staatsbeamten, der sich auf Kosten der Bevölkerung bereichert, eine Predigt über Gerechtigkeit hält. Felix weiß vor Schreck gar nicht, wo er hingucken soll. Ehe ihm etwas einfällt, kommt Madame Drusilla an die Reihe.
Paulus spricht über den nächsten Punkt: Enthaltsamkeit, Keuschheit – und das vor den Ohren einer Ehebrecherin. Paulus hat den Mut, diesen beiden lockeren Vögeln die biblische Lehre über Sex klarzulegen.
Sex ist eine Gabe Gottes zur Freude und Vermehrung der Menschen. Damit der Mensch mit diesem schönen Gottesgeschenk richtig umgehen kann, hat Gott eine Gebrauchsanweisung mitgeliefert: das sechste Gebot: Du sollst nicht Ehe brechen.
Das heißt, Ehebruch und Sex vor und außerhalb der Ehe sind nicht im Sinne des Erfinders, sondern im Sinne Gottes Sünde. Das war für Drusilla nichts Neues. Sie war Jüdin und kannte die Gebote auswendig.
Egal ob Jude oder nicht, das sind Gebote, die Gott in das Herz jedes Menschen geschrieben hat – auch in dein Herz. Neu war ihr vielleicht nur, dass es Menschen gibt wie Paulus, die die Gebote ernst nehmen. So wie du doch ganz genau in deinem Herzen weißt, dass es nicht richtig ist, immer mit einem anderen Menschen zu schlafen.
Aber weil es alle so machen, macht ihr eben mit. Ihr wundert euch vielleicht nur noch darüber, dass es in der Kirche noch ein paar verkeilte Oldies gibt, die an den Geboten Gottes festhalten.
Drusilla besitzt nicht die Frechheit, Paulus als Oldie abzuqualifizieren, als ob der nicht genau wüsste, was in der Welt läuft. Weil er die Gebote der Bibel ernster nimmt als das Geschreibsel von Professor Bormann.
Sie hält die Klappe und senkt die Augen, weil sie vom Anspruch Gottes auf ein reines Geschlechtsleben getroffen ist. Aber Paulus ist noch nicht fertig.
Jetzt kommt der dritte Punkt: das jüngste Gericht. Es kommt eine Abrechnung für alle Menschen. Auch alle, die hier auf der Erde auf den höchsten Posten sitzen, müssen sich eines Tages vor dem Thron des Höchsten verantworten.
Es kann jeder leben, wie er will. Wenn du dich nicht nach den Geboten Gottes richten willst, kannst du auch machen, was du willst. Gott lässt dir das.
Er lässt dir heute durch mich ausrichten: Es kommt noch einmal das Gericht, und du musst dich vor Gott verantworten. Auch wenn du heute Jesus als Herrn für dein Leben ablehnst, wirst du ihn am jüngsten Tag anerkennen müssen.
In der Losung für heute steht: In dem Namen von Jesus sollen sich beugen alle Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen sollen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist.
Als Felix die Gerichtsbotschaft hört, erschrickt er. Das Wort Gottes trifft ihn, und er begreift genau: Es ist Zeit, eine Entscheidung zu treffen – eine Glaubensentscheidung.
Aber dann schiebt er alles von sich. Er sagt: Für diesmal bist du entlassen. Wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt, will ich dich widerrufen lassen.
Und was ist, wenn sich die Gelegenheit nicht noch einmal ergibt? Was, wenn es mal ein zu spät gibt? Felix liebte das Verschieben – das Verschieben dieses Prozesses mit den Juden und das Verschieben seines eigenen Lebensprozesses vor Gott.
Er sagt kein klares Nein, kein klares Ja. Er lässt alles in der Schwebe. So gehen Menschen verloren.
Aufruf zur Entscheidung für Jesus Christus
Willst du denn auch verloren gehen? Ich frage jetzt jeden von euch, der sich noch nicht klar für Jesus entschieden hat: Willst du denn auch verloren gehen?
Ich bitte dich mit den Worten des Apostels Paulus: Im Namen von Jesus Christus, lasst euch versöhnen mit Gott. Amen.