Heute ist der Predigttext aus dem Evangelium nach Lukas, Kapitel 3, Verse 1-14.
Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius – diese Angabe ist besonders wichtig, um das Leben Jesu genau zu datieren. Damals konnte man das Leben Jesu nur anhand der damals herrschenden Personen zeitlich einordnen. Ein Jahr der Geburt Jesu gab es noch nicht. Man konnte also nur sagen, dass Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war, Herodes Landesfürst von Galiläa, sein Bruder Philippus Landesfürst von Iturea und der Landschaft Drachonitis, und Lysanias Landesfürst von Abilene.
Früher wurden Zeitbestimmungen immer anhand dieser Herrscher gemacht, um die Ereignisse einordnen zu können. Als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste. Er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe zur Buße und zur Vergebung der Sünden.
Die historische Einordnung und Auftreten Johannes des Täufers
Wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben. Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden. Was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ein ebener Weg werden. Und alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen.
Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut! Wer hat in euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße und nehmt euch nicht vor, zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch, Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken.
Wenn die richtigen Kinder versagen, dann kann Gott sich andere Kinder schaffen. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt. Jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.
Und die Menge fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun? Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat. Und wer zu essen hat, tue ebenso.
Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen wir denn tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist.
Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was sollen wir denn tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemand Gewalt oder Unrecht, und lasst euch genügen an eurem Sold.
Kindheitserinnerungen und die Sehnsucht nach Weihnachten
Liebe Freunde, ich möchte Sie zu Beginn einfach einmal fragen: Hand aufs Herz – haben Sie früher in Ihren Kindertagen nie beim Weihnachtszimmer gespickt? Sie wissen schon, was "spicken" bedeutet.
Jetzt müssen Sie den Kindern bei der Übertragung vielleicht die Ohren zuhalten, sonst wird ihre ganze Pädagogik zunichte. Aber eigentlich war das gar nicht so schlecht, wenn man da einen Blick durchs Schlüsselloch gewagt hat. Man hat nicht viel gesehen, vielleicht nur die Zweige des Tannenbaums. Man hat etwas geahnt oder, wenn man es ein wenig versucht hat, konnte man beobachten, wie die Mutter in der Küche war und dann mit einer großen Schachtel zurückkam. Man schaute, ob vielleicht das Gewünschte dabei war. Die Erwartung war groß, das Herz schlug höher.
Ich gehöre auch zu jenen „bösen“ Kindern, die am Adventskalender schon am ersten Advent ein bisschen gespickt haben, um zu sehen, welches Bildchen am 24. herauskommt. Das ist so die Sehnsucht, der Traum, die Vorfreude. Und wenn man dann ein bisschen älter wird – als ich ein Mann war –, tat ich das als kindisch ab. Also gut, dann sagen wir: Weihnachten bedeutet mir gar nichts mehr. Das wäre schlimm.
Haben Sie keine frohe Erwartung mehr für die Festtage, die vor Ihnen liegen? Freuen Sie sich doch auch auf das, was kommt. Das wäre schlimm, wenn Sie gar keine Freude mehr hätten und sich jetzt nicht auch rüsten würden. Es gibt viele, die sagen: „Ach, das ist doch alles nur Rummel.“ Manche Christen sind sogar so „miese Peter“, dass sie alles vermiesen. Dann heißt es: „Ach, das ist doch dumm, bloß Geschenke, bloß Äußerliches, bloß Mühe und Arbeit.“ Aber das ist doch schön! Es gibt in der Welt so viel Schlimmes. Dann wollen wir doch das Schöne genießen.
Aber auf was warten wir denn? Da hören wir viel ernster den Einwand der Bedrückten, der Traurigen, der Verzagten und der Schwermütigen, die sagen: „Komm, was hast du denn? Was kommt denn?“ Da bin ich froh, dass wir wissen: Jesus kommt!
Johannes, der Täufer, gehört zu den großen Propheten, der uns die Gestalt Jesu ein wenig erklärt. Wissen wir doch, was ein Prophet ist: Er enthüllt uns etwas, was verborgen ist, er kündigt uns etwas an. Manche Christen haben von Johannes eine sehr schlechte Meinung. Sie meinen, er sei ein sehr finsterer Mann gewesen, ein sehr freudloser Mann. Darf ich Ihre Überzeugung korrigieren? Denn Jesus sagte, Johannes sei unter allen, die vor ihm von einer Frau geboren wurden, niemand so groß gewesen wie er. Darum muss seine Prophetie für uns in diesen Festvorbereitungen ganz wichtig werden, ganz groß und bedeutsam.
Die Bedeutung von Johannes für die Vorbereitung auf Jesus
Darf ich versuchen, das ganz einfach zu erklären?
In einigen Jahren – beim einen sind es zwei oder drei, beim anderen vielleicht vierzig oder fünfzig Jahre – wird alles, was uns heute bewegt, nicht mehr wichtig sein. Dann sind wir in der Ewigkeit. Wir stehen vor dem Richterstuhl Christi und werden Jesus sehen, heller als tausend Sonnen.
Wir werden nicht mehr auf Tausend mit Eins antworten können. Wir können nichts mehr bereinigen, uns nicht mehr entschuldigen. Wir stehen vor dem Richterstuhl Christi, vor seiner Majestät und Größe. Dann wird uns bewusst, was das bedeutet: „Alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Güte wie die Blume auf dem Felde.“
Wissen Sie, dass Jesus der Weltenherr ist? Das wird in der Offenbarung im ersten Kapitel ganz eindrucksvoll beschrieben, wie alle Macht in der Hand Jesu liegt. Dieser Jesus kündigt sich an und will in diesen Tagen bei uns einziehen. Er kommt sehr bescheiden, demütig, in aller Schwachheit und Niedrigkeit. Johannes hat das angekündigt: Alle Welt soll den Heiland Gottes sehen. Der Weltenherr Jesus will bei uns einziehen.
Darum feiern wir Weihnachten, darauf freuen wir uns und darauf bereiten wir uns vor. Das muss in diesem Gottesdienst geschehen. Wenn wir uns sammeln, beten und das Wort hören, wollen wir Jesus begegnen – dem großen Herrn und Heiland der Welt.
Die herausfordernde Sprache Johannes’ und ihre Wirkung
Die Worte des Johannes sind abstossend und verletzend. Man überlegt sich manchmal, ob man überhaupt zum Gottesdienst gehen soll. Wenn man schon 22 Jahre in der gleichen Gemeinde ist, muss man sich immer wieder überlegen, wie man die Menschen ein bisschen wach bekommt, damit sie nicht dauernd einschlafen. Da hätte ich ja auch gedacht, statt „Liebe Gemeinde“ oder „Liebe Freunde“ mal zu sagen: „Liebe Schlangenbrot“, nicht?
Ich weiß nicht, wie Sie reagiert hätten. Vielleicht hätten Sie gesagt, das ist nicht der richtige Tonfall, da würde doch jeder weglaufen, so kann man doch nicht reden. Stellen Sie sich mal vor: Johannes stösst die Leute vor den Kopf. Wir bemühen uns doch, ach, ich wollte meinen ganzen Charme – wenn ich einen hätte – spielen lassen, um sie herzulocken, um sie einzuladen, um Menschen zu gewinnen. Sie sagen: „Der guckt so finster, nicht?“
Ach, man muss doch die Leute gewinnen, man muss mit freundlichem Gesicht auf sie zugehen. Johannes, was machst du denn? Du bist ja so verbittert, so hart, so verletzend. Du kannst doch nicht so predigen. Wer will denn so predigen? Aber interessanterweise hat Johannes wie niemand anderes die Menschen angezogen. Ich weiß nicht, ob es je noch so war, dass an einem Ort, wo eine Predigt gehalten wurde, so viele Menschen kamen – und zwar noch an einem ganz unbequemen Platz.
Sie mussten weit laufen, und es war furchtbar heiß in der Wüste. Dort gibt es keinen Schatten. Die Leute nahmen alle Strapazen auf sich. In unserem Gottesdienst ist das anders. Da gibt es eine neue Mode: das Ambiente ist wichtig. Wissen Sie, ein schöner Raum! Ich würde es immer leid, dass Sie auf den alten Bänken sitzen müssen, aber wir wollen ja schlicht bleiben, sagen andere. Da muss man heute neue Bänke haben, neue Sitzkissen, damit die Leute sich wohlfühlen, eine neue Orgel, eine bessere Heizung und so weiter.
Beim Johannes war das alles unwichtig. Für uns ist es ganz wichtig, dass die Person überzeugt. Das ist ja ganz wichtig: die Person. Ich glaube den Worten nur, wenn ich sehe, was er tut. Ich möchte zuerst etwas sehen. Johannes sagt: „Ihr dürft überhaupt nichts sehen.“ Er zieht sich den Schlips aus, zieht das Hemd aus und steht da bloß mit dem Fell. Das war nicht eine Attraktion, das war die letzte Armut eines Menschen. Er sagt: „Guckt mich nicht an, es geht nicht um meine Person, es geht nur um meine Stimme, es geht nur um mein Wort.“
Wissen Sie, was die Attraktion der Christen ist? Das Wort Gottes. Nicht ihre Kirchen, nicht ihre Prediger, nicht ihre Gemeinschaft, nicht ihr Vorbild, nicht ihre Treue, nicht ihre Hingabe – das Wort, das sie predigen, das Wort der Wahrheit. Die Menschen haben so viel Unsinn gehört. Sie warten darauf, dass endlich jemand sagt, was wahr ist, was Sache ist. Und das muss raus.
Johannes hat den Mut, und da unterscheidet er sich von uns. Darum hat er mehr Hörer als wir, weil er die unbequemen Wahrheiten ans Licht zieht. Das müssen Sie sich merken: Die Kirche lebt nie davon, dass sie taktisch klug dem Menschen sich anpasst oder in der modernen Zeit versucht, so trickreich wie möglich dem modernen Menschen etwas unterzujubeln.
Das Tollste, was wir machen können, ist, unverblümt und unerschrocken die Wahrheit auf den Tisch zu legen. Die Wahrheit, um die es geht, ganz schlicht. „Ich will nur Stimme sein“, sagt Johannes, die Stimme eines Predigers in der Wüste. Darum sucht er diesen Predigtplatz. Er geht raus aus der Umgebung von Jerusalem und sagt: „Passt mal auf, ihr habt alle falsche Vorstellungen von dem, was Gott will.“
Wir bringen unsere Erwartungen mit an Weihnachten. Der eine erwartet das Christkindchen, der nächste Nikolaus und was da alles kommt, die süß-scheuselnde Figur. Dann lass mal alles weg. Worum geht es an Weihnachten? Es geht darum, dass dein Leben mit Gott in Ordnung kommt. Und dann redet er unverblümt. Das können wir heute kaum noch in der Kirche hören: von der Sünde zu reden. Achten Sie mal, wie oft das noch vorkommt: von der Sünde zu sprechen. Und er nennt Sünde beim Namen.
Das ist heute auch ein Trick: Man sagt, wir haben eine ganz andere Vorstellung von den Geboten. Wir finden das alles nicht mehr so. Wir haben heute die Meinung, dass in unserer modernen Zeit, am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, manches auch für Christen sehr wohl toleriert werden kann. Unsere jungen Vikare in der Kirche tun sich auch immer sehr hervor, so manches Provokative zu verkünden. Aber Sünde bleibt Sünde, weil ein Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist und nicht nach dem Bild des zwanzigsten Jahrhunderts.
Sie müssen wissen: Wenn Sie Sünde tun, dann fallen Sie in Verderben. Darf ich heute mal sagen: Ich möchte jetzt gar nicht konkreter werden, ob das Unrecht ist, ob das Streit ist, ob das Bitterkeit ist, ob es Hass oder Neid in Ihrem Leben gibt, ob Sie Jugendsünden immer noch mit sich herumtragen. Wissen Sie, dass das Ihr Leben zerstört? Das ist wie ein Gift, das immer weiter ausstrahlt. Es ist wie radioaktiver Abfall, der alles zum Schluss durchsetzt und krank macht.
Darum ist es so wunderbar, dass Johannes das sagt. Ich weiß, es gibt viele Prediger, die sagen, das ist überwunden. Johannes war so ein Finsterling vor dem Kommen Jesu, aber dann kam Jesus und alles war ganz anders. Jesus war lieb und hat vergeben, da ist alles nicht so schlimm. Hat Jesus das wirklich gesagt? Lassen Sie sich nicht von Verführern einlullen! Wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, der hat schon die Ehe mit ihr gebrochen, wie Jesus sagte. Ein Reicher kann nicht ins Himmelreich kommen, wenn er an seinem Geld hängt, kann er nicht gerettet werden.
Wenn Jesus sagt, wer mit seinem Bruder einen Streit hat und kein Ende findet, der ist des höllischen Feuers schuldig. Hören Sie den Originalton von Jesus. Er hat Johannes noch eins draufgesetzt. Nicht die Sünde muss toleriert werden, sondern die Sünde muss überwunden werden.
Was Johannes predigt, ist doch eine Freudenbotschaft. Sünde braucht unser Leben nicht mehr zu zeichnen. Es gibt eine Bereinigung in der Vergebung, und das ist eine herrliche Botschaft. Es gibt eine Bereinigung, die sagt: Das Alte weglegen und vergessen. Man darf aus den dunkelsten Bindungen heraustreten.
Wie oft hat Jesus davon gesprochen, dass die Macht Satans in einem Leben gespürt und erfahren wird. Wir Christen können ein Lied davon singen. Wir wollen nicht so tun, als ob wir alle darüber erhaben wären. Nur einen Augenblick, in dem Jesus seine Hand von mir abzieht, und ich falle in die schlimmste Sünde.
Darum ist das die Hoffnung, die Johannes spricht: Da kommt einer nach mir, dem ich nicht wert bin, die Schuhe aufzulösen. Der wird euch mit Feuer und mit dem Heiligen Geist taufen. Da wird euer Leben verändert und erneuert. Da wird Sünde überwunden und vergeben werden. Das ist herrlich!
Man kann ein ganzes Leben lang vor Gott auf der Flucht sein. Das ist der Grund, warum wir manchmal so leidenschaftlich gegen Gott sind, warum wir gar keine Bibel zur Hand nehmen können, warum wir einen kirchlichen großen Bogen machen. Weil uns die alten, unbereinigten Dinge immer wieder ans Bewusstsein kommen.
Manche sagen: „Jetzt habe ich es wieder gewusst, es fängt ja heute wieder an in der Kirche.“ Aber doch, das ist Ablegen und Vergebung empfangen. Und sagen: „Jetzt ist alles ausgelöscht, jetzt ist alles gut geworden.“ Und wenn eure Sünde gleich blutrot wäre, soll sie doch schneeweiß werden.
Das will Johannes. Er will Vergebung schaffen. Und wenn Sie das immer nur mit sich herumtragen, dann fliehen Sie. Sie wissen es doch von sich selbst. Sie haben sich eingeredet, es ist doch alles gut. Sie wollen verdrängen und vergessen. Aber das kann man nicht vergessen. Je älter man wird, kommen die alten Dinge, die man längst meinte überwunden zu haben, verstärkt hoch. Sie belasten uns plötzlich bis ins Körperliche hinein.
Wir können plötzlich nicht mehr fröhlich werden, wir werden schwermütig. Ich kann Gott nicht fliehen, weil ich damit nicht weiterkomme. Darum steht Johannes da, und darum sind so viele Menschen zu ihm gelaufen, weil sie sagten: „Der hat Recht. Das ist vorrangig wichtig.“
Wenn wir in die Festtage hineingehen: Sie können sich doch an Jesus nicht freuen, wenn Sie nicht die dunkelsten Dinge Ihres Lebens einmal vor Gott bereinigen und dann sagen: „Es ist gut. Mir hat er alle Lasten abgenommen, mir hat er vergeben, und ich bin frei geworden von den alten dunklen Dingen und habe Teil seiner wunderbaren Vergebung.“
Also, das war mein erster Punkt: Die Worte sind so abstossend und verletzend.
Die Notwendigkeit von Buße und Umkehr
Hat es Sinn, was Johannes predigt? Hat es Sinn? Wissen Sie, wenn ich heute die Christen beobachte und das, was kirchlich verlautet, dann hat man den Eindruck, die Christen setzen eigentlich nicht mehr auf die Botschaft von Buße und Bekehrung. Und genau das ist ja das Thema von Johannes: Buße und Bekehrung.
Martin Luther hat das noch als das Thema der Reformation gehabt. Manche Theologen sagen, das sei zu individualistisch, da gehe es bloß um das eigene Seelenheil. Aber das ist doch wichtig! Ich möchte doch in der Ewigkeit dabei sein. Wissen Sie, was manche Theologen dazu sagen? Heilsegoismus. Oh ja, da bin ich Egoist: Ich möchte gerettet werden, ich möchte nicht in die Hölle kommen.
Heute aber hat man großes Vertrauen in die politischen Äußerungen der Kirche. Lassen Sie mich mal meine Gedanken spielen. Ich würde das gern so konstruieren: Johannes hätte doch toll politisch reden können. Über die Politik der Familie Herodes und die schlimmen Schlafzimmergeschichten dort. Er hätte über die Politiker überhaupt reden können, über die Römer, über die Zöllner, über das Wirtschaftssystem.
Die Leute wären da gestanden, wenn er sein Wort erhoben und gesagt hätte: „Da sind sie, und wir müssen unsere Stimme erheben! Morgen die Demo, dann zünden wir Kerzen an, und dann marschieren wir.“ Nein, in der Bibel geht es um den Balken in meinem Auge. Es ist kein Heilsegoismus, sondern es geht um den Balken in meinem Auge, der raus muss – um meine Sünde.
Jesus hat immer „per Du“ geredet. Vielleicht wissen das manche von Ihnen, vor allem die Älteren: Was nicht „per Du“ geht, verfliegt. Was nicht auf mich zielt, im Wort Gottes, das geht woanders hin. Die Bibel ist nicht da, um irgendwo Weltverbesserungspläne zu machen.
Johannes hat ja auch Herodes seine Meinung gesagt. Und zwar nicht öffentlich, nicht durch die Zeitung, nicht auf der Demo. Er ging hin, unter vier Augen, und sagte: „Es ist nicht recht, dass du diese Frau hast. Bring dein Leben in Ordnung.“ Er hat Sünde unter vier Augen beim Namen genannt und war dann Seelsorger. Er hat jedem, auch Herodes, den Weg zur Umkehr angeboten.
Warum predigt Johannes nicht öffentlich? Weil er wusste, dass das nichts ändert. Schauen Sie sich 2000 Jahre Kirchengeschichte an: Wo die Kirche politisch viel Heilsames bewirkt hat, hat sie meist nur Unsinn gemacht. Politisch hat sie versagt. Sie hat ein Evangelium zur Rettung der Verlorenen zu verkünden, Buße zu predigen.
Warum nennt Johannes die Leute „Schlangenbrut“? Weil sich damals viele darauf eingebildet haben, zu den Auserwählten zu gehören. „Wir sind Abrahams Kinder, uns kann nichts passieren!“ So sagen sie heute: „Wir sind getauft, wir sind konfirmiert, die Bibel ist bei uns jeden Morgen in der Morgenandacht.“ Aber wenn in ihrem Leben die Steine nicht weggeräumt sind – darf ich das mal sagen? –, wenn sie nicht in der Heiligung ihres Lebens stehen, hat das alles keinen Wert.
Und wenn sie nur eine Sünde, ihre Lieblingssünde, weiterbehalten, hat es keinen Wert. Die muss weg. Johannes ist ganz klar: Darum versagen die Christen, darum ist die Kirche stinkend geworden, weil es an der Heiligung des Lebens fehlt. Dann kann Jesus nicht einziehen. Jesus wohnt nicht in Herzen, die noch der Sünde dienen.
Darum ist Johannes so rigoros und sagt: „Das muss anders werden! Ihr seid Kinder des Teufels!“ Wissen Sie, wo heute Ihr Heil liegt? Nicht darin, sich als pietistisch, fundamentalistisch, baptistisch, charismatisch oder katholisch zu bezeichnen. Nein, da liegt es nicht. Sondern darin, ob der Wille Gottes Ihr Leben prägt.
Und das ist nicht alttestamentlich, sondern jesusgemäß. Jesus sagt: „Wer mir nachfolgen will, der soll seinen Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen.“ Und Sie müssen überlegen, ob Sie das wirklich wollen. „Wer meinen Willen tun will“, sagt Jesus, „der soll mir nachfolgen.“ Sonst keiner.
„Bereitet dem Herrn den Weg!“ Das ist die Botschaft. Ich habe das so klar gesagt, damit Sie auch in dieser Zeit wissen, dass die Botschaft Sie zu einer Antwort nötigt – zu einer klaren, klaren Antwort: Wie wird mein Leben neu? Wie wird das wirklich neu?
Sehen Sie, nicht dass Sie an Weihnachten sagen: „Ich warte auf die Heilung meines Körpers, ich warte auf die Veränderung der schwierigen Menschen in meiner Umgebung.“ Ich weiß gar nicht, ob die sich ändern. In diesen Weihnachtstagen möchte Jesus bei Ihnen einziehen und Ihr Leben verändern.
Wenn Sie etwas anderes im Glauben suchen, werden Sie enttäuscht. Er will Sie beschenken. Er will Ihr Leben neu machen. Darum ist es wichtig, dass ich Buße tue, umkehre und ihn aufnehme und ihn einlasse in mein Leben.
Das Bild des Rettungsschwimmers als geistliches Gleichnis
Ich bin ein erfahrener Rettungsschwimmer, und wer Rettungsschwimmer ist – auch Sie –, der weiß das ja. Als Rettungsschwimmer hat man nur eine Angst: Wenn also irgendwo jemand im Wasser ist, verzweifelt strampelt und um Hilfe schreit, gibt es nur eine Gefahr.
Diese Gefahr besteht darin, dass der unglückliche Mann in seiner Todesangst sich an einen festkrallt und dann den Retter mit in die Tiefe zieht. Das ist eine sehr schwierige Situation. Was macht man in so einem Fall? Der in seiner Todesangst Verstrickte, der meint, er müsse sich selbst halten, muss man notfalls bis an den Punkt kommen lassen, an dem er nicht mehr kann. Erst dann kann man ihn abschleppen.
Sehen Sie darin ein Bild für das Geistliche. Wir wollen das ganze Leben ohne Jesus meistern. Wir meinen, wir könnten unsere Nöte und unsere Sünde selbst bewältigen. „Ach, ich brauche das nicht, das schaffe ich schon. Ich muss mich nur anstrengen und bemühen, dann wird das schon werden.“
Doch kaum haben wir ein bisschen von der Liebe und Vergebung Jesu erfahren, sagen wir: „Ich will es wieder selbst machen.“ So wie der Ertrinkende, der es mit seinen krallen Händen wieder selbst versuchen will – so geht es nicht. Er muss sich ganz in die Hände des Retters werfen.
Darum hat Johannes die Leute getauft. Das war ein Vorbild dessen, was Jesus tut. Da wird etwas an dir gemacht, das du nicht selbst tun kannst. Das Wasser wäscht dich rein. Es war nur ein Bild für die Reinigung meines Lebens, die durch das Abwaschen des Alten geschieht.
Die Erneuerung des Lebens durch Jesus
Einer aus unserer Gemeinde, der Straßenbauingenieur, hat mich einmal mitgenommen. Da konnte man sehen, wie heute Straßen gebaut werden. Zum Beispiel wurde bei Göppingen eine Landstraße von etwa fünf Kilometern Länge an einem Nachmittag fertiggestellt. Das ist schon beeindruckend, was für Maschinen heute im Einsatz sind.
Wir ließen uns vorher noch einmal alles erklären. Es handelt sich um eine Asphaltrückformmaschine, die gerade aus Aachen ankam und wenige Stunden später schon wieder nach Leipzig transportiert wurde. Ein unglaublich teures Gerät, etwa 14 Meter lang. Sie fährt über die ganz schadhafte, rissige und wüste Straße und kratzt alles auf. Das aufgerissene Material wird in die Maschine geschaufelt, wo ein riesiges Feuer brennt.
Das gesamte Altmaterial wird in der Hitze noch einmal umgeschmolzen. Dabei kommt etwas frischer Teer und noch ein paar weitere Stoffe hinzu. So wird das alte Material aufbereitet. Am Ende kann man bestaunen, wie die Straße bis zum Rand ganz frisch und scharf geteert aussieht – wunderbar und sehr schön!
Das ist das, was Jesus in der Wiedergeburt und Erneuerung tut. Er nimmt unser ganzes Wesen, unser kompliziertes, empfindsames und schwieriges Wesen, all unsere Sünden mit hinein und formt es um. Das geschieht dort, wo jemand den gekreuzigten Jesus mit seiner Liebe und Vergebung erkennt. Es geht um die Umkehr.
Jesus will sein Reich beginnen lassen bei Menschen, die ihm untertan sind und ihm gehorchen, damit er in ihr Leben einziehen kann. Darum geht es doch. Hat das Sinn, was Johannes predigt? Ja, das hat Sinn. Ja, das hat Sinn. Da wird etwas neu.
Was denken Sie, wie es in Ihrer Familie aussehen würde, wenn Sie sich von Jesus umschmelzen lassen, wenn das Feuer des Geistes Gottes Sie erneuert? Die Feuerwirkung des Geistes Gottes ist dabei sehr wichtig. Es ist eine Kraft, die wirkt.
Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte – das sind die Gaben des Geistes, die Charismata.
Die Frucht der Buße im Alltag
Noch ein letztes: Aber jetzt müssen Taten folgen. Ja, das ist uns sehr wichtig – Taten müssen sein.
Wir sind heute praktische Leute. Wo sind denn die Taten? Jemand sagte ganz kritisch: „Mein lieber Freund, du hättest gleich mit dem dritten Teil anfangen können.“ Aber wir sagen: Nein, eben gerade nicht. Wir wollen, wie Ertrinkende, immer Taten tun, immer etwas machen. Doch um uns herum gibt es nur Tränen, Leid und Versagen.
Johannes sagt: „Tut recht schaffende Früchte der Buße.“ Frucht – also die Taten, die folgen sollen, sind wie die Frucht, die reift. Sie entstehen spontan und wachsen aus dem Baum heraus. Das ist ein natürlicher Prozess, nichts Verkrampftes, keine Leistung. Wenn ein Mensch neu geworden ist, kommt das plötzlich. Es ist ein Geheimnis unseres Lebens.
Wenn wir Jesus entdeckt haben, ahnen wir etwas von unseren Fehlern und Schwächen. Wir haben oft nicht mehr viel Mut. Doch dann wird uns die Zusage gegeben, dass er seinen Geist so wirken lässt, dass er Früchte hervorbringt und treibt.
Jetzt sind gerade zwei Berufsgruppen zu Johannes gekommen. Deshalb konnte ich es heute nicht lassen, auch ein paar markante Worte zu sagen: Zöllner!
Ich hätte ja erwartet, dass Jesus zu den Zöllnern sagt: „Verkauft alles, was ihr habt, und gebt es den Armen.“ Das hat er aber nicht gesagt. Er sagte: „Geht wieder zurück an die Zollschranke.“ Denken Sie mal darüber nach!
Und bei den Soldaten hätte Jesus, also entschuldigen Sie, bei allem Respekt – ich will niemandem wehtun, ich bin auch für Frieden – doch sagen können: „Schließt euch der Friedensbewegung an.“ Aber Jesus sagt: Nein, zieht wieder die Uniform an, den Stahlhelm, und macht weiter, aber bitte ohne Unrecht, ohne Gewalt.
Sehen Sie, die oft so angepriesenen, billigen Lösungen des Evangeliums stehen gar nicht im Evangelium. Wir kehren zurück in eine schwierige Welt. Sie stehen wieder in ihrem Beruf und sagen: „Aha, es hilft mir jetzt.“ Sie sind hineingestellt in diese alte Welt. Und wir brechen die Zelte in der alten Welt nicht ab.
Das sieht man nicht ganz deutlich an diesem Wort. Da schickt er uns wieder zurück – bei Jesus übrigens auch. Auch in der Urchristenheit war es so. Paulus ging wieder in seine Sattlerwerkstatt und hat die Nadel geschwungen.
Das adelt uns Christen: Tagesarbeit zu tun. Man muss nicht seinen Platz verlassen und irgendwie einen frommen Beruf ergreifen. Auch im Soldatenberuf – es steht hier in der Bibel –, nicht dass Sie mich nachher löchern: Sie müssen ja nicht Soldat werden, Sie dürfen auch verweigern. Unsere jungen Leute wissen das ja.
Aber selbst im Soldatenberuf: „Ja, ich will Jesusjünger sein, im Soldatenberuf, an der Zollschranke. Ich möchte Jesus dienen an meinem Platz, wo ich bin.“ Nur soll nichts Unrechtes dabei sein.
Ich will meinen Dienst dort tun im Gehorsam vor meinem Herrn, dem ich gehöre. Und ich will Frucht dort wirken lassen, Frucht in aller Bescheidenheit.
Wissen Sie, das sind die größten Dinge, die in dieser Welt geschehen sind. Nicht dass ich meine, es seien große Taten. Es sind sehr kleine: die Mutter in ihrer Familie, die Gespräche, die sie führt, die Grüße, die sie weitergibt, die Besuche, die sie macht, der Trost, den sie in Krankenbetten gibt.
Und plötzlich wird diese alte Welt überwunden, und der Blick in die neue wird frei.
Wir haben vorhin diesen Vers gesungen: „Ach, mache du mich arm zu dieser heiligen Zeit, aus Güte und Erbarmen, Herr Jesus selbst bereit, zieh in mein Herz hinein.“ Er, der im Stall von Bethlehem Wohnung macht und dem es nicht zu gering war, auch diesen Demutsweg zu gehen.
Er kommt zu Ihnen in der Klopstockstraße oder in der Sonnenbergstraße oder wo Sie wohnen, in Waiblingen oder wo Sie sind. Und da will er nicht nur in Ihrem Haus, sondern in Ihrem Herzen Wohnung machen: Jesus, der Herr.
Ach, nehmen Sie ihn auf! Das ist Weihnachtsfreude. Amen.