Schwierigkeit, den Abend thematisch zu fassen
Ich gestehe, dass ich es heute Abend nicht ganz einfach finde, an das, was wir erlebt haben, mit einem Referat oder wie man so etwas nennt, anzuknüpfen. Mir ging vorhin, als ich Frau Rudolph zuhörte, ein Gedanke durch den Kopf.
Es ist tatsächlich so, dass niemand durch Argumente zum Glauben an Gott kommt. Niemand, weil Gott kein Gedanke ist, sondern einzig und allein durch die Begegnung mit seiner Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit, diese Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes, ist durch keine Argumente zu ersetzen.
Einen solchen Lebensbericht zu geben, ist eigentlich genug für heute. Jeder sollte den Abend jetzt darüber nachdenken und sich fragen: Wo stehe ich? Ich weiß nicht, ob Sie einverstanden sind. Vielleicht ist es auch richtig, und es treibt mich im Hintergrund an, dass ich trotzdem etwas machen soll. So fühlt es sich fast wie eine Vergewaltigung an.
Es könnte sein, dass wir dem heute Abend Rechnung tragen wollen, gerade bei diesem Thema, bei dem sehr, sehr unterschiedliche innere Einstellungen und auch sehr, sehr unterschiedliche Erfahrungen sich hier in diesem Saal versammeln. Natürlich sind auch die Lebenssituationen, in denen wir uns gerade befinden, vermutlich extrem unterschiedlich und gegensätzlich.
Ob wir das auch geistig und innerlich unter ein Dach bringen können, ist fast nicht anzunehmen.
Die Frage nach dem Leben nach dem Tod und unterschiedliche Perspektiven
Beim Thema Leben nach dem Tod, also was nach dem Tod kommt, gibt es bei vielen Menschen, zu denen ich eine innere Nähe spüre, zunächst die schlichte, einfache und direkte Antwort: hoffentlich nichts. Hoffentlich nichts.
So empfinden viele Menschen ihr Leben als derartig belastend, dass sie keine größere Sehnsucht mehr haben, als dass es einfach auslöscht und dann nichts mehr ist. Dass man sich wirklich selbst loswird – und zwar endgültig. Es besteht nicht das Bedürfnis, dass das Leben noch weitergehen müsste oder noch eine andere Auflage haben sollte. Man hat genug.
Es gibt auch Situationen im Leben, in denen die Angst vor dem Leben viel größer ist als die Angst vor dem Sterben. Viele Menschen, die ihrem Leben selbst ein Ende setzen, verbinden damit die heiße Sehnsucht, dass sie sich dadurch wirklich endgültig selbst loswerden. Weil es nicht mehr zu ertragen und zu bewältigen ist.
Die Frage ist nur: Kann ich mir sicher sein? Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, denn Menschen sind sehr verschieden. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube und sage: Wenn ich sicher wäre, dass ich mich selbst los wäre und alles aus, fände ich das einen passablen Gedanken.
Aber Menschen sind unterschiedlich, und für viele ist der Gedanke, dass da alles aus ist, ein Horror. Ich erinnere mich an eine Gesprächsrunde mit Studenten, es ist Jahre her an der Universität Münster. Ich habe das noch genau vor Augen, wie plötzlich eine Studentin sagte: „Man kann einen doch nicht einfach hinschmeißen, und dann ist man tot, und dann stirbt man, und dann ist alles aus und alles durchgestrichen.“
Ein anderer Student, der das nicht so wichtig nahm, entgegnete: „Natürlich kann man das.“ Und dann begann eine Art Kampf. Für sie war das Gefühl: Damit wird ja alles sinnlos, das wird alles so durchkreuzt und weggeschmissen. Das kann es doch nicht gewesen sein.
Der Diskussionspartner sagte: „Siehst du, das ist nur deine Wichtigtuerei. Du nimmst dich so wichtig, dass du meinst, deshalb müsste es irgendwie jenseits des Todes weitergehen.“ Es ist nicht so. Es ist nicht so.
Vorstellungen von Reinkarnation und deren Bedeutung
Neulich habe ich erfahren, dass etwa 50 Prozent der Menschen in Deutschland an die Reinkarnation glauben. Das bedeutet, sie glauben, dass man in irgendeiner Form ein weiteres Leben hat, dass man schon einmal existiert hat und noch einmal als irgendein Lebewesen zurückkommt.
Der Gedanke der Reinkarnation, also der Wiedergeburt, stammt ursprünglich aus den hinduistischen Religionen. Dort wird er allerdings nicht als etwas Verheißungsvolles oder Schönes angesehen. Die eigentliche Sehnsucht in den hinduistischen Religionen ist vielmehr, aus dem Kreislauf des Lebens auszubrechen. Dieser Kreislauf ist geprägt von Gegensätzen und Leiden.
Das Ziel ist es, die letzte Erkenntnis zu erlangen – die Erkenntnis des Einen, des Einsseins –, um dann aus diesem Kreislauf aussteigen zu dürfen. Das Karma-Gesetz besagt, dass das, was ich tue, sich im Leben auswirkt. Jeder erlebt nach hinduistischer Lehre das, was er verdient hat, basierend auf seinen Handlungen in diesem oder in früheren Leben.
Alles, was ich tue, besonders Negatives, hinterlässt eine Art Substanz in mir, die ausgelebt werden muss. Wenn ich also schlecht lebe, komme ich in einer niedrigeren Stufe wieder zur Welt und muss das durchleiden. Wenn ich mich gut verhalte, komme ich in eine höhere Existenz. Die Sehnsucht ist jedoch, irgendwann endgültig aus diesem immer wiederkehrenden Kreislauf herauszukommen.
In Westeuropa wird die Reinkarnation oft unter einem anderen Vorzeichen gesehen. Es scheint mir so, als ob hier die Vorstellung eher lautet: Wir kommen noch einmal wieder, aber das ist nicht so ernst gemeint. Wir leben jetzt sozusagen auf Probe und ins Unreine. Man muss das nicht so streng sehen – wir waren schon einmal da, und wir kommen noch einmal.
Dieser Gedanke ist natürlich auch beruhigend, weil er suggeriert, dass das, was ich heute erlebe, nicht endgültig ist. Das erleichtert die Verantwortlichkeit. Ich kann gut nachvollziehen, warum Menschen sich das wünschen. Nur sage ich mir: Der Wunsch allein schafft noch keine Wirklichkeit.
Nahtoderfahrungen und ihre Deutung
Was kommt danach? In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ist sehr viel über die Erfahrungen von Sterbenden geschrieben und gelesen worden. Man hat sich darüber gewundert, gefreut, gestaunt oder auch nachgedacht, dass viele dieser Erfahrungen sehr ähnlich sind. Oft berichteten Menschen davon, durch einen dunklen Tunnel zu gehen, an dessen Ende ein strahlendes, wunderbares Licht erscheint.
Wenn sie dann wieder ins Leben zurückkehren mussten, war das eigentlich gar nicht so schön. Dennoch verbanden sich mit diesen Erfahrungen tröstliche Botschaften. Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass diese Erlebnisse nicht nur das sind, was im Seelischen und Unterbewussten des Menschen nachschwingt oder ausschwingt.
Es handelt sich ja um Menschen, die wieder zum bewussten Leben erwacht sind. Also, was ist es?
Sokrates und die Haltung zum Tod
Ich weiß nicht, ob Sie die Geschichte von Sokrates kennen. Er wurde zum Tode verurteilt – wegen einer Sache, die eigentlich gar keine war, nämlich wegen seiner Lehre. Er hatte viele Freunde, und als der Tag kam, an dem er den Schierlingsbecher, diesen Giftbecher, trinken sollte, kamen morgens ganz früh, am Anbruch des Tages, einflussreiche Freunde zu ihm. Sie boten ihm die Möglichkeit zur Flucht an und sagten, dass alles geregelt sei: „Wir nehmen dich mit, du kannst fliehen.“
Doch Sokrates lehnte ab und sagte: „Warum sollte ich fliehen? Aus Angst vor dem Tod etwa? Entweder ist der Tod ein traumloser Schlaf, oder er ist ein Übergang in ein harmonisches, schönes, seliges Leben. Und beides ist doch nichts Böses, vor dem man sich fürchten müsste. Warum also sollte ich vor ihm fliehen?“
Er lehnte die Flucht ab, trank den Schierlingsbecher, und seine Freunde waren dabei, trauernd, als er starb.
Nun haben wir es hier jeden Abend so, dass die Tische nicht nur da stehen, damit man sich auf sie abstützen kann, sondern auch, um kommunikative Runden zu ermöglichen. So kann man noch ein bisschen miteinander über das Thema sprechen.
Meine Frage heute Abend lautet: Was würden Sie Sokrates sagen? Was würden Sie ihm antworten, der sagt, es gibt keine Angst vor dem Tod? Entweder ist der Tod der Übergang in einen traumlosen Schlaf – und er hatte vermutlich ein positives Verhältnis zum Mittagsschlaf –, oder er ist der Übergang in eine Wirklichkeit des Glücks und der Seligkeit. Beides ist wünschenswert. Warum also davor fliehen?
Was würden Sie Sokrates sagen? Die, die jetzt nicht am Tisch sitzen, sind auch herzlich eingeladen. Wenn man nicht zu fünft oder zu viert sprechen kann, kann man zu zweit oder zu dritt sprechen. Auch im Chor darf man nicht nur miteinander singen, sondern jetzt auch überlegen: Welche Antwort geben Sie Sokrates?
Vielleicht tauschen Sie sich nach rechts und links aus. Keine Angst, wir sind hier nicht in der Schule. Ich sammle nachher keine Zettel ein. Es ist ein Denkanstoß – und wir kommen später wieder darauf zurück.
Persönliche Gedanken zum Reden über den Tod
Ich bin mir nicht sicher, ob mir diese Woche charakterlich guttut, jeden Abend eine so unfreundliche Aktion vollziehen zu müssen – lebendige Gespräche einfach zu beenden. Dass ich das Abend für Abend machen muss, kann einem, glaube ich, charakterlich nicht guttun.
Aber ich verstecke mich einfach hinter der Regieanweisung, hier der Gastgeber zu sein. Die behaupten, das müsse so sein. Neugierig wie ich bin, hätte ich natürlich Lust, jetzt herumzugehen und zuzuhören. Ich wäre daran interessiert, was sie Sokrates sagen würden. Ebenso wäre ich daran interessiert zu hören, was Sokrates ihnen antworten würde.
Das wäre dann eine Fortsetzung der platonischen Dialoge. Damit könnten wir noch einmal ordentlich die Bibliotheken füllen. Gut, das müssen wir uns abschminken – das geht nicht.
Eins ist mir jetzt wichtig: Es kann ja nicht sein, dass wir jetzt anfangen zu streiten. Die einen präsentieren die Hochrechnungen ihrer Wünsche, die anderen die Hochrechnungen ihrer Ängste. Und dann streiten wir darum, wer Recht hat.
Ich habe ja auch nicht deshalb Recht, weil ich aus Versehen hier das Mikrofon in der Hand habe. Was soll's? Es besteht schon eine gewisse Gefahr, dass alles, was man sagt, angesichts des Sterbens und des Todes albern wirkt. Da ist tatsächlich eine gewisse Gefahr.
Die Grundlage des Glaubens an die Auferstehung
Deshalb möchte ich zunächst erklären, warum ich überhaupt etwas sage. Das habe ich mir sorgfältig überlegt. Ich habe einen einzigen Grund: Aus meiner Erkenntnis und aus dem, was ich denken kann, habe ich nicht genug Mut gesammelt, Ihnen in irgendeiner Weise zu diesem Thema eine Anregung oder einen Vorschlag zu machen.
Wer hat die Kompetenz dazu? Und die Eitelkeit habe ich nicht, das, was ich denke, so wichtig zu nehmen. Das Einzige, worauf ich mich beziehe und was ich gerne, aber auch mit Überzeugung und mit dem Geringen, das ich habe, unterstreichen möchte, ist, dass ich auch mit meinem persönlichen Leben dazu stehe. Das heißt, ich sage: Dazu stehe ich auch mit meinem Leben.
Das Einzige, was ich Ihnen weitergeben kann, ist: Ich beziehe mich auf Jesus, den Auferstandenen. Ich glaube, dass er der Einzige ist, der zu diesem Thema etwas sagen kann, das nicht nur eine Hochrechnung von Wünschen oder Ängsten ist. Das ist die Weltgeschichte. Wir müssen über den Tod nachdenken, diese Frage quält uns. Deshalb fangen wir an, natürlich Lösungen zu entwickeln.
Dabei erfindet nicht jeder seine eigene Lösung. Man versucht die von Leuten, die gut nachgedacht haben, noch einmal zu überdenken und zu übernehmen. Aber der Einzige, der das nicht nötig hat, ist Jesus, weil er die Todesmauer durchbrochen hat. Er ist der Gekreuzigte, der am dritten Tag von Gott auferweckt wurde.
Die Auferweckung Jesu Christi war nicht die Wiederbelebung eines Toten, wie wir das gelegentlich heute erleben. Die Wiederbelebung eines klinisch Toten bedeutet, dass jemand für eine gewisse Zeit, vielleicht sogar Jahre, noch einmal lebt, um dann wieder zu sterben. Das ist keine grundsätzliche Überwindung des Todes, sondern sozusagen ein Urlaub vom Tod.
Die Auferweckung, die an Jesus am Ostermorgen geschah, ist etwas grundsätzlich anderes. Es ist der Schöpfungsakt Gottes an dem Leichnam des gekreuzigten Jesus, der ihn verwandelt hat in die Wirklichkeit des Schöpfers. Dieser ist dem Tod völlig überlegen. Das ist der Durchbruch durch die Todesmauer.
Zweifel und Beweise für die Auferstehung
Und sagen Sie, na ja, das sind die steilen Sätze, die die Christen so sagen. Manche sagen es heute schon gar nicht mehr, weil sie sich genieren, dass man so etwas überhaupt noch sagt. Irgendwie lebt er weiter, so wie auch Goethe weiterlebt – in seinen Gedanken. Die Sache Jesu geht also weiter, so im übertragenen Sinne.
Aber das ist doch eine alte Geschichte, die kam doch heute? Wo hat man erlebt, dass Tote auferstehen? Das ist der Punkt: Diese Einzigartigkeit, dieses Geschehen, diese Unvergleichlichkeit ist entscheidend.
Ein amerikanischer Historiker hat gesagt, dass die Auferstehung Jesu Christi der "hinge of history", der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist – wenn es wahr ist. Und Sie haben das Recht zu fragen, ob man das einfach schlucken muss und ob das Christentum darin besteht, den Verstand zugunsten eines Bündels Stroh auszuschalten, es an der Garderobe abzugeben und heftig mit dem Kopf zu nicken bei Sachen, die kein Mensch begreift. Und dass man für diesen geistigen Selbstmord irgendwann belohnt wird oder so.
Es könnte ja sein, dass viele das so verstehen. Da kann ich Ihnen versichern: Das ist nicht so, das ist nicht so.
Wenn Sie das Neue Testament anschauen, gerade die Texte, die davon handeln, wie das mit der Auferweckung Jesu und der Erfahrung, dass Jesus Christus lebt, auferstanden ist und lebt, dann stellen Sie erstens fest, dass diese Leute durch die Bank das nicht glauben wollten. Sie zweifeln, sie bezweifeln das. Auch als die Ersten schon Erfahrungen machten, dass Jesus lebte, da haben die anderen gesagt: „Also, wenn ich ihn nicht selber anfassen kann, glaube ich das nicht.“ Über die Wahrheit wird nicht abgestimmt.
Dann wird berichtet, dass Jesus, der Auferstandene, zu verschiedenen Zeiten, verschiedenen Menschen und an verschiedenen Orten begegnet. Er setzt sich gegen die Zweifel durch, so dass ihnen langsam aufgeht, dass Gott am gekreuzigten Jesus gehandelt hat und dass Jesus lebt.
Und zwar nicht in dem Sinne, dass er jetzt das Produkt unseres Denkens ist, dass er in unserem Gefühl weiterlebt oder in unserem Gedächtnis. Sondern dass Gott ihn verwandelt hat hinein in die Wirklichkeit des ewigen Schöpfers, sodass der Tod ihm nichts mehr anhaben kann.
Die Erfahrung des Paulus und ihre Bedeutung
Das Erstaunlichste an der Geschichte ist, dass einer der heftigsten Gegner des Christentums, der zugleich zu den brillantesten und kritischsten Köpfen der Antike gehörte, nämlich der jüdische Jurist und Theologe Saulus, eine tiefgreifende Erfahrung machte.
Saulus war sich so sicher, dass das, was die Christen verkündeten, Unsinn war. Mit der ganzen Arroganz eines Intellektuellen sagte er: „Diese blasierten Fischer vom See Genezareth, die nicht einmal lesen und schreiben können, haben nichts begriffen. Ihr dummes Volk folgt solchen Scharlatanen und verbreitet diesen Unsinn. Das kann man nicht einfach laufen lassen.“ Er war überzeugt, dass man diese Bewegung ausrotten müsse, da sie nicht hygienisch für die Gesellschaft sei.
Daraufhin startete Saulus eine ziemlich rabiate Kampagne. Mit Unterstützung der Behörden und der Polizei wollte er das Christentum vernichten. Manche von Ihnen kennen vielleicht die Geschichte aus dem Neuen Testament: Saulus zog nach Damaskus, wo sich eine Gruppe von Christen gebildet hatte. Er wollte verhindern, dass sie sich dort festsetzen und sich ausbreiten, vor allem in den kulturellen Zentren der Welt. Er war fest entschlossen, diese Bewegung mit Stumpf und Stiel auszurotten.
Doch auf dem Weg nach Damaskus geschah etwas Unerwartetes: Mitten am helllichten Tag erschien ihm ein Licht, heller als tausend Sonnen. Plötzlich gingen ihm alle Lichter aus. Er, der geglaubt hatte, das Licht der Aufklärung zu besitzen, wurde körperlich blind. Auch innerlich wusste er nicht mehr, wo es lang ging. Diese Erfahrung war so bedrückend, dass er drei Tage lang nichts essen oder trinken konnte.
Manche meinen, eine Begegnung mit Jesus müsse sich wie ein süßer Bonbon anfühlen – eine wunderbare, schöne Erfahrung. Das muss aber nicht so sein. Wenn man mit einer Wirklichkeit konfrontiert wird, die man eigentlich nicht will, kann das sehr unbequem sein. Ich möchte hier keine Opiumreligion verkaufen. Der Maßstab, dass sich alles wohlfühlen muss und der Kunde König ist, nach dem Motto „Wir nehmen nur, was uns schmeckt und was uns gut tut“, wird der Wirklichkeit oft nicht gerecht.
Häufig hat die Begegnung mit Christus etwas von diesem Paulus-Erlebnis: Viele vermeintlich sichere Lichter gehen aus, von denen man überzeugt war, dass sie hell leuchten. Man weiß plötzlich nicht mehr, wie es mit Gott und mit sich selbst weitergeht. Die bisherigen Lösungen passen nicht mehr.
Paulus bekam keine Sonderbehandlung vom Himmel. Einige Tage nach seiner Erfahrung kam ein ängstlicher Mann namens Ananias, den Jesus innerlich bewegt hatte. Ananias zitterte vor Angst, doch er legte Paulus die Hände auf und sprach im Namen Jesu Christi die Vergebung zu. Daraufhin gingen Paulus die Augen auf. Er hatte erfahren, dass Jesus lebt, auferstanden ist und die Liebe Gottes in Person ist. Jesus wurde zur Mitte seines Lebens.
Paulus öffnete sein Leben und ließ sich taufen. Die Taufe symbolisiert ein totales Eintauchen in die Wirklichkeit Gottes, der in Jesus so nahe gekommen ist: „Dir will ich ganz und gar gehören.“
Später rechnete Paulus mit der Auferstehung ab. Im 1. Korinther 15 beschreibt er ausführlich, was mit der Auferstehung geschehen ist. Er sagt: Christus ist gestorben, wurde begraben, ist auferstanden und wurde gesehen. Dann zählt er verschiedene Zeugen auf, unter anderem eine Gruppe von 500 Männern, denen der Auferstandene begegnet ist – eine Geschichte, die in den Evangelien nicht erwähnt wird. Einige dieser Zeugen waren bereits gestorben, andere lebten noch, so dass man sie fragen konnte.
Paulus betont, dass er selbst dem Auferstandenen begegnet ist. Diese Begegnung ist die Grundlage unseres Vertrauens. Deshalb reden wir von Jesus. Er sagt: „Wenn Jesus nicht auferstanden ist, dann ist der ganze christliche Glaube ein Betrug.“
Er schreibt: „Ist Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich und leer, ebenso euer Glaube vergeblich. Dann vertraut ihr auf etwas oder jemanden, den es nicht gibt. Ihr greift ins Leere.“ Paulus nennt die Verkündiger in diesem Fall „falsche Zeugen Gottes“, „Lügenzeugen“, weil sie gegen Gott bezeugen würden, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hatte.
Wichtig ist auch: Wenn die Toten am Ende der Zeit nicht auferstehen, dann ist Christus nicht auferstanden. Das sind zwei Akte desselben Geschehens: Der erste Akt ist die Auferweckung Jesu, der Durchbruch durch die Todesmauer. Der zweite Akt ist die Auferstehung der Toten am Ende der Zeit. Das passiert nicht, weil Menschen es sich wünschen oder erfinden, sondern weil Gott Jesus auferweckt hat.
Paulus ist in seiner Aussage radikal, was viele religiöse Menschen nicht mögen. Oft bevorzugen wir eine Religion, die sich gut anfühlt, auch wenn sie nicht ganz wahr ist. Paulus aber sagt: „Nichts davon! Wenn die Toten nicht auferstehen, ist Christus nicht auferstanden.“
Er fährt fort: „Ist Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig. Ihr seid noch in euren Sünden, es gibt keine Bewältigung der Vergangenheit.“ Auch die, die im Vertrauen auf Christus gestorben sind, sind verloren.
Dann folgt ein Satz, der ziemlich hart ist: „Wenn wir allein in diesem Leben auf Christus hoffen, dann sind wir die Elendsten unter allen Menschen.“ Paulus macht klar, dass fromme Lügen schlimm sind. Wenn man so tut, als ob Jesus da wäre und zu ihm betet, obwohl er in Wirklichkeit nicht da ist, dann ist man betrogen. Und in diesem Fall sind wir die Elendsten unter allen Menschen.
Die Auferstehung als Grundlage der Hoffnung
Und dann fährt er fort: Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten, als Erster unter denen, die entschlafen sind und auferweckt werden.
Dann entfaltet er, was das bedeutet. Die Auferstehung Jesu ist der erste Akt der allgemeinen Totenerweckung.
Vielleicht sagen Sie jetzt: Na gut, ich kann ja noch annehmen, dass das so in der Bibel gemeint ist. Aber woher weiß ich, ob das wirklich stimmt?
Ich antworte: Wenn ein Zweifler und Feind wie Paulus – und das waren damals alles jüngere Leute, so zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die mit Jesus in seiner Wanderuniversität lebten und die die Auferstehung so bezeugt bekamen – wenn Zweifel so überwunden werden können, dann darf ich mir das auch leisten.
Ich muss meine Zweifel nicht verdrängen oder mich krampfhaft in etwas einsteigern. Ich habe kein Interesse daran, mir selbst etwas einzubilden. Jeder von uns muss so viel Verstand haben, um zu erkennen, dass das, was ich mir selber einbilde, spätestens im Sterben wie eine Seifenblase platzt.
Wenn das nicht eine Wirklichkeit ist, die mich trägt, sondern etwas, das ich tragen muss, dann stürzt es zusammen, wenn ich nicht mehr tragen kann.
Ich brauche aber etwas, das mich auch dann noch trägt, wenn ich keine Kraft mehr habe, eine stramme Haltung einzunehmen oder Überzeugungen in mir zu aktivieren. Es muss eine Wirklichkeit sein, die vor meinem Denken und Meinen unabhängig ist, mir vorgegeben wird und auf die ich mich verlassen kann – eine Wirklichkeit, die stärker ist als der Tod.
Wenn es das nicht gibt, muss ich ohne das Leben auskommen. Dann will ich mich auch nicht betrügen.
Aber die Bibel lädt uns ein, mit unseren Zweifeln und Fragen zu ihr zu kommen und die Begegnung mit dem auferstandenen Christus zu machen.
Das heißt: Wenn wir den Willen dessen tun, so sagt Jesus, wer den Willen dessen tut, der mich gesandt hat, der wird erkennen, ob meine Ehre von Gott ist oder ob ich von mir selbst rede.
Das bedeutet: In dem Moment, in dem ich mich auf das einlasse, was er sagt, und es praktisch anwende, wird Jesus in unser Leben hineinreden. Es entsteht eine Gewissheit, dass er lebt – aber keine Gewissheit, die ich mir selbst geben kann, und ich kann sie ihm auch nicht geben.
Diese Gewissheit gründet sich nicht auf Gedankenbausteine. Denn wenn ich noch so ein schlüssiges Gedankengebäude aufbaue, muss ich mir am Ende, wenn nichts Einleuchtendes da steht, sagen: Vielleicht bist du nur zu doof, um zu merken, wo der Knacks ist und was du nicht bedacht hast. Die Erkenntnis kommt dir morgen – und dann stürzt das alles ein.
Auf mein eigenes Gedankengebäude und auch auf das anderer kann ich mich nur mit Wahrscheinlichkeit verlassen, aber es gibt keine Gewissheit.
Entweder redet der Auferstandene so in unser Leben hinein, dass wir Wissen erleben, oder es gibt keine Gewissheit.
Deshalb sage ich am Anfang: Niemand kommt durch Argumente zum Glauben an Christus, sondern nur durch die Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes. Er muss es tun.
Das ist nicht wie bei der Großlotterie, wo die meisten nur eine Niete ziehen und ganz wenige den Gewinn. Er lädt uns ein und sagt: Bitte, so wird er sich geben, suche, so wirst du finden, klopf an, so wird dir aufgetan.
Wir kommen nicht vergeblich. Er sagt: Ich sehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Er steht vor unserer Lebenstür. Wer die Tür öffnet, dem will ich eingehen und will Lebensgemeinschaft und Mahlgemeinschaft mit ihm halten.
Das heißt, das Angebot ist da. Es ist nicht willkürlich. Niemand muss sagen, es gibt ein paar Ausnahmen, die haben das gemacht, für mich ist es nicht da, ich bin arm dran.
Die Zukunft nach dem Tod aus christlicher Sicht
Was kommt nach dem Tod? Ich kann überhaupt erst anfangen, darüber zu sprechen, weil ich mich auf Jesus beziehe – den Auferstandenen. Er ist der Einzige, der befugt ist, darüber zu reden. Denn er muss nicht von seinen eigenen Wünschen und Ängsten ausgehen, wie wir alle, sondern von der Wirklichkeit, die er kennt. Er hat den Tod durchbrochen.
Damit hängt schon die erste Antwort auf die Frage zusammen, die er gibt, wenn er gefragt wird: Was kommt danach? Er sagt, das Ziel der Weltgeschichte – unserer vergänglichen Welt – ist die Auferweckung der Toten. Er wird das Machtwort sprechen und die Toten aller Zeiten aus den Gräbern rufen. Die, die zu diesem Zeitpunkt leben, werden verwandelt in die Wirklichkeit Gottes.
Dann sagt Jesus etwas, das mir in der Gegenwart vielleicht wie die letzte Aktion zur Rettung der Menschenwürde erscheint. Jesus mutet uns zu – auch wenn wir es nicht gerne hören –, dass Sterben bedeutet, dass unser Leben endgültig wird. So, wie wir gelebt haben, bringen wir uns vor das Angesicht des heiligen Gottes. Er ist der Richter, der unser Leben beurteilt.
Die Bibel sagt: Dem Menschen ist bestimmt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht. Jesus hat im Matthäusevangelium, Kapitel 25, das Sie nachlesen können, diese Stelle bewusst angegeben. Mir liegt sehr daran, dass Sie mit eigenen Augen die Quellen studieren. Das, was wir sagen, kann ja nur eine Einladung dazu sein. Ich bitte Sie, studieren Sie die Quellen.
Im Matthäusevangelium sagt Jesus, dass er selbst kommen wird als der Weltrichter und die Milliarden und Abermilliarden der Weltgeschichte richten wird. Es ist erschütternd zu sehen: Was wird der Maßstab sein? Nach welchem Maßstab wird unser Leben beurteilt?
Wir neigen ja immer dazu, den guten Vorsatz einer vollbrachten Tat anzuerkennen. Wir sagen: Wir haben uns bemüht, und keiner kann alles tun. Das ist auch verständlich. Doch Jesus zeigt mit wenigen Strichen, nach welchem Maßstab unser Leben gerichtet wird.
Er sagt, er wird die Menschen scheiden zur Rechten und zur Linken. Zu denen zur Rechten wird er sagen: „Ich war hungrig, ihr habt mich gespeist, ich war durstig, ihr habt mir zu trinken gegeben, ich war krank und gefangen, ihr habt mich besucht, ich war nackt, ihr habt mich gekleidet.“ Dann werden sie sagen: „Herr, wann haben wir dich so gesehen?“ Er wird antworten: „Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“
Dann wendet er sich zu denen zur Linken. Es ist das Gleiche: „Ich war hungrig, ihr habt mich nicht gespeist, ich war durstig, ihr habt mir nicht zu trinken gegeben, ich war krank und gefangen, ihr habt mich nicht besucht, ich war nackt, ihr habt mich nicht gekleidet.“ Sie werden sagen: „Herr, wann haben wir dich so gesehen?“ Er wird antworten: „Was ihr den Geringsten nicht getan habt, das habt ihr mir auch nicht getan.“
Am Schluss heißt es: „Dann werden sie antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr nicht getan habt einem dieser Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.“ Und sie werden hingehen – diese zur ewigen Strafe, die Gerechten aber in das ewige Leben (Matthäus 25).
Die Herausforderung der biblischen Botschaft
Ich sagte vorhin, ich halte das, was Jesus uns zumutet, und was uns natürlich überhaupt nicht passt, nachdem wir in Deutschland den lieben Gott erfunden haben, der das Abbild eines Opas ist. Also ich bin auch Opa inzwischen, habe zwei Enkel. Dieser Gott versteht die Welt nicht mehr so richtig, nickt ein bisschen liebevoll mit dem Kopf, kommt mit der modernen Welt nicht mehr zurecht und sagt zu allem Ja und Amen.
Diese Art von Nussknackergott haben wir ja gemacht, der immer mit dem Kopf nickt, egal wie wir leben. So, wie wir es machen, ist es ja richtig. In der Bibel wird aber nicht so von Gott gesprochen. Diese Einbildung eines Gottes, der uns in den Kram passt, der zu allem Ja und Amen sagen soll, der uns die Kraft gibt, wenn wir nicht mehr weiter können, aber gegen den wir die Faust schütteln, wenn er nicht die Politik macht, die uns passt – das ist nicht biblisch.
Nein, das wird auch eine der Enttäuschungen und Desillusionierungen sein, wenn wir kapieren, wie weit unser Gottesbild von der Wirklichkeit Gottes entfernt ist. Ich sagte, dass Gott uns das zumutet, dass Jesus uns diese Wahrheit zumutet: Nach dem Sterben müssen wir vor das Gericht Gottes treten. Das ist eine der letzten Aktionen zur Rettung der Menschenwürde.
Wir scheinen in einer Zeit zu leben, in der niemand für irgendetwas verantwortlich sein will. Es sind immer die anderen gewesen. Natürlich steigt das Böse, das wir tun, nicht senkrecht aus der Hölle, und das Gute fällt nicht senkrecht vom Himmel. Alles hat seine Ursachen. Und ich kann die Ursachen, die Zusammenhänge, das Vorhergeschehene immer als Entschuldigung nehmen: „Es ist nur die Reaktion, ich bin es gar nicht gewesen.“
Zum Schluss plädieren wir alle auf Unzurechnungsfähigkeit und merken gar nicht, dass das der Verlust der Menschenwürde ist. Wir nehmen uns selbst und einander überhaupt nicht mehr ernst. Wir dürfen keine Verantwortung mehr geben, und wir können nicht mehr verantwortlich sein. Verantwortung kommt doch von dem Wort „Antwort geben“. Gott redet uns an, weil er uns nicht wie Marionetten braucht, sondern als ein Duo, als Partner. Er gibt uns sein Wort und bittet uns um Antwort.
In diesem Wort und der Antwort, in diesem Ich und Du, geschieht Menschenwürde. Ich bin verantwortlich, weil Gott Antwort sucht. Das ist eine Gesellschaft, in der niemand mehr zu dem steht, was er tut, und jeder flieht in den Kreislauf der Ursachen und Wirkungen: Es sind immer die anderen, die Gesellschaft ist es gewesen. Keiner weiß, wer die Gesellschaft ist, keiner hört richtig zu. Da wird das Gesicht des Menschen immer mehr entwürdigt, man nimmt ihn nicht mehr ernst.
So habe ich in meinem Leben langsam mehr und mehr begriffen, dass diese harte Botschaft, die mir überhaupt nicht in den Kram passt, dass Jesus mich konfrontiert und sagt: „Du wirst vor Gottes Angesicht stehen.“ Es geht nicht nur darum, beim Sterben die letzten Züge hinzubekommen. Dieses Problem könnte vielleicht die Medizin lösen.
Das Gewicht des Todes ist, dass unser Leben endgültig wird und wir vor das Angesicht Gottes treten. Er spricht das Urteil: Wie habe ich gelebt? Er setzt die Maßstäbe, und sein Maßstab ist die schuldig gebliebene Liebe. Da sage ich: Ja, das kannst du doch nicht mehr von mir verlangen! An jedem beliebigen Tag kann man mir nachweisen, dass Menschen Liebe erwartet haben und ich sie schuldig geblieben bin.
Man kann uns heute Abend nachweisen, was wir angesichts der schreienden Not in dieser Welt alles nicht getan haben. Ich frage mich immer, wer da eigentlich vor Gottes Angesicht hinstehen will und sagen kann: „Ich bin schon recht und schon in Ordnung.“ Jesus sagt uns, dass er nicht einmal das Böse, das wir getan haben, zum Maßstab nehmen wird. Er wird die Liebe, die wir schuldig geblieben sind, zum Maßstab machen.
Wir sind das reichste Volk der Welt, fast. Wir leben in unglaublichem Wohlstand, gemessen an dem, was sich heute in der früheren Sowjetunion oder in den südlichen Ländern abspielt. Unglaublich diese Kluft, schrecklich. Aber wir können es gar nicht mehr wahrnehmen, wir blocken es ab.
Sind Sie sicher, dass Gott das nicht zum Thema machen wird im Gericht? Sind Sie sicher, dass unsere Argumente, mit denen wir unser Gewissen beruhigen angesichts dieser Situation, dass die doch ziehen werden?
Ewiges Leben und seine Bedeutung
Was kommt nach dem Tod? Die Auferstehung, sagt Jesus, das Gericht. Es heißt hier, eingehen in das ewige Leben. Was ist das eigentlich? Das ist ewiges Leben.
Ich gestehe Ihnen, dass ich da immer Schwierigkeiten habe. Ich kann mir das ja nicht vorstellen, und ewig war für mich nie verlockend. Für mich ist alles, was immer weitergeht und nie aufhört, langweilig. Ich meine, es ist schön, Schokolade zu essen – ich mag Milka. Aber stellen Sie sich vor, ewig Schokolade zu essen – dann wird einem schlecht. Mozart ist wunderbar, aber ewig Mozart? Ach, ich weiß es nicht. Der Kirchenmusikdirektor sagt, er könnte sich das gut vorstellen. Ich bin bereit zu verhandeln: bei Mozart ja. Aber es ist doch so, gucken Sie, in der Abwechslung liegt doch allein das "ewig und immer weiter". Das ist doch wie so langgezogenes Kaugummi – ehrlich gesagt, mich hat es nicht gelockt.
Leute unterstellen immer, dass man sich durch das Versprechen des ewigen Lebens locken lässt. Mich hätte keiner locken können, Christ zu werden mit dem ewigen Leben. Ich hätte besser gelebt, jetzt mit Schwung und "Ex und hopp" und dann rasen und aus. Da habe ich keine Schwierigkeiten mit. Also das ist für mich verlockender, als sozusagen auf Wolke sieben ewig Halleluja zu singen. Das kann ich mir nicht vorstellen.
Dann habe ich in der Bibel gelernt, dass das etwas ganz anderes ist. Ewig – das ist eine Aussage über Gott. Gott ist ewig. Und es umfasst die Schöpferwirklichkeit Gottes, seine Kraft, seine immense Vielfalt, den Schöpfer des Universums. Auch wenn Sie nur eine Stunde darüber nachdenken, über die Vielfalt, die Vielfalt der Welt.
Am ersten Abend hatte ich ein langes Gespräch, vielleicht mit einem Herrn, der immer wieder sagte, dass allein der Gedanke, über das Universum und die Vielfalt im Universum nachzudenken, ihn derartig zum Staunen brachte. Man schaut die Details einer Blume an, die kleinen Dinge in der Mikrobiologie und die riesigen Dinge im Universum – es ist unbegreiflich. Wenn die Schöpfung schon so vielfältig ist, was ist dann die Wirklichkeit des Schöpfers?
Auch die Ewigkeit im Sinne, dass alles, was sich wandelt, zerbricht und kaputtgeht, ihm nichts anhaben kann. Da fange ich an zu überlegen, was ewiges Leben ist, und beginne, es zu buchstabieren.
Jesus hat einmal gesagt – im Johannes-Evangelium können Sie das nachlesen, im fünften Kapitel: Er sagt wahrhaftig: "Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern ist vom Tod zum Leben durchgedrungen."
Jesus sagt nicht, er werde das irgendwann im Jenseits mal ewiges Leben bekommen. Er sagt: "Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht erst in das Gericht, ist vom Tod zum Leben durchgedrungen."
Das heißt, in dem Augenblick, in dem ein Mensch sich diesem Jesus anvertraut, auf ihn hört und das auf sein Leben anwendet – das heißt ja, der Akt des Vertrauens: Ich setze mich praktisch in meinem Leben auf ihn.
Ausglauben heißt nicht, ich nicke jetzt mit dem Kopf und tue mal so, als ob das alles so wäre, und schlucke damit ein Bündel Dogmen. Vertrauen heißt, ich wage jetzt einen ersten und einen zweiten praktischen Schritt und wende das, was ich von Jesus gehört oder gelesen habe, auf mein Leben an.
So erfahre ich, was es damit auf sich hat. Man kann ein Leben lang diskutieren, ohne einen einzigen praktischen Schritt zu tun – und man erkennt überhaupt nichts. Erkenntnisse haben immer auch mit Lebensbewegung zu tun.
Dazu lädt er ein. Nicht, dass wir blind schlucken, sondern kritisch. Kritisch denken ist eine kostbare Sache. Kritik heißt unterscheiden. Nicht einfach dem eigenen Vorurteil folgen, sich nicht jeden Bären aufbinden lassen, aber auch nicht nur den eigenen, weil man es immer schon so gemacht hat. Einfach immer so weiterzumachen, auch nicht die eigenen Denkmöglichkeiten als Maßstab für die Wirklichkeit anzusehen.
Kritisch denken heißt, ich bin bereit, etwas auch anzuwenden, ein Experiment zu machen, eine Theorie in der Praxis anzuwenden und so herauszukriegen, was dahintersteckt.
Glaube heißt Vertrauen. So fange ich an, mit Christus praktische Schritte zu leben, um zu erfahren, wer er ist.
Er sagt, dann kommt man nicht mehr ins Gericht. Das heißt, indem ich mich Christus anvertraue, werden wir eine Personengemeinschaft. Er zieht sich mein Leben an, und ich darf in ihn hinein.
Das ist eine unglaublich starke Aussage in der Bibel. Da gibt es gar keine menschliche Parallele. Das kann nur der Schöpfer selbst so mit mir eins werden, und dann geht er den Weg meines Lebens bis zum bitteren Ende mit.
All das, wo ich Liebe schuldig geblieben bin, unabweisbar leider schuldig geblieben bin, und all das, wo ich Böses getan habe, das zieht er sich an. Dann erleidet er das, was ich verdient habe: das Gericht Gottes, dieses schreckliche Gericht des heiligen Gottes – an meiner Stelle.
Als er gekreuzigt wird, ist das die Vorwegnahme des letzten Gerichtes. Gott selbst zieht sich mein Leben an und lebt es bis zur bittersten Konsequenz. Er zieht mich hinein in sein Sterben.
Gott bestätigt das, indem er ihn auferweckt. Und ich darf dabei sein, er nimmt mich mit. Ich darf in ihm leben. Das heißt, in einer Lebensgemeinschaft, in der die Lebensqualität Gottes, seine schöpferische Kraft, seine bunte Vielfalt, seine Stabilität – die auch der Tod nicht mehr zerstören kann – mein Leben wird.
Das ist der Ausdruck "ewiges Leben". Das ist ein Qualitätsbegriff. Er will beschreiben: Es ist ein Leben in der Gemeinschaft mit dem Schöpfer, das durch Jesus zustande kommt, sodass mein zerbrechliches, wackeliges, kaputtes, unsicheres Leben hineingenommen wird in das Leben des Auferstandenen.
Paulus hat das so gesagt – der Kritiker hat das später mal so formuliert: "Ich lebe, ich bin mit Christus gekreuzigt, ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt noch lebe in dieser Welt, das lebe ich im Vertrauen auf Jesus Christus, der mich geliebt hat."
Das ist eine starke Aussage. Ich verstehe das. Das sprengt doch eigentlich den Rahmen unserer Vorstellung. Es ist eine einzigartige Wirklichkeit, weil es eine solche Personengemeinschaft unter Menschen gar nicht gibt, wie Christus sie mit uns lebt.
Und weil das eine solche Qualität hat, jetzt schöpferische Qualität hat, jetzt Gottes Perspektive der Hoffnung darin ist, deshalb kriegt auch der Tod es nicht klein.
Das ist dann wieder das Kennzeichen des ewigen Lebens, dass auch der Tod – der uns ja von allem scheidet, was uns lieb ist – das Schwere und Schreckliche am Sterben ist, dass ich loslassen muss.
Der Einzige, den ich nicht loslassen muss und der mich nicht loslässt, ist auferstanden. Und geradezu provokativ formuliert es Paulus, der sagt: "Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Wer?"
Dann zählt er alles auf und sagt: "Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, keine Gewalt kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist."
Als er dann kurz in einem Prozess mit der Perspektive auf Hinrichtung stand, schrieb er einmal den Satz im Philippabrief Kapitel 1: "Ich habe Lust, lust auf Leben", wörtlich: "Ich habe Lust zu sterben und mit Christus zu sein."
Wir sagen: Die Gewissheit ist nicht, dass ich weiß, wie ich mir das vorstelle. Meine Vorstellungskraft ist total begrenzt. Ich kann mir nur vorstellen, was in dieser Welt der Tische und Bänke eine Todeswelt, eine sterbende Welt ist.
Meine Vorstellung ist total in die Vergänglichkeit hineingebunden. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das ist.
Was ich kenne, was ich Gott sei Dank kennen darf – nein, wen ich kennen darf – ist die Schlüsselfigur, der Auferstandene. Weil er jetzt schon die Lebensgemeinschaft mit mir sucht, weil ich ihn jetzt schon kenne, weil er Mensch geworden ist, weil er mir so zugänglich geworden ist und weil er diese enge Gemeinschaft mit mir will.
Weil er sagt: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an." Weil er sagt: "Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben, der kommt nicht in das Gericht, er ist vom Tod zum Leben durchgedrungen."
Mit Christus ist man schon durchgebrochen in diese Lebensgemeinschaft, die die Bibel ewiges Leben nennt.
Es wäre schon viel gewonnen, wenn dieser Ausdruck, der sich so abgeschliffen hat und der so falsch gebraucht wird – so als ein Vertrösten aufs Jenseits –, wieder verstanden würde als etwas, das jetzt und heute und hier gegenwärtig ist.
Sie verstehen vielleicht deshalb, warum es uns immer wieder bei all den Fragen auch um den Glauben so sehr darum geht, nicht dass man eine Summe von Dogmen oder Sätzen oder Grundsätzen bejaht, sondern dass es eigentlich und immer letzten Endes darum geht, diesen Personenkontakt zu machen.
Diesen Personenkontakt, die Einladung des auferstandenen Christus zu beantworten. Er klopft, er möchte in Gemeinschaft mit uns leben. Er möchte, dass wir teilhaftig sind an dem, was er am Kreuz für uns stirbt.
Das ist das Gericht, das vollzogen wird, und dass wir teilhaben an seinem neuen Leben. Dass wir anfangen zu buchstabieren: Herr, was ist dein Wille für mein Leben? Hilf mir, aus deiner Kraft zu leben! Hilf mir, in den Krisen meines Lebens, in meiner Todesangst, in Geborgenheit zu sein.
Mein Vertrauen im Blick auf das Sterben gründet sich nicht auf meine Fähigkeiten. Ich habe zu viel Menschensterben gesehen, als dass ich mir noch etwas zutraue.
Ich setze meine ganze Hoffnung darauf, dass dann, wenn ich nicht mehr festhalten kann, die Hand des auferstandenen Christus mich hält. Dass er beweist, so wie er gegen meine Zweifel stark gewesen ist, wie er in mein Durcheinander, in meine Verwirrung Klarheit geschaffen hat, wie er sich selbst bezeugt hat, dass er auch dann, wenn ich überhaupt nicht mehr von mir aus kann, mich festhält und mich durchzieht in seine neue Welt.
Ewiges Leben beginnt jetzt und hier, dadurch, dass ein Mensch sich für Christus öffnet.
Einladung zum Nachdenken und Gespräch
Nun, Sie werden selbst sehen, wo Sie an diesem Abend stehen. Wir wollen noch einmal betonen, dass das Wichtigste heute ist, über sich selbst nachzudenken und sich zu fragen – gerade angesichts der Endlichkeit unseres Lebens und des Todes: Wer bin ich eigentlich?
Ich hoffe, dass Sie Gesprächspartner finden. Dabei möchte ich Sie ermutigen, kritische Fragen nicht zu verdrängen. Es geht nicht darum, wer Recht hat, sondern darum, über kritische Themen zu sprechen. Wenn Sie ganz anderer Meinung sind und sagen, das sei alles Unsinn, was hier vorgebracht wird, dann tun Sie sich und uns den Gefallen, darüber zu reden.
Es geht nicht ums Recht haben, sondern darum, miteinander zu ringen, Klarheit zu gewinnen und so lebenswichtige Schritte gehen zu können. Das Leben ist zu wichtig, als dass wir uns nicht gegenseitig unsere Kritik zumuten sollten.
Vielleicht gibt es hier Menschen, die sagen: Für mich ist dieser Abend eine Gelegenheit, den Kontakt zu suchen. Ich habe in den letzten Tagen manches diskutiert, und jetzt ist bei mir etwas gereift. Vielleicht finden Sie dann auch Gastgeber und Gesprächspartner, die Ihnen dabei helfen.
Wir haben uns für heute Abend überlegt, dass so viele Menschen da sind, dass wirklich jeder eine Möglichkeit finden sollte, ein zusätzliches Angebot wahrzunehmen. Wenn der offizielle Teil nachher endet und noch etwa fünf Minuten Zeit bleiben, damit Sie Ihren Weg finden können, möchte ich diejenigen unter Ihnen einladen, die sagen: Ich möchte gerne Kontakt aufnehmen. Ich möchte erste oder zweite Schritte auf dem Weg mit Christus gehen.
Dazu lade ich Sie in den Raum der Stille ein, der mit einem Stuhlkreis vorbereitet ist. Sie finden diesen Raum drüben, ebenso wie im Foyer. Kommen Sie einfach dorthin, setzen Sie sich in den Kreis. Ich werde dazukommen, ebenso einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Gerne möchte ich Ihnen, wenn Sie möchten, ein Gebet anbieten, und wir können zusammen beten. So drücken Sie aus, dass Sie den Kontakt mit Christus suchen. Außerdem werde ich Ihnen zwei oder drei Hinweise geben, wie es danach weitergehen kann.
Das Ganze dauert etwa sieben Minuten, also keine lange Sache. Wenn Sie diese Hilfe für sich nutzen möchten, lade ich Sie herzlich dazu ein. Ansonsten hoffe ich, dass es heute Abend viele gute Gespräche geben wird.
Abschluss mit einem Lied des Chores
Der Chor wird jetzt ein Lied singen, das im Programm noch einmal ganz stark diese Hoffnung ausdrückt. Es zeigt das Vertrauen und die Geborgenheit, dass Christus nicht von uns geht.
Wie es heißt: „Nie mehr wirst du von uns weichen.“
Bitte singen Sie es jetzt.