Einleitung: Der Dienst Jakobus’ und die Zielgruppe seines Briefes
Als Bruder von Jesus und als Pastor der ersten Gemeinde in Jerusalem möchte ich euch einige Dinge sagen. So beginnt Jakobus seinen Brief jedoch nicht. In Vers eins lesen wir – und das findet ihr in euren Predigtblättern oder in eurer Bibel –: Jakobus, ein Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus, an die zwölf Stämme in der Zerstreuung, Gruß zuvor.
Für Jakobus ist es wichtig zu betonen, nicht dass er der Bruder des Herrn ist oder dass er der Pastor der ersten Gemeinde ist, sondern dass er im Dienst Gottes und des Herrn Jesus Christus steht. Was er schreibt, ist Teil dieses Auftrags zu verstehen. Es ist nicht seine eigene Botschaft, sondern die Botschaft Christi. Er spricht nicht aus eigener Autorität, sondern im Auftrag Gottes als sein Diener, als sein Sklave.
Diese Botschaft ist für die zwölf Stämme geschrieben, die in der Zerstreuung leben. Mit anderen Worten: an Israel, an das Volk Gottes. Dieser Brief ist also nicht für uns, oder? Doch, denn das Neue Testament lehrt uns, dass alle, die an Jesus glauben, an den verheißenden Retter, die sind des Israel Gottes, die sind die auserwählten Fremdlinge, die sind die wahren Kinder Abrahams. Das gilt für alle, die an Jesus glauben.
Die Botschaft dieses Briefs ist also auch für uns. In den nächsten Wochen werden wir hören, was es bedeutet, als Volk Gottes, als Gläubige zu leben und zu wandeln. Anders gesagt: Welche praktische Auswirkung hat Glaube? Deshalb trägt diese Reihe auch den Titel "Zeige mir deinen Glauben". Welche praktische Auswirkung hat unser Glaube?
Die Realität der Anfechtungen im Leben der Gläubigen
Und schon sind wir bei unserem ersten Thema: Anfechtungen. Anfechtungen sind nicht etwas, worüber wir unbedingt gerne nachdenken. Vielleicht würde der erste Leser, aber auch wir heute, denken, einen Brief könnte man doch besser mit leichterer Kost beginnen. Oder?
Das sagt schon viel darüber aus, dass Jakobus genau damit anfängt. Jakobus ist einfach Realist. Anfechtungen gehören zum Leben – und ja, auch zum christlichen Leben. Das sollte uns nicht überraschen.
Doch weil wir im reichen Westen leben, verkennen wir das oft. Viele von uns haben verlernt, mit Anfechtungen umzugehen. Das war nicht immer so. Noch nicht lange ist es her, da haben unsere Großeltern viele Anfechtungen erlebt – in Deutschland, im Nazideutschland und später in der DDR.
Auch heute erleben wir Anfechtungen. Jeder hat zumindest eine Anfechtung, die mit großem C anfängt: Corona. Corona ist nicht die einzige oder die schlimmste Sache, die in der Menschheitsgeschichte je passiert ist. Es ist nicht einmal die schlimmste Pandemie. Aber es ist sehr aktuell und sehr präsent.
Von den Auswirkungen sind wir auf irgendeine Weise betroffen. Manche haben Angst vor dem Virus selbst, andere fürchten um die Wirtschaft. Wieder andere fürchten den Verlust der Freiheit, die wir in diesen Tagen erleben.
Corona erinnert uns daran: Anfechtungen sind real in einer gefallenen Welt. Sei nicht überrascht.
Jakobus’ tröstende Worte zu Anfechtungen: Einstellung, Durchhaltevermögen und Hoffnung
Aber wie gehst du mit den jetzigen Anfechtungen und auch sonst um? Für das Volk Gottes hat Jakobus tröstende und mutmachende Worte.
In den ersten zwölf Versen dieses Briefs bringt er Lektionen in Bezug auf Anfechtungen nahe. Erstens, wie wir über Anfechtungen denken sollen, also unsere Einstellung dabei. Zweitens, wie wir durch Anfechtungen hindurchkommen sollen. Drittens, worauf wir in Anfechtungen hoffen sollen.
Bevor wir einsteigen, möchte ich beten: Wir danken dir für dein Wort, das uns Trost und Mut zuspricht, Herr. Ich möchte dich bitten, dass du zu uns redest, dass unsere Herzen offen sind und, Herr, dass du mir hilfst, dein Wort weiterzugeben. Amen.
Die richtige Einstellung zu Anfechtungen: Freude trotz Schwierigkeiten
Vielfalt der Anfechtungen und ihre Realität
Wie sollen wir über Anfechtungen denken?
In den Versen 2 bis 4 des Jakobusbriefs heißt es in Vers 2 zunächst: „Haltet es für laute Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallt.“ Jakobus spricht hier von einer Vielzahl von Anfechtungen. Er verwendet bewusst den Ausdruck „mancherlei Anfechtungen“.
Im Kontext dieses Briefes waren wahrscheinlich Verfolgung, Armut und Nöte die häufigsten Anfechtungen, mit denen die ersten Leser zu kämpfen hatten. Diese waren die präsentesten Herausforderungen ihrer Zeit. Doch Jakobus möchte sich nicht darauf beschränken. Er sagt „mancherlei“, also eine Vielfalt von Anfechtungen. Genau das bedeutet das Wort: Er fordert dazu auf, es als laute Freude zu erachten, wenn man in eine Vielfalt von Anfechtungen gerät.
Das kann, wie bei den ersten Christen, die Verfolgung wegen ihres Glaubens sein. Es kann finanzielle Nöte sein, Arbeitslosigkeit, eine Krankheit – sei sie vorübergehend oder chronisch. Auch psychische Probleme können dazugehören. Ein Kampf mit Sünden, schlechte Beziehungen zu Hause, vielleicht eine schwierige Ehe, schwierige Kinder oder schwierige Eltern – all das fällt unter die Vielfalt von Anfechtungen, von denen Jakobus spricht.
Das heißt: Wenn du Anfechtungen in irgendeiner Form kennst, dann bist du mit diesen Worten angesprochen.
Die Herausforderung, Freude in Anfechtungen zu finden
Inmitten dieser Anfechtungen ruft Jakobus dazu auf, sie als Freude zu achten. Er sagt, man soll sie für Freude halten. Sich in Anfechtungen zu freuen, ist das Gegenteil unserer normalen Reaktionen. Anfechtungen stoßen bei uns auf Widerstand, sie stören unser Leben und sind unwillkommen.
Wie kann man also von Freude sprechen inmitten von Anfechtungen, die das Leben schwierig machen? Jakobus wirkt damit zunächst realitätsfern. Aber hört genau, was er sagt: Er behauptet nicht, dass die Anfechtungen nicht schlimm sind. Er sagt auch nicht, dass die Schwierigkeiten egal sind. Er nimmt die Anfechtungen nicht auf die leichte Schulter und weiß, dass die normale Reaktion keine Freude ist.
Deshalb gibt er uns einen Aufruf, einen Imperativ gleich zu Beginn. Er sagt, wir sollen sie als Freude achten, sie für Freude halten. Wir sollen uns in solchen Fällen nicht von unseren Emotionen bestimmen lassen, sondern selbst Herr über unsere Emotionen sein.
Damit will er sagen: Versteht, dass es tatsächlich einen Grund zur Freude innerhalb eurer Anfechtungen gibt. Und dann freut euch über diesen Grund. Das ist etwas, das man aktiv tut, nicht passiv hinnimmt.
Der Grund zur Freude: Bewährter Glaube und Geduld
Aber worüber können wir uns in Anfechtung freuen? Das sehen wir in Vers 3: „Und wisst, dass euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld wirkt.“ So wird es in Luther 84 übersetzt. Eine bessere Übersetzung lautet: „Indem oder weil ihr erkennt, dass die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt.“
Unser Glaube wird durch Anfechtung erprobt und bewährt. Oft merken wir gerade in Anfechtung, dass unser Glaube trägt – der Glaube an Jesus Christus, der Glaube an unseren Gott. Das trägt uns wirklich durch. Und wenn wir das merken, führt das zum Ausharren. Dieses Ausharren ist ein Beweis für echten Glauben.
Ich möchte, dass ihr das wirklich merkt. Vielleicht unterstreicht eure Bibel oder macht an den Rand ein kleines Sternchen. Der Beweis für echten Glauben ist nicht, dass man geistliche Hochgefühle oder Rauschzustände die ganze Zeit hat, dass man immer glücklich ist oder nie Probleme hat. Der Beweis für echten Glauben ist das Ausharren, die Beständigkeit und Ausdauer, das ruhige Dranbleiben, das Weitermachen trotz widriger Umstände.
In den letzten Jahren habe ich gelernt, mehr von Christen beeindruckt zu sein, die in Anfechtung ruhig und mutig ausharren, die, wenn sie fallen, wieder aufstehen und weiterkämpfen, als von solchen, die immer „happy clappy“ sind, euphorisch und scheinbar nie Probleme haben. Die ersten sind für mich beeindruckender. Ja, die Letzteren wirken oft realitätsfern. Die Ersten zeigen durch ihr Ausharren bewährten, echten Glauben.
Das Ziel des Ausharrens: Vollkommenheit und Unversehrtheit
Aber was soll dieses Ausharren? Dient es nur dazu, zu zeigen, dass unser Glaube erprobt und echt ist? Nein, schaut in Vers vier: die Geduld oder das Ausharren. Ihr sollt euer Werk bis zum Ende tun, damit ihr vollkommen und unversehrt seid und kein Mangel an euch sei!
Im Ausharren in Anfechtungen wirkt Gott in uns. Ja, das ist wie beim Fitnesstraining. Wenn wir Übungen lange genug machen, fängt es an, wehzutun. Aber erst dann wissen wir, dass es Wirkung hat. Wenn man das Training zu schnell abbricht, hat es längst nicht so große Auswirkungen.
Das ist wohl die Versuchung: kurz vor dem Schmerz abzubrechen. Aber willst du fit werden, musst du weitermachen – durch den Schmerz hindurch. Wenn wir uns zu sehr auf Komfort einstellen, werden wir nie fit.
In gewisser Weise ist es auch so mit dem Ausharren in Anfechtung. Das mögen wir vielleicht nicht gerne hören, denn wir hätten es lieber komfortabler. Warum kann Gott mich nicht einfach gleich vollkommen machen? Warum kann Gott mich nicht einfach jetzt vollenden?
Gott hat gewollt, Vollkommenheit in uns durch das Ausharren in Anfechtung zu bewirken. Er hat mehr Interesse daran, deinen Glauben zu stärken, als deinen Komfort sicherzustellen. Denn oft sehen wir im Komfort die Bestätigung einer bestimmten Lebensweise. Aber was ist, wenn diese Lebensweise uns hindert, im Glauben zu wachsen?
Anfechtung dagegen fördert das Glaubenswachstum. Und ich glaube, das ist zumindest einer der Gründe, warum Gott mehr daran interessiert ist, durch Anfechtung unseren Glauben zu stärken, als unseren Komfort sicherzustellen.
Beispiel aus dem Leben: Joni Erickson Tata und das Vertrauen in Gott trotz Leid
Joni Erickson Tada ist eine amerikanische Autorin. Vielleicht kennt der eine oder andere sie oder hat schon von ihr gehört. Mit siebzehn Jahren hatte sie einen schweren Unfall und wurde querschnittsgelähmt. Alles unterhalb dieser Stelle kann sie nicht wirklich benutzen.
Sie ist inzwischen seit über zweiundfünfzig Jahren in diesem Zustand. Am Anfang hatte sie große Schwierigkeiten damit. Sie fragte sich: Warum hat Gott das erlaubt? Und wenn Gott das erlaubt hat, warum heilt er sie dann nicht?
Damals, zu Beginn ihrer Krankheit, wurde sie von einer Freundin mit diesen Worten herausgefordert: „Gott erlaubt, was er hasst, um zu erreichen, was er liebt.“ Gott hat keine Freude am Leid an sich, aber er mutet es uns zu, damit wir wichtige Glaubenslektionen lernen. Diese Lektionen könnten wir niemals lernen, wenn unser Leben immer nur komfortabel wäre.
Wichtiger als unser Komfort ist Gott, dass wir in der Beziehung zu ihm wachsen. Das sollten wir wirklich tief in unser Herz aufnehmen. Gott nahm Joni Erickson Tadas Lähmung nicht weg, aber er bewirkte dadurch ein Vertrauen und eine Freude in ihm, die so beneidenswert sind.
Ich habe neulich einen Vortrag von ihr gehört, der vor zwei Jahren gehalten wurde. Denkt daran: Sie ist seit mehr als fünfzig Jahren in diesem Zustand. Auch heute hat sie noch viel Schmerz, und ihr Leben ist nicht leicht. Doch in diesem Vortrag strahlte sie eine große Freude aus.
Der Grund dafür ist, dass Jesus in diesen Anfechtungen für sie alles ist. Sie sagt heute mit ihren Worten: „Ich sitze viel lieber in meinem Rollstuhl mit ihm, als dass ich auf meinen Füßen stehe ohne ihn.“ Beeindruckend!
Die Prioritäten Gottes: Erneuerung des inneren Menschen vor äußerem Komfort
Ihr Lieben, es ist Gott wichtig, dass wir in Liebe, in Geduld, in Sanftmut, in Selbstbeherrschung, in Freude, in Abhängigkeit zu Gott und in Demut wachsen – nicht, dass wir immer gesund sind, finanzielle Stabilität haben und sorglos leben.
Preist den Herrn, wenn wir diese letzten Dinge besitzen, aber noch besser ist es, wenn wir die anderen Eigenschaften haben. Gott geht es um die Erneuerung des inneren Menschen, denn das Innere ist ewig, während das Äußere vergänglich ist.
Deshalb freut euch auch in Anfechtungen, denn Gott bereitet uns auf die Ewigkeit vor. Er bringt uns dadurch zur Vollkommenheit und will uns vollenden, wie es in Vers 4 heißt, so dass wir in nichts Mangel haben.
So sind wir reich – nicht materiell, denn das ist nur zeitlich und begrenzt. Es geht um die geistliche Fülle, um die Fülle Christi. Diese Fülle bewirkt das Ausharren in Anfechtung.
Darin liegt der Grund zur Freude. Das soll unsere Einstellung in Bezug auf Anfechtungen sein. Deshalb können wir uns in Anfechtungen freuen.
Weisheit und Glauben als Weg durch Anfechtungen
Wie kommen wir durch Anfechtungen hindurch? Das ist der nächste Punkt, den wir uns anschauen wollen.
In Vers 4 spricht Jakobus von dem Ziel, das wir als Christen haben: dass wir am Ende keinen Mangel haben, dass an uns kein Mangel zu finden sei. In Vers 5 schreibt er diese Worte: „Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der allen willig gibt und keine Vorwürfe macht, und sie wird ihm gegeben werden.“
In Vers 4 wird deutlich, dass wir eines Tages an nichts Mangel haben werden. In Vers 5 jedoch heißt es, dass wir noch unterwegs sind und uns noch etwas mangelt. Was uns in Anfechtungen oft besonders fehlt, ist Weisheit.
Die Antwort auf die Frage, wie wir durch Anfechtungen hindurchkommen sollen, lautet also: Mit Weisheit sollen wir durch Anfechtungen hindurchkommen. Lass uns das ein bisschen näher betrachten.
Weisheit als Geschenk Gottes und praktische Fragen im Umgang mit Anfechtungen
Wie bekommen wir das? Wir bitten Gott darum. Hier sehen wir, dass Gott uns nicht allein lässt. Auf dem Weg zur Vollkommenheit, gerade in der Anfechtung, will Gott uns helfen und leiten.
Er tut das natürlich auf anderem Wege, als nur durch das, was hier angesprochen ist. Aber Weisheit ist ein Geschenk von Gott, das Jakobus besonders hervorheben will. Und wohlgemerkt: Es ist nicht eine Weisheit im allgemeinen Sinn, obwohl wir sicher auch dafür beten können. Zum Beispiel: Welchen Job soll ich nehmen? Oder welchen Ehepartner soll ich heiraten?
Hier im Kontext geht es besonders um meine Weisheit in Bezug auf Anfechtung. Und ich glaube, das kann so aussehen, dass man mit solchen Fragen zu Gott kommt, um Weisheit zu bitten. Wie kann ich Gott gefällig in meiner Not umgehen? Was will der Herr mir in dieser Anfechtung beibringen? Woran arbeitet Gott gerade in mir? Will Gott mich gerade in dieser Situation auf etwas aufmerksam machen?
Was lerne ich aus dieser Situation in Bezug auf meine Beziehung zu Gott? Könnte ich ihm mehr vertrauen? Könnte ich ihn mehr lieben? Kann Gott für mich in dieser Situation wertvoller werden? Wie kann ich in dieser Situation Gott verherrlichen? Wie kann ich in dieser Situation eine Ermutigung für meinen Bruder oder meine Schwester sein? Wie kann ich in dieser Situation, in dieser Anfechtung, ein Segen für andere sein?
Das sind Fragen, die wir stellen können. Das sind Dinge, wofür wir Gott um Weisheit bitten können. Das sind Anliegen, für die man beten kann, wenn man in Anfechtung steht. Und schaut: Gott will sehr wohl helfen.
Die Verheißung Gottes zur Weisheit und der Umgang mit Zweifel
In Vers 5 lesen wir: „Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedem gern gibt und niemandem schilt, so wird sie ihm gegeben werden.“
Gott tut das sehr willig und großzügig. Dabei macht er keine Vorwürfe. Er sagt nicht: „Oh, du schon wieder!“ oder „Ach, jetzt kommst du zu mir.“ Nein, er gibt sehr gerne. Es ist eine Verheißung, dass er uns Weisheit schenken wird.
Er tut das durch sein Wort und durch andere reife Christen. So gibt er uns Weisheit. Manchmal, in einer bestimmten Situation, kann er uns auch einen Eindruck geben. Der Heilige Geist legt uns etwas aufs Herz. Vielleicht erinnern wir uns dann an ein Bibelwort, das wir irgendwann einmal gelesen haben. Keine Ahnung, wie genau, aber er tut es.
Gott verheißt keine Änderung der Umstände. Das kann er machen, das kann er aber auch nicht. Aber er verheißt uns seine Weisheit, die wir so dringend brauchen, um in allen Umständen auf Kurs zu bleiben und auszuharren. Das ist es, was wir brauchen. Dafür können wir beten, und Gott wird es uns geben.
Nun gibt es viele Menschen – und bei uns ist es, also bei mir zumindest, auf jeden Fall schon so passiert –, die solche Verse lesen und meinen, darin zu lesen, dass sie eine genaue Wegweisung von Gott brauchen. Sie bewegen sich nicht, bis er diese gibt. Aber wir werden nicht aufgerufen, um genaue Wegweisung zu bitten, sondern um Weisheit. Das verspricht Gott zu geben.
Das bedeutet, dass wir nicht immer sicher sind, wie Gott es genau mit einer Anfechtung meint oder warum Dinge so sind, wie sie sind, oder wozu das alles sein soll. Aber das brauchen wir nicht zu wissen, um weise und gottgefällig zu handeln. Hierin zeigt sich das Leben im Glauben.
Wir zeigen, dass wir seinen Wegen vertrauen – vor allem dann, wenn wir nicht sicher sind, wodurch das alles führen wird. Ja, ich hoffe, das ist uns klar: Wenn wir alles von vorne wüssten, bräuchten wir kein Vertrauen, bräuchten wir keinen Glauben.
Das Leben im Glauben drückt sich darin aus, dass wir, wenn Dinge nicht klar sind, trotzdem weitergehen, weil wir vertrauen, dass Gott uns leitet.
Die Bedeutung des Glaubens: Zweifel und Beständigkeit
Und das ist auch der nächste Punkt, den Jakobus hier in den Versen 6 bis 8 macht: Ohne Glauben geht es einfach nicht. Ich lese jetzt Vers 6 bis 8:
„Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht, denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde. Ein Zweifler ist unbeständig auf allen seinen Wegen.“
Nun kämpfen wir alle mit Unglauben und mangelndem Vertrauen. Verwirken wir dann alle die Weisheit Gottes? Scavorum es Jakobus, hier geht es nicht darum, dass man immer volle Glaubenssicherheit mit sich bringt, sonst gibt es keine Hilfe.
Ich glaube nicht, dass es darum geht, dass wir besonders überzeugt die Hände falten und mit fester Stimme unser Gebet sprechen müssen und dabei am besten noch irgendeine Formel verwenden, die unseren starken Glauben zum Ausdruck bringt. Ich glaube nicht, das ist es, was Jakobus hier sagen will.
Der Zweifel, um den es hier geht, hat mehr damit zu tun, dass man nur halbherzig bereit ist, Gottes Weg zu folgen. Vielleicht kennen wir das: Ich folge Gottes Weg nur, wenn es wirklich passt. Gefällt mir der Weg nicht, durch den Gott mich führt, bin ich auch bereit, einen anderen Weg einzuschlagen. Wird der Druck zu groß, interessiert mich dann nicht mehr Gottes Weisheit, ich suche mir woanders Rat.
Ich glaube, das ist, was Jakobus meint. Denn schaut, womit er so eine Person vergleicht: eine Meereswoge, eine Welle, hin und her getrieben vom Wind. Jemand, der nicht fest ist, der ist wankelmütig. Das Wort dafür, wankelmütig oder unbeständig, das im Originaltext steht, ist also dieses Bild von Doppelherzigkeit, geteilter Seele. Mal wählt er Gottes Weg, mal stellt er ihn gerne in Frage.
Nicht so sind diejenigen, die einen echten Glauben haben. Sie mögen unsicher sein, sie mögen sogar Angst haben, aber sie vertrauen ihrem Herrn so sehr, dass sie auch gegen ihre Intuition, gegen ihre eigene Weisheit, ja sogar gegen ihre Wünsche und Sehnsüchte handeln, wenn Gott ihnen die andere Richtung zeigt. Sie folgen Gottes Weg, auch wenn sie es nicht mögen.
Das ist ungeteilt, das ist beständiger Glaube, das ist eine beständige Person. Sie kommen mit ihren Sorgen und Zweifeln zu Gott, anstatt dass sie in der Not im Zweifeln den Rücken zukehren und sich anderen Ratgebern zuwenden. Ich hoffe, ihr seht den Unterschied.
Der Wankelmütige, der Unbeständige, will keine Weisheit Gottes, er will die Steuer letztendlich selbst in der Hand behalten. Denn er ist bereit, von anderen Dingen oder Menschen beeinflusst zu werden, wenn Gottes Wege ihm ungünstig erscheinen.
Das ist kein Glaube, und für so einen gibt es kein Versprechen, dass Gott ihm hilft und Weisheit schenkt. Das sagt Jakobus sehr klar: Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde. (Jakobus 1,6-8)
Selbstprüfung im Umgang mit Gottes Weisheit
Nun gibt es Menschen – und ich habe das auch immer wieder gedacht – die meinen, Gott zeige ihnen nicht, was sie tun sollen, oder dass Gott ihnen keine Weisheit gibt, obwohl sie darum gebeten haben und bereit sind, das zu tun, was er sagt.
Wirklich? Kann es sein – und ich stelle diese Frage nur, weil ich weiß, dass das manchmal auch bei mir das Problem ist – dass das Problem eher darin liegt, dass wir die Weisheit Gottes abgelehnt haben? Vielleicht, weil sie uns nicht gefallen hat, oder weil wir uns in unserem Weg von Gott nicht bestätigt fühlten. Oder vielleicht, weil wir durch einen anderen Einfluss von Gott abgekommen sind und dann versuchen, diesen Weg zu schützen, indem wir sagen: „Gott hat mir noch keine Weisheit gegeben.“
Kann das das Problem sein? Lass uns unser Herz prüfen.
Gott verspricht seine Hilfe in Anfechtung und verspricht Weisheit. Aber haben wir in Glauben darum gebeten? Oder haben wir das nur mit geteilter Seele getan, misstrauisch und doppelherzig?
Wie kommen wir durch Anfechtungen hindurch? Mit Weisheit von Gott und mit Glauben, mit Vertrauen.
Die feste Hoffnung als Motivation in Anfechtungen
Wir haben über die Einstellung nachgedacht, die wir bei Anfechtungen haben sollen. Dabei haben wir überlegt, wie wir durch Anfechtungen hindurchkommen können. Ist das alles? Nein, wir haben auch eine feste Hoffnung, die uns motiviert. Das ist der letzte Punkt, auf den wir in Anfechtungen hoffen sollen.
Was gibt dir Hoffnung und Zuversicht im Leben? Was motiviert dich, in einer schwierigen Situation weiterzumachen? Ist es ein stabiler Job, sind es Freunde oder ein stabiles Familienleben? Vielleicht ist es auch deine Gesundheit?
Ich glaube, die Antwort auf diese Frage hängt oft von unseren derzeitigen Umständen ab. Je nachdem, welche Anfechtungen wir erleben, sehnen wir uns nach unterschiedlichen Dingen. Wenn wir krank sind, hoffen wir vor allem darauf, eines Tages gesund zu sein. Wenn wir einsam sind, sehnen wir uns nach Familie oder Freunden. Wenn wir arm sind, wünschen wir uns finanzielle Stabilität.
Für die direkten Empfänger des Jakobusbriefs scheint Letzteres besonders wichtig gewesen zu sein. Wenn wir weiter im Brief lesen, wird das Thema Reichtum und Armut mehrfach angesprochen. Unter den Lesern dieses Briefs gab es offenbar sowohl Arme als auch Reiche, Menschen, die wohlhabend waren, und solche, die nicht so viel hatten. Das ist nicht ungewöhnlich und kennen wir auch heute.
Es ist auch gut so. Es ist nicht schlecht, reich zu sein, und es ist auch nicht schlecht, arm zu sein. Das Problem entsteht erst, wenn wir unsere Hoffnung auf Reichtum setzen. Das können sowohl arme als auch reiche Menschen tun.
Ein armer Mensch setzt seine Hoffnung auf Reichtum, indem er sich wertlos fühlt und glaubt, zu kurz gekommen zu sein, weil er arm ist. Er sehnt sich nach Reichtum, Status, Anerkennung und Stabilität. So setzt eine arme Person ihre Hoffnung auf Reichtum.
Reiche Menschen dagegen meinen, ihr Reichtum gebe ihnen Status, Anerkennung und Stabilität. Deshalb halten sie daran fest und setzen ihre Hoffnung darauf. Es ist eine Gefahr für beide Gruppen, sich über den finanziellen Status zu definieren und ihre Hoffnung darauf zu setzen.
Ermutigung für Arme und Reiche im Glauben
Jakobus hat ein Wort für beide in dieser Situation – für die Armen und die Reichen.
Für die Armen will er in Vers 9 ermutigend sein. Er spricht ihre besondere Anfechtung an, nämlich ihre Armut, und fordert sie auf, ihre Hoffnung nicht auf Reichtum zu setzen. Dort heißt es: „Ein Bruder, der niedrig ist, rühme sich seiner Höhe.“
In den Augen der Welt mag ein volles Bankkonto viel Status bedeuten. Arme Menschen genießen oft weniger Anerkennung. Doch Jakobus möchte, dass arme Christen sich nicht über ihr Bankkonto definieren. Das ist nicht ihre wahre Identität. Sie sollen sich bewusst machen, wie reich sie wirklich sind: Sie sind erkauft und erlöst, Kinder Gottes und gehören zum Volk des Allmächtigen. Das ist ihre wahre Identität.
Deshalb sollen sie sich ihrer Höhe rühmen. Jakobus sagt hier, dass nicht Geld, sondern der Status als Kinder Gottes ihre Hoffnung und Zuversicht sein soll.
Das war das Wort für die Armen. Nun wendet sich Jakobus den Reichen zu. Er will sie ermutigen beziehungsweise herausfordern. Er erinnert sie daran, dass auch sie ihre Hoffnung und Zuversicht nicht auf Reichtum setzen sollen.
In den Versen 10 und 11 heißt es: „Wer aber reich ist, rühme sich seiner Niedrigkeit, denn wie eine Blume des Grases wird er vergehen. Die Sonne geht auf mit ihrer Hitze, und das Gras verwelkt, und die Blume fällt ab und ihre schöne Gestalt verdirbt; so wird auch der Reiche dahinwelken in dem, was er unternimmt.“
Die Reichen sollen wissen, dass sie trotz ihres Reichtums nicht für immer von Anfechtungen verschont bleiben. Alles, was diese Welt bietet, ist vergänglich. Nichts bleibt für immer – auch Geld nicht. Sehr schnell kann ein Millionär pleitegehen. Und spätestens mit dem Tod endet alles. Der Tod ist der große Gleichmacher.
Der Reiche kann sein Geld nicht einsetzen, damit ein anderer für ihn stirbt – das geht nicht. Diese Anfechtung, die größte von allen, kann auch ein Reicher nicht umgehen. Deshalb sollen die Reichen ihre Hoffnung nicht auf ihre Reichtümer setzen. Sie sollen sich bewusst machen, dass sie in dieser Hinsicht nicht anders sind als die Armen.
Deshalb sagt Jakobus: „Rühmt euch eurer Niedrigkeit!“
Also, ihr Armen und ihr Reichen: Wenn wir das weiter auf andere Bereiche anwenden, gilt es auch für euch, ihr Kranken oder ihr Gesunden, ihr Einsamen oder ihr Beliebten: Setzt eure Hoffnung nicht auf das, was euch in der Welt großmacht, sondern auf das, was euch in den Augen Gottes großmacht.
Die Verheißung der Krone des Lebens als feste Hoffnung
Da kommen wir zu dem letzten Vers dieser Stelle: Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet. Denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieben.
Diejenigen, die ihn lieben und vertrauen, harren in Anfechtung aus und empfangen als ihren Lohn die Krone des Lebens. Wir haben eine feste Hoffnung – nicht, wenn wir reich sind, nicht, wenn wir beliebt sind, nicht, wenn wir gesund sind, sondern wenn wir an die Verheißung Gottes glauben.
Worauf hoffst du? Auf etliche Dinge oder auf die Verheißungen Gottes? Ich möchte dich einladen, wenn du deine Hoffnung noch nicht auf Jesus gesetzt hast, das heute noch zu tun.
Der Sohn Gottes, der in Herrlichkeit wohnte, wurde arm, indem er Mensch wurde. Er entäußerte sich selbst, nahm Schwachheit auf sich und trug unser Leid und unsere Anfechtung. Er empfing eine Dornenkrone, damit wir die Krone des Lebens empfangen können.
Er nahm die Strafe für unsere Schuld auf sich, sodass unsere Sünde uns nicht mehr verdammen muss. Jesus wurde angefochten, besonders als er am Kreuz starb, sodass unsere Anfechtungen nicht das letzte Wort haben.
Er tat das so, dass alle, die an ihn glauben, durch seine Armut reich werden – nicht reich im Sinne von vergänglichen Dingen dieser Welt, sondern für die Ewigkeit. Und Jesus ist auferstanden, so dass wir mit ihm in Herrlichkeit leben können, frei von jeder Anfechtung. Eines Tages wird es so sein.
Diese wunderbaren Verheißungen kannst auch du in Anspruch nehmen, wenn du das noch nie gemacht hast. Wenn du dich zu ihm im Glauben und Vertrauen wendest und deine Hoffnung auf ihn setzt, denn diese Verheißung gilt allen, die ihn lieben, wie im Text steht.
Widersprich mir am Ende des Gottesdienstes, wenn du mehr darüber erfahren willst. Und wenn du das schon gemacht hast, lasst euch durch diese Wahrheiten, die wir heute gehört haben, in Anfechtungen motivieren, damit ihr ausharrt und weitermacht.
Nachfolge Jesu in Anfechtungen und das Ziel der Vollendung
Ja, seid euch bewusst, dass ihr dabei eurem Herrn Jesus folgt. Denn Gott hat auch ihn durch Leiden vollendet, heißt es in Hebräer 2,10. Natürlich nicht auf dieselbe Weise wie bei uns. Er war nie sündig, nie ein Sünder, sondern vollkommen sündlos.
In Hebräer 2,10 wird dies deutlich, und später lesen wir in Hebräer 12,2: „Um der vor ihm liegenden Freude willen hat Jesus das Kreuz erduldet und dabei die Schande für nichts geachtet. Er hat sich zu Rechten des Thrones Gottes gesetzt.“
Das ist das Schema, dem wir in Anfechtungen folgen: Durch Leid wird vollendet.
Illustration: Die Erbschaft und der Weg durch Anfechtungen
Ein alter Prediger hat das so illustriert: Eine Person hört, dass eine große Erbschaft auf sie in der nächstgelegenen Stadt wartet, die nur ein paar Kilometer entfernt ist. Sie muss nur dorthin kommen und die Erbschaft in Anspruch nehmen.
Was wäre, wenn ihr Wagen kurz vor der Stadt kaputtgeht? Was würde sie tun? Würde sie am Wegrand jammernd und klagend sitzen bleiben, weil sie den Rest des Weges zu Fuß gehen muss? Oder würde sie nicht denken, dass die paar Schritte es wert sind, um diese große Erbschaft zu erhalten?
In Anfechtungen frage ich mich, ob wir oft nicht ähnlich handeln wie in diesem ersten Fall. Wir sitzen jammernd und klagend am Wegrand, weil Schwierigkeiten auf unserem Weg auftauchen, anstatt aufzustehen und uns neu auf diese große himmlische Erbschaft zu besinnen.
Anfechtungen sollen euch nicht lähmen oder mutlos machen. Gott wirkt durch sie, um uns zu erproben und zu vollenden. Er steht uns bei mit seiner Weisheit und hat einen wunderbaren Lohn für diejenigen, die im Glauben ausharren.
Darum, ihr Lieben, freut euch in Anfechtungen.
Schlussgebet
Lass uns beten.
Vater, wir danken dir, dass wir so eine wunderbare Hoffnung haben, auch wenn die Dinge um uns herum nicht so gut sind. Bitte hilf uns, uns auf deine Verheißungen zu besinnen.
Herr, ich möchte um Weisheit bitten. In diesen Tagen, in denen wir alle ein wenig Anfechtung erleben, bitte hilf uns, gottgefällig darauf zu reagieren. Gib uns Weisheit, lehre uns, wie wir das tun können, und unterstütze uns dabei, unsere Hoffnung nicht auf vergängliche Lösungen zu setzen, sondern letztlich auf Jesus Christus.
In Jesu Namen, Amen.