Der unschätzbare Wert und die Lernfähigkeit von Kindern
Dass Kinder einen unbeschreiblichen Wert haben, ist hoffentlich und glaube ich jedem in diesem Raum klar. Ebenso wissen wir alle, dass Kinder die Fähigkeit haben, schnell zu lernen. Das erkennen wir durch die Beobachtung kleiner Kinder, aber auch an uns selbst. Allerdings haben wir das oft vergessen. Wer jedoch kleine Kinder genau beobachtet, erlebt immer wieder die Freude zu sehen, wie schnell ein Kind lernt.
Meine Frau und ich sind über 40 Jahre alt, und Gott schenkte uns in diesem Alter eine kleine Tochter. Nach drei Söhnen – der Jüngste ist zehn Jahre alt – hatten wir also zehn Jahre ohne Kind. Jetzt kam nochmals ein kleines Kind zu uns. Wir erleben diese Entwicklung sehr bewusst mit. Jede Phase der Entwicklung nehmen wir noch bewusster wahr als bei unseren Söhnen.
Vielleicht liegt das auch daran, dass wir die Phasen der Entwicklung und des Lernens bei unserer Tochter genau beobachten. Jeden Tag lernt sie eine Kleinigkeit neu dazu.
Meine Mutter unterrichtete etwa zwanzig oder zweiundzwanzig Jahre lang die erste Schulklasse. Sie tat dies aus Leidenschaft, weil sie sagte: Wenn die Kinder zu mir in die erste Schulklasse kommen, können sie nicht lesen und keine mathematischen Rechnungen ausführen. Ich darf dann sehen, wie das unbeschriebene Blatt im Laufe des Jahres beschrieben wird. Ich sehe, wie sie lernen und mit welcher Freude sie das aufnehmen.
Es war eine ganz besondere Freude für meine Mutter, in diesen vielen Jahren zu unterrichten.
Die Verantwortung und Herausforderung der Kindererziehung
Kinder zu haben, ist eine Angelegenheit von wenigen Monaten. Kinder zu erziehen, dauert hingegen 18 bis 20 Jahre, je nachdem, wie lange die Kinder zuhause bleiben. Die größere Aufgabe besteht dabei bei weitem in der Beeinflussung und im Lenken dieser Kinder auf die richtigen Bahnen.
Dabei geht es nicht darum, in einer Diktatur zu leben, in der die Kinder nur das tun, was wir erlauben, und nur das denken, was wir ihnen vorgeben. Vielmehr wollen wir ihnen helfen, ihre ganze innere Energie in die richtigen Bahnen zu lenken, damit sie sich als Menschen in der Kraft des Herrn voll entfalten können.
Gestern Abend wurde deutlich, wie wichtig es ist, in der Beziehung zu den Kindern erstens, sie anzunehmen und diese Annahme immer wieder zu bestätigen. Ich liebe dich, weil du bist – nicht: Ich liebe dich für das, was du tust, sondern ich liebe dich, weil du bist. Wenn wir unsere Kinder nur lieben und ihnen nur Bestätigung und Annahme zeigen, wenn sie etwas geleistet haben, lernen sie etwas Falsches über die Liebe: nämlich, dass Liebe immer bedingt ist. Ich muss Liebe „kaufen“, indem ich leiste, um Anerkennung zu bekommen.
Jesus möchte, dass wir unsere Kinder lieben, weil sie einfach sind. Er liebt uns, weil wir sind. Er hat uns geschaffen, um ein Objekt seiner Liebe zu haben. Und diese Liebe hat ihn viel gekostet, uns sie zu zeigen. Auch uns Eltern kostet es viel, unseren Kindern diese Liebe immer wieder zu zeigen.
Das Zweite, was wir sahen, ist nicht nur die Annahme, Bestätigung, Zärtlichkeit, Gnade und das Erbarmen gegenüber Kindern, sondern auch die Korrektur, die Züchtigung, die Zurechtweisung, das Setzen von Grenzen, das Geben von Schienen und Richtlinien für das Leben. Das ist die Wahrheitsseite bei der Kindererziehung. Kinder brauchen beides.
Das eine ist das Skelett, das Baugerüst, das andere der Fleischturm oder das bewohnte Haus. Christus will beide, und wir brauchen beide. Die meisten Familien, auch solche ohne Christus, könnten von den biblischen Maßstäben ohne weiteres profitieren.
Ich kenne eine Reihe von Familien, die ihre Kinder mit Zärtlichkeit, Annahme und viel Verständnis erziehen, aber auch durch Korrektur, Züchtigung und Zurechtweisung. Am Ende haben sie reife, standfeste Kinder, die leider nichts glauben, weil das, was wir heute Abend betrachten werden, in der Erziehung ausgelassen wurde.
Einführung in die geistliche Beeinflussung der Kinder
Wir wollen heute Abend über die geistliche Beeinflussung der Kinder sprechen, also über das, was auf die Kinder einwirkt.
Zunächst einmal einige Voraussetzungen: Die erste Voraussetzung ist, dass wir in einer geistlichen Welt leben, in einem geistlichen Universum. Wir befinden uns nicht in einem Universum, das nur aus Materie besteht. Um uns herum gibt es eine unsichtbare geistliche Welt, und geistliche Einflüsse sind überall vorhanden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, auch auf unsere Kinder positiv geistlich einzuwirken.
Drei Dinge wollen wir heute Abend betrachten: Erstens, wer die Hauptverantwortung für diese geistliche Beeinflussung trägt. Zweitens, was das Ziel der geistlichen Beeinflussung ist. Und drittens, wie man das praktisch umsetzt.
Die Hauptverantwortung für die geistliche Beeinflussung der Kinder
Erstens: Wer trägt die Hauptverantwortung dafür?
Dazu wollen wir Gottes Wort in 1. Mose Kapitel 6 betrachten. 1. Mose Kapitel 6 ist eine Anleitung für Israel. In diesem wunderbaren Abschnitt erkennen wir, was Gott dem Volk Israel in Bezug auf die geistliche Beeinflussung der Kinder gesagt hat.
Schau mal: „Israel, höre, Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein, der Herr ist einer.“
Im 5. Buch Mose, Kapitel 6, Vers 4 steht:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit aller deiner Kraft.“
Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen. Wichtig ist, dass du sie deinen Kindern fleißig einschärfst und davon redest: wenn du in deinem Hause sitzt, wenn du auf dem Weg bist, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst.
Weiter heißt es: Du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen dir zum Schmuck zwischen deinen Augen sein. Du sollst sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben.
Das Volk Israel bekam diese klare Anweisung, die Kinder der nächsten Generation geistlich zu beeinflussen.
Ich bin sehr dankbar für diese Gemeinde. Wir sind dankbar für die Gemeinde, die Gott in Stuttgart Möhringen gebaut hat. Doch wer die Geschichte der Kirchen und Gemeinden Jesu etwas studiert hat, weiß, dass es oft nach einer Generation mit der guten Gemeinde vorbei war.
Warum? Weil man den Glauben nicht unverfälscht und treu an die nächste Generation weitergegeben hat. Viele Menschen haben viel mit dem Herrn erlebt. Ich denke nur an die Zeit gleich nach dem Krieg oder während des Krieges, als Eltern vielerorts in Deutschland, und auch weltweit, gebetet und vieles mit dem Herrn erlebt haben.
Aber jene Generation, die während des Krieges Großes mit Gott erfahren hat, konnte es leider nicht im vollen Ausmaß und unverfälscht an ihre Kinder weitergeben.
Wenn ich mit Missionaren und Dienern Gottes in Deutschland spreche, die damals während und kurz nach dem Krieg hier gedient haben, berichten sie Ähnliches. John Parshower und Leo Janz haben mir beide gesagt: Gleich nach dem Krieg waren die Kirchenhäuser voll. Sie konnten ganze Fußballstadien füllen, um das Evangelium zu verkünden. Ganze Sporthallen, wo sie noch existierten, waren gefüllt mit Hunderten und Tausenden von Menschen, die Hunger nach dem Evangelium hatten.
Doch die Generation danach, die heutige Generation, zeigt im Großen und Ganzen kein Interesse am Evangelium. Nun, ich glaube, das Interesse steigt wieder, aber lange Zeit war spürbar, dass es nicht weitergegeben wurde.
Was die Väter und Mütter hatten, gaben sie nicht treu, unverfälscht und uneingeschränkt an ihre Kinder weiter.
Wie geschieht das? Gott sagt hier in vier verschiedenen Situationen, wann man mit den Kindern über den Glauben reden soll: wenn man zu Hause ist, wenn man unterwegs ist, wenn man sich hinlegt zum Schlafen und wenn man aufsteht.
Das umfasst praktisch alles: wenn die Augen offen sind, wenn sie geschlossen sind, wenn man redet und auch wenn man schweigt.
Man soll die Kinder geistlich beeinflussen. Das bedeutet, es sollte für Eltern Thema Nummer eins sein. Denn wenn man unterwegs ist, könnte man über vieles andere reden. Wenn man zu Hause ist, ebenso. Aber Gott will, dass Glaubensgut in jeden Bereich unseres Lebens eingewoben wird.
Unser christlicher Glaube ist keine Sonntagsangelegenheit, sondern soll Bestandteil jeder Bewegung unseres Lebens sein.
Das schließt auch ein, was Paulus im Neuen Testament sagt: Ob wir essen oder trinken oder was wir tun, sollen wir es zur Verherrlichung Gottes tun.
Das bedeutet, jede Aktivität ist eine geistliche Aktivität, wenn man so will. Es gibt keine säkulare Tätigkeit im Leben eines Christen, denn überall hat man die Gelegenheit, Christus zu leben und auszustrahlen. Und kleine Augen schauen zu.
In diesem Abschnitt, Vers 20, lesen wir, dass Kinder Fragen haben. Das erinnert mich an die Geschichte von einem kleinen Jungen, der seinen Vater beim Spazierengehen fragte, als sie ein Flugzeug am Himmel sahen: „Papa, wie fliegt ein Flugzeug?“
Es entstand eine lange Pause. Der Vater sagte ehrlich: „Ich verstehe nicht ganz, wie ein Flugzeug fliegt.“
Sie gingen weiter, dann sah der Junge einen Traktor auf dem Feld und fragte: „Papa, wie funktioniert ein Traktor?“
Der Vater antwortete: „Die Mechanik kenne ich auch nicht genau, wie ein Traktor funktioniert.“
Später sahen sie einen Baum. Der Junge fragte: „Papa, wie wächst ein Baum?“
Der Vater sagte: „Das kann ich dir nicht ganz erklären.“
Der Junge fragte: „Papa, ich hoffe, du bist nicht müde, wenn ich so viele Fragen stelle.“
Der Vater antwortete: „Nein, Sohn, ich bin nicht müde. Wie sollst du lernen, wenn du keine Fragen stellst?“
Wenn dein Sohn dich in Zukunft fragen wird: „Was sind diese Zeugnisse, Satzungen und Rechte, die uns der Herr, unser Gott, geboten hat?“, dann sollst du ihm antworten: „Wir waren Knechte in Ägypten, der Herr hat uns herausgeführt, geführt und gesegnet.“
Das bedeutet, die Väter mussten wissen, was Gott getan hat. Sie mussten Antworten darauf geben können, warum er es getan hat, was er bezweckte und wie groß diese Tat war.
Die geistliche Verantwortung für die Beeinflussung der Kinder in der Familie liegt also bei den Eltern. Nicht bei irgendwelchen Lehrern, nicht bei der Gemeinde, nicht bei der Sonntagsschullehrerin oder dem Prediger.
Die geistliche Beeinflussung der Kinder liegt in der Verantwortung des Mannes in der Familie. Das heißt nicht, dass er alles allein tun muss, aber es ist seine Aufgabe, dies in die Wege zu leiten, zu initiieren und anzuleiten in seiner Familie.
Die Rolle der Männer in der geistlichen Leitung der Familie
Wo sind die Männer? Wo sind wir Männer, geistliche Männer, die bereit sind, diese von Gott gegebene Aufgabe und diesen Auftrag voll wahrzunehmen?
Männer haben ein großes Problem: Sie reagieren oft sehr passiv. Eine Frau geht oft aktiv auf Dinge zu. Das haben wir in unserer Gemeinde festgestellt, und ich habe mit anderen gesprochen. In den Vereinigten Staaten habe ich mit einem gesprochen, der bestätigt hat, dass es in den Gemeinden dort ähnlich ist.
Wenn ein Gemeindeleiter in der Gemeinde fragt, wer bei einer bestimmten Angelegenheit helfen könnte, kommen sofort zehn Frauen und vielleicht ein Mann. Wenn man um Freiwillige bittet, sind die Frauen sofort zur Stelle und sagen: „Ich will helfen, kann ich helfen? Kann ich etwas tun?“ Die Männer hingegen sind sehr, sehr oft passiv.
Der Pastor in den USA, der mir das erzählt hat, sagte, er geht auf die Männer zu und spricht sie an. Irgendwie wartet etwas im männlichen Ego darauf, erst angesprochen zu werden. „Würdest du nicht helfen wollen?“ „Natürlich helfe ich gerne mit.“ Das wurde auch schon öffentlich gemacht, von der Kanzel und so weiter. Aber wenn er angesprochen wird, geht er darauf ein. Komisch. Männer sind komische Wesen.
Ich sage: Das Problem in vielen Familien ist, dass Männer, die Ehemänner, in der geistlichen Leitung völlig versagt haben. Wenn ich irgendwo zu Gast bin, als Pastor, und wir oft mit unserer Familie zu Leuten kommen, merken wir etwas ganz Interessantes. Wenn wir irgendwo zu Gast sind und uns zum Tisch setzen, kann ich meist sehen – vielleicht liege ich einmal in hundert Fällen falsch –, wer die geistliche Leitung der Familie hat. Das zeigt sich daran, wer das Tischgebet spricht oder wer mich bittet, das Tischgebet zu sprechen.
Wenn es die Frau ist, die ihren Mann bittet, das Tischgebet zu sprechen, dann denke ich: Wenn sie mich bittet, das Tischgebet zu sprechen, weiß ich, dass sie diejenige ist, die das Geistliche in der Familie anregt. Ich bete nicht immer am Tisch. Meine Kinder beten, meine Frau betet, Gäste beten, und ich bete. Aber ich bin derjenige, der es anordnet und anleitet, denn ich bin das geistliche Haupt. Ich muss nicht alles selbst tun, aber ich habe es anzuleiten.
Bis jetzt habe ich keine einzige Ausnahme gesehen. Ich lasse die Möglichkeit noch im Raum stehen, dass es irgendwo sein könnte, dass die Frau diejenige ist, die das anregt, aber nicht die geistliche Leitung hat. Aber bis jetzt habe ich keine Ausnahme erlebt. Überall, wo ich war und die Frau diejenige war, die das Tischgebet angeregt hat, hatte sie eigentlich die ganze geistliche Initiative in der Familie selbst in der Hand.
Wo sind wir? Sind wir bereit, unseren Mann zu sein, in der Familie zu stehen und die geistliche Aufsicht auf uns zu nehmen und sie auch auszuführen?
Es ist nicht nur ein Problem der heutigen Zeit. Wie viele Leute waren am Fuß des Kreuzes? Und von welchem Geschlecht waren sie? Wir wissen von vielen Frauen, von einem Johannes und von sonst keinen Männern. Wir wissen, dass die Männer das Weite gesucht haben. Es waren die Frauen.
Im Laufe der Geschichte der Gemeinde Jesu waren es immer wieder Frauen, die in der Mehrzahl waren. Frauen, die oft heldenhaft den Glauben an Jesus Christus vertreten haben.
Ich rede so deutlich ich kann mit uns Männern und versuche, uns ins Gewissen zu reden, weil ich einer davon bin und weiß, wie schwierig es ist, auch ständig am Ball zu bleiben, was die geistliche Aufsicht anbelangt.
Was will eine geistliche Frau? Sie will einen geistlichen Aufseher haben, zu dem sie hinaufschauen kann und sagen kann: „Ich bin froh, dass ich ihn habe als geistlichen Aufseher. Dem kann ich gerne mein Leben anvertrauen. Dem folge ich gerne in der Leitung, weil ich sehe, wie er Christus nachfolgt. Er ist ein guter geistlicher Ehemann.“
Das ist der tiefe Wunsch im Herzen einer geistlichen Frau. Und wenn wir Männer in der geistlichen Leitung versagen, sollen wir uns nicht wundern, wenn unsere Frauen unglücklich werden.
Ich spreche zunächst einmal von der Leitung in der Ehe. Aber wir sprechen heute Abend auch über die geistliche Beeinflussung der Kinder. Es beginnt mit der Frage: Bin ich bereit, als Ehemann und Vater die Aufsicht zu wahren, die Zügel in die Hand zu nehmen und zu sagen: Es ist meine Aufsicht, es ist meine Verantwortung. Ich muss der Initiator sein. Ich muss nicht alles tun, aber der Initiator muss ich sein.
Geistliche Leitung in Familien mit ungläubigen Ehemännern
Nun möchte ich, bevor wir zum nächsten Punkt übergehen, kurz eine Frage ansprechen: Wie ist es, wenn der Ehemann nicht gläubig ist? Das kommt häufig vor. Es gibt viele Frauen, die zum Glauben gekommen sind, deren Ehemänner aber zu stolz sind, um zuzugeben, dass sie Gott brauchen.
Wer übernimmt in solchen Fällen die geistliche Leitung? Wer gibt den geistlichen Unterricht? Das ist ein sehr schwieriges Thema.
Die Frau sollte, wie wir es vor ein paar Tagen am Montagabend besprochen haben, mit einem stillen und sanften Geist ihren Glauben leben, ohne ständiges Zureden. Das bedeutet nicht, dass sie jeden Tag ihren Mann bittet: „Schatz, würdest du nicht endlich mal beten am Tisch?“ Sie sollte ihn nicht drängen, nörgeln oder versuchen, ihn in eine geistliche Leitung zu zwingen.
Wenn der Mann nicht gläubig ist, kann er das natürlich nicht leisten. Stattdessen soll die Frau lernen zu beten. Wenn sie zum Glauben kam, nachdem die Ehe geschlossen wurde, hat sie ein besonderes Vorrecht, auch für diesen Mann zu beten und zu erwarten, dass Gott an ihm wirkt.
Wenn der Herr Kinder schenkt, hat sie in der Familie eine große Aufgabe. Da sie die einzige Christin unter den Eltern ist, liegt es an ihr, diese Kinder geistlich zu unterrichten und anzuleiten.
An dieser Stelle möchte ich die Gemeinde als Ganzes ansprechen, besonders die geistlichen Männer. Wenn es Frauen gibt – sei es geschiedene Frauen oder Witwen –, die Kinder haben, aber keinen geistlichen Vater oder Mann, der sie anleitet, dann ist das eine Aufgabe für andere geistliche Männer in der Gemeinde. Sie sollten ein geistliches Vater- und Mannesbild für diese Kinder darstellen.
So haben die Kinder überhaupt ein Vorbild davon, wie ein geistlicher Mann in der Praxis aussieht, was er tut und wie er spricht. Denn wenn zu Hause der Vater nicht gläubig ist oder gar kein Vater vorhanden ist, fehlt diese Möglichkeit.
Ich sagte am Sonntag: Die Gemeinde ist im größeren Format das, was die Familie im kleineren Format ist. An vielen Orten ist die Familie die Gemeinde, denn es gibt keine anderen Gläubigen außer einer gläubigen Familie. Diese Familie ist dann die örtliche Gemeinde.
Jede Familie soll das in der Gemeinde bewahren. Wenn wir eine größere Gemeindefamilie sind, sollten die Männer in der Gemeinde ihre Köpfe zusammenschlagen und sich fragen: Gibt es hier Kinder, die ohne geistliche Aufsicht von Mannesseite aufwachsen? Wie können wir als geistliche Gemeinde diesen Kindern beistehen?
Das ist eine große Aufgabe für eine Gemeinde, die die Aufsicht über die aufwachsenden Kinder wahrnehmen will.
Das Ziel der geistlichen Beeinflussung
Zweitens: Was ist das Ziel dieser geistlichen Beeinflussung?
Es ist bewusst das Wort „Beeinflussung“ gewählt für dieses Thema und nicht nur „Lehre“ oder „Unterweisung“. Ich sage warum. Wir leben in der westlichen Welt mit einer Denkweise, die sehr geprägt ist von Griechenland. Die Griechen und Hebräer haben anders gedacht in Bezug auf Lehre.
Die Griechen wollten zunächst einmal die Theorie – jahrelang Theorie – und dann eventuell später die Praxis. Die Hebräer hingegen haben gesagt: Was du lernst, sollst du gleich tun. Was im Kopf geht, muss sofort ins Handeln umgesetzt werden; es muss gleich zur Praxis ausgelebt werden. Die Griechen legten die Betonung auf das Wissen.
Daher ist das Wort „Beeinflussung“ der Kinder gewählt, weil es nicht nur mit dem Kopfwissen zusammenhängt, sondern mit dem ganzen Paket unserer Beeinflussung der Kinder – mit unserem Leben und mit unserer Lehre.
Mein Ziel bei der geistlichen Beeinflussung meiner Kinder war erstens, sie so bald wie möglich zu Jesus Christus führen zu dürfen. Wir haben sehr früh, als unsere Kinder klein waren, das Wort „Jesus“ in ihren Wortschatz eingeführt. Wir haben uns sehr gefreut, als sie in einem Kinderbilderbuch, einer Bilderbibel oder Ähnlichem, Bilder sahen und den Finger darauf legten, nur das Wort „Jesus“ stammelten – so wie ein Kind das tut. Eine Identifikation mit der Person Jesu.
Daraufhin folgen die Geschichten, die seine Person beschreiben. Die Kinder werden vertraut mit seiner Person durch die Unterweisung, die wir als Eltern geben, um sie zu Christus zu führen. Dabei stehen wir missionarisch an der Arbeit mit unseren Kindern, wie es in Matthäus 28,19-20 heißt: Väter und Mütter sollen in die Welt gehen. Sie sind Empfänger dieses missionarischen Auftrags, ihre Kinder zu Jüngern Jesu zu machen, sie in der Jüngerschaft anzuleiten. Ziel ist, dass sie Nachfolger Jesu werden, getauft werden und gelehrt werden, alles zu halten, was Jesus befohlen hat.
In anderen Worten formuliert: Mein Ziel bei der Kindererziehung, geistlich gesprochen, ist das, was Paulus gesagt hat in Galater 4,19: „Meine Kindlein, um die ich abermals Geburtswehen leide, bis dass Christus in euch Gestalt gewinnt.“ Paulus sagt hier, dass er möchte, dass seine Kinder das Ebenbild Jesu in sich tragen. Ich möchte, dass sie Christus ähnlich werden, ihn kennenlernen und in sein Bild umgestaltet werden.
Das ist nämlich das Endziel Gottes bei der Errettung. Wir wurden zuvor bestimmt, dem Ebenbild seines Sohnes gleichgestaltet zu werden. Das ist eine leidenschaftliche Passion meines Herzens. Ich hoffe, es ist auch ein Endziel deines Lebens und ein tägliches Ziel, dass dein Leben umgestaltet wird – manchmal „schwäbisch umgekrempelt“ – in das Ebenbild Jesu.
Dass unser Reden, unser Denken und unser Handeln dem entspricht, was Jesus gedacht, gesprochen und getan hat. Oder vielleicht mit anderen Worten formuliert, wollen wir Epheser 4 aufschlagen, um es in einem etwas größeren Zusammenhang zu sehen. Man kann es verschiedentlich formulieren, aber das Thema oder Ziel ist in jedem Zusammenhang etwa gleich.
Epheser 4,11-16: „Und Gott hat gegeben etliche zu Aposteln, etliche zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, um die Heiligen zurechtzumachen für das Werk des Dienstes, zur Erbauung des Leibes Christi, bis dass wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, auch Kinder, und zum vollkommenen Manne werden, zur Masse der vollen Größe Christi.“
Ähnlich wie im Galaterbrief heißt es: Damit wir nicht mehr Unmündige seien, umhergeworfen und herumgetrieben von jedem Wind der Lehre durch die Spielerei der Menschen und durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, sondern dass wir wahrhaftig in der Liebe heranwachsen in allen Stücken in ihm, der das Haupt ist, Christus.
In diesem Zusammenhang ist das Ziel jeder Gabe, die der Herr der Gemeinde gegeben hat, dass alle zur Reife heranwachsen. Ich möchte, dass meine Kinder geistlich reif werden, dass sie stehen können.
Wenn meine Kinder unsere Wohnung verlassen, will ich, dass sie wissen, wie man täglich Gemeinschaft mit dem Herrn pflegt, wie man in Wahrheit und Liebe spricht, wie man persönliche, zwischenmenschliche Konflikte löst, was die biblische Lehre ist und wie sie biblische Lehre von falscher Lehre unterscheiden können – damit sie stehen können.
Natürlich werden sie nicht alles gelernt haben bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie unser Haus verlassen. Aber das ganze Gerüst, das ganze Fundament müsste da sein. Das bedeutet natürlich, dass man sehr, sehr viel mit den Kindern sprechen muss.
Wer hat die Verantwortung? Die Väter. Die Eltern natürlich. Wenn es keinen Vater gibt, der geistlich ist oder den Herrn kennt, dann ist es die Verantwortung der Mutter – auf jeden Fall die Verantwortung der Eltern. Aber zunächst einmal spreche ich die Väter an.
Was ist das Ziel? Geistliche Reife oder Christusähnlichkeit?
Praktische Umsetzung der geistlichen Beeinflussung
Drittens: Wie beeinflusst man die Kinder für Christus?
Erstens – und ich komme zurück zu dem, was ich gestern Abend sagte – geschieht dies durch das Vorbild, durch das, was gelebt wird. Durch mein eigenes Bibellesen, meine eigene Schriftkenntnis und mein eigenes Gebetsleben werden meine Kinder sehen, ob ich es ernst meine, wenn ich ihnen sage, was sie tun und was sie lassen sollen. Wenn ich das nicht tue, bin ich kein aufrichtiges Zeugnis dessen, was es bedeutet, ein glaubwürdiger Unterrichter zu sein.
Sie werden sagen: Du redest zwar davon, aber du lebst es nicht aus. Sie erkennen den Widerspruch und den Konflikt zwischen meiner Rede und meinem Handeln. Ich habe persönlich als Vater das Ziel, dass meine Kinder, wenn sie mich von der Kanzel oder im Schlafzimmer hören, immer dieselbe Person erleben. Mein Leben soll absolut transparent und durchsichtig sein für sie, damit sie sehen, dass ich ein aufrichtiger Christ bin.
Unser Vorbild spricht positiv über die Richtigkeit des Weges, den wir gehen, weil wir das leben, was wir glauben. Wir alle haben genügend Schreckensgeschichten gehört von Predigern, die es nicht ausgelebt haben. Deren Kinder sind oft ganz vom Glauben abgefallen, weil sie zu Hause das Gegenteil erlebt haben. Draußen wurde der Glaube fromm gelebt, doch zu Hause wurden die Kinder angeschrien, die Frau wurde nicht fair behandelt. Die Kinder beobachten das und sagen: „Papa hält schöne Predigten, aber zu Hause ist er nichts.“
Dass sie dann sagen, der christliche Glaube habe keinen wirksamen Inhalt, kann man verstehen – auch wenn sie nicht Recht haben. Wenn der Glaube aber nicht im Zeugnis, im Vorbild gelebt wird, darf man sich nicht wundern, wenn die Kinder den Eltern das nicht abnehmen.
Zum Vorbild gehört eine bewusste, positive Haltung. Wir sahen gestern Abend aus Sprüche 22,6: „Gewöhne einen Knaben an den Weg, den er gehen soll.“ Das heißt, ein positives Verlangen erwecken. Wir sagten gestern Abend, das bedeutet, den Glauben schmackhaft zu machen für unsere Kinder.
In vielen Familien gibt es Sonntagsbraten, hier im Schwabenland am Sonntag. In manchen Familien ist dieser Braten der „gebratene Prediger“ vom Sonntagmorgen oder die Predigt oder beides. Viele Eltern sind unweise, indem sie am Sonntagmittagstisch vor den Kindern die Predigt und den Prediger zerlegen, zerpflücken, kritisieren und runtermachen. Sie sollen sich nicht wundern, wenn die Kinder keine positive Haltung zur Gemeinde entwickeln. Sie sollen sich nicht wundern, wenn die Kinder nicht gern in den Jugendkreis gehen und kein Interesse an geistlichen Dingen haben.
Sie selbst haben durch ständige Kritik an einer leider noch unvollkommenen Gemeinde Negativismus eingeleitet. Aber es gibt keine anderen Gemeinden als unvollkommene, und es gibt keine anderen Prediger als unvollkommene Prediger. Gestern Abend dauerte die Predigt fast eineinhalb Stunden – das war eine Zumutung für alle. Und ich denke, wenn man nicht kritisiert hat, als man nach Hause ging, wäre das wunderlich gewesen. Es war zu lang, und manchmal gefällt eine Predigt eben nicht allen.
Ich lernte eine große Lektion von einem Freund in den USA, der in einem Singeteam diente und in vielen Gemeinden sang. Einmal wurde er bei einem Mittagessen in einer Gemeinde dabei ertappt, wie er den Prediger kritisierte. Der Familienvater unterbrach ihn mitten im Satz und sagte: „Junger Mann, an diesem Tisch wird der Prediger unserer Gemeinde nicht kritisiert. Ich bete, dass meine Söhne ein Verlangen haben, in den vollzeitlichen Dienst des Herrn zu gehen. Wir kritisieren hier weder den Pastor noch die Stelle des Pastors. Ich möchte, dass meine Kinder das tun wollen.“
Mein Freund schrumpfte zusammen, wollte unter den Tisch kriechen und aus dem Zimmer entkommen. Ihr könnt euch vorstellen, was für eine rügende Lektion das für den jungen Mann war.
Ich möchte euch das schwer ans Herz legen: Wir Eltern reden durch unser positives Reden über die Dinge des Herrn, über die Gemeinde Jesu und die Leitenden der Gemeinde. Wenn wir nicht voll übereinstimmen mit allem, was sie tun, beten wir für sie – öffentlich vor den Kindern und mit den Kindern. Aber wir kritisieren sie nicht vor den Kindern. Es sei denn, wir wollen, dass die Kinder den Geschmack für geistliche Dinge verlieren. Das geschieht im Nu, wenn wir anfangen, Kritik in ihr Herz zu legen.
Wie leiten wir sie an? Erstens durch unser Vorbild, zweitens durch unsere Lehre oder Unterweisung. Diese geschieht nicht nur durch das Gesprochene, das wir theoretisch über die Bibel wissen – über die Dreieinigkeit, die Trübsalszeit, die Entrückung der Gemeinde, den Antichristen oder die Pneumatologie. Ein dreijähriges Kind kann mit dem großen theologischen Begriff „Pneumatologie“ nichts anfangen – das ist die Lehre über den Heiligen Geist.
Aber wir müssen über den Geist sprechen und praktisch über alle biblischen Wahrheiten unterweisen. Wir haben mit unseren Kindern die ganze endzeitliche Lehre am Mittagstisch durchgenommen, Skizzen aufgestellt und alles Mögliche besprochen – über die Entrückung der Gemeinde, die Trübsalszeit und den Antichristen. So kommen wir ins Gespräch, damit sie es von uns hören – nicht nur von einer gelegentlichen Predigt, sondern am Mittagstisch oder Abendbrotstisch.
Wir sprechen über die Tauffrage, über die Gemeinde, über die Heiligung im Wandel und vieles mehr: Familie, Ehe, zwischenmenschliche Beziehungen – alles, was die Bibel dazu sagt. Wir sollen darüber reden und es auch in unseren Gewohnheiten zeigen, dass wir es tun.
Ich komme nochmals zurück auf die Harmonie zwischen unserem gelebten Leben und den Worten unserer Lippen. Sie müssen übereinstimmen, denn die Kinder lesen das ab. Wir beeinflussen sie durch das Gesprochene und durch das Gelebte.
Ich kann euch nicht sagen, wie stark ich selbst von meinen Eltern positiv beeinflusst wurde. Als ich klein war, waren meine Eltern noch nicht gläubig. Wir wohnten in einem Dorf mit 300 Einwohnern auf einem Indianerreservat. Ein gläubiger Lebensmittelgeschäftsbesitzer, der etwa 150 oder 200 Meter von meinem Vater entfernt war, lud meine Eltern zum Gottesdienst ein.
Meine Eltern begannen, uns Kinder in die Gemeinde zu schicken, und kamen später selbst zum Gottesdienst. Wir gingen zur Sonntagsschule, die in den USA für alle Altersstufen um neun oder viertel zehn beginnt, und danach ist der Gottesdienst. Meine Eltern kamen immer häufiger, vor allem mein Vater kam zum Glauben. Meine Mutter war in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen. Beide wurden in der Gemeinde aktiv.
Über fünfundzwanzig Jahre dienten meine Eltern in der Leitung der Jugendarbeit. Ich sah genau das, was ich vorhin zum geistlichen Vorbild sagte: Meine Eltern waren zu Hause so, wie sie woanders waren. Es war ein übereinstimmendes Vorbild.
Meine Eltern unterrichteten die Sonntagsschulklasse für die Jugend, und jeden Sonntagmorgen waren sie entweder mein Vater oder meine Mutter dran, zwanzig Jahre lang abwechselnd. Interessanterweise gab es in dieser Zeit viele Predigerwechsel, etwa alle zwei oder drei Jahre. Es war keine einfache Zeit für das Gemeindeleben, obwohl es ein kleines Dorf war.
Aus dieser Gemeinde aber stehen heute etwa 15 von uns – zwischen Alaska und Afrika – im vollzeitlichen Dienst des Herrn, überall zerstreut. Wie viel meine Eltern dazu beigetragen haben, weiß ich nicht; das überlasse ich dem Herrn. Aber ich weiß, wie viel sie bei mir bewirkt haben.
Die geistliche Beeinflussung geschah nicht nur durch das, was ich am Sonntagmorgen in der Sonntagsschulklasse hörte, sondern viel mehr durch das, was ich zu Hause sah.
Daher: gesprochen ja, über alles, jederzeit ja. Und das Ganze ausgelebt in Übereinstimmung von den Eltern. Ich hoffe, ich werde klar: Ich habe das heute Abend dreimal gesagt und wiederhole es bewusst, damit wir es hören, wie wichtig es ist, dass unser Zeugnis inhaltlich auch dem entspricht, was wir sagen.
Der Inhalt unserer Unterweisung soll alles umfassen, was der Herr befohlen hat. „Lehret sie alles halten“ – merkt wohl, das ist hebräisch und nicht griechisch gedacht. Es heißt nicht: „Lehret sie alles wissen, was ich euch befohlen habe“, sondern: „Lehret sie alles halten.“
Es geht nicht um eine Checkliste, ob sie Prüfungen in einem Jüngerschaftsprogramm abgeleistet haben und die richtigen Formeln aufsagen konnten. Sondern lehret sie, an der Lehre über den Geist, die Familie, die Gottheit Jesu, die Schöpfung und all den praktischen Auswirkungen für den täglichen Wandel festzuhalten.
Das bedeutet, Kinderbibeln zu verwenden, bei Jugendlichen Jüngerschaftsanleitungen zu machen, zum Beispiel mit den Navigatoren. Wir haben hier in Deutschland etwa zehn Jahre lang mit unseren Kindern jedes Jahr am Bible Memory Programm teilgenommen – also dem auswendig Lernen der Bibelverse. Das war ein großer Segen für uns alle. Ich empfehle das herzlichst.
Das Wort Gottes einzuschärfen und einzuprägen ist wichtig – auch für die Jugendlichen und Jüngeren unter uns. Wir, die wir etwas älter sind, können noch viele Dinge, die wir in der Schule auswendig gelernt haben, heute ohne Probleme aufsagen. Das, was heute auswendig gelernt wird, bleibt oft nicht so lange haften. Die Zeit zum Auswendiglernen ist jetzt.
Eine Frage stelle ich: Wenn eine verfolgende Regierung kommen sollte und wir die Bibel nicht mehr in der Hand hätten, wie viel hättest du gespeichert?
Als amerikanische Soldaten über Vietnam abgeschossen wurden und in Einzelhaft in Hanoi kamen, ist es interessant zu lesen, dass sie sich gegenseitig in den Zellen Bibelverse aus dem Gedächtnis holten. Der eine konnte ein Bruchstück, der andere ein bisschen mehr. So bastelten sie Verse zusammen, die sie sich für den Tag sagten. Am nächsten Tag wurden es fünfundzwanzig, dann dreißig, vierzig und fünfzig Bibelverse aus dem Gedächtnis.
Sie hatten nichts anderes als ihre Gedanken. Ihre stille Zeit war nicht mit einem Buch, Papier oder Druck, sondern mit dem aufgespeicherten Wort Gottes.
Lehret sie also alles halten. Dazu müssen sie es wissen und unterwiesen werden.
Biblische Beispiele für geistliche Erziehung und persönliche Glaubenserfahrungen
Abraham war ein Fremdling in Gerar und sprach von seiner Frau Sarah, dass sie seine Schwester sei. Daraufhin ließ Abimelech, der König von Gerar, Sarah holen. Die Geschichte ist bekannt: Abraham log zweimal darüber. Doch damit sind wir noch nicht fertig.
Schlagen wir das Kapitel 26 auf, um zu sehen, was der Sohn daraus gemacht hat. Kapitel 26 handelt vom Sohn der Verheißung, Isaak. In Vers 6 heißt es: „Also wohnte Isaak zu Gerar, und als die Leute desselben Ortes nach seiner Frau fragten, sprach er: Sie ist meine Schwester.“ Das klingt irgendwie vertraut. Wo hat er das gelernt? „Sie ist meine Schwester“, sagte er, weil er sich fürchtete zu sagen, sie sei seine Frau. Er dachte, die Leute an diesem Ort könnten ihn wegen seiner Frau töten, da sie sehr schön von Angesicht war.
Doch als er längere Zeit dort blieb, sah Abimelech, der Philisterkönig, durchs Fenster, dass Isaak scherzte mit seiner Frau Rebekka. Er wurde zornig. Woher hat Isaak das Lügen gelernt, besonders diese spezielle Lüge? Es war eine Schwäche des Vaters, die der Sohn übernommen hatte. Abraham begegnete später dem Herrn, und Gott änderte sein Leben.
Lesen wir Kapitel 32, Vers 24: Der Sohn Isaaks, Jakob, war von Charakter her ein Betrüger. Isaak hatte gelogen, und um das Erstgeburtsrecht zu erhalten, betrog Jakob seinen eigenen, lügenden Vater. Hier begegnet Jakob Gott persönlich. In 1. Mose 32,24 lesen wir: „Jakob aber blieb allein zurück, und da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Als dieser sah, dass er ihn nicht überwältigen konnte, schlug er ihn auf das Hüftgelenk, so dass Jakobs Hüftgelenk verrenkt wurde beim Ringen mit ihm. Der Mann sprach: ‚Lass mich gehen, denn die Morgenröte bricht an!‘ Jakob aber sprach: ‚Ich lasse dich nicht los, bis du mich segnest!‘ Da fragte er ihn: ‚Wie heißt du?‘ Er antwortete: ‚Jakob.‘ Darauf sprach er: ‚Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel, Gottes Kämpfer.‘“
Gott veränderte den Sohn durch eine persönliche Erfahrung. Warum haben gottesfürchtige Eltern oft gottlose Kinder? Weil sie ihre Kinder nicht in Situationen gebracht haben, in denen diese persönliche Glaubenserfahrungen machen konnten – Erfahrungen, die man an der eigenen Haut spürt.
Heute gibt es keinen Dritten Weltkrieg, die Bomben fallen nicht, aber wir können unsere Kinder dennoch in Lebenssituationen bringen, in denen sie persönliche Erfahrungen mit Gott machen. Situationen, in denen sie lernen zu beten, zu ringen und Zeugnis abzulegen. Es gibt Seminare, Freizeiten und Lebenssituationen, in denen man beten lernt, wenn man gefordert wird.
Eltern sollten ihre Kinder dahin bringen, dass sie geistlich gefordert werden – in den ersten Reihen sitzen, im Stuhl der Erfahrung. Ich kann nicht genug dazu ermutigen, dies in der Erziehung unserer Kinder zu tun.
Warnung vor negativen geistlichen Einflüssen
Ich möchte zum Schluss ein oder zwei Tipps geben. Nicht jeder geistliche Einfluss auf unsere Kinder ist gut. Das, was vom Fernseher – dem sogenannten Verblödungskasten – ausgestrahlt wird, ist in vielen Wohnzimmern nichts anderes als ein Abflussrohr für die Familie. Der Fernseher vermittelt eine bestimmte Lebenseinstellung. Ausgenommen sind natürlich einige gute Programme oder faire Reportagen, aber ansonsten ist die Denkweise, die vom Fernsehen geprägt wird, von Menschen bestimmt, die auf der Wellenlänge dieser Welt sind, aber nicht auf Gottes Wellenlänge. Und das ist nicht gut.
Wenn der Fernseher als Babysitter fungiert, ist das problematisch. Ich erinnere mich an einen Besuch bei einem Pastor in Ohio, in den Monaten vor unserer Ausreise nach Deutschland. Wir waren im Reisedienst. Ich kam ins Wohnzimmer und sah einen etwa siebenjährigen Jungen, der auf dem Boden saß, etwa eineinhalb Meter vom Fernseher entfernt. In dem Moment lief auf dem Bildschirm eine Szene ab: Ein Mann ging durch eine Tür, jemand saß auf einem Stuhl, und eine andere Person schlich sich von hinten mit einem großen Stock, einer Stange oder einem Rohr heran – ich weiß nicht genau, was es war – und schlug den sitzenden Mann auf den Kopf. Der kleine Junge saß da, mit offenem Mund, völlig regungslos. Diese Gewalttat hat sich tagelang in meinem Kopf festgesetzt. Was mich am meisten bewegte, war die Tatsache, dass der Junge davon völlig unberührt blieb.
Wir sollten unsere Kinder niemals abstumpfen lassen, wenn es um Gewalt oder Not geht. Die ständige Beeinflussung durch das Fernsehen ist natürlich vom Feind so gedacht, dass wir gegenüber dem Leid in unserer Umwelt abgestumpft werden. Wir sehen Gewalt ohne Erregung und denken: Ja, das ist nur im Film. Wenn dann aber Ähnliches in der Nachbarstraße passiert, reagieren wir nicht, weil wir es für eine Filmszene halten. So bewegen wir uns nicht, um die Not in unserer Umgebung zu lindern.
Ich bin überzeugt, dass viele Menschen nicht nur Zeit vor dem Fernseher vergeuden, sondern sich und ihre Familie durch das Gesehene negativ beeinflussen lassen. Sie haben kein Interesse und keine Zeit, sich der Not dieser Welt anzunehmen. Und wir Christen dürfen da nicht mitmachen. Ich will nicht sagen, dass ich grundsätzlich gegen Fernsehen bin – obwohl wir in unserer Ehe all die Jahre keinen Fernseher besaßen, obwohl uns fast ein halbes Dutzend Geräte kostenlos angeboten wurden. Wir sagten immer: Wir wollen keinen. Wir haben keine Zeit als Familie, uns hinzusetzen und fernzusehen. Wenn wir einen Fernseher hätten, würden wir natürlich Zeit dafür finden. Aber diese Zeit müsste von anderen Aufgaben abgezogen werden – vom Dienst an Menschen, vom Wort Gottes, von der stillen Zeit oder vom Dienst am Nächsten.
Daher möchte ich ganz klar darauf hinweisen: Wenn man einen Fernseher besitzt, muss man unbedingt darauf achten, dass er nicht die ganze Familie beherrscht und nicht frei über sie bestimmt. Das gilt ebenso für Zeitschriften. Alles, was ins Haus flattert, ist nicht unbedingt lesenswert. Anders gesagt: Alles, was ins Haus kommt, sollte mit sehr skeptischem Blick betrachtet werden, denn oft enthält es nichts Wertvolles.
Das Gleiche gilt für Musik. Im ersten Jahr hier erhielt ich von einer Jugendgruppe die Bitte um Hilfe bei der Klärung der heutigen Musik. Es war eine Jugendgruppe in einer Gemeinde im südlichen Deutschland. Ich denke, sie dachten, ich sei jung, und die Eltern in der Gemeinde hassten die heutige Musik. Endlich hätten sie jemanden, der beide Sprachen ein wenig kann und ihnen Aufklärung geben kann. So nahm ich einige Lieder vom österreichischen Rundfunk auf und übersetzte sie auf einer Freizeit Satz für Satz mit der Pausetaste. Die Jugendlichen waren total entsetzt über den Inhalt dieser Lieder.
Das war vor siebzehn Jahren. Seitdem ist die Moral in der Musik um ein Vielfaches gesunken. Was man heute in englischen Texten hört, ist oft nichts anderes als eine grobe Beschreibung von Geschlechtshandlungen. Viele sagen: „Ich verstehe da nichts.“ Doch hinter diesen Texten steht eine ganze Beeinflussungswelt. Nicht alles ist hörenswert, nicht alles erbauend. Die Schrift sagt: „Keine schlechte Rede gehe aus eurem Munde, sondern nur das, was dienlich ist zur Erbauung, dass es den Hörern Wohltue“ (Epheser 4).
Nicht jede Beeinflussung auf unsere Kinder darf wirken. In der Erziehung haben wir Eltern versucht, zwischen der Herdplatte und der Schaukel zu unterscheiden. Es gibt Schmerzen, die von der Schaukel kommen, und das ist gut. Ein Kind lernt durch Schmerzen, denn Schmerzempfänger sind Lehrer. Wenn ein Kind von der Schaukel fällt und ein bisschen weint, ist das nicht schlimm. Es lernt: Ich muss mich festhalten, beim nächsten Mal nicht so wild spielen, und wird dadurch weise.
Wenn ich aber mein Kind an die Herdplatte lasse, dann ist es lebenslang an der Stelle verbrannt, eventuell vernarbt. Wenn ich sehe, dass ein kleines Kind die Gefahr nicht einschätzen kann, muss ich als Vater oder wir als Eltern eingreifen, stoppen und Nein sagen. Wenn das Kind fragt: „Warum?“ dann sollte man so weit wie möglich erklären. Manchmal kann man nicht erklären, dann muss man sagen: „Es geht nicht.“ Natürlich gilt es in dem Moment, so weit es geht, ein besseres Angebot zu machen – einen Ausgleich, damit das Kind nicht ständig das vermisst, was es nicht bekommt.
Ermutigung und Abschlussgebet
Die geistliche Beeinflussung der Schätze, die der Herr uns anvertraut hat, ist eine lebenslange Aufgabe. Heute habe ich mich hingesetzt und meinen Eltern erneut einen Dankesbrief geschrieben. In diesen Tagen, in denen ich an sie erinnert werde, bin ich dankbar.
Beide haben einen längeren Brief geschrieben, den ich heute gelesen habe. Dabei habe ich noch einmal gesagt: Ich bin euch so dankbar für eure gute Beeinflussung in meinem Leben, für die Grenzen, die ihr gesetzt habt, und für die guten Wege, auf die ihr uns geleitet habt.
Ich denke, jeder von uns darf mit Gottes Hilfe an diese Aufgabe herangehen – mit Zuversicht, mit Mut, mit Vertrauen und im Gebet. Wie ich gestern Abend sagte, bewirkt der Herr Unwahrscheinliches in unseren Kindern. Das ist seine große Aufgabe. Aber eine große Freude entsteht, wenn wir sie zu seiner Verherrlichung und in seiner Kraft ausführen.
Wir beten zusammen:
Vater im Himmel, ich danke dir im Namen Jesu für die Aufgabe, die du uns gegeben hast, für die Verantwortung, die du uns Menschen anvertraut hast, und für die Tage der Weltgeschichte, in denen wir leben.
Vater im Himmel, wir Eltern werden es nie vollkommen machen. Wir werden immer Fehler machen, immer versagen und immer wieder die Not haben, dir und unseren Mitmenschen zu bekennen – gelegentlich auch unseren Ehepartnern und Kindern –, dass wir versagt haben. Aber bei dir gibt es immer einen neuen Anfang.
Ich bitte dich im Namen Jesu, dass du uns nicht nur hilfst, mit dem Kopf zu begreifen, was dein Wort von uns verlangt, sondern dass wir es auch mit unserem Willen bejahen und danach handeln. Danke für deine Hilfe dabei.
Und wir wollen allein dich verherrlichen in allem, was wir tun. In Jesu Namen, Amen.