Dankbarkeit für Gottes Wort und Einführung ins Thema
Herr Präsident im Himmel, wir wollen dir dafür danken, dass wir uns mit deinem Wort beschäftigen dürfen. Das ist ein großes Vorrecht, wenn wir bedenken, wie viele geistliche Strömungen es in dieser Welt gibt. Es ist nicht einfach, in einem christlichen Kontext die Wahrheit zu erkennen. Es ist gar nicht so leicht, gerettet zu werden. Es gibt so viele Möglichkeiten, dich zu verpassen, obwohl du uns dein Wort gegeben hast.
Wir wollen dir danken, dass das Evangelium in seiner Klarheit irgendwann in unser Leben eingetreten ist. Wir durften es verstehen, annehmen, glauben und gerettet werden. Wir wollen dir wirklich von Herzen für dein Wort danken. Es gibt wahrscheinlich wenig, Herr, das wertvoller ist in unserem Leben als das, was du uns gesagt hast. Amen.
Ja, also, ich habe vor kurzem einen Vortrag gehalten. Dabei ging es um 13 Dinge, die du tun musst, damit dein Leben garantiert misslingt. Ihr könnt euch das mal anhören. Es war pure Ironie, eine ganze Predigt lang. Sie war auch nicht besonders lang. Ich glaube, die wenigsten meiner Zuhörer haben sie verstanden. Man ist nicht gewohnt, bei jedem Punkt immer umzudenken.
Man ist nicht gewohnt, dass jemand von vornherein etwas sagt, was er überhaupt nicht so meint. Er meint genau das Gegenteil von dem, was er sagt. Ich dachte mir, ob wir das hier vielleicht auch mal so ein bisschen probieren.
Wege, um das Heil zu verfehlen – eine ironische Betrachtung
Wir wissen jetzt, was man definitiv tun muss, wenn man sagt: „Ich möchte im Himmel nicht ankommen.“
Wenn du dir fest vorgenommen hast, an einer Stelle nicht zu sein, wenn du nicht aus Versehen gläubig werden möchtest und nicht am Ende in der Ewigkeit bei Gott sein willst, dann wissen wir jetzt anhand des ersten Johannesbriefs, was du tun musst.
Punkt eins: Du musst deine Sünde verstecken. Du darfst bloß nicht zu deiner Sünde stehen. Das wäre wirklich ein großer Fehler, wenn du in den Himmel willst. Sich in das Licht Gottes zu stellen und zu sagen: „Oh, ich möchte sündelos werden“ – auf keinen Fall! Behalte die Sünde unbedingt für dich.
Zweiter Punkt: Nimm dir bloß Jesus nicht zum Vorbild. Also so zu wandeln, wie Jesus gewandelt ist, das geht gar nicht. Wenn du in die Hölle willst, musst du ganz anders leben. Bloß nicht so wie Jesus.
Dritter Punkt: Wenn irgendeiner kommt und dich zur Heiligung ermutigt, dann mach genau das Gegenteil von dem, was in der Zeitung steht. Du gehst raus in den Vorraum, holst dir den Fokus, schaust, wie man leben soll – das ist dein Vorbild, bloß nicht die Bibel, pass auf! Du musst dich voll und ganz an das verlieren, was diese Welt hergibt.
Wenn du anfängst, nach geistlichen Dingen zu streben und über das nachzudenken, was oben ist, bei Jesus – aha, böser Fehler! Bloß nicht machen.
Nächster Punkt: Wenn du irgendwann mal in der Kinderstunde etwas gehört hast, zum Beispiel, dass Gottes Liebe groß ist oder Gottes Gnade groß ist – diese Basics des Glaubens –, dann vergiss sie so schnell du kannst. Bloß über Bord werfen und diese Anfangsgründe, diese Grundlagen nicht ernst nehmen.
Wie gesagt, wenn du das tust, besteht die große Gefahr, dass du am Ende im Himmel landest. Da willst du ja aber nicht hin. Verstanden?
Ich kann das noch ein bisschen aufmotzen, was wir gestern gesehen haben: Wenn du dir ein Vorbild suchst, wen nimmst du dir zum Vorbild? Nicht Abel, okay? Kein Vorbild für dich.
Und wenn du jemandem hinterherläufst, wenn du jemanden brauchst, der so dein Guru wird, was darf der nicht behaupten? Dass Jesus Gott im Fleisch ist. Du brauchst auf alle Fälle jemanden, der etwas anderes sagt. Ja, dann bist du gut auf dem Weg.
Und wenn du dann noch deine Augen verschließt vor den Nöten der Geschwister – also wenn irgendeiner kommt und sagt: „Ey, ich bräuchte mal Umzugshilfe“ oder „Hast du mal einen Euro?“ –, dann sagst du: „Nee.“
Wenn du all das tust, dann bist du richtig gut unterwegs Richtung Hölle. Das ist so das ACDC-Konzept: Highway to Hell.
Für alle anderen machen wir weiter im ersten Johannesbrief.
Einführung in den ersten Johannesbrief und seine Struktur
Also, 1. Johannes: Ich möchte heute gerne 1. Johannes Kapitel 4, Vers 7 bis Kapitel 5, Vers 4 behandeln. Das ist immer noch im Rahmen der Jahreswechselfreizeit 2017/2018, 1. Johannesbrief.
Ich hatte euch bereits eine grobe Einteilung für den 1. Johannesbrief gegeben. Ich sagte, es gibt vielleicht zwei große Blöcke. Der erste Block umfasst 1. Johannes 1,5 bis 2,28 und trägt den Titel „Das Leben im Licht“. Der zweite Block reicht von 1. Johannes 2,29 bis 5,13 und heißt „Das Leben als Kinder Gottes“. Das ist eine grobe Strukturierung.
Wenn ihr diese Einteilung nicht genau so seht wie ich, kann ich gut damit leben. Ich glaube nämlich, dass Johannes im ersten Johannesbrief kein Strukturmensch ist. Sein Brief funktioniert eher so, dass er bestimmte Punkte so lange erklärt, bis auch der Letzte versteht: „Aha, das muss ich tun.“
Deshalb hatte ich am Anfang vier Bedingungen genannt: Sei, gib die Sünde auf, sei gehorsam, liebe nicht die Welt und bewahre den Glauben. Diese vier Bedingungen kann ich auch im zweiten Block wiederfinden. Dort hatten wir schon: gib die Sünde auf, sei gehorsam und liebe nicht die Welt.
Bevor jedoch der Teil „bewahre den Glauben“ kommt, gibt es hier einen Einschub – eine Bedingung, die wir im ersten Block nicht finden. Ich habe diesen Einschub mit „Sei liebevoll“ überschrieben.
Die Bedeutung der Liebe als Kennzeichen des Glaubens
Geliebte, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott (1. Johannes 4,7).
Wenn man diesen Vers liest, stellt sich unwillkürlich die Frage: Aber halt, ungläubige Menschen können doch auch lieben. Sogar der Herr Jesus sagt über die Ungläubigen: „Ihr, die ihr böse seid, wisst euren Kindern gute Gaben zu geben.“ Das bedeutet, auch Ungläubige können liebevoll sein und oft liebevoll mit anderen Menschen umgehen.
Wie kann es dann sein, dass hier steht: „Jeder, der liebt, ist aus Gott geboren“? Ja, auch der Ungläubige kann lieben, aber er ist deshalb noch nicht aus Gott geboren. Denn zu dieser Liebe gehört eine zweite Bedingung, die wir bereits kennen und die Johannes immer hinzufügt.
Für Johannes gehören immer zwei Dinge zusammen: Erstens, dass wir an Jesus glauben, und zweitens, dass wir die Geschwister lieben. Im Text setzt Johannes hier voraus, dass er zu Menschen spricht, die dieses Doppelgebot zur einen Hälfte bereits beherzigt haben, nämlich an Jesus glauben.
Wenn du an Jesus glaubst, dann gilt: Du kannst erkennen, dass du aus Gott geboren bist, wenn du nicht nur an Jesus glaubst, sondern tatsächlich auch anfängst, so zu leben, wie Gott gelebt hat. Und wenn Gott Liebe ist, was wir gleich lesen werden, dann ist deine Liebe als Folge deines Glaubens ein Ausdruck für die Echtheit deiner Bekehrung. Darum geht es Johannes.
Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt. Das gilt ganz grundsätzlich. Ein Mensch, der keine Liebe lebt, kennt auch Gott nicht. „Erkennen“ ist hier im Sinne von Beziehung gemeint. Er hat nicht verstanden, worum es Gott geht, denn Gott ist Liebe.
Die Spannung im Wesen Gottes: Liebe und Gericht
Dieser Vers „Gott ist Liebe“ ist einer, den man leicht missverstehen kann. Besonders in Vers 16 wird noch einmal betont: „Gott ist Liebe“. Oft wird dieser Satz heute so verstanden, dass Gott nur Liebe sei. Das steht hier aber nicht. Es heißt schlicht: „Gott ist Liebe.“
Es ist wichtig, wenn wir über die Liebe Gottes oder über „Gott ist Liebe“ nachdenken, verschiedene Aspekte zu verstehen. Was bedeutet das eigentlich? Wenn hier steht „Gott ist Liebe“, dann heißt das, dass Gott ein lebendiger, persönlicher und aktiver Gott ist, der tatsächlich liebt. Gott möchte als ein Gott der Liebe ein liebendes Gegenüber in meinem Leben sein. Und das ist er auch.
Er liebt sogar die Menschen, die nicht gläubig sind. Jesus sagt es so schön: Er lässt die Sonne aufgehen über Gerechte und Ungerechte. Du kannst Gott nicht davon abhalten, dich zu lieben, dich zu suchen und dich zu gewinnen. Du kannst dein Herz vor seiner Liebe verschließen, aber du kannst nicht bewirken, dass er dich nicht liebt.
Das Problem, und das hängt mit unserem Gottesbild zusammen, ist die Frage: Wie verhält sich „Gott ist Liebe“ zu anderen Aussagen über Gott? Im Neuen Testament lesen wir an anderer Stelle, dass Gott Licht ist oder Geist. Im Hebräerbrief heißt es sogar, Gott sei ein verzehrendes Feuer. Man merkt schon, dass es nicht sein kann, einfach nur zu sagen „Gott ist Liebe“ im Sinne von „Gott ist nur Liebe“. So als wäre der innere Kern Gottes Liebe und alles andere müsste sich daran anpassen. Das stimmt nicht.
Spannend ist, wie in der gesamten Bibel das Verhältnis Gottes zum Sünder beschrieben wird. Dabei werden zwei Dinge über Gott gesagt: Zum einen liebt Gott den Sünder. So heißt es: „So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eigenen Sohn gab.“ Zum anderen – und das wird weniger gerne betont, ist aber genauso wahr – hasst Gott den Sünder. Eine klare Stelle dazu ist Psalm 11, Vers 5, wo es explizit heißt, dass Gott den Sünder hasst.
Viele denken jetzt: Gott hasst die Sünde, aber den Sünder liebt er. Das ist eine sehr vereinfachte Theologie, die leider nicht der ganzen Wahrheit entspricht. Die Wahrheit ist: Gott hasst den Sünder, weil er sündigt. Gleichzeitig liebt er aber den Sünder.
Also steht derselbe Gott mit seinem Zorn hundertprozentig gegen den, der sündigt, und ist bereit, einen Menschen für seine Sünde zu verdammen. Gleichzeitig steht er hundertprozentig in Liebe zu dem Sünder, der verloren geht. Er wirft sich in Form seines Sohnes zwischen den Sünder und seine Schuld und versucht, ihn zu retten.
Für uns ist diese Spannung fast nicht auszuhalten. Mir geht es so, wenn ich darüber nachdenke, wie ich das in meinem Kopf zusammenbringen soll: Gott ist im Kern auf der einen Seite hundertprozentig Liebe – „Gott ist Liebe“. Gleichzeitig ist Gott, und ich bleibe bei dem Bild aus Hebräer 12,29, ein verzehrendes Feuer. Gott ist Heiligkeit und Gericht.
Diese beiden Dinge bilden den Kern Gottes, sein inneres Wesen. Ob man das zusammenbringt, ist nicht leicht. Mir fällt das manchmal schwer. Ich wäre froh, wenn Gott nur Liebe wäre, aber ich weiß, dass dem nicht so ist. Und ich bin dankbar, dass Gott nicht nur Zorn ist, denn er hätte jedes Recht, genau das zu sein.
Die Bibel beschreibt Gott doppelt. Johannes legt hier die Betonung auf den Aspekt, dass Gott Liebe ist. Das ist der Teil Gottes, den wir als Gläubige nachahmen dürfen. Was wir nicht tun dürfen, ist, wenn Gott sagt „Mein ist die Rache“, zu sagen: „Super, jetzt sind wir Kinder Gottes, dann ist auch mein die Rache.“ Das gilt nicht.
Der wichtigste Aspekt im Charakter Gottes ist hier, dass er Liebe ist. Das muss sich in meinem Leben widerspiegeln. Aber der Gedanke, Gott sei nur Liebe, ist problematisch. Gerade in unseren freien Gemeinden kommt derzeit eine Welle der sogenannten Allversöhnung auf, die sich breitmacht.
Vielleicht habt ihr schon von dem Buch „Die Hütte“ gehört. Der Autor hat jetzt ein neues Buch geschrieben mit dem Titel „Lügen, die wir über Gott glauben“. Ich möchte an dieser Stelle vor diesem Buch warnen. Es ist reine Esoterik in christlichem Gewand.
Das Buch nimmt genau eine solche Stelle und behauptet: Wenn Gott nur Liebe ist, dann sind am Ende doch alle gerettet. Ein Gott, der nur Liebe ist, ohne Heiligkeit, Zorn oder Sinn für Gerechtigkeit, müsste am Ende alle in den Himmel lassen. Das klingt logisch, aber es stimmt nicht.
Wenn wir nicht aufpassen und ein falsches Gottesbild entwickeln, in dem Gott nur Liebe ist, landen wir theologisch irgendwann in Strömungen, die uns von dem Gott wegführen, der sich in der Bibel offenbart hat. Deshalb ist hier Vorsicht geboten.
Genauso falsch wäre es, den Vers „Gott ist Liebe“ umzudrehen und zu sagen: „Liebe ist Gott.“ Das wäre Esoterik. So, als würden wir Gott begegnen, wenn wir der Liebe begegnen. Nein, das ist nicht so. Wir bleiben bei dem, was hier steht: „Gott ist Liebe.“
Johannes will mit dieser Aussage klar machen: Woran erkennt man die Liebe Gottes? Was macht Gottes Liebe so besonders?
Die Offenbarung der Liebe Gottes im Kreuz
Vers 9: Hierin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten.
Das Wort "eingeboren" ist ein etwas ungewöhnlicher Begriff. Macht euch eine kleine Notiz dazu: "einzigartig" wäre eine schönere und verständlichere Übersetzung. Denn im Wort "eingeboren" steckt das Wort "geboren" und damit die Idee der Abstammung. Das hat das griechische Wort eigentlich gar nicht im Vordergrund. Es geht vielmehr darum, dass der einzigartige Sohn Gottes, der den Vater auf eine einzigartige, nämlich vollkommene Weise in dieser Welt widerspiegelt, in die Welt gesandt wurde – also auf diesen Planeten –, damit wir durch ihn leben möchten.
Hierin wird die Liebe definiert. Johannes stellt klar, dass es nicht darum geht, dass wir Gott geliebt haben. Die Liebe, die Johannes in unserem Leben sehen will, ist eine Liebe, die ihren Ursprung nicht in unserer Liebesfähigkeit findet, sondern darin, dass Gott uns geliebt hat und seinen Sohn als Sühnung für unsere Sünden gesandt hat.
Falls du dich fragst, wo Gott dich geliebt hat – vielleicht ist das ein Punkt in deinem Leben, der ab und zu aufkommt – und du dich fragst: "Hat Gott mich eigentlich lieb?" – dann ist das eine wichtige Frage. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr gemeinsam das Buch Maleachi studieren. Die Frage "Hat Gott mich lieb?" ist nämlich die Frage, mit der das Buch Maleachi beginnt. Die Israeliten zur Zeit von Maleachi geben sich selbst eine falsche Antwort darauf, und darauf baut eine ganze Menge falsches Leben auf.
Das kann auch in unserem Leben so sein, dass wir auf die Frage "Hat Gott mich lieb?" nicht sofort mit "Ja" antworten können. Vielleicht stecken wir gerade in einer Lebenssituation, die uns das nicht greifbar macht. Es gibt solche Momente, die von tiefer Düsternis geprägt sind, vielleicht sogar von einem Gefühl der Verlorenheit und Einsamkeit.
Ich sage das mal ein bisschen provokant: Gott lässt solche Zeiten in unserem Leben zu, in denen wir den Eindruck haben, er zieht sich zurück, in denen wir den Eindruck haben, der Himmel sei verschlossen. Solche Zustände erleben wir auch bei Gläubigen im Alten Testament, wenn wir die Psalmen lesen. Die Psalmen sind nicht immer so wie Psalm 150, der voll von Lobpreis ist.
Es gibt Psalmen, die ganz anders sind. Lest euch mal Psalm 88 durch – aber nicht, wenn ihr gerade depressiv seid. Denn der Verfasser beschreibt darin so tiefes Elend, dass er eigentlich nur noch schildert, wie schlecht es ihm geht. Wenn man Psalm 88 ein paar Mal liest, hofft man, dass am Ende wenigstens ein positiver Satz kommt, ein Lichtblick. Aber der Psalm endet ohne Hoffnung, der Verfasser bleibt fertig. Man denkt: Das kann es doch nicht geben. Doch solche Momente gibt es.
Deshalb kann es Momente geben, in denen du dir die Frage stellst: "Hat Gott mich lieb?" – und in denen es vielleicht keine greifbare, gegenwärtige Erfahrung gibt, an der du die Liebe Gottes für dich ad hoc festmachen könntest.
Wenn das so ist, dann ist dieser Text hier dein Text. Denn die Liebe Gottes hat sich gezeigt darin, dass er seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden.
Wenn du jemals an der Liebe Gottes zweifelst, dann tue, was Maleachi seinen israelischen Genossen empfiehlt: einen Blick zurück. Schau dir die Geschichte Gottes mit deinem Leben an und sieh, was Gott in deiner Biografie getan hat. Er hat in dein Leben jemanden geschickt.
Wenn du nicht mehr an die Liebe Gottes glauben kannst, dann nimm dir Zeit, über das Kreuz nachzudenken. An keiner Stelle der Geschichte wird die Liebe Gottes für dich in deinem Leben greifbarer, tiefer und existenzieller als dort, wo er am Kreuz für deine Schuld hängt und Sühnung tut.
Das ist ein wichtiger seelsorgerlicher Punkt: Wenn du tief unten bist und nicht mehr glauben kannst, dass Gott dich liebt, dann nimm dir Zeit, über das Kreuz nachzudenken. Vielleicht kannst du nicht mehr weiterdenken, vielleicht reicht es emotional nicht mehr für mehr Gedanken. Aber mach das und genieße das Wissen und die Erkenntnis der Liebe Gottes, die sich am Kreuz offenbart.
Die Verpflichtung zur Liebe untereinander als Folge der Gottesliebe
Und wenn du das hast, wenn du verstehst, dass Gott mich liebt – wir hatten das gestern in der Fragerunde mit einem Bruder, Kevin war sein Name, oder? Du hast es, glaube ich, ja genau. Also, wenn ich das greifen kann, und wenn ich es auch nur ein bisschen greifen kann, dass Gott mich so sehr liebt, wie meine persönliche Emotionalität oder die Fähigkeit meiner Seele, Liebe zu erfassen, es eben fassen kann.
Wenn ich das habe, dann folgt etwas daraus. Denn wenn ich von Gott geliebt bin, dann darf ich das, was Gott mir schenkt, an andere weitergeben. Vers 11: Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, sind auch wir schuldig, einander zu lieben. Ihr merkt wieder diesen Begriff des Schuldigseins, der logischen Konsequenz.
Es ist heilslogisch, dass wenn ich von Gott geliebt werde und Gott seine Liebe in mein Leben ausgegossen hat, dann wird der, der von neuem geboren ist und den rettenden Glauben hat, zu einer Art Durchlauferhitzer für diese Liebe. Da fließt nicht nur etwas hinein und bleibt dann bei mir stecken wie ein verstopftes Klo, das irgendwann überläuft, sondern es fließt durch und wird heiß an meine Umgebung abgegeben.
Der Geist Gottes ist ein Geist Gottes, der in mir eine Quelle sein will – eine Quelle, aus der Wasser zum ewigen Leben herausströmt. Versteht ihr? Gott gibt sein ewiges Leben in mir hinein, und es blubbert aus mir heraus. Er gibt mir Liebe, und sie darf aus mir herausfließen.
Warum? Weil Leben in mir drin ist. Das ist das Besondere. Sein Leben und Leben multipliziert sich, Leben wächst, Leben will befruchten und an anderer Stelle neues Leben hervorbringen. Und das ist der Aspekt, den Johannes hier im Blick auf Gottes Liebe betont.
Die unsichtbare Gegenwart Gottes durch gelebte Liebe
Und es geht jetzt noch ein Stück weiter. Wir kommen in einen Bereich, der ganz spannend ist: Wie verhält sich die Liebe Gottes – also meine Liebe zu Gott – zu meiner Liebe zu den Menschen? Wie stehen diese zueinander?
Niemand hat Gott jemals gesehen. Das gilt heute, wie wir aus 1. Johannes 3,2 wissen, wird sich in der Ewigkeit ändern. Aber aktuell gilt: Niemand hat Gott jemals gesehen. Deshalb sollte man ruhig bleiben, wenn Leute sagen, ihnen sei Gott in einer Vision begegnet. Niemand hat Gott jemals gesehen.
An den wenigen Stellen, an denen der Herr Jesus Menschen nach der Auferstehung begegnet, wie im Johannes-Evangelium, fallen diese oft wie tot zu Boden. Man muss also vorsichtig sein, wenn man sich jetzt schon wünscht, Gott zu begegnen. Niemand hat Gott jemals gesehen.
Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns. Auf der einen Seite können wir Gott nicht sehen, aber wir können etwas anderes tun: Wir können seinen Charakter imitieren. Indem wir seinen Charakter nachahmen, erleben wir den Gott, den wir nicht sehen können, in uns.
Ich sehe ihn also immer noch nicht, aber sein Charakter entwickelt sich in mir. Der Geist Gottes prägt den Charakter Gottes, besonders seine Fähigkeit zu lieben, in meinem Charakter.
In 2. Korinther 3,18 heißt es: „Wir alle schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden so verwandelt.“ Wir bleiben nicht so, wie wir sind. Indem wir die Herrlichkeit des Herrn, seinen Charakter, anschauen, werden wir verwandelt – in dasselbe Bild, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit. Das geschieht durch den Herrn, den Geist.
Der Heilige Geist verwandelt mich, indem ich mich mit dem Herrn Jesus beschäftige – in den Herrn Jesus. Ich schaue mir seinen Charakter an, wie er geliebt hat. Und der Geist Gottes bewirkt, dass ich ihm immer ähnlicher werde, wenn ich das will.
Das ist kein Automatismus, der einfach passiert, ohne dass ich es will. Aber wenn ich sage: „Ich will das. Ich möchte verändert werden. Herr, hier bin ich, nimm mich, verwandle mich“, dann wird Gott das tun – und zwar Gott, der Geist.
Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns. Wir erleben Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet. Wenn wir einander lieben, ist die Liebe Gottes – die göttliche Liebe – in uns, und vollendet bedeutet: zur Reife gebracht.
Wir sind reife Gläubige in dem Maß, wie Gottes Liebe in uns praktisch gelebt wird.
Heilsgewissheit durch Geist, Bekenntnis und Liebe
Nun ein paar Gedanken zum Thema Heilsgewissheit, basierend auf den nächsten Versen. Oft stellt sich die Frage: Woher weiß ich, dass ich gerettet bin? Der gesamte erste Johannesbrief gibt uns dazu wichtige Hinweise. Hier sind nur wenige Verse, eigentlich nur vier, in denen drei Punkte genannt werden, an denen wir unsere Heilsgewissheit festmachen können.
An diesen Punkten erkennen wir, dass wir in ihm bleiben. Also: Woher weiß ich, dass ich in einer lebendigen Beziehung mit Gott lebe und gläubig bin?
Erstens erkennen wir es daran, dass er uns seinen Geist gegeben hat. Das kennen wir schon aus Kapitel 2. Wir haben den Geist Gottes, der uns von Anfang an überführt von Sünde, Gerechtigkeit und Gericht. Wenn wir Buße tun, auf die Knie gehen und sagen: „Herr, ich möchte von Neuem geboren werden“, vollzieht dieser Geist in uns die Wiedergeburt, sodass wir neue Menschen werden. Er legt in uns Zeugnis ab, dass wir tatsächlich Kinder Gottes sind. Das ist das Wirken des Heiligen Geistes, der in dir ist und ruft: „Vater!“ Das hatten wir schon.
Zweitens haben wir gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn als Heiland der Welt gesandt hat. Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott. Der erste Punkt ist also: Du hast den Heiligen Geist. Ich hoffe, dass du diesen Geist der Kraft, der Liebe, der Transformation und der Beziehung zum Herrn spüren kannst. Ich hoffe, du erlebst, dass wirklich Veränderung in deinem Leben geschieht.
Der zweite Punkt ist unser Zeugnis: Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, wer an diesen grundlegenden Wahrheiten festhält und sagt: Ja, es gibt den eingeborenen, einzigartigen Sohn Gottes. Gott wurde Fleisch und kam in der Person Jesu Christi auf die Welt. Er predigte hier das Evangelium und starb für meine Schuld. Wer das bezeugt, in dem bleibt Gott.
Wenn du jetzt sagst: „Ich weiß nicht mehr genau, was ich glaube“, ist das ein heikler Punkt. Aber wenn du sagst: „Ja, das glaube ich!“, und zwar nicht nur irgendwie, sondern du hast es durchdacht und bist fest davon überzeugt, dann ist das wunderbar.
Drittens haben wir erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Der Grund für Bekehrung ist, dass ich Gottes Liebe glauben kann. Wenn ich etwas glaube, dann vertraue ich darauf. Ich glaube an das, was ich erkannt habe. Wenn ich am Kreuz jemanden hängen sehe, erkenne ich darin einen Ausdruck von Liebe. Ich glaube nicht nur daran, sondern vertraue darauf, dass dieser Ausdruck von Liebe mir gilt. Weil er dort hängt und mich liebt, kann ich gerettet werden. Er hängt dort für meine Schuld.
Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe. Und jetzt kommt es: Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.
Heilsgewissheit entsteht also dadurch, dass ich erstens weiß, ich habe den Heiligen Geist. Zweitens bleibe ich bei dem klaren Zeugnis: Jesus ist der Sohn Gottes. Drittens schaue ich mein Leben an und merke, dass ich Stück für Stück mehr Interesse daran gewinne, Menschen zu lieben und ihnen Gutes zu tun. Da ist etwas Neues in mir, etwas Göttliches, etwas von dem, was der Mann am Kreuz an Liebe ausstrahlt, ist in mich hineingekommen.
Ich habe plötzlich Interesse an anderen Menschen. Ich möchte ihnen dienen und helfen. Wo das der Fall ist, verlieren wir alle Angst vor dem zukünftigen Gericht.
Die Liebe als Grundlage für Freimütigkeit am Tag des Gerichts
Da heißt es in Vers 17: „Hierin ist die Liebe bei uns vollendet worden.“ Das bedeutet, dass die Liebe bei uns so vollendet ist, weil wir reife Gläubige sind, die in Gottes Sinn leben.
Hierin ist die Liebe bei uns vollendet worden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts. Wenn du über das Gericht nachdenkst, habe ich vorhin gesagt: Gott ist Liebe. Aber Johannes betont auch, dass es ein Gericht gibt. Auch wenn wir sagen: Gott ist Liebe, könnten wir genauso gut sagen: Gott ist Heiligkeit. Ein heiliger Gott wird alles Unheilige, alles Ungerechte und alles Boshafte richten.
An verschiedenen Stellen der Bibel finden wir Beispiele dafür. Am Ende des Buches Prediger heißt es zum Beispiel in Prediger 12: „Das Endergebnis des Ganzen: Lasst uns hören, fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das soll jeder Mensch tun, beziehungsweise das ist der ganze Mensch. Denn Gott wird jedes Werk, sei es gut oder böse, in ein Gericht über alles Verborgene bringen.“
Wir kommen um dieses Gericht nicht herum – es sei denn, wir werden gläubig. Johannes Kapitel 5, Vers 24 macht ganz deutlich, dass der, der glaubt, nicht ins Gericht kommt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht.“
Das ist ein sehr wichtiger Vers, Johannes 5, Vers 24. Warum steht da immer wieder „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch“? Weil dieser Vers eine zentrale Botschaft enthält: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, denn er ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.
Das ist ein ganz, ganz wichtiger Vers. Denn immer wieder wirst du auf Leute treffen, die die Idee haben: Im Leben weiß man nicht so genau, man muss halt ein bisschen leben und gute Werke tun. Am Ende kommt man dann in ein Gericht, wo alles abgewogen wird. Wenn man mehr gute Werke hat als schlechte, kommt man in den Himmel.
Ja, diese Religion gibt es. Aber sie ist nicht das Christentum. Im Christentum kommt der Gläubige nicht ins Gericht, weil derjenige, der ins Gericht kommt, es verpasst hat, in diesem Leben seine Schuld von Gott bezahlen zu lassen.
Wenn du mit deiner Schuld ins Gericht kommst, bleibt nur ein Ergebnis: die Hölle, die Verurteilung. Entweder erfährst du die Sühnung der Schuld in diesem Leben und kein Gericht, oder aber die Verdammnis, weil du mit deiner Schuld vor Gott stehst und ihm nicht sagen kannst, was du damit machen willst. Dann musst du die Strafe für deine Schuld tragen.
In dem Maß, wie sich die Liebe Gottes in meinem Leben manifestiert und ich merke: „Wow, ich bin wirklich gläubig“, verliert die Angst vor einem zukünftigen Gericht immer mehr an Substanz. Je sicherer ich bin, dass ich gläubig bin und nicht ins Gericht komme – quasi das Gericht über mein Leben hat ein anderer bezahlt, Halleluja – desto mehr weiß ich, dass ich wirklich keine Angst haben muss.
Gott meint es wirklich gut mit mir, so gut, wie ich das vielleicht langsam anfange zu glauben. Und das steht hier: „Hieran ist die Liebe bei uns vollendet worden, dass wir Freimütigkeit haben am Tag des Gerichts.“ Wir haben keine Angst vor dem Tag des Gerichts.
Denn wie er ist – also wie Jesus ist, nicht generell, sondern in Bezug auf seine Beziehung zu seinem Vater – so sind auch wir. Die Beziehung, die Jesus zu seinem Vater hat, die Nähe und Liebesbeziehung, die teilt auch der Gläubige. „Denn wie er ist, sind auch wir.“
Aber es gibt einen Unterschied: In dieser Welt sind wir noch hier, Jesus ist schon oben und kann das ungeteilt genießen. Wir noch nicht. Trotzdem gilt: In dem Maß, wie ich diese Beziehung liebe und die Liebesbeziehung lebe, in dem Maß gilt Vers 18: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“
Denn die Furcht hat Pein. Hier ist nicht Ehrfurcht oder Respekt gemeint – das sollen wir vor Gott bewahren – sondern die ängstliche Furcht, diese unterwürfige, ängstliche Furcht eines Untergebenen, der Angst davor hat, bestraft zu werden.
In Römer 8, Vers 15 heißt es: „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet.“ Es gibt so eine Angst davor, im Gericht nicht bestehen zu können. Diese Furcht ist nicht in der Liebe, denn wenn ich Liebe lebe, weiß ich, dass ich nicht ins Gericht komme.
Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Je mehr ich Liebe lebe und weiß, dass ich geliebt bin und andere lieben kann, desto mehr verliert sich die Furcht vor dem Gericht. Denn die Furcht hat Pein, hat Angst vor dem Gericht. Wahre Liebe aber hat das nicht.
Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe. Wenn du noch Angst vor dem Gericht Gottes hast, würde Johannes sagen: Lerne mehr zu lieben. Je mehr du es lernst zu lieben, desto mehr wirst du diese Angst verlieren. Du wirst immer mehr begreifen: Ich bin wirklich gerettet, ich bin wirklich Kind Gottes, Gott hat mich wirklich befreit.
Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.
Die untrennbare Verbindung von Gottesliebe und Bruderliebe
Und jetzt kommt ein letzter Gedanke vor dem Mittagessen, den ich persönlich für sehr wichtig halte. Gerade in Gemeinderichtungen wie der unsrigen gibt es meiner Meinung nach eine Irrlehre. Diese Irrlehre besagt, dass ich Gott in meinem tiefsten Herzen lieben kann, obwohl ich mit meinen Geschwistern nicht gut zurechtkomme.
Das zeigt sich leider manchmal auch im Verhältnis der Generationen zueinander sehr hässlich. Man merkt, dass eine große Dissonanz besteht, obwohl gleichzeitig eine große Inbrunst da ist, sagen wir mal, in der ersten Stunde des Gottesdienstes zu feiern. Da stimmt etwas nicht.
Warum nicht? Gott zu lieben ist schwer. Warum ist es schwer, Gott zu lieben? Weil wir Gott nicht sehen. In 1. Johannes 4,19 heißt es: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“ Wenn jemand sagt: „Ich liebe Gott“, aber seinen Bruder hasst, dann ist das ein Widerspruch. Wenn sich jemand auf der einen Seite hinstellt und sagt: „Gott habe ich unglaublich gerne, aber mit meinen Geschwistern komme ich eigentlich nicht zurecht.“ Oder: „Gott ist mein Ein und Alles, aber meine Geschwister und ihre Nöte interessieren mich nicht wirklich.“ Oder: „Ich will mich nicht auf Diskussionen, Kompromisse oder ein echtes Miteinander einlassen.“ Wenn jemand in dieser Spannung lebt, dann sagt 1. Johannes 4,20:
„Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott und hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner.“ Diese beiden Dinge passen nicht zusammen.
Das liegt daran, dass Liebe eine Kompetenz ist, die ich erwerbe. Liebeskompetenz lerne ich im Umgang mit meinen Geschwistern. Eine Gemeinde ist die Brutstätte, der Brutkasten für Liebe – das Trainingsfeld, wo wir an den Nöten meiner Geschwister üben können, Liebeskompetenz zu entwickeln.
Es ist leicht, die Geschwister zu lieben, denn die sehe ich. Denn wer den Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat. Wenn ich also nicht am Umgang mit den Geschwistern lerne zu lieben, entwickle ich nicht die Fähigkeit, Gott zu lieben.
Die Fähigkeit, Gott zu lieben, erwächst aus der Fähigkeit, Geschwister zu lieben. Deswegen steht in 2. Petrus 1,5-7 ein Kreislauf des geistlichen Wachstums: Zuerst kommt die Bruderliebe, und aus ihr erwächst die Liebe, auch die Liebe zu Gott.
Hier ist ein wichtiges Wort, das wirklich brutal ist: „kann“ beziehungsweise „kann nicht“. Denn wer den Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat.
Es ist schwerer, einen Gott zu lieben, den ich nicht sehe, als einen Bruder oder eine Schwester zu lieben, die ich sehe. Wenn ich im Kleinen nicht lerne zu lieben, dann kann ich mir zwar einreden, ich liebe Gott. Ich kann alle Rituale mit Inbrunst vollziehen, aber echte Liebe ist das nicht. Es geht nicht.
Ich lerne im Umgang mit den Geschwistern das, was ich brauche, um Gott zu lieben. Deshalb ist der Grad deiner Bruderliebe ein direktes Maß für deine Gottesliebe.
Wenn du mit Geschwistern nicht klarkommst, ständig mit jedem im Clinch bist, Menschen in deinem Kopf beurteilen musst und es dir schwerfällt, mit anderen auszukommen, Kompromisse zu finden oder zu lieben – wenn du merkst, du wärst am liebsten eine Ein-Mann-Gemeinde –, dann sage ich dir eins: Diese Unfähigkeit, Geschwister zu lieben, ist ein Maß dafür, dass du genauso unfähig bist, Gott zu lieben. Egal, was du persönlich über deine Gottesbeziehung denkst.
Das ist es, was Johannes sagt. Es geht nicht, es ist eine logische Unmöglichkeit.
Deshalb achtet als Gemeinde darauf, wie ihr miteinander umgeht. Redet euch nicht ein, ihr habt eine tolle Beziehung zum Herrn, wenn ihr miteinander nicht gut auskommt. Das stimmt nicht. Es ist eine Lüge, ein klassischer Selbstbetrug, in den evangelikale Christen mit einer brüdergemeindlichen Prägung oft hineingeraten.
Wir tun uns im Miteinander nämlich nicht so leicht, wie wir uns das vorstellen. Manchmal gibt es auch trennende Traditionen, die nicht so leicht überwunden werden, wie wir denken.
Deshalb nehmt diesen Vers als Mahnung mit und lasst ihn auf eurer Seele mitschwingen. Lernt ihn auswendig, denkt darüber nach und stellt euch die Frage: Wie tief ist eigentlich meine Liebe zu den Geschwistern? Wie sehr habe ich gelernt, sie zu bewundern, ihnen zu dienen und ihre Nöte ernst zu nehmen?
Das gilt für Alt und Jung, Reich und Arm, sozial Oben und Unten, große und kleine Familien – es gilt quer durch alle Schichten.
Wie sehr bin ich da wirklich gut? So wie du im Umgang mit Geschwistern gut bist, ist das das Maß für deine Liebe zu Gott. Nicht mehr und nicht weniger, weil es die Kompetenz ist, die du hast.
Wer gestern bei der Fragerunde dabei war, weiß jetzt, warum das so ist. Es hat mit Bewunderung zu tun, mit Intimität, die man lernen muss.
Ihr könnt gerne weiter darüber nachdenken. Das ist das Thema.
Abschluss und Gebet
Zwei Verse zum Schluss:
Und dieses Gebot haben wir von ihm, dass wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll. Dann heißt es hier: jeder, der glaubt – nein, hier ist es vorbei. Punkt. An dieser Stelle machen wir Schluss.
Wir sind bei Vers 21 angekommen. Wir haben es nicht ganz geschafft, ich wollte noch ein Stück weiterkommen, aber das Mittagessen steht an. Man muss als Prediger seine Grenzen erkennen, und die sind definitiv erreicht, wenn das Mittagessen ruft.
Zum Abschluss werde ich noch ein kurzes Gebet sprechen. Heute Abend machen wir dann bei 5,1 weiter. Keine Sorge, wir kriegen das schon hin. Ich denke, wir kommen durch.
Vater im Himmel, wir wollen dir danken, dass du uns mit deiner alles versengenden, alles durchdringenden und alles umwerfenden Liebe konfrontierst. Wenn diese Liebe in unser Leben hineinbricht, fordert sie uns heraus und zwingt uns, vor dir und voreinander auf die Knie zu gehen.
Herr, lass uns solche sein, die gerne Füße waschen und dienen. Lass uns mit unserer Liebe andere anstecken. Lass uns etwas von der Liebe, die du uns gegeben hast, als vollendete Liebe in uns wiederfinden, damit wir dich spiegeln können, Herr, und damit du in uns gesehen werden kannst.
Darum bitten wir dich. Amen.