Einführung und Gebet zur Bergpredigt
Zwei Stunden sind uns fast zu wenig, weil die Zeit am Vormittag doch da ist. Jetzt haben wir halt mit drei Stunden geplant, aber ich weiß, es ist viel Information. Manche fragen auch oft: „Ja, wie kann man das verarbeiten?“ Ja, das kann man nicht, das geht gar nicht.
Die Dinge, die dich besonders ansprechen, hol dir die CD oder wir stellen sie ja dann auch ins Internet. Du kannst sie später kostenlos herunterladen. Man muss es halt nochmal anhören oder durch die Notizen gehen, wie immer.
Auf jeden Fall machen wir jetzt weiter mit unserer Bergpredigt, Kapitel 5. Eine Einheit müssen wir noch machen, bevor wir in die „Ihr habt gehört, ich habe gesagt“-Passagen kommen, weil es scheint ein Widerspruch zu sein. Den müssen wir uns noch kurz anschauen, damit der Rest Sinn ergibt.
Wie immer möchte ich noch vorher beten: Gott, danke für die Gelegenheit und dir auch diese Stunde bewusst hinlegen. Lieber Vater, wir danken dir, dass wir ganz bewusst vor dich treten dürfen, immer wieder neu, und dir anbefehlen dürfen, was wir tun und sagen.
Darum beten wir um den Schutz des Heiligen Geistes, damit die Wahrheit unser Herz wirklich erneuern und berühren kann. Herr, ich bete, dass du das wegnimmst, was nicht von dir kommt, und dass du ermutigst, was von dir kommt. Schenk uns auch den Geist der Unterscheidung, damit wir das eine vom anderen unterscheiden und die Wahrheit erkennen können.
Herr, dazu brauchen wir deine Gnade, das ist uns so bewusst. Schenk uns dies in deiner Güte und Liebe. Amen.
Die scheinbaren Widersprüche in Matthäus 5
Der Abschnitt vor dem Satz „Ihr habt gehört, ich aber sage euch“ ist Matthäus 5,17-20. Dieser Abschnitt scheint widersprüchlich zu sein.
Der Grund dafür wird deutlich, wenn man zu Vers 21 in Matthäus 5 schaut. Dort lesen wir: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: ‚Du sollst nicht töten; wer aber töten wird, wird dem Gericht verfallen sein.‘ Ich aber sage euch, dass jeder, der seinen Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird.“ Sechsmal hintereinander zitiert Jesus das Alte Testament. Oft ist es ein direktes oder indirektes Zitat aus dem Alten Testament. Danach sagt er jeweils: „Ich aber sage euch…“
Das bedeutet, Jesus scheint in dieser Passage das Alte Testament aufzulösen, zu revidieren oder zu ändern. „Ihr habt gehört, aber das ist vorbei, ich sage euch.“
Bevor er das jedoch tut, sagt er etwas ganz anderes, was interessant ist und scheinbar im Widerspruch dazu steht.
In Matthäus 5, Vers 17 sagt Jesus: „Meint nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, soll nicht ein Jota oder ein Strichlein vom Gesetz vergehen.“ (Ein Jota ist der kleinste Buchstabe im hebräischen Alphabet, ein Strichlein ein Beistrich oder Akzentzeichen.)
Weiter heißt es in Vers 19: „Wer nun eines dieser geringsten Gebote auflöst und die Menschen so lehrt, wird der Geringste heißen im Himmelreich. Wer sie aber tut und lehrt, wird groß heißen im Himmelreich.“
Jesus sagt also hier: Glaubt nicht, dass ich gekommen bin, das Gesetz aufzulösen. Ich bin gekommen, es zu erfüllen.
Die Frage ist nun: Was meint Jesus, wenn er von „Gesetz und Propheten“ spricht? Und gilt das Gesetz für uns heute noch?
Ich werde euch gleich das Problem zeigen, das wir damit haben.
Gesetz und Propheten: Bedeutung und Gültigkeit
Zur ersten Frage: Was meint Jesus mit „Gesetz und Propheten“?
Natürlich bezieht sich das in erster Linie auf das Alte Testament, angefangen von 1. Mose bis zum letzten Buch. Ich fasse mich hier nur kurz, da das Thema sehr umfangreich ist.
Das Gesetz im Alten Testament besteht aus vielen einzelnen Geboten. Ich habe sie nicht gezählt, aber Theologen sprechen von insgesamt 613 Geboten. Manche nennen auch 614, das ist jedoch unerheblich.
Diese Gesetze umfassen zum einen das moralische Gesetz, das wir als die Zehn Gebote kennen. Darin heißt es zum Beispiel: Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht töten. Das sind die grundlegenden moralischen Vorschriften.
Zum anderen gibt es das Zivilgesetz oder Sittengesetz. Im Alten Testament regelt es das Zusammenleben unter den Israeliten. Ein Beispiel: Wenn dein Stier den Zaun des Nachbarn niederreißt und dann das Kalb des Nachbarn tötet oder schwängert, wer ist dann schuld? Der schwache Zaun oder der starke Stier? Solche Situationen sind im Alten Testament genau geregelt. Das ist das Sitten- oder Zivilgesetz.
Das dritte Gesetzespaket ist das Zeremoniengesetz. Es ist das priesterliche oder levitische Gesetz, das auch die Opfergesetze umfasst. Davon gibt es viele.
Insgesamt sind es also 613 Gesetze, die für die jüdische Nation die Norm ihres Lebensstils und Verhaltens waren – und es bis heute sind.
Doch es gab ein Problem: Die Israeliten konnten diese Gesetze niemals vollständig halten. Das war ihr Problem. Deshalb gibt es im Alten Testament nicht nur Gebote, die Moral und ziviles Recht betreffen, sondern auch die Opfergesetze.
Gott wusste, dass sie die Gesetze nicht einhalten konnten. Deshalb mussten sie in der Lage sein, ein Opfer zu bringen für die Gebote, die sie gebrochen hatten. So konnten sie in die Gemeinschaft mit Gott treten und darin weiterleben.
Wir haben also die Moralgesetze, die Opfergesetze und weitere Regelungen.
Für uns Christen ist dieses Opfer einmalig geschehen – durch das Opfer, das Gott selbst gegeben hat: Christus am Kreuz.
Darum bringen wir heute keine Opfer mehr im Tempel. Das Opfer ist ein für allemal vollbracht worden auf Golgatha, vor etwa zweitausend Jahren. Dort hat Gott selbst in Christus sich gegeben für unsere Übertretungen und unsere Sünden.
Die Gültigkeit des Alten Testaments für Christen
Und das führt zu der oft gestellten Frage: Wenn das so ist, ist das Alte Testament dann überhaupt noch für uns gültig? Ist es dann nicht aufgehoben? Christus hat es erfüllt, also kann man es vergessen? Muss ich mich noch an die zehn Gebote halten, oder sind sie jetzt überflüssig geworden? Ist das Gesetz gut, oder ist das Gesetz des Alten Testaments schlecht?
Das sind grundlegende Fragen. Interessanterweise habe ich das auf Seite drei der Überschrift oder Zusammenfassung für euch aufgeschrieben. Das Neue Testament nennt das Gesetz des Alten Testaments, auch den Alten Bund genannt, einerseits schwach, nutzlos und veraltet.
Ich habe euch einige Bibelstellen aufgezählt: In Hebräer 7 heißt es, das Gesetz sei schwach und nutzlos, es habe nichts zur Vollendung gebracht. Paulus sagt sogar im 2. Korinther 3, das Gesetz – damit meint er das Gesetz des Alten Testaments – sei ein Dienst zur Verdammnis und zum Tod.
In Römer 6,14 sagt Paulus: „Ihr seid nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.“ Christen verwenden diesen Vers oft, um zu sagen: „Schau, das Gesetz des Alten Testaments kannst du vergessen, wir sind nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.“
Andererseits sagt Paulus im 1. Timotheus 1,8: „Wir wissen aber, dass das Gesetz gut ist.“ Jetzt ist es also doch wieder gut. Und in Römer 3,31 heißt es: „Heben wir das Gesetz auf? Nein, das sei ferne! Wir bestätigen das Gesetz.“
Da fragt man sich: Wie jetzt, Paulus? Leg dich doch mal fest, so oder so!
Und Jesus sagt hier, gemeint ist Matthäus 5,17: „Meint nicht, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.“
Die Herausforderung der Bergpredigt für die Zuhörer
Die Bergpredigt, die Jesus damals vor den Jüngern und wahrscheinlich auch vor einer größeren Menge Menschen hielt, war keine gute Botschaft. Sie war vielmehr eine schlechte Botschaft. Wisst ihr, warum?
Als Jesus kam und sagte: „Ihr habt gehört, dass im Alten Testament zu den Alten gesagt wurde: Du sollst nicht töten“, da standen einige Pharisäer da und sagten: „Ich habe das gehalten, ich habe niemanden getötet, ich bin ein guter Pharisäer.“ Doch dann sagt Jesus: „Ich aber sage euch, wer zornig ist mit seinem Bruder, der ist bereits dem Gericht schuldig.“ Da sahen sie ziemlich schlecht aus. Sie sind ein wenig zurückgewichen.
Dann sagt Jesus: „Ihr habt gehört, du sollst nicht Ehe brechen.“ Ein Pharisäer stand da und sagte: „Das habe ich gehalten, ich bin ein treuer Ehemann.“ Jesus aber sagt: „Ich aber sage euch, wer eine Frau ansieht, um sie zu begehren, hat die Ehe bereits gebrochen.“ Das sah ebenfalls nicht gut aus.
Das bedeutet: Wenn du die Bergpredigt hörst, ist das keine gute Botschaft, sondern eine schlechte Botschaft. Bis jetzt war es so: Im Alten Testament hieß es „Ihr habt gehört, dass ihr dies und das nicht tun sollt.“ Jetzt aber sagt Jesus, dass du nicht einmal mehr daran denken darfst. Das schafft ja keiner.
Darum sagt Jesus das: Denn die Menschen glaubten, Jesus komme und sage: „Bis jetzt hattet ihr zehn moralische Gebote, das war ein bisschen zu schwer für euch. Wisst ihr was? Ich mache nur noch drei, das könnt ihr schaffen.“ Das haben sie geglaubt.
Wisst ihr, warum ich das weiß? Weil Jesus sagt: „Meint nicht, ich sei gekommen, das Gesetz aufzulösen. Ich löse nichts auf, ich erfülle.“ Denn die Menschen hatten gemeint, er würde das Gesetz auflösen. Sie dachten, statt 613 Gebote gäbe es nur noch 31, und statt zehn moralischer Gebote nur noch drei. Dann hätten sie das vielleicht geschafft.
Doch Jesus hat genau das Gegenteil getan.
Drei Aspekte zur Erklärung von Jesu Aussage
Um nun zu verstehen, was Jesus da getan hat, wollen wir drei Aspekte betrachten. Das schaffen wir in der nächsten halben Stunde. Ich habe euch das auf der Übersicht aufgeschrieben.
Wir behandeln jetzt drei Aspekte vom Gesetz, um zu verstehen, warum Jesus das hier gesagt hat. Erstens: der Zweck oder die Bedeutung des Gesetzes. Warum hat Gott das Gesetz überhaupt gegeben, wenn es nutzlos ist, später mal veraltet und so weiter? Warum hat er es gegeben?
Zweitens: der Effekt oder die Auswirkung des Gesetzes. Was hat das Gesetz bewirkt und was bewirkt es heute?
Drittens: die Erfüllung des Gesetzes. Jesus hat gesagt: „Ich bin gekommen, das Gesetz zu erfüllen.“
Punkt Nummer eins: Zweck oder Bedeutung des Gesetzes.
Vereinfachung auf die Zehn Gebote
Und übrigens: Um es einfacher zu halten, meine ich mit „Gesetz“ immer die zehn Gebote.
Ich weiß, dass für den Juden das Gesetz das gesamte Alte Testament umfasst. Übrigens gibt es für den Juden kein „Altes Testament“ – es ist einfach das Testament und das Gesetz.
Das Gesetz besteht aus den 613 Geboten. Wir beschränken uns hier jedoch auf die zehn Gebote, um die Erklärungen zu vereinfachen.
Nur damit ihr wisst: Diese Vereinfachung ist theologisch nicht immer ganz korrekt.
Der Zweck oder die Bedeutung des Gesetzes
Auf jeden Fall: Warum gibt Gott ein Gesetz, das so anspruchsvoll ist, dass kein Mensch es halten kann?
Wenn du Pädagoge bist oder wie ich hier mit meinen Mitarbeitern, dann möchtest du auch Regeln aufstellen. In zwei Wochen beginnt die Bibelschule. Wir haben 77 Bibelschüler, viele davon sind junge Leute. Diese machen auch viel Blödsinn – so wie junge Leute eben sind. Das ist auch ganz normal, sie sollen ja auch ein bisschen Blödsinn machen.
Das ist nicht so tragisch, aber wir brauchen ein paar Regeln im Dauernhof, sonst herrscht Chaos. Eins lernst du, wenn du Regeln machst: Mach niemals eine Regel, die niemand befolgen kann. Das ist eine schlechte Regel.
Weißt du, wenn ich zum Beispiel sage: „Um drei Uhr früh stehe ich auf, im Winter bei Schnee, knie drei Stunden draußen, bis der Schnee schmilzt, bete dabei, trinke dann kaltes Wasser und esse ein bisschen Brot“, und so weiter, dann wird das nicht sehr gut funktionieren. Denn das ist eine Regel, die kein Mensch halten kann.
Und jetzt stellt sich die Frage: Ist Gott ein schlechter Pädagoge? Denn Gott hat uns Regeln gegeben, die kein Mensch halten konnte. Gute Frage. Warum gibt er uns die Zehn Gebote, die sowieso niemand halten kann? Das ist ja nur frustrierend.
Um diese Frage zu beantworten, möchte ich euch am Anfang zwei Bibelstellen anschauen. Schlagt bitte 1. Johannes 3,4 auf. Zwei Bibelstellen, und dann eine Erklärung.
Das Gesetz als Maßstab für Sünde
1. Johannes 3,4 schreibt der Apostel: "Jeder, der sündigt, bricht das Gesetz." Oder anders gesagt: "Jeder, der die Sünde tut, tut die Gesetzlosigkeit." Es ist dasselbe.
Das bedeutet, die Latte, die es zu erreichen gilt, ist das Gesetz. Jeder, der sündigt, schafft das Gesetz nicht, sondern bricht es. Er kommt nicht an diese Latte des Gesetzes heran. Jeder, der sündigt, bricht das Gesetz. Hier ist das Gesetz die Latte, die es zu erreichen gilt.
Übrigens stammt das Wort "sündigen" im Englischen vom Bogenschießen. Das hat zwar keine theologische Bedeutung, aber es ist interessant. Wenn du ein Bogenschütze bist, hast du eine Tafel mit Ringen, und das Ziel ist es, die Mitte zu treffen. Verfehlst du die Mitte, sagt man im Englischen: "You have sinned" – du hast gesündigt.
Es spielt keine Rolle, ob du zwei Zentimeter daneben geschossen hast, die ganze Tafel verfehlt hast, rückwärts geschossen hast oder dir selbst in den Zeh. Wenn du die Mitte nicht triffst, hast du gesündigt. Sündigen bedeutet also eigentlich, das Ziel nicht zu treffen.
Ich bin nicht so wie Gott. Wenn jemand unter uns so wäre wie Gott, dann wäre er kein Sünder. Wenn du aber zugibst: "So wie Gott bin ich nicht", dann qualifizierst du dich als Sünder. Es kann sein, dass du nur zehn Zentimeter daneben geschossen hast, oder zwei Meter, oder einen Kilometer. Es ist alles Sünde.
Also: Das Gesetz ist die Latte.
Nun lesen wir Römer 3,23, einen bekannten Vers: Paulus sagt dort: "Denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes."
Was ist hier die Latte? Hier ist die Latte nicht das Gesetz, sondern die Herrlichkeit Gottes. Wenn du sündigst, dann erlangst du nicht die Herrlichkeit, du kommst nicht bis zur Herrlichkeit – das ist Sünde.
Einmal im Johannes heißt es, das Gesetz zu brechen ist Sünde, Paulus sagt, die Herrlichkeit nicht zu erreichen ist Sünde. Das bedeutet, das Gesetz und die Herrlichkeit Gottes repräsentieren denselben Maßstab.
Jetzt stellt sich die Frage: Um das Gesetz zu verstehen, was ist die Herrlichkeit? Wenn beide dasselbe sind, was ist es?
Im Johannes 1,14 lesen wir über Jesus: "Das Wort wurde Fleisch, und wir sahen seine Herrlichkeit."
Was haben die Menschen gesehen, die Jesus gesehen haben? Die Herrlichkeit Gottes. Die Herrlichkeit Gottes kannst du im Lexikon nachschlagen – sie bedeutet den Charakter Gottes.
Das heißt, Jesus hatte keinen heiligen Schein, der gelb oder so war. Jeder, der Jesus gesehen hat, hat gesehen: So ist Gott. Das Wort wurde Fleisch, Gott wurde Mensch, und wir sahen seine Herrlichkeit.
Paulus sagt, alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit. Was erlangen wir nicht? Den Charakter Gottes. Den schaffen wir nicht.
Das heißt, sündigen bedeutet, den Charakter Gottes nicht zu erreichen beziehungsweise das Gesetz zu brechen.
Und jetzt bekommen wir einen Clou, was das Gesetz bedeutet: Die Zehn Gebote bedeuten: So ist Gott. Wenn du wissen willst, wie Gott ist, lies die Zehn Gebote. Denn der Charakter Gottes und das Gesetz Gottes sind ein und dasselbe.
Die Zehn Gebote als Offenbarung des Charakters Gottes
Ich möchte euch das jetzt noch ein bisschen erklären. Zuerst erkläre ich, wie die zehn Gebote nicht entstanden sind. Manchmal glaubt man das ein bisschen so, aber so sind sie nicht entstanden.
Gott und ein paar Engel schauen von oben auf die Erde. Sie sehen, wie ein Mensch den anderen umbringt. Dann sagt ein Engel zu Gott: „Gott, das sieht nicht gut aus. Irgendetwas müssen wir unternehmen.“ Und Gott antwortet: „Ja, okay, wir machen ein Gebot: Du sollst nicht töten.“ „Okay, passt, dann werden sie damit aufhören.“
Dann sagt ein anderer Engel: „Weißt du was? Das Töten ist gar nicht das eigentliche Problem. Das Problem ist, dass der eine Ehebruch mit der Frau des anderen begangen hat. Deshalb ist er so zornig und hat ihn umgebracht.“ Gott sagt daraufhin: „Ja, wir müssen wohl noch ein Gebot machen: Du sollst nicht Ehe brechen. Vielleicht hilft das.“
Ein weiterer Engel sagt: „Er hat dieses Problem, weil er vorher etwas von ihm gestohlen hat. Darum hat er sich an die Frau herangemacht und es zum Ehebruch kommen lassen.“ Gott antwortet: „Ja, da müssen wir heute noch ein Gebot machen: Du sollst nicht stehlen. Vielleicht hilft das.“
So sind die Gebote nicht entstanden.
Warum ist Morden falsch? Nicht nur, weil die Bibel sagt: „Du sollst nicht morden“ oder „Du sollst nicht töten.“ Wisst ihr, warum Morden falsch ist? Weil Gott Leben ist. Darum ist Morden falsch.
Warum ist Lügen falsch? Nicht, weil es sich für Christen nicht gehört zu lügen. Lügen ist deshalb falsch, weil Gott die Wahrheit ist.
Warum ist Ungerechtigkeit falsch? Weil Gott immer gerecht ist.
Warum ist es falsch, untreu zu sein? Weil Gott immer treu ist.
Warum ist es falsch, wenn man einen anderen hasst? Weil Gott immer liebt.
Seht ihr, das ist wichtig zu verstehen: Wenn Gott sagt, „Du sollst nicht stehlen“ in den zehn Geboten, dann nicht deshalb, weil es unhöflich ist, den anderen zu bestehlen, sondern weil Gott kein Dieb ist. Weil Gott kein Dieb ist, steht in der Bibel: „Du sollst nicht stehlen.“ Und wir sind im Ebenbild Gottes geschaffen.
Warum sagen die zehn Gebote „Du sollst nicht Ehe brechen“? Weil Gott immer treu ist. Wir sollen deshalb nicht Ehe brechen, weil wir im Ebenbild Gottes geschaffen sind.
Warum steht in den zehn Geboten: „Du sollst Vater und Mutter ehren“? Weil der Sohn Gottes immer das tut, was den Vater ehrt. Und wir sind im Ebenbild Gottes geschaffen.
Warum sagen die zehn Gebote: „Du sollst den Feiertag heiligen“? Weil Gott am siebten Tag geruht hat.
Das heißt: Die zehn Gebote sind keine Regeln für Menschen, denn die kann ja niemand vollständig halten. Die zehn Gebote repräsentieren, wie Gott ist. Und wir sind in seinem Ebenbild geschaffen.
Das Gesetz, die zehn Gebote, repräsentieren also den Charakter Gottes. Und erinnert euch: Was bedeutet sündigen? Das Gesetz zu brechen beziehungsweise die Herrlichkeit Gottes nicht zu erlangen.
Die Auswirkung des Gesetzes: Offenbarung der menschlichen Unfähigkeit
Punkt Nummer eins: Der Zweck oder die Bedeutung des Gesetzes ist, den Charakter Gottes zu offenbaren.
Damit kommen wir zum zweiten Punkt: die Auswirkung oder der Effekt des Gesetzes. Wenn der Zweck des Gesetzes ist, den Charakter Gottes zu offenbaren, dann ist die Auswirkung des Gesetzes, die Unfähigkeit und das Versagen des Menschen aufzuzeigen.
Im Alten Testament kennen wir die Geschichte am Berg Sinai. Moses war mit einigen Hunderttausend oder vielleicht zwei Millionen Israeliten unterwegs – die genaue Zahl ist nicht bekannt – für vierzig Tage in der Wüste. Am Berg Sinai stieg Moses auf den Berg hinauf und erhielt die Zehn Gebote auf zwei steinernen Tafeln, die Gott selbst eingeschrieben hatte. Das ist etwas Besonderes: Gott selbst hat diese Gebote geschrieben.
Moses nahm die zwei Tafeln mit den Zehn Geboten, er hatte auch noch die Baupläne der Stiftshütte bei sich. Das erste Gebot lautet, Gott zu lieben und ihm allein zu dienen. Als Moses vom Berg herunterkam, was sah er am Fuß des Berges? Die Israeliten tanzten um ein goldenes Kalb.
Moses war so zornig und enttäuscht, dass er die Tafeln hinunterwarf und später neue Tafeln holen musste. Aber wisst ihr, was so interessant ist? Gott war nicht enttäuscht oder überrascht – enttäuscht schon, aber nicht überrascht. Denn die Zehn Gebote offenbaren den Charakter Gottes.
Wisst ihr, was sie gleichzeitig offenbaren? Das erste Gebot lautet: Du sollst nur Gott anbeten und ihm allein dienen. Doch die Menschen beteten ein goldenes Kalb an. Das offenbart die Unfähigkeit des Menschen, die Gebote Gottes jemals zu erfüllen. Das ist der Effekt des Gesetzes.
Gott hat nichts Neues über die Menschen erfahren, als sie um das goldene Kalb tanzten – das wusste er bereits. Aber der Mensch hat etwas über sich selbst gelernt: Ich bin total unfähig, so zu sein, wie Gott es verlangt, und Gott zu dienen.
Das Gesetz als Zuchtmeister zu Christus
Schlägt man in Römer 7 nach, findet man eine Erklärung im Neuen Testament zu dem, was ich gerade gesagt habe. In Römer 7,7 schreibt Paulus über das Gesetz, das alttestamentliche Gesetz. Er fragt: „Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde?“ Diese Frage ist wichtig, denn einerseits hat Paulus gesagt, das Gesetz sei alt und diene zur Verdammnis. Ist das Gesetz also Sünde? Das sei ferne.
Paulus erklärt weiter: „Die Sünde hätte ich nicht erkannt, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: Du sollst nicht begehren“ – das zehnte Gebot. Die Sünde aber nahm durch das Gebot die Gelegenheit wahr und bewirkte jede Begierde in mir. Denn ohne Gesetz ist die Sünde tot. Ich aber lebte einst ohne Gesetz. Als aber das Gesetz kam, lebte die Sünde auf. „Ich aber starb, und das Gebot, das zum Leben gegeben war, erwies sich für mich zum Tod.“
Das klingt etwas kompliziert, deshalb erkläre ich es euch einfach anhand eines Beispiels. Als unsere zweite Tochter Lisa geboren wurde – wir haben drei Kinder –, war Lukas bereits geboren. Ein Jahr später kam Lisa zur Welt. Das Krankenhaus war damals noch oben in der Stadt, heute ist es an einem anderen Ort, weil es vor drei Jahren verlegt wurde. Ich bin damals immer genau daran vorbeigefahren. Hannelore war im Krankenhaus und brachte Lisa zur Welt.
Ich war allein mit Lukas zu Hause, was nicht ideal war, da ich nie Windeln gewechselt hatte; das hat immer Hannelore gemacht. Nun musste ich das übernehmen, was mir Stress bereitete. Ich war oft spät dran und so weiter. Ich war bei der Geburt dabei, ich habe es bei allen dreien geschafft, das mitzuerleben. Lisa wurde gesund geboren, ich war sehr dankbar.
Am nächsten Tag saß Lukas neben mir im Babysitz, und ich fuhr zum Dauernhof, weil er dort etwas erledigen musste und wir etwas in Zeitnot waren. Unterwegs gab es eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h, doch die Straße war frei, und ich fuhr wohl etwa 100 km/h, oder etwas mehr. Ich fuhr relativ schnell, schaute aber auf das Krankenhaus hinunter und wusste, dass Hannelore und Lisa gesund waren. Es war ein schöner, sonniger Tag, ich fühlte mich wohl und dankbar.
Dann sah ich plötzlich die Polizei vor mir. Das Gesetz war vor mir. Solange das Gesetz nicht da war, fühlte ich mich total wohl. Schöner Tag, alles in Ordnung. Doch jetzt war das Gesetz plötzlich vor meinen Augen, und ich war ein Verbrecher. Die Polizei hielt mich an und sagte, ich sei zu schnell gefahren. Ich gab es zu. Der Polizist war nett, erzählte, dass er gerade eine Tochter bekommen hatte, wünschte mir alles Gute und ließ mich weiterfahren – aber das änderte nichts an der Tatsache.
Genau das beschreibt Paulus hier: Solange das Gesetz nicht da war, war ich am Leben. Dann kam das Gesetz, und ich war verurteilt. Ich hätte nichts vom Begehren gewusst, wenn die Bibel mir nicht gesagt hätte: „Du sollst nicht begehren.“ Seht ihr, was das Gesetz tut? Es zeigt uns, dass wir Sünder sind, dass wir nicht so sind, wie wir sein sollten.
Darum sagt Jesus: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht töten. Ich aber sage euch: Wer zürnt auf seinen Bruder, der ist des Gerichts schuldig.“ Das war keine leichte Botschaft. Beim Gebot „Du sollst nicht töten“ fühlten sich die meisten noch wohl, aber bei „Du sollst nicht zornig sein“ merkten viele, dass sie auch Sünder sind. Das ist die Wirkung des Gesetzes.
Jesus muss das heute mit jedem von uns tun. Wenn jemand von uns denkt: „So schlecht bin ich auch wieder nicht“, dann liest er die Bergpredigt und erkennt: „Ich bin ganz schön schlecht.“ Aber Jesus tut das nicht, um uns niederzumachen, sondern damit wir zu ihm kommen und sagen: „Herr, ich brauche dich.“ Dann sagt Jesus: „Selig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Himmelreich.“ Und: „Selig sind die, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“ Hier sind wir wieder.
Darum steht auch im Galater 3,24 ein wichtiger Vers über das Gesetz. Paulus schreibt dort: „So ist das Gesetz unser Zuchtmeister auf Christus hin gegeben worden, damit wir aus Glauben gerechtfertigt werden.“ Wisst ihr, was das Gesetz tut? Es treibt uns zu Jesus.
Das Wort „Zuchtmeister“ kommt vom griechischen „Pädagogus“. Das bedeutet Kindermädchen oder Knabenführer. Früher führte ein Pädagogus die Kinder und Jugendlichen. So führt uns das Gesetz zu Jesus. Es zeigt uns, dass wir ihn brauchen. Das ist die Wirkung des Gesetzes.
Die Erfüllung des Gesetzes durch Christus
Und damit kommen wir zum Dritten: Wie wird das Gesetz Gottes nun erfüllt? Jesus hat gesagt: „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Was bedeutet das?
Ich lese jetzt mit euch drei Bibelstellen, und danach erkläre ich es euch.
Schlagt bitte auf Kolosser 1,26-27 auf. Paulus schreibt hier über ein Geheimnis, das von den Weltzeiten und Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen, den Gläubigen, geoffenbart worden ist. Ihnen, das bist du und ich, wollte Gott zu erkennen geben, was der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses unter den Nationen sei. Und das ist – hier kommt das Geheimnis – Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.
Was haben wir verloren? In Römer 3 heißt es: Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit verloren. Was ist die Hoffnung auf diese Herrlichkeit? Christus in uns, sein Leben in uns.
Jetzt gehen wir zum Alten Bund und schauen, was der Alte Bund versprochen hat.
Schlagt auf Jeremia 31,33 auf. Hier schreibt Jeremia, der Prophet, unter Anleitung des Heiligen Geistes, ein prophetisches Wort über die Zukunft. Damals war es Zukunft, heute wissen wir, dass es erfüllt ist. Er schreibt: „Das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde“, spricht der Herr. Und was beinhaltet dieser Bund? „Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben.“
Wo war das Gesetz im Alten Testament? Auf zwei Steintafeln. Diese Steintafeln waren später in der Bundeslade, im Tempel oder zumindest in der Stiftshütte. Hier sagt Gott: Es kommt der Tag, da wird das Gesetz nicht mehr auf zwei Steintafeln stehen, sondern auf euren Herzen.
Jetzt lesen wir noch einen dritten Vers: Hesekiel 36,27. Hier schreibt Hesekiel: „Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben, und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.“
Hier sagt er: „Ich werde meinen Geist nicht nur über euch sein, mit euch oder vor euch, sondern ich werde meinen Geist in euer Inneres hineingeben.“ Und dann wird dieser Geist bewirken, dass ihr meine Gesetze erfüllt.
Wenn man diese Verse zusammenlegt, ergibt sich Folgendes: Es ist Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit. Es ist der Geist Gottes, der nicht mehr auf steinernen Tafeln geschrieben steht, sondern in unsere Herzen geschrieben wird. Gott wird uns seinen Geist in unser Inneres legen und bewirken, dass wir in seinen Geboten leben.
Wenn man das zusammenfasst, dann sagt der Neue Bund Folgendes: Das, was im Alten Testament ein Gebot und ein Befehl war – zum Beispiel „Du sollst nicht stehlen“ – ist im Neuen Testament ein Versprechen geworden: „Du musst nicht mehr stehlen.“ Und das ist die Erfüllung des Gesetzes.
Die Freiheit in Christus und der Prozess der Heiligung
Es gibt eine Geschichte, von der ich nicht weiß, ob sie stimmt, aber das spielt keine Rolle. Es geht um einen Mann, der im Gefängnis war. Er hatte gestohlen, nicht wenig, und wurde dabei erwischt. Dafür bekam er mehrere Jahre Haft.
Im Gefängnis ist er gläubig geworden, er hat an Jesus geglaubt. Am Tag seiner Entlassung sagte er: „Das Erste, was ich tue, ist, in eine Kirche zu gehen.“
Er ging also in eine Kirche hinein, setzte sich hin, und wie es oft in älteren Kirchen der Fall ist, stand dort eine Tafel mit den Zehn Geboten. Er las: „Du sollst nicht stehlen.“ Dabei dachte er sich: „Das Letzte, was ich jetzt brauche, ist wieder ein Wort, das mich verdammt. Ich weiß, ich bin ein Dieb.“
Trotzdem blieb er sitzen. Und es geschah etwas mit der Art, wie er das Gebot las. Mit der Zeit stand dort nicht mehr „Du sollst nicht stehlen“, sondern „Du sollst nicht mehr stehlen“ oder „Du musst nicht mehr stehlen“. Denn Christus wohnt in dir, der Geist Gottes ist in dein Inneres geschrieben. Er ermöglicht dir, in seinen Geboten zu leben.
Genau das meint Paulus in Römer 6,14, einem Vers, der meiner Meinung nach oft missverstanden oder missbraucht wird. Dort heißt es: „Denn die Sünde wird nicht mehr über euch herrschen, denn ihr seid nicht mehr unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.“
Das bedeutet: Die Sünde muss dich nicht mehr beherrschen. Du bist nicht mehr unter der Sklaverei des Gesetzes, sondern frei. Du bist unter Gnade, weil Christus in dir wohnt.
Das heißt nicht, dass du jetzt, weil du nicht mehr unter dem Gesetz bist, nach Belieben sündigen kannst. Nein, es bedeutet, dass du nicht mehr sündigen musst, weil Christus in dir lebt und das Gesetz erfüllt hat. Er ist nicht gekommen, um das Gesetz aufzulösen, sondern um es zu erfüllen – und er erfüllt es in und durch uns.
Deshalb: Wenn jemand unter uns ein Problem mit Stehlen hat – angenommen, du hast dieses Problem –, dann gibt es eine gute Nachricht für dich. Es gibt Kleptomanie, das ist eine Krankheit, aber es gibt auch eine Charakterschwäche.
Wenn du damit zu kämpfen hast, habe ich ein Versprechen für dich: Du musst nicht mehr stehlen, weder Telefonanrufe vom Chef noch sonst etwas. Du musst es nicht mehr tun, du bist frei. Du musst nicht mehr sündigen, denn Jesus hat das Gesetz erfüllt und er lebt in uns.
Wenn du ein Problem mit Lügen hast, und dir später immer wieder auffällt, dass du nur die Halbwahrheit gesagt hast, dann habe ich auch eine gute Botschaft für dich: Du musst nicht mehr lügen, du bist frei. Das ist ein Versprechen.
Denn Christus in uns ist die Hoffnung der Herrlichkeit. Sein Leben in uns befähigt uns, in seinen Geboten zu leben, was wir aus eigener Kraft nie könnten. Das ist das Leben, das Christus lebt und das Gesetz erfüllt.
Wenn du Probleme mit Ehebruch hast – und das kommt immer wieder vor, auch wenn hier Ehepaare im Raum sind –, wenn du mit einer anderen schläfst, dann habe ich auch für dich eine gute Botschaft: Du musst nicht mehr Ehebruch begehen, du bist ein freier Mann. Denn Christus in dir ist immer treu.
Er befähigt dich, das Leben zu leben, das du aus eigener Kraft nicht leben kannst. Und das ist die gute Botschaft, das Evangelium: Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit.
Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern es zu erfüllen. Und ich erfülle es in und mit euch.
Der fortwährende Prozess der Heiligung
Ein Schlusswort noch: Man darf jetzt nicht zum Schluss kommen und sagen: „Ja, wenn ich Christ bin, Christus lebt in mir, dann werde ich nie mehr untreu sein, ich werde nie mehr lügen, ich werde nie mehr dies und das böse Gedanken haben.“ Nein, es ist ein Prozess und ein Weg.
Darum als abschließenden Vers schlage ich 2. Korinther 3,17-18 vor. Dort schreibt der Apostel Paulus:
„Der Herr aber ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Darum habe ich gesagt: Du bist frei.
Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an. Und das müsst ihr jetzt unterstreichen: Wir werden verwandelt in dasselbe Bild von einer Herrlichkeit zur anderen, so wie es dem Herrn, dem Geist, geschieht.
Wir werden verwandelt – das muss man einrahmen, denn manchmal missverstehen wir das. Wir glauben, wir seien am Tag der Wiedergeburt verwandelt worden. Nein, wir werden verwandelt. Das ist ein Prozess, ein Geschehen, das andauert, bis ich von dieser Welt scheide.
Solange ich lebe, stehe ich in diesem Prozess der Erneuerung. Wir werden verwandelt von einer Herrlichkeit zur anderen. Und das nennt die Bibel Heiligung, Reifen im Glauben oder Lernen, in der Wahrheit zu leben. Es gibt verschiedene Ausdrücke dafür.
Das Schöne ist: Wenn wir hier in diesem Leben von einer Herrlichkeit zur anderen leben, dann werden wir, wenn wir von diesem Leben abscheiden, verherrlicht – aber nicht in diesem Leben.
In diesem Leben gehen wir von einer Herrlichkeit zur anderen, so wie es vom Geist des Herrn geschieht, bis wir in seiner Gegenwart verherrlicht sind. Und das ist unsere Hoffnung: Wenn wir Christus sehen, werden wir so sein, wie er ist, sagt das Neue Testament im 1. Johannes 3,2.
Aber in diesem Leben bleibt es Stückwerk. Ja, es gibt Reife, ja, es gibt auch Befreiung, und das ist etwas Wunderschönes. Aber man darf nicht zum Schluss kommen und sagen: „Jetzt kommt Christus in mir, und jetzt bin ich perfekt.“ Das entspricht eigentlich nicht dem Neuen Testament.
Dass es Befreiung gibt, ist eine wunderbare Wahrheit, und in dieser Wahrheit dürfen wir lernen, das Evangelium zu leben.
Abschlussgebet zur Bergpredigt
Also, was bedeutet dieser Vers aus Matthäus 5? „Ich bin nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern es zu erfüllen.“ Man könnte hinzufügen: „in euch“, denn Christus in euch ist die Hoffnung der Herrlichkeit.
Ich bete noch einmal, lieber Vater, und möchte dir danken für diese Passage aus Matthäus 5, in der du uns erklärst, dass das Gesetz nicht aufgehoben ist, weil es deinem Charakter entspricht. Du stiehlst nicht, und deshalb sollen auch wir nicht stehlen. Du bist treu, und darum sollen wir treu sein. Du bist gerecht, deshalb sollten wir gerecht sein.
Herr, danke, dass wir in deinem Ebenbild geschaffen sind und dass Christus in uns lebt, um dieses Ebenbild Stück für Stück wiederherzustellen – auch in diesem Leben. Danke, dass wir mit dir unterwegs sein dürfen auf dem Weg der Heiligung, der Reife und des Erwachsenwerdens.
Danke für alles, was wir lernen dürfen. Ich bitte dich, Herr, dass es wirklich unser Herz ergreift und nicht nur unser Denken. Mögest du uns verändern in das Ebenbild Jesu – auch hier und heute.
Darum bete ich in Jesu Namen. Amen.
