Einführung in die Begegnung mit den Brüdern Josefs
Wir haben drei Kapitel vor uns. Das wird noch einmal ein etwas längerer Teil, aber morgen und übermorgen wird es dafür kürzer. Diese Kapitel gehören zusammen und sind sehr, sehr wichtige Kapitel.
Es geht um die Brüder Josephs. Das ist vielleicht der eigentliche Höhepunkt im Leben Josephs – nicht das Stehen vor Pharao, sondern das Zusammentreffen mit seinen Brüdern. Wir wollen gleich beginnen.
Vers 1: Jakob sah, dass in Ägypten Getreide zu haben war. Jetzt kommt auch Jakobs Schule noch einmal ins Spiel, mindestens schon die neunte Klasse bei Jakob. Er steht immer noch in der Schule Gottes.
Es herrscht Hungersnot im Land, Trockenheit. Denken wir an Jakob, seine Schafe, seine Ziegen, seine vielen, vielen Tiere, die er hat – kein Futter mehr. Jetzt geht auch der irdische Reichtum dahin.
In der Mitte von Vers 1 sagt Jakob zu seinen Söhnen: „Warum seht ihr einander an?“ Und er fährt fort: „Siehe, ich habe gehört, dass in Ägypten Getreide zu haben ist. Zieht hinab und kauft uns von dort Getreide, damit wir leben und nicht sterben!“
Die zehn Brüder Josephs – die zehn Brüder Josephs werden hier betont, auch Juda ist wieder dabei – zogen hinab, um Getreide aus Ägypten zu kaufen. Benjamin, Josephs Bruder, sandte Jakob jedoch nicht mit seinen Brüdern, denn er sagte, dass ihm nicht etwa ein Unfall begegnen möge.
In diesem Satz allein sehen wir etwas von dem Herzen des Vaters Jakob. Wer hängt an diesem jungen Benjamin? Benjamin war drei Jahre alt, als Joseph verkauft wurde. Mittlerweile sind 21 Jahre vergangen, also ist Benjamin jetzt etwa 24 Jahre alt.
Benjamin, Josephs Bruder, sandte Jakob nicht mit seinen Brüdern, denn er sagte, dass ihm nicht etwa ein Unfall begegnen möge. So kamen die Söhne Israels unter den Ankommenden, um Getreide zu kaufen, denn es war Hunger im Land Kanaan.
Joseph war der Gebieter über das Land, und er verkaufte das Getreide an das ganze Volk des Landes. Die Brüder Josephs kamen und beugten sich vor ihm nieder mit dem Gesicht zur Erde.
Die erste Begegnung und die Prüfung der Brüder
Und Josef sah seine Brüder, und er erkannte sie. Jetzt erfüllt sich Josefs Traum. Nun beginnen die kritischen, vielleicht die schwierigsten Minuten in seinem Leben.
Was hätte man an seiner Stelle getan? Da kommen die Brüder. „Hallo Brüder, hier ist Josef.“ Was hätte ich getan?
Wir lesen, dass er sich ihnen gegenüber fremd gab, hart mit ihnen sprach und fragte: „Woher kommt ihr?“ Sie antworteten, sie kämen aus dem Land Kanaan, um Speise zu kaufen. Josef erkannte seine Brüder, doch sie erkannten ihn nicht.
Josef dachte an die Träume, die er von ihnen gehabt hatte. Diese Träume hatten ihm viel Leid gebracht, denn durch sie war der Hass seiner Brüder noch größer geworden. Er erinnerte sich daran und sprach zu ihnen.
Man fragt sich, warum er sich ihnen nicht gleich zu erkennen gab. Doch er musste zuerst herausfinden, wie es um seine Brüder stand und was in den letzten zweiundzwanzig Jahren mit ihnen geschehen war. Er wollte feststellen, ob sie sich verändert hatten.
Wenn jemals die Einheit in der Familie Jakob wiederhergestellt werden sollte, musste Buße geschehen. Josef wusste nicht, wo seine Brüder standen. Er musste wissen, ob sie inzwischen dem Vater die Wahrheit gesagt hatten. Er konnte sich denken, dass sie irgendeine Ausrede vorbringen würden.
Also dachte er an die Träume und sagte zu ihnen: „Ihr seid Kundschafter, um zu sehen, wo das Land offen ist, seid ihr gekommen.“ Sie antworteten ihm: „Nein, mein Herr, deine Knechte sind gekommen, um Speise zu kaufen. Wir sind alle Söhne eines Mannes, ehrliche Leute.“
Er fragte sie, wer sie seien. Sie sagten, sie seien ehrliche Leute. „Eure Knechte sind keine Kundschafter“, sagte er. „Nein, ihr seid gekommen, um zu sehen, wo das Land offen ist.“ Sie antworteten: „Zwölf Brüder sind wir, deine Knechte, Söhne eines Mannes im Land Kanaan. Siehe, der Jüngste ist heute bei unserem Vater, und einer ist nicht mehr.“
Jetzt wusste Josef mehr. Er wusste, dass der Vater noch lebte und Benjamin ebenfalls. Doch er erkannte auch, dass sie immer noch an der Lüge festhielten. „Einer ist nicht mehr“ bedeutet, dass einer gestorben ist. Sie behaupteten, ehrliche Leute zu sein, hielten aber an dieser Lüge fest.
Josef sagte zu ihnen: „Das ist es, was ich euch gesagt habe: Kundschafter seid ihr! Daran sollt ihr geprüft werden. Beim Leben des Pharao: Ihr werdet nicht von hier weggehen, es sei denn, euer jüngster Bruder kommt hierher. Sendet einen von euch hin, dass er euren Bruder hole. Ihr aber bleibt gefangen. Eure Worte sollen geprüft werden, ob Wahrheit bei euch ist.“
Hier wird deutlich, worauf Josef hinauswill: Es geht um die Frage der Wahrheit. Es geht um die Ehrlichkeit der Brüder. Wenn sie nicht ehrliche Leute sind, dann sind sie Kundschafter. Sie müssen geprüft werden.
Die ganze Macht dieses Verwalters von Ägypten, die ganze Macht Ägyptens, konzentriert sich jetzt auf eine einzige Sache: die Wahrhaftigkeit dieser Behauptung, dass sie ehrliche Leute seien. Das muss geklärt werden, bis sie zur Wahrheit über sich selbst kommen.
Josef nahm sie für drei Tage in Gewahrsam. Sie kamen ins Gefängnis. Warum? Im Gefängnis hat man Zeit zum Nachdenken. Sie hatten Angst, denn Spione wurden oft getötet. Sie erwarteten eine Hinrichtung, und ihre Furcht wuchs.
Am dritten Tag sagte Josef zu ihnen: „Tut dies, und ihr sollt leben! Ich bin einer, der Gott fürchtet. Wenn ihr ehrliche Leute seid, dann bleibt einer eurer Brüder gefangen im Haus eures Gewahrsams. Ihr aber zieht hin und bringt Getreide für den Bedarf eurer Häuser. Euren jüngsten Bruder sollt ihr zu mir bringen, damit eure Worte sich als wahr erweisen und ihr nicht sterbt.“
Das Erwachen des Gewissens und die erste Geisel
Und sie taten so, sie sagten einer zum anderen: „Fürwahr, schuldige sind wir an unserem Bruder. Wir sahen die Bedrängnis seiner Seele, als er zu uns flehte, und wir haben nicht gehört. Darum ist diese Bedrängnis über uns gekommen.“
Das Gewissen rührt sich, die Not bringt sie dazu, dass sie jetzt erkennen, dass Gott hier ist, der am Arbeiten ist. An und für sich ist Not nicht gut, aber manchmal ist Not gut, wenn sie zum Nachdenken bringt und wenn sie den Menschen erkennen lässt, was er getan hat.
Vers 22: Und Ruben antwortete ihnen und sagte: „Habe ich euch nicht gesagt, versündigt euch nicht an dem Knaben?“ Aber ihr hörtet nicht, und siehe, auch sein Blut wird nun gefordert. Sie aber wusste nicht, dass Joseph es verstand. Denn ein Dolmetscher war zwischen ihnen. Josef hat alles mitbekommen, was sie jetzt untereinander gesprochen haben.
Vers 24: Und er wandte sich von ihnen ab und weinte. Wie gern hätte Josef sich jetzt diesen Brüdern gezeigt, wie gern hätte er ihnen gesagt: „Ich bin Josef.“ Wie gern hätte er ihnen gesagt: „Ich will euch doch vergeben.“ Wie gern hätte er das getan, aber er darf es nicht.
Warum darf er es nicht? Warum kann er ihnen jetzt nicht sagen: „Brüder, ich bin Josef, und ich vergebe euch. Ihr habt böse gehandelt mit mir, aber Gott war gut.“ Warum kann er das nicht machen?
Die Brüder sind noch nicht so weit. Da rührt sich jetzt ein bisschen das Gewissen, aber sie sind nicht so weit, wenn wirklich eine Wiederherstellung geschehen soll – eine echte Wiederherstellung. Dann muss eine echte Buße geschehen. Und eine echte Buße muss tief gehen.
Das heißt nicht einfach nur „Entschuldigung“. Entschuldigung ist gar nichts. Wir sagen den Kindern: „Entschuldige dich für das, was du getan hast.“ Dann sagen sie „Entschuldigung“. Das heißt überhaupt nichts. Sparen wir uns das. Einen Fehler mache ich auch immer wieder: Sparen wir uns das. Da geht keine Buße voraus.
Buße heißt, dass man zutiefst erkennt, was man hier getan hat, sich zutiefst bewusst wird, was geschehen ist, wen man verletzt hat und vor allem gegen wen man gesündigt hat – gegen Gott in erster Linie.
Wieso ist Gott so hart und vergibt nicht? Weil es keine Vergebung gibt ohne Buße. Er kann nicht vergeben. Das ist unmöglich. Man kann jetzt nicht hingehen und sagen: „Ich habe euch vergeben.“ Das ist absolut unmöglich.
Das ist heute auch so. Es gibt viele Leute, die sagen: „Ja, Jesus ist für alle Menschen gestorben, für alle Menschen gestorben, wunderbar, wir haben Vergebung, oder? Jesus ist ja gestorben.“ Nein, so ist es eben nicht.
Gott kann nicht vergeben, wenn nicht erst echte Buße geschehen ist. Gott würde gerne vergeben, aber er kann es nicht. Er wartet auf Umkehr.
Ich kann nicht sagen: „Ich vergebe dir“, zu jemandem, der gegen mich gesündigt hat, wenn es ihm nicht wirklich leid tut. Da kann ich ihm nicht sagen: „Ich vergebe dir.“ Ich kann ihm im Herzen vergeben, ja, aber ich darf es ihm nicht sagen. Das macht das Ganze nur noch schlimmer. Dann lacht er über mich und denkt sich innerlich: „Das mache ich wieder.“ Versteht ihr?
Eine Schwester bei uns in Österreich – also ich noch in Österreich, nein, wir waren schon in der Schweiz, aber die Geschwister waren in Österreich – sie hatte drei Kinder und hatte es sehr, sehr schwer bei den Geburten dieser Kinder. Der Älteste wurde 23 Jahre alt und ist dann von einem betrunkenen Mann niedergefahren worden. Er war tot, ein Autounfall.
Und was wäre jetzt, wenn der betrunkene Mann kommt und sagt: „Wenn die Schwester jetzt zu dem betrunkenen Mann hingegangen wäre und gesagt hätte: ‚Du, im Übrigen, ich vergebe dir‘“, das hilft gar nichts. Derjenige muss sich klar werden, was er getan hat.
Im Herzen kann man vergeben, aber die Vergebung zusagen kann man erst, wenn echte Buße entstanden ist.
Und hier sieht Joseph diese Brüder. Er sieht, sie halten immer noch an ihrer Lüge fest – 22 Jahre lang – und haben sich so daran gewöhnt, dass sie es gar nicht mehr merken. Eine Lüge, die man oft wiederholt, an die gewöhnt man sich.
Alle waren sich einig, inklusive Ruben, der Älteste und Hauptverantwortliche unter den Brüdern. Auch er hatte mitgemacht und hat nichts dem Vater gesagt.
Joseph hatte es jetzt erfahren, sonst hätten sie nicht davon gesprochen, dass der eine tot ist. Es ist keine Buße vorhanden, merkt Joseph.
Vers 24: Er kehrte zu ihnen zurück und redete zu ihnen. Er nahm Simeon aus ihrer Mitte und band ihn vor ihren Augen.
Jetzt nimmt er einen von den Brüdern als Gefangenen, als Geisel. Und er nimmt sich gerade Simeon. Haben wir uns einmal überlegt, warum er gerade Simeon nimmt? Hat er sich gedacht, er nehme irgendeinen? Warum denn Simeon?
Nun, es waren zwölf Söhne, und der älteste war Ruben, der Verantwortliche. Aber Ruben nimmt er nicht, er nimmt den Zweitältesten. Warum nimmt er nicht Ruben?
Es ist nicht deshalb, weil er das… Nein. Was hat jetzt Josef gerade eben erfahren? Zwei Minuten vorher, was hat er erfahren? Ruben sagt zu den anderen Brüdern: „Ich habe euch doch gesagt, ihr sollt dem Bruder, dem Jungen, nichts zuleide tun. Warum habt ihr das getan?“ Ah, der Ruben! Der hatte sich damals für mich eingesetzt.
Jetzt ist Joseph klar: Ruben nehme ich nicht als Geisel, er wäre der Verantwortliche gewesen, der Erste. Jetzt nimmt er den Zweitältesten, Simeon. Der ist als Nächster dran.
Simeon kommt dann als Geisel ins Gefängnis.
Vers 25: Und Joseph gebot, ihre Gefäße mit Getreide zu füllen und ihr Geld zurückzugeben, jedem in seinen Sack, und ihnen Wegzehrung zu geben. Und man tat ihnen so.
Sie luden ihr Getreide auf ihre Esel und zogen davon. Sie gehen also wieder nach Hause, jetzt nur noch zu neunt.
Die Rückkehr und die Angst der Brüder
Und einer öffnete seinen Sack, um seinem Esel in der Herberge Futter zu geben. Dabei sah er sein Geld – und siehe, es lag oben in seinem Sack. Er sagte zu seinen Brüdern: „Mein Geld ist mir zurückgegeben worden, und dazu, siehe, es ist in meinem Sack.“ Da entfiel ihnen das Herz.
Im Hebräischen heißt es, da ging ihnen das Herz aus, da blieb ihnen das Herz stehen. Sie zitterten und sagten zueinander: „Was hat Gott uns da getan?“ Darf ich eine Frage stellen? Warum zittern sie? Sie haben das Geld zurück; der eine hat das Geld zurückbekommen. Man dürfte sich doch freuen! Warum zittern sie?
Sie sagen: „Wir sind redliche Leute, ehrliche Leute. Was wird jetzt für ein Eindruck in Ägypten entstehen, wenn bei dem einen das Geld wiedergefunden wurde?“ Merkt ihr? Der Gedanke ist: „Das sind Betrüger.“ Genau dieser Gedanke, dass sie das Geld wieder mitgenommen haben. Dieser Gedanke entsteht: „Wir machen den Eindruck im Ägyptenland, als ob wir unehrliche Leute wären.“
Deshalb hat Joseph gesagt: „Gebt das Geld zurück.“ Versteht ihr? Um das Gewissen wachzurufen. „Was hat Gott uns da getan?“ Und sie denken, sie erkennen, dass Gott hinter der ganzen Sache steht. Schön langsam fangen sie an, die Sprache Gottes zu verstehen.
Sie kamen zu Jakob, ihrem Vater, im Lande Kanaan und berichteten ihm alles, was ihnen widerfahren war. Gut so! „Der Mann, der Herr des Landes, der redete hart mit uns und behandelte uns wie Kundschafter des Landes. Wir sagten ihm, wir sind ehrliche Leute, gell Papa, wir sind doch ehrliche Leute. Wir sagen, wir sind ehrliche Leute, wir sind nicht Kundschafter. Zwölf Brüder sind wir, Söhne unseres Vaters, und der eine ist nicht mehr.“
„Gelbvater, der eine ist ja nicht mehr, oder? Der Jüngste ist heute bei unserem Vater im Lande Kanaan.“ Und der Mann, der Herr des Landes, sagt jetzt zu uns: „Daran will ich erkennen, dass ihr ehrliche Leute seid.“ Merkt ihr etwas? Sie wiederholen das Gleiche und denken immer noch nicht daran, dem Vater die Wahrheit zu sagen, von dem, was vor 22 Jahren eigentlich wirklich passiert ist.
„Wir sind ehrliche Leute“, das ist ihnen so klar wie nichts. Und der eine ist nicht mehr. Wäre es nicht jetzt an der Zeit gewesen, sich vor dem Vater hinzuwerfen und zu sagen: „Vater, wir haben da eine Schuld zu begleichen. Wir sind gar keine ehrlichen Leute. Wir haben 22 Jahre gelogen, Vater, und zwar alle miteinander, so wie wir hier stehen. Wir haben dir in die Augen geschaut und dir Lügen erzählt.“ Wäre es jetzt nicht Zeit gewesen, ehrlich zu werden?
Der Mann, der Herr des Landes, sagte zu uns: „Daran will ich erkennen, dass ihr ehrliche Leute seid: Einen eurer Brüder lasst bei mir. Und nehmt den Hungerbedarf eurer Häuser und zieht hin, und bringt euren jüngsten Bruder zu mir. Ich werde erkennen, dass ihr nicht Kundschafter seid, sondern ehrliche Leute. Euren Bruder werde ich euch geben, und ihr dürft im Lande verkehren.“
Und es geschah, als sie ihre Säcke leerten: Siehe, ein jeder hatte das Bündel seines Geldes in seinem Sack. Sie und ihr Vater sahen die Bündel ihres Geldes, und sie fürchteten sich. Betrüger, oder? Betrüger, die das Geld wieder mitgenommen haben. So macht es den Anschein im Ägyptenland, als hätten sie den Weizen gestohlen.
Jakobs Kampf mit dem Loslassen
Ja, jetzt kommt Jakobs Schule, Vers 36. Und ihr Vater Jakob sagte zu ihnen: „Ihr macht mich kinderlos. Joseph ist nicht mehr, Simeon ist nicht mehr, und Benjamin wollt ihr mir auch noch nehmen.“
Nun, Simeon war zwar noch am Leben, aber er war nicht da, er saß im Gefängnis. Für Jakob war es so, als hätte er Simeon bereits verloren. Und jetzt sollte er auch noch Benjamin hergeben. Es ist alles gegen mich, denkt Jakob. Er ahnt, dass er seine ganze Familie verliert, und diesen Söhnen hier kann er nicht trauen.
So sieht der Mann aus, den der Herr züchtigt. So sieht der Mann aus, den der Herr verändert, dessen Charakter weiterhin geformt wird. Es geht immer tiefer. Jakob meint, er hätte schon viel durchgemacht und wäre jetzt am Ende der Schule Gottes angekommen, doch es geht weiter mit der Schule Gottes an ihm. Es geht immer tiefer, damit Gott verherrlicht wird. Es geht nach unten, es geht abwärts.
Wir haben ein Lied, ich weiß nicht, ob es bekannt ist. Dort heißt es von dem Herrn Jesus: „Tiefer noch muss die Liebe gehen, er hat sich an unseren Platz gestellt, er wurde Mensch in Leid und Wehen, er starb für eine verlorene Welt.“ Kennt ihr das Lied? Tiefer noch muss die Liebe gehen – der Herr Jesus ist noch tiefer gegangen.
Wenn wir Tiefen erleben, ist es gut, daran zu denken, welche Tiefen der Herr Jesus durchlebt hat und wie weit sein Gang nach unten ging. Jakob steht hier also irgendwie am Ende: „Es ist alles gegen mich.“ Jakob meint, alles arbeitet gegen ihn. Er denkt sich: Was kommt jetzt noch? Ich habe fast alles verloren, nur noch Benjamin habe ich, meinen geliebten Benjamin.
Alles ist gegen mich, so meint er. Aber in Wirklichkeit, wenn er hinter die Kulissen schauen könnte, würde er sehen, dass alles für ihn arbeitet. Gott schickt die Hungersnot für Jakob und sagt ihm: Bring Benjamin nach Ägypten, dann bekommst du deine Familie zurück. Alles arbeitet für ihn.
Manchmal denken wir in unserem Leben auch, alles arbeitet gegen mich. Schlag auf Schlag geht alles schief, und wir merken nicht, dass gerade alles für uns arbeitet. Zur Heiligung, zur Bewahrung hier, zur Bewahrung und Vermehrung des Samens Jakobs, damit dieses Volk Israel entstehen kann, damit die Verheißung erfüllt wird, damit der Messias aus diesem Volk kommen kann und der Segen zur ganzen Welt hinausgeht.
Wie kommt der Segen Abrahams in die Welt? Das ist die große Frage am Ende des ersten Buches Mose. Wie kommt der Segen Abrahams in die ganze Welt? Die Lösung ist: Benjamin loslassen.
Da sind wir jetzt an dem Punkt: Du musst alles loslassen. Ruben sagte zu seinem Vater: „Wenn ich ihn dir nicht zurückbringe, so töte meine beiden Söhne. Gib ihn in meine Hand, und ich bringe ihn dir wieder.“ Jetzt wacht Ruben auf und denkt daran, dass er der Älteste in der Familie ist und Verantwortung übernehmen soll. Er ist bereit. Ja, der Herr arbeitet auch an Ruben, an seinem Charakter.
Jakob schaut Ruben an und sagt: „Du Ruben, gerade du, der du des Vaters Bett bestiegen hast, niemals vertraue ich dir Benjamin an.“ Auf ihn kann Jakob sich nicht verlassen. Das ist hart, aber der Vater Jakob hat schlechte Erfahrungen mit Ruben gemacht.
Bis zu diesem Tag hat Ruben genauso mitgewacht wie die anderen Brüder, hat auch geschwiegen bezüglich Josef und an der Lüge festgehalten.
Vers 38: „Er aber sagte: Mein Sohn soll nicht mit euch hinabziehen, denn sein Bruder ist tot, und er allein ist übrig geblieben. Begegnet ihm ein Unfall auf dem Wege, auf dem ihr zieht, so würdet ihr mein graues Haar mit Kummer hinabbringen in das Reich des Todes.“
Jakob klammert sich an das Letzte, was er noch hat, an diesen Benjamin. Aber Gott wird ihn noch lehren müssen, auch das loszulassen. Alles loszulassen – wirklich alles.
Die erneute Hungersnot und Jakobs Loslassen
Und dann, was lesen wir? Kapitel 43, Vers 1: „Und der Hunger war schwer im Land, der Hunger war schwer im Land.“ Jakob wird wohl jeden Tag gebetet haben: „Herr, schenke uns Regen, schenke uns Regen.“ Doch kein Tropfen fiel.
Was muss der Herr alles tun, bis wir das loslassen, woran wir uns so klammern? Etwas Irdisches, das uns doch wichtig und lieb geworden ist. Und wir sagen: „Herr, du kannst alles haben, aber bitteschön nicht das eine, lass mir dieses eine.“ Doch der Herr sagt: „Nein, nicht so.“
Merkt ihr etwas? Im Kapitel 43 wird dreimal statt Jakob der Name Israel gelesen. Dreimal wird hier Jakob Israel genannt: in Vers 6, in Vers 8 und in Vers 11. Das ist nicht von ungefähr, sondern ganz bewusst steht hier der Name Israel.
Und warum? Gott schickt eine Hungersnot. Er lässt die Hungersnot stärker und stärker werden, der Himmel bleibt verschlossen, und Gott erhört das Gebet von Jakob nicht. Warum nicht? Man könnte meinen, er erhöre das Gebet nicht, weil er es einfach nicht will. Vielleicht, weil Jakob zu wenig gebetet hat. Andere sagen, er habe vielleicht zu wenig geglaubt. Unsinn!
Gott erhört das Gebet nicht, weil er Jakob liebt – und weil er ihn über alles liebt und einfühlsam ist. Deshalb erhört er das Gebet nicht, weil er ein guter Vater ist, der himmlische Vater. Jakob merkt nicht, dass Gott die Hungersnot geschickt hat, damit er jetzt bereit wird, Benjamin loszulassen.
Und wisst ihr, wenn die Hungersnot jetzt aufgehört hätte, hätte Benjamin jemals Ägypten verlassen? Niemals. Aber jetzt, wenn der Hunger groß wird und die Schafe fast verhungern beziehungsweise sterben, man muss ein Schaf nach dem anderen schlachten, wird es kritisch. Ohne Hunger wäre er nicht bereit gewesen. Deshalb dieser Hunger.
Es geschah, als sie das Getreide, Vers 2, aufgezehrt hatten, das sie aus Ägypten gebracht hatten, sagte ihr Vater zu ihnen: „Zieht wieder hin, kauft uns ein wenig Speise!“ Und wer wacht jetzt auf? Juda!
Juda sagte zu ihm: „Der Mann hat uns ernstlich gewarnt: Ihr sollt mein Angesicht nicht sehen, es sei denn, euer Bruder ist bei euch. Wenn du unseren Bruder mit uns sendest, wollen wir hinabziehen und dir Speise kaufen. Wenn du ihn aber nicht sendest, so ziehen wir nicht hinab. Denn der Mann sagte zu uns: Ihr sollt mein Angesicht nicht sehen, es sei denn, euer Bruder ist bei euch.“
Wisst ihr, Juda – nicht umsonst ist es Juda, der hier spricht. Ruben weiß, er kann nichts mehr erreichen. Simeon ist nicht da. Levi hat auch verspielt, seit er mit Simeon diesen Meuchelmord begangen hat. Jetzt kommt der Nächste dran, und das ist Juda.
Juda ist durch eine Schule Gottes gegangen in den letzten zwanzig Jahren. Wir haben in Kapitel 38 am ersten Abend davon gelesen. Juda ist einer, an dem Gott arbeiten konnte, weil er Gott an sich arbeiten ließ. Und jetzt merkt Juda etwas: Er muss Verantwortung übernehmen.
Er setzt sich ein, beginnt hier zu reden mit dem Vater. Und der Vater, Vers 6, sagt: „Israel sagte: Warum habt ihr mir das Leid angetan, dem Mann mitzuteilen, dass ihr noch einen Bruder habt? Ihr seid doch sonst so gut im Lügen, hättet ihr nicht ein bisschen lügen können?“
Es geht um eine Frage der Wahrheit, oder? Sie sagen: „Der Mann erkundigte sich genau nach uns und nach unserer Verwandtschaft. Lebt euer Vater noch? Habt ihr noch einen Bruder?“ Und wir teilten es ihm mit. Nach diesen Worten konnten wir denn wissen, dass er sagen würde: „Bringt euren Bruder herab?“ Ja, sonst hätten wir ihn schon angelogen, oder? Wenn wir das gewusst hätten.
Vers 8: Und Juda sagte zu Israel, seinem Vater – wiederum wird Jakob Israel genannt – „Sende den Knaben mit mir, und wir machen uns auf und gehen, dass wir leben und nicht sterben müssen, sowohl wir als auch du als auch unsere Kleinen. Ich selber bürge für ihn. Von meiner Hand sollst du ihn fordern. Wenn ich ihn dir nicht bringe und ihn vor dein Angesicht stelle, so will ich alle Tage gegen dich gesündigt haben.“
Denn hätten wir nicht gezögert, gewiss wären wir jetzt schon zweimal zurückgekehrt. Juda fällt hier auf. Juda hatte gelernt. Juda war hart gewesen. Juda selber war es gewesen, der Joseph verkauft hatte. Juda war dieser egoistische Kerl gewesen, der auf Lustbefriedigung aus war. Juda war hart gewesen gegen Thamar damals und auch gegen sich selbst.
Aber jetzt will er Verantwortung übernehmen. Jetzt zeigt er Führungsqualitäten. Er ist bereit, sein Leben hinzugeben als Pfand für Benjamin. Er sagt zum Vater: „Ich bürge für ihn.“ Das sind Führungsqualitäten.
Das erste Mal lebt Juda hier zum Wohl der Familie. Das erste Mal merken wir, dass er wirklich an die Familie denkt, an den Vater denkt, dass er sich in den Vater hineinversetzt. Wisst ihr, ein Bruder hat einmal ein Wort gesagt, das habe ich nie vergessen: „Hauptsein heißt, das Haupthinhalten.“ Es geht um Führungsqualitäten.
Was heißt, Haupt zu sein? Was heißt, Haupt einer Familie zu sein? Das heißt, bereit zu sein, das eigene Haupt hinzuhalten. Und hier ist Juda bereit. Wie hat Gott Juda verändern können? Juda ging durch eine harte Schule mit seinen Kindern, die er verloren hat, und seiner Frau, die er verloren hat, und seinem guten Ruf, den er verloren hat, bis er sich schließlich zu seiner Sünde stellte.
Hauptsein heißt das Haupthinhalten.
Vers 11: Und Israel, ihr Vater, sagte zu ihnen: „Wenn es denn so ist, dann nehmt ihn.“ Er schaut Juda an und sieht diesen Mann. Er weiß, was Juda durchlebt hat und hat die Veränderung in ihm gesehen.
„Wenn es denn so ist, dem Juda, dir vertraue ich den Benjamin an. Wenn es denn so ist, so tut dies: Nehmt vom besten Ertrag des Landes in eure Gefäße und bringt dem Mann ein Geschenk hinab – ein wenig Balsam und ein wenig Traubenhonig, Tragerkant, Ladanum, Pistazien und Mandeln.“
Es ist ein bisschen lustig, wenn man das liest, als ob der Verwalter von Ägypten, der alles hat, was er haben kann, irgendwie beeindruckt wird, wenn er ein bisschen Honig und ein paar Mandeln und Pistazien bekommt. Aber das ist halt Jakob, oder? Vielleicht kann er das Herz erweichen durch die Mandeln und den Honig.
„Nehmt doppeltes Geld in eure Hand und bringt das Geld, das euch oben in euren Säcken zurückgegeben worden ist, damit ihr ja nicht als unehrliche Leute erscheint dort. Nehmt das Geld in eure Hand zurück, vielleicht war es ein Irrtum. Nehmt euren Bruder, nehmt euren Bruder Benjamin und macht euch auf und kehrt zu dem Mann zurück.“
Und jetzt ist Jakob bereit, loszulassen. Deshalb heißt er hier Israel, weil hier der Israel wirklich Israel ist – ein Mann, den Gott verändern konnte, den Gott dahin bringen konnte, dass er alles loslässt, was er noch liebt. Dreimal Israel.
Und so kehrt der Mann zurück, Vers 14: „Und Gott, der Allmächtige, El Shaddai, gebe euch Barmherzigkeit vor dem Manne, dass er euch, euren anderen Bruder und Benjamin freilasse.“
Jetzt erwähnt Jakob den El Shaddai. Was heißt El Shaddai? Gott, der kann. Gott, der kann.
Jetzt lernt Jakob Ergebung in die Hand dessen, der alles kann. Und wenn ich mein Liebstes hergeben muss, dann soll ich mich in die Hände von El Shaddai werfen, dem Gott, dem Allmächtigen, der auch mit meiner Situation fertig werden kann – mit meinem Verlust.
Wie sehr hat sich Jakob verändern lassen! Gott hat ihm seine Selbstsicherheit weggenommen, und Gott hat ihm alles weggenommen. Es bleibt ihm nur noch Gott übrig, dass er nur noch auf Gott vertraut. Das hat auch Abraham lernen müssen. Hier ist Jakob dran, der das lernt.
Da darf man sich selber fragen: Wie steht es in meinem Leben? Was umklammere ich so? Es sind so viele Dinge, die ich umklammere. Bin ich bereit, das ein bisschen loszulassen?
Was sagt er? „El Shaddai gebe euch Barmherzigkeit vor dem Manne, dass er euch euren anderen Bruder und Benjamin freilasse. Und ich, wenn ich der Kinder beraubt bin, so bin ich der Kinder beraubt. Und ich, wenn Gott es so haben will, dass er mir alles wegnimmt, dann sei es so, dann nehme er mir alles weg.“
Das heißt loslassen. Das ist wirklich eine wunderbare Frucht der Erziehung Gottes, einer langen Erziehung Gottes.
Aber wisst ihr, Gott hat ihnen doch versprochen: „In deinem Samen werden gesegnet werden die ganzen Geschlechter der Erde. Ich werde deinen Samen viel machen, reich machen.“ Wird er seine Kinder verlieren? Wo ist denn der Glaube an die Verheißung?
Er hatte eine ganz klare Verheißung. Also seine Resignation ist ganz unbegründet. Wenn er sich an das Wort Gottes erinnert, dann darf er wissen: Gott hat alles in der Hand, Gott hat alles im Griff.
Es sind so wichtige Lektionen für unser Leben, die wir hier mitnehmen können. Wir sollen nicht schnell denken, dass irgendein Umstand gegen uns ist. Nicht schnell sagen: „Alles ist gegen mich.“ Gott hat den viel besseren Überblick und er ist viel gütiger, als wir denken.
Gott ist viel liebevoller und viel feinfühliger, als wir ahnen. Er denkt die ganze Zeit an mich und an uns hier und an jeden einzelnen von uns.
Nicht resignieren und schon gar keine Vorwürfe machen dem Herrn.
Und die zweite Lektion: Glaube ehrt Gott und hält sich ans Wort Gottes, an das, was Gott gesagt hat. Es gibt Sünder, es gibt… wir haben große Verheißungen. Große Verheißungen für die Zukunft, die über den Tod hinausgehen.
Es gibt wirklich keinen Grund zum Verzweifeln, überhaupt nicht. Und Gott hat auch Verheißungen für das irdische Leben gegeben, aber nicht immer. Nicht immer ist es so, dass wir im irdischen Leben immer den Besseren ziehen, sozusagen.
Nein, aber wir haben eine herrliche Hoffnung über den Tod hinaus.
Ja, gehen wir zurück zur Geschichte. Oder vielleicht sollten wir hier die Pause machen.
Die Rückkehr nach Ägypten mit Benjamin
Ja, gut. Wir sind in Kapitel 43, Vers 15. Da nahmen die Männer dieses Geschenk, nahmen doppeltes Geld in ihre Hand und Benjamin, und machten sich auf und zogen nach Ägypten hinab. Sie traten vor Joseph.
Als Joseph Benjamin bei ihnen sah, sagte er zu dem, der über sein Haus war: „Führe die Männer ins Haus, schlachte Schlachtvieh und richte zu, denn die Männer sollen mit mir zum Mittag essen.“ Der Mann tat, wie Joseph gesagt hatte, und führte die Männer in das Haus Josephs.
Da fürchteten sich die Männer, die in das Haus Josephs geführt wurden, und sagten: „Wegen des Geldes, das am Anfang wieder in unsere Säcke gekommen ist, werden wir hineingeführt, damit man über uns herstürze und uns zu Sklaven nehme – samt unseren Eseln.“ Ägyptische Sklaverei, das ist das Schlimmste, was uns passieren kann. Davor graut man. Die gleichen Leute hatten sich gar nichts dabei gedacht, als sie Josef in die ägyptische Sklaverei verkauften. Jetzt kommt es zurück.
In Vers 19 sieht man, dass die Angst begründet ist. Denn wenn sie jetzt als unehrliche Leute dastehen, dann sind sie Kundschafter. Kundschafter müssen sterben oder in die Sklaverei. Sie traten zu dem Mann, der über das Haus Josephs war, und redeten zu ihm am Eingang des Hauses: „Bitte, mein Herr!“
Im Hebräischen ist das Wort für „Bitte“ übrigens ein kleines Partikelchen, das man anhängt. Es wird oft übersetzt als „ach“ oder „doch“ oder ähnlich, aber es ist genau das Wort, das einer Bitte Ausdruck verleiht. Sie sagten: „Bitte, mein Herr, wir sind am Anfang herabgezogen, um Speise zu kaufen. Als wir in der Herberge ankamen und unsere Säcke öffneten, siehe, da war von jedem Geld oben in seinem Sack, unser Geld nach seinem Gewicht, und wir haben es in unsere Hand zurückgebracht. Außerdem haben wir anderes Geld in unserer Hand mitgebracht, um Speise zu kaufen. Wir wissen nicht, wer unser Geld in unsere Säcke gelegt hat.“
Der Mann sagte: „Friede euch, fürchtet euch nicht! Euer Gott und der Gott eures Vaters hat euch einen Schatz in eure Säcke gegeben. Euer Geld ist mir zugekommen.“ Dann führte er Simeon zu ihnen heraus.
Der Mann führte die Männer in das Haus Josephs, gab ihnen Wasser, und sie wuschen sich die Füße. Er gab ihren Eseln Futter. Sie bereiteten das Geschenk zu, bis Josef am Mittag kam, denn sie hatten gehört, dass sie dort essen sollten.
Als Josef nach Hause kam, brachten sie ihm das Geschenk, das in ihrer Hand war, ins Haus und beugten sich vor ihm nieder zur Erde. Er fragte nach ihrem Wohlergehen und sagte: „Geht es eurem alten Vater gut, von dem ihr gesagt habt: Lebt er noch?“
Josephs Sehnsucht nach Offenbarung und die besondere Ehre für Benjamin
Hier sollten wir kurz eine Pause machen. Josef fragt nach dem Vater. Früher habe ich immer gedacht: Ja klar, er fragt nach dem Vater, weil er an ihm interessiert ist, an seinem Wohlergehen. Natürlich fragt er nach dem Vater.
Doch schon am Anfang der Geschichte, als wir begonnen haben, Josefs Geschichte zu lesen, haben wir gesagt: Wir sollen immer daran denken, dass es die Geschichte Jakobs ist. Dies ist die Geschichte Jakobs. Wir sollen sie immer wieder aus dem Blickpunkt Jakobs betrachten, mit seinen Augen sehen.
Hier fragt Josef nach seinem Vater, und er fragt die Brüder. Dabei möchte er nicht nur selbst wissen, wie es dem Vater geht, sondern auch, dass die Brüder immer wieder an den Vater denken. Er will, dass sie lernen, sich um den Vater zu kümmern.
Vers 28: Und sie sagten: „Es geht deinem Knecht, unserem Vater, gut, er lebt noch.“ Und sie verneigten sich und beugten sich nieder.
Josef erhob seine Augen und sah seinen Bruder Benjamin, den Sohn seiner Mutter. Er fragte: „Ist das euer jüngster Bruder, von dem ihr zu mir gesagt habt?“ Und er sagte: „Gott sei dir gnädig, mein Sohn!“ Nun konnte er sich nicht mehr zurückhalten.
Josef eilte, denn sein Innerstes wurde erregt über seinen Bruder. Er suchte einen Ort, um zu weinen, ging in das innere Gemach und weinte dort. Er kann sich den Brüdern noch nicht offenbaren. Er kann nicht sagen: „Brüder, ich bin Josef“ oder „Benjamin, ich bin Josef“. Er kann noch nicht.
Die Brüder sind immer noch nicht wirklich zur Buße bereit. Wie gerne hätte er sie umarmt, und wie gerne hätte Benjamin ihn umarmt. Doch er darf noch nicht.
Vers 31: Er wusch sein Gesicht, kam heraus, bezwang sich und sagte: „Tragt Speise auf!“ Man trug für ihn besonders auf, für sie besonders und für die Ägypter, die mit ihnen aßen, ebenfalls besonders. Denn die Ägypter durften nicht mit den Hebräern essen; das war ihnen ein Gräuel.
Sie saßen vor ihm, der Erstgeborene nach seiner Erstgeburt und der Jüngste nach seiner Jugend, das heißt der Reihe nach nach dem Alter. Die Männer sahen einander staunend an.
Man trug Ehrengerichte von Josef zu den Brüdern. Das Ehrengericht Benjamins war fünfmal größer als die Ehrengerichte von allen anderen. Sie tranken und feierten fröhlich mit ihm.
Warum bekam Benjamin fünfmal so viel Essen? Das konnte er doch gar nicht alles aufessen. Warum erhielt Benjamin so viel?
Wir könnten sagen: „Ja klar, Josef liebt Benjamin.“ Richtig, Josef liebt Benjamin. Aber Josef möchte noch etwas anderes. Er möchte Benjamin ganz bewusst hochheben und bevorzugen, so wie früher Vater Jakob Josef bevorzugt hatte.
Außerdem möchte er seine Brüder prüfen: Wie reagieren sie jetzt? Schon wieder Benjamin! Der kriegt immer mehr, das ist der Liebling vom Vater, und so weiter. Wie werden sie reagieren?
Wir werden es gleich sehen.
Die Prüfung mit dem silbernen Becher
Kapitel 44
Und er befahl dem Verwalter seines Hauses: Fülle die Säcke der Männer mit so viel Speise, wie sie tragen können, und lege das Geld eines jeden oben in seinen Sack. Meinen silbernen Becher aber sollst du oben in den Sack des Jüngsten legen, zusammen mit dem Geld für sein Getreide.
Und er handelte nach dem Wort, das Joseph gesprochen hatte.
Als der Morgen anbrach, wurden die Männer entlassen, sie und ihre Esel. Sie waren gerade erst aus der Stadt hinausgegangen und noch nicht weit, da sagte Joseph zu dem, der über sein Haus war: „Mach dich auf, jage den Männern nach, und wenn du sie eingeholt hast, so sage zu ihnen: Warum habt ihr Böses für Gutes vergolten? Ist es nicht der Kelch, aus dem mein Herr trinkt und aus dem er zu Wahrsagen pflegt? Ihr habt übel gehandelt mit dem, was ihr getan habt!“
Er erreichte sie und sprach diese Worte zu ihnen. Sie antworteten: „Warum redet mein Herr solche Worte? Fern sei es von deinen Knechten, so etwas zu tun! Siehe, das Geld, das wir oben in unseren Säcken fanden, haben wir dir aus dem Land Kanaan zurückgebracht.“
Damals war die Lage noch knapp, oder? Zuerst hieß es, wir seien unehrliche Leute, oder zumindest entstand der Eindruck, wir könnten unehrlich sein. Zum Glück ist jetzt alles geregelt, unser Ruf ist wiederhergestellt, und wir sind ehrliche Leute. Wir gehen jetzt erhobenen Hauptes aus Ägypten als ehrliche Leute, und wir haben es bestätigt. Den Benjamin haben wir auch mitgebracht. Wir sind ehrliche Leute, bitteschön, okay?
Sie sagten: „Siehe, das Geld, das wir oben in unseren Säcken fanden, haben wir dir aus dem Land zurückgebracht. Wie sollten wir aus dem Hause deines Herrn Silber oder Gold stehlen? Bei wem von deinen Knechten es gefunden wird, der soll sterben. Dazu wollen wir meinem Herrn Knechte sein.“
Jetzt kann man ja reden: Wir sind ehrliche Leute, wir haben unseren Ruf wieder. Aber man soll nicht vorschnell reden.
„Bei wem von deinen Knechten der Kelch gefunden wird, der soll sterben.“ Wisst ihr, von wem sie das gelernt haben? Von Papa Jakob. Das war damals ein paar Jahre früher. Da kam Laban und sagte: Einer von euch hat gestohlen. Was sagte Papa Jakob? Wer gestohlen hat, der soll sterben. Zum Glück ist Rahel damals nicht gestorben. Gott war sehr gnädig. Ja, was man nicht alles vom Vater lernt.
Und er sagte: „Nun, nach euren Worten soll es auch sein: Bei wem er gefunden wird, der sei mein Knecht. Ihr aber sollt schuldlos sein.“
Sie beeilten sich, setzten ihre Säcke auf die Erde und öffneten sie. Joseph durchsuchte die Säcke, angefangen beim ältesten Bruder bis zum Jüngsten. Im Sack Benjamins fand sich der Becher.
Jetzt steigt die Spannung: Wie werden sie reagieren? Benjamin, der Liebling des Vaters – was wird geschehen? Da zerrissen sie ihre Kleider, beluden ihre Esel und kehrten in die Stadt zurück.
Merkt ihr etwas? Lesen wir hier irgendwelche Vorwürfe gegen Benjamin? Gar nichts.
Vers 14: Judah und seine Brüder kamen in das Haus Josefs. Merken wir hier etwas? Das hätte ich nicht erwartet. Der Schreiber betont hier Judah. Er sagt nicht einfach: „Und die Brüder kamen in das Haus Josefs.“ Nein, es heißt: „Und Judah und seine Brüder kamen in das Haus Josefs.“ Judah wird hier herausgehoben.
Sie kamen in das Haus Josefs, der noch dort war, und sie fielen vor ihm nieder zur Erde. Judah rückt ins Zentrum. Sie sind überführt. Sie machen Benjamin keine Vorwürfe, kein Wort. Warum nicht? Sie zerreißen ihre eigenen Kleider.
Joseph sagte zu ihnen: „Was ist das für eine Tat, die ihr getan habt? Wusstet ihr nicht, dass ein Mann wie ich wahrsagen kann?“
Und Judah, der jetzt ins Zentrum rückt, nimmt Verantwortung und Führung wahr. Er sagte: „Was sollen wir meinem Herrn sagen? Wie sollen wir uns rechtfertigen?“ Keine Rechtfertigung, kein beteuertes Unschuldsgelübde, keine Rede von „wir sind ehrliche Leute“.
Es ist Judah, der das Wort ergreift und sagt: „Gott hat die Ungerechtigkeit deiner Knechte gefunden.“ Kein Wort gegen Benjamin, kein Vorwurf. Warum nicht? Weil jeder sich seiner eigenen Schuld bewusst ist.
Jetzt sind sie bereit, die Sprache Gottes zu verstehen. Sie sind bereit, sich von Gott überführen zu lassen und Buße zu tun. Ja, jetzt sind sie bereit, sich ihrer Sünde zu stellen.
„Gott hat die Ungerechtigkeit deiner Knechte gefunden.“ Ja, welche Ungerechtigkeit, Judah? Welche Ungerechtigkeit? Es ist die Ungerechtigkeit von vor 22 Jahren, die sie all die Jahre durchgezogen haben. Gott hat das verlogene Wesen gefunden, unser betrügerisches Wesen und unser mörderisches Wesen.
Das Wort „Ungerechtigkeit“ heißt im Hebräischen auch „Schuld“. Vielleicht steht es auch in euren Übersetzungen so: „Gott hat die Schuld deiner Knechte gefunden.“
„Siehe, wir sind Sklaven meines Herrn, sowohl wir als auch der, in dessen Hand der Becher gefunden wurde.“ Jetzt stellt er sich zur Schuld und auch zu dem, was er verdient hat. Das muss jeder Mensch tun.
Das hier ist eine evangelistische Botschaft – eine bessere gibt es eigentlich gar nicht. Was ist echte Buße? Jeder muss sich zur Schuld stellen, auch wenn sie lange zurückliegt. Jeder muss bereit sein zuzugeben: „Es ist nichts Gutes an mir, und ich habe die Hölle verdient.“
Das ist ein guter Prüfstein, wenn man jemandem das Evangelium sagt, auch unseren Kindern: „Was wäre, wenn du jetzt sterben müsstest? Was wäre, wenn du jetzt vor Gott treten müsstest? Was meinst du, wohin würde Gott dich schicken? Wäre die Hölle genau das, was du verdienst?“
Ist die Hölle das, was du verdienst? Das ist ein guter Prüfstein, oder? Hast du die Hölle verdient? Überlege mal.
Und wenn er sagt: „Ja, ich habe die Hölle verdient,“ dann gibt es Hoffnung. Wenn er sagt: „Nein, nein, so schlimm bin ich nicht,“ dann hat er das Evangelium noch nicht verstanden. Er hat noch nicht die Schuldhaftigkeit verstanden, noch nicht, wie schuldhaft wir sind und wie viel Sünde wir auf uns geladen haben.
„Gott hat die Schuld deiner Knechte gefunden, und wir haben nichts mehr zu sagen, nichts zu entschuldigen.“ Das ist echte Buße. Kein „aber“, nichts. Ich stelle mich hundertprozentig dazu.
Und Joseph sagte: „Fern sei es von mir, so etwas zu tun! Der Mann, in dessen Hand der Becher gefunden wurde, soll mein Knecht sein. Ihr aber zieht in Frieden zu eurem Vater. Ihr zehn seid frei, Benjamin bleibt hier als Sklave.“
Pah! Wie werden sie jetzt reagieren? Das war genau die Situation vor zweiundzwanzig Jahren: Wir zehn gehen nach Hause zum Vater, und einer geht in die ägyptische Sklaverei.
Das ist genau die Situation vor 22 Jahren, und vor dieser Situation muss er sich noch einmal ganz bewusst stellen. Joseph führt sie noch einmal bewusst in diese Lage hinein. Er weiß genau, was er tut.
Wie haben sie damals reagiert? Und jetzt ist die Frage: Wie werden sie jetzt reagieren? Jetzt ist die letzte Prüfung ihrer Herzen.
Werden sie Benjamin in die Sklaverei schicken? Und denken sie an den Vater? Haben sie damals an den Vater gedacht, was es für ihn bedeutet hat, Josef zu verlieren?
„Was kümmert mich der Vater?“ Die ganze Macht Ägyptens konzentriert sich hier auf Judah, den Mann, der den Bruder verkauft hat.
Und jetzt steht Judah auf. Das ist die Kernfrage der ganzen Geschichte: Wie viel ist Benjamin in seinen Augen wert? Wie viel ist das Wohlergehen des Vaters ihm wert?
Versteht ihr? Dort führt er sie jetzt hin – zu diesen zwei Punkten.
Judahs Fürsprache und die Offenbarung Josefs
Da trat Juda zu ihm und sagte: Er spricht stellvertretend für alle Brüder: „Bitte, mein Herr, dürfte doch dein Knecht ein Wort zu den Ohren meines Herrn sprechen, und möge dein Zorn nicht gegen deinen Knecht entbrennen, denn du bist wie der Pharao.“
Mein Herr fragte seine Knechte: „Habt ihr noch einen Vater oder einen Bruder?“ Wenn wir jetzt die nächsten Verse lesen, achten wir darauf, wie oft hier der Name „Vater“ und „mein Vater“ vorkommt. Wir haben bemerkt, dass in all diesen Kapiteln die Aufmerksamkeit auf das Wohlergehen des Vaters gerichtet sein soll.
Achten wir darauf, wie Juda über den Vater spricht:
Vers 20: „Wir sagten zu meinem Herrn: Wir haben einen alten Vater und einen jungen Knaben, der ihm im Alter geboren wurde. Dessen Bruder ist tot, und er allein ist von seiner Mutter übrig geblieben, und sein Vater liebt ihn. Und du hast zu deinen Knechten gesagt: ‚Bring ihn zu mir herab, damit ich mein Auge auf ihn richte.‘ Und wir sagten zu meinem Herrn: Der Knabe kann seinen Vater nicht verlassen. Verließ er seinen Vater, so würde er sterben.“
Vers 23: „Und du hast zu deinen Knechten gesagt: ‚Wenn euer jüngster Bruder nicht mit euch herabkommt, sollt ihr mein Angesicht nicht mehr sehen.‘“
Und es geschah, als wir zu deinem Knecht, meinem Vater, hinaufgezogen waren, da berichteten wir ihm die Worte meines Herrn. Unser Vater sagte: „Zieht wieder hin und kauft ein wenig Speise.“ Wir aber sagten: „Wir können nicht hinabziehen, wenn unser jüngster Bruder nicht bei uns ist. Wollen wir hinabziehen, dürfen wir das Angesicht des Mannes nicht sehen, ohne dass unser jüngster Bruder bei uns ist.“
Und dein Knecht, mein Vater, sagte zu uns: „Ihr wisst, dass meine Frau mir zwei Söhne geboren hat. Der eine ist von mir weggegangen, und ich sage dir wahrhaftig, er ist zerrissen worden, und ich habe ihn nicht mehr gesehen bis jetzt. Nimm auch diesen von mir weg, und es begegnet ihm ein Unglück, so werdet ihr mein graues Haar mit Unglück hinabbringen in das Reich des Todes.“
Und nun, wenn ich zu deinem Knecht, meinem Vater, zurückkomme, und der Knabe nicht bei uns ist, und seine Seele an dessen Seele hängt, so wird es geschehen, dass er stirbt, wenn er sieht, dass der Knabe nicht da ist. Deine Knechte werden das graue Haar deines Knechtes, unseres Vaters, mit Kummer hinabbringen in den Bereich des Todes, in das Totenreich.
Man merkt, wie Juda bewegt ist über das Schicksal des Vaters und über das Schicksal seines ersten Bruders, und über das, was mit Benjamin geschehen soll. Was wäre das für ein Unglück, das den Vater jetzt treffen würde, wenn ich ohne Benjamin zurückkehrte?
Juda hat gesehen, dass sein Vater nicht mehr derselbe war, seit Joseph weg war, dass er diesen Verlust Josephs nicht verkraftet hat. Juda hat gesehen, wie Leid und Trauer einen Menschen niederbeugen können. Er hat selbst Leiden erleben müssen, bis ihm die Augen aufgegangen sind. Er weiß, dass der Vater einen zweiten solchen Schlag nicht überleben wird.
Aber er ist bekümmert um den Vater, um den Schmerz des Vaters. Er denkt an das Herz des Vaters.
Vers 32: „Denn dein Knecht ist für den Knaben Bürge geworden bei meinem Vater. Und ich sagte: Wenn ich ihn dir nicht bringe, will ich alle Tage gegen meinen Vater gesündigt haben. Und nun, lass bitte deinen Knecht anstatt des Knaben bleiben. Lass mich deinen Knecht anstatt des Knaben bleiben als Knecht meines Herrn, und der Knabe ziehe hinauf mit seinen Brüdern.“
Was ist mit Juda passiert? Was ist aus Juda geworden? Er ist jetzt bereit, sein Leben in die ägyptische Sklaverei zu geben – für Benjamin und für den Vater, damit der Vater weiterleben kann und Benjamin zu seinem Vater zurückkehren kann.
Er erkennt jetzt das Leid, das er selbst dem Vater zugefügt hat, als er Joseph verkauft hat. Jetzt erkennt er es. Und so etwas darf nie wieder geschehen. Er ist bereit zu leiden für die Brüder.
Versteht ihr, was echte Buße ist? Darum geht es: Was ist echte Umkehr? Hier findet wirklich eine gründliche Seelenübung statt. Diese Brüder, vor allem Juda, haben erkannt, was sie durch ihre Sünde dem Vater angetan haben. Vorher war ihnen der Vater egal gewesen.
Vers 34: „Denn wie sollte ich zu meinem Vater hinaufziehen, wenn der Knabe nicht bei mir ist, damit ich nicht das Unglück ansehen müsste, das meinen Vater treffen würde?“
So etwas darf sich nie mehr wiederholen, was damals geschehen ist, als Joseph verkauft wurde. Das ist echte Buße.
Es ist kein Wunder, dass wir im nächsten Vers lesen: Er konnte sich nicht mehr beherrschen, vor allem nicht vor denen, die um ihn standen. Er rief: „Lasst alle von mir hinausgehen!“ Und es stand niemand bei ihm, als Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gab.
Er erhob seine Stimme mit Weinen, und die Ägypter hörten es, und das Haus des Pharaos hörte es. Joseph sagte zu seinen Brüdern: „Ich bin Joseph!“ Stellt euch das vor: Da stehen die Brüder, und jetzt spricht er auf Hebräisch zu ihnen: „Ich bin Joseph, den ihr nach Ägypten verkauft habt, in die Sklaverei.“
Da hat niemand von ihnen mehr gesprochen. Vielleicht sind sie einen Schritt zurückgegangen. Denn Joseph sagt zu ihnen: „Tretet her zu mir, tretet her zu mir, ich bin Joseph.“ Seine Brüder konnten ihm nicht antworten. Da stehen Ruben, Simeon, Levi und all die anderen.
„Tretet doch her zu mir!“ Sie trauten sich heran, und er sagte: „Ich bin Joseph, euer Bruder, den ihr nach Ägypten verkauft habt.“
Jetzt wird die Familie geeint, weil echte Buße stattgefunden hat. Jetzt kann vergeben werden, weil echte Buße stattgefunden hat. Der Herr hat die Ungerechtigkeit, die Schuld deiner Knechte gefunden.
Jetzt stellen sie sich zu ihm, und jetzt kann die Familie geheilt werden.
Gott ist auch so mit uns. Wir wollen vielleicht morgen noch ein bisschen darüber nachdenken: Wie kann die göttliche Familie geheilt werden? Wie kann zerbrochene Gemeinschaft zwischen Gott und Unterchristen geheilt werden?
Es geht um eine tiefe Seelenübung: zu erkennen, was habe ich dem anderen angetan, und was habe ich meinem Vater angetan? Denken wir manchmal darüber nach, welche Gefühle Gott hat, wenn wir sündigen? Denkt ihr oft darüber nach, wie sich Gott fühlt, wenn wir sündigen?
Man liest in 1. Mose 6,6: Gott sieht die Menschen an, dass sie sündigen, und es schmerzt ihn in seinem Herzen.
Hat Gott keinen Schmerz? Steht Gott über allen Dingen so drüber und sagt: „Ja, das kann mich alles nicht berühren“? Wenn ich zornig bin zu jemandem, wenn ich einen anderen mit Vorwürfen überhäufe, unfreundlich begegne oder den Beleidigten spiele usw. – verstehen wir das?
Wir stellen uns alle darunter. Wir sind diejenigen, die Gott, den himmlischen Vater, Schmerz bereitet haben.
Aber echte Buße bringt hier diese Familie zusammen.
Ich denke, wir wollen hier schließen, es ist auch Zeit. Aber wir wollen das mit nach Hause nehmen, was echte Buße ist. Wenn der Herr uns irgendetwas aufdeckt, gehen wir zum Herrn. Gehen wir zum Herrn in der Stille und sagen: „Herr, was habe ich dir angetan?“
Erneuern wir unsere Beziehung mit dem Herrn Jesus.
Von Georg Müller wird gesagt, dass er eine halbe Stunde im Schnee gekniet hat, weil er merkte, wie sein Leben, seine Beziehung zu Gott kalt geworden war. Dann bekannte er dem Herrn seine Sünden und vergaß, dass er im Schnee kniete. Sein Leben wurde erneuert, seine Beziehung zum Herrn wurde erneuert.
Das wollen wir auch tun. Wir brauchen ständige Erneuerung.
Und wenn jemand noch nicht Christ ist: Echte Buße kann wirklich Gemeinschaft herstellen mit dem himmlischen Vater. Dann lernen wir einen wirklichen Vater kennen, der großes Mitempfinden mit uns hat.
Wollen wir aufstehen zum Gebet, vielleicht wollen noch zwei, drei mit uns beten, und dann abschließen.
Wir wollen dir auch danken, dass du ein barmherziger Gott bist, ein mitfühlender Vater der Erbarmungen und Gottes jedes Trostes.
Wir danken dir, Vater, für dieses Bild von Jakob, der auch hier ein Schatten ist auf den viel größeren Vater.
Wir danken dir aber auch für Juda, der ein Schatten ist auf den Herrn Jesus Christus, der bereit war, nicht nur in die Sklaverei zu gehen für die Brüder, für uns, sondern der bereit war, die Hölle für uns zu durchleiden.
Wir danken dir, Vater, für den geliebten Herrn Jesus Christus, der unsere Hoffnung ist.
Wir danken dir auch, dass wir solche Geschichten und Wahrheiten in der Bibel haben.
Wir beten, dass du sie uns tief eingräbst und dass unsere Beziehung zu dir feurig sein darf, herrlich glühend, nicht strohfeurig, sondern kohlenglutmäßig – etwas, das bleibt.
Und wir beten, Herr, dass du dich weiterhin verherrlichst.
Danke auch für den heutigen Abend, für die Hilfe und für die Gnade, die wir von dir empfangen.
Amen.