Ein dramatisches Spiel und eine tiefere Tragödie
Wir schreiben den 26. Mai 1999. Bayern München spielt im Champions-League-Finale gegen Manchester United und führt bis zur 90. Minute mit 1 zu 0.
Für diejenigen, die sich im Fußball nicht so gut auskennen, sei gesagt: Das Champions-League-Finale ist das wichtigste Spiel für eine Vereinsmannschaft. Ein Spiel dauert nur 90 Minuten, und Bayern führt in der 90. Minute immer noch mit 1 zu 0.
Aber dann passiert aus bayerischer Sicht etwas Tragisches. In den letzten Sekunden des Spiels schießt Manchester zwei Tore, und Bayern verliert brutal mit 1 zu 2. In den letzten Sekunden wird der Sieg verfehlt, obwohl er so nah war.
Aber jetzt mal ganz ehrlich: Das ist nur Fußball, oder? Worum geht es wirklich? Es geht um Finanzen und Ruhm.
Viel tragischer ist es, wenn ein Mensch die Rettung Christi verfehlt, obwohl seine Rettung eigentlich so nah war. Genau das ist mein Predigtthema heute Morgen. Es lautet: Verfehlt und doch so nah.
Ich mache weiter in meiner Predigtreihe zum Römerbrief. Beim letzten Mal haben wir uns die göttliche Seite der Errettung angeschaut. Vielleicht könnt ihr euch noch an diese Medaille erinnern.
Die Errettung hat zwei Seiten: eine göttliche Seite und eine menschliche Seite. Auf der einen Seite der Medaille steht Gottes Souveränität oder seine Erwählung. Auf der anderen Seite steht die menschliche Verantwortung. Diese besteht darin, dass der Mensch glauben muss.
In der letzten Predigt ging es um die göttliche Seite. Heute geht es um die menschliche Seite, um die Verantwortung des Menschen, das Heilsangebot, das Gott dem Sünder macht, im Glauben anzunehmen.
Das Spannungsfeld zwischen Erwählung und menschlicher Verantwortung
In Römer 9 haben wir ein gewisses Dilemma beziehungsweise ein Spannungsfeld festgestellt. Viele Juden zur Zeit von Paulus haben das Evangelium nicht angenommen. Dabei sind sie doch Gottes erwähltes Volk.
Daraus ergibt sich die Frage: War Gott nicht fähig, sein Volk zu retten? Oder hat er seine Verheißung, die er seinem Volk gegeben hat, rückgängig gemacht? In Römer verteidigt Paulus jedoch das Evangelium und erklärt, dass Gott seinen Plan ausführt. Er führt ihn mit einem Überrest von Israel aus.
Nun betrachten wir die menschliche Seite, die darin besteht, dass Israel die Gerechtigkeit Gottes verfehlt hat. Das ist mein erster Punkt heute: die Tragödie, dass die Gerechtigkeit verfehlt wurde.
Zunächst sehen wir uns noch einige Verse in Kapitel 9 an. Den Schwerpunkt legen wir heute jedoch auf Kapitel 10.
Unterschiedliche Reaktionen auf das Evangelium
30 und 31 Was wollen wir nun sagen? Haben die Nationen, die nicht nach Gerechtigkeit strebten, dennoch Gerechtigkeit erlangt? Eine Gerechtigkeit, die aus Glauben ist? Israel aber, das einem Gesetz der Gerechtigkeit nachstrebte, ist nicht zum Gesetz gelangt.
Paulus sagt, Juden und Heiden haben unterschiedlich auf das Evangelium reagiert. Die Heiden – das haben wir in Römer 1 gesehen – haben gar nicht nach Gott gefragt. Wahrscheinlich haben sie in ihrem Leben nie auch nur einen Gedanken daran verloren, dem Gott Israels zu gefallen. Das war die Vergangenheit der Heiden. Paulus sagt, diese Heiden haben Gerechtigkeit erlangt durch den Glauben.
Das ist etwas, was Paulus in Römer 3 und 4 noch einmal deutlich darlegt: Gott spricht den Sündern gerecht. Er erklärt dem Sünder: Du bist gerecht. Einfach nur deswegen, weil er sein ganzes Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt hat. Jesus ist der Einzige, der das Gesetz völlig gehalten hat, der gottesgerechten Maßstab vollkommen erfüllt hat – der einzige Mensch, der das geschafft hat. Zugleich war Gott Jesus Christus.
Dann ist er am Kreuz gestorben. In dem Moment, in dem wir daran glauben und Jesus unser Leben anvertrauen – nicht auf unsere eigene Gerechtigkeit bauen, sondern auf seine –, rechnet Gott uns die Gerechtigkeit Christi an durch den Glauben. Das haben die Heiden erlebt.
Aber was ist mit Israel? Vers 31 beginnt mit den Worten: Israel aber. Israel hat anders reagiert. Das jüdische Volk hat sich bemüht, das Gesetz zu halten und durch das Gesetz eine Gerechtigkeit zu bekommen. Das Problem ist: Sie haben sich nicht an das Gesetz gehalten. Römer 2 lässt grüßen. Sie konnten es auch gar nicht.
Auf diese Weise haben sie Gottes Maßstab verfehlt. Und Gottes Maßstab ist immer seine eigene Gerechtigkeit – hundert Prozent heilig. Diesen Maßstab haben sie nicht erreicht.
Die Unmöglichkeit, Gerechtigkeit durch Werke zu erlangen
Warum? Vers 32: Warum? Weil es nicht aus Glauben, sondern aus Werken geschah. Gottes Gerechtigkeit – und das hat Dave gerade schon gesagt – kann man nicht durch Werke erlangen. Man kann sie nur geschenkt bekommen.
Einige von euch wissen vielleicht, dass ich mich Hausbesitzer nennen darf, aber viele kennen die Geschichte dahinter nicht. Das Haus stand zum Verkauf im Internet. Mein Vater hat sich entschieden, dieses Haus für uns zu kaufen. Der Gedanke war, dass wir es über einen Mietkauf nach und nach bei ihm abzahlen.
Daraufhin habe ich einen Finanzplan für uns als Familie gemacht. Dabei stellte ich fest, dass ich diesen Betrag bis zu meinem Lebensende nicht aufbringen kann. Ich kann das Haus nicht abzahlen.
Eines Tages kam mein Vater auf mich zu und sagte: „Andre, ich möchte dir dieses Haus schenken. Wir fahren zum Notar, machen einen Schenkungsvertrag, und dann gehört das Haus rechtmäßig dir.“
Schau mal, ich konnte nichts erarbeiten. Ich konnte das Haus nur als Geschenk annehmen. Und dann war es meins.
Genauso ist es mit der Gerechtigkeit Gottes: Du kannst sie dir nicht erarbeiten. Du kannst nur mit leeren Händen zu Jesus kommen und sagen: Ich brauche sie und vertraue auf deine Gerechtigkeit. Dann kannst du sie geschenkt bekommen. Aber du kannst sie dir nie erarbeiten – nie.
Und das ist so tragisch, dass Israel genau das versucht hat. Sie sind kläglich daran gescheitert, weil es nicht aus Glauben, sondern aus Werken geschah.
Die Ablehnung des Evangeliums durch Israel
In den folgenden Versen geht Paulus weiter auf die ablehnende Haltung der Juden gegenüber dem Evangelium ein.
In Vers 32 heißt es: „Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes, wie geschrieben steht: Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.“ Paulus zitiert hier den Propheten Jesaja.
Wir müssen wissen, dass der Stein des Anstoßes eine Person ist. Das wird deutlich in Vers 33, wo es heißt: „Wer an ihn glaubt.“ Der Stein des Anstoßes ist Jesus Christus. Er steht für das Heilangebot, das Gott auch dem Volk Israel durch den Messias gemacht hat.
Gott sagt: „Ich lege einen Stein in Zion.“ Die Aufforderung ist, auf diesem Stein zu bauen. Doch anstatt auf diesen Stein zu bauen, haben sich die Juden an ihm gestoßen. Sie haben den Messias verworfen, ihn angespuckt und ans Kreuz genagelt.
So wurde der Stein für Israel zu einem Stein des Gerichts. Das ist eine Tragödie, eine absolute Tragödie.
Jesus als Brückenpfeiler des Lebens
Schaut euch einmal den Brückenpfeiler auf dem Bild an. So ein Brückenpfeiler ist ziemlich massiv. Er trägt eine ganze Brücke und ist dafür da, der Brücke Halt zu geben.
Leider, und das kann man leicht googeln, gibt es immer wieder tödliche Verkehrsunfälle, bei denen Autofahrer gegen einen Brückenpfeiler rasen. Für viele Menschen gibt ein Brückenpfeiler Halt, für andere wird er zum Verhängnis.
Und genau das ist es, was Jesus ist. Jesus bestimmt dein Schicksal. Entweder ist er derjenige, auf den du baust und der dir im Leben Halt gibt, oder er ist derjenige, an dem du dich stößt und scheiterst.
Man kann nicht neutral gegenüber Jesus stehen. Dazu ist Jesus viel zu exklusiv in seinem Anspruch, viel zu radikal. Jesus sagt: „Ich bin der einzige Weg in den Himmel.“ Wenn du in den Himmel kommen willst, musst du dein eigenes Leben aufgeben. Du musst dein Leben verlieren, damit du das wahre Leben findest.
Es gibt nur zwei Reaktionen: Entweder du sagst „Nein, das will ich nicht“, oder du sagst „Ja, dich brauche ich“. Jesus bestimmt dein Schicksal. Entweder ist er der Stein, der dir Halt gibt, oder er ist der Stein, an dem du dich stößt. Eines von beidem. Es gibt keinen Mittelweg bei Jesus.
Entweder du baust auf ihn oder du stößt dich an ihm – immer eines von beiden. Meine Frage heute Morgen lautet: Auf welcher Seite befindest du dich? Baust du auf Jesus oder stößt du dich an ihm?
Ist der Anspruch der Bibel für dich ein Dorn im Auge? Würdest du gewisse Bibelverse am liebsten mit einer Rasierklinge aus der Bibel schneiden? Aber du weißt, es ist wahr. Es ist der Anspruch Jesu für dein Leben.
Paulus’ Gebet für Israel und die Gefahr des falschen Eifers
Leider haben sich die Juden an Jesus gestoßen. Deshalb betet Paulus für sie. In Kapitel 10, Verse 1 bis 3 schreibt er: „Brüder, das Wohlgefallen meines Herzens und mein Flehen für sie zu Gott ist, dass sie errettet werden. Denn ich gebe ihnen Zeugnis, dass sie Eifer für Gott haben, aber nicht mit rechter Erkenntnis. Denn da sie Gottes Gerechtigkeit nicht erkannten und ihre eigene aufzurichten trachteten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen.“
Paulus bezeugt den Juden, den religiösen Menschen, dass sie sehr viel Eifer haben. Das ist heute nicht anders. Religiöse Menschen können manchmal sehr viel Eifer zeigen. Paulus kennt seine eigene Vergangenheit als Jude und als Pharisäer. Er hatte ebenfalls großen Eifer, aber keine Erkenntnis darüber, wer Jesus ist und dass Jesus allein retten kann.
Er sagt, die Juden wollen Gott gefallen, aber sie erkennen leider nicht, worum es wirklich geht. Wie zeigt sich das? Paulus macht hier drei Aussagen:
Erstens erkennen sie Gottes Gerechtigkeit nicht. „Gottes Gerechtigkeit wird im Evangelium offenbar“, sagt Paulus in Römer 1,16-17. Das bedeutet, dass Gott nicht nur gerecht ist, sondern dass er gerecht spricht denen, die glauben. Das haben die Juden leider nicht erkannt.
Zweitens wollten sie ihre eigene Gerechtigkeit aufrichten – durch verschiedene Werke, durch Opferriten, durch Beschneidung, durch Wasch- und Reinigungsrituale.
Drittens haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen. Weißt du, wie man sich der Gerechtigkeit Gottes unterwirft? Indem man erkennt, dass man selbst keine Gerechtigkeit hat und diese dringend braucht. In dem Moment unterwirft man sich seiner Gerechtigkeit.
Das haben die Juden nicht getan. Das ist eine Tragödie, denn das Urteil lautet: Gerechtigkeit verfehlt.
Die vergebliche Suche nach eigener Gerechtigkeit heute
Weißt du, es gibt auch heute viele Menschen, die sich sehr eifrig darum bemühen, vor Gott gut zu sein. Sie bemühen sich, von Gott angenommen zu werden. Doch letztendlich bauen sie immer wieder auf ihre eigene Gerechtigkeit.
Wir Menschen neigen dazu, etwas zu tun, damit wir uns selbst auf die Schulter klopfen können. Wir sagen uns: Ich bin okay, ich bin gut, ich gehe in die Kirche, ich besuche sogar regelmäßig eine Freikirche, ich bin im Livestream immer dabei. Aber wenn das ein Versuch ist, deine eigene Gerechtigkeit irgendwie aufzubauen und deinem Heil näherzukommen, wirst du scheitern.
Andere Menschen versuchen es durch soziales Engagement. Sie setzen sich für Arme ein. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das ist sehr gut, wenn man sich für Arme einsetzt. Aber wenn du es tust, damit Gott dich annimmt, bist du auf dem Holzweg.
Wieder andere suchen in einer Ideologie Gerechtigkeit. Zum Beispiel ernähren sie sich vegan. Damit keine Missverständnisse entstehen: Es ist völlig in Ordnung, wenn du dich vegan ernährst. Es sei denn, du verbindest damit eine Ideologie und sagst: Ich will innerlich rein sein. Ich kann mir auf die Schulter klopfen, weil ich ein guter Mensch bin, weil ich nichts von Tieren zu mir nehme. Das ist ein Versuch, eine eigene Gerechtigkeit aufzubauen. Es sind die neuen Speise- und Reinheitsgebote, durch die man seine eigene Gerechtigkeit errichten will.
Auch der Klimawandel spielt hier eine Rolle. Wir als Gemeinde sind dafür, die Schöpfung so zu bewahren, wie sie geschaffen wurde. Aber wenn es so weit geht, dass du sagst: Ich will gerecht sein und deshalb darf ich kein CO2-Sünder sein, ich muss immer sauber von A nach B kommen, dann kann das zu einem Aufbau deiner eigenen Gerechtigkeit werden.
Das zeigt sich in ganz verschiedenen Facetten. Aber wir Menschen suchen immer etwas, womit wir uns selbst auf die Schulter klopfen und sagen können: Ich bin gut. Paulus sagt, dass das nicht funktioniert. Sie haben versucht, ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten, und sind kläglich gescheitert.
Die Einladung, die eigene Gerechtigkeit loszulassen
Lass mich dir heute Morgen einmal folgende Frage stellen: Versuchst du gerade, deine eigene Gerechtigkeit aufzubauen? Hängst du irgendwie an deiner eigenen Gerechtigkeit?
Vielleicht hat das sogar einen sehr frommen Anstrich. Ich sage das bewusst mal leicht provokativ: „Ich bete viel, ich lese viel in der Bibel, ich diene viel, deswegen wird Gott mich annehmen.“ Nein, nicht deswegen! Das ist ein Versuch, auf deine eigene Gerechtigkeit zu bauen.
Nur Jesus rettet, nur er, nur seine Gerechtigkeit zählt. Wir haben keine eigene Gerechtigkeit.
Aber genau das ist die Möglichkeit – und deswegen ist die Rettung viel näher, als wir denken. Wir können seine Gerechtigkeit geschenkt bekommen.
Das führt uns zum zweiten Punkt der Predigt: Die Möglichkeit, dass Rettung näher ist, als du denkst.
Christus als Erfüllung und Ziel des Gesetzes
Vers 4: „Denn Christus ist des Gesetzes Ende jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit.“
Das griechische Wort, das hier mit „Ende“ übersetzt wird, lautet „telos“. Es kann entweder mit „Ende“ oder mit „Ziel“ übersetzt werden. Wenn ihr eine Bibelausgabe dabei habt – ich empfehle übrigens immer, die eigene Bibel zum Gottesdienst mitzunehmen und darin nachzuschlagen – werdet ihr feststellen, dass einige Übersetzungen hier „Ziel“ verwenden, also „Christus ist das Ziel des Gesetzes“, während andere sagen „Christus ist das Ende des Gesetzes“.
Und wisst ihr was? Beides ist richtig. Die neue Elberfelder Bibel macht daraus „Endziel“ und kombiniert die beiden Bedeutungen sehr gut.
Christus ist das Ende des Gesetzes, weil er den Fluch des Gesetzes beseitigt hat, indem er am Kreuz zum Fluch für uns wurde. Wir können nun direkten Zugang zu Gott haben, ohne Reinigungsrituale, denn der Vorhang im Tempel ist zerrissen. In dieser Weise müssen wir keine Opfer mehr bringen, weil Christus selbst das Opfer ist. Insofern ist Christus das Ende des Gesetzes.
Aber Christus ist auch das Ziel des Gesetzes. Römer 7,7 sagt, dass wir nur durch das Gesetz erkennen, dass wir Sünder sind. Das bedeutet, das Gesetz will uns zu Jesus führen.
Galater 3 beschreibt das Gesetz als einen Zuchtmeister, der auf Christus hinweist. Deshalb ist Jesus auch das Ziel des Gesetzes. Das ganze Gesetz will uns zu einem Retter führen. Du brauchst einen Retter, du brauchst einen Retter.
Und diese Rettung besteht darin, dass wir uns im Glauben an ihn wenden. Dann empfangen wir seine Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit aus Gesetz und Gerechtigkeit aus Glauben im Vergleich
Paulus stellt in den nächsten Versen die Gerechtigkeit aus dem Gesetz und die Gerechtigkeit aus dem Glauben gegenüber. Dabei wird es etwas anspruchsvoll. Nicht nur Römer 9, sondern auch Römer 10 ist theologisch nicht ganz einfach. Dennoch tauchen wir nun in die Details ein.
In Römer 10,5 sagt Paulus: "Denn Mose beschreibt die Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz ist." Er zitiert dabei 3. Mose 18,5: "Der Mensch, der diese Dinge, also das Gesetz, getan hat, wird durch sie leben." Das ist die Gerechtigkeit aus dem Gesetz.
Ich möchte von vornherein etwas klarstellen: Dieser Vers sagt nicht, dass man dadurch das ewige Leben erhält. In 3. Mose 18,5 geht es nicht um das ewige Leben. Denn wenn das so wäre, gäbe es zwei Heilswege: im Alten Testament durch das Halten des Gesetzes und im Neuen Testament durch den Glauben. Genau dagegen argumentiert Paulus im Römerbrief die ganze Zeit.
Wie wurde Abraham gerecht? In Römer 4 heißt es: Durch den Glauben. Auch das Zitat aus Habakuk, das Paulus anführt – "Der Gerechte wird aus Glauben leben" – zeigt, dass es auch im Alten Testament ewiges Leben durch den Glauben gab. Damals noch im Hinblick auf den zukünftigen Messias.
Aber wie ist dieser Vers zu verstehen? Schauen wir uns den Kontext in 3. Mose 18,5 an: Dort geht es um den Segen. Im Alten Testament waren Segen und Fluch an das Halten des Gesetzes gekoppelt. Gott sagte zu seinem Volk: Wenn ihr meine Gesetze haltet, werde ich euch segnen mit einem glücklichen Leben im verheißenen Land – alles diesseitig und irdisch. Ihr werdet Frieden haben und gute Ernten. Wenn ihr aber dem Gesetz nicht gehorcht, wird der Fluch über euch kommen: Pest, Hunger und Tod.
Das war das Prinzip von Segen und Fluch im Alten Testament. Wenn dieser Vers also sagt, dass derjenige, der das Gesetz hält, dadurch lebt, meint er, dass man das Leben im verheißenen Land genießen kann – ein irdisches Leben.
Die Gerechtigkeit aus dem Glauben, die Paulus demgegenüberstellt, hat ein ganz anderes Niveau. Sie bezieht sich auf das ewige Leben und ist nicht daran gekoppelt, etwas einhalten zu müssen.
Paulus sagt in den Versen 6 bis 8: Die Gerechtigkeit aus Glauben sagt nicht: "Sprich nicht in deinem Herzen: Wer wird in den Himmel hinaufsteigen, dass er Christus herabführt? Oder: Wer wird in den Abgrund hinabsteigen, dass er Christus aus den Toten heraufführt?" Stattdessen sagt sie: "Das Wort ist dir nah, in deinem Mund und in deinem Herzen – das ist das Wort des Glaubens, das wir predigen."
Die Nähe der Rettung und die Ermutigung zum Glauben
Ihr Lieben, hier passiert etwas Spannendes. Paulus zitiert 5. Mose 30,11-14. Diesen Vers müssen wir uns jetzt mal genau anschauen, den ursprünglichen Text, den Paulus hier zitiert.
Ich lese: Mose sagt in der Wüste – wir sind uns gedanklich alle in der Wüste und stellen uns Mose vor, wie er zu dem Volk spricht:
„Denn dieses Gebot, das ich dir heute gebiete, ist nicht zu wunderbar für dich und nicht zu fern. Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest: Wer wird für uns in den Himmel hinaufsteigen und es uns holen und es uns hören lassen, damit wir es tun? Und es ist nicht jenseits des Meeres, dass du sagen müsstest: Wer wird für uns auf die andere Seite des Meeres hinüberfahren und es uns holen und es uns hören lassen, damit wir es tun? Sondern ganz nah ist dir das Wort, in deinem Mund und in deinem Herzen, um es zu tun.“
Mose ist hier kurz vor seinem Tod und ermutigt das Volk noch einmal, das Gesetz zu halten. Er sagt mit anderen Worten: Das Gesetz ist nicht zu rätselhaft. Du musst nicht krampfhaft nach dem Willen Gottes suchen oder sogar geographische Expeditionen unternehmen, um zu fragen: Wo ist Gottes Gesetz? Du hast es bekommen, du hast es teilweise auswendig gelernt, es ist in deinem Herzen und in deinem Mund. Es ist nicht zu rätselhaft für dich.
Das ist der historische Kontext.
Und jetzt schau mal, was Paulus macht. Wir sind zurück in unserem Römertext. In 5. Mose 30 geht es um das Gesetz, aber Paulus deutet diese Aussagen auf Christus hin. Wie kann Paulus das machen? Ist das biblische Exegese? Oh ja!
Paulus nimmt den Grundsatz aus Vers 4 mit: Das ganze Gesetz hatte die Absicht, auf Christus hinzuweisen. Und Christus ist inzwischen gekommen. Deshalb nimmt Paulus dieses Update mit und deutet das, was in 5. Mose 30 ursprünglich auf das Gesetz bezogen war, jetzt auf den, der das Gesetz erfüllt hat. Er deutet diese Aussagen auf Christus.
Er sagt mit anderen Worten: Du musst nicht in den Himmel hinaufsteigen, um ihn zu holen, er ist schon da, er ist schon gekommen. Du musst nicht herabsteigen, um Christus aus dem Totenreich zu holen, er ist bereits auferstanden. Du musst dich nicht krampfhaft darum bemühen, irgendwie den Weg zur Rettung zu suchen. Er ist da, und zwar in dem Wort des Glaubens, das wir predigen.
Die Dringlichkeit der Rettung und ihre Nähe
Die Rettung ist so nah. Mit zunehmendem Alter steigt für Senioren das Risiko, zuhause einen Unfall zu erleiden. Ich habe mir eine traurige Statistik angesehen beziehungsweise von ihr gehört: Jeder dritte Mensch ab 65 stürzt einmal im Jahr. Das ist sehr viel.
Vor allem für Senioren, die alleine leben, ist das besonders gefährlich. Ein Klassiker ist der Oberschenkelhalsbruch nach einem Sturz auf der Treppe. Dann liegen sie da und können nicht mehr zum Telefon gehen.
Deshalb wurde ein Notrufarmband entwickelt. Dieses kann man entweder als Armband oder als Kette tragen. Sollte es zum Sturz kommen, muss man nur den Knopf drücken. Der Knopf ist ganz nah, er ist an der Hand oder um den Hals. Die Rettung ist so nah!
Genau das will dieser Text sagen: Du musst dich nicht verrenken, um ein besserer Mensch zu werden – das schaffst du sowieso nicht. Vielleicht denkst du: „André, ich bin so weit weg von Gott. Er wird mich nie mehr aufnehmen. Der Weg zurück zu Gott ist so weit.“ Doch der Text sagt etwas anderes.
Der Text sagt: Rettung ist nahe. Rettung ist so nah, wie dein Herz dir nah ist. Dein Herz und dein eigener Mund sind ziemlich nah beieinander. Deshalb denke bitte nicht, dass du so fern bist von der Rettung Gottes – vor allem nicht, wenn du heute wieder das Evangelium hörst.
Glaub nicht, dass es ein Zufall ist, dass du heute das Evangelium hörst. Die Rettung ist dir nahe – das ist das, was Gott deutlich machen will. Du musst nichts Erstaunliches leisten, um gerettet zu werden. Du musst nicht erst ein guter Mensch werden, damit Gott dich annimmt. Das ist eine weit verbreitete Lüge.
Rettung ist viel näher, als du denkst.
Der Weg zur Rettung: Glaube und Bekenntnis
Wie meinst du das, Andre? Inwiefern hängt das mit meinem Herzen und mit meinem Mund zusammen?
Das führt uns zum dritten und letzten Punkt meiner Predigt: die Rettung. Glaube und Bekenne – wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden.
Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Mund wird bekannt zum Heil. Hier wird der Weg zur Rettung klar und deutlich niedergelegt. Es geht darum, mit dem Herzen zu glauben und mit dem Mund zu bekennen.
Deshalb ist die Rettung so nah. Dein Herz ist nah, dein Mund ist nah. Im Herzen musst du glauben, mit dem Mund bekennen, dann bist du gerettet. Das ist das, was der Bibeltext sagt.
Der Mensch muss glauben, dass Jesus von den Toten auferstanden ist, und mit dem Mund bekennen, dass Jesus der Herr ist. Die natürliche Reihenfolge finden wir in Vers 10: Zuerst der Glaube im Herzen und dann das Bekenntnis mit dem Mund.
Die Bedeutung des Glaubens im Herzen und des Bekenntnisses mit dem Mund
Jetzt stellst du dir vielleicht die Frage: Was bedeutet es eigentlich, im Herzen zu glauben, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat?
Wenn es hier um die Auferweckung geht, ist natürlich immer das Kreuz mitgedacht. Es ist ein Heilswerk. Aber es geht darum, dass der Glaube im Herzen geschieht. Dabei geht es nicht nur um warme Gefühle. Wenn die Bibel vom Herzen spricht, meint sie das Zentrum der Person. Im Herzen finden Denken, Fühlen, Wollen, Vertrauen und Entscheiden statt – alles im Herzen.
Es geht darum, dass du dein ganzes Leben Jesus anvertraust. Wenn es heißt, im Herzen zu glauben, dann bedeutet das nicht nur ein paar warme Gedanken oder nur daran zu glauben, dass es ihn gibt. Es bedeutet, zu glauben, dass er es für dich getan hat, dass du es brauchst und ihm dein ganzes Leben übergibst. Darum geht es, wenn die Bibel davon spricht, im Herzen zu glauben.
Dann heißt es hier aber auch: mit dem Mund bekennen. Hier stellt sich die Frage: Ist das Bekenntnis mit dem Mund auch wichtig, um gerettet zu werden? In der Bibel liegt die Betonung immer auf dem Glauben. Paulus will hier nicht einen zweiten Schritt darstellen, so nach dem Motto: Der Glaube bringt dir die Gerechtigkeit, aber um das Heil zu bekommen, musst du bekennen. Denn Heil und Gerechtigkeit werden in Vers 10 austauschbar verwendet, als Synonyme.
Paulus sagt, das gehört zusammen. Echter Glaube im Herzen wird sich immer mit einem Bekenntnis äußern. Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Wenn du Jesus im Herzen hast, kannst du ihn nicht für dich behalten. Du wirst es anderen erzählen, dass Jesus dein Herr und dein Retter ist. Und genau beides ist entscheidend.
Schau mal, das sagt der Text auch: Wir müssen Jesus nicht nur als Retter annehmen, sondern auch als Herrn. Es gibt Menschen, die wollen Jesus nur als Retter haben, aber nicht als Herrn in ihrem Leben. Es gibt Menschen – und vielleicht gehörst du zu denen –, die gern die Vergebung haben wollen, weil sie mit Schuld in ihrem Leben zu kämpfen haben. Aber ganz ehrlich: Vielleicht sitzt du hier und willst eigentlich dein altes Leben weiterführen. Dann bist du hier falsch.
Wir lehren das Herrschaftsevangelium. Es geht darum, Jesus nicht nur als Retter anzunehmen, sondern auch als Herrn und dich ihm zu unterwerfen. Du nimmst ihn als Retter an, das, was er für dich getan hat. Aber dann sagst du im gleichen Moment: Jesus, regiere jetzt mein Leben.
Weißt du was? Lass dich nicht taufen, wenn du nicht willst, dass Jesus dein Herr ist. Bitte lass dich nicht taufen! Wir wollen hier nur die Menschen taufen, die Jesus nicht nur als Retter, sondern auch als Herrn angenommen haben. Bei all den Fehlern und Schwachheiten soll das Herz auf ihn ausgerichtet sein.
Diese Menschen wollen wir taufen. Und wenn du das willst, wenn du Jesus als Herrn und Retter annehmen willst, dann komm zu ihm.
Die Zusage der Rettung und die Gewissheit des Glaubens
Paulus zeigt, dass die Rettung so nah ist: mit dem Herzen glauben und mit dem Mund bekennen. Diese Zusage der Rettung bekräftigt er nun noch einmal in Vers 11, denn die Schrift sagt: „Jeder, der an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.“
Das bedeutet, niemand, der Jesus vertraut, wird irgendwann vor Gott stehen und feststellen müssen: „Ich habe mein Leben auf Sand gebaut.“ Niemand wird zu Schanden, der Jesus vertraut. Das ist eine klare Zusage.
Schau, was Paulus hier macht: Er beginnt Vers 11 mit den Worten „Denn die Schrift sagt“. Woran ist Heilsgewissheit geknüpft? Einzig und allein an die Zusage Gottes in seinem Wort – nicht an deine Gefühle. Paulus sagt nicht: „Ja, und übrigens zeigen es auch meine Gefühle, dass ich errettet bin.“ Stattdessen sagt er: „Denn die Schrift sagt, wenn du auf Jesus vertraust, wirst du gerettet.“ Und genau das ist die Zusage, an die wir glauben.
Ich beobachte immer wieder, gerade auch in der Seelsorge, dass Christen, die in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen sind und in ihrem Leben vielleicht keine radikale 180-Grad-Wende erlebt haben – also nicht wie Paulus auf dem Weg nach Damaskus plötzlich zum neuen Menschen wurden –, oft einen Prozess durchlaufen.
Viele erkennen immer mehr, dass sie Zweifel an ihrer eigenen Errettung haben. Meine Erfahrung ist, und vielleicht erlebst du das genauso in deinem Leben, dass gerade diese Menschen besonders oft mit Fragen kämpfen wie: Habe ich damals das Übergabegebet wirklich ernst gemeint? Habe ich meine Sünden in dem Ausmaß erkannt, wie ich sie erkennen muss? Bin ich überhaupt wirklich gerettet?
Viele Menschen haben sehr viel mit diesen Gedanken zu kämpfen.
Vertrauen auf das Heilswerk Jesu als feste Grundlage
Ich möchte euch das einmal mit einem Stuhl veranschaulichen. Wenn wir das Heilswerk Jesu, das er auf Golgatha für uns vollbracht hat, symbolisch mit diesem Stuhl vergleichen, zeigt sich unser Vertrauen auf sein Heilswerk darin, dass wir uns auf diesen Stuhl setzen.
Wir bauen nicht auf unsere eigene Gerechtigkeit, sondern auf das, was er getan hat. Und schau mal: Es macht doch keinen Sinn, wenn du auf dem Stuhl sitzt und irgendwann schickt dir Satan Gedanken, die du zu glauben beginnst. Zum Beispiel: Habe ich mich damals wirklich richtig auf den Stuhl gesetzt? Habe ich das Gebet richtig gesprochen? Ich habe nicht geweint – hätte ich weinen müssen? Ich bin nicht nach vorne gegangen, sondern habe es zu Hause gemacht – hätte ich nach vorne gehen müssen, damit das echt wäre?
Ihr Lieben, das sind doch Gedanken, die wir immer wieder mal haben. Weißt du was? Entscheidend ist nicht, dass du einen festen Zeitpunkt hast. Entscheidend ist, dass du auf dem Stuhl sitzt. Das ist das Entscheidende: dass du sagst, ich vertraue Jesus mit meinem ganzen Leben.
Schau mal, wenn du für dich die Frage beantworten kannst, die ich dir jetzt stelle: Glaubst du, dass Jesus für dich gestorben ist, für deine Sünden? Glaubst du daran und vertraust du darauf, dass nicht deine eigene Gerechtigkeit, sondern allein das, was er getan hat, für dich ausreicht? Und glaubst du, dass er der einzige Weg ist und alles für dich getan hat?
Wenn du diese Fragen mit Ja beantworten kannst, bist du errettet. Denn die Schrift sagt: Jeder, der an Jesus glaubt, wird nicht zu Schanden werden.
Die Einladung zur Entscheidung und der universelle Zugang zur Rettung
Das ist ehrlich gesagt einer meiner Lieblingsprediger. Er schreibt in diesem Buch Folgendes:
Schließlich ist es unwichtig, ob du den Moment deiner Errettung auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit festlegen kannst. Entscheidend ist, dass du jetzt glaubst, dein Vertrauen auf Christus setzt, und das ist alles, was Gott von dir erwartet.
Mehr erwartet Gott von dir nicht. Vertraue auf das, was er für dich getan hat, und du wirst errettet werden.
Paulus fügt hier in den letzten Worten den Begriff „jeder“ ein. Damit kommen wir zu den letzten beiden Versen: „Denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche, denn er ist Herr über alle, und er ist reich für alle, die ihn anrufen; denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.“
Jeder, jeder. Jesus ist so exklusiv und zugleich so inklusiv. Jesus sagt: „Ich bin der einzige Weg“, aber jeder darf zu ihm kommen und durch ihn in den Himmel, zum Vater, gelangen.
Hast du das schon für dich angenommen? Vielleicht gehörst du zu den Gemeindekindern, die hier in die Kinderstunde gehen, die in der Jungschar sind oder in der Teeniegruppe, aber du hast noch nie dein Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt.
Da lade ich dich heute ein, genau das zu tun. Baue nicht mehr auf deine eigene Gerechtigkeit, auch nicht auf dein christliches Elternhaus, sondern nur auf das, was er für dich getan hat. Komm zu ihm mit leeren Händen und bitte ihn, dir seine Gerechtigkeit zu schenken.
Das ist die Einladung: Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden. Das kannst du jetzt tun.
Wir wollen gleich gemeinsam ein Lied singen. Du kannst das vom Platz aus tun, indem du einfach ein ehrliches Gebet betest und sagst: „Herr, ich komme mit leeren Händen, vergib mir meine Sünden. Ich will mich dir anvertrauen und vertraue ganz auf das, was du getan hast.“
Du kannst natürlich auch am Ende des Gottesdienstes noch zurückbleiben, wenn du ein Gespräch wünschst. Aber du kannst es auch jetzt für dich einfach im Gebet tun.
Lass uns dazu aufstehen und das Lied gemeinsam singen.