Vielleicht sollte ich noch kurz sagen, dass ich seit einigen Jahren, inzwischen sind es eigentlich schon Jahrzehnte, mit Herbert Janssen zusammenarbeite. Ihm verdanke ich sehr viel für meine gesamte Bibellehre. Mit ihm habe ich immer wieder schwierige Fragen in der Bibel diskutiert, und das hat mir sehr geholfen. Vieles, was ich weitergebe, ist sicher auch auf ihn zurückzuführen.
Ich komme gerade aus der Ukraine. Am Samstag bin ich von dort zurückgekommen. Es war eine sehr gute Zeit. Dort waren Bruder Valentin Linnewitsch, den einige von euch vielleicht kennen, und ich. Zuerst waren wir in Moldawien, dann in der Ukraine. Wir haben gesehen, dass es viel Gebet braucht. Das ganze Land ist irgendwie so gedrückt, es herrscht Unruhe. In den Gemeinden flehen und beten sie, dass der Krieg bald aufhört.
Besonders schwierig ist es, weil jetzt auch schon junge Leute unter den Christen an die Front müssen. Das ist immer eine schwere Situation.
Ich habe einige Sachen mitgebracht: ein paar Bücher von Herbert Janssen und zwei Bücher, die Herbert Janssen und ich gemeinsam geschrieben haben. Außerdem das Neue Testament von Herbert Janssen. Wenn ihr Interesse habt, könnt ihr euch gerne bedienen. Ich gebe die Bücher einfach zum Selbstkostenpreis weiter. Ich möchte daran nichts verdienen. Die Preise sind von links nach rechts: zehn, acht, fünf, drei, drei, drei.
Dann habe ich noch ein Buch mitgebracht, das auch hinten auf eurem Büchertisch liegt. Es heißt „Bible Difficulties“ von Gleason Archer. Das Buch gibt es auch auf Deutsch, aber ich kenne den Titel nicht. Zu unserem Thema ist es sehr, sehr gut geeignet, denn es behandelt wichtige und schwierige Fragen in der Bibel.
Ein bibeltreuer Bruder hat sich sehr intensiv mit einigen Schwierigkeiten und scheinbaren Widersprüchen in der Bibel befasst. Dieses Buch ist eine große Hilfe.
Einführung in das Thema Bibelschwierigkeiten
Also, was erwartet uns? Einige von euch haben bereits ein Blatt bekommen, andere noch nicht. Ich habe hier ein paar Fragen auf dem Blatt, allerdings sind es zu wenige. Es wäre vielleicht sinnvoll, wenn man die Blätter ein wenig verteilt, damit jeder mal reinschauen kann. So bekommt ihr einen Eindruck von einigen Fragen, die uns beschäftigen.
Es geht um Knoten in der Bibel. Das bedeutet zum einen Schwierigkeiten, bei denen man bestimmte Stellen nicht miteinander in Einklang bringen kann. Zum anderen geht es um scheinbare Widersprüche, die ebenfalls vorkommen können. Außerdem gibt es sehr schwierige Fragen, bei denen man sich fragt, wie man überhaupt an sie herangehen soll.
Ich habe eine Reihe solcher Fragen auf dem Blatt zusammengestellt. Wahrscheinlich werden wir morgen nicht alles schaffen, aber wir wollen das Seminar im April fortsetzen. Von eurer Seite könnt ihr gerne auch Fragen stellen. Ich werde jetzt ein paar Themen zum Einstieg vorstellen, aber wir können auch auf eure Fragen eingehen, soweit es möglich ist, sie zu beantworten.
Es gibt natürlich Fragen, die sehr schwierig sind. Manche haben sogar keine Antwort, zum Beispiel die Frage, woher das Böse kommt und wie es entstanden ist. Dazu gibt es keine Antwort.
Fünf Gründe für Schwierigkeiten mit Bibelstellen
Bevor wir auf diese Fragen eingehen, möchte ich fünf allgemeine Punkte ansprechen, warum wir Schwierigkeiten mit Bibelstellen haben.
Die Bibel ist im Grundtext unfehlbar. Das bedeutet, in der Sprache, in der sie ursprünglich geschrieben wurde, und im Originaltext der Heiligen Schriften gibt es keinen Widerspruch und keine Fehler. Die Gründe, warum wir Probleme haben, sind vielfältig.
Erstens liegt es daran, dass wir an bestimmten Stellen die Wahrheit der Heiligen Schrift noch nicht vollständig erkannt haben. Paulus sagt in 1. Korinther 13, dass wir „aus Stücken“ erkennen. Das heißt, wir sammeln unsere Erkenntnis Stück für Stück zusammen, aber unser gesamtes Wissen ist nur ein Teilwerk. Wir können nie behaupten, dass wir hundert Prozent aller Wahrheit kennen, denn wir Menschen sind fehlbar, die Schrift aber unfehlbar. Die Schwierigkeiten entstehen also teilweise, weil wir nicht alles richtig aus der Schrift erkannt haben. Das Problem liegt dann bei uns.
Zweitens haben wir Schwierigkeiten, weil wir die Bibel aus Übersetzungen lesen. Das heißt, wir haben zwar unsere Bibel vor uns, aber sie ist eine Übersetzung aus der Ursprache. Ich habe mehr als zehn, fast fünfzehn Jahre lang, mich mit Bibelübersetzungen beschäftigt und weiß seitdem, wie viel Arbeit dahintersteckt. Ich schätze die Menschen, die die Bibel übersetzen, sehr, weil ich weiß, was sie leisten.
Beim Bibelübersetzen stößt man oft auf Stellen, bei denen man unsicher ist und unbedingt Fußnoten braucht. Dort werden alternative Lesarten oder Varianten angegeben, ohne die es nicht geht. Gute Bibelübersetzungen haben deshalb Fußnoten, die bei schwierigen Stellen alternative Möglichkeiten angeben. Die Tatsache, dass wir es mit Übersetzungen zu tun haben, ist also ein Grund für manche Schwierigkeiten.
Der Text kann unterschiedlich wiedergegeben werden. Der hebräische oder griechische Text kann auf Deutsch verschieden übersetzt werden. Manchmal wurde der Text an bestimmten Stellen sogar falsch wiedergegeben. Ich habe Bibelübersetzungen gesehen, in denen eindeutig Fehler sind, weil die Übersetzer sich zu wenig Mühe gegeben haben oder aus anderen Gründen. Das Ergebnis ist dann falsch.
Ein Beispiel: In der „Hoffnung für alle“ steht bei 1. Korinther 12,13, dass man durch die Taufe – also durch die Wassertaufe – Mitglied am Leib Jesu Christi wird. Das ist im Zusammenhang der Bibel unmöglich. An dieser Stelle kann man nicht so übersetzen. Die Übersetzer haben frei übersetzt und etwas hineingeschrieben, was sie für möglich hielten, was der Text aber nicht sagt. Dadurch entstehen Probleme und falsche Lehren. Das ist nur ein Beispiel von vielen.
Drittens gibt es zusätzlich zu den Übersetzungsproblemen das Problem, dass die Handschriften, aus denen übersetzt wurde, manchmal unzuverlässig sind. Das heißt, es gibt griechische oder hebräische Handschriften, die nicht dem Original entsprechen. Das ist ein großes Thema unter Theologen.
Die Bibeln, die wir heute haben – vor allem im evangelikalen Bereich, wie die Elberfelder, Schlachter, Menge-Bibel oder die neue Lutherbibel – beruhen auf verschiedenen Grundtexten. Im Alten Testament ist man sich relativ einig, aber im Neuen Testament gibt es einzelne Verse, die in der einen Bibel länger sind als in der anderen. Wenn man in einer Bibelstunde aus verschiedenen Übersetzungen liest, fällt manchmal auf, dass ein halber Vers fehlt. Das liegt daran, dass manche griechische Handschriften einen halben Vers weniger haben und andere einen halben Vers mehr. Glücklicherweise ist das nicht sehr häufig.
Man muss deshalb nicht meinen, man könne die Bibel gleich wieder abgeben. So ist es nicht. Aber solche Fälle kommen vor. Manchmal steht an einer Stelle „er“, manchmal „Gott“. Das ist meist egal, denn „er“ bezieht sich auf Gott. Doch an manchen Stellen könnte das ein Problem sein. Deshalb gibt es auch hier Schwierigkeiten, die durch die Übersetzungen entstehen.
Viertens kann unser heutiges Verständnis einer Sache Probleme bereiten. Ein Beispiel ist die Fußwaschung. Die Fußwaschung damals war etwas anderes als heute. Heute waschen wir uns nicht die Füße vor dem Essen, sondern die Hände. Damals wusch man sich vor dem Essen die Füße, weil man von der staubigen Straße ins Zimmer kam. Das Zimmer hatte einen Teppichboden, auf dem kein Staub liegen durfte, da man Aschenmilch auf den Boden goss. Deshalb musste man sich die Füße waschen, bevor man zum Esssaal ging.
Wenn wir das nicht wissen, kann das zu Problemen führen. Manchmal fehlt uns das Verständnis für die damalige Zeit, und wir verstehen eine Bibelstelle deshalb nicht richtig. Ein weiteres Beispiel ist die Geschichte von Ruth, wenn sie zu Boas kommt, um ihn zu heiraten. Ein moderner Leser könnte sich fragen, was dort eigentlich passiert. Für damalige Zeiten war das Verhalten von Ruth jedoch angemessen und respektvoll. Je nachdem, ob man die damaligen Sitten kennt, reagiert man ganz unterschiedlich.
Solche Probleme entstehen beim Bibellesen, wenn uns der Hintergrund fehlt oder wenn wir heute eine andere Sicht auf die Dinge haben und uns zu wenig mit der damaligen Kultur und Zeit beschäftigt haben.
Fünftens kann es sein, dass wir Schwierigkeiten haben, weil wir jahrelang nur eine Seite der Wahrheit gehört haben. Die Wahrheit besteht aber oft aus mehreren Seiten. Vielleicht haben wir uns von Anfang an nicht gründlich mit dem Text auseinandergesetzt, oder derjenige, der uns den Text gelehrt hat, hat das nicht getan. Deshalb haben wir jetzt Schwierigkeiten. Das ist ein Problem der Deutung oder Interpretation, also der Auslegung.
Auslegung bedeutet, den Text auseinanderzunehmen und zu erklären, was er bedeutet. Es gibt eigentlich nur eine richtige Auslegung – nämlich die, die dem Text entspricht. Alles andere ist keine Auslegung, sondern eine Missdeutung oder sogar Vergewaltigung des Textes. Das ist hier auch ein wichtiger Punkt, zu dem wir später noch kommen werden.
Und schließlich, fünftens, wird es immer Schwierigkeiten geben, weil uns einfach Informationen fehlen. Gott hat nicht alles gesagt. Zum Beispiel die Frage: Woher kommt der Satan, beziehungsweise woher kommt das Böse überhaupt? Wie kam das Böse in die Welt? Wie kam der böse Gedanke in einen Engel? Solche Fragen werden in der Bibel nicht beantwortet. Gott hat sich das vorbehalten, und wir müssen das so akzeptieren.
Zusammenfassend wiederhole ich die fünf Punkte:
Wir haben an bestimmten Stellen die Wahrheit noch nicht richtig erkannt.
Unsere Übersetzungen sind mangelhaft – sei es wegen unzuverlässiger Handschriften, mangelhafter deutscher Übersetzung oder falscher Wiedergabe durch den Übersetzer.
Unser heutiges Verständnis einer Sache bereitet Probleme, weil wir uns nicht genug mit dem damaligen kulturellen und zeitlichen Hintergrund beschäftigt haben.
Wir haben nur eine Seite der Wahrheit gehört, die andere ist uns vielleicht noch nicht begegnet.
Einige Schwierigkeiten bleiben, weil Gott sie uns nicht offenbart hat.
Das war die Einleitung. Wenn Fragen auftauchen oder etwas zu schnell war, können gerne Unterbrechungen und Fragen erfolgen. Das ist kein reiner Vortrag, sondern darf auch im Gespräch stattfinden.
Annäherung an schwierige Bibelfragen am Beispiel der Schöpfung
Jetzt machen wir es so: Wir werden einige Fragen von dem, was auf dem Blatt steht, gemeinsam durchgehen. Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. Wir haben nicht die Zeit, jede Frage zwei Stunden zu besprechen, aber wir werden versuchen, kompakt auf einige Fragen einzugehen.
Wir fangen ganz vorne in der Bibel an. Ein sehr beliebtes Thema unter Theologen ist die Frage: Gibt es nicht einen Widerspruch zwischen dem ersten und dem zweiten Kapitel der Bibel? Ist das die erste Frage auf dem Blatt? Dann haben wir das schon mal gut.
Es geht hier vor allem um die Verse ab Vers 5 in Kapitel 2, eigentlich um das ganze restliche Kapitel. Denn in Vers 5 wird uns beschrieben, dass Gott – ich lese mal aus der revidierten Elberfelder Übersetzung vor:
„An dem Tag, als Gott der Herr Erde und Himmel machte, war noch all das Gesträuch des Feldes nicht auf der Erde, und noch war all das Kraut des Feldes nicht gesprosst, denn Gott der Herr hatte es noch nicht auf die Erde regnen lassen, und noch gab es keinen Menschen, den Erdboden zu bebauen. Ein Dunst aber stieg von der Erde auf und bewässerte die ganze Oberfläche des Erdbodens. Da bildete Gott der Herr den Menschen aus Staub von Erdboden und hauchte in seine Nase Atem des Lebens; so wurde der Mensch eine lebende Seele. Und der Herr pflanzte einen Garten in Eden.“
Im ersten Moment denkt man sich: Hier ist doch die Reihenfolge anders als vorne im ersten Kapitel. Im ersten Kapitel wird berichtet, dass Gott am dritten Tag das Land gemacht hat, das Trockene. Auf dem Trockenen hat er dann das Gras, das Kraut, Samen, Früchte und Bäume gemacht – all das am dritten Tag. Am sechsten Tag hat er den Menschen gemacht.
Hier hat man jedoch den Eindruck, als ob Gott zuerst den Menschen gemacht hat. In Vers 8 heißt es: „Gott der Herr pflanzte einen Garten in Eden und setzte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte.“ Also hat er den Menschen gemacht und ihn in den Garten gesetzt.
Manche meinen, hier sei ein Problem mit der Reihenfolge, wie das alles entstanden ist. Vor allem später, in Vers 18, sagt Gott: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“ Und Gott der Herr bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes.
Es scheint so, als ob Gott nach diesem Vers zuerst den Adam gemacht hat, dann die Tiere und dann die Eva. So kommt es einem vor, wenn man das so liest.
Man muss aber bedenken, dass das, was in Kapitel 1 berichtet wird, der eigentliche Schöpfungsbericht ist. Dort wird genau und detailliert berichtet, wann was geschaffen wurde. Kapitel 2 ist ein Detailbericht, eigentlich ein Ergänzungsbericht, in dem einige Details herausgegriffen werden.
Hinzu kommt, dass die hebräische Sprache keine Vorvergangenheit kennt. Das heißt, wir Deutschen sind in der Sprache und Grammatik reicher als die Hebräer. Eine Vorvergangenheit kann der Hebräer nur mit normaler Vergangenheit ausdrücken.
Wenn hier zum Beispiel in Vers 18 steht: „Der Herr sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Und Gott der Herr bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und brachte sie zu dem Menschen“, könnte man genauso gut übersetzen: „Und Gott der Herr hatte gebildet aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und er brachte sie zu dem Menschen.“
Versteht ihr? Er hatte sie gebildet, nämlich vorher, vor dem Adam, und brachte sie dann zu dem Menschen. Also würden wir Deutschen sagen: Ja, aber hier steht eindeutig die Reihenfolge, er hat den Menschen schon da, sucht für ihn eine Hilfe und dann bildet er die Ehe. Aber so steht es nicht da, und vor allem gibt die hebräische Sprache das nicht her.
Es wird vorausgesetzt, dass man in Kapitel 2 schon weiß, was in Kapitel 1 berichtet wurde. Dann versteht man auch, was hier steht.
Man müsste also schon einen Widerspruch finden wollen, um hier einen zu sehen. Wenn ich weiß, dass er zuerst die Tiere gemacht hat, kann ich es auch so lesen: „Gott der Herr bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes“, nämlich vorher, vor dem Adam, und diese brachte er dann zu dem Adam, als er ihn gemacht hatte.
Das heißt, ich muss mir hier das ergänzen, was ich schon aus Kapitel 1 weiß.
Und wie gesagt, einfacher ist es, wenn man hier mit Vorvergangenheit übersetzt: „Gott der Herr hatte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes gebildet, alle Vögel des Himmels, und er brachte sie zu dem Menschen.“ Dann ist jede Schwierigkeit schon vorbei.
Versteht ihr? Warum macht man das nicht so? Ich frage mich das auch. Ich habe nachgeschaut, welche Übersetzungen das so haben, und festgestellt, dass die neue evangelistische Übersetzung von Van Heiden – kennt ihr die? – hier Vorvergangenheit verwendet. Noch eine weitere Übersetzung, die ich jetzt nicht hier habe, benutzt das Plusquamperfekt, also die Vorvergangenheit.
Dasselbe gilt für Vers 5. Man könnte Vers 5 einfach so übersetzen: „Und noch war kein Strauch des Feldes auf der Erde, und noch sprosste nicht grünes Gewächs.“ Das war vor der Erschaffung der Pflanzen am dritten Tag.
Denn Yahweh Gott hatte nicht regnen lassen auf die Erde, und es gab keinen Menschen. Das war vor dem sechsten Tag. Es gab keinen Menschen, der den Erdboden bebauen konnte.
Aber eine Nässe stieg von der Erde auf und drängte die ganze Fläche des Erdbodens, oder eine Feuchtigkeit stieg auf von der Erde und drängte die ganze Fläche des Erdbodens. Das ist irgendwann, jedenfalls ab dem dritten Tag.
Yahweh bildete den Menschen, nämlich am sechsten Tag, aus Staub von Erde und hauchte in seine Nase Atem des Lebens. Der Mensch wurde zu einer lebenden Seele, nämlich am sechsten Tag.
Yahweh pflanzte oder hatte gepflanzt einen Garten in Eden. Da hier spezifisch der Garten Eden genannt wird, kann beides möglich sein: Entweder hat er ihn schon am dritten Tag gepflanzt oder er hat ihn erst nachträglich noch einmal gepflanzt, weil er einen schönen Garten für den Adam machen wollte.
Das müsste man hier einfach offenlassen. Er pflanzte oder er hatte gepflanzt – in der Fußnote könnte man schreiben: „hatte gepflanzt“ – einen Garten in Eden gegen Osten, und er setzte den Menschen, den er gebildet hatte, dorthin (Vers 9).
Yahweh Gott hatte sprossen lassen – Vorvergangenheit – aus dem Erdboden allerlei Bäume nach Aussehen, nämlich am dritten Tag, oder?
Und so weiter und so weiter.
Also hier in Vers 9 und dann in Vers 19 würde ich hier mit Vorvergangenheit übersetzen. Das verlangt der Zusammenhang.
Dann sind alle Schwierigkeiten schon gelöst. Die ganzen Bibelkritiker können ihre Argumente nicht mehr bringen und sagen, es gibt Widersprüche zwischen Kapitel 1 und Kapitel 2.
Das heißt, hier löst sich der Widerspruch auf, indem man die hebräische Sprache kennt, genaue Übersetzungen hat und ein bisschen auf den Grund der hebräischen Sprache geht.
Wie gesagt, ich habe mindestens zwei Übersetzungen gefunden, oder waren es sogar drei, im Deutschen, die das hatten. Und ich glaube, mindestens eine im Englischen, die das so übersetzt. Ich habe das im Computer gehabt, aber ich kann euch später sagen, welche Übersetzungen das waren.
Dazu Fragen? Kapitel 1, Kapitel 2? Ja?
Der Herr hatte noch nicht regnen lassen. Die Frage ist: Gab es den Regen nicht erst nach der Flut? Ich weiß es nicht. Es steht ja hier nur, dass er noch nicht hatte regnen lassen.
Das „noch nicht“ kann sich auch auf die Zeit nach der Flut beziehen, also „noch nicht“ heißt vor der Flut, und mit der Flut hat es dann geregnet.
Oder gab es schon Regen, aber nur einen ganz leichten Nieselregen, der alles schön befeuchtet hat?
Das geht nicht aus dem Text hervor. Aber das Wort heißt schon Regen, es heißt ja nicht Regenguss. Es gibt ein anderes Wort für Regenguss, klar, aber das normale Wort für Regen wird hier verwendet.
Es steht aber nicht da, wann dieser Regen dann kam. Also müssen wir es offenlassen. Wir wissen gar nicht, ob es vor der Flut überhaupt nur so einen ganz leichten Regen gab oder fast Nebel, wie wir sagen: Nebel oder ein feuchter Nebel.
Wenn du durch den Nebel gehst, bist du danach ganz nass. Vielleicht war es in der Art. Die Bibel gibt hier keine klare Antwort.
Sicher ist, dass das, was bei der Flut geschah, etwas Neues war, nämlich so viel Wasser auf einmal und überhaupt eine solche Art Regen.
Und dass es auch den Regenbogen, so wie es scheint, erst nachher gab, ist auch nicht hundertprozentig sicher. Aber allein die Art, wie das beschrieben wird, dass Gott den Regenbogen in die Wolken setzte, zeigt, dass der Regenbogen nicht schon vorher da war.
Er setzte ihn dann dorthin, also nach der Flut.
Dann muss ich also annehmen, dass die Art Regen, wie wir sie heute kennen, vor der Flut nicht existierte.
Das ist jetzt meine Schlussfolgerung daraus.
Die Erde war wüst und leer – Ursachen und Interpretationen
Ich möchte jetzt noch auf eine Frage eingehen, die auch Schwierigkeiten bereitet. Es handelt sich nicht direkt um einen Widerspruch, aber vielleicht könnte der eine oder andere einen solchen darin sehen. Es geht um 1. Mose 1,2. Die Frage lautet: War die Erde wegen des Falls Satans wüst und leer, oder lag das an etwas anderem?
Die Erde war wüst und leer. Zunächst stellt sich hier schon eine Übersetzungsfrage: Heißt es „ward“ oder „war“, also „wurde“ oder „war“? Manche Übersetzungen verwenden „wurde“, die meisten jedoch „war“. Einige haben „wurde“ oder „war“ mit einer Fußnote „wurde“. Grundsätzlich ist im Hebräischen grammatikalisch beides möglich. Es ist richtig, wenn in der Fußnote „oder wurde“ steht. Doch nach den hebräischen Kommentatoren, wie zum Beispiel Keil, ist hier eindeutig „war“ zu lesen und nicht „wurde“.
Das sind grammatikalische Feinheiten, auf die ich nicht näher eingehen kann. Theologische Hebräischkenner meinen, es muss „war“ heißen, nicht „wurde“. Das heißt also: Die Erde wurde nicht wüst und leer, sondern sie war wüst und leer.
Man könnte jetzt sagen, das löst die Frage noch nicht, denn es könnte einfach eine Beschreibung des Zustandes sein, der zu diesem Zeitpunkt herrschte, nachdem etwas geschehen war. Die Frage ist: Ist der Fall Satans zwischen Vers 1 und Vers 2 geschehen, und wurde dadurch die Erde wüst und leer? Wann der Fall Satans war, wissen wir nicht genau. Das ist eine eigene Frage, die nicht haargenau geklärt wird. Man kann vermuten, dass er vor der Erschaffung des Menschen und der Erde stattfand, weil Satan plötzlich erst in Kapitel 3 auftaucht und in Hiob steht, dass Gott zuerst die Engelwelt geschaffen hat.
Auch das ist nicht eindeutig; ich würde das lieber offenlassen. Aber eines ist sicher: Die Erde war nicht deshalb wüst und leer, weil Satan gefallen ist. Ich versuche das jetzt zu belegen.
Die Erde war nicht wegen des Falls Satans wüst und leer. Erstens hilft uns hier der Blick auf Parallelstellen in der Bibel. Es ist immer wichtig, wenn schwierige Fragen auftauchen, den Zusammenhang der Heiligen Schrift zu betrachten. Wir können zu 2. Mose 20,11 gehen. Dort lesen wir: „Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde erschaffen, darum hat er den Sabbattag gesegnet und geheiligt.“
Das kennt ihr sicherlich auswendig. In sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde erschaffen. Das, was wir in 1. Mose Kapitel 1 haben, ist genau der Bericht über diese sechs Tage. Gott hat Himmel und Erde in sechs Tagen erschaffen. Nicht in einem Tag hat Gott Himmel und Erde erschaffen, dann kam Satan, machte alles kaputt, und Gott stellte Himmel und Erde in sechs Tagen wieder her. Nein, in sechs Tagen hat Gott Himmel und Erde erschaffen.
„Erschaffen“ heißt wirklich „erschaffen“, so wie wir es verstehen, nicht „wiederherstellen“. Die Parallelstelle in 2. Mose 20,11 sagt uns, dass Gott nicht zweimal geschaffen hat, sondern einmal, und zwar in einem Sechstagewerk. Das steht auch an anderen Stellen der Bibel, dass Gott in sechs Tagen erschaffen hat.
Das wäre der erste Punkt. Der Text selbst sagt, dass Gott geschaffen hat. Wo steht das im Text? Es steht in Vers 1, in Vers 21 und in Vers 27. Das ist bezeichnend. Schaut euch das an: In Vers 1, am ersten Tag, steht das Wort „schaffen“: „Gott schuf am Anfang.“ Was schuf er dort? Er schuf die Himmel, aber nicht die Sterne, sondern die Himmel – das, was wir Kosmos nennen, aber ohne die Sterne. Also den luftleeren Raum oder das Weltall. Ob es wirklich luftleer ist, sei dahingestellt, jedenfalls hat er das Weltall geschaffen und die Erde.
Am ersten Tag hat er also zwei Dinge geschaffen und dann kam das Licht dazu – drei Dinge insgesamt. Am Anfang, als Gott anfing zu schaffen, schuf er die Himmel, also die materielle Welt. Von Engeln ist hier nicht die Rede; Engel sind nicht Thema in Kapitel 1. Wann er die Engel erschaffen hat, lassen wir mal beiseite.
Als Gott diese materielle Welt schuf, schuf er den Kosmos und die Erde. Dann schuf er das Licht. All das geschah am ersten Tag. Die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe. Der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Diese Erde, die er geschaffen hat, bestand offensichtlich aus Wasser (vgl. 2. Petrus 3). Der Geist Gottes schwebte über den Wassern, also in Bereitschaft zum Handeln. Gott sprach: „Es werde Licht!“ und es wurde Licht. Das war der erste Tag.
Gott schied Licht und Finsternis. Dann, in Vers 21, schuf Gott die Seeungeheuer. Hier ist zum ersten Mal von etwas anderem die Rede als von Materie. Zum ersten Mal werden Lebewesen erwähnt. Auch hier steht wieder das Wort „schaffen“.
Bisher ging es immer um Materie oder um die materielle Welt. Jetzt aber sind Seeungeheuer und alle sich regenden lebenden Wesen gemeint. Dort steht das Wort „Nefesh“, das heißt Seelenwesen, also Lebewesen. Tiere sind Seelenwesen, weil sie Leben haben. Das Wort „Seele“ darf man nicht zu eng fassen; es bedeutet einfach Leben, Lebewesen.
Gott schuf lebende Wesen – das waren nicht die Pflanzen, nicht die Lichter, nicht das Wasser, sondern die Seeungeheuer und alle Wassertiere. Auch die Vögel gehören dazu.
Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen, in Vers 27: „Nach dem Bilde Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie.“ Dreimal wird hier betont, dass Gott den Menschen geschaffen hat.
Es gibt also drei Stufen: Materie, Seelenwesen und Mensch. Gott geht hier immer weiter. Der Mensch ist ein großer Unterschied zu den normalen Seelenwesen, den Tieren. Der Mensch ist ein ganz spezielles Wesen, das Gott schuf. Deshalb wird hier sogar dreimal das Wort „schaffen“ verwendet.
Er wird im Bilde Gottes geschaffen. Das heißt, nachdem Gott alles fertig gemacht hat, schuf er ein Bild von sich selbst und setzte es mitten in seine herrliche Schöpfung hinein. So sagt Gott: „Jetzt sollen die Menschen wissen, wer der Chef ist.“ Er macht ein Bild von sich, wie ein Kaiser, der ein Bild von sich anfertigt und überall aufstellt, um zu zeigen, wer der Herr im Land ist.
Gott macht ein Bild von sich und setzt es mitten in seine Schöpfung – den Menschen, den Stellvertreter Gottes auf Erden. Und er soll herrschen.
Dreimal schuf Gott den Menschen. Das ist das Schöpfungswerk, kein Wiederherstellungswerk, sondern das ursprüngliche Schöpfungswerk.
Gerade wurde gesagt, dass Gott uns ein Bild von sich gegeben hat – also uns Menschen. Aber in den Geboten steht doch, dass wir uns kein Bild von Gott machen sollen. Das ist verständlich, aber der Unterschied ist: Wir dürfen uns kein Bild von ihm machen, aber er macht sehr wohl ein Bild von sich, weil er der Einzige ist, der weiß, wie er ist. Er kann sich bildhaft darstellen, und er macht den Menschen – und damit haben wir das Bild.
Wenn der Mensch nun selbst ein Bild von Gott macht, woher will er wissen, wie Gott wirklich ist? Jedes Bild, das der Mensch von Gott macht, ist eine Lüge, weil er nur eine Seite von Gott zeigen kann – wenn überhaupt. Er kann Gott nicht bildhaft darstellen. Würde er es versuchen, würde er Gott entstellen, und das erlaubt Gott nicht. Das wäre eine Misshandlung Gottes.
Nun zum Begriff „wüst und leer“. Wüst und leer bedeutet eigentlich – und hier haben wir wieder ein Problem mit der Übersetzung – „wüst“ heißt „mangelnde Form“ und „leer“ heißt „mangelnder Inhalt“. Am ersten Tag fehlten also zwei Dinge: eine Gestalt, eine geordnete Form, und Inhalt.
Was macht Gott? Die ersten drei Tage löst er das Problem Nummer eins – den Mangel an Form. Die zweiten drei Tage löst er Problem Nummer zwei – den Mangel an Inhalt.
Die ersten drei Tage beschäftigt sich Gott damit, aus der formlosen Erde eine geordnete Form herzustellen – Ordnung. Er teilt dreimal. Am ersten Tag scheidet er Licht und Finsternis, am zweiten Tag scheidet er Wasser oben und Wasser unten, am dritten Tag scheidet er Wasser und Land.
Durch diese Scheidung entsteht jeweils ein neuer Lebensraum. Am ersten Tag entsteht der Kosmosraum, also der Raum, den wir Kosmos nennen. Am zweiten Tag entsteht durch die Scheidung von Wasser oben und unten die Atmosphäre, die die Bibel „Himmel“ oder „Ausdehnung“ nennt – also der Himmel im Sinne von „sky“.
Am dritten Tag entsteht der Lebensraum „Land“. In genau dieser Reihenfolge werden die Räume gefüllt.
Am vierten Tag wird der Kosmosraum mit Sternen, Sonne und Mond gefüllt. Am fünften Tag wird der Wasserraum mit Wassertieren gefüllt, und die Atmosphäre mit Vögeln. Am sechsten Tag wird der Landraum mit Landtieren und Menschen gefüllt.
Gott ist sehr strukturiert in seiner Schöpfung und lässt sich sechs Tage Zeit, um diese Ordnung herzustellen.
Das hat nichts damit zu tun, dass Gott am Anfang alles in einem Moment geordnet hätte, dann jemand alles durcheinandergebracht hat, und Gott danach noch einmal sechs Tage gebraucht hätte, um alles neu zu schaffen. So war das nicht.
„Wüst“ bedeutet nicht Chaos, sondern Abwesenheit von geordneter Form. „Leer“ bedeutet Abwesenheit von Inhalt, von Fülle.
Manche sagen: „Aber in Jesaja 45,18 steht doch, dass Gott die Erde nicht als Öde geschaffen hat, sondern um bewohnt zu werden.“ Ich lese Jesaja 45,18 vor:
„So spricht Jahwe, der den Himmel geschaffen hat, er ist Gott, der die Erde gebildet und gemacht hat, er hat sie bereitet, nicht als Öde hat er sie geschaffen, sondern um bewohnt zu werden hat er sie gebildet.“
Manche sagen daraus: Siehst du, Gott hat die Erde nicht als Öde geschaffen, folglich war sie am ersten Tag schon fertig geschaffen, nicht wüst und leer. Dann kam Satan, machte sie kaputt, und sie wurde wüst und leer.
Das klingt im ersten Moment gut, ist aber nicht richtig. Denn was in Jesaja 45,18 gesagt wird, bezieht sich auf das Schöpfungswerk, das fertige Sechstagewerk. Als das Sechstagewerk fertig war, hat Gott die Erde nicht als Öde geschaffen, sondern um bewohnt zu werden.
Es bezieht sich also auf die fertig geschaffene Erde, das heißt auf den Zustand ab dem sechsten Tag, nicht auf den Zustand am ersten Tag.
Ein weiteres Argument: Eine Zerstörung der ursprünglichen Schöpfung wird nirgends in der Bibel erwähnt. Wenn wir so etwas behaupten, müsste die Schrift das irgendwo sagen. Eine Zerstörung der ursprünglichen Schöpfung müsste erkennbar sein. Man kann sie nicht einfach zwischen die Zeilen hineinlesen. Das wäre spekulativ und ein unsachgemäßer Umgang mit dem Wort Gottes.
Viertens: Der Tod kam nicht durch den Fall Satans in die Welt, sondern durch den Sündenfall des Menschen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Tod bringt Zerstörung und Vergänglichkeit. Diese drei Dinge – Tod, Zerstörung und Vergänglichkeit – gibt es erst seit dem Sündenfall.
Vor dem Sündenfall sind Tiere nicht gestorben, es gab keine Zerstörung und keine Vergänglichkeit. Die Schöpfung sehnt sich nach Wiederherstellung in den ursprünglichen Zustand. In Römer 8 wird beschrieben, dass die Schöpfung sich danach sehnt.
Wie kam es dazu, dass die Schöpfung in diesen Zustand kam? Es steht in Römer 8, nicht freiwillig, sondern durch den, der sie der Vergänglichkeit unterworfen hat.
Ich lese vor, Römer 8,20-22:
„Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden – nicht freiwillig, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, auf Hoffnung hin, dass auch die Schöpfung selbst von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden wird in die Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.
Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis jetzt seufzt und in Wehen liegt.“
Hier ist also die Rede davon, dass die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen wurde – nicht aus eigenem Willen, sondern durch Gott, der sie unterworfen hat. Die Schöpfung sehnt sich danach, befreit zu werden.
Der Tod kam also nicht durch den Fall Satans in die Welt, sondern durch den Sündenfall des Menschen. Das steht in Römer 5,12:
„Durch einen Menschen kam die Sünde in die Welt, und durch die Sünde der Tod.“
Es heißt: Durch die Sünde des Menschen, nicht durch die Sünde Satans kam der Tod in die Welt. Und dieser eine Mensch ist Adam. Es geht nicht um irgendeinen Satan oder Engel, sondern um einen Menschen.
Das ist ein weiteres Argument, das gegen die These spricht, dass der Fall Satans zwischen Vers 1 und Vers 2 geschah und dadurch die Welt wüst und leer wurde.
Ich fasse die vier Argumente zusammen:
Erstens: 2. Mose 20,11 sagt, dass Gott Himmel und Erde in sechs Tagen erschaffen hat.
Zweitens: „Wüst“ bedeutet nicht Chaos, sondern Abwesenheit von geordneter Form, und Gott hat diese Form in den sechs Tagen hergestellt (drei Tage für die Form, drei Tage für die Füllung).
Drittens: Eine Zerstörung der ursprünglichen Schöpfung wird nirgends in der Schrift erwähnt.
Viertens: Der Tod und die Zerstörung kamen nicht durch den Fall Satans, sondern durch den Sündenfall des Menschen.
Hier ging es also darum, wie wir an schwierige Fragen herangehen. Wir haben Parallelstellen betrachtet, den hebräischen Text genau angeschaut und den großen Zusammenhang in der Bibel betrachtet. Wir haben untersucht, was die Bibel sonst noch über Zerstörung und Tod sagt.
So müssen wir vorgehen. Ist das verständlich?
Starb Adam an dem Tag, an dem er sündigte?
Dritte Frage: Starb Adam an dem Tag, an dem er sündigte?
In Kapitel 2, Vers 17 heißt es: „An dem Tag, an dem du sündigst, wirst du sterben.“ Starb Adam also tatsächlich an dem Tag, an dem er sündigte? Gott hatte ihm das gesagt, und vielleicht überrascht euch die Antwort, aber sie lautet: Ja, er starb – und zwar vollständig.
Er starb in jeder Hinsicht. Natürlich, geistlich starb er, das ist klar. Es geschah eine Entfremdung von Gott. Doch es geschah noch viel mehr.
Woher erfahren wir, was beim Sündenfall eigentlich geschah? Wir müssen ins Neue Testament schauen. Das Neue Testament klärt uns über das Wesen des Menschen auf. An dem Tag, an dem Adam gesündigt hat, veränderte sich etwas so grundlegend, dass wir es als Tod bezeichnen können.
An diesem Tag zog nämlich der Tod in sein Leben ein. Er starb zwar nicht sofort physisch, aber er begann zu sterben. Er wurde sterblich. In diesem Sinne ist er tot.
Nun muss ich das noch biblisch belegen. Römer 8, Vers 10 sagt: „Der Leib ist tot wegen der Sünde, der Geist aber lebendig wegen der Gerechtigkeit.“ Weiter heißt es: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten erweckte, in euch wohnt, wird der, der Christus von den Toten erweckte, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes.“
Was sagt Paulus hier? Er spricht zu Christen, die ein Problem haben: die Sünde. Sie sündigen immer wieder. In diesem Abschnitt ist mehrmals vom Tod die Rede, zum Beispiel in Kapitel 7, Vers 24: „Ich elender Mensch, wer wird mich befreien aus diesem Leib des Todes?“ Paulus beschreibt hier seinen inneren Kampf. Die Sünde zieht ihn immer wieder hin, obwohl er sich dagegen wehrt.
Er sagt: „Wer wird mich befreien von diesem Leib des Todes?“ Das Problem liegt in seinen Gliedern, also in seinem Leib. Der Tod ist da drinnen, im Leib.
In Kapitel 8, Vers 6 heißt es: „Das Sinnen des Fleisches ist Tod.“ Das bedeutet, die Gesinnung des Fleisches führt zum Tod. Weiter in Vers 13: „Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, werdet ihr sterben.“ Das meint nicht nur den physischen Tod, sondern vor allem auch den geistlichen.
Wenn ihr nach dem Fleisch lebt, geht ihr einem ewigen Tod entgegen.
Das Problem ist also der Leib. Wie kann der Mensch von diesem Leib befreit werden? Oder besser gesagt: Wie kann der Leib von diesem Zustand befreit werden, in dem er steckt?
In Vers 23 heißt es: „Wir, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und warten auf die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes.“
Es geht also offensichtlich um den Leib in Kapitel 8.
Und jetzt sagt Paulus in Vers 10: „Wenn Christus in euch ist“, also wenn ihr gläubig seid und der Heilige Geist eingezogen ist, „ist der Leib zwar tot.“ Du denkst vielleicht: So tot ist er doch nicht, er bewegt sich ja noch. Was meint Paulus?
Der Leib ist tot. Vers 11 erklärt, was das bedeutet. Schaut selbst nach.
Römer 8, Vers 11 sagt: „Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, wird er auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist.“
Wie nennt Paulus den Leib dort? Sterblich. Aber in Vers 10 hat er gesagt: Tot.
Was bedeutet das? Die Schlussfolgerung ist: Unser sterblicher Leib ist tot. Die Tatsache, dass er sterblich ist, zeigt, dass er tot ist. Sterblichkeit ist gleichbedeutend mit Tod.
Gott sagte zu Adam: „An dem Tag, an dem du sündigst, wirst du sterben.“ Das heißt: Du wirst sterblich, du gehst dem Tod entgegen. Und an diesem Tag begann das.
Das Neue Testament hilft uns also, 1. Mose 2, Vers 17 besser zu verstehen. Paulus in Römer 8 gibt uns Klarheit darüber, was „An dem Tag, an dem du sündigst, wirst du sterben“ bedeutet. Es heißt: Du beginnst zu sterben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Todeskräfte vollständig durchgedrungen sind.
Was haben wir jetzt gemacht? Wir haben versucht, Parallelstellen zu suchen, den größeren Zusammenhang zu verstehen und zu sehen, wo uns das Neue Testament Antworten auf diese Frage gibt. Oft finden wir im Neuen Testament Antworten auf Fragen aus dem Alten Testament.
Sind Fragen dazu geklärt? Gibt es Einwände oder Fragen? Wenn nicht, gehen wir weiter.
Geht die Geschwindigkeit so in Ordnung? Ist es okay, oder ist es zu schnell? Prima, gut.
Die Bedeutung von 1. Mose 3,16 und das Verlangen der Frau
Erster Mose 3,16 behandelt eine ziemlich heftig diskutierte Frage. Es ist kein direkter Widerspruch, aber es entsteht ein großes Problem. Der Vers beschreibt eine Folge des Sündenfalls: dass die Frau ein Verlangen hat, über den Mann zu herrschen. Jetzt wird es spannend. Lesen wir den Text:
Erster Mose 3,16: „Zu der Frau sprach er: Ich werde sehr vermehren die Mühsal deiner Schwangerschaft; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären. Nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen.“
Nun kommt das Argument einiger Ausleger der Schrift, also von lieben Brüdern, die darauf hinweisen, dass dasselbe Wort „Verlangen“ auch in Kapitel 4 vorkommt. Dort heißt es von der Sünde in Kapitel 4, Vers 7: „Wenn du recht tust, so kannst du dein Haupt erheben; wenn du aber nicht recht tust, so liegt die Sünde vor der Tür, und ihr Verlangen ist gegen dich gerichtet; du aber sollst über sie herrschen.“
Das heißt: Die Sünde hat ein Verlangen, über den Menschen zu herrschen, und der Mensch soll über die Sünde herrschen. Wenn dort das Verlangen der Sünde ist, über den Menschen zu herrschen, dann müsste auch in Kapitel 3, Vers 16 das Verlangen der Frau, über den Mann zu herrschen, in diesem Sinne verstanden werden. Die Frau hätte also das Verlangen, über den Mann zu herrschen. Das klingt auf den ersten Blick logisch oder zumindest verständlich. Doch bei genauerem Hinsehen merken wir, dass diese Auslegung nicht stichhaltig ist.
Warum nicht? Der Satz in Erster Mose 3,16 ist als Folge, eigentlich als Strafe für die Sünde gedacht. Das heißt, was hier über Eva gesagt wird, ist eine Bestrafung. Gott spricht hier ein Gericht aus. Er sagt zu Adam etwas, zu Eva etwas und zur Schlange etwas – und alle drei erhalten ihre Strafe nach dem Sündenfall.
Die Strafe der Frau wird so beschrieben: Die Mühsal bei der Schwangerschaft wird vermehrt. Es wird ihr schwer, es wird harte Arbeit sein. Mit Schmerzen soll sie Kinder gebären. Zu der Frau sagt Gott: „Ich werde sehr vermehren die Mühsal deiner Schwangerschaft; mit Schmerzen sollst du Kinder gebären.“
Jetzt stellt sich die Frage: Ist der nächste Satz ebenfalls eine Strafe oder eher eine Feststellung? „Nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen.“ Denken wir das einmal logisch durch.
Wenn gemeint wäre, die Frau habe das Verlangen, über Adam zu herrschen, und er werde über sie herrschen, dann würde das bedeuten, dass die Herrschsucht der Frau eine Strafe sei, die sie aufgrund des Sündenfalls erhalten hat. Sie müsste damit leben, so wie mit den körperlichen Schmerzen bei der Schwangerschaft und der Mühsal.
Merkt man, worauf ich hinauswill? Das wäre aber eine moralische Sache, für die Gott den Menschen zur Verantwortung zieht. Er darf nicht über den anderen Menschen herrschen. Wenn die Frau das Verlangen hätte, über ihn Herr zu sein, wäre das ein böses Verlangen. Gott bestraft die Sünde. Das wäre also eine Sünde, und Gott würde sie bestrafen.
Wenn das aber eine Folge des Sündenfalls wäre, hieße das, die Frau sei jetzt ausgeliefert einer Sünde, für die Gott sie wieder zur Verantwortung zieht. Das heißt, die Frau hätte als Strafe für ihr Vergehen eine ständige Sünde – nämlich die Herrschsucht über den Mann.
Versteht man meinen Gedanken? Doch die Strafe als Folge des Sündenfalls ist keine Sünde. Die Strafe sind Beschwerden und Schmerzen. Die Strafe ist auch, dass man zur Sünde hingezogen wird, aber das Tun der Sünde ist nie als Strafe des Sündenfalls gemeint.
Man kann nie sagen: „Jetzt habe ich halt gelogen und gestohlen. So hat er mich seit dem Sündenfall gemacht. Das ist die Strafe des Sündenfalls, dass ich lüge und stehle.“ Die Frau könnte dann sagen: „Ja, und? Ich will halt herrschen über den Mann, das ist die Folge des Sündenfalls.“ Nein, das kann nicht sein.
Das Verlangen, über den Mann zu herrschen, wäre schon eine Sünde. Es wäre nicht eine Tendenz zur Sünde, sondern bereits eine Sünde.
Gott kennt den Unterschied zwischen der Tendenz zur Sünde und der Sünde selbst. Das Baby, das geboren wird, liegt so lieblich in der Wiege und hat eine Tendenz zur Sünde in sich. Die Macht der Sünde schlummert in ihm. Das heißt, ich muss nichts tun, ich brauche nur zuzusehen, wie das Kind älter wird. Es wird von sich aus zur Sünde neigen.
Das heißt aber nicht, dass die Sünde, die es tut, entschuldbar ist. Nein, nur der Drang zur Sünde ist entschuldbar, denn dafür kann das Kind nichts. Aber es darf nicht sündigen. Wenn es sündigt, wird Gott es zur Verantwortung ziehen.
Jeder Mensch, der sündigt, wird vor Gott zur Verantwortung gezogen. Und jeder Mensch, der sündigt und keine Vergebung annimmt, geht ewig verloren.
Hier geht es aber nicht darum, dass die Frau über den Mann herrschen wird oder dass sie das Verlangen hat, über ihn zu herrschen. Sondern die Frau hat Verlangen nach dem Mann. Gerade nach dem Mann hat sie Verlangen, von dem sie schwanger wird. Und gerade das bringt ihr Schmerzen und Mühsal bei der Geburt.
Versteht man? Gerade dieser Mann wird weiterhin Herr in der Ehe sein, so wie Gott es ursprünglich schon gesagt hat. Dass er über sie Herr sein wird, ist keine Folge des Sündenfalls. Sonst hätte Gott das nicht schon vorher gesagt.
Da ist Adam, und Gott macht ihm Eva als Gehilfin. Sie ist ihm unterstellt, sie ist ihm nicht gleich. Sie ist nicht ebenbürtig in ihren Rollen. Der eine ist dem anderen unterstellt. Sie ist Gehilfin des Mannes, der zuerst geschaffen wurde. Er ist Haupt, sie ist Gehilfin.
Das ist Schöpfungsordnung und hat nichts mit Sünde zu tun. Nach dem Sündenfall ist der Unterschied, dass sie ein Verlangen nach dem Mann hat, von dem sie Kinder bekommt und schwanger wird, und dass ihr das Los schwer sein wird bei der Geburt.
Könnt ihr mir folgen? Es wäre auch schrecklich, so zu denken, dass jede Frau von Natur herrschsüchtig sei. Das ist nicht der Fall. Nicht jede Frau hat von Natur das Verlangen, über den Mann zu herrschen.
Die Tendenz zur Sünde ist vorhanden, in verschiedenen Ausprägungen. Aber nicht, dass die Frau immer das Verlangen hätte, über den Mann zu herrschen.
Die Sünde bringt es leider mit sich, dass bei vielen Frauen so etwas entstehen kann, wenn sie sich gehen lassen, wenn sie falsch informiert oder falsch gelehrt werden, wenn sie falsch gepolt werden in diese Richtung. Dann kann das so werden.
Aber das wäre zu weit und geht weit über den Text hinaus.
Hat jemand Fragen dazu?
Die Söhne Gottes und die Töchter der Menschen – eine schwierige Frage
Das Nächste: Wer sind die Söhne Gottes?
Wer sind die Söhne Gottes? Entstanden die Riesen durch geschlechtlichen Verkehr von Dämonen mit Menschen? Wurden die Menschen nach der Flut hundertzwanzig Jahre alt? Das sind eigentlich drei Fragen.
Als sich die Menschen auf der Fläche des Erdbodens mehrten, änderte sich etwas in ihren Heiratsgewohnheiten. Gott sagt hier: „Als sie sich zu vermehren begannen und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen zu Frauen, welche sie wollten.“
Was im Text auffällt, ist, dass ihnen nicht vorgeworfen wird, dass sie heirateten, sondern dass sie heirateten, wen sie wollten. Hier liegt ein Problem. Im Text heißt es: „Die Söhne Gottes sahen die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen zu Frauen, welche sie wollten.“ Sie heirateten also nach Belieben.
Daraufhin sagt Gott: „Mein Geist soll nicht ewig im Menschen bleiben, da er Fleisch ist. Seine Tage seien hundertzwanzig Jahre.“ In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde und auch danach, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren. Das sind die Helden, die in der Vorzeit waren, die berühmten Männer.
Theologen haben sich schon stark mit dieser Frage auseinandergesetzt. Manche meinen, hier seien Dämonen gemeint, die mit Menschentöchtern Kinder zeugten, daraus entstanden die Riesen. Aber man muss aufpassen: So steht es nicht da. Von Dämonen ist hier keine Rede. Es steht nur „Söhne Gottes“.
Wer sind aber die Söhne Gottes? Der Ausdruck „Sohn Gottes“ wird in der Bibel verschieden gebraucht. „Söhne“ kann im Hebräischen vieles bedeuten. Ein Sohn ist jemand, der so ist wie der Vater, der auf der Seite des Vaters steht oder ihm gehört. Zum Beispiel wird ein Knecht, der mit der Familie verbunden ist, als Sohn seines Hauses bezeichnet, obwohl er kein physischer Sohn ist.
Noah wird in der hebräischen Bibel als „Sohn von fünfhundert Jahren“ bezeichnet. Das bedeutet, er war fünfhundert Jahre alt. Kinder Gottes werden auch „Kinder des Lichts“ genannt. Das heißt nicht, dass das Licht Kinder gebiert, sondern sie stehen mit dem Licht in Verbindung, gehören zum Licht. Andere werden „Kinder des Fluches“ genannt, weil sie zum Fluch gehören.
Der Ausdruck „Kind“ oder „Sohn“ wird also allgemein gebraucht. Man muss nicht immer an eine Geburt denken. Manche sagen, das passe auf die Engel, und tatsächlich werden in Hiob die Engel „Söhne Gottes“ genannt. Dort heißt es, als die Söhne Gottes vor Gott traten, trat auch der Satan hinzu. Die Söhne Gottes waren also Engel, aber der Satan wird nie als Sohn Gottes bezeichnet. Er ist der Widersacher, ein Feind Gottes.
Die Engel, die zu Gott gehören, weil sie im Licht mit Gott leben, heißen Söhne Gottes. Auch Menschen, die auf Gottes Seite stehen, werden so genannt. Zum Beispiel die Israeliten, die Gott aus Ägypten führte, nennt er seinen erstgeborenen Sohn. Menschen, die auf der Seite des Lichts stehen, werden „Kinder des Lichts“ genannt.
Es gibt auch den Ausdruck „Söhne des Hochzeitsmahles“, das sind die Hochzeitsgäste. Diese Ausdrucksweise steht nicht in der deutschen Bibel, aber in der griechischen.
Wenn hier also „Söhne Gottes“ steht, müssen wir theoretisch beides gelten lassen: Entweder waren es Menschen, die auf Gottes Seite standen, oder Engel. Dämonen sind ausgeschlossen. Dämonen können nicht „Söhne Gottes“ genannt werden. Wenn schon, dann gute Engel. Aber gute Engel tun so etwas nicht.
Man könnte sagen, sie wurden böse. Doch der Sündenfall der Engel fand einmal statt, als sie mit Satan von Gott abfielen. Dämonen sind also gefallene Engel. Die Dämonenthese hat hier große Schwierigkeiten. Außerdem haben Engel kein geschlechtliches Verlangen. Sie sind keine Geschlechtswesen, sie haben keine Hormone und heiraten keine Menschen.
Jesus sagt, in der Ewigkeit werden wir sein wie die Engel, nämlich geschlechtslos, ohne Unterscheidung von Mann und Frau. Engel sind weder Männer noch Frauen, sie können also keine Frauen heiraten. Die Engelthese stößt daher auf große Schwierigkeiten.
Engel haben keine physischen Leiber, und hier geht es um die Menschheit der Erde. Die Strafe, die kommt, betrifft physische Wesen, denn sie werden im Wasser erstickt. Engel könnten nicht ertränkt werden. Die Flut richtet sich nur gegen Menschen.
Im Zusammenhang wird kein Wort von Engeln erwähnt. Es ist von Geschlechtsregistern die Rede, in Kapitel 5, und von Noahs Geschlecht. Über das Los der Menschen zu Noahs Zeit wird gesprochen, aber von Engeln keine Rede.
Die Engelthese bringt also viele Schwierigkeiten. Außerdem erinnert das an die griechische Mythologie, in der Halbgötter durch Verbindung von Göttern mit Menschen entstehen. Das ist eine Phantasie der damaligen Weltreligionen.
Wieso steht dann „Söhne Gottes“ und „Töchter der Menschen“? Das ist das Hauptargument der Engelthese. Doch im Hebräischen bedeutet „Töchter der Menschen“ oft einfach „Töchter der anderen Menschen“.
Ein Beispiel: Richter 16,7. Dort heißt es, Simson würde schwach werden und wie ein anderer Mensch sein. Das Wort „anderer“ steht in manchen Übersetzungen in Klammern, weil das hebräische Wort „anderer“ dort nicht existiert. Es heißt eigentlich nur „wie die Menschen“. Das muss man ergänzen zu „wie die anderen Menschen“.
Noch ein Beispiel: Jeremia 32,20. Dort steht, ein Zeichen wurde getragen im Land Ägypten sowohl an Israel als auch an anderen Menschen. Auch hier fehlt in manchen Übersetzungen die Klammer bei „anderen“.
So schreibt der Hebräer oft. Genauso ist es in 1. Mose 6,1: Die Söhne Gottes schauten sich die Töchter der anderen Menschen an. Sie selbst waren auch Menschen, nämlich die übrige Menschheit.
Was war passiert? Kain hatte sich von Adams Familie getrennt und wohnte weit entfernt mit seiner Frau. Er gründete ein eigenes Geschlecht. Adam vermehrte sich, und die anderen Kinder heirateten unter sich.
Mittlerweile hatte sich die Menschheit weit verbreitet. Die Söhne Gottes, also die im Bereich des Lichts gebliebenen Nachkommen Adams, achteten nicht mehr darauf, nur unter sich zu heiraten. Sie heirateten auch Töchter der übrigen Menschheit, der Nachkommen Kains.
Dadurch vermehrte sich das Böse in großem Maße. Es wird auch erwähnt, dass es damals Riesen auf der Erde gab. Es heißt: „In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde und auch danach.“ Das bedeutet, es gab Riesen schon vorher und auch nach den Mischehen.
Die Riesen waren also nicht nur das Ergebnis der Mischehen, sondern existierten schon vorher. Nach der Flut gab es sie ebenfalls noch, wie in 4. Mose beschrieben, die sogenannten Anakiter.
Die Riesen waren also in den Genen vorhanden, Gott hatte es so zugelassen. Sie entstanden nicht nur durch Mischehen.
Damit möchte ich schließen. So schwierig die Frage ist, sie ist nicht unlösbar. Manche Christen haben verschiedene Meinungen, aber wenn man den Zusammenhang beachtet, ist eine Lösung möglich.
Der Zusammenhang ist hier ein Geschlechtsregister, und es wird erwähnt, dass Gott ihnen 120 Jahre gibt. Es steht nicht, dass sie hundertzwanzig Jahre alt wurden, sondern dass Gott ihnen 120 Jahre Zeit gibt, bevor er das Gericht bringt.
Gott wartet also noch 120 Jahre, dann wird er Gericht halten. Das passt auch zu der Tatsache, dass die Menschen nach der Flut meist nicht so alt wurden. Nur wenige wurden hundertzwanzig Jahre alt, wie Mose.
Kurz nach der Flut wurden die Menschen sogar älter, manche 400 oder 200 Jahre. Es geht also nicht um das Lebensalter, sondern um die Zeit, die Gott ihnen noch gibt. Das „noch“ muss man ergänzen: „Seine Tage seien noch hundertzwanzig Jahre.“
Jetzt haben wir viel gearbeitet. Wenn noch Fragen offen sind, die für morgen wichtig wären, können diese gern schriftlich oder mündlich gestellt werden.
Damit wollen wir hier schließen.